Die Wiederkehr des Übens
Abstract
Üben ist eine Praxis, die einen produktiven, verstehenden und kritischen Zugang zu Kultur und zu demokratischen Gemeinschaften ermöglicht. Das Buch unternimmt daher eine Rehabilitierung des Übens als leibliche und geistige, wiederholende und kreative Praxis, mit der ein grundlegendes Verhältnis zu sich, zu Anderen und zur Welt konstituiert wird. Üben und Übung werden in ihren zentralen Strukturen vorgestellt und erfahrungs-, bildungs-, sozial- sowie erziehungstheoretisch ausgewiesen. Dabei wird gezeigt, dass Praxen wie Bewegen, Verstehen, Urteilen, Kritisieren und Unterrichten ein- und ausgeübt werden. Im Üben wird zudem das Verhältnis der Übenden zu sich (trans-)formiert. Leibliche, motorische, geistige, meditative, schulische und didaktische Übungen werden systematisch unterschieden und in ihren unterschiedlichen pädagogischen Feldern analysiert.
... Die Autor*innen haben überzeugend herausgearbeitet, dass die Handlungsform Üben einer bildungstheoretischen Fundie rung bedarf, die in der deutschen Erziehungswissenschaft vernachlässigt wurde. Brinkmann (2021) führt dies u.a. auf den schlechten Ruf des Übens als eines wenig kreativen, weil sich wiederholenden Vorgangs zurück -eine Fehleinschätzung, wie er in seinem Text zu belegen versucht. ...
... Von zentraler Bedeutung in der erziehungswissenschaftlichen Auffassung ist die Unterscheidung von Üben als primärer und sekundärer Lernform (Brinkmann, 2021). Üben als sekundäre Lernform findet sich überall dort, wo Verstehen als pri märe Lernform gilt. ...
... In der Moderne -so Brinkmann (2021) (Brinkmann, 2021). Im Üben findet dementsprechend eine Veränderung der inneren Haltung statt (Bollnow, 1987). ...
Üben gilt als eine zentrale Handlungsform schulischen Unterrichts, nicht zuletzt auch im Fach Sport. Allerdings zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass schon auf einer sehr basalen Ebene kein gemeinsames Verständnis des Übens existiert. In den Teildisziplinen der Sportwissenschaft sind vereinzelte, aber eher disparate Hinweise zu finden; zuletzt hat Brinkmann (2022) das Üben aus bildungstheoretischer Perspektive betrachtet. Zur genaueren Bestimmung des Übens scheint es sinnvoll, Anschluss an unterschiedliche Konzeptionen fachlicher Bildung zu suchen, denn aus ihnen resultieren unterschiedliche Übungsverständnisse. Im vorliegenden Beitrag werden drei ausgewählte Konzeptionen fachlicher Bildung auf der Basis der jeweiligen Aktivierungs- resp. Aktivitätsvorstellung – körperlich, kognitiv-motorisch und ästhetisch – unterschieden, um daran anschließend die Bedeutung für das Üben zu erörtern. Dieser differenzierte Blick auf das Üben ist sowohl für dessen weitere Erforschung als auch für die Lehrer*innenbildung von Relevanz.
... Relevant für die weiteren Analysen ist v.a. die Unterscheidung zwischen Üben als primärer oder sekundärer Lernform (Brinkmann, 2021). Als primäre Lernform kann Üben als die "Einverleibung von Strukturen" (Waldenfels, 2001, zitiert nach Brinkmann, 2021) aufgefasst werden, bei dem Wiederholen und Verstehen, Repetition und Reflexion zusammenfallen (Brinkmann, 2021). ...
... die Unterscheidung zwischen Üben als primärer oder sekundärer Lernform (Brinkmann, 2021). Als primäre Lernform kann Üben als die "Einverleibung von Strukturen" (Waldenfels, 2001, zitiert nach Brinkmann, 2021) aufgefasst werden, bei dem Wiederholen und Verstehen, Repetition und Reflexion zusammenfallen (Brinkmann, 2021). Üben dient nach diesem Verständnis dem Erwerb und der Verbesserung von Können (Ehni, 1985(Ehni, , 2004 (2022), der im Diskurs zum Üben die fehlende Berücksichtigung der ästhetisch-leiblichen Dimension gegenüber der methodischreflexiven bemängelt, spiegelt sich u. a. auch in den bildungstheoretisch eingebetteten Überlegungen zum Lehren und Lernen von Bewegungen von Scherer und Bietz (2013). ...
Zusammenfassung
Während das Üben in diversen theoretischen Betrachtungen in jüngerer Zeit vermehrt aufgegriffen wurde, existieren insbesondere im deutschsprachigen Raum kaum empirische Untersuchungen in der sportpädagogischen Unterrichtsforschung zu diesem Thema. Die hier vorgelegte Rekonstruktion von Übungsprozessen im Sportunterricht untersucht die Ko-Konstruktion von Üben durch die Lehrperson und die Lernenden. Aus der Perspektive fachlicher Bildung liegt das Erkenntnisinteresse sowohl in der Art und Weise, wie das Üben unterrichtlich inszeniert und interaktiv hervorgebracht wird, als auch in der Ausleuchtung dessen, was genau geübt wird. Methodische Grundlage der Rekonstruktion bildet die für die Rahmenbedingungen des Sportunterrichts adaptierte erziehungswissenschaftliche Videoanalyse. Bei dem Fall, der der videographischen Analyse zugrunde liegt, handelt es sich um eine Sportstunde einer 4. Klasse, in der die Schüler:innen an selbst entwickelten Stationen den Weitsprung üben sollen. Die Stunde ist von vielen Handlungen der Lehrkraft und der Schüler:innen geprägt, die in erster Linie den Ablauf und die Ordnung sichern. Diese Handlungen überlagern das eigentliche inhaltliche Thema der Stunde, so dass statt des Einübens des Weitsprungs vielmehr das Ausüben von Ordnung dominiert. Dieses Ergebnis verweist einerseits auf die Schwierigkeit, ästhetische Wahrnehmung im Sportunterricht anzubahnen, und andererseits auch auf die Bedeutung des institutionellen Rahmens des Faches.
Zusammenfassung
Im Fach Sport hat das Thema des Übens und Konsolidierens unter dem Fokus der Unterstützung der Konsolidierung bisher kaum Beachtung gefunden. Ziel des Beitrags ist es, einen Einblick in die Forschungen zur Unterstützung des Übens und Konsolidierens im Sportunterricht zu geben, konzeptuelle Überlegungen darzustellen und die Bedeutung des Konsolidierens und dessen Unterstützung für den Sportunterricht kritisch zu diskutieren. Ausgehend von den fachlichen Besonderheiten des Sportunterrichts (2) und des motorischen Lernens (3), das in knapper Form aus sportpädagogischer und bewegungswissenschaftlicher Perspektive beleuchtet wird, werden Prämissen für das Konsolidieren und seine Unterstützung abgeleitet. Der nachfolgende Überblick über empirische Befunde zum Üben und der Unterstützung von Konsolidierungsprozessen bezieht neben den wenigen sportunterrichtsbezogenen Studien auch Erkenntnisse des außerschulischen Sports mit ein, da diese die fachdidaktischen Überlegungen sinnvoll ergänzen können (4). Daran schließen konzeptuelle Überlegungen zum „guten“ Üben an (5), die deutschsprachige und internationale Ansätze aufgreifen. Im letzten Abschnitt werden schließlich Vorschläge zur zukünftigen Erforschung und zur Implementierung der Unterstützung des Konsolidierens im Sportunterricht formuliert sowie neuralgische Punkte diskutiert (6).
Bildung heißt anders werden – aber wie? Die Antwort liegt – so die hier ausgeführte These - in der wiederholenden, leiblich-geistigen und verkörpernden Praxis der Übung. Mit Foucault werden drei Weisen oder Formen der Übung als Praxis der Selbstsorge bestimmt und bildungs-, macht- und übungstheoretisch ausgewiesen. Vor diesem Hintergrund werde ich knapp auf meditative Übungen eingehen, die aktuell unter dem Titel Achtsamkeit bzw. mindfulness im Trend liegen. Auf dieser Grundlage wird dann mit E. Fink eine Theorie der Bildung als Praxis übender Selbstsorge im Horizont einer Lebenslehre und Lebenskunst entworfen. Schließlich werden phänomenologische mit sozialtheoretischen Zugängen in einer postphänomenologischen Perspektive zusammengeführt und für systematische Fragen und Probleme der Erziehungswissenschaft fruchtbar gemacht.
In der soziologischen, philosophischen, kulturwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlichen Forschung ist in den letzten Jahrzehnten ein starkes Interesse für Aufmerksamkeit zu verzeichnen, eine gestiegene Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeit, die sich nicht zuletzt in einer steigenden Zahl von empirischen Studien, insbesondere im Schulunterricht, niederschlägt. Mithilfe der pädagogisch-phänomenologischen Videographie geht die vorliegende Arbeit mit ihrem Anspruch allerdings über eine empirisch-videographische Studie zur Aufmerksamkeit hinaus. Sie bietet zudem eine Reflexion darauf, wie unterrichtliche Aufmerksamkeit als nicht unmittelbar sichtbare pädagogische Erfahrung und Praxis sowie als pädagogisches Phänomen methodisch angemessen und gehaltvoll beschrieben, tentativ angenähert und zugänglich gemacht, produktiv interpretiert und analysiert werden kann, ohne diese auf Verhalten zu reduzieren; denn die pädagogisch-phänomenologische Videographie setzt die pädagogische Erfahrung, genauer gesagt die leibliche, intersubjektive, vor-sprachliche, vor-reflexive, vor-prädikative Aufmerksamkeitserfahrung der Lernenden und Lehrenden in den Mittelpunkt. Außerdem bietet diese Arbeit in Anlehnung an die Theorien der Aufmerksamkeit von Waldenfels und Meyer-Drawe eine phänomenologische Theorie der Aufmerksamkeit, die sich historisch orientiert, mit unterschiedlichen Diskursen auseinandersetzt und diese pädagogisch konkretisiert. Diese Theorie geht über die kognitive Perspektive heraus und bezeichnet Aufmerksamkeit als ein Zwischengeschehen, das weder eindeutig auf das Subjekt noch eindeutig auf das Objekt zurückgeführt. Nicht zuletzt liefert die Arbeit noch eine interkulturelle Perspektive auf chinesischen und deutschen Schulunterricht, mit der Aufmerksamkeit interkulturell beschrieben und in unterschiedlichen Praxen verglichen werden.
Es werden zunächst die Geistlichen Übungen sowie ihre Zielbestimmung vorgestellt und hinsichtlich der Problematik von Selbst- und Fremdführung erläutert (1). In einem zweiten Schritt werden mit Foucault Funktionselemente der christlichen Pastoralmacht bestimmt. Mit dem Instrumentarium der gouvernementalen „Führung der Führungen“ nehme ich dann eine machttheoretische Analyse der Geistlichen Übungen vor (2). Anschließend stelle ich das anthropologische Programm der „Anwendung der Sinne“ vor. Auf der Grundlage einer „primordialen“ Wahrnehmungsdimension (Husserl) wird in den Exerzitien eine Anthropologie des (Um-)Lernens deutlich, die die „Grenzen der Normalisierung“ (Waldenfels) markiert (3). Schließlich wird gezeigt, wie Aus-, Selbst- und Fremdführung mittels rhetorischer und sokratischer Techniken vermittelt werden (4), um abschließend die Frage nach der Didaktik der Übung als Frage nach der Form in den Blick zu nehmen (5).
Zusammenfassung
Der Beitrag geht von der Annahme aus, dass das Üben in der Sportpädagogik eine vergessene und verkannte Praxis ist, obwohl das Üben eine elementare Praxis der Sportpädagogik darstellt und kaum eine Unterrichtsstunde ohne Übungsphasen auszukommen vermag. Eine systematische und theoretisch elaborierte Auseinandersetzung mit dem Übungsbegriff steht in der Sportpädagogik bisher aus. Vor dem Hintergrund dieser Bestandsaufnahme verfolgt der Beitrag das Ziel, eine sportpädagogische Theorie des Übens in bildungstheoretischer Perspektive zur Diskussion zu stellen. Die bildungstheoretische Perspektive macht dabei deutlich, dass im Einüben einer Fertigkeit auch das Ausüben einer Fähigkeit stattfindet. Üben ist nicht nur etwas üben, sondern immer auch sich selbst üben . Als soziale und edukative Tätigkeit, die darauf abzielt, jemand anderen zum Üben anzuregen, betrifft die Übung das Verhältnis des Übenden zu sich, zu anderen und zur Welt, wobei es zu einer Transformation dieses Verhältnisses im Sinne einer bildenden Erfahrung kommen kann. Da sich von den Strukturen des Übens und Lernens nicht unvermittelt auf das Lehren und die Übung schließen lässt, werden aus den bildungstheoretischen Überlegungen schlussendlich auch didaktische Grundlagen der Übung im Sportunterricht abgeleitet.
This analysis is based on qualitative data from interviews after 20-hour mindfulness-and compassion-based interventions in the primary school system in the German city of Solingen. Administrators, principals and teachers from all 21 schools were asked about their experiences and development following an adapted version of the 8-week MBSR program. Through content analysis, we identified indicators for improvements in self-awareness and self-regulation, more conscious communication and more open, trusting and appreciative relationships as well as health promoting, organizational and structural changes. On the threshold between intrapersonal
Das Verhältnis von Leiblichkeit und Reflexion bzw. von Leib und Denken ist ein zentrales Problem sowohl pädagogischer Theorie und Praxis als auch der europäischen Wissenschaften vom Menschen. Im Zuge der gängigen philosophischen und bildungstheoretischen Konzepte wird es als ein Verhältnis der Unterordnung bzw. Unterwerfung des Leibes unter die reflexive, kritische und autonome Vernunft bestimmt. Eine lange Tradition seit Platon über das Christentum und vor allem von Descartes und Kant an bestimmt das Ich als reflexives Bewusstseinssubjekt. Der Geometrisierung der Natur bei Descartes, die Husserl in seiner Krisis-Schrift kritisch aufdeckt, folgt die Instrumentalisierung des menschlichen Leibes. Kants Diktum „Das ‚Ich denke‘ muss alle meine Vorstellungen begleiten können“ garantiert ein Sich-selber-Wissen, mit dem Sein und Wissen, Ich-Bewusstsein und Welt im Modus der Repräsentation verbunden wird. Das Ich als fundamentum inconcussum kann sich im Selbstbewusstsein aber nur auffinden, weil Denken und Sein, Reflexion und Welt, Subjekt und Objekt zuvor intellektualistisch auseinanderdividiert werden. Leiblichkeit und Reflexion stehen so in einem Spannungsverhältnis, das sich als „übergangene Sinnlichkeit“ (Rumpf 1981) bzw. als bildungstheoretische Leibvergessenheit (vgl. Schütz 1995) in der pädagogischen Tradition findet und in vielfältigen Theorien, Praktiken und Institutionen die Indienstnahme des Leibes durch die „List der pädagogischen Vernunft“ (Meyer-Drawe 2004 , S. 618) belegt. Scheinbar unangefochten gelten meist diese Grundsätze: Selbstreflexion garantiert Selbstbeherrschung, Selbstbewusstsein garantiert Erkenntnis. Für die Erziehung folgt daraus die konsequente Marginalisierung, Disziplinierung und Normalisierung des Leibes (vgl. Zirfas 2004).
Ich werde zunächst im Sinne einer erkenntniskritischen Vorbemerkung die phänomenologische Kritik an der Objektivierung des Wissens und der Subjektivierung des MenschenSubjekts in den Wissenschaften darstellen, mit der seinedie Vergegenständlichung des Menschen und seines Selbstverhältnisses im Horizont einer „Metaphysik der Subjektivität“ (Heidegger) dekonstruiert wird. Sodann wird die phänomenologische Bestimmung der Doppelstruktur von Körper und Leib bzw. von Objektivierung und Erleben in fünf Punkten zusammenfassend vorgestellt. Danach werde ich die Frage nach dem Verhältnis von Leib und Denken an zwei Beispielen (dem Sich-selbst-berühren und dem Handgeben bzw. Handschlag) variierend veranschaulichen und präzisieren (3.) und ein Modell interkorporaler Reflexivität im Urteilen als soziales und leiblich dimensioniertes Zurückgebeugtsein im Horizont von Andersheit vorstellen. Hier führe ich meine Überlegungen zu der These zusammen, dass leibliche Reflexivität als Urteilen die Bedingung der Möglichkeit logischen Urteilens und zugleich seine dezentrierende Instanz ist. Urteilen kann damit als gleichermaßen leibliche, soziale und pädagogisch relevante Praxis bestimmt werden, die die Verfügungen der Vernunft auf die Unverfügbarkeit leiblicher Erfahrungen im Anspruch von Ich und Anderem zurückführt. (4.).
Der Beitrag nimmt die Marginalisierung, Mythisierung und Entgrenzung des Ästhetischen zum Anlass einer systematischen Vergewisserung, die über eine Re- und Dekonstruktion anthropologischer, ästhetischer und pädagogischer Duale zu einer Neubestimmung der ästhetischen Erfahrung als Verweilen führt. Dabei werden systematische Reflexionen zur Theorie der ästhetischen Bildung und Erziehung entwickelt, die sowohl historische Diskurslinien der Ästhetik (Kant, Schiller, Gadamer) als auch zentrale Ansätze der Phänomenologie (Plessner, Merleau-Ponty, Fink) aufnehmen. Aufgrund der spezifischen Zeitstruktur des Verweilens sowie seiner leiblich basierten Verkörperungs-, Ausdrucks- und Imaginationsqualitäten, so die leitende These, wird in der ästhetischen Erfahrung ein imaginativer Umgang mit Sprache, Begriffen und Symbolen möglich, der sich als widerständiges Moment aus dem Alltäglichen und den Trivialisierungen des Ästhetischen ereignishaft heraushebt. Diese „Transgression“ (Foucault) im ästhetischen Verweilen lässt sich bildungstheoretisch als Veränderung und Umwendung im Mensch-Welt-Verhältnis bestimmen. Darauf angewiesen ist ästhetische Erziehung als Differenzierung und Kultivierung der Sinne sowie als Einübung in die Praxis kultureller Symbolsysteme.
Schlagworte: Ästhetische Bildung und Erziehung, ästhetische Erfahrung, Verweilen, phänomenologische Erziehungswissenschaft, Bildungstheorie
Der Beitrag versucht, bildungstheoretische Perspektiven im Anschluss an Humboldts Bildungs-und Sprachtheorie zu einer inklusiven Theorie der Sprach(en)bildung zu entwickeln. Sprache wird bei Humboldt vom Sprechen her (und nicht von der Schrift, vom Diskurs oder von der Grammatik) verstanden, d. h. als expressives Medium, in dem der Mensch sich auch leiblich ausdrückt. Sprach(en)bildung darf daher nicht auf gesprochene und geschriebene Sprache verkürzt werden. Es gibt von Anfang an Sprachen im Plural. Es werden zunächst Humboldts Bestimmung von Bildung als Wechselwirkung und Veränderung bzw. Transformation des Selbst-und Weltverhältnisses dargestellt, dann Sprach(en)bildung als Erlernen einer fremden Weltansicht bestimmt und Sprechen als soziale, auf Entfremdung und Fremdheit basierende soziale Praxis exponiert. Die leiblich basierte Struktur des Sprechens wird sodann als Vermittlung zwischen Körper und Geist vorgestellt. In Anlehnung an und in kritischer Abgrenzung zu Humboldt werden drei "bildungstheoretische Verschiebungen" im aktuellen Diskurs der Allgemeinen Erziehungswissenschaft (Dezentrierung, Negativität, Verkörperung) zum Anlass genommen, die Einsichten Humboldts kritisch aufzunehmen und bildungstheoretisch ausgewiesene Ziele einer inklusiven Sprach(en)bildung in Wechselwirkungsverhältnissen auszuweisen. Ich versuche zwei Thesen zu belegen. Man braucht einen „übergeordneten Standpunkt“ (Humboldt, 1960b), um interdisziplinär und fachübergreifend in der Erziehungswissenschaft theoretisch, empirisch und praktisch zu handeln. Bildungstheorien können ein grundlagentheoretisches Fundament für gemeinsames Handeln und Denken in der Pädagogik bieten. Bildungstheorien sind angesiedelt zwischen Wirklichem und Möglichem, Empirischem und Spekulativem: In Bezug auf Sprach(en)bildung kann man in bildungstheoretischer Perspektive nicht nur vom konkreten Sprechen als Sprachfähigkeit oder -kompetenz ausgehen (evtl. biologisch oder anthropologisch-essentialistisch), sondern von einem Sprachvermögen, d. h. von der Möglichkeit des Ausdrucks in und mit der Sprache (Humboldt, 1963). Meine zweite These lautet: Sprach(en)bildung darf nicht auf gesprochene und geschriebene Sprache verkürzt werden. Sprache im Singular ist eine expressive Weise des Ausdrucks und der Entäußerung, die sich leiblich vollzieht. Ich werde mit Humboldt (gegen die traditionellen Interpretationen) zeigen, dass die Bedingung der Möglichkeit eines geistigen Vermögens (etwa des Sprachvermögens) seine empirische Äußerung in der körperlichen und empirischen (erfahrungsmäßigen) Wirklichkeit ist. Die Entäußerung im Sprechen ermöglicht erst die Verinnerlichung von Welt und Weltansicht. Äußerungen und Entäußerungen sind leiblich dimensioniert, sie sind nicht körpersprachlich (mimisch, gestisch) und sprachlich (Wörter, Laute etc.)
The concept of Embodied Cognition (EC) includes a variety of approaches involving embodied, embedded, extended and enactive cognition (sometimes referred to as the 4Es) and it can offer meaningful contributions to educational research and practice, including the re-evaluation of the role of the body in educational experiences. To discuss the reciprocal relevance of EC and phenomenological pedagogy, in this paper we start by shortly reviewing the “disembodiment of Western culture” and the “disembodied school” model, we then outline the origins of the connection between EC and education, and we conclude by discussing embodied education in formal education context. We argue that embodied education goes far beyond sensorimotor processes, physical exercise and motor skills. Adopting a phenomenologically oriented embodied cognition perspective means taking seriously the idea that cognition is always and necessarily grounded into a bodily dimension and that it has a complex phenomenological nature intertwined with emotional, affective, reflective dimensions. Education, particularly formal one, must be able to consider and promote such embodied mind.
Dieser Beitrag versucht, die Potentiale aufzuzeigen, die die phänomenologische Betrachtungsweise in der Frühpädagogik einzubringen vermag. Phänomenologische Forschungen in der Frühpädagogik können zu einer theoretisch reflektierten und methodologisch abgesicherten, pädagogischen Bestimmung ihres Gegenstandes beitragen. Im Folgenden werden zunächst aus einer Perspektive der Allgemeinen Erziehungswissenschaft grundlagentheoretische Desiderata der Frühpädagogik wie Anthropologisierung und Essentialisierung „des“ Kindes sowie Finalisierung und Funktionalisierung kindlichen Lernens kritisch erörtert. Danach werden aus phänomenologischer Sicht Erfahrungs-Strukturen und Reflexions-Kategorien systematisch unterschieden und vor dem Hintergrund phänomenologischer, empirischer und theoretischer Studien in Kindheitsforschung und Frühpädagogik veranschaulicht.
Der Beitrag gibt zunächst einen Überblick über Methoden, die gegenwärtig im deutschsprachigen Raum in Vorhaben zur qualitativen Unterrichtsforschung eingesetzt werden. Er stellt anschließend den Ansatz für eine pädagogisch-phänomenologische Unterrichtsforschung vor, der an der Abteilung Allgemeine Erziehungswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin entwickelt worden ist und im Projekt „SZeNe“ („Schulunterrichtliches Zeigen und Negativität“) erprobt wurde. Das Projekt arbeitet videographisch mit einer nicht-semiotischen Ausdruckshermeneutik, die sich auf Operationalisierungen der Verkörperung gründet und interkorporale Formen von Interattentionalität untersucht, die pädagogisch präzisiert, gegenstandstheoretisch reflektiert und für Unterricht spezifiziert werden. Der Beitrag schließt mit einer Skizze zu den bisherigen Erträgen dieses Projekts.
Das SZeNe-Projekt ist Teil der Zusammenarbeit einer interdisziplinären, interkulturellen und interprofessionellen Forschungsgruppe an der East China Normal University in Shanghai und der Zhejiang Normal University in Jinhua. Anfang 2018 wurde ein Forschungslabor (video research laboratory) für pädagogische Unterrichts- und Videoforschung an der Zhejiang Normal gegründet.
Der Beitrag versucht, leibphänomenologische und machttheoretische Grundlagen für eine inklusive Erziehungs-, Lern- und Bildungstheorie zu entwickeln. Nach einer Rekonstruktion der dualistischen und logozentrischen Leibvergessenheit in der pädagogischen Anthropologie wird das phänomenologische Konzept der Verkörperung nach Plessner bzw. des Embodiments als praktische Positionierung zu sich und vor anderen dargestellt. Mit der so gewonnenen sozialtheoretischen Perspektive werden in einem zweiten Schritt mit Foucault drei Formen der Übung vorgestellt. Subjektivierungspraktiken als leiblich verankerte Praktiken der dezentrierten Selbst-Formung können so zugleich als Praxis gesellschaftlich normalisierende Formung bestimmt werden. (Körper-)Bildung kann damit als Selbst-Führung und Selbst-Formung vor anderen bestimmt werden, in der neben unterwerfenden und zwingenden auch gleichermaßen leiblich-freiheitliche Aspekte konstitutiv sind. Mit dieser Perspektive kann es möglich werden, gleichermaßen soziale, leibliche, emotionale und aisthetische Praktiken in Lernen, Bildung und Erziehung zwischen Normalisierung und Subjektivierung auszuweisen und diese für eine inklusive Theorie des Lernens, der Bildung und der Erziehung fruchtbar zu machen.
Dass Bildung und Macht miteinander zusammenhängen und einander bedingen, ist offensichtlich; wie aber das Verhältnis beider genauer justiert werden muss, ist weithin umstritten und oszilliert meist zwischen Widerspruch und Funktionsbedingung. Vor diesem Hintergrund unternehmen die Studien zur Ordnung der Bildung eine machttheoretische Lektüre der Idee der Bildung und eröffnen einen irritierenden Blick in die Macht der Bildung. Kernstück ist dabei eine Auseinandersetzung mit den Überlegungen Michel Foucaults, in der Bildung als eine spezifische Strategie der ‚Führung der Führungen' (Foucault) gelesen und insofern als eine der zentralen modernen Mechanismen der Formation von Subjektivität analysiert wird.
Online verfügbar:
Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online (EEO) Weinheim: Beltz
Die Schule als institutionalisierter Ort mit einer auf Lehren und Lernen bezogenen, besonderen Handlungslogik wird in institutionentheoretischer, bildungs- und erziehungstheoretischer sowie in sozialtheoretischer Perspektive analysiert. Zuerst wird unter institutionentheoretischer Perspektive mit Hegel nach dem Ort des pädagogischen Handelns gefragt, in dem eine eigenständig institutionalisierte und künstlich veranstaltete pädagogische Praxis stattfindet und in dem eine besondere pädagogische Logik des Handelns existiert im Unterschied zu anderen gesellschaftlichen Bereichen, Institutionen und Praxen.Danach wird mit Martinus Langeveld eine bildungs- und erziehungstheoretische Perspektive auf die Bestimmung der Logik dieses Handelns als künstliches und kunstvolles, das heißt inszeniertes und didaktisches Handeln geworfen, in der vor- und außerpädagogische Fragen und Probleme in eine zeitliche, räumliche und soziale pädagogische Ordnung überführt werden. Schließlich wird mit Eugen Fink unter einer sozialtheoretischen Perspektive eine genaue Bestimmung der pädagogischen Interaktion und Kommunikation unter Bedingungen künstlich und kunstvoll inszenierter pädagogischer Praxis
in der Schule vorgenommen, die sich unter Bedingungen einer dynamischen, wissenschaftlich-technischen (Post-)Moderne und einer machtvoll und konfliktuös gestalteten pluralistischen (Post-)Demokratie an der Produktion von Sinn- und Erfahrungsräumen beteiligt. Die Aufgabe der Schule – so meine abschließende, mit Eugen Fink aufgestellte These – erschöpft sich nicht in der Reproduktion gesellschaftlicher Funktionen und Formationen (das heißt in Sozialisation, in Selektion, Allokation und Qualifikation und auch nicht nur in der Transformation
gesellschaftlicher Fragen und Probleme in pädagogische. Die Eigenlogik pädagogischen Handelns in der Schule ist selbst produktiv.
The article argues that reflection within transformation (Mezirow, 1991) can only take place through repetition. Within this repetition, learning from experience is enabled. Seen from a hermeneutic and phenomenological perspective, transformation in learning is based on previously acquired knowing-how and knowing-that. In transformative experience as a “movement through time” (Mezirow, 2012, p. 84) these pre-experiences (Vorerfahrungen, Gadamer) play a significant role in reformulating, reconstructing and reframing references and meanings. Given this understanding of learning and experience, the exceptional, crisis-laden (Koller 2011) or dilemmatic (Mezirow, 2000) moments in learning become less important, while the focus of interest is put on the constant, steady and intentional elements. Learning is based on repetition, as I will try to show, and thus practicing becomes a basic form of learning (Brinkmann, 2012). As not all transformations can be described as experiences of “Bildung”, the normative contents of transformation should be further examined from a pedagogical perspective. With this focus, the article tries to show the differences and the similarities between the concepts of transformative learning (as understood in Anglo-American countries) and “Bildung”.
This book has been widely acclaimed, and rapidly found a place on reading lists and in citations following its first publication in 1996. Its strengths are evident from the comments of reviewers, e.g. "The Chinese Learner lives up to its title as the reader with insights into Chinese students from the various perspectives of the investigator, the tutors of Chinese students, as well as the students themselves." Katherine Yip, Asia Pacific Journal of Education
According to the literature, side effects of new educational governance are usually attributed to the pressures of high-stakes accountability. In contrast to this, qualitative analyses of interviews with teachers and headmasters in four German states show that a broad variety of side effects is reported even in the absence of high-stakes. The paper presents an explanation for the emergence of side effects under conditions of no-stakes or low-stakes. After expounding the relevant methodological and methodical foundations (1) the paper clarifies the notion of side effects and presents a systematization of side effects based on findings from interviews (2). The main part of the paper introduces two contrasting types of reform reception and their dealing with new instruments of new educational governance (3). Our findings show that these instruments are not equally relevant to each of these types of reform reception. At the same time these types reveal a different degree of sensitivity for the issue of side effects. This leads to two hypotheses: First, different types of reform reception seem to play a different role with regard to the emergence of side effects. Second, the incentive structure of new educational governance does not equally reward each type of reform reception. The final discussion differentiates the notion of "stakes" and puts the types of reform reception in a temporal perspective.
Zeitschrift für Pädagogik (ISSN 0044-3247), Ausgabe 04, Jahr 2015, Seite 527 - 545
This contribution is an attempt at redefining the relation of the circle problem of theory, empiricism, and practice in pedagogics with phenomenological operations of insight and research and to link it back to a theory of pedagogical experience. A pedagogical approach oriented by empirical science allows us to productively interrelate pedagogical action and educational research as incongruent and subsequent articulations of experience. Such an approach may succeed if based on a phenomenologically oriented form of pedagogical empiricism that investigates subjective and social experiences in learning and education with the category of embodiment, operationalizes their communicative interrelations apparent in the reactions, and, finally, determines their pedagogical dimensions based on the practice and form of showing geared towards attracting attention.
Der Beitrag unternimmt den Versuch, das Zirkelproblem von Theorie, Empirie und Praxis in der Pädagogik mit phänomenologischen Erkenntnis- und Forschungsoperationen neu zu relationieren und an eine Theorie der pädagogischen Erfahrung zurückzubinden. In einer erfahrungswissenschaftlich ausgerichteten Pädagogik können pädagogisches Handeln und erziehungswissenschaftliches Forschen als inkongruente und nachträgliche Artikulationen von Erfahrung produktiv aufeinander bezogen werden. Das kann mit einer phänomenologisch orientierten pädagogischen Empirie gelingen, die subjektive und soziale Erfahrungen im Lernen und Erziehen mit der Kategorie der Verkörperung erfasst sowie deren kommunikative Relationierung im Antwortgeschehen operationalisiert und schließlich mit der Praxis und der Form des auf Aufmerksamkeit zielenden Zeigens pädagogisch dimensioniert.
http://www.springer.com/de/book/9783531193809#otherVersion=9783531193816
The paper introduces a pedagogical theoretical and empirical view on awareness. The basic assumption is that within pedagogical practice and interaction, the phenomenon of becoming attentive is always preceded by the phenomenon of being made attentive. Starting with a phenomenological description of becoming attentive (Waldenfels), the paper then offers three different perspectives on the phenomenoen from theory of learning and education, thus creating a phenomenological variation. This variation leads to an extrapolation of basic elements of pedagogical attentiveness.
Polarisiation is then described as a pedagogical form of the practice of attentiveness. This practice is based on certain operations, especially operations of showing and pointing, which raise students’ or pedagogical addressees’ attention/awareness and which enable them to become attentive.
In dem Artikel wird eine pädagogische Theorie und Empirie der Aufmerksamkeit vorgestellt. Er geht von der These aus, dass in der pädagogischen Praxis geht dem Aufmerksam-Werden ein Aufmerksam-Machen voraus geht. Nach einer phänomenologischen Beschreibung des Aufmerksam-Werdens (Waldenfels) werden im Modus der phänomenologischen Variation jeweils drei lern-theoretische und drei erziehungstheoretische Modelle untersucht und aus ihnen Grundzüge der pädagogischen Aufmerksamkeit rekonstruiert. Polarisierung wird als pädagogische Form der Aufmerksamkeitspraxis bestimmt. Diese stützt sich auf pädagogische Operationen, insbesondere auf das Zeigen, mit denen Aufmerken und Bemerken ermöglicht werden kann.
The paper discusses Ignatius of Loyola’s theory of Bildung and practicing, as it is presented in his “Spiritual Exercises”. Loyola’s exercises are characterized as a model for the didactics of imagination, deriving from Early Modern Age. His model of practicing is then made fruitful for a description of imagination based on theory of Bildung as well as for a pedagogical theory of practicing.
Im Mittelpunkt steht die Bildungs- und Übungstheorie der „geistlichen Übungen“ von Ignatius von Loyola als früh-neuzeitliches Modell einer der Didaktik der Imagination. Ignatius‘ Übungsmodell wird für eine bildungstheoretische Bestimmung der Imagination und eine pädagogische Theorie der Übung fruchtbar gemacht.
This paper considers the issue of alterity in education, first defining the question of the "other" or the "foreign" as it appears in a number of educational discourses and contexts. The paper then presents two different, historically-localizable aspects of the pedagogical encounter with foreignness or otherness. Both of these are associated with periods that have an important place in German cultural and intellectual history. The first is the transition from the middle ages to the early-modern period, the time of John Amos Comenius' Orbis Sensualium Pictus. Despite the achievements of this particular work as an encyclopedic and pedagogical introduction to the "visible world," it presents a rather deleterious treatment of the foreign in its contemporaneous manifestation in Northern Europe. The second historical period is the 19th century, and what is of principle concern here is the treatment of the foreign in grand, synthetic neo-humanistic theories of time. While the processes of dialectical assimilation and integration to which the foreign or other was subjected in these theories were not as explicit or overt as in preceding periods, they are still comparable in terms of their ultimate effect. This paper concludes by considering two 20th century articulations of education or Bildung in which the irreducible presence of the foreign or other in human development is explicitly acknowledged and affirmed, and the issue of its respect and recouperation is directly addressed, sometimes with significant and valuable consequences for pedagogy.
In this article we argue for the necessity of a new double alliance between
phenomenology and cognitive sciences (through embodied theory) on
the one hand, and between phenomenological pedagogy and the embodiment
paradigm on the other. We strongly believe that phenomenological pedagogy
should enter into dialogue with the cognitive sciences movement called “Embodiment”
in order to renew its educational theories and practices. Indeed, the
new suggestions about the mind that come from the embodiment paradigm
can already have a huge impact on learning and education, but a relatively
structured “pedagogy of consciousness” is still missing. Th is topic will be discussed
with a special focus on body and embodied consciousness, which nicely
brings together these diff erent traditions. Finally, an actual example of how the
embodiment paradigm and phenomenological pedagogy can converge will be
presented through the practice of meditative experience.
Der Beitrag vergleicht Zugänge und Ergebnisse quantitativer und qualitativer Forschung zur Qualität von Unterricht. Zunächst wird die Bedeutung von Normativität für die Unterrichtsforschung dargestellt. Anschließend werden überblicksartig zentrale Annahmen, Ansätze und Befunde der quantitativen Unterrichtsqualitätsforschung sowie auf den Qualitätsdiskurs beziehbare Forschungsansätze und -befunde in der qualitativen Unterrichtsforschung skizziert. Abschließend folgen eine vergleichende Darstellung der Leistungen beider Ansätze sowie eine Diskussion zentraler Herausforderungen.
https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007%2F978-3-658-24734-8_40-1
Die öffentliche und bildungspolitische Diskussion um Werteerziehung und Verantwortungslernen in Schule und Unterricht hat in den vergangenen Jahren wieder verstärkt Aufmerksamkeit erfahren. In welcher Weise allerdings Lehrerinnen und Lehrer ein (berufsspezifisches) Ethos aufweisen, wurde bislang überwiegend im wissenschaftlichen Diskurs zum Gegenstand. Dieser Band versammelt solche unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und zeigt so ein breites Spektrum an Zugängen zum Berufsethos von Lehrpersonen auf. Diesen mehrperspektivischen und im Ergebnis offenen interdisziplinären Diskurs zum komplexen Gegenstand des Ethos von Lehrerinnen und Lehrern hat Martin Drahmann im Rahmen seiner begonnenen Habilitation „am runden Tisch“ (siehe Titelseite) initiiert. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes würdigen ihn im Anschluss an seinen viel zu frühen Tod mit den hier versammelten Beiträgen.
Das zentrale Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es erstens, die bewäh- rungstheoretische Perspektive auf Adoleszenz zu entwickeln und ihre Auf- schlusskraft an empirischem Material zu erproben und zweitens, dieses grund- lagentheoretische Modell als möglichen Ansatz für eine international verglei- chende, rekonstruktive Adoleszenzforschung zu erkunden.
Nach einer Erläuterung des basalen, sozialisationstheoretischen Motiva- tionskonzepts Bewährungssucher, werde ich explorativ Fallstudien zu Adoles- zenten aus Israel (Tel Aviv), Süd-Korea (Seoul) und Deutschland1, die den sogenannten Y- und Spec-Generationen angehören, zwischen 1985 und 1996 geboren wurden, mit besonderem Augenmerk auf ihre Formen der Bewährung betrachten. Abschließend sollen Gemeinsamkeiten und Differenzen der Pro- bleme und Tendenzen im Prozess des Erwachsenwerdens in diesen kulturell und lebensweltlich sehr unterschiedlichen Erfahrungsräumen herausgearbeitet werden.
Wie lernen wir von den Dingen? Das Verhalten von Kindern zeigt: Dinge sind nicht allein sachliche Objekte, über die wir als freie Subjekte verfügen. 'Eine Treppenstufe reizt das zweijährige Kind zum Heraufklettern und Herunterspringen; Türen reizen es zum Auf- und Zuschlagen, kleine Krümchen zum Auflesen' (Kurt Lewin). Dinge fordern heraus, wecken Gefühle, ziehen an oder schrecken ab – ob als Vermittler pädagogischer Absichten und gesellschaftlicher Zwecke oder im Widerspruch zu ihnen. Anhand phänomenologischer und gestalttheoretischer Ansätze führt Claus Stieve in die Bedeutung der Dinge in der Kindheit ein.
Today China witnesses a renaissance of classical studies and Confucian Academies across the nation. With an estimated 10 million children attending Confucian kindergartens, classes, and schools, cultural heritage has increasingly become a new marker of social distinction. At the same time, Confucian tradition is often associated with excessive testing, competition, and academic burdens that continue to hinder China's educational innovation. Disenchanted with state-run schools, many urban middle-class families turn to alternative schools that use imported pedagogies such as the Waldorf, Montessori, and Reggio to cultivate a better future for their children. In reform-era China, Westernisation coexists with a return to tradition to produce a fascinatingly complex cultural-pedagogical terrain. This paper examines such curiously hybrid educational narratives to understand the idiosyncratic features of Chinese educational globalisation and offer a critical perspective to rethink the concept of scale in comparative education research.
Was ist der Unterschied zwischen einer Schlange und einem Zentimetermaß? Stellte uns jemand diese Frage, würden wir vermuten, er leite einen Witz ein, und dennoch einen Unterschied selbstverständlich voraussetzen: Die Schlange ist ein Lebewesen. Sie flieht vor mir oder beißt, sie reagiert auf meine Schritte im Gras. Umgekehrt wäre ich unweigerlich aktiv, wenn mir eine Schlange begegnen würde, schreckte vielleicht zurück oder schaute neugierig von fern, wie sich dieses seltene Wesen bewegt. Ein Zentimetermaß dagegen ist ein selbstverständlicher alltäglicher Gegenstand.
In der chinesischen Neuzeit (1840–1949) wurde das auf Harmonie abzielende Konzept der konfuzianischen Allgemeinbildung in Frage gestellt und radikal in Richtung auf Emanzipation ausgerichtet. Mit der dauernden Verbreitung und Vertiefung des Globalisierungsprozesses und dem allmählichen Wiedererstarken Chinas belebt sich allerdings die konfuzianische Allgemeinbildung erneut und man versucht, die Tradition der Emanzipation, die seit der Neukulturbewegung (1915–1923) in China unter dem Einfluss westlicher Erziehungstraditionen, besonders der deutschen und der amerikanischen, entstanden ist, in die eigene Reflexion über Allgemeinbildung einzugliedern. Man kann deshalb, was die Theoriebildung anbelangt, von einer emanzipatorischen Wende der konfuzianischen Allgemeinbildung sprechen, wobei aber die harmonische Tradition in diesem Veränderungsprozess nicht ihren Vorrang verliert. Das emanzipatorische und zugleich harmonische Konzept einer neuen konfuzianischen Allgemeinbildung könnte im Zeitalter der Globalisierung hilfreich für die didaktische Theoriebildung sein und so eine Alternative für die Konzeption einer kompetenzorientierten Allgemeinbildung für das 21. Jahrhundert darstellen.
A new edition of a classic work that originated the “embodied cognition” movement and was one of the first to link science and Buddhist practices.
This classic book, first published in 1991, was one of the first to propose the “embodied cognition” approach in cognitive science. It pioneered the connections between phenomenology and science and between Buddhist practices and science—claims that have since become highly influential. Through this cross-fertilization of disparate fields of study, The Embodied Mind introduced a new form of cognitive science called “enaction,” in which both the environment and first person experience are aspects of embodiment. However, enactive embodiment is not the grasping of an independent, outside world by a brain, a mind, or a self; rather it is the bringing forth of an interdependent world in and through embodied action. Although enacted cognition lacks an absolute foundation, the book shows how that does not lead to either experiential or philosophical nihilism. Above all, the book's arguments were powered by the conviction that the sciences of mind must encompass lived human experience and the possibilities for transformation inherent in human experience.
This revised edition includes substantive introductions by Evan Thompson and Eleanor Rosch that clarify central arguments of the work and discuss and evaluate subsequent research that has expanded on the themes of the book, including the renewed theoretical and practical interest in Buddhism and mindfulness. A preface by Jon Kabat-Zinn, the originator of the mindfulness-based stress reduction program, contextualizes the book and describes its influence on his life and work.
To make progress on the problem of consciousness, we have to confront it directly. In this paper, I first isolate the truly hard part of the problem, separating it from more tractable parts and giving an account of why it is so difficult to explain. I critique some recent work that uses reductive methods to address consciousness, and argue that these methods inevitably fail to come to grips with the hardest part of the problem. Once this failure is recognized, the door to further progress is opened. In the second half of the paper, I argue that if we move to a new kind of nonreductive explanation, a naturalistic account of consciousness can be given. I put forward my own candidate for such an account: a nonreductive theory based on principles of structural coherence and organizational invariance and a double-aspect view of information.
Paul Ekman (geboren am 15. Februar 1934 in Washington D.C.), der sich als Anthropologe und Psychologe versteht, erzählt die Entstehung seiner wissenschaftlichen Überzeugung gerne und oft (und auch in recht ähnlichen Formulierungen in diversen Publikationen) als Narration. So berichtet er auch in Gefühle lesen (Ekman 2007), dem Buch, das hier im Zentrum steht, einleitend über sich und seinen wissenschaftlichen Weg, der ihn zu seiner jetzigen Position geführt hat: Es ist die Geschichte eines aufrechten Mannes, der sich schon immer für Emotionen interessierte und als Kind seiner Zeit erst einmal das glaubte, was damals die angesehenen Wissenschaftler über Emotionen sagten und die er zu Beginn seiner Studien (Mitte der 1960er Jahre) persönlich um Rat fragte: Margaret Mead, Gregory Bateson, Edward Hall, Ray Birdwhistel und Charles Osgood (siehe dazu auch Ekman 1989 und 2000).
Die sozialwissenschaftliche Kasuistik gründet in sozialtheoretischen und methodologischen Ansätzen, und sie hält in der Regel Schritt mit der Diskussion um deren Weiterentwicklung. Theoretische und methodologische Debatten besitzen insofern immer auch ein in die Konzeptualisierung von Fallarbeit, Professionalität und Professionalisierung ausstrahlendes Innovationspotenzial. In diesem Zusammenhang werden im Beitrag praxistheoretische Überlegungen zu einer Theorie und Empirie pädagogischer Ordnungen exemplarisch an einer Fallrekonstruktion vorgestellt und auf ihre Implikationen für ein Verständnis von professioneller Reflexivität und Professionalisierung befragt. Die praxistheoretische Perspektive lenkt die Aufmerksamkeit auf die in Praktiken hergestellten Ordnungen, in denen Schüler/innen vor einem Horizont von in Anspruch genommenen Normen in Positionen eingerückt werden. Ein beobachtend-analysierender Blick auf dieses Geschehen sensibilisiert die Professionellen für die präfigurierende Kraft ihres eigenen Tuns. Geht man von der Fundierung des Sozialen in der Wiederholung routinisierter Praktiken aus, lässt sich darüber hinaus auch fragen, inwieweit pädagogische Handlungsvollzüge in Ausbildungszusammenhängen reflektiert eingeübt werden können.
The practices of meditation and `mindfulness training' recently became subjects of great interest in various professional and scientific fields, from psychology to neuroscience, from philosophy to medicine. This broad scientific interest in the meditative practice follows closely to the gradual spread of popular interest in it, which began in the '60s of the last Century in the United States---especially New York, Los Angeles and San Francisco---and which has then been disseminated throughout the Western world. This phenomenon in both scientific and popular aspects, is part of a general influence that the eastern culture has had on the Western society in the second part of the XXth Century, an influence that seems to be of a certain interest from a sociological point of view. Various are the forms and the reasons of this `soft colonization' and one of them certainly is the fascination that some practices have, such as zen, yoga, thai chi, and meditation itself. However, the focus of my thesis is not on analyzing this general cultural topic but, more precisely, i) theoretically investigating how meditation and education can work together, and ii) empirically studying the educational and cognitive effects of meditation on adult subject, with special regard to the subjective experience description. In concrete, it is my intention here to assess the value of mindfulness meditation in terms of changes in the so-called `first-person perspective' (FPP), that is how meditation affects self-perception and self-description in expert and beginner meditators. As we will see, through a qualitative study I will assess the educational outcomes of a two month long period of meditation in terms of self-perception and experience description skills on healthy adults, both beginners and experts. The structure of the thesis is as follows. In the first chapter I will consider the theoretical framework on which my thesis is based on. In particular I will present a short overview of the encounter of phenomenological tradition and cognitive sciences during the last decade of the XXth Century, an encounter that has produced the so-called `Embodied Theory', a school of thought still strongly emerging today. I will especially discuss the themes of consciousness and body consciousness that are fundamental for my thesis. Another short overview is presented on meditation tradition and, especially, on what mindfulness meditation is and where it comes from. The second chapter is dedicated on presenting how mindfulness meditation practice affects the person. Considering the utility for a pedagogical discourse to evaluate the neuroscientific and cognitive aspects of meditation, we will discuss the main effects meditation has on the brain and the mind; then, I will discuss how meditation fits in well with phenomenological pedagogical theory and practice, how can it be considered as a form of experiential education, with special regard to adult education. In the third chapter, the results of a qualitative study on self-perception and body perception will be presented and discussed. Finally, in the fourth chapter, some general conclusions will be outlined about the educational value of meditation, and some suggestions and criticisms will be outlined with regard to the didactic and teaching programs of meditation courses.