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Extrem populistisch? Über die Kategorisierung von Rechtsaußenparteien und die Einordnung der AfD

Authors:

Abstract

Der Beitrag diskutiert aus politikwissenschaftlicher Perspektive die Frage, mit welchen Begriffen Rechtsaußenparteien im Allgemeinen und die AfD im Besonderen bezeichnet und klassifiziert werden sollten. Mit Blick auf die Bezeichnung und Klassifizierung von (Rechtsaußen-)Parteien wird deutlich, dass es zwar keine Begriffsbildung ohne Probleme, aber zumindest einen reflektierten Umgang mit diesen Problemen geben kann. Die AfD erweist sich als populistische Rechtsaußenpartei an der Schwelle zwischen radikaler und extremer Rechter.
Julian Sehmer ·Stephanie Simon ·
Jennifer Ten Elsen ·Felix Thiele
(Hrsg.)
recht extrem?
Dynamiken
in zivilgesellschaftlichen
Räumen
Hrsg.
Julian Sehmer
FB 01 Humanwissenschaften
Universität Kassel
Kassel, Deutschland
Jennifer Ten Elsen
FB 05 Gesellschaftswissenschaften
Universität Kassel
Kassel, Deutschland
Stephanie Simon
FB 01 Humanwissenschaften
Universität Kassel
Kassel, Deutschland
Felix Thiele
FB 05 Gesellschaftswissenschaften
Universität Kassel
Kassel, Deutschland
ISBN 978-3-658-32559-6 ISBN 978-3-658-32560-2 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32560-2
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2
Extrem populistisch? Über die
Kategorisierung von
Rechtsaußenparteien und die
Einordnung der AfD
Floris Biskamp
2.1 Einleitung
Auf der einen Seite darf man Björn Höcke als „Faschisten“ (Spiegel Online
2019), den ehemaligen „Flügel“ als „immer extremistischer“ (Westdeutscher
Rundfunk (WDR) 2019) und die ganze Alternative für Deutschland (AfD)
als „rechtsextremistisch“ bezeichnen – dies entschieden Gerichte in Meinin-
gen, Köln und Gießen 2019. Die Urteilsbegründungen variieren leicht, haben
aber denselben Tenor: Diese Einordnungen stellten zwar abwertende und mit-
hin ehrverletzende Meinungsäußerungen dar, seien aber doch so gut begründbar,
dass die so Bezeichneten sie nicht verbieten lassen könnten. Auf der ande-
ren Seite wird die Tagesschau die AfD – entgegen ihrer ursprünglichen Praxis
– nicht bei jeder Erwähnung als „rechtspopulistisch“ bezeichnen, wie die zustän-
dige Redaktion ARD-Aktuell schon 2016 entschied (Tagesspiegel 2016). Diese
Bezeichnung sei zwar sachlich richtig, die ständige Wiederholung könne von
den Zuschauer*innen aber als Bevormundung empfunden werden. Zudem soll
man Bernd Lucke nicht als „Nazischwein“ bezeichnen, wie eine Vielzahl von
Zeitungskommentator*innen im Herbst 2019 befand, als die Rückkehr des Pro-
fessors für Volkswirtschaftslehre (VWL) und AfD-Gründers an die Universität
Hamburg zum Politikum wurde. Diese Beschimpfung sei nicht nur sachlich falsch
und verunglimpfend, sie nütze auch den „wahren Nazis“, die damit verharmlost
Einige Abschnitte des vorliegenden Textes basieren auf Überlegungen, die bereits zuvor
veröffentlicht wurden (Biskamp 2019a,b).
F. Biskamp (B)
Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
E-Mail: floris.biskamp@uni-tuebingen.de
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien
Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
J. Sehmer et al. (Hrsg.), recht extrem? Dynamiken in zivilgesellschaftlichen Räumen,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32560-2_2
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22 F. Biskamp
würden(soz.B.vanAckeren2019). Zuletzt wünscht sich die AfD, als „bürger-
lich“ bezeichnet zu werden (Peitz 2019). Dies wurde insbesondere im Kontext
der Landtagswahlen im September und Oktober 2019 in zahlreichen Äußerungen
von Politiker*innen dieser Partei deutlich.
All diese Beispiele machen deutlich: Wie man eine Partei bezeichnet, ist weder
gleichgültig noch nebensächlich – sonst würde niemand deswegen vor Gericht
ziehen, Redaktionsrichtlinien formulieren, in Zeitungskommentaren mahnende
Worte sprechen oder in Talkshows ein Relabeling lancieren. Ebenso wird deut-
lich, dass es um mindestens zweierlei geht: einerseits darum, ob die Begriffe die
Sache treffen, andererseits darum, welche wertenden Urteile damit einhergehen
und welche stigmatisierenden oder normalisierenden Effekte das hat.
Im Folgenden diskutiere ich die Frage, wie man Rechtsaußenparteien im All-
gemeinen und die AfD im Besonderen sinnvollerweise bezeichnen sollte. Mein
Vorgehen ist in drei Abschnitte gegliedert. Zunächst lege ich dar, was bei Begriffs-
bildung und Klassifizierung zu beachten ist (Abschn. 2.2). Daraufhin skizziere
ich ein System zur Bezeichnung und Klassifizierung von (Rechtsaußen-)Parteien
(Abschn. 2.3), um schließlich darlegen zu können, wie man die AfD in dieses
System einordnen sollte (Abschn. 2.4).
2.2 Namen, Begriffe und Kategorien
Um zu verstehen, was eine gute Begriffs- und Kategoriebildung ist, lohnt es sich,
zunächst einmal zu fragen: Wenn über Begriffe immer nur gestritten wird, warum
soll man sich dann überhaupt damit aufhalten?
2.2.1 Reicht es aus,die Dinge beim Namen zu nennen?
Auf den allerersten Blick könnte man denken, dass es nicht so sehr darauf
ankommt, mit welchem Begriff man eine Partei bezeichnet, sondern darauf, dass
man die Positionierungen dieser Partei richtig beschreibt. Dann würde man sich
nicht mit der Frage aufhalten, ob die AfD nun als „rechtspopulistisch“, „faschis-
tisch“, „bürgerlich“ oder „völkisch-national“ zu bezeichnen ist. Stattdessen würde
man sich darauf beschränken, sie bei ihrem Namen – nämlich AfD – zu nennen,
um dann ihre Positionen und Handlungen darzustellen.
In der Praxis ist dies jedoch kein gangbarer Weg – denn anders als in Begriffen
kann man gar nicht sprechen. Auch wenn man die AfD nur beschreiben möchte,
muss man sich doch darüber äußern, wie sie sich zu Migration, Familienpolitik,
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 23
Wohlfahrtsstaat, Verteidigungspolitik usw. positioniert. Will man ihre Positionen
mit denen anderer Parteien vergleichen, muss man entscheiden, ob die Migra-
tionspolitik restriktiv ist, die Familienpolitik traditionalistisch usw. – und schon
verwendet man Begriffe, die definiert werden müssen und umstritten sind. Dabei
könnte man immer noch darauf verzichten, der Partei als ganzer einen Stem-
pel aufzudrücken, der sie einer politischen Richtung zuordnet. Dies wird jedoch
spätestens dann notwendig, wenn man international vergleichend arbeiten und
Parteiensysteme in verschiedenen Ländern vergleichen will. Dann ist es wichtig
zu wissen, mit welchen Parteien in anderen Ländern man eine Partei vergleichen
will (Mudde 2007, S. 12). Dabei hilft es, wenn man die Parteien klassifiziert
– hierfür hat sich der Begriff der „Parteienfamilien“ etabliert (Mair und Mudde
1998).
2.2.2 Sachlich zutreffend und fokussiert auf das Relevante: zur
Wahl von Begriffen
Nachdem man sich dafür entschieden hat, dass man mit Begriffen arbeitet, steht
man vor der Frage, mit welchen Begriffen man arbeiten sollte. Eine erste und
offensichtliche Antwort lautet: mit Begriffen, die sachlich zutreffend sind. Man
sollte einen Gegenstand als etwas bezeichnen, das er ist, und nicht als etwas, das
er nicht ist. Dies allein hilft jedoch noch nicht viel weiter, und zwar aus mehreren
Gründen.
Zunächst hängt die Frage, ob ein Begriff auf eine Sache zutrifft, sehr stark
davon ab, wie man diesen Begriff definiert. Die Frage, ob die AfD eine rechts-
extreme Partei ist, hängt davon ab, was man unter „rechtsextrem“ versteht.
Einen Begriff zu definieren, heißt, gut begründete und klar überprüfbare Regeln
anzugeben, anhand derer man entscheidet, ob ein Begriff für einen Gegenstand
verwendet werden sollte oder nicht. Diese Regeln können auf verschiedene Arten
formuliert werden (Mudde 2007, S. 13 ff.). Definitionen wiederum sind in den
Sozialwissenschaften stets umstritten. Das kann zu Missverständnissen führen –
schließlich verwenden verschiedene Wissenschaftler*innen dieselben Wörter mit
unterschiedlicher Bedeutung. Dieses Problem lässt sich dadurch entschärfen, dass
man jeweils konkret angibt, nach welcher Definition man einen Begriff verwendet.
Doch selbst wenn man die Begriffe ganz transparent definiert und verwendet,
bleiben immer Probleme. Gerade, wenn die Gegenstände komplex sind – und
politische Parteien sind komplex –, wird es bei der Anwendung der Definitions-
regeln immer wieder Interpretationsspielraum geben. Andersherum wird man an
fast jedem komplexen Gegenstand Besonderheiten finden, die in einem Begriff
24 F. Biskamp
keinen Platz haben, sodass der Begriff der Sache nicht ganz gerecht wird. Diese
Probleme begrifflicher Unschärfe lassen sich nicht auflösen; das Beste, was man
tun kann, ist, reflektiert damit umzugehen.
Darüber hinaus ist der Anspruch, einen Gegenstand sachlich korrekt zu
bezeichnen, immer noch allzu unbestimmt. Man wird für alles und jede*n belie-
big viele Begriffe finden, die sachlich zutreffen – auch für die AfD. Aber nicht
alle zutreffenden Bezeichnungen sind in jedem Kontext sinnvoll, einige können
sogar irreführend sein. Damit eine Bezeichnung sinnvoll ist, sollte sie nicht nur die
Sache treffen, sondern darüber hinaus auch diejenigen Aspekte hervorheben, auf
die es im jeweiligen Kontext ankommt. Bei der politikwissenschaftlichen Einord-
nung von Parteien kommt es zuvorderst auf ihre politische Ausrichtung an, also
darauf, welche politischen Ziele die Partei mit welchen Mitteln erreichen will.
Dabei ist der politikwissenschaftliche Blick durch den Bezug zur Demokratie
geprägt und konzentriert sich entsprechend auf die Fragen, welches Verständ-
nis von Demokratie eine Partei vertritt und inwiefern ihre Ziele und Mittel mit
demokratischen Normen vereinbar sind.
Gerade wegen ihres Bezugs zur Demokratie sind viele Begriffe der Politikwis-
senschaft – anders etwa als Begriffe der Physik – normativ aufgeladen. Das heißt,
dass die Bezeichnung eines Gegenstandes mit einem politikwissenschaftlichen
Begriff oftmals ein Werturteil impliziert: Bezeichnet man etwas als „demo-
kratisch“ oder „extremistisch“ enthält das zumindest implizit immer auch eine
Wertung als „gut“ oder „schlecht“. Dieser normativen Aufladung ihrer Begriffe
sollten sich Politikwissenschaftler*innen bewusst sein.
Letztlich gilt: Alle Begriffe sind schlecht, aber noch schlechter ist es, keine
Begriffe zu haben. Das Beste, was man tun kann, ist, sich aller Probleme der
Begriffsverwendung bewusst zu sein und sich auf dieser Grundlage für die im
jeweiligen Kontext am wenigsten schlechten Begriffe zu entscheiden.
2.2.3 Jeder Gegenstand in eine Kategorie:
Klassifikationssysteme
Eine besondere Anforderung besteht, wenn man nicht nur Begriffe sucht, mit
denen man bestimmte Einzelgegenständen bezeichnen kann (die Christlich Demo-
kratische Union (CDU) als Organisation oder als Partei oder als konservative
Partei oder als Volkspartei), sondern gleich ein ganzes Klassifikationssystem, mit
dem man einen ganzen Gegenstandsbereich (alle politische Parteien) so eintei-
len kann, dass jeder einzelne Gegenstand in diesem Gegenstandsbereich in eine
passende Kategorie eingeordnet wird (Mudde 2007, S. 32).
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 25
Klassifikationssysteme sollten im Idealfall zweierlei erreichen: Erstens sollten
sie nach Möglichkeit jeden einzelnen Fall des Gegenstandsbereiches abdecken.
Dann weiß man bei jedem Gegenstand, in welche Kategorie man ihn einordnet.
Zweitens sollten Klassifikationssysteme jeden Gegenstand genau einer Klasse
zuordnen – also nicht null, aber auch nicht zwei oder drei. Jedoch lässt sich
oft nicht vermeiden, dass Grenzfälle auftreten, bei denen die Zuordnung zur
einen oder anderen Kategorie eine Entscheidung bleibt, die in gewissem Maße
willkürlich ist (z. B. Mudde 2007, S. 53–58).
Darüber hinaus gilt bei der Klassifikation das Prinzip der Sparsamkeit. Das
heißt, zusätzliche Kategorien oder zusätzliche Kriterien zur Definition sollten nur
eingeführt werden, wenn dies notwendig und bei der Analyse nützlich ist. Die
Kategorien sollten weder so grob sein, dass allzu unterschiedliche Gegenstände in
eine Kategorie fallen, noch sollten sie so fein sein, dass die einzelnen Kategorien
kaum noch Gegenstände enthalten.
2.3 Fünfzig Schattierungen von Braun? Die
Kategorisierung von Rechtsaußenparteien
Die Frage nach den passenden Begriffen und Klassifikationssystemen stellen sich
für verschiedene Gegenstandsbereiche in unterschiedlicher Weise.
2.3.1 Wie kategorisiert man Parteien?
Wenn man Parteien klassifizieren möchte, muss man fragen, unter welchem
Aspekt man das tun sollte. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man könnte
es in Hinblick auf ihre Wähler*innenbasis tun: Wird die Partei primär von Arbei-
ter*innen gewählt, ist es eine Arbeiterpartei, wird sie von einer breiten Koalition
von Wähler*innen aus verschiedensten Klassen gewählt, ist es eine Volkspartei
bzw. Catch-All-Partei usw. Man könnte es auch auf Grundlage ihrer Organi-
sationsstruktur tun: Handelt es sich um eine ausgesprochen basisdemokratische
Partei, in der Entscheidungen von einer aktiven Basis in intensiven Diskussionen
getroffen werden, oder um eine autoritäre Kaderpartei, in der Entscheidungen
von einer kleinen Führungsriege in Hinterzimmergesprächen gefällt und dann als
Befehle nach unten weitergegeben werden? Man könnte die Klassifizierung auch
auf Grundlage ihrer ideologischen Ausrichtung vornehmen: Welche Weltsicht ver-
tritt die Partei und welche Ziele will sie unter Nutzung welcher Mittel erreichen?
Alle genannten Formen der Klassifizierung können sinnvoll sein. Je nach Kontext
26 F. Biskamp
und Ziel der Analyse ist die Verwendung des einen oder anderen vorzuziehen.
Im Allgemeinen ist für die politische und politikwissenschaftliche Einordnung
jedoch der letztgenannte Aspekt, also die ideologische Ausrichtung der Parteien,
maßgeblich (Mair und Mudde 1998, S. 224ff.; Mudde 2007,S.4f.).
2.3.2 Ein System zur Kategorisierung von
(Rechtsaußen-)Parteien nach Cas Mudde
Auch nachdem man sich dafür entschieden hat, Parteien basierend auf ihrer
politischen Ausrichtung zu klassifizieren, stehen noch mehrere Wege offen,
von denen man sich für einen entscheiden muss. Das im Folgenden skizzierte
Modell entspricht im Wesentlichen dem, was Cas Mudde (2007,2019a)inseinen
Standardwerken über Rechtsaußenparteien formuliert hat.
Die erste Differenzierung, die C. Mudde vornimmt, ist die für die Politik
moderner Demokratien maßgebliche zwischen links und rechts. Dabei orientiert
er sich an Norberto Bobbios (1996) Konzeptualisierung dieser Differenz, der
zufolge der Unterschied zwischen links und rechts vor allem durch das Verhältnis
zu sozialer Ungleichheit und Gleichheit bestimmt ist. Linke halten Ungleichheit
für künstlich im Sinne von sozial hergestellt und für normativ ablehnenswert;
das Ziel von linker Politik ist folglich die Herstellung von Gleichheit. Rechte
dagegen halten Ungleichheit für natürlich und für normativ erstrebenswert; das
Ziel von rechter Politik ist entsprechend die Erhaltung oder Herstellung von
Ungleichheitsverhältnissen (Bobbio 1996, S. 60ff.; Mudde 2007, S. 26, 2019,
S. 6f.). Diese Einteilung in Links und Rechts ist nicht absolut und zeitlos, son-
dern relativ und kontextabhängig (Bobbio 1996, S. 56). Man kann eine politische
Position nur im Vergleich zu anderen als links oder rechts einordnen, und was in
einem bestimmten Kontext links oder rechts ist, hängt davon ab, welche Ungleich-
heitsverhältnisse vorherrschen und in welchem Maße sie politisch umstritten
sind.
Aber auch wenn man den jeweiligen sozialen Kontext bedenkt, kann die
Unterscheidung in links und rechts nur den Anfang des Klassifizierungssystems
darstellen – es gibt zu viele Arten, auf die man links und rechts sein kann. Bei der
Ablehnung oder Befürwortung sozialer Ungleichheitsverhältnisse kann man sich
auf vielfältige Arten der Ungleichheit beziehen, man kann diese sehr unterschied-
lich interpretieren und sie auf verschiedene Arten befürworten oder ablehnen.
Beispielsweise könnte man davon ausgehen, dass es biologisch ungleichwertige
Gruppen von Menschen gibt, die ungleiche Rechte haben und ungleich behandelt
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 27
werden sollen; oder man könnte davon ausgehen, dass alle Menschen die glei-
chen Rechte haben, aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Tüchtigkeit auf dem
Markt mehr oder weniger Erfolg haben, als Folge zu mehr oder weniger Wohl-
stand kommen und dass diese Wohlstandsdifferenzen gerecht sind und deshalb
erhalten werden sollten. Mit beiden Perspektiven legitimiert man Ungleichheits-
verhältnisse und ist ergo rechts (Bobbio 1996, S. 51 ff.). Aber im ersten Fall ist
man rechtsextrem, im letzteren liberal und im ersten Fall wohl deutlich weiter
rechts als im zweiten – daher sollte beides unterschieden werden.
Also gilt es, links und rechts weitere Differenzierungen vorzunehmen. Weil es
hier um Rechtsaußenparteien geht, gehe ich auf die Unterteilung der linken Par-
teien nicht weiter ein. Bei den Rechtsparteien ist zunächst zwischen Mitte-Rechts-
Parteien und Rechtsaußenparteien zu differenzieren. Das Unterscheidungskrite-
rium bildet das Verhältnis zur liberalen Demokratie: die Mitte-Rechts-Parteien
befürworten die liberale Demokratie in Gänze. Die Rechtsaußenparteien dage-
gen stehen in einem ideologischen Widerspruch zur liberalen Demokratie. Für
diesen Widerspruch maßgeblich sind Ungleichheitsideologien, nämlich Nativis-
mus und Autoritarismus. Nativismus bezeichnet einen Nationalismus, der eine
kulturell oder ethnisch homogene Nation anstrebt und entsprechend eine politi-
sche Priorisierung der ideologisch konstruierten „eigentlichen“ Volkszugehörigen
gegenüber anderen Gruppen befürwortet – insbesondere gegenüber migrantischen
oder ethnischen Minderheiten; Autoritarismus bezeichnet das Streben nach einer
klar geordneten Gesellschaft, in der Abweichung bestraft wird. Diese beiden Ideo-
logien haben alle Rechtsaußenparteien gemeinsam – und sie stehen in Spannung
zu liberalen Grundsätzen der Gleichheit und Freiheit aller (Mudde 2007, S. 18ff.,
2019, S. 24ff.).
Unter den Rechtsaußenparteien ist weiter zu differenzieren. Von Relevanz ist
dabei insbesondere der Unterschied zwischen Rechtsradikalen und Rechtsextre-
men. Die Differenz besteht darin, dass rechtsradikale Parteien sich zwar durch
Nativismus und Autoritarismus im Widerspruch zu liberaldemokratischen Nor-
men und Institutionen bewegen, sich aber doch zur Demokratie und ihren
Institutionen insgesamt bekennen. Bei rechtsextremen Parteien dagegen kommt
zum Nativismus und Autoritarismus noch die Ablehnung von Demokratie und
demokratischen Institutionen hinzu (Mudde 2007, S. 23f., 2019, S. 7, 27ff.). Zu
den rechtsradikalen Parteien zählen fast alle heute maßgeblichen Rechtsaußenpar-
teien in Europa wie z. B. der Rassemblement National in Frankreich, die Lega in
Italien oder Fidesz in Ungarn. Zu den rechtsextremen Parteien zählen insbeson-
dere neofaschistische und neonazistische Parteien, die in den letzten Jahrzehnten
bei Wahlen jedoch zumeist weniger erfolgreich waren – mit wenigen Ausnahmen
wie der Goldenen Morgenröte in Griechenland und der Ataka in Bulgarien.
28 F. Biskamp
2.3.3 Eine Differenz quer zu den anderen: Populismus
Der in den letzten Jahren für die politische und politikwissenschaftliche Diskus-
sion maßgebliche Populismusbegriff tauchte im oben genannten Schema bislang
nicht auf, weil er quer zu den genannten Einteilungen liegt: Populismus zeichnet
sich in erster Linie nicht durch eine Politisierung entlang der Achse links-
rechts, sondern entlang der senkrecht dazu stehenden Achse oben-unten aus.
Entsprechend kann er mit verschiedenen Positionen auf der Links-rechts-Achse
verbunden werden. Es gibt zahlreiche konkurrierende Definitionen von Populis-
mus. Die für die wissenschaftliche Bestimmung maßgeblichen Definitionen zielen
darauf, dass im Populismus ein Gegensatz zwischen dem „guten Volk“ und den
„korrupten Eliten“ hergestellt wird. Die „korrupten Eliten“ hätten illegitimerweise
die Macht an sich gerissen und machten nun Politik an den Interessen des „gu-
ten Volkes“ vorbei. Der Anspruch des Populismus ist es, dem „guten Volk“ eine
Stimme zu geben und Volkssouveränität wiederherzustellen (Müller 2016,S.2f.;
Decker und Lewandowsky 2017, S. 22ff.; Mudde und Rovira Kaltwasser 2017,
S. 1f., 2019, S. 7f.; Möller 2019, S. 58ff.).
Umstritten ist, ob Populismus immer antipluralistisch sein muss. Einige
Autor*innen sehen Antipluralismus als Wesensmerkmal des Populismus und
somit als Teil seiner Definition: Das populistische Bild des Volkes sei stets
das eines homogenen Volkes mit einem Willen und populistische Politik somit
inhärent antipluralistisch (Müller 2016, S. 3f., 20; Mudde und Rovira Kalt-
wasser 2017, S. 7f.). Andere Autor*innen definieren Populismus etwas weiter
und betrachten die Entgegensetzung von gutem Volk und korrupten Eliten auch
dann als populistisch, wenn sie ohne Antipluralismus auskommt (Decker und
Lewandowsky 2017, S. 22f.; Möller 2019) – dann ist der Antipluralismus kein
Wesensmerkmal des Populismus, sondern ein akzidentelles Merkmal, das hinzu-
kommen kann oder nicht. Ein gutes Argument für diese zweite Perspektive ist,
dass sich einige gemeinhin als populistisch klassifizierte Projekte wie Evo Mora-
les‘ Regierung in Bolivien durch einen expliziten Pluralismus auszeichnen (Boos
2018, S. 19). Ich folge hier und im Folgenden der etwas weiteren Definition,
der zufolge es zur Einstufung als populistisch hinreicht, wenn „das gute Volk“
gegen „die korrupten Eliten“ mobilisiert wird – unabhängig davon, ob dies in
pluralistischer oder antipluralistischer Weise geschieht.
Wichtig ist: Viele der Eigenschaften, die dem Populismus in der öffent-
lichen Diskussion zugeschrieben werden, sind nicht Teil der wissenschaftlich
gängigen Definition: Weder der laxe Umgang mit der Wahrheit noch das rou-
tinierte Machen unrealistischer Versprechungen noch die starke Vereinfachung
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 29
komplexer Zusammenhänge noch die polarisierende Zuspitzung sind per se popu-
listisch – auch wenn einige dieser Handlungen unter Populist*innen zweifelsohne
überproportional oft anzutreffen sind.
Populismus in diesem Sinne existiert fast nie für sich allein, sondern in
der Regel in Kombination mit anderen politischen Ideologien. Cas Mudde
und Cristóbal Rovira Kaltwasser (2017) sprechen vom Populismus als einer
dünnen Ideologie, die sich in der Praxis mit dicken Ideologien (z. B. Kon-
servatismus, Rechtsradikalismus, Libertarismus, Sozialismus) vereinen müsse,
um politisch wirksam werden zu können (Mudde und Rovira Kaltwasser 2017,
S. 6ff., 19f.). Dabei sind viele, aber nicht alle dicken Ideologien populismus-
kompatibel. Diejenigen dicken Ideologien, die das Kernmotiv des Populismus,
nämlich die Volkssouveränität ablehnen, können kaum „Wirtsideologien“ für
Populismus sein – dies trifft auf einige Formen des Anarchismus, die jede Sou-
veränität ablehnen, ebenso zu wie auf aristokratisch-elitäre Ideologien, die die
Souveränität nicht beim Volk sehen wollen. Die meisten modernen Ideologien
können aber als Wirtsideologien firmieren. Entsprechend gab es in den letz-
ten Jahren in Europa erfolgreiche populistische Mobilisierung aus verschiedenen
politischen Richtungen: Syriza in Griechenland, Podemos in Spanien und La
France insoumise in Frankreich mobilisieren populistisch-linksradikal (Priester
2017); das Movimento 5 Stelle in Italien mobilisiert populistisch ohne klare
politische Zuordnung; O ˇ
LaNO in der Slowakei und Forza Italia mobilisieren
populistisch-mitte-rechts; Rassemblement National, Lega, Fidesz und zahlreiche
andere Parteien mobilisieren populistisch-rechtsradikal.
Die allermeisten zuletzt in Europa erfolgreichen populistischen Parteien sind
jedoch rechtsradikal. Mehr noch: fast alle erfolgreichen rechtsradikalen Parteien
sind populistisch – als einzige Ausnahme nennt C. Mudde die MHP in der Türkei,
die er als rechtsradikal, aber nicht populistisch einstuft (Mudde 2007, S. 49f.).
Deshalb hat es sich eingebürgert, die entsprechende Parteienfamilie als „populist
radical right“ zu bezeichnen, den Populismus also zum festen Wesensmerkmal der
rechtsradikalen Parteienfamilie zu machen (Mudde 2007, S. 23, 2019, S. 30f.).
Einige Unklarheit besteht in Bezug auf die gängige Bezeichnung „Rechtspopu-
lismus“ (Mudde 2007, S. 29f., 2019, S. 14ff.). Im hier skizzierten Schema wären
als „populistisch“ und „rechts“ alle populistischen Parteien der Rechten einzuord-
nen – also sowohl Mitte-Rechts-Parteien wie Silvio Berlusconis Forza Italia als
auch radikal rechte Parteien wie Matteo Salvinis Lega. Dabei würden jedoch recht
verschiedene Parteien in eine Kategorie gepackt. Im Alltagsdiskurs ist die Ver-
wendung des Wortes rechtspopulistisch dagegen weitgehend synonym mit dem
was in C. Muddes Schema die populistisch-rechtsradikalen Parteien sind – nur
30 F. Biskamp
Abb. 2.1 Schema zur Klassifikation von Rechtsaußenparteien. (Eigene Darstellung)
dass dabei oftmals eine relative Harmlosigkeit unterstellt wird. Um diese Unklar-
heit zu vermeiden, werde ich im Folgenden nicht von Rechtspopulismus sprechen,
sondern entweder in einem weiten Sinne von rechten Populismen (in Abb. 2.1
mit schwarz gepunktetem Rahmen markiert) oder in einem engeren Sinne von
populistischem Rechtsradikalismus.
Eine der von C. Mudde vorgenommene Abgrenzungen erweist sich als unplau-
sibel und problematisch: Er versteht Rechtsextremismus und Populismus als
einander ausschließende Begriffe. Weil er den Populismus durch das Bekenntnis
zu, den Extremismus aber durch die Ablehnung von Demokratie gekennzeich-
net sieht, ist das Konzept eines populistischen Rechtsextremismus für ihn ein
Widerspruch in sich (Mudde 2019a, S. 30). Wie jedoch Jan-Werner Müller (2016)
anhand von Carl Schmitts Demokratieverständnis dargelegt hat, können das popu-
listische Bekenntnis zur Volksherrschaft und das nationalsozialistische Bekenntnis
zum Führerstaat durchaus zusammengehen – dann wird die von allen demo-
kratischen Verfahren und Institutionen entkoppelte Volkssouveränität zu einer
imaginären und nur durch Akklamation vollzogenen Legitimationsinstanz für
totale Herrschaft (Müller 2016, S. 51f.). Der Nationalsozialismus war in die-
sem Sinne rechtsextrem und populistisch. Nimmt man all diese Einordnungen
zusammen, ergibt sich das in Abb. 2.1 dargestellte Schema.
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 31
2.3.4 Vorteile, Nachteile, Alternativen
Das hier skizzierte Klassifikationssystem ist nicht alternativlos und es ist nicht
ohne Nachteile. Einer der größten Nachteile der Begriffe Rechtsradikalismus,
Rechtsextremismus und Rechtspopulismus besteht darin, dass sie zu einer „huf-
eisentheoretischen“ Modellierung des politischen Raums einladen, bei der rechts
und links der guten demokratischen „Mitte“ „radikale“, „extreme“ oder „populis-
tische“ Gefahren lauern. Es ist nicht zu bestreiten, dass es sowohl links als auch
rechts antidemokratische Gesinnungen und Gruppierungen gibt, jedoch sollte dies
nicht dazu verleiten, eine Symmetrie der Gefahren zu unterstellen. Zudem neigen
hufeisentheoretische Modelle dazu, die antidemokratischen Potenziale der gesell-
schaftlichen Mitte zu unterschätzen und die Gefahren an die Ränder zu verdrängen
(Berendsen et al. 2019).
Der (Rechts-)Populismusbegriff bringt darüber hinaus seine eigenen Vor-
und Nachteile mit sich. Für die Verwendung des Begriffs spricht, dass er es
ermöglicht, eine politische Konjunktur zu erklären, die man als „populistischen
Zeitgeist“ (Mudde 2007, S. 31) bezeichnen kann. Dieser Begriff verweist dar-
auf, dass in den letzten Jahren zahlreiche politische Parteien und Bewegungen
Erfolge feierten, die sich in der politischen Positionierung stark unterscheiden,
aber in der populistischen Form ihrer Mobilisierung ähneln. Der Populismus-
begriff hilft, diese Konjunktur zu erklären. Probleme des Begriffs resultieren
jedoch zum einen daraus, dass das Wort „Populismus“ in der öffentlichen Debatte
zumeist als inhaltlich fast beliebiger Kampfbegriff verwendet wird. Egal, wie
genau und wohlbegründet eine wissenschaftliche Definition ist, wenn man damit
in die Öffentlichkeit tritt, bewegt man sich immer in Diskursen, in denen das
Wort Populismus synonym mit allgemeiner politischer Unseriosität und Volks-
tümelei ist, sodass der Begriff sein analytisches Potenzial verliert. Zum anderen
ist der Populismusbegriff nur bedingt geeignet, die Aspekte sichtbar zu machen,
die das Verhältnis der populistisch-rechtsradikalen Parteien zur Demokratie kenn-
zeichnet. Die Gefährdung der Demokratie geht in erster Linie nicht davon aus,
dass diese Parteien populistisch sind, sondern davon, dass sie gegen Minder-
heiten hetzen und eine autoritäre Ausrichtung der Gesellschaft anstreben. Dies
gilt umso mehr, als sich der Erfolg populistischer Parteien in Europa zunehmend
auf die populistischen Rechtsaußenparteien beschränkt, populistische Parteien von
links dagegen an Boden verlieren (Mudde 2019b). Zusammengenommen führen
diese Probleme dazu, dass der in wissenschaftlichen Kontexten mithin sinnvolle
Populismusbegriff in der politischen Öffentlichkeit zu einer Verharmlosung der
Rechtsaußenparteien führen kann.
32 F. Biskamp
Ein in der deutschen Debatte als Alternative zu Rechtsradikalismus oder
Rechtsextremismus gebrauchter Begriff ist der des völkischen Nationalismus.
Damit bezeichnet man eine spezifisch deutsche Tradition von romantischem
Nationalismus, die unterstellt, dass „das Volk“ oder „die Nation“ eine tiefere
kulturelle oder biologische Substanz haben (Kellershohn 1998). Tatsächlich lässt
sich aufzeigen, dass sich verschiedene Rechtsaußenströmungen, -bewegungen und
-parteien in der deutschen Geschichte auf diese Tradition beziehen und durch
sie geprägt sind – dies gilt in je unterschiedlicher Weise für die Nationalso-
zialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und für Teile der AfD (Friedrich
2019, S. 115ff.). Zudem verweist der Begriff auch auf die für diese Tradition
charakteristischen überhöhten Selbst- und abwertenden Fremdbilder sowie den
damit einhergehenden Autoritarismus – und somit gerade auf die aus demo-
kratischer Sicht problematischen Züge der Rechtsaußenparteien. Allerdings hat
diese Bezeichnung den Nachteil, dass sie allzu spezifisch ist. Als im engen
Sinne völkisch können nur bestimmte Bewegungen im deutschsprachigen Kontext
bezeichnet werden. Für international vergleichende Betrachtungen ist der Begriff
ebenso wenig geeignet wie für eine Gesamtschau deutscher Rechtsaußenparteien.
Wieder andere Autor*innen verwenden die Begriffe faschistisch und nazistisch
bzw. neofaschistisch und neonazistisch und stellen gegenwärtige Rechtsaußen-
parteien damit in eine Linie mit denen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Diskussionen um die Definition dieser Begriffe sind umfangreich und wider-
sprüchlich. Letztlich scheint es aber sinnvoll, ihre Verwendung auf Parteien und
Bewegungen zu beschränken, die einen gewaltsamen Umsturz der demokratischen
Institutionen hinarbeiten (Mudde 2019a, S. 25f.) – somit wäre er weitgehend
identisch mit dem oben genannten Verständnis von rechtsextrem.
Eine andere Alternative bietet Wilhelm Heitmeyer (2018), der die Ideologie
der AfD als „autoritäre[n] Nationalradikalismus“ (Heitmeyer 2018, S. 16, 231)
bezeichnet. Damit will er eine Alternative zu den Begriffen Rechtspopulismus
und Rechtsextremismus schaffen, weil ersterer seiner Ansicht nach eine Verharm-
losung, letzterer eine Übertreibung darstellt. Inhaltlich ist der Begriff dadurch
bestimmt, dass Demokratie nicht offen abgelehnt, aber ein radikaler, exkludieren-
der und autoritärer Rassismus vertreten wird – was sich weitgehend mit der oben
genannten Definition von Rechtsradikalismus deckt. Ein Vorteil dieses Begriffs
besteht darin, dass er zugleich eine Beschreibung des Gegenstandes beinhaltet:
die so bezeichneten Parteien sind autoritär, nationalistisch und radikal. Ein Nach-
teil besteht darin, dass er den ohnehin schon zahlreichen Begriffen einen weiteren
hinzufügt, der international wenig Chancen auf Etablierung haben dürfte.
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 33
2.4 Die Flugbahn der AfD im politischen Raum
Noch deutlicher werden die Probleme der Begriffsbildung, wenn man versucht,
einzelne Parteien anhand dieser Begriffe zu klassifizieren. Wie oben angespro-
chen, sind Parteien komplexe Gegenstände, bei denen sich oftmals verschiedene
Einordnungen rechtfertigen lassen, sodass am Ende eine Entscheidung mit einem
gewissen Anteil von Willkür nicht zu vermeiden ist.
2.4.1 Was geblieben ist: Die AfD war und ist eine populistische
Rechtspartei
Über alle Wandlungsprozesse hinweg gibt es bei der Einordnung der AfD zwei
Konstanten.
Erstens war die Partei von Anfang eine Rechtspartei – auch wenn es in
der Partei stets Stimmen gab, die eine Positionierung „jenseits von rechts und
links“ für sich in Anspruch genommen haben. Sowohl in der Gründungszeit
unter Bernd Lucke als auch in den folgenden Jahren unter Frauke Petry als auch
heute rechtfertigt die Partei soziale Ungleichheitsverhältnisse und fordert teils
ihre Verschärfung. Dies geschieht freilich auf unterschiedliche Arten und Weisen:
Manchmal – etwa im Falle von Lucke – in Form eines rabiaten Ordoliberalis-
mus, der die Ungleichheit des Marktverhältnisses legitimiert und seine Dämpfung
durch wohlfahrtsstaatliche Intervention eingeschränkt sehen will; manchmal aber
auch in einer aggressiv nativistischen Art und Weise, die auf die Abwertung von
rassifizierten Minderheiten fokussiert.
Zweitens ist die Partei von Anfang an eine populistische Partei. Alle rele-
vanten Strömungen in der Partei beteiligen sich an einem Diskurs, in dem
ein Bild von korrupten „Eliten“ oder „Altparteien“ gezeichnet wird, die die
Interessen „des Volkes“ verraten hätten. Entsprechend wurde die Partei seit
ihrer Gründung als populistisch eingeordnet – aber noch nicht immer als Teil
der populistisch-rechtsradikalen Parteienfamilie, der die meisten erfolgreichen
populistischen Rechtsparteien in Europa angehören (Lewandowsky 2015).
2.4.2 Der Kampf dreier rechter Populismen in einer Partei
Innerhalb dieses groben Rahmens populistisch-rechter Positionen ist viel Raum
für unterschiedliche und auch gegensätzliche ideologische Ausrichtungen. Dabei
lassen sich in Anlehnung an das oben skizzierte Modell grob drei innerhalb der
34 F. Biskamp
AfD relevante Varianten unterscheiden. Die erste ist die national-ordoliberale
Variante, die unmittelbar nach der Gründung maßgeblich war und für die unter
anderem die Parteigründer Bernd Lucke und Heinz-Olaf Henkel standen. Dies
stimmt weitgehend mit dem überein, was Sebastian Friedrich (2019)alsdie
„nationalneoliberale Strömung“ (Friedrich 2019, S. 105ff.) innerhalb der AfD
bezeichnet. Die zweite Variante ist sehr viel heterogener und wird von all jenen
vertreten, die den populistischen Diskurs in einer rechtsradikalen Weise arti-
kulieren, also Nativismus und Autoritarismus in den Mittelpunkt stellen. Dies
entspricht ungefähr dem, was S. Friedrich (2019) die „nationalkonservative Strö-
mung“ (Friedrich 2019, S. 98ff.) nennt. Die dritte Variante ist der autoritäre
Nationalismus in völkischer Tradition, bei dem sich über Nativismus und Autori-
tarismus hinaus zahlreiche Hinweise auf neofaschistische Gesinnung finden und
der somit als rechtsextrem einzuordnen ist (Friedrich 2019, S. 115ff.).
Die bisherige Entwicklung der AfD lässt sich als Kampf dieser drei Varian-
ten von rechtem Populismus beschreiben. Zu Anfang war die erste, national-
ordoliberale Variante maßgeblich. Somit war es zu diesem Zeitpunkt noch
gerechtfertigt, die Partei nicht dem populistisch-rechtsradikalen Lager zuzuord-
nen, sondern sie als Sonderfall eines Mitte-Rechts-Populismus zu betrachten
(Lewandowsky 2015). Dies änderte sich spätestens 2015. Die Rechtsaußenkräfte
innerhalb der Partei gewannen zunehmend an Macht und Einfluss, große Teile des
national-ordoliberalen Lagers traten dagegen aus der Partei aus – diejenigen, die
nicht austraten, fanden sich faktisch damit ab, Teil einer rechtsradikal dominier-
ten Partei zu sein. Der zweite große Machtkampf 2017 war inhaltlich etwas vager,
folgte aber einer ähnlichen Dramaturgie und bedeutete wiederum einen Rechts-
ruck. Spätestens nun war die Position des Rechtsextremismus als relevante Kraft
innerhalb der Partei zementiert (Friedrich 2019, S. 56ff.).
Diese Machtposition bauten die rechtsextremen Kräfte in den Folgejahren
weiter aus. 2019 schien es dann so weit zu sein, dass der Flügel eine Art
Sperrminorität erreicht hat, gegen die sich kaum noch bedeutungsvolle Entschei-
dungen treffen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war es gerechtfertigt, die Entwicklung
der Partei so einzuordnen, dass diese den Weg von einer grenzwertigen popu-
listischen Mitte-Rechts-Partei über eine populistisch-rechtsradikale Partei hin
zu einer rechtsextremen Partei gegangen ist (Biskamp 2019a; Pfahl-Traughber
2019). 2020 kam jedoch noch einmal Bewegung in die Machtkonstellationen.
Ausgangspunkt war die offizielle Einstufung des „Flügels“ als „gesichert rechts-
extremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“
durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (2020) – daran, dass diese Einstufung
so folgenreich wurde, zeigt sich einmal mehr, dass die Klassifizierung politi-
scher Akteur*innen hochrelevant ist. Konkret erhöhte es den Druck auf die Partei
2 Extrem populistisch? Über die Kategorisierung … 35
Abb. 2.2 Die Flugbahn der AfD im politischen Raum. (Eigene Darstellung)
und stärkte zumindest kurzfristig die Machtposition derer, die sich dem Flügel
aus verschiedenen Gründen nicht unterordnen wollen. Der Kampf zwischen bei-
den Lagern scheint vorerst offen (Roeser 2020). Beim Dresdener Parteitag im
April 2021 blieb ein großer Machtkampf aus. Jedoch setzte sich das rechtsex-
treme Lager in fast allen Kampfabstimmungen durch und könnte im Herbst 2021
einen Showdown mit seinen innerparteilichen Gegner*innen erzwingen – sofern
es diese nicht als Feigenblätter braucht.
Die Flugbahn der AfD im politischen Raum führte also von einem rech-
ten Populismus, zu einem radikal rechten Populismus bis in den rechtsextremen
Bereich und wieder zurück an die Grenze zwischen radikaler und extremer Rech-
ter (Abb. 2.2). In welche Richtung diese Dynamiken die Partei in der Zukunft
treiben und ob es ihr gelingt, bei künftigen Wahlen ein halbwegs geschlosse-
nes Bild abzugeben, ist unklar. Klar ist, dass die Partei spätestens seit 2015 eine
populistische Rechtsaußenpartei ist und auf absehbare Zeit bleiben dürfte.
2.5 Fazit
Am Anfang dieses Beitrages stand die These, dass die begriffliche Einordnung
von Rechtsparteien problembeladen, umstritten und folgenreich ist. Die darauf-
folgende Diskussion von Begriffsbildung und Klassifizierung im Allgemeinen
36 F. Biskamp
sowie in Bezug auf politische Parteien im Besonderen haben diese Probleme
genauer erörtert und die Möglichkeit zu einem reflektierten Umgang mit ihnen
aufgezeigt. Auf dieser Grundlage lässt sich die AfD als populistische Rechtsau-
ßenpartei einordnen, innerhalb derer rechtsradikale und rechtsextreme Kräfte um
die Vorherrschaft kämpfen.
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tungsgericht-100.html. Zugegriffen: 1. Okt. 2020.
Dr. Floris Biskamp, Eberhard Karls Universität Tübingen, Koordinator des Promotions-
kolleg Rechtspopulistische Sozialpolitik und exkludierende Solidarität. Arbeits- und For-
schungsschwerpunkte: Verhältnis von Politik und Religion, Rassismus, Antisemitismus,
Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, politische Bewegungen, politische Ideologien, poli-
tische Theorie und Ideengeschichte, Gesellschaftstheorien.
Article
Full-text available
Zusammenfassung In den letzten Jahren wird die Möglichkeit, dass auch Studierende der Sozialen Arbeit im weitesten Sinne rechte Einstellungen innehaben, in Disziplin und Profession Sozialer Arbeit diskutiert. Der Beitrag beinhaltet erste Ergebnisse eines Dissertationsprojektes, das sich mit den Wahrnehmungen von Lehrenden im Hinblick auf rechte Äußerungen in Lehrkontexten beschäftigt.
Article
Full-text available
In recent times, populism not only is on everyone’s lips, but it has also been contested as scientific term. While some consider recent political developments as a repolitization and response to postdemocracy, others interpret populism as authoritarian and antipluralistic form of politics. However, a closer look reveals that the common term is very often rather obscuring. Scrutinizing the three mayor historic references of the debates on Populism – the Russian Narodniki, the US People´s Party, and the national-popular governments in the 1930-50s in Latin America –, the article reveals that quite contrasting movements have been labeled as populists. Furthermore, different theoretical strands, which described them as such discerned very different aspects as their populist core. After laying out these differences, the articles asks for the explanatory potential of these approaches and discusses the question if there is an intrinsic authoritarianism to populism.
Article
Full-text available
Although the notion of the party family, with the various cross-national and cross-temporal similarities it implies, underlies much of the standard work on comparative party politics, it nevertheless remains one of the most undertheorized and least specified approaches to the general classification of parties. Four of the principal approaches that are used to identify party families are discussed: origins and sociology, transnational links, policy and ideology, and party name. The advantages and disadvantages of each approach are assessed, as are some of the more generic problems that may be associated with all four approaches. The two approaches that appear best suited to the specification and classification of party families are those based on the origin of parties and their ideology, but these should be developed in parallel rather than as alternatives. Both tap into what parties are rather than what parties do and hence are more likely to uncover core identities and shared political goals.
Book
Armin Pfahl-Traughber erörtert die Frage, ob die „Alternative für Deutschland“ (AfD) als rechtsextremistische Partei anzusehen ist. Dabei liefert der Autor zunächst Basisinformationen zur AfD sowie zu seinen Untersuchungskriterien. Danach werden Aussagen von hohen Funktionsträgern im rechtsextremistischen Sinne dargestellt und kommentiert. Dem folgen Betrachtungen dazu, inwieweit es zwischen der AfD und dem neueren und traditionellen Rechtsextremismus politische Zusammenhänge gibt. Und schließlich wird eine differenzierte Erörterung zur Extremismusfrage vorgenommen, gilt die AfD doch als ein sich diesbezüglich noch entwickelndes „Grauzonen“-Phänomen. Der Inhalt • Basisinformationen, Definitionen und Untersuchungskriterien • Aussagen von hohen Funktionsträgern im rechtsextremistischen Sinne • Kontexte zum neueren und traditionellen Rechtsextremismus • Einschätzungen hinsichtlich der Extremismusfrage Die Zielgruppen • Dozierende und Studierende der Sozialwissenschaften • Praktikerinnen und Praktiker in Fraktionen, Gewerkschaften, Parteien und Verbänden • Journalistinnen und Journalisten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der politischen Bildung Der Autor Prof. Dr. phil. Armin Pfahl-Traughber, Politikwissenschaftler und Soziologe, arbeitet als hauptamtlich Lehrender an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl und als Lehrbeauftragter für Politische Theorie an der Universität Bonn, außerdem gibt er das „Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung“ (JET) heraus.
Article
Zusammenfassung Im Umgang mit der Konjunktur des Populismus schlagen sich derzeit ein beginnender Prozess der Entglobalisierung und der Glaubwürdigkeitsverlust des kosmopolitischen Narrativs des Neoliberalismus nieder. Obzwar Populismus derzeit vor allem von rechts mobilisiert wird, zeigen sich auch zahlreiche Ansätze eines Gegenpopulismus von links. Als „dünne Ideologie“ im Sinne Michael Freedens ist Populismus richtungspolitisch keineswegs festgelegt. Im Kern beruht er auf einer Volte gegen das Establishment und die Eliten im Namen des „Volkes“, dessen „Souveränität“ es wieder herzustellen gelte. Er findet seinen Resonanzraum aufgrund der Auflösung der großen politischen Subkulturen und der Fokussierung der Volksparteien auf die Mitte und kann sich seit den 1970er-Jahren dauerhaft verselbständigen. Im europäischen Kontext ist der genuine Linkspopulismus nicht in Absehung von der jeweiligen Einstellung zur EU zu verstehen. Der Beitrag skizziert vor diesem Hintergrund eine differenzierte Phänomenologie der linkspopulistischen Strömungen in Europa (
Article
This article offers a synopsis and an analysis of the current state of research on the dif- ferent elements of populism. From a theoretical and conceptual perspective, it de- scribes the core of populism and its right-wing variation, contrasts right-wing pop- ulism and right-wing extremism and examines its ideological and organizational char- acteristics. The empirical parts focus on right-wing populist parties and movements in Western Europe and Central and Eastern Europe and the structural causes for their electoral success. Concluding, the article investigates the question which counter strategies can be identified in the arena of party competition and to what extent they are successful regarding their conditions in the specific contexts.
Book
As Europe enters a significant phase of re-integration of East and West, it faces an increasing problem with the rise of far-right political parties. Cas Mudde offers the first comprehensive and truly pan-European study of populist radical right parties in Europe. He focuses on the parties themselves, discussing them both as dependent and independent variables. Based upon a wealth of primary and secondary literature, this book offers critical and original insights into three major aspects of European populist radical right parties: concepts and classifications; themes and issues; and explanations for electoral failures and successes. It concludes with a discussion of the impact of radical right parties on European democracies, and vice versa, and offers suggestions for future research.
Article
Politicians and pundits have long disparaged their opponents with polemicist cries of "leftist!" or "rightist!" But with the fall of communism and the recent conservative ascendancy in the United States and Europe, many commentators have flatly declared that the traditional left/right distinction has lost its relevance. Now, even as political players scramble to redefine themselves with freshly "spun" labels, Norberto Bobbio asserts that the demise of the left/right distinction has been greatly exaggerated. Bobbio argues that left and right are not absolute terms, but represent a shifting map of the political spectrum, relative to the particular cultural and historical contexts of a given time. The distinction continues to endure because it reflects the essentially antithetical nature and dynamics of democratic politics. In his accessible yet provocative style, Bobbio constructs a historically informed, analytic division of the political universe along two foundational axes, from equality to inequality, from liberty to authoritarianism. He then charts the past and present tendencies of the left and the right, in both their more moderate and more virulently extreme forms. Ultimately, for Bobbio, the measure of post-modern democracy will indeed lie in where and how we situate ourselves relative to these critical left/right parameters, in whether we cast ourselves, our votes, and our era in terms of political expediency, social viability, or moral responsibility. A bestseller in Italy, where it sold over three hundred thousand copies, Left and Right is an important contribution to our understanding of global political developments in the 1990s and beyond.
Extrem unbrauchbar. Über Gleichsetzungen von links und rechts
  • E Berendsen
  • K Rhein
  • T D Uhlig
Berendsen, E., Rhein, K., & Uhlig, T. D. (Hrsg.). (2019). Extrem unbrauchbar. Über Gleichsetzungen von links und rechts. Berlin: Verbrecher Verlag.