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Diskriminierung – Eine sozialpsychologische Ursachensuche: Vorurteile, Stereotype und Intergruppenprozesse

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Diskriminierung – Eine sozialpsychologische
Ursachensuche: Vorurteile, Stereotype und
Intergruppenprozesse
Jul ia n an sl i ng er & urs ul a ath en stae dt
Vor bemerku ng en
Das Schreiben über sozialpsychologische Forschung zu Diskriminierung,
Stereotypen und Vorurteilen bringt eine unangenehme Nebenwirkung mit sich:
Die Nennung von Vorurteilen und Stereotypen führt zu einer Reproduktion
derselben. Bereits das Lesen von konkreten Beispielen kann dazu führen,
dass sich Vorannahmen über Gruppen weiter in unserem Gedächtnis verfesti-
gen. Gleichzeitig halten wir eine anschauliche Darstellung von Experimenten
mit ihren untersuchten Zuschreibungen jedoch für essentiell, da sie eine
Wirklichkeit beschreiben, vor der wir die Augen nicht verschließen dürfen.
Denn nur wenn wir Kenntnis von konkreten Stereotypen und Vorurteilen be-
sitzen, können wir auch Wege nden, diese zu bekämpfen. Daher möchten wir
unsere Leser*innenschaft darum bitten, stets im Hinterkopf zu behalten, dass es
sich bei den berichteten Gruppenbeschreibungen um Zuschreibungen der un-
tersuchten Personen und nicht um von uns als gültig angenommene Tatsachen
handelt. Darüber hinaus ist es uns ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass die
berichteten Forschungsarbeiten dekonstruktivistischen und queer-theoretischen
Ansprüchen oft nicht standhalten. Das heißt, dass die angeführten Studien dazu
tendieren, Differenzen zu reizieren, da sie beispielsweise ethnische Kategorien
oder die Geschlechterbinarität selbst in die Untersuchungen hineintragen. Des
Weiteren scheinen die Forschungsarbeiten Vorurteile und Stereotype meistens
aus der Perspektive eines weißen, heterosexuellen Mannes zu untersuchen,
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wodurch sie unweigerlich eine Norm reproduzieren. In diesem Sinne hel-
fen die Studien aber auch gleichzeitig dabei, ein durch Stereotype, Vorurteile
und Diskriminierungen aufrechterhaltenes Machtgefälle zu erschüttern. Denn
nur wenn wir verstehen, wie bestehende Machtverhältnisse durch Stereotype,
Vorurteile und Diskriminierungen aufrechterhalten werden, können wir
Strategien entwickeln, um die gegebenen Machtstrukturen zu verändern.
Trotz EU-weiten Anti-Diskriminierungsrichtlinien sind Diskriminierung und
Hierarchisierung in der Europäischen Union noch lange keine Relikte ver-
gangener Zeiten. Menschen werden diskriminiert. Unter anderem aufgrund
ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer nationalen Herkunft,
ihres Alters, ihrer Behinderung und/oder ihrer Sexualität. Einerseits ist die
Ungleichbehandlung verschiedener Gruppierungen immer noch institutio-
nell und strukturell verankert und wird, wenn überhaupt, von Politik und
Rechtsprechung nur langsam abgebaut.1 Andererseits ist auch auf individu-
eller Ebene diskriminierendes Verhalten immerzu zu beobachten. Aus sozi-
alpsychologischer Sicht wird Diskriminierung deniert als Verhalten von
Individuen, welches die Überlegenheit von Gruppen (und ihrer Mitglieder)
über andere Gruppen (und deren Mitglieder) erzeugt, aufrechterhält oder ver-
stärkt.2 Hierbei ist es irrelevant ob das Verhalten positiv oder negativ intendiert
ist. Die psychologischen Ursachen für diskriminierendes Verhalten liegen da-
rüber hinaus oft im Verborgenen und sind den diskriminierenden Personen
gar nicht bewusst. Aber wie können wir Diskriminierung abbauen und das
Zusammenleben in gesellschaftlicher Vielfalt für alle Individuen gleichbe-
rechtigt gestalten? Und was sind das eigentlich für Prozesse, die Menschen
dazu verleiten, Dominanzverhältnisse herzustellen oder aufrecht zu erhalten?
Auf diese Fragen liefert die sozialpsychologische Forschung verschiedene
Antworten, über welche in diesem Beitrag ein Überblick gegeben werden soll.
Grundsätzlich können Vorurteile als eine wesentliche Ursache für diskriminie-
rendes Verhalten gesehen werden. Die Sozialpsychologie versteht Vorurteile als
Einstellungen gegenüber Angehörigen von Fremdgruppen, die allein auf deren
Gruppenzugehörigkeit beruhen. Vorurteile setzen sich aus zwei Komponenten
zusammen: einem kognitiven und einem emotionalen (affektiven) Teil. Die
kognitive Komponente beruht auf der Bildung von Stereotypen, welche ein
1 Vgl. Marko, 2015; diese Publikation
2 Vgl. John F. Dovidio, Miles Hewstone, Peter Glick, Victoria M. Esses, Prejudice,
Stereotyping and Discrimination: Theoretical and Empirical Overview, in: John F.
Dovidio, Miles Hewstone, Peter Glick, Victoria M. Esses (Hg), The SAGE Handbook
of Prejudice, Stereotyping and Discrimination, London 2010.
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 3
Resultat von Informationsverarbeitungsprozessen darstellen. Die affektive
Komponente verweist auf den Umstand, dass Menschen dazu tendieren und
emotional dazu motiviert sind, ihre soziale Welt in Eigen- und Fremdgruppen
einzuteilen.3 Diese Einteilung geht zumeist einher mit einer Bevorzugung
der Eigengruppe und einer Ablehnung der Fremdgruppe. Zusammenfassend
beschreibt die Sozialpsychologie die Prozesse, die hinter Stereotypen ste-
hen, als kalte (emotionslose), kognitive Funktionen von Vorurteilen und die
Prozesse hinter der Einteilung in Eigen- und Fremdgruppen, als heiße (emo-
tionsgeladene), affektive Funktionen von Vorurteilen. Auf bauend auf dieser
Unterscheidung werden im Folgenden beide Komponenten von Vorurteilen
(Stereotype und Intergruppenprozesse) getrennt erläutert.
Ste reo t ype
Ein nicht unerheblicher Teil von diskriminierendem Verhalten wird ausgelöst
durch Stereotype, welche auf kognitiven Informationsverarbeitungsprozessen
beruhen. Informationsverarbeitungsprozesse ermöglichen uns, die gigantische
Menge an Informationen, die tagtäglich auf uns einströmt, zu ltern, zu verarbei-
ten und mit bereits bestehenden Kenntnissen zu verknüpfen. Würden wir jeden
Moment, jede Begebenheit, jedes Objekt als etwas vollkommen Neues erleben,
wäre das schier überfordernd. Deshalb tendieren Menschen dazu, Informationen
auszuwählen, zu vereinfachen und in kognitiv bestehende Kategorien einzu-
ordnen. Auch während sozialer Interaktionen tendieren wir Menschen zu sol-
chen Informationsverarbeitungsprozessen mit einem häug problematischen
Nebeneffekt: der Bildung von Stereotypen.
Stereotype sind Assoziationen und Zuschreibungen von bestimmen
Charakteristiken zu einer sozialen Gruppe und den Menschen, die dieser so-
zialen Gruppe angehören.4 Das heißt, Personen schreiben ihren Gegenübern
bewusst oder unbewusst bestimmte Eigenschaften zu, basierend auf einer
Gruppenzuordnung. Die Voraussetzung für die Bildung von Stereotypen
ist also eine kognitive Zusammenfassung von Menschen zu einer sozialen
Gruppe. Diese soziale Kategorisierung erfolgt, basierend auf (mindestens) ei-
ner Charakteristik, die alle Menschen dieser sozialen Gruppe (möglicherweise
3 Vgl. Marilynn B. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social
categorization, ingroup bias, and outgroup prejudice, in: Arie W. Kruglanski, E.
Higgins (Hg), Social psychology: Handbook of basic principles, New York 2007.
4 Vgl. Dovidio, Hewstone, Glick, Esses, Prejudice, Stereotyping and Discrimination:
Theoretical and Empirical Overview (wie Anm. 2).
4 | Julia n ansli nger & ursu la athenstaedt
vermeintlich) teilen. Forschungen zeigen, dass Menschen diese Kategorisierung
automatisiert vornehmen und Personen insbesondere entlang der drei
Kategorien Geschlecht, Ethnizität und Alter einteilen.5 Neben der Einteilung
in diese sogenannten Kern-Kategorien, sind sowohl die momentane Relevanz
als auch die Augenscheinlichkeit bzw. Salienz (kognitive Zugänglichkeit) der
jeweiligen Charakteristik relevant.6 Das heißt, je wichtiger und auffälliger be-
stimmte Eigenschaften in einer bestimmten Situation sind, umso eher werden
Menschen in dieser Situation, basierend auf diesen Eigenschaften, zu Gruppen
zugeordnet und mit entsprechenden Zuschreibungen versehen. Dies ist insbe-
sondere der Fall, wenn ansonsten wenige Informationen vorhanden sind, bzw.
die Situation völlig neu/unsicher ist. Nimmt beispielsweise ein neu angestell-
ter Mitarbeiter einer Firma an einer Besprechung teil, wird er höchstwahr-
scheinlich versuchen, alle Anwesenden anhand ihrer jeweiligen Position in
der Firmenhierarchie zu kategorisieren, da diese für den Mitarbeiter in diesem
Moment besonders relevant ist. Sind die Positionen ihm nicht bekannt, wird er
den jeweiligen Rang anhand der Kleidung abschätzen. Diese Kategorisierung
ermöglicht dem Teilnehmenden eigenes Verhalten gegenüber den jeweiligen
und gegebenenfalls statushöheren Kolleg*innen entsprechend auszurich-
ten. Auch erlaubt eine Kategorisierung dem Mitarbeiter Rückschlüsse über
die Eigenschaften der Anwesenden zu ziehen. Das heißt, auch wenn dem
Besprechungsteilnehmer die Anwesenden nicht persönlich bekannt sind, kann
er, beispielsweise die Kompetenz oder den Einuss der Anwesenden einschät-
zen. Die zugeschriebenen Eigenschaften, beruhend auf der Gruppenzuordnung
(„Alle besonders gut angezogenen Personen sind höher gestellt als ich und
verfügen über mehr Kompetenz“), nennt man Stereotype. Auch wenn dieser
Zuschreibungsprozess in vielen Situation hilfreich ist, kann er jedoch auch
oft zu Fehleinschätzungen führen und Personen fälschlicherweise (gegebe-
nenfalls vermeintliche) Gruppeneigenschaften zuschreiben. Befände sich
beispielsweise unter allen Teilnehmenden der Besprechung nur eine Frau,
wäre diese Eigenschaft im Moment – wenn auch eigentlich nicht wichtig –
besonders augenscheinlich (bzw. salient).7 Durch die erhöhte Auffälligkeit
ihres Geschlechts, würden alle anderen Konferenzteilnehmenden mit erhöh-
ter Wahrscheinlichkeit dazu tendieren, dieser Frau feminine Stereotype zuzu-
5 Vgl. Shelley E. Taylor, Susan T. Fiske, Nancy L. Etcoff, Audrey J. Ruderman,
Categorical and contextual bases of person memory and stereotyping, in: Journal of
Personality and Social Psychology 36 (1978).
6 Vgl. Eliot R. Smith, Diane M. Mackie, Social Psychology, 3. ed, Hove u.a. 2007.
7 Vgl. Taylor, Fiske, Etcoff, Ruderman, Categorical and contextual bases of person
memory and stereot yping (wie Anm. 5).
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 5
schreiben und ihr somit (vermeintlich) weniger beruiche Kompetenz zuzu-
sprechen als den anwesenden Männern.8
Dass Frauen im Durchschnitt weniger Kompetenz zugeschrieben wird,
ist auch in Situationen zu beobachten, in denen das Geschlecht überhaupt
keine Rolle spielen sollte. Zum Beispiel nehmen Menschen die generellen
Beurteilungen von Computern ernster, wenn die Computer mit einer männ-
lichen, als wenn sie mit einer weiblichen Stimme sprechen. Ausschließlich in
Beziehungsfragen lassen sich Personen lieber Ratschläge von Computern mit
weiblicher Stimme geben – und dass selbst, wenn ihnen zuvor mitgeteilt wur-
de, dass das Computerprogramm von einem Mann geschrieben wurde.9 Dieser
Stereotypisierungs-Effekt aufgrund von Geschlechtszuschreibungen ist über
Ländergrenzen hinweg relativ robust. John Williams und Deborah Best10 konn-
ten zeigen, dass in über 20 der 25 untersuchten Nationen Männer unter ande-
rem als ernsthaft, grob, rational, realistisch, stur und weise eingeschätzt werden.
Eigenschaften, die insbesondere im Arbeitskontext als hilfreich gelten. Frauen
hingegen, werden unter anderem mit Begriffen wie charmant, einfühlsam, ge-
schwätzig, liebevoll, schwach und sexy beschrieben. Eigenschaften, die im
beruichen Kontext eher als nachteilig gelten. An diesem Beispiel wird auch
klar, dass sich selbst positive Zuschreibungen wie Einfühlsamkeit negativ aus-
wirken können, wenn sie als nachteilig für den jeweiligen Kontext verstanden
werden. Andere Wissenschafter*innen zeigten darüber hinaus, dass Frauen,
die mit positiven weiblichen Stereotypen konfrontiert werden (beispielsweise
Frauen seien besonders sozial kompetent), sich als weniger intelligent beschrei-
ben. 11 Das Problem ist also nicht die semantische Negativität eines Stereotyps,
sondern Generalisierungen über Gruppenmitglieder hinweg, die Auswirkungen
nach sich ziehen, welche zur Aufrechterhaltung von Statusunterschieden zwi-
8 Vgl. Ursula Athenstaedt, Dorothee Alfermann, Geschlechterrollen und ihre Folgen.
Eine sozialpsychologische Betrachtung, 1. Au, Stuttgart 2011.
9 Vgl. Byron Reeves, Clifford Ivar Nass, The media equation. How people treat com-
puters, television, and new media like real people and places, Stanford, Calif., New
York 1996.
10 John E. Williams, Deborah L. Best, Measuring sex stereotypes. A multination study,
Rev. ed., v. 6, Newbury Park, Calif. 1990.
11 Vgl. Manuela Barreto, Naomi Ellemers, Laura Piebinga, Miguel Moya, How nice of
us and how dumb of me: The effect of exposure to benevolent sexism on women‘s task
and relational self-descriptions, in: Sex Roles 62 (2010). Für nähere Informationen
zu benevolentem Sexismus vgl. Peter Glick, Susan T. Fiske, An ambivalent alliance:
Hostile and benevolent sexism as complementar y justications for gender inequality,
in: American Psychologist 56 (2001).
6 | Julia n ansli nger & ursu la athenstaedt
schen Gruppen führen. John Darley Paget und Gross haben die Problematik
und das Ausmaß einer solchen Generalisierung besonders gut demonstriert.
12 In ihrem Experiment wurden die Untersuchungsteilnehmenden gebeten,
die akademische Kompetenz einer jungen Schülerin einzuschätzen, indem sie
ein Video anschauten, auf dem die Schülerin verschiedene Schulaufgaben lös-
te. Die Untersuchungsteilnehmenden, denen glaubhaft gemacht wurde, dass
die Schülerin aus einer Familie mit hohem sozioökonomischem Status käme,
bewertet en die Lösungen der Schulaufgab en als überdurchschnittlich. Umgekehr t
bewerteten die Untersuchungsteilnehmenden die Leistungen des Mädchens als
unterdurchschnittlich, denen mitgeteilt wurde, das Mädchen verfüge über ei-
nen sozioökonomisch niedrigeren Hintergrund. Es ist ein leichtes sich hier das
Ausmaß der Konsequenzen klar zu machen. Denn auch Lehrer*innen sind zu-
meist nicht davor gefeit, sich bei der Leistungsbeurteilung vom sozioökonomi-
schen Status ihrer Schüler*innen (und dem damit verknüpften Stereotyp) beein-
ussen zu lassen und somit langfristig dazu beizutragen, dass der Status auch
über die nächsten Generationen weiter aufrechterhalten wird.
Wie zu Anfa ngs angeführt, ist die Aufrechterhaltu ng von Statusu nterschieden
ein zentrales Element der sozialpsychologischen Denition von Diskriminierung,
eine im Verhalten resultierende Folge von Stereotypen (und Vorurteilen).
Diskriminierendes Verhalten ist umso wahrscheinlicher, je kognitiv verfügbarer
Stereotype sind. Die kognitive Verfügbarkeit von Stereotypen hängt unter an-
derem von interindividuellen Lern- und Sozialisationsprozessen ab: Je öfter wir
in unserem Leben mit bestimmten Stereotypen konfrontiert werden (z.B. durch
Familie, Schule und Medien) umso eher verinnerlichen wir diese – ob wir wol-
len oder nicht. Dass gelernte Stereotype schnell (und unbewusst) aktiviert und
abgerufen werden, konnte in verschiedensten Untersuchungen demonstriert wer-
den. Bernd Wittenbrink, Charles Judd und Bernadette Park, Forschende an den
Universitäten Chicago und Colorado, beispielsweise nutzten in ihrer Studie13
ein Paradigma in der Studienteilnehmende dazu aufgefordert wurden, so schnell
wie möglich zu entscheiden, ob es sich bei einer Abfolge von Buchstaben um
ein Wort (z.B. „wundervoll“) oder kein Wort (z.B. „wabbelbu“) handelt. Die
mit diesem Paradigma gemessene Variable ist die Reaktionszeit. Je schneller
eine Person auf ein Wort reagieren kann, umso eher ist ein bestimmtes Wort
in diesem Moment kognitiv verfügbar. Die kognitive Verfügbarkeit eines Worts
12 Vgl. Joh n M. Darley, Paget H. G ross, A hypothesis-conrming bias in labeling ef-
fects, in: Journal of Personality and Social Psychology 44 (1983).
13 Bernd Wittenbrink, Charles M. Judd, Bernadette Park, Evaluative versus concep-
tual judgments in automatic stereotyping and prejudice, in: Journal of Experimental
Social Psychology 37 (2001).
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 7
kann erhöht werden, indem Personen Begriffe (oder andere bedeutungstragende
Inhalte) gezeigt werden, die mit dem Wort (bzw. Inhalt) kognitiv verknüpft sind,
das nennt man Priming. Die Möglichkeit zum Priming beruht auf der assoziati-
ven Architektur unseres Gedächtnisses. Je assoziierter bestimmte Inhalte, umso
eher erhöht die Aktivierung des einen Inhalts die kognitive Verfügbarkeit des
anderen und umso schneller kann darauf reagiert werden (vgl. Abbildung 1 zum
Priming des Wortes „Rot“).
Abbildung 1 - Priming des Worts „Rot“ – Aktivierungsausbreitung im
semantischen Netzwerk nach Collins & Loftus14
Wittenbrink, Judd und Park zeigten jedenfalls, dass ihre (mehrheitlich weißen, US-
amerikanischen) Studienteilnehmenden schneller auf negative Begriffe wie vio-
lent, threatening und lazy15 reagierten (sie also von nicht-Wörtern unterschieden),
wenn ihnen zuvor das Wort BLACK dargeboten wurde, als nach der Darbietung
bzw. dem Priming von WHITE.16 Umgekehrt reagierten die Studienteilnehmenden
schneller auf positive Wörter wie intelligent, successful und responsible17 bei
der vorherigen Darbietung von WHITE als nach der Darbietung von BLACK.
Besonders eindrücklich ist der Umstand, dass das Priming durch die Wörter
BLACK und WHITE unter der Wahrnehmungsschwelle durchgeführt wurde. Das
14 Allan M. Collins, Elizabeth F. Loftus, A spreading-activation theory of semantic pro-
cessing, in: Psychological Review 82 (1975).
15 gewalttätig, bedrohlich und faul
16 Vgl. Wittenbrink, Judd, Park, Evaluative versus conceptual judgments in automatic
stereotyping and prejudice (wie Anm. 14).
17 intelligent, erfolgreich, verantwortungsvoll
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heißt, dass das Priming zeitlich so kurz erfolgte, sodass die Studienteilnehmenden
die Begriffe nur unbewusst wahrnahmen. Es konnte also gezeigt werden, dass
die Studienteilnehmenden Schwarze eher mit negativen und Weiße eher mit po-
sitiven Begriffen assoziieren, wobei die kognitive Verfügbarkeit der stereotypen
Eigenschaften bereits durch kleine, unbewusste Reize erhöht wurde. Dass die kog-
nitive Verfügbarkeit von Stereotypen sich auch direkt auf Verhalten auswirkt, zeigt
ein Experiment, welches auch von Forschenden der Universitäten Chicago und
Colorado durchgeführt wurde18 und welches angesichts der jüngsten Proteste gegen
rassistische Polizeigewalt in den USA – (wieder-)aufgeammt nach dem Tod des
afroamerikanischen Schülers Michael Brown im August 2014 – besonders aktuell
erscheint. In diesem Experiment wurden Studierenden am Computer Fotos von
Personen gezeigt. Die abgebildeten Personen hielten entweder eine Pistole in der
Hand, oder nicht. Die Studierenden hatten die Aufgabe, auf die Taste „Schießen“
zu drücken, wenn die gezeigten Personen bewaffnet, oder auf „Nicht Schießen“ zu
drücken, wenn die abgebildeten Personen unbewaffnet waren. Es zeigte sich, dass
unter Zeitdruck unbewaffnete Schwarze signikant öfters „erschossen“ wurden,
als unbewaffnete Weiße. Umgekehrt wurden bewaffnete Weiße seltener „erschos-
sen“ als bewaffnete Schwarze. Auch wenn die angeführte Studie kritisiert wer-
den muss, weil sie keine direkten Rückschlüsse auf (für Ernstfälle ausgebildete)
Polizist*innen zulässt,19 sie ethisch fragwürdig erscheint und die Situation in kei-
ner Weise mit einem tatsächlichen Bedrohungsszenario zu vergleichen ist,20 lassen
sich die Auswirkung von stereotypen Assoziationen, wie die einer vermeintlichen
Bedrohung durch Schwarze, gut erkennen. Solche von Kindesbeinen an gelern-
te Assoziationen werden oft automatisch aktiviert und können einen erheblichen
Einuss auf unser Verhalten haben. Der Einuss wird zusätzlich noch einmal ver-
stärkt, wenn wir unter Zeitdruck stehen oder wir in einer Situation kognitiv wenig
Kapazität zur Verfügung haben.
Auch in den Köpfen der Personen, die stereotypisiert werden, ist der negative
Einuss von Stereotypen zu beobachten. Stereotype Threat beispielsweise be-
schreibt da s Phänomen, da ss Personen, die mit ei ner ihre r Grup penzugehör igkeiten
18 Vgl. Joshua Correll, Bernadette Park, Charles M. Judd, Bernd Wittenbrink, The po-
lice ofcer‘s dilemma: Using ethnicity to disambiguate potentially th reatening indi-
viduals, in: Journal of Personality and Social Psychology 83 (2002).
19 Vgl. Joshua Correll, Sean M. Hudson, Steffanie Guillermo, Debbie S. Ma, The po-
lice ofcer‘s dilemma: A decade of research on racial bias in the decision to shoot,
in: Social and Personality Psychology Compass 8(5) (2014).
20 Vgl. Lois James, David Klinger, Bryan Vila, Racial and ethnic bias in decisions to
shoot seen through a stronger lens: Experimental results from high-delity laboratory
simulations, in: Journal of Experimental Criminology 10 (2014).
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und/oder den damit verknüpften Stereotypen konfrontiert werden, mit erhöhter
Wahrscheinlichkeit dazu tendieren, stereotypenkonsistentes Verhalten zu zei-
gen. Paul Davies von der Stanford Universität und andere Forschende zeigten
beispielsweise, dass geschlechterstereotype Werbelme dazu führen können,
dass die Mathematikleistung von Frauen nachlässt.21 Darüber hinaus konnten
sie demonstrieren, dass das Ansehen von stereotypen Werbelmen das Interesse
von Frauen an männlich dominierten (stereotypeninkonsistenten) Ausbildungen,
wie beispielsweise an einem Maschinenbaustudium, reduziert. Wenn man sich
jetzt überlegt, in wieviel Werbelmen und Anzeigen Frauen diejenigen sind, die
putzen oder für ihre Familie kochen, wird einem bewusst, mit wie viel Einuss
Medieninhalte auf uns und die in unseren Köpfen gespeicherten Stereotype ein-
wirken.
Die ständige Konfrontation mit und kognitive Aktivierung von Stereotypen
führt unweigerlich dazu, dass die Überlegenheit bestimmter Gruppen ge-
genüber anderen aufrechterhalten wird. Im Grunde genommen sollten an der
Aufrechterhaltung von Dominanzverhältnissen insbesondere die Personen in-
teressiert sein, die von dem Statusgefälle protieren. Tatsächlich kann die so-
zialpsychologische Forschung genau das nden. Wenn Personen sich in einer
machtvolleren Position wiedernden, ist das Ausmaß der verwendeten bzw. ak-
tivierten Stereotype gegenüber der untergeordneten Gruppe größer, als wenn sie
selbst Teil der untergeordneten Gruppe sind.22 Vor diesem Hintergrund ist es
auch nicht verwunderlich, dass starke Emotionen wie Ängste (beispielsweise vor
Ressourcenknappheit) das Ausmaß der verwendeten Stereotype erhöhen können.
Wäre das Entstehen und der ständige Einuss von Stereotypen nicht schon
genug, tragen viele andere Informationsverarbeitungsprozesse dazu bei, dass
stereotype Informationen gut erhalten bleiben. Menschen tendieren beispiels-
weise dazu, Informationen zu suchen und gefundenen Informationen mehr
Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die mit bestehenden Gedächtnisinhalten
übereinstimmen. Personen streben also danach, stereotype Informationen im-
mer wieder zu bestätigen. Werden trotzdem Informationen aufgenommen, die
dem vorhandenen Gedächtnisinhalt bzw. dem Stereotyp eigentlich widerspre-
chen, sind Menschen dazu geneigt, die Widersprüchlichkeiten als Ausnahme
zu betrachten. Dies führt dann vielmals auch zu der Bildung von Sub-
21 Vgl. Paul G. Davies, Steven J. Spencer, Diane M. Quinn, Rebecca Gerhardstein,
Consuming images: How television commercials that elicit stereotype threat can re-
strain women academically and professionally, in: Personality and Social Psychology
Bulletin 28 (2002).
22 Vgl. Jennifer A. Richeson, Nalini Ambady, Effects of situational power on automatic
racial prejudice, in: Journal of Experimental Social Psychology 39 (2003).
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Stereotypen. „Karrierefrauen“ beispielsweise beschreibt so ein Substereotyp,
welches es ermöglicht, die übergeordneten Stereotype zur Gruppe „Frauen“ trotz
Widersprüchlichkeiten beizubehalten.
Auch beim Einschätzen von Begebenheiten können bestimmte Informa-
tionsverarbeitungsprozesse dazu führen, dass sich stereotype Infor mationen
weiter verfestigen. Möchten Personen beispielsweise die Häugkeit eines
Sachverhalts einschätzen, nutzen sie oft und automatisiert die sogenannte
Verfügbarkeitsheuristik. Diese Urteilsheuristik führt zu dem Schluss, dass je
schneller und leichter eine Information ins Gedächtnis kommt, umso häuger
dürfte sie auch tatsächlich vorkommen. „Mit welchem Anfangsbuchstaben gibt
es mehr Wörter: V oder E?“ kann beispielsweise mit der Verfügbarkeitsheuristik
beantwortet werden: Je mehr Wörter einer Person leicht und schnell einfallen,
umso mehr dürften auch im Duden stehen, glaubt man der Heuristik. So hilf-
reich und einfach diese Heuristik ist, so leicht kann sie auch dazu führen, dass
stereotype Informationen bestätigt werden. Beispielsweise führt die Anwendung
der Heuristik auf die Frage „Wie viele Musliminnen tragen ein Kopftuch?“ bei
vielen Personen zur Überschätzung des Ergebnisses. Denn kopftuchtragen-
de Frauen werden bei einer alltäglichen Begegnung auf der Straße schnell als
Musliminnen abgespeichert, während Musliminnen ohne Kopftuch erst gar nicht
als Musliminnen erkannt (bzw. stereotypisiert), und somit nicht abgespeichert
werden. Folglich lautet das Ergebnis der Verfügbarkeitsheuristik, dass die meis-
ten Musliminnen ein Kopftuch tragen.
Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass das Bilden, die Anwendung
und der Erhalt von Stereotypen nahezu unausweichlich sind. Wie sehr Stereotype
in einem/einer selbst verankert sind, kann man auf der Homepage www.implicit.
harvard.edu überprüfen. Die Universität Harvard ermöglicht es dort, die in uns
allen verankerten stereotypen Assoziationen (in vielen verschiedenen Sprachen)
individuell sichtbar zu machen.
Vor dem Hintergrund, dass niemand stereotypenfrei ist, stellt sich die Frage,
ob es denn üb erhaupt möglich ist, den negativen Effekt en von Stereotypisier ungen
zu entkommen. Tatsächlich haben Forschungen der letzten Jahre gezeigt, dass
Stereotype und Vorurteile bereits ein paar Jahrzehnte nicht mehr salonfähig
sind. Das heißt, die breite Bevölkerung vermeidet die öffentliche Äußerung
von Stereotypen und Vorurteilen. Studien mit Reaktionszeitmessungen (wie
oben) haben jedoch offenbart, dass Stereotype immer noch fest in den Köpfen
der Bevölkerung verankert sind. Darüber hinaus wurde herausgefunden, dass
das Unterdrücken von Stereotypen sogar zu einer Art Bumerang-Effekt führen
kann. Das bedeutet, dass Personen, die versuchen stereotype Gedanken zu un-
terdrücken, weil sie beispielsweise in einer bestimmten Situation mit sozialen
Sanktionen rechnen müssten, im Nachhinein eine noch größere Tendenz zur
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Stereotypisierung aufweisen.23 Wenn wir also verhindern möchten, dass unsere
Handlungen von Stereotypen beeinusst werden, stellt eine reine Unterdrückung
keine gute Lösung dar. Vielmehr ist es wichtig zu erkennen und zu akzeptie-
ren, dass wir über stereotypes Gedankengut verfügen und dann in einem nächs-
ten Schritt Gedanken und Handlungen stets, im Sinne einer kontrollierten
Informationsverarbeitung, auf den Einuss von Stereotypen hin zu überprüfen
und gegebenenfalls zu korrigieren. Hier hilft es, sich bewusst zu machen, dass die
Diversität in der stereotypisierten Gruppe viel höher ist, als von den Stereotypen
angenommen.24 Irene Blair, Jennifer Ma und Alison Lenton von der Universität
Colorado konnten darüber hinaus zeigen, dass es bereits zu einer Reduktion von
stereotypen Gedanken kommen kann, wenn Personen versuchen, sich gegentei-
lige Bilder vorzustellen.25 Mit den angeführten Geschlechterstereotypen gespro-
chen, wäre das beispielsweise die Vorstellung eines fürsorglichen Manns oder ei-
ner starken Frau. In diesem Sinne, wird auch noch einmal deutlich, dass unser ei-
genes tagtägliches Handeln und die von uns verwendete Sprache im erheblichen
Ausmaß dazu beitragen, stereotype Assoziationen in unserer Gesellschaft abzu-
bauen. Sprechen wir beispielsweise auch von Hausmännern, Feuerwehrfrauen
und Professorinnen, tragen wir kurzfristig und langfristig dazu bei, die Welt
gleichberechtigter zu gestalten.26
Int erg ru ppe np roz eS Se
Während Stereotype als die kalte kognitive Komponente von Vorurteilen be-
schrieben werden, stellen Intergruppenprozesse die heiße affektive Komponente
dar. Intergruppenprozesse beruhen auf dem Umstand, dass Menschen dazu mo-
tiviert sind sich mit sozialen Gruppen zu identizieren. Durch die Identikation
23 Vgl. C. Neil Macrae, Galen V. Bodenhausen, Alan B. Milne, Jolanda Jetten, Out of
mind but back in sight: Stereotypes on the rebound, in: Journal of Personality and
Social Psychology 67 (1994).
24 Vgl. Galen V. Bodenhausen, Norbert Schwarz, Herbert Bless, Michaela Wanke,
Effects of atypical exemplars on racial beliefs: Enlightened racism or generalized
appraisals?, in: Journal of Experimental Social Psychology 31 (1995).
25 Vgl. Irene V. Blair, Jennifer E. Ma, Alison P. Lenton, Imagining stereotypes away:
The moderation of implicit stereotypes through mental imagery, in: Journal of
Personality and Social Psychology 81 (2001).
26 Vgl. Dagmar Stahlberg, Sabine Sczesny, Effekte des generischen Maskulinums
und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen,
in: Psychologische Rundschau (2001).
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mit sozialen Gruppen erhalten Personen nämlich eine positive soziale Identität
und stillen das universelle Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Darüber hinaus
kann eine starke Identikation mit einer positiv konnotierten Gr uppe den
Selbstwert einer Person signikant erhöhen. Des Weiteren zeigen Studien,
dass Gruppenidentikation selbstbezogene Unsicherheit erheblich reduzieren
kann.27 Bei Gruppen mit denen sich eine Person stark identiziert, spricht man
von Eigengruppen. Die kognitiven Vorgänge die aus Gegenüberstellung von
Eigengruppen und Fremdgruppen resultieren, nennt man Intergruppenprozesse.
Was Fremdgruppen eigentlich sind und warum aus Intergruppenprozessen
Vorurteile entstehen, soll im Folgenden erläutert werden.
Damit eine soziale Gruppe (z.B. Feuerwehrfrauen) überhaupt zu ei-
ner Fremdgruppe werden kann, ist eine Selbstreferenzierung, wie die
Eigengruppenidentikation, unbedingt vonnöten (z.B. wir Polizistinnen
oder wir Feuerwehrmänner). Die Selbstreferenzierung kann über drei ver-
schiedene (aber sich auch manchmal überschneidende) Arten zu Vorurteilen
und Diskriminierungen führen: über den Eigengruppenfavoritismus, die
Fremdgruppenablehnung und den Intergruppenkonikt.28
Eigengruppenfavoritismus basiert auf der Entgegensetzung von „wir“ und
„nicht wir“. Für diese Differenzierung ist keine wirkliche, d.h. abgrenzbare
Fremdgruppe vonnöten. Die aus dem Eigengruppenfavoritismus wachsenden
Vorurteile und Diskriminierungen basieren zumeist nicht auf einer Negativität
oder Feindlichkeit gegenüber der general isierten Fremd gruppe, sonder n viel mehr
auf einer Bevorzugung der Eigengruppe. Die Angehörigen der Fremdgruppe
werden hier also unter Miteinbeziehung der verknüpften Stereotype, anders
bewertet (Vorurteil) und anders behandelt (Diskriminierung), weil sie keine
Angehörigen der Eigengruppe sind. Eigengruppenfavoritismus dürfte unter an-
derem eine Ursache dafür sein, dass in Organisationen viele Männer wiederrum
Männer einstellen und befördern (homosoziale Reproduktion).29
Fremdgruppenablehnung, die zweite Art der Differenzierung, funktio-
niert über eine Gegenüberstellung von „ich“ und „sie“. „Sie“ beschreibt hier
eine (gegebenenfalls vermeintlich) klar abgrenzbare Fremdgruppe. Die gegen
die Fremdgruppe gerichteten Vorurteile sind zumeist sehr negativ und beruhen
27 Vgl. Michael A. Hogg, From uncertainty to extremism: Social categorization and
identity processes, in: Current Directions in Psychological Science 23 (2014), S. 338–
342.
28 Vgl. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social categorization, in-
group bias, and outgroup prejudice (wie Anm. 3).
29 Vgl. Michael Meuser, Männerwelten. Zur kollektiven Konstruktion hegemonialer
Männlichkeit, in: Schriften des Essener Kollegs für Geschlechterforschung (2001).
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 13
oft auf einer feindlichen Einstellung gegenüber dieser Fremdgruppe. Die resul-
tierenden Diskriminierungen gehen einher mit der Intention die Fremdgruppe
zu benachteiligen oder ihr zielgerichtet Schaden zuzufügen.30 Ein Beispiel für
Fremdgruppenablehnung, basierend auf der Entgegensetzung von „ich“ und
„sie“, sind homophobe und transphobe Einstellungen. Wird beispielsweise
(aus einer heteronormativen Perspektive) über LSBTTIQ-Personen31 gespro-
chen, werden diese zu „anderen“ gemacht und die eigene Heterosexualität und
Geschlechtsidentität (gedacht innerhalb eines binären Geschlechtersystems)
werden unreektiert als Norm gesetzt. Im Sinne der Fremdgruppenablehnung
werden also „ich, die normale Person“ und „Sie, die anderen“ gegenübergestellt.
Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass homophobe Einstellungen vermehrt
aus den Individuen selbst resultieren. Forscher*innen der Universität Georgia
konnten beispielsweise zeigen, dass ca. die Hälfte der untersuchten homophoben
Männer beim Anschauen von homosexuellen Pornolmen eine starke körperli-
che Erregung, gemessen mittels Penisumfang, aufwies.32 Bei nicht-homophoben
(heterosexuellen) Männern konnte nur bei einem Viertel körperliche Erregung
festgestellt werden. Es besteht also Grund zur Annahme, dass Homophobie (bei
Männern) in einigen Fällen aus der Abwehr eigener homo- oder bisexueller
Tendenzen entspringt. Ähnliches berichteten Robb Willer und Kolleginnen von
verschiedensten amerikanischen Universitäten in einem Kooperationsprojekt.
Mit der durchgeführten Studie zeigten sie, dass die homophoben und sexisti-
schen Tendenzen von Männern ansteigen, wenn ihre Männlichkeit in Frage ge-
stellt wird.33
Der Intergruppenkonikt ist besonders leicht beobachtbar, wenn Personen der
Eigengruppe das Gefühl haben, sie würden im Wettbewerb (z.B. um Ressourcen)
mit der Fremdgruppe stehen. Hier wird die Fremdgruppe als Bedrohung so-
wohl für die eigene Person, als auch für die ganze Eigengruppe wahrgenom-
men. Die Differenzierung erfolgt in „wir“ und „sie“. Diskriminierungen und
Vorurteile basieren hier auf dem Bedürfnis, die Eigengruppe zu beschützen
und manchmal dem empfundenen Vormarsch der Fremdgruppe gegenzusteu-
30 Vgl. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social categorization, in-
group bias, and outgroup prejudice (wie Anm. 3).
31 Lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und queere
Personen.
32 Vgl. Henry E. Adams, Lester W. Wright, Bethany A. Lohr, Is homophobia associated
with homosexual arousal?, in: Journal of Abnormal Psychology 105 (1996).
33 Vgl. Robb Willer, Christabel L. Rogalin, Bridget Conlon, Michael T. Wojnowicz,
Overdoing gender: A test of the masculine overcompensation thesis, in: American
Journal of Sociology 118 (2013).
14 | Julia n ansli nger & ursu la athenstaedt
ern. Dass Eigengruppen gegenüber Fremdgruppen bevorzugt werden, ist so
tief in der menschlichen Psyche verankert, dass resultierende Vorurteile und
Diskriminierungen bereits auch bei minimalen Gruppenunterschieden und sogar
ohne tatsächlichen Wettbewerb beobachtbar sind. Forschende der Universitäten
Bristol und Aix-Marseille beispielsweise teilten in einem berühmten Experiment
ihre Untersuchungsteilnehmenden in Kandinsky- und Klee-Liebhabende ein und
stellten fest, d ass die eingetei lten Personen die jeweiligen Fremdg ruppe nmitglied er
negativer bewerteten (Vorurteile) als die Eigengruppenmitglieder.34 Auch wur-
den die Untersuchungspersonen aufgefordert einen Geldbetrag an Eigengruppen-
und Fremdgruppenmitglieder zu verteilen. Es zeigte sich, dass die untersuchten
Personen den Fremdgruppenmitgliedern anteilsmäßig signikant weniger Geld
zukommen ließen als den Eigengruppenmitgliedern (Diskriminierung) – und
das nur, weil die Fremdgruppe einen anderen Künstler bevorzugte.
Ein Beispiel für Resultate aus Intergruppenkonikten innerhalb unse-
rer Gesellschaft sind anti-islamische Vorurteile, wie sie im Moment unter an-
derem von dem Verein „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes“ (Pegida) kolportiert werden. Die Gegenüberstellung von „uns,
den patriotischen Europäern“ zu „sie, die Muslime“ wird bereits im Namen des
Vereins deutlich.35 Die Mitglieder von Pegida zeichnen darüber hinaus ein be-
drohliches Bild des Islams. Sie sind der Meinung der Islam sei unter anderem radi-
kal, gewaltbereit und frauenfeindlich. Zieht man die Theorien zu Vorurteilen im
Intergruppenkonikt heran, sind hier mehrere Dinge zu erkennen. Erstens schei-
nen die Unterstützer*innen von Pegida den Islam als klar abgrenzbare, homoge-
ne Fremdgruppe wahrzunehmen. Aus sozialpsychologischer Sicht ist das wenig
überraschend, da stereotypisierte Gruppen und Minoritäten stets als besonders
homogen wahrgenommen werden.36 Zweitens ist die angeführte Narration eines
gewaltbereiten Islams ein deutlicher Hinweis r die dem Intergruppenkonikt
typische, zugrundeliegende Emotion der Angst durch erlebten Wettbewerb bzw.
Bedrohung.
Bereits 1953 führten Muzafer und Carolyn Sherif von der Universität
Princeton ein berühmtes, nach heutigen Standards jedoch unethisches
Experiment durch, welches das Ausmaß der Auswirkungen eines solchen
34 Vgl. Henri Tajfel, M. G. Billig, R. P. Bundy, Claude Flament, Social categorization
and intergroup behaviour, in: European Journal of Social Psychology 1(2) (1971).
35 Je nach Situation wird auch auf die Gegenüberstellung von „wir das Volk“ gegen „sie,
die Politiker“ oder „sie, die Lügenpresse“ zurückgegriffen.
36 Vgl. James L. Hilton, William von Hippel, Stereotypes, in: Annual Review of
Psychology 47 (1996).
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 15
Wettbewerbs deutlich macht.37 Die unwissentlichen Teilnehmer des Experiments
waren 11-jährige Buben, die an einem Ferienlager teilnahmen. Das Ferienlager
bestand aus zwei unterschiedlichen Gruppen, die zu Anfang keine Kenntnis von
der Existenz der jeweils anderen Gruppe hatten. Durch gemeinsame Aktivitäten
in den Kleingruppen lernten sich die Buben nach und nach untereinander ken-
nen und begonnen sich mit der jeweiligen Gruppe zu identizieren. Auch die
Benennung ihrer Gruppen und das Aufdrucken der Namen (The Eagles und The
Rattlers) auf ihre T-Shirts, verstärkten die gewonnenen Gruppenidentitäten. Im
anschließenden zweiten Teil des Experiments ließen die Wissenschaftler*innen
die Gruppen nach ein paar Tagen „zuf ällig“ aufeinander treffen, um sie in den fol-
genden Tagen in verschiedensten Wettbewerben gegeneinander antreten zu las-
sen. Auch kreierten die Wissenschaftler*innen Situationen, in denen jeweils eine
der beiden Gruppen benachteiligt wurde. Beispielsweise ließen sie eine Gruppe
verspätet zu einem gemeinsamen Picknick erscheinen, sodass die andere Gruppe
sich bereits aller Nahrung ermächtigt hatte. Der induzierte Gruppenkonikt
führte schon schnell zu dem Umstand, dass sich die Gruppen gegenseitig be-
schimpften. Nach weiteren Wettbewerbssituationen artete der Konikt weiter
aus und die Teenager begonnen, ihre Zeltplätze gegenseitig zu verwüsten und
mit körperlicher Aggressivität gegeneinander vorzugehen. Die Aggressivität
war schließlich so hoch, dass die Wissenschaftler*innen die Gruppen separieren
mussten um keine ernsthaften Schäden herbeizuführen. Bis zu diesem Punkt
zeigt uns das Experiment die starken Auswirkungen, zu denen die ausgeprägte
Identikation mit einer Eigengruppe und die wahrgenommene Bedrohung durch
eine Fremdgruppe, resultierend in einem Intergruppenkonikt, führen können.
Wie Sherif betont, ist es jedoch irrelevant ob die wahrgenommene Bedrohung
der Eigengruppe real ist (wie im Experiment durch die aggressiven Handlungen
der Fremdgruppe) oder aber nur in den Köpfen der Eigengruppe existiert (und
empirisch nicht nachweisbar ist, wie bei Pegida).38 Trotz dieser erschreckenden
Ergebnisse bringt uns der dritte Teil des Experiments einen Lösungsansatz, wie
eine Gesellschaft besser mit solchen Intergruppenkonikten umgehen kann.
Nachdem die Wissenschaftler*innen feststellten, dass gemeinsame positive
Aktivitäten trotz weggelassenem Wettbewerb die eingelernte Koniktsituation
trotzdem wiederaueben ließen, testeten Sie eine weitere Möglichkeit und
verstopften die gemeinsame Wasserversorgung beider Gruppen mit einem
Sandsack. Die unwissenden Buben machten sich schnell auf die Suche nach der
37 Vgl. Muzafer Sherif, Carolyn W. Sherif, Groups in harmony and tension. An integra-
tion of studies on intergroup relations, New York 1953.
38 Vgl. Muzafer Sherif, Group conict and co-operation. Their social psychology, 1.
publ. in Great Britain, London 1967.
16 | Julia n ansli nger & ursu la athenstaedt
Ursache für das fehlende Wasser, erst in ihren separaten Gruppen, dann gemein-
sam. Nachdem sie das Problem ausgemacht hatten, arbeiteten sie zusammen
daran, die Verstopfung rückgängig zu machen und die Wasserversorgung wie-
derherzustellen. Diese und andere Kooperationsaktivitäten, wie die gemeinsame
Reparatur eines kaputten Autos, führten schließlich dazu, dass die Rivalitäten
zwischen den beiden Gruppen zur Gänze verschwanden und die Gruppen
ihren restlichen Aufenthalt fortan in freundlicher und friedvoller Koexistenz
verbrachten. Die Hypothese der Wissenschaftler*innen hatte sich bestätigt.
Gemeinsame Ziele und Kooperationen können also als Grundpfeiler für die
Reduktion eines Intergruppenkonikts ausgemacht werden.
Aufbauend auf den Ergebnissen des dargestellten Experiments und vielen
weiteren Untersuchungen sind verschiedene Modelle entwickelt worden, die da-
bei helfen, zu verstehen, was zu einer Reduktion von Intergruppenkonikten,
Vorurteilen und Diskriminierungen führen kann. Hierzu wurde ein besonderer
Fokus auf die soziale Kategorisierung gelegt, also die Einteilung in Eigen- und
Fremdgruppen.39 Diese stellt nämlich eine essentielle Voraussetzung für die
Bildung von Vorurteilen dar. Angenommen wurde, dass wenn man die Struktur
der Kategorisierung verändert, sich dadurch das Ausmaß der Vorurteile reduzie-
ren sollte. Und wie verändert man die Einteilung in Eigen- und Fremdgruppen?
Durch persönlichen Kontakt. David Wilder von der Universität Rutgers konn-
te zeigen, dass persönlicher Kontakt mit Mitgliedern der Fremdgruppe dazu
führt, dass Personen die Fremdgruppe weniger homogen wahrnehmen und
auch die Eigenschaft Fremdgruppe“ sich nach und nach auöst, indem die
Fremdgruppenmitglieder als Individuen und nicht als Gruppenmitglieder wahr-
genommen werden (Individuation).40 Die zwingenden Voraussetzungen für
eine funktionierende Individuation sind gleicher Status zwischen den Personen,
sowie eine vertraute und kooperative Atmosphäre in der Kontaktsituation.41
Positive persönliche Kontakte, bzw. im besten Falle Freundschaften, zwischen
(ursprünglichen) Eigen- und Fremdgruppenmitgliedern führen dann dazu, dass
sich Vorurteile und Diskriminierung reduzieren.42 Spannenderweise kann sogar
das Wissen, dass ein Eigengruppenmitglied mit einem Fremdgruppenmitglied
39 Vgl. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social categorization, in-
group bias, and outgroup prejudice (wie Anm. 3).
40 Vgl. David A. Wilder, Reduction of intergroup discrimination through individuation
of the out-group, in: Journal of Personality and Social Psychology 36 (1978).
41 Vgl. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social categorization, in-
group bias, and outgroup prejudice (wie Anm. 3).
42 Vgl. Thomas F. Pettigrew, Interg roup contact the ory, in: Annual Rev iew of Psychology
49 (1998).
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 17
befreundet ist, bereits dazu führen, dass das Ausmaß der angewandten
Vorurteile geringer wird.43 Neben dem Auösen der Eigen- und Fremdgruppen-
Kategorisierung durch Individuation, ist die Neu-Kategorisierung durch das
Bilden einer gemeinsamen Eigengruppe eine weitere Möglichkeit Vorurteile
zu verringern.44 Auch hier sind gleicher Status, Vertrautheit und Kooperation
Schlüsselfaktoren für eine gelingende Veränderung. Unter Berücksichtigung
dieser Faktoren konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Harmonie in
Patchworkfamilien viel größer ist, wenn die angeführten Faktoren vorhanden
sind und die Familie von den Familienmitgliedern als eine einzelne Familie
wahrgenommen wird.45 Schwierig wird das neue Bilden einer übergeordneten
Eigengruppe jedoch, wenn zwischen den Gruppen große Status-Unterschiede
und/oder eine ausgeprägte Feindschaft bestehen.46 Nicht weniger problematisch
ist es, wenn eine der beiden Gruppen bedeutend kleiner ist als die andere und
sie somit das Gefühl bekommt, sie müsse die Identität der größeren Gruppe
integrieren. Vor dem Hintergrund dieser Problematiken plädieren Forschende
für eine Herangehensweise, die es ermöglicht, dass die einzelnen Gruppen
ihre Gruppenidentitäten aufrecht erhalten können und durch eine gemeinsame
Kooperation trotzdem so etwas wie eine übergeordnete gemeinsame Gruppe er-
schaffen wird. Tatsächlich ist so eine Gleichzeitigkeit möglich, wenn ein Kontext
geschaffen wird, in dem die einzelne Gruppen unterschiedliche, komplementäre
Stärken für ein gemeinsames Ziel einbringen können. Wenn sich Personen dann
noch darüber bewusst sind, dass sie selbst über diverse Gruppenzugehörigkeiten
verfügen, erhöht sich darüber hinaus die Toleranz gegenüber Fremdgruppen und
Diversität generell, wie Forschungsarbeiten von Marilynn Brewer und Kathleen
Pierce von der Universität Ohio aufzeigen.47
Zusammenfassend liefert uns die Sozialpsychologie also folgende
Erkenntnisse über Vorurteile: Vorurteile basieren unter anderem auf kognitiven
Informationsverarbeitungsprozessen, welche zu der Bildung von Stereotypen
43 Vgl. Stephen C. Wright, Arthur Aron, Tracy McLaughlin-Volpe, Stacy A. Ropp,
The extended contact effect: Knowledge of cross-group friendships and prejudice,
in: Journal of Personality and Social Psychology 73 (1997).
44 Vgl. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social categorization, in-
group bias, and outgroup prejudice (wie Anm. 3).
45 Vgl. Brenda S. Banker, Samuel L. Gaertner, Achieving stepfamily harmony: An inter-
group-relations approach, in: Journal of Family Psychology 12 (1998).
46 Vgl. Brewer, The social psychology of intergroup relations: Social categorization, in-
group bias, and outgroup prejudice (wie Anm. 3).
47 Vgl. Marily nn B. Brewer, Kathlee n P. Pierce, Social Identit y Complexity and Out group
Tolerance, in: Personality and Social Psychology Bulletin 31 (2005), S. 428–437.
18 | Julia n ansli nger & ursu la athenstaedt
führen. Stereotype sind Assoziationen und Zuschreibungen von bestimmen
Charakteristika zu einer sozialen Gruppe und den Menschen, die dieser sozialen
Gruppe angehören. Stereotype Assoziationen sind in uns allen verankert und ha-
ben einen erheblichen Einuss auf das Verhalten, welches wir den stereotypisier-
ten Personen entgegenbringen. Um den Einuss von stereotypen Assoziationen
zu verringern, ist es vonnöten, eigenes Handeln stetig zu reektieren und sich
Beispiele zu suchen, die den Stereotypen widersprechen. Zum Abbau von
Geschlechterstereotypen erweist sich die Verwendung von geschlechtergerechter
Sprache als besonders einträglich. Ein weiterer Aspekt von Vorurteilen resultiert
aus der Tendenz von Personen, ihre soziale Umwelt in Eigen- und Fremdgruppen
einzuteilen. Diese Intergruppenprozesse führen oft unweigerlich zu einer
Bevorzugung der Eigengruppen und der Benachteiligung der Fremdgruppen.
Möchten wir die Spannungen zwischen Gruppen verringern und Vorurteile so-
wie Diskriminierungen abbauen, zeigt sich, dass Kooperationshandlungen zwi-
schen Gruppen zu den besten Resultaten führen. Diese können aber nur erfolg-
reich sein und Vorurteile abbauen, wenn zwischen den Gruppen eine vertrauens-
volle und hierarchiefreie Atmosphäre hergestellt wird.
In einem Zeitalter wie diesem, in welchem das Bewusstsein der Menschen
für gesellschaftliche Vielfalt besonders gefragt ist, liegt es insbesondere an den
Regierungen sich zielstrebig für Diversität und gegen Diskriminierung einzu-
setzen. Eine sich der Diversität bewusste Politik und Rechtsprechung muss ihre
Werte und Normen stetig an tatsächlich gelebte gesellschaftliche Vielfalt an-
passen. Beispielsweise ist die Ungleichbehandlung von homosexuellen Paaren
und Regenbogenfamilien schon lange nicht mehr zeitgemäß. Eine politische
und gesetzliche Gleichbehandlung von Menschen trägt essentiell dazu bei, dass
sich die psychologischen Konzepte der Gesellschaft ändern. Änderungen von
Gesetzen implizieren nämlich auch Änderungen grundlegender Konzepte von
„uns“ und den „anderen“, von Eigen- und Fremdgruppen, von „Normalität“ und
„Abweichung“. Gleichzeitig sind wir, die Bewohne r*innen dieser bu nten und viel-
fältigen Gesellschaft, dafür verantwortlich, bewusst gegen kognitive Konzepte
von „uns“ und „den anderen“ und den damit verknüpften Zuschreibungen anzu-
arbeiten. Es ist unsere Aufgabe, unseren Mitmenschen auf gleicher Augenhöhe
zu begegnen und ihnen Vertrauen entgegen zu bringen. Es liegt an uns allen, mit-
einander zu kooperieren und gemeinsam für eine gleichberechtigte Gesellschaft
einzutreten.
diskri minieru ng – eine sozi alpsycho logisch e ursachen suche | 19
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Background Research on racial bias in the United States includes findings that Americans tend to view blacks as more dangerous than whites. Some have argued that this bias provides a likely explanation for the disproportionate number of ethnic and racial minorities shot by police. One piece of evidence for this proposition comes from experimental work in which research participants push “shoot” or “don’t shoot” buttons when still images of people and objects that may or may not be weapons are presented in rapid succession. These studies have established that participants tend to subconsciously pair black individuals with weapons and white individuals with neutral objects. However, it is not clear from these studies that the subconscious racial bias identified by researchers affects actual decisions to shoot, perhaps because the techniques used to assess the bias-shooting link bear so little resemblance to real-world shootings. Methods This paper reports on the results of a novel laboratory experiment designed to overcome this critical limitation by using high-fidelity deadly force judgment and decision-making simulators to assess both subconscious and behavioral bias among 48 research participants, recruited from the general population. Results Study results suggest that subconscious associations between race and threat exhibited by participants are not linked to their shooting behavior. Conclusions The implications of this finding for understanding how race and ethnicity affect decisions to shoot, and for conducting empirical research on this important topic, are discussed.
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We review sociological, correlational, and experimental research that examines the effect of a target's race on the decision to shoot. Much of this work involves computer-based simulations of a police encounter, in which a participant must decide whether or not to shoot a potentially hostile target who is either Black or White. Experimental work with undergraduate participants reveals a clear pattern of bias (a tendency to shoot Black targets but not Whites), which is associated with stereotypes linking Blacks with the concept of danger. Subsequent work with police officers presents a more complex pattern. Although police are affected by target race in some respects, they generally do not show a biased pattern of shooting. We suggest that police performance depends on the exercise of cognitive control, which allows officers to overcome the influence of stereotypes, and we conclude with potential implications of this research for law enforcement.
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Women in quantitative fields risk being personally reduced to negative stereotypes that allege a sex-based math inability. This situational predicament, termed stereotype threat, can undermine women’s performance and aspirations in all quantitative domains. Gender-stereotypic television commercials were employed in three studies to elicit the female stereotype among both men and women. Study 1 revealed that only women for whom the activated stereotype was self-relevant underperformed on a subsequent math test. Exposure to the stereotypic commercials led women taking an aptitude test in Study 2 to avoid math items in favor of verbal items. In Study 3, women who viewed the stereotypic commercials indicated less interest in educational/vocational options in which they were susceptible to stereotype threat (i.e., quantitative domains) and more interest in fields in which they were immune to stereotype threat (i.e., verbal domains).
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Zusammenfassung. In der feministischen Linguistik wird angenommen, das maskuline Bezeichnungen, die generisch benutzt werden (Bezeichnungen von Personen beiderlei Geschlechts durch die maskuline Form, wie z.B. die Wissenschaftler, die Studenten), weibliche Personen weniger vorstellbar oder sichtbar machen als mannliche Personen. Verschiedene experimentelle Untersuchungen konnten diese Annahme fur den englischen Sprachraum bestatigen. Fur die deutsche Sprache existieren dagegen bislang sehr wenige Studien zu dieser Frage. Es werden vier Experimente vorgestellt, die untersuchen, ob unterschiedliche Sprachversionen - ,Beidnennung‘ (Studentinnen und Studenten), ,Neutral‘ (Studierende), ,Generisches Maskulinum‘ (Studenten) und “Groses I“ (StudentInnen) - den gedanklichen Einbezug von Frauen beeinflussen. Uber alle Experimente hinweg zeigte sich, das bei Personenreferenzen im generischen Maskulinum ein geringerer gedanklicher Einbezug von Frauen zu beobachten war als bei alternativen Sprachformen wie der Beidne...
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Prejudice, stereotyping and discrimination: Theoretical and empirical overview This chapter has two main objectives: to review influential ideas and findings in the literature and to outline the organization and content of the volume. The first part of the chapter lays a conceptual and empirical foundation for other chapters in the volume. Specifically, the chapter defines and distinguishes the key concepts of prejudice, stereotypes, and discrimination, highlighting how bias can occur at individual, institutional, and cultural levels. We also review different theoretical perspectives on these phenomena, including individual differences, social cognition, functional relations between groups, and identity concerns. We offer a broad overview of the field, charting how this area has developed over previous decades and identify emerging trends and future directions. The second part of the chapter focuses specifically on the coverage of the area in the present volume. It explains the organization of the book and presents a brief ...
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Societal change and personal life events sometimes make one feel uncertain about one’s self and identity. According to uncertainty-identity theory, this self-uncertainty can motivate people to identify with social groups, particularly groups that provide a distinctive and clearly defined identity and associated normative beliefs and behavioral prescriptions. This process can make more extreme groups and behaviors attractive as a source of identification-contingent uncertainty reduction. People may zealously identify with highly distinctive groups that have strong and directive leadership and ideological and ethnocentric belief systems that proscribe dissent and prescribe group-normative behavior. This analysis has been extended to help illuminate how extremism may emerge in the context of religion, politics, gangs, leadership, and adolescent risk taking. This article describes uncertainty-identity theory, overviews empirical support for its main tenets, and outlines some directions for future research.
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Originally published in 1966 the author challenges the accepted theories of group conflict of the time, such as frustration and maladjustment. For him conflict and its accompanying aggressiveness are features of interaction between groups and he supports this theory with a detailed experimental study of controlled groups. At the time of publication, Dr Otto Klineberg, Director of the International Centre for Intergroup Relations at the Sorbonne wrote: 'Social scientists everywhere owe a great debt of gratitude to Professor Sherif. The distinguished series of publications for which he and his co-workers are responsible have an honoured place in our libraries. In particular, his contributions to the field of intergroup relations are outstanding; his concept of "superordinate goals", based on a combination of theoretical insight and brilliant experimentation, has become a household word for those concerned with this significant problem. In his new volume, Group Conflict and Co-operation, he carries his analysis much further, not only describing the results of several original investigations, but also building a theoretical appraisal of an extensive research literature. The author has made still another significant contribution toward a better understanding of one of the most complex and disturbing phenomena of our time.'
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The masculine overcompensation thesis asserts that men react to masculinity threats with extreme demonstrations of masculinity, a proposition tested here across four studies. In study 1, men and women were randomly given feedback suggesting they were either masculine or feminine. Women showed no effects when told they were masculine; however, men given feedback suggesting they were feminine expressed more support for war, homophobic attitudes, and interest in purchasing an SUV. Study 2 found that threatened men expressed greater support for, and desire to advance in, dominance hierarchies. Study 3 showed in a large-scale survey on a diverse sample that men who reported that social changes threatened the status of men also reported more homophopic and prodominance attitudes, support for war, and belief in male superiority. Finally, study 4 found that higher testosterone men showed stronger reactions to masculinity threats than those lower in testosterone. Together, these results support the masculine overcompensation thesis, show how it can shape political and cultural attitudes, and identify a hormonal factor influencing the effect.
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The goal of the study reported in this article was to examine whether automatic processes in stereotype and prejudice activation are sensitive to task characteristics of the assessment procedure and whether these influences may account for existing inconsistencies that have recently been reported in the literature on automatic racial prejudice. Using a sequential priming paradigm with subliminal primes (“BLACK” and “WHITE”) to examine automatic prejudice, the study varied the judgment task in which the priming procedure was presented. Whereas half of the participants were asked to perform a lexical decision task (word/nonword), the remaining participants made evaluative judgments (good/bad). Results showed reliable influences of the judgment task on the observed pattern of priming effects. Moreover, the priming effects found in both conditions replicated the respective results reported in previous research that had used either evaluative or conceptual judgment tasks (Fazio, Jackson, Dunton, & Williams, 1995; Wittenbrink, Judd, & Park, 1997). In addition, the response time measure also showed different relationships with explicit measures of racial prejudice, depending on the judgment condition. In addition to their implications for the assessment of automatic stereotyping and prejudice these results suggest that automatic responses are not as invariant as it is sometimes posited.
Article
Although African-Americans as a group are economically disadvantaged compared to the White majority group, there are numerous salient counterexamples of Black affluence. How do media images of highly successful African-Americans affect Whites′ beliefs about the economic or political status of African-Americans as a whole? Three experiments are reported that begin to address this question by surreptitiously activating thoughts about specific exemplars of African-American success and observing the consequences for a measure of perceived discrimination against Blacks. Contrary to the Enlightened Racism perspective, which claims that images of affluent African-Americans are taken by White audiences as evidence of a lack of discriminatory barriers to Black success, Experiment 1 revealed that prior activation of a successful, well-liked Black exemplar resulted in increased perceptions of discrimination in contemporary society. Experiment 2 replicated this effect and showed further that it is limited to successful exemplars who are well liked; successful exemplars about whom subjects had more neutral attitudes did not produce any changes in perceptions of discrimination. Finally, Experiment 3 showed that the effect of successful, well-liked exemplars vanishes when people first think about the fact that the exemplars are atypical members of the group. These findings are discussed in terms of a generalized appraisal process in which momentarily salient outgroup exemplars influence intergroup attitudes, which in turn affect judgments and beliefs about the group via an attitude heuristic.