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"Oh du türkische Nation!": Ein zentrales Fundament der türkischen Staatsideologie ist antikurdischer Rassismus

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Das Ressentiment gegen die Kurd*innen ist tief im Entstehungsprozess der türkischen Republik verankert. Es hat sich zu einem dauerhaften Rassismus ausgewachsen. Zwar existieren in der Türkei weitere Rassismen, etwa gegen armenische Menschen oder Schwarze. Doch das antikurdische Ressentiment ist der Kern der rassistischen Verfasstheit, die dem türkisch-republikanischen Nationalismus innewohnt. Aus: iz3w (Nr. 383, März/April 2021), S. 42-45.
“Oh du türkische Nation!”: Ein zentrales Fundament der türkischen
Staatsideologie ist antikurdischer Rassismus
Ismail Küpeli
Das Ressentiment gegen die Kurd*innen ist tief im Entstehungsprozess der türkischen
Republik verankert. Es hat sich zu einem dauerhaften Rassismus ausgewachsen. Zwar
existieren in der Türkei weitere Rassismen, etwa gegen armenische Menschen oder
Schwarze. Doch das antikurdische Ressentiment ist der Kern der rassistischen
Verfasstheit, die dem türkisch-republikanischen Nationalismus innewohnt.
Der türkische Rassismus wird häufig gänzlich negiert oder als ein übersteigertes
Nationalbewusstsein relativiert (so etwa von der Politikwissenschaftlerin Çiğdem Toprak in
der Tageszeitung WELT am 17. Oktober 2019). Ebenfalls wird er als ein Phänomen bezeichnet,
das lediglich in der extremen Rechten existiere. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte, dass
der Rassismus ebenso wie der Nationalismus zur ideologischen Basis des türkischen
Nationalstaats gehört. Beide werden spätestens seit der Staatsgründung 1923 fortwährend in
Politik, Gesellschaft und im Bildungssystem erweitert und gefestigt. Mit der autoritären
Gleichschaltung von Gesellschaft, Medien, Bildungseinrichtungen und wissenschaftlichen
Institutionen nach der Gründung der Republik Türkei setzte die kemalistische Staatsführung
ihren diskursiven Entwurf ‚des Türken‘, durch. Ihre Definition basierte auf drei Säulen: die
türkische Nation und Rasse, die türkische Geschichte und die türkische Sprache.
Zu diesem Zweck wurden zwei zentrale Theorien gebildet: dieTürkische Geschichtsthese“
und die „Sonnensprachtheorie“. Die Leitidee der ersten besagt in Kurzform, die türkische
‘Rasse’ existiere seit tausenden Jahren und sei für den Fortschritt in der Weltgeschichte
verantwortlich. Sie habe die ersten Zivilisationen gegründet und die anderen ‘Rassen’ auf
einen höheren Stand gehoben. Der Ursprung der türkischen ‘Rasse’ liege in Zentralasien,
doch ebenfalls seit bereits tausenden Jahren sei das Kerngebiet der türkischen ‘Rasse’
Anatolien. Zudem zeichne sich die türkische ‘Rasse’ dadurch aus, dass sie sich sehr früh zu
einer Nation formiert habe; sie bilde also eine politische und soziale Gemeinschaft mit einer
Geschichte von mehreren tausend Jahren. Die „Sonnensprachtheorie“ ergänzt die Türkische
Geschichtsthese“: Die türkische Sprache sei die erste zivilisierte Sprache in der
Menschheitsgeschichte, und alle Sprachen der Welt stammten von ihr ab.
Die „Türkische Geschichtsthese“
1930 beauftragte Staatspräsident Mustafa Kemal seine Adoptivtochter Afet İnan mit der
Ausgestaltung und Untermauerung der Türkischen Geschichtsthese“. Dazu wurde das
„Forschungskomitee für türkische Geschichte“ unter der De-facto-Führung von Afet İnan
gegründet.
Afet İnan fasste die zentralen Aussagen der Türkischen Geschichtsthese“ so zusammen:
„Das überlegenste und das erste zivilisierte Volk der Menschheit sind die Türken, deren
Heimat das Altay[-Gebirge] und Zentralasien sind. Die Grundlage der chinesischen
Zivilisation legten die Türken. Die Türken, die auch Sumerer, Elamiten und Akkadier
genannt werden, haben in Mesopotamien, in Persien, 7000 v. Chr. die erste Zivilisation der
Menschheit gegründet und damit die erste geschichtliche Phase eröffnet. […] Die Gründer
der ägyptischen Zivilisation sind Türken. Die Grundlage der römischen Zivilisation legten
die Türken, die Etrusker genannt werden.“ (zitiert nach Beşikçi: Seite 11-12)
Die erste große Aufgabe des Forschungskomitees war die Ausgestaltung und
Ausformulierung der Türkischen Geschichtsthese“, die in wenigen Monaten abgeschlossen
wurde. Ende 1930 veröffentlichte ein zehnköpfiges Autorenteam die 611-seitigen
„Grundlinien der türkischen Geschichte“. Darin wird, neben der oben skizzierten
Rückführung der Weltgeschichte auf das Türkische, die türkische ‘Rasse’ mit der türkischen
Nation zusammengeführt: „Die türkische Rasse, die die größten Entwicklungen der
Geschichte herbeigeführt hat, ist die Rasse, die ihr Wesen am stärksten bewahrt hat. Die
türkische Rasse, die in der Geschichte immer eine sichtbare Einheit bildete und ihre
körperlichen Eigenschaften, ihre gemeinsame Sprache, ihre gemeinsame historische
Erinnerungen bewahrt hat, ist eine Gemeinschaft, die mit der heutigen Beschreibung einer
Nation übereinstimmt. Zu sehen, dass eine Nation gleichzeitig eine so große Rasse in der
Geschichte ist, ist eine Ehre und eine Stärke, die den meisten Menschengruppen heutzutage
nicht gegönnt ist.“ (İnan/Akçura/Galip: 38-39)
Die Zusammenführung von ‘Rasse’ und Nation hat zweierlei Konsequenzen. So wird die
‘Rasse’ zu einer Kategorie, die nicht nur etwas über Abstammung, Herkunft und körperliche
Eigenschaften und Fähigkeiten aussagt, sondern die auch eine kollektive und
unveränderliche Sprache und Kultur und eine gemeinsame Geschichte miteinschließt. Ebenso
wird die Nation nicht mehr bloß über die gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte
definiert, sondern auch über einheitliche und gleichbleibende körperliche Merkmale.
Dadurch wird der Einschluss von ‚biologischen‘ Nicht-Türk*innen in die türkische Nation
und damit eine Assimilierung unmöglich gemacht. Die Zusammenführung von ‘Rasse’ und
Nation und die Zuschreibungen in diesen Kategorien sollen nicht nur „die eigene Nation“
aufwerten. Vielmehr dient sie darüber hinaus einer politischen Vision und entwirft ein
politisches Programm. Folgerichtig rufen die Autor*innen der „Grundlinien der türkischen
Geschichte“ die türkische Nation zum Handeln auf: „Oh du türkische Nation! Du bist nicht
nur in Heldentum und im Kämpferischen, sondern auch im Denken und Zivilisiertheit die
Pracht der Menschheit. […] Das 10.000-jährige ideelle und kulturelle Erbe lebt in deiner Seele
als eine unerschöpfliche Kraft. […] Die Geschichte zeigt dir den zivilisatorischen Stellenwert,
der dir gebührt. Marschiere dorthin und erhebe dich! Das ist ein Recht und eine
Verpflichtung für dich!“ (İnan/Akçura/Galip: 69)
Die „Türkische Geschichtsthese“ zielt nicht nur darauf, jene vermeintliche Unterlegenheit der
Türk*innen, die in rassistischen Erzählungen europäischer Wissenschaftler postuliert wurde,
zu widerlegen. Vielmehr soll die türkische ‘Rasse’ und Nation als allen anderen überlegen
deklariert werden. So bestehe „kein Zweifel daran, dass der Türke die gesamte Welt
anführen“ werde (Kemal: 51). Reşit Galip, der 1932-33 auch türkischer Bildungsminister war,
bezog das auf die behauptete historische Rolle der Türkei: „Die türkische Nation wird seine
ewige und historische Aufgabe als Führer der Zivilisation und für die Erhebung der
Menschheit als eine unentbehrliche Pflicht wieder ergreifen“ (Galip: 143). Die Türkischen
Geschichtsthese“ schreibt der türkischen ‘Rasse’ und Nation eine möglichst lange und
ruhmreiche Geschichte zu und beansprucht Weltgeltung. Diese Motivation führte bald unter
den Rednern des 1. Türkischen Geschichtskongresses 1932 zu einem Wettbewerb um die
größten Zahlen. Wurde 1930 in den „Grundlinien der türkischen Geschichte“ noch die 10.000-
jährige Geschichte der Türk*innen hervorgehoben, so sprach Bildungsminister Esat Sagay bei
seiner Rede auf dem Kongress von einer 14.000-jährigen Geschichte. Afet İnan ging bei ihrer
Rede auf demselben Kongress noch weiter: „Die heutigen türkischen Kinder wissen und
werden wissen, dass sie zu einer höchst begabten Nation gehören, die von einer
zehntausende Jahre alten, arischen, zivilisierten und überlegenen Rasse abstammt“ (zitiert
nach Beşikçi: 89). Die höchste Zahl wurde 1933 in der Zeitschrift der Volkshäuser genannt:
behauptet wurde dort eine 50.000-jährige Geschichte der „alpinen Rasse und ihres heutigen
Vertreters, der türkischen Nation“ (vgl. Kemal: 53). Die lange Geschichte der türkischen
‘Rasse’ blieb ein wichtiges Thema und wurde von Şevket Aziz Kansu, der spätere Rektor der
Ankara Universität, bei seiner Rede auf dem 2. Türkischen Geschichtskongress 1937
thematisiert. Er betonte insbesondere die „Reinheit“ der türkischen ‘Rasse’ (vgl. Yıldız: 190).
Die Nation und die Anderen
Die Grenzziehungen, wer zur türkischen Nation gehören darf, wer als assimilierungsfähig
und wer a priori als das nicht-integrierbare Andere deklariert wurde, wurden recht früh in
den politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Institutionen gezogen. So heißt es
in Artikel 88 der Verfassung von 1924: „Die Bewohner der Türkei werden, ohne
Berücksichtigung der Religion und der Rasse, in Bezug auf die StaatsbürgerschaftTürken‘
genannt“. Die Einschränkung „in Bezug auf die Staatsbürgerschaft“ wurde nach der
parlamentarischen Auseinandersetzung über die Frage eingefügt, welchen Status die nicht-
muslimischen Einwohner*innen erhalten sollten. In der Debatte wurden verschiedene
Vorschläge eingebracht, wie etwa die ethnische beziehungsweise rassische Einschränkung der
türkischen Nation. Danach könnten nur Türk*innen im Sinne einer ethnisch beziehungsweise
rassischen Abstammung auch türkische Staatsbürger*innen werden.
Im offiziellen staatlichen Diskurs hat sich schlussendlich der kulturalistische und
„voluntaristische“ Ansatz durchgesetzt. Doch dieser schloss keineswegs eine zusätzliche
rassistische Engführung der Nation aus: So forderte der Verfassungsrechtler Ali Fuat Başgil
1937 für die Zugehörigkeit zu der türkischen Nation sowohl die türkische Abstammung und
„türkisches Blut in den Adern“ (zitiert nach Maksudyan: 54) als auch das Bekenntnis zum
Türkentum. Die Einheit in „Blut“ und in Wille befand auch der Juraprofessors Vasfi Raşit
Sevig 1938 für ein Staatsvolk als erforderlich (vgl. Maksudyan: 54).
Aus dem engeren Umfeld von Staatspräsident Mustafa Kemal forderte mit einer ähnlichen
Stoßrichtung 1940 der Turkologe Agop Dilaçar, dass diejenigen mit türkischer Abstammung,
die sich von der Nation entfremdet haben, zur türkischen Kultur zurückgebracht werden
sollten. Dabei schloss Dilaçar mit Verweis auf „rassische und ethnische Prinzipien“ (zitiert
nach Aydın: 124) implizit jene ohne türkischer Abstammung gänzlich von der türkischen
Nation aus. Dilaçar nennt dies – ganz ohne negativen Beiklang – „unseren Rassismus“ (zitiert
nach Aydın: 125). Auch die Vorstellung einer religiös und ethnisch definierten
„Herrschernation“ wurde beibehalten. So steht in Artikel 2 der Verfassung von 1924: „Die
Religion des Staates der Türkei ist der Islam, seine offizielle Sprache ist Türkisch.“ Die
vermeintliche Offenheit und Egalität steht weiterhin unter der Prämisse, dass die
muslimischen Türk*innen das dominante Element in Staat und Gesellschaft sind.
Justizminister Mahmut Esat Bozkurt formulierte 1930 diesen Gedanken zu Ende: „Der
Herrscher dieser Heimat ist der Türke. Wer kein echter Türke ist, hat in der türkischen
Heimat nur ein Recht: Das Recht ein Diener, ein Sklave zu sein.“
Während mit der ethnischen beziehungsweise rassischen Einschränkung der türkischen
Nation im Umgang mit den nicht-türkischen Bevölkerungsgruppen lediglich die Optionen
Vernichtung oder Vertreibung offenstanden, ermöglichte der kulturalistische und
„voluntaristische“ Ansatz eine dritte Option: Assimilation. Auf diese dritte Option wurde
insbesondere bei den muslimischen Nicht-Türk*innen gesetzt. Assimilation wurde so
definiert: Die Mitglieder der nicht-türkischen muslimischen Bevölkerungsgruppen mussten
„erkennen“, dass sie eigentlich Türk*innen sind. Dieses anvisierte Ziel bedurfte mehrere
Narrative. Neben der Türkischen Geschichtsthese“, nach der die Türk*innen zur alleinigen
autochthonen Bevölkerung Anatoliens erklärt wurden, musste die Existenz von nicht-
türkischen muslimischen Bevölkerungsgruppen negiert werden.
Die Negierung des Kurdischen
Während die staatlich durchgesetzte und repressive Leugnung der kleineren muslimischen
nicht-türkischen Bevölkerungsgruppen (wie etwa den tscherkessische, lazische und
pomakische) aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Bevölkerungszahlen und ihrer
schwachen Position als realisierbar gelten konnte, war dies bei den größeren
Bevölkerungsgruppen wenig aussichtsreich. Der größte „Stolperstein“ für die staatliche
Leugnungspolitik waren in diesem Kontext die Kurd*innen. Während ihre Existenz und/oder
Größe in den staatlich forcierten Narrativen angegriffen wurde, wurden die übrigen
Bevölkerungsgruppen schlicht nicht erwähnt sondern totgeschwiegen.
Die radikalste Negierung der kurdischen Bevölkerungsgruppe lief darauf aus, die
Menschlichkeit der Kurd*innen in Frage zu stellen. Diese diskursive Entmenschlichung lässt
sich beispielsweise in Zeitungskolumnen und Karikaturen beobachten. So beschrieb die
Tageszeitung Cumhuriyet anlässlich der Vernichtungsoperation im Zeylan-Tal die dortige
kurdische Bevölkerung als „wie gewöhnliche Tiere“ und verglich sie mit den „afrikanischen
Wilden und Kannibalen“ (Cumhuriyet 13. Juli 1930, S. 4). Später wurde die kurdische
Bevölkerung mit Unkraut und Heuschrecken verglichen und Kurd*innen als Schädlinge
bezeichnet (19. Juli 1930, S. 3). Lediglich ein junger Kurde, der sein Leben unter Türk*innen
verbracht habe, erinnere „entfernt an einen Menschen“ (20. Juli 1930, S. 3). Ein weiterer
Ansatz war das Negieren von Eigenschaften bei den Kurd*innen, aus denen sich eine Nation
konstituieren lässt. Hier wurde also nicht bestritten, dass es Kurd*innen gibt, aber es wurde
behauptet, dass die Kurd*innen aufgrund von fehlenden Merkmalen keine Nation bilden
würden oder könnten.
Schlussendlich hat sich die gänzliche Leugnung der Kurd*innen als eigenständige
Bevölkerungsgruppe als hegemoniale Erzählung durchgesetzt, ohne dass die übrigen
Narrative verschwunden wären. Ein zentrales Problem der staatlichen Leugnungspolitik
stellte der nicht auflösbare Widerspruch dar, einerseits die Kurd*innen zur Türk*innen zu
deklarieren, die lediglich ihre türkischen Wurzeln vergessen hätten, und gleichzeitig erklären
zu wollen, warum eine kurdische Sprache und eine kurdische Identität existieren.
Die Erzählung von den Kurd*innen als eine fremde, andersartige und nicht
vertrauenswürdige Bevölkerungsgruppe sollte sie aus dem Kreis der schützenswerten
Staatsbürger*innen ausschließen und so die staatliche Gewaltpolitik gegen sie legitimieren.
Doch diese Erzählung steht ihrerseits im Widerspruch zur behaupteten Homogenität der
türkischen Nation und Nicht-Existenz der Kurd*innen. Auch dieser zweite grundsätzliche
Widerspruch konnte nicht aufgelöst werden. Ein wenig überzeugender Versuch war das
Narrativ, dass die einfache kurdische Bevölkerung von ihren Anführern absichtlich in
Unfreiheit und Barbarei gehalten wird. Folgerichtig sollten die Kurd*innen von ihren
Scheichs und Stammesführern befreit werden, um echte Staatsbürger*innen der türkischen
Nation zu werden.
Die Evidenz des Rassismus
Gewaltmaßnahmen dienten der vermeintlichen Befreiung der Kurd*innen, das zeigen drei
Zeitungsberichte von Juni 1937 über die damaligen Vernichtungsoperationen in Dersim: Am
15. Juni erklärte die Tageszeitung Tan die dortige Bevölkerung aufgrund ihrer Schädelformen
zur Türk*innen. Am 22. Juni forderte die Tageszeitung Akşam die Entfernung des
„Furunkels“ Dersim aus der türkischen Nation. Am 19. Juni kommentierte die Tageszeitung
Yeni Asır, dass die Republik Türkei nicht zulassen könne, dass einer ihrer Staatsbürger ein
Sklavenleben unter Tyrannei erdulden muss (vgl. Baran: 107, 148, 157). Alle drei Zeitungen
vertraten die Regierungslinie 1937 waren die regierungsunabhängigen Medien längst
ausgeschaltet.
Offensichtlich lässt sich die verbreitete Feindschaft gegen Kurd*innen nicht allein aus einer
Eskalationslogik erklären, in welcher der gegenwärtige Konflikt zwischen der Türkei und der
kurdischen PKK dafür verantwortlich gemacht wird, dass der Hass auf Kurd*innen wächst.
Vielmehr handelt es sich um ideologische Elemente, die seit der Gründung der Türkei 1923
durch eine einflussreiche staatliche Politik geschaffen wurden und bis heute durch staatliche
Institutionen verbreitet werden.
Der Rassismus gehört wie der Nationalismus zur Basis der türkischen Staatsideologie und ist
keineswegs ein randständiges oder marginales Phänomen. Antirassist*innen müssten den
türkischen Rassismus als solchen wahrnehmen und die Leugnungs- und
Relativierungsversuche entschieden zurückweisen. Der Weg dorthin lang und steinig,
zumindest in den deutschen Debatten. Gerne drehen sich diese um die wissenschaftlich
längst entschiedene Frage, ob es einen türkischen Rassismus gibt oder nicht.
Literatur:
Aydın, Suavi (1996): Türk Tarih Tezi ve Halkevleri, in: Kebikeç (Nr. 3/1996), S. 106-130
Baran, Taha (2014): 1937-1938 Yılları Arasında Basında Dersim, İstanbul: İletişim Yayınları
Beşikçi, İsmail (1986): Türk Tarih Tezi, Güneş-Dil Teorisi ve Kürt Sorunu, Stockholm: Denge
Komal
Galip, Reşit (1933/1982): Türk Tarih İnkilabı ve Yabancı Tezler, in: Zerrin Bayraktar / Cem
Alpar (Hrsg.): Ülkü Seçmeler, Ankara: Ankara İktisadi ve Ticari İlimler Akademisi, S. 139-152
İnan, Afet / Akçura, Yusuf / Galip, Reşit u.a. (1930): Türk Tarihinin Ana Hatları, İstanbul:
Devlet Matbaası
Kemal, Nusret (1933/1982): Halk Kuvveti, in: Zerrin Bayraktar / Cem Alpar (Hrsg.): Ülkü
Seçmeler, Ankara: Ankara İktisadi ve Ticari İlimler Akademisi, S. 50-54
Maksudyan, Nazan (2005): Türklüğü Ölçmek. Bilimkurgusal Antropoloji ve Türk
Milliyetçiliğin Irkçı Çehresi, İstanbul: Metis Yayınları
Yıldız, Ahmet (2016): Ne Mutlu Türküm Diyebilene. Türk Ulusal Kimliğinin Etno-Seküler
Sınırları (1919-1938): Istanbul: İletişim Yayınları
Aus: iz3w (Nr. 383, März/April 2021), S. 42-45.
Research
Full-text available
Die vorliegende Arbeit erforscht die Frage, wie sich nationalistische Symboliken, in ausgewählten politischen Reden des türkischen Präsidenten Recip Tayyip Erdogan, an die türkische Diaspora manifestieren und nimmt dazu Bezug auf das politische Konzept der Strategischen Tiefe. Dazu werden im Rahmen der qualitativen Forschung Daten aus drei repräsentative Reden Erdogans erhoben, um sie in weiterer Folge, durch die Methode der Grounded Theory, zu analysieren. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse offenbaren tiefergehende Bedeutungen hinter den Daten und ermöglichen, im Kontext des Konzepts der Strategischen Tiefe, gemeinsame Muster nationalistischer Agitation zu erkennen. Die Forschungsarbeit zeigt auf, dass sich Praktiken des türkischen außenpolitischen Einflusses und der politischen Widerstandsfähigkeit, der Anrufung der türkischen Diaspora und der Verschränkung von Volk und Religion aber auch der Reaktivierung des Opfermythos in nationalistischen Symboliken manifestieren, die wesentliche Bedeutung in der Konstruktion eines im Nationalismus eingebetteten perennialistischen Models von Volk und Nation besitzen.
Juni kommentierte die Tageszeitung Yeni Asır, dass die Republik Türkei nicht zulassen könne, dass einer ihrer Staatsbürger ein Sklavenleben unter Tyrannei erdulden muss (vgl. Baran: 107, 148, 157)
  • Juni Zeitungsberichte Von
Zeitungsberichte von Juni 1937 über die damaligen Vernichtungsoperationen in Dersim: Am 15. Juni erklärte die Tageszeitung Tan die dortige Bevölkerung aufgrund ihrer Schädelformen zur Türk*innen. Am 22. Juni forderte die Tageszeitung Akşam die Entfernung des "Furunkels" Dersim aus der türkischen Nation. Am 19. Juni kommentierte die Tageszeitung Yeni Asır, dass die Republik Türkei nicht zulassen könne, dass einer ihrer Staatsbürger ein Sklavenleben unter Tyrannei erdulden muss (vgl. Baran: 107, 148, 157). Alle drei Zeitungen vertraten die Regierungslinie -1937 waren die regierungsunabhängigen Medien längst ausgeschaltet.