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MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Die Sprache der Bewegung
Es ist das in aller Regel geteilte Selbstverständnis der Sportwissen-
schaft, daß es sich bei sportlichen Bewegungen um mehr und anderes
handelt als um bloß physische Bewegungsvollzüge. Das Sportwissen-
schafliche Lexikon hält fest, daß »die physikalische Definition von Bewe-
gung [...] für viele Fragestellungen im Sport und in der Sportwissen-
schaft zu eng« sei und der »primär zielgerichtete[n], an Problemlösen
orientierte[n] Bewegung« des Menschen nicht gerecht würde (Bös/
Mechling 2003: 82). Gerhardt/Lämmer (1993: 1) haben dieses Selbstver-
ständnis beinahe auf eine Parole gebracht: »Wer im Sport nur einen
Vollzug körperlicher Bewegungen sieht, der wird nie verstehen, wor-
um es in Spiel und Wettkampf eigentlich geht.«
Grundsatz unseres Selbstverständnisses
Wenn man diesem Selbstverständnis folgt, dann sind sportliche Bewe-
gungen durch ein Moment X konstituiert, das nicht reduzierbar ist auf
die physis bzw. ›Natur‹ der Bewegungen. Wir wollen dieses X Bedeu-
tung nennen: Sportliche Bewegungen bedeuten etwas.
xWer wissen will, was jemand spezifisch tut, der Sport treibt, dem
kann es aus Gründen der Sache nicht darum gehen, eine Beschrei-
bung des rein physischen Bewegungsvollzugs geliefert zu bekom-
men, sondern der muß und will wissen, was dieser Bewegungsvoll-
zug bedeutet;
xwer sporthistorisch wissen will, was Turnen (im Sinne des deut-
schen Turnens im 19. Jahrhundert) ist, dem hilft es nicht, eine Be-
schreibung der gymnastischen Übungen zu bekommen, sondern
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der benötigt eine Beschreibung »Turnen ist der Vollzug bestimmter
gymnastischer Übungen im Geiste der Nation«;
x»Es lohnt nicht, wie Thoreau sagt, um die ganze Welt zu reisen, bloß
um die Katzen auf Sansibar zu zählen.« (Geertz 1983: 24)
Dann kann man sportliche Bewegungen als Zeichen auffassen. In dieser
formalen Hinsicht sind sie dann analog zu Verkehrszeichen, Geld-
scheinen und vielem mehr zu verstehen. An Zeichen kann man das
Moment des Zeichenkörpers und das seiner Bedeutung unterscheiden.
Der paradigmatische Fall von Zeichen sind die Worte einer Sprache –
Worte einer Sprache sind Wortlaute, die etwas bedeuten. Analog zu
der obigen Parole kann man dann formulieren: »Wer im Sprechen nur
ein Verlautenlassen von Wortlauten sieht, der wird nie verstehen, wor-
um es in menschlicher Kommunikation eigentlich geht.« Denn so je-
mand kann Sprechen nicht von Geräusche-machen unterscheiden.
Naturwissenschaftliche Beschreibungen
Selbstverständlich ist es in der Sportwissenschaft – und gerade dort –
gelegentlich angebracht, den physischen Aspekt sportlicher Bewegun-
gen, also den Zeichenkörper dieser Zeichen, ins Auge zu fassen und
beschreiben zu wollen.1 Prominent und exemplarisch geschieht das in
der Biomechanik.
Dieses Anliegen widerstreitet in keinster Weise jenem gemeinsa-
men Selbstverständnis. Das Bedeutungsmoment wird dort keinesfalls
bestritten, sondern aus Gründen der Spezifik des Ansatzes nicht the-
matisiert – also konstant gesetzt. In den und für die naturwissenschaft-
lichen Beschreibungen sportlicher Bewegungen gilt es als ganz selbst-
verständlich, daß es sich um eine Beschreibung der physis sportlicher
Bewegungen unter Absehen des Bedeutungsmoments handelt. Willim-
czik (1999: 71f.) hält nachdrücklich fest, daß die Biomechanik ihren
Wissenschaftscharakter verlieren würde, falls sie sich selbst so inter-
pretiert, daß sie ›die‹ sportliche Bewegung oder auch nur deren ›we-
sentlich-generierenden‹ Anteil beschreibt.
An dieser Stelle gibt es keinerlei Gegensatz einer naturwissen-
schaftlichen Betrachtung sportlicher Bewegung mit einer zeichentheo-
1›Beschreibung‹ ist hier in einem möglichst weiten und möglichst neutralen
Sinne als ›deskriptive Aussagen machen‹ zu verstehen. Daß der Modus de-
skriptiver Aussagen in der Wissenschaft ein anderer ist als im Alltag, daß
er in den Naturwissenschaften ein anderer sein dürfte als in den Kultur-
wissenschaften etc.pp. ist selbstverständlich, aber ändert nichts daran, daß
so etwas dann eben Unterschiede im Beschreiben sind. ›Beschreibung‹ ist
hier ein formales Minimum, was wiederum nichts mit »kleinen Geschich-
ten« zu tun hat, wie sie Schierz (1995) im Unterschied zu »großen Erzäh-
lungen« bevorzugt.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |31
retischen Konzeption sportlicher Bewegungen. Die Phonetik wider-
streitet ja auch nicht einer zeichentheoretischen Konzeption von Wor-
ten. Eher im Gegenteil. Insofern die Phonetik nicht Geräusche, sondern
Laute untersucht, verlangt sie geradezu eine zeichentheoretische Kon-
zeption. Und das gilt analog auch für die Biomechanik.2
Ein Gegensatz liegt ganz woanders – und er geht quer sowohl
durch naturwissenschaftliche als auch geistes- oder sozialwissenschaft-
liche Ansätze. Er wird sichtbar, wenn man eine Antwort auf die Frage
sucht, wie im jeweiligen Ansatz das Verhältnis von Zeichenkörper und
Zeichenbedeutung gedacht wird.
Eine Möglichkeit dieser Verhältnisbestimmung liegt darin, von zwei
Momenten des Zeichens auszugehen – Zeichenkörper und Zeichenbe-
deutung , die in einem logisch hinzukommenden Akt zum Zeichen
synthetisiert werden. Die Versicherung, daß dabei eine ›lediglich analy-
tische Trennung‹ vollzogen werde, ist banal und überflüssig. Weil und
insofern von Zeichen die Rede ist, ist ganz selbstverständlich, daß es
Zeichenkörper und Zeichenbedeutung nur zusammen ›gibt‹. Der
springende Punkt dieses Grundansatzes liegt allein in der Logik der
Verhältnisbestimmung: dort kann einerseits über Zeichenkörper (ohne
Bezugnahme auf die Zeichenbedeutung) geredet werden, andererseits
über Zeichenbedeutung (ohne Bezugnahme auf den Zeichenkörper)
und drittens über deren Zusammenhang. Forschungspragmatisch zeigt
sich das darin, daß man zunächst den je eigenen Aspekt der Sache be-
schreibt, um dann nach dem Zusammenhang mit anderen Aspekten der
Sache zu fragen. Interdisziplinarität als nachträgliche Zusammenarbeit
getrennter Disziplinen.
Die grundsätzlich andere Möglichkeit der Verhältnisbestimmung
von Zeichenkörper und Zeichenbedeutung gegenüber jener Synthesis-
Konzeption liegt in einem diakritischen Ansatz: An einem gegebenen
Zeichen können beide Momente unterschieden werden. Ein diakriti-
scher Ansatz postuliert nicht lediglich eine faktische, sondern eine (hier
so genannte) bedeutungslogische Einheit von Zeichenkörper und Zei-
chenbedeutung. Die Bedeutung eines Zeichens ist dann prinzipiell die
Zeichenbedeutung des Zeichenkörpers dieses Zeichens, und dieser Ge-
nitiv ist bedeutsam. Genau darin liegt die eigenbedeutsame Materialität
der Zeichen. Forschungspragmatisch fordert das das bewußte Reflek-
tieren darauf, daß bereits die Bestimmung eines Aspekts einer Sache ei-
nen (Vor-)Begriff der ganzen Sache in Gebrauch nimmt (vgl. Franke
2»Die Biomechanik des Sports ist eine anwendungsbezogene Teildisziplin
der Sportwissenschaft. Als solche vertritt sie den wissenschaftlichen An-
satz der Mechanik, grenzt sich von dieser aber dadurch ab, daß sie Spezi-
fizierungen berücksichtigt, die sich durch die Ausrichtung auf den
menschlichen Körper ergeben.« (Willimczik 1999: 72)
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1994: 34f.). Interdisziplinarität aufgrund einer Resonanz gleicher Sach-
bestimmung.
Auch wenn in jüngerer Zeit im Zuge der Rede von einer sog. qua-
litativen Bewegungslehre insbesondere die individuelle Bedeutung von
Bewegung in das Blickfeld kommt, so nimmt die Motorikforschung im
engeren Sinne in aller Regel eine explizite Trennung von Bewegung
und Bedeutung vor (vgl. z.B. Hossner 2001). Im erklärten Selbstver-
ständnis des Faches bildet die Ortsveränderung des Körpers nach wie
vor die sachliche Ausgangsbasis, die dann selbstverständlich durch
hinzukommende bzw. funktional abhängige Phänomene ergänzt wer-
den muß.3 Spiegelbildlich dazu spielt in der sog. pädagogischen Bewe-
gungswissenschaft bzw. -lehre die Spezifik des körperlichen Vollzuges
– von wenigen Ausnahmen abgesehen (Bähr, Bietz, Gröben, Loibl,
Scherer) keine Rolle, da diese als eine rein physikalische angesehen
wird. So füllen Bewegungswissenschaft und Sportpädagogik (bzw. So-
ziologie, Kulturwissenschaft etc.) wechselseitig ihre Lücken, aber es
gibt keinen gemeinsamen Gegenstand, an dem beide Aspekte unter-
schieden werden. Angedeutet wird eine solch diakritische Alternative
bei Hossner (2001), der in Aussicht stellt, daß eine Bewegungswissen-
schaft, die sich auch mit der Frage phänomenaler Bedeutungen befaßt,
letztendlich, falls sie denn gelänge, andere Fragen stellen muß oder
wird. Aber das werden aller Voraussicht nach überflüssige Fragen sein,
denn Hossner erwartet (ebd.: 147), daß die »Integration [...] dann nichts
wirklich Neues hinzufügen« würde.
Die häufige Fraglosigkeit, mit der ein Synthesis-Konzept von Be-
wegung und Bedeutung vertreten wird, ist ein durchaus konsequenter
Ausdruck des zugrundeliegenden Grundverständnisses von Bewe-
gung. Erklärungsbedürftig scheint beinahe durchgehend, daß sich Be-
wegung überhaupt vollzieht – und also gilt eine konkrete Bewegung
als das Ergebnis des Wirkens der verschiedensten Ursachen. Eine dieser
Ursachen ist dann selbstverständlich die je individuelle Zuschreibung
von Bedeutsamkeiten. Insofern wird in bezug auf das Verhältnis von
Bewegung und Bedeutung nur verlängert, was auch ansonsten für das
Verhältnis von Bewegung und ›bewegenden Ursachen‹ unterstellt
wird. Den grundsätzlichen Unterschied in der Logik synthetisierender
oder aber diakritischer Ansätze kann man dementsprechend auch an
der Verhältnisbestimmung von Bewegung und ›Information‹ studie-
ren:
3»Die Bewegung des Menschen als [...] Gegenstand der Bewegungswissen-
schaft und -lehre beinhaltet alle produzierten Phänomene sowie alle funk-
tionalen Teilsysteme und -prozesse, die bei der Ortsveränderung des Kör-
pers auftreten.« (Olivier/Rockmann 2003: 19)
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |33
In der Bewegungswissenschaft gibt es niemanden, der nicht den
engen Zusammenhang von Wahrnehmung und Bewegung prokla-
miert. Informationstheoretische Ansätze, auf deren Grundmodell die
meisten der derzeit diskutierten und angewendeten Theorien beruhen,
vollziehen immer einen doppelten Zwei-Schritt: vom Perzept zur
Wahrnehmung, von der Repräsentation zur Bewegung. Dabei wird
Wahrnehmung im psychophysischen Paradigma (vgl. Fechner 1889)
untersucht und zugleich als ›Input‹ einer davon ausgelösten Bewegung
betrachtet. Logisch gilt damit die Bewegung als getrennt von der
Wahrnehmung analysierbare Ausführung einer Peripherie.
Erst mit Gibson (1982) kam die Idee in die Welt der Motorikfor-
schung, Bewegung und Wahrnehmung im Zusammenhang zu be-
trachten. Das entsprechende Konzept ist das der »affordances«, wel-
ches besagt, daß nur das wahrgenommen wird, was in einer Situation
für den Wahrnehmenden relevant ist und was im engen Zusammen-
hang zu dessen Bewegungsmöglichkeiten steht. Dieser Ansatz ist ein
explizites Gegenmodell zur kognitivistischen Auffassung, die von ei-
nem bedeutungslosen Reiz als Eingangsdatum der Wahrnehmung aus-
geht (vgl. Marr 1982), das in mehreren Verarbeitungsstufen mit Be-
deutung versehen wird. Schon vor Gibson und in der Sache analog war
das Kohärenzprinzip des Gestaltkreises (Weizsäcker 1940) formuliert
worden. Das besagt am Beispiel des Tastvorganges, daß ›Tasten‹ prin-
zipiell im Bewegungsvollzug entspringendes ›etwas-Tasten‹ bedeutet,
also gerade nicht eine Synthese von Tasten und Gegenstand. Zugrunde
liegt das Prinzip von Uexküll-Umwelten: Ameisen kennen nur Amei-
sen-Dinge. Wahrnehmen ist dort nicht ein Hin-und-Her und auch kei-
ne Rückmeldeschleife im Sinne des kybernetischen Regelkreises, son-
dern Ein, in sich differenzierter Vorgang. ›Bewegung‹ ist dabei das
vermittelnde Medium von Etwas-Wahrnehmen und Etwas-Wahrneh-
men.
Einen ›transdisziplinären‹ Ansatz verspricht den Informationsver-
arbeitungstheorien gegenüber die Modellierung von Bewegung als
komplexes, dynamisches System. Hier wird z.B. nach Newell (1986)
›Bewegung‹ als ein emergenter Prozeß beschrieben, wobei »con-
straints« den physischen und psychischen Menschen, die Umge-
bungsbedingungen, die (Bewegungs-)Aufgabe und insbesondere deren
Interaktion betreffend – jeweils die Selbstorganisationsprozesse be-
grenzen bzw. ermöglichen. Bisher ist dieses Modell aber nicht in der
beschriebenen Breite empirisch geprüft. Es ist jedoch explizit kein hier-
archisches Modell; die Denkbewegung geht nicht von der physis zur
Bedeutung oder umgekehrt.
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Zuschreibungs-Theorien von Bedeutung
In der Verhältnisbestimmung von Zeichenkörper und Zeichenbedeu-
tung hört die Gemeinsamkeit der Sportwissenschaft auf. In der Regel
wird implizit oder explizit eine Synthesis-Konzeption vertreten. Sport-
liche Bewegungen bedeuten etwas – das sagen alle. Aber Synthesis-
Konzeptionen sagen das in der Weise, daß ein Bedeutungsmoment mit
dem physischen Bewegungsvollzug verknüpft wird.
Das ist z.B. in all den von uns so genannten Zuschreibungs-Theorien
von Bedeutung der Fall. Der Bedeutungsbegriff ist dort an der Psycholo-
gie orientiert und Bedeutung bedeutet dort ›Bedeutsamkeit-für-Jeman-
den‹. Das Bild ist dort ungefähr dieses: Irgendein handelnder Jemand
verbindet irgendeinen ›Sinn‹ mit (s)einem Bewegungsvollzug und
schreibt diesen seinen Sinn der Bewegung zu, die dadurch, also durch
eine zugeschriebene Relevanz, etwas bedeute.
Bereits im zweiten Satz hört die Gemeinsamkeit mit Gerhardt/
Lämmer (1993) auf. So sehr ihre Parole das gemeinsam geteilte Ver-
ständnis trifft, und so zustimmungspflichtig diese Parole in der Sport-
wissenschaft ist, so spezifisch ist die Erläuterung, die dort gegeben
wird: »Denn von der physischen Bewegung [...] hängt nur dann etwas
ab, wenn sie gewollt ist. Sie muß überdies im Bewußtsein der das Spiel
oder den Kampf konstituierenden Regeln geschehen. Ohne das Motiv
kommt nichts zustande, was für den Sport kennzeichnend oder aus-
schlaggebend ist. Erst wenn das Motiv wirksam ist, zählen Muskel-
kraft, Geschicklichkeit und meßbare Leistung; und nur in Kongruenz
von innerem Antrieb und äußerer Funktion stellt sich auch die Lust an
Spiel und Wettkampf ein.« (Ebd.: 1)
Die Bedeutung von Bedeutung ist demgegenüber in der Semantik
eine ganz andere. Semantisch gesehen bedeutet das Wort ›Hund‹ eben
Hund ganz unabhängig davon, ob irgendeiner Sprecherin Hunde be-
sonders bedeutsam erscheinen oder nicht. Die semantische Bedeutung
von Worten kommt nicht dadurch zustande, daß ein Sprecher diese
Bedeutung aussagen will.
Was jene Zuschreibungs-Theorien für sich in Anspruch nehmen, ist,
daß sie, und nur sie, der Subjektivität und damit der Freiheit der Indi-
viduen gerecht werden. »Es empfiehlt sich, an den Primat der inneren
Einstellung zu erinnern, wenn von Sport und Moral die Rede sein soll.
[...] Die Sportler scheinen so hart von den ökonomischen, publizisti-
schen und technischen Realitäten bedrängt zu werden, daß von einem
eigenen Entscheidungsspielraum gar nicht mehr die Rede sein darf.«
(Gerhardt/Lämmer 1993: 1)
Doch die Unterstellung, daß man eine Zuschreibungs-Theorie von
Bedeutung vertreten muß, um der Subjektivität gerecht zu werden, ist
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sachlich falsch, um nicht zu sagen demagogisch. Wenn es für uns per-
sönlich keinen rechten Sinn macht, Rehpinscher in Regenjacke zu den
Hunden zu zählen, während das für viele andere einen ganz selbstver-
ständlichen Sinn macht, so ist das ein Sachverhalt, der dem semanti-
schen Bedeutungsbegriff nicht nur nicht widerstreitet, sondern den se-
mantischen Bedeutungsbegriff voraussetzt. Solch unterschiedliche
Sinngebungen sind eben und immerhin unterschiedliche je subjektive
Lesarten der Bedeutung Hund.
Leont’ev wird (der Möglichkeit nach) der Subjektivität gerecht, oh-
ne eine Zuschreibungs-Theorie zu vertreten. Er unterscheidet (1982: 144
ff.) aus- und nachdücklich zwischen gesellschaftlicher Bedeutung und per-
sönlichem Sinn. Damit folgt er einer Herderschen, und eben nicht einer
Kantischen, Traditionslinie. Spätestens seit und mit Herder macht es
einen sehr guten und präzisen Sinn zu sagen, daß wir in eine bereits le-
bendige Sprache hineingeboren werden. Dann eignen wir uns eine
Sprache an: wir machen etwas Eigenes aus dem, was vorhanden ist,
und verändern dadurch das zuvor Vorhandene. Die Freiheit der Indi-
viduen liegt hier darin, Bedeutungen zu modifizieren, nicht aber darin,
Bedeutungen allererst zu schaffen und zuzuschreiben.
Der Verweis auf die je schon gelebten Bedeutungen schließt Sub-
jektivität weder aus noch zwingt es zu einem Konzept sekundärer
Subjektivierung von vorgegebenen so genannten objektiven Bedeutun-
gen.4 Was sich allein, und allerdings sehr entschieden, ändert, ist das
Verständnis von Subjektivität. In den Zuschreibungs-Theorien kommt
die Subjektivität gleichsam an unkluger Stelle ins Spiel. Es ist unglück-
lich, die Freiheit der individuellen Sinngebung so zu interpretieren, als
seien Bedeutungsgenerierungen willkürlich-wollende Akte der Be-
deutungs-Zuschreibung.5
Ein diakritisches Konzept
Daß Zeichen schon als solche eine Bedeutung haben – daß man an ih-
nen einen Zeichenkörper und eine Zeichenbedeutung unterscheiden
4Daß Leont’ev selbst eine objektivistische Konzeption vertrete, ist eine sich
hartnäckig haltende Legende, die in östlichen Gefilden von den Anhän-
gern Rubinsteins und in westlichen Gefilden von der Kritischen Psychologie
Holzkamps (der nunmehr selbst von diesem Vorwurf betroffen ist) ver-
breitet wird. Überreste davon finden sich auch noch bei Alkemeyer (2004:
52f.).
5Was bei der Psychologisierung des Bedeutungsbegriffs passiert, kann man
gut in einer der Kindergeschichten von Peter Bichsel nachlesen. Was in Ein
Tisch ist ein Tisch zunächst ganz frohgemut anfängt – die Idee, man könne
doch gegen die Langeweile auch einmal versuchen, die Bedeutung Tisch
dem Wortlaut ›Teppich‹ zuzuschreiben , endet arg traurig: die Idee der
Bedeutungszuschreibung macht Sprechende sehr einsam.
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kann, und daß die Bedeutung von Zeichen nicht eigens ein Täter-
Subjekt als Bedeutungs-Unternehmer6 benötigt , setzt voraus, daß Zei-
chen nicht alleine dastehen. Vorausgesetzt ist dann in irgendeinem
Sinne die Rede von einem System von Zeichen.
Was ein System sei, kann ganz unterschiedlich verstanden werden.
An dieser Stelle reicht völlig aus, darunter einen Gegenbegriff gegen
eine rein mengentheoretisch gefaßte Ansammlung von Einzelzeichen
zu verstehen. Ein System von Zeichen in diesem minimalen Sinne po-
stuliert irgendeinen Zusammenhang zwischen den Zeichen. Die Rede ist,
wohlgemerkt, nicht von einem schönen Zusammenhang, sondern von
Zusammenhang. Ob sich die Beziehungen zwischen den Zeichen als
Brüche oder als Gleichgültigkeiten oder als harmonische Verträglich-
keiten manifestieren, ist in anderen Kontexten alles entscheidend, aber
für die Stelle des jetzigen Gedankenganges gleichgültig.
Zentral ist dann jedoch, daß man nicht an einzelnen Zeichen allein
deren Zeichencharakter feststellen kann. Es ist ein völlig anderer Ein-
satz, wenn Scherler (1990: 399) im Anschluß an Peirce eine »triadische
Struktur des Zeichens« zugrundelegt, der gemäß ein Zeichen »etwas
[sei], das für jemanden in irgendeiner Hinsicht oder Funktion für etwas
anderes steht«. Da ist von einem Zusammenhang der Zeichen als Zei-
chen nicht die Rede, und folglich bilden mehrere Zeichen bestenfalls
eine Menge. Auch das erläuternde Beispiel (ebd.: 400) bestätigt das: es
ist ein einzelner geknickter Zweig, der für spielende Kinder die Funkti-
on übernimmt, eine Wegrichtung anzuzeigen. Die vermeintlich ›bloß
analytische Trennung‹ in einen Zeichenträger, Zeichennutzer und Zei-
chengegenstand ist eine Folge dieses Grundansatzes: einzelne Dinge
können tatsächlich rein als solche nichts bedeuten, und eben deshalb
6Diese sehr schöne Formulierung des »Unternehmers« ist Röttgers (1983)
entliehen – ein Text, der für das hier Vorliegende grundlegend ist. Rött-
gers zeigt, daß sich in der kurzen Zeit von 1795 bis 1805 das Verständnis
von ›Prozeß‹ grundlegend gewandelt hat. Prozesse finden nunmehr ein-
fach statt, und müssen nicht mehr durch ein dem Prozeß logisch vorge-
ordnetes Täter-Subjekt eigens unternommen werden. Und d.h.: »Kräfte
gehören nicht mehr zu den ursächlichen Vorgegebenheiten von Prozessen,
sondern Kräfte sind Aspekte von Prozessen, deren Beziehung zu Prozes-
sen auch umgekehrt als Ursächlichkeit der Prozesse für Kräfte gedeutet
werden muß.« (Ebd.: 126; vgl. Röttgers 2003) – Das sind offenbar 10 Jahre
Begriffsgeschichte, die alle nicht-systemdynamisch orientierten Ansätze
der Biomechanik bis dato noch nicht irritieren konnten: »Ursache von Be-
wegungen als Erscheinungen in Raum und Zeit sind Kräfte. Der Sprinter
erzeugt sie, um sich vorwärts zu bewegen, der Hochspringer, um der Gra-
vitation entgegenzuwirken [...]. Während die Kinematik sich mit der Orts-
veränderung von Körpern und darunter fällt auch die menschliche Be-
wegung in Raum und Zeit beschäftigt, ist die Dynamik die Lehre von
den die Bewegung verursachenden Kräften.« (Willimczik 1999: 21)
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |37
bedarf es Nutzer, »die Zeichen erzeugen und/oder verarbeiten« genau
so wie es Gegenstände bedarf, damit die Zeichen etwas bedeuten (ebd.:
399). Saussure redet weder von Nutzern noch von Gegenständen, son-
dern von Zeichen-in-ihrem-Zusammenhang-zu-anderen-Zeichen. Er
thematisiert also nicht ›auch noch‹, nachdem es logisch Zeichen bereits
gibt, deren Beziehungen, und erst recht nicht, wie eine so genannte
»Syntaktik« (ebd.) (im Sinne jener triadischen Struktur) die Beziehung
zwischen Zeichenträgern. Die Beziehung der Zeichen macht für Saussure
deren Bedeutung aus, so daß hier sog. Syntaktik und sog. Semantik in
einer Semantik (im Sinne Saussures) zusammenfallen.
In diakritischen Ansätzen ist dieser ›Zusammenhang überhaupt‹ des
weiteren als ein ›Sich-Unterscheiden‹ bestimmt. Es dürfte die Einsicht
von Saussure sein, hinter die diakritische Ansätze nicht zurück wollen
und durch die sie definiert sind, daß die Bedeutung von Zeichen davon
abhängt, wie sie sich von anderen Zeichen desselben Zeichensystems
unterscheiden.
Das Wort ›sheep‹ hat im Englischen dadurch die Bedeutung, die es
hat, daß es sich von ›dog‹, ›cat‹, ›house‹, ›dream‹ und manchem mehr
unterscheidet – spezifisch aber auch dadurch, daß es sich von ›mutton‹
unterscheidet. Diese Unterscheidbarkeit durch verschiedene Zeichen
für das Tier auf der Weide und das auf den Tisch gebrachte Stück
Fleisch ist z.B. im Französischen nicht gegeben, und deshalb bedeutet
›sheep‹ im Englischen etwas anderes als ›mouton‹ im Französischen
(vgl. Saussure 1916: 138). Diakritische Zeichentheorien folgen diesem
Grundansatz: Das Parkverbotzeichen bedeutet das, was es nun einmal
bedeutet, auch und u.a. deshalb, weil es sich vom Halteverbotszeichen
unterscheidet. ›Verstand‹ im Deutschen bedeutet eben nicht exakt
reason, weil im Deutschen die Unterscheidung von Verstand und Ver-
nunft möglich ist, während im Englischen dafür nicht zwei Wörter zur
Verfügung stehen.
Verallgemeinert gesprochen, können an den Zeichenbedeutungen
von Zeichen(körpern) ihrerseits zwei Momente unterschieden werden.
Das ist zum einen der semantische Gehalt, der durch diesen und nicht
jenen Zeichenkörper individuiert ist: der semantische Gehalt etwa von
Hund, der im Gebrauch des Wortlautes ›Hund‹ liegt, und der im Sy-
stem der deutschen Sprache ein anderer ist, wenn wir den Wortlaut
›Katze‹ gebrauchen. Das ist zum anderen der Ort des Zeichens im Sy-
stem, seine Stellung im Vergleich und Unterschied zu all den anderen
Zeichen des gleichen Systems. Die an einen bestimmten Zeichenkörper
gebundene Zeichenbedeutung eines Zeichens ist also Ein Doppeltes
von semantischem Gehalt (von Saussure »Bedeutung« genannt) und
Topos (von Saussure »Wert« genannt) des Zeichenkörpers. Der seman-
tische Gehalt von Zeichenkörpern erlaubt die Übersetzbarkeit von Zei-
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chen in ein anderes Zeichensystem, während der Topos von Zeichen-
körpern jede Übersetzung schwierig macht.
Die Rede ist hier betont von einem diakritischen, und nicht von ei-
nem strukturalistischen Ansatz. Der Strukturalismus überliest und
überfliegt, daß bei Saussure von einem Doppelten von semantischem
Gehalt und Topos – von »Bedeutung« und »Wert« – die Rede ist; er ge-
fällt sich darin zu behaupten, daß die Bedeutung von Zeichen nichts
anderes sei als der Topos ihrer Zeichenkörper. Aber dieser Selbstgefäl-
ligkeit muß man ja nicht, und wir möchten ihr hier nicht folgen. Statt-
dessen nehmen wir einen frühen und lapidaren Hinweis von Josef Kö-
nig (1926: 45) ernst; ein Zeichen ist dann sowohl durch seine »Stellung
zu anderen« als auch durch »eine unverlierbare eigene Nuance« das be-
stimmte Zeichen, das es eben ist und das es zu einem »qualitativ Ein-
malige[n], Diskrete[n]« macht.
Bewegungskulturen
Statt Zeichensystem kann man nun auch Kultur sagen. Darin liegen zwei
kleine Verschiebungen. Zum einen ist damit der mediale Charakter des
Zeichensystems betont in Abgrenzung zu einer holistischen Interpreta-
tion. Die Zeichen einer Kultur sind nicht gedacht als Teile eines Ganzen
– so daß man dann darüber streiten könnte, ob die Teile vor dem Gan-
zen zu stehen kommen oder doch umgekehrt. Insbesondere in diakriti-
schen Ansätzen ist das klar, denn ein Sich-Unterscheiden setzt eine
Gleichzeitigkeit der unterschiedenen Zeichen voraus (vgl. Deleuze
1993: 71). Die Zeichen leben in einer Kultur genau so, wie Fische im
Wasser leben; da ist von Teilen und Ganzen und von Vor- oder
Nachordnungen nicht die Rede (vgl. Luhmann 1984: 20-22). Zeichen
sind Zeichen in einem bestimmten Licht bzw. in einem bestimmten
»Geist« (Hegel). Kulturen machen eine je kleine oder große Welt (von
Zeichen) aus.
Die zweite Verschiebung liegt in der Verschiebung von der Sprache
zum Sprechen. Kultur betont den Vollzugsaspekt, während Zeichensy-
stem die Struktur betont. Beides meint das gleiche, aber in je anderer
Perspektive. Der Sache nach knüpft das an eine bekannte Unterschei-
dung Humboldts an, nämlich die von Sprache als ergon und als ener-
geia.
Das Sprechen einer Sprache ist damit eine Art Prototyp dessen, was
hier Kultur heißt und was es heißt, eine Kultur zu verstehen. Bezogen
auf Bewegungskultur heißt das dann, daß auch körperliche Bewegungen
Zeichen eines je besonderen Zeichensystems, einer je besonderen Be-
wegungskultur sind. So wie wir Deutsch oder Englisch reden oder
schreiben – oder wie Marx in der Londoner Bibliothek eine merkwür-
dige Gemengelage , so bewegen wir uns alltäglich oder sportlich oder
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›auf Arbeit‹; oder dann innerhalb dieser Kulturen bewegen wir uns als
Fußballer oder als Ringer oder, oder.
Der theoretisch springende Punkt in dem hier verfolgten Verständ-
nis von Zeichensystem und folglich von Bewegungskultur liegt in jenem
von Hegel ausgeführten, von Saussure in die Semantik eingebrachten
und von Luhmann kultivierten diakritischen Ansatz. Zeichen werden
hier nicht zusammengesetzt aus einem Zeichenträger und einer ir-
gendwie und irgendwo, z.B. im Kopf eines Individuums, geschaffenen
Bedeutung, sondern an vorliegenden Zeichen können zwei Momente
unterschieden werden. Die wiederum können deshalb unterschieden
werden, weil Zeichen nicht alleine sind, sondern sich von anderen Zei-
chen desselben Systems unterscheiden. Und auch all das gilt nur, weil
es Zeichen eines bestimmten Zeichensystems sind, das sich von einem
anderen Zeichensystem – einer anderen Sprache, einem anderen Dia-
lekt, einer anderen Straßenverkehrsordnung, einer anderen Währung,
einer anderen Bewegungskultur unterscheidet. Will sagen: Kulturen
können nicht allein sein.
Zur Methodologie
Ein solches Verständnis von (Bewegungs-)Kultur wird sich auch in der
Methodologie ihrer Beschreibungen niederschlagen. Dabei ist Metho-
dologie hier nicht im Sinne einer Lehre von den Methoden zu verstehen.
Es geht nicht primär darum, welche verschiedenen Methoden es gibt
und wie sie korrekt und angemessen ein- und umgesetzt werden. Es
geht auch nicht nur um die Klärung der Frage, welche Methode wel-
chem Gegenstand angemessen ist; insbesondere geht es hier zunächst
nicht um den Unterschied und das Verhältnis von quantitativer und
qualitativer Forschung. Versteht man unter Methodologie nur das, dann
müßten wir mit Geertz (1983: 10) betonen, daß das hier Fragliche »mit
Methodologie nichts zu tun hat«.
Was wir demgegenüber unter dem Titel Methodologie anzielen, ist
eine Vorverständigung darüber, welche Sorte von Methoden überhaupt
in Betracht kommen. Falls es denn, wie hier behauptet, auf der Gegen-
standsseite einen Unterschied macht, ob man das Verhältnis von Be-
wegung und Bedeutung als Synthesis oder aber diakritisch konzipiert,
dann verlangt dieser Unterschied eine Unterscheidung auf der Seite der
Methodologie: Welche Sorte von Methoden ist welchem Typus von Ge-
genstand angemessen? Am Beispiel gesprochen: Menschliche Bewe-
gung ist ein anderer Gegenstand als rein physische Bewegung. Das ist
auch im Rahmen einer Synthesis-Konzeption klar; aber dort wird die-
ser Unterschied nicht als ein Unterschied im Gegenstandstypus behan-
delt. Es ist dort nicht so, daß sich das Verständnis von ›Bewegung‹ än-
dert, sondern es kommt ›lediglich‹ ein weiteres Moment, nämlich das
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Bedeutungsmoment, hinzu, wodurch der Gegenstand komplexer wird.
Wenn man den Unterschied zu einem diakritischen Ansatz nicht ver-
wischen will, dann muß man demgegenüber formulieren, daß mensch-
liche Bewegung als Ein Doppeltes von Bewegung und Bedeutung ein
grundsätzlich anderer Gegenstand als rein physische Bewegung ist. Im
Rahmen eines diakritischen Ansatzes ist somit nicht nur mit je anderen
Gegenständen, sondern zudem mit anderen Gegenstandstypen zu
rechnen. Und das daß Gegenstände als Gegenstände anders sein kön-
nen verlangt eine besondere methodologische Anstrengung.
Eine solche methodologische Vorverständigung wird ein Zwei-
schritt sein müssen. Zum ersten geht es bei der Beschreibung von
sportlichen Bewegungen als Zeichen einer Bewegungskultur um je eine
methodisch gestützte Beschreibung, »die nach Bedeutungen sucht«
(Geertz 1983: 9). Gefragt sind also interpretierende, verstehende, her-
meneutische Beschreibungen, bzw. ethnographische Beschreibungen, in-
sofern es sich um das Verstehen von Kulturen handelt.7
Hier ist der erstaunliche Sachverhalt zu konstatieren, daß trotz jenes
in aller Regel geteilten Selbstverständnisses (von bedeutsamen Bewe-
gungen auszugehen) eine ausdrückliche Bezugnahme auf ethnographi-
sche Beschreibungen in der Sportwissenschaft bis dato eher die Aus-
nahme als die Regel ist (vgl. Thiele 2003). Das mag damit zusammen-
hängen, daß hier Zuschreibungs-Theorien von Bedeutung die Regel
sind, was wiederum eine Beachtung von Unterschieden im Gegen-
standstypus unnötig erscheinen läßt. Schierz hat vor nun schon einiger
Zeit, seinerseits wiederum an Eichberg vorbei, das Anliegen verfolgt,
»die Bewegungswissenschaft in das Spektrum der Kulturwissenschaf-
ten einzuordnen« (Schierz 1995: 99), und konsequenterweise ethnogra-
phische Beschreibungen, etwa im Sinne von Geertz, gefordert. Thiele
(2003: Anm. 16) konstatiert, daß dieser Aufruf kaum Resonanz erzeugt
habe.
Zum zweiten geht es um eine solche Ethnographie, die ein diakriti-
sches Verständnis von Zeichen zugrunde legt. Dafür prägt Geertz in
seinen »Beiträge[n] zum Verstehen kultureller Systeme« im Anschluß
7Alle vier Attribute sind hier als gleichbedeutend zu verstehen. Wiederum
(s.o.: Anm. 1) ist hier, diesseits aller sonst wichtigen Unterschiede der
zahllosen hermeneutischen ›Schulen‹, lediglich ein formales Minimum
nötig, um eine Unterscheidbarkeit von nicht-hermeneutischen Beschrei-
bungen zu sichern. Geertz (1983: 9) schlägt als Gegenbegriff »experimen-
tell« vor (»Suche nach Gesetzen«, und nicht nach Bedeutungen), was uns
nicht besonders glücklich zu sein scheint. Wir werden sagen: hermeneuti-
sche, und nicht »feststellende« Beschreibungen. – Um die hier notwendig
formale Auskunft nicht in einen Formalismus kippen zu lassen: ein Vor-
bild dieses Hermeneutik-Verständnisses ist Plessners Text Mit anderen Au-
gen (Plessner 1953; vgl. Kämpf 2003).
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |41
an Ryle den Terminus ›Dichte Beschreibung‹. Eine Dichte Beschreibung
ist eine nach Bedeutungen suchende Beschreibung in der Weise, daß sie
an einem Zeichen in einem Zeichensystem dessen Bedeutung sucht. Ei-
ne Dichte Beschreibung ist dadurch definiert, daß eine Synthesis-
Konzeption von Zeichen ausdrücklich abgelehnt wird. Um zu verste-
hen, was Dichte Beschreibung meint, genügt ein einziges Beispiel, das
Geertz von Ryle übernimmt:
»Stellen wir uns, sagt er, zwei Knaben vor, die blitzschnell das Lid des rech-
ten Auges bewegen. Beim einen ist es ein ungewolltes Zucken, beim anderen
ein heimliches Zeichen an den Freund. Als Bewegungen sind die beiden Be-
wegungen identisch; vom Standpunkt einer photographischen, ›phänome-
nologischen‹ Wahrnehmung, die nur sie sieht, ist nicht auszumachen, was
Zucken und was Zwinkern war oder ob nicht beide gezuckt und gezwinkert
haben. Obgleich man ihn nicht photographisch festhalten kann, besteht je-
doch ein gewichtiger Unterschied zwischen Zucken und Zwinkern, wie ein
jeder bestätigen wird, der ersteres fatalerweise für letzteres hielt.« Und wei-
ter: »Es ist nicht etwa so, sagt Ryle, daß derjenige, der zwinkert, zwei Dinge
tut – sein Augenlid bewegt und zwinkert , während derjenige, der zuckt,
nur sein Augenlid bewegt. Sobald es einen öffentlichen Code gibt, demzufol-
ge das absichtliche Bewegen des Augenlids als geheimes Zeichen gilt, so ist
das eben Zwinkern. Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt: ein bißchen Ver-
halten, ein wenig Kultur und – voilà – eine Gebärde.« (Geertz 1983: 10f.)
Was immer die Methodologie der ›Dichten Beschreibung‹ bei Geertz
sonst noch meinen mag, und was immer aus ihr in welchen Interpreta-
tionen in sonstigen Kontexten geworden sein mag: hier und in diesem
Text verbinden wir ausschließlich die gerade gegebene Lesart mit die-
sem Konzept: ›Dichte Beschreibung‹ ist ein Terminus, und kein Wort
unserer Alltagssprache, mit dem man alles Mögliche verbinden kann,
was einem gerade so einfällt, und dieser Terminus ist definiert, eine be-
stimmte Lesart von körperlichen Bewegungen, z.B. des Zwinkerns, zu
sein. Körperliche Bewegungen werden dort in der Weise gelesen, daß
sie Ein in sich doppeltes Phänomen sind. Das sieht man dem Zwinkern
nicht an, sondern das ist ein theoretischer Einsatz, der sich von dem
theoretischen Einsatz einer Synthesis-Konzeption unterscheidet. Es ›ist‹
nicht so, daß man beim Zwinkern nicht zwei Dinge tut, sondern im
Rahmen Dichter Beschreibungen gilt es so – anders als z.B. in Zuschrei-
bungs-Theorien. Dort, wo bis dato von Zeichensystem bzw. von Kultur
die Rede war, spricht Geertz von einem »öffentlichen Code«. Das än-
dert nichts am zugrundeliegenden diakritischen Grundverständnis.
Auf den Namen ›Dichte Beschreibungen‹ werden wir im folgenden
so weit wie möglich verzichten. Der Name leitet völlig fehl, denn er
suggeriert ein Alltagsverständnis. Dichte Beschreibungen scheinen
dann mit einer irgendwie höheren Weihe ausgestattet zu sein. Wer sie
42 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
sich im Bewußtsein dieses (Alltags-)Verständnisses selber auf die For-
schungsfahne schreibt, scheint auf der Sonnenseite höherer Genauig-
keit oder höherer Sensibilität gegenüber kulturellen Phänomenen zu
stehen. Andere ethnographischen oder alle nicht-ethnographischen Be-
schreibungen scheinen dann nicht so ganz dicht zu sein. All das hat mit
der terminologischen Verwendung nichts zu tun. Eine biomechanische
Beschreibung einer sportlichen Bewegung ist im hier zugrundegelegten
terminologischen Verständnis eine ›dünne Beschreibung‹, was ganz of-
fenkundig keine wertende, sondern eine unterscheidende Aussage ist.
Die Bedeutsamkeit des Grundansatzes
Was hängt nun aber davon ab, ob man ein diakritisches oder ein Zu-
schreibungs-Konzept von Zeichenbedeutungen verfolgt?8 Ein Beispiel
aus der Sportgeschichtsschreibung mag das verdeutlichen.
Der Fußball ist bekanntlich ein ausgesprochen moderner Sport.
Nun hat es Ballspiele auch schon im Mittelalter gegeben. In welchem
Verhältnis stehen beide Phänomene zueinander? Vorläufer? Bloße
Vorläufer? Ganz unvergleichbar?
Zu bemerken und festzuhalten, daß es Ballspiele bereits im Mittel-
alter gegeben hat, hat als solches durchaus einen Wert. Man ist sonst
etwas vorschnell dabei zu sagen, der moderne Sport sei im 19. Jahr-
hundert entstanden, üblicherweise in England verortet. Dann – also in
einem solchen Klima, in dem der Satz, daß der moderne Sport im 19.
Jahrhundert entstanden sei, allzu leicht über die Lippen geht ans
Mittelalter zu erinnern, ist vielleicht banal, aber gelegentlich doch ein-
fach nötig: nämlich daran zu erinnern, daß Neues nicht vom Himmel
fällt, sondern Vorläufer hat. Gelegentlich sind dünne Beschreibungen
nötig, insofern sie überfliegende Aufgeregtheiten verhindern. In die-
sem Falle: Ballspiele gab es im 19. Jahrhundert, aber die gab es auch
schon im Mittelalter. Auch eine dünne Beschreibung ist in manchen
Konstellationen ein Erkenntnisgewinn.
8Einen informativen und anregenden Überblick über den sogenannten Cul-
tural Turn in der Sozialtheorie gibt Reckwitz (1999). Dort taucht diese Un-
terscheidung der Sache nach vielfach, aber nicht als strukturierendes Prin-
zip auf. Klar ist, daß sich ›kulturwissenschaftliche‹ Ansätze u.a. gegen in-
tentionale Handlungstheorien richten, die Zwecke oder Normen oder all-
gemeiner: Sinn »als ›subjektiv gemeinter Sinn‹ (Weber) der Handelnden,
mithin als singuläre Intention« verstehen (ebd.: 25). Aber wenn dort das
Gegenkonzept ist, daß der Handelnde der Welt nunmehr »auf der
Grundlage von Regeln« Bedeutungen »zuschreibt«, so bleibt offenkundig
auch noch innerhalb des cultural turn Raum für die Differenzierung von
›Zuschreibungstheorien‹ (Strukturalismen) und diakritischen Ansätzen.
Zur entscheidenden Rolle des Subjekts in den verschiedenen Ansätzen vgl.
ebd.: 36f., 40-43.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |43
Aber Beschreibungen der Zeichenkörper neigen denn doch dazu,
arg auszudünnen: wird jene Beschreibung »Ballspiele hat es auch schon
im Mittelalter gegeben« allzu dünn, dann wird daraus mir nichts, dir
nichts eine anthropologische Konstante nach dem Motto: gespielt ha-
ben die Menschen schon immer und werden sie auch immer. Manch-
mal gar zu einem überanthropologischen, in der Natur verwurzelten
Grundbedürfnis: viele Tiere spielen und der Mensch auch. Ach, wie
schön! Eine bestimmte Sorte von Sportpädagogik ist voll von solchem
Zeugs, und das segelt dann auch noch unter der Flagge Anthropologie
des Sports und sorgt für den schlechten Leumund der Philosophie. Das
Bemühen anthropologischer Konstanten gehört zu den traditionellen
Argumenten, um 3 Std. Sportunterricht in der Schule abzusichern: was
soll man noch dagegen sagen, wenn ›der‹ Mensch spielen muß. Dann
kommt noch ein Schuß Schiller dazu: der Mensch ist nur dort eigentlich
Mensch, wo er spielt, und fertig ist die Mogelpackung.9
Dagegen ist es dann ein ungeheurer Gewinn und geradezu wohltu-
end, wenn auch in die Sportgeschichtsschreibung de facto diakritische
Konzepte Einzug halten. Um den Preis historischer Ungerechtigkeiten
gegenüber nicht genannten Kolleginnen:10 uns scheint, daß dieser
Schritt vor allem und insbesondere mit dem Namen Henning Eichberg
verbunden ist.11
Die Übereinstimmung mit Ryle an einem wichtigen Punkt ist sehr
handgreiflich. So, wie jemand, der zwinkert, nach Ryle nicht zwei Din-
ge tut, so ist auch Eichberg der Überzeugung, daß jemand, der spielt
oder Sport treibt, nicht zwei Dinge tut, nämlich nicht ein individuelles
Ding und ein gesellschaftliches. Es sei gerade nicht so, daß man auf der
einen Seite in individueller oder gemeinschaftlicher Manier seinen
Körper in bestimmter Weise bewegt, und dann, hinzukommend, dies
auf der anderen Seite unter herrschenden gesellschaftlichen Bedingun-
9Das ist betont polemisch und überspitzt eine Tendenz, um sie deutlich
hervorzuheben. Deshalb können und werden wir keine konkreten Text-
beispiele nennen, weil es in jedem einzelnen Text in der Regel weitaus dif-
ferenzierter zugeht. Die Polemik geht gegen die Tendenz, eine theoretische
Aussage auf einen Merkvers herunterzuwirtschaften. Dagegen genügt ein
Blick ins Original, um zu merken, wie sehr jenes Standard-Zitat aus dem
Zusammenhang gerissen wird: vom empirischen Spielen ist bei Schiller
mitnichten die Rede.
10 Grammatisches und soziales Geschlecht sind zweierlei Ding. Dennoch ist
der Gebrauch des bestimmten grammatischen Geschlechts in patriarchalen
gesellschaftlichen Strukturen nicht unschuldig. Wir gebrauchen daher das
grammatische Geschlecht nach Lust und Laune – die jeweils anderen sind
selbstverständlich immer mitgemeint, wie die Patriarchen so sagen.
11 Vgl. Eichbergs Selbstverortung in den damaligen Stand der Forschung
(Eichberg 1978: 7-16).
44 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
gen tut oder damit eine bestimmte gesellschaftliche Funktion erfüllt
oder was immer. »Sondern das gesellschaftlich Bezeichnende findet
sich im Inneren der Bewegungskultur selbst: in Haltung (posa, posture)
und Meßhaftigkeit, in Disziplinierung und Geometrisierung, in Takt-
halten und Symmetriestreben, im Zirkelhaften und Perspektivischen.«
(Eichberg 1978: 8) Er hat diese Sicht der Dinge jüngst nachdrücklich
unterstrichen; ganz offenbar ist es nach wie vor höchst aktuell und aus-
sagekräftig, auf der Gesellschaftlichkeit des Sports zu beharren – also
gegen die implizite oder explizite Unterstellung anzuschreiben, der
Sport verfüge über ein eigenes neutrales Wesen, was dann selbstver-
ständlich, aber logisch sekundär gesellschaftlichen Bedingungen un-
terliegt (vgl. Eichberg 2001).
Was tut Eichberg nun? Zunächst verweigert er, sich überhaupt in
die Dimension der sogenannten anthropologischen Konstanten hinein-
zubegeben. Er fängt erst gar nicht an bei der ausgemergelten Beschrei-
bung »›Der‹ Mensch spielt«. Das hat etwas mit dem Fach Sport zu tun,
denn diesem Fach muß es ja, wenn überhaupt um Spielen, dann um
sportliches Spielen gehen. Und also setzt Eichberg bei einer bereits ver-
dichteten Version jener Beschreibung an: sportliches Spielen sei ein
Wettstreiten oder etwas-Leisten. Das war bereits bei den Griechen so,
von deren Kultur zwar umstrittenermaßen, aber immerhin mit einigem
Recht von einer agonalen Kultur gesprochen wurde. Und das scheint
auch den modernen Sport nicht weniger auszumachen. Was also liegt
näher als die Grundüberzeugung, sportliches Tun habe es als ein sol-
ches mit Wettstreit und Leistung zu tun. Aber auch diese Überzeugung
weist Eichberg als eine ahistorische Beschreibung auf. Und zwar in
zweierlei Hinsicht.
Zum einen wird durch seine kulturvergleichenden Studien deut-
lich, daß längst nicht alle Spiel- und Sportkulturen agonal strukturiert
sind. Im indonesischen Spiel geht es »um die Herstellung eines Relati-
onsmusters«, das sich ebenso im »Sozialverhalten der Gesellschaft von
West Sumatra« wiederfindet. »In dieser Gesellschaft ist das Bestreben
primär darauf gerichtet, Relationen zu Personen und Autoritäten her-
zustellen oder zu wahren, Kontakte anzubahnen und Anerkennung zu
gewinnen.« (Eichberg 1978: 21f.)
Zum anderen ist selbst und gerade in der Geschichte abendländi-
scher Kulturen Leisten noch lange nicht Leisten. Eichberg will zeigen,
daß es historische Übergänge gibt, nach denen man feststellen muß,
daß sich »das ganze Leistungsgefüge [geändert hatte]« (ebd. 28). Und
eben das führt er dann akribisch vor. Seit und mit Eichberg kann die
Sportwissenschaft nicht so tun als kenne sie diesen signifikanten Unter-
schied zwischen Gesellschaftlichkeit, Historizität, Kulturalität des
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |45
Sports einerseits und gesellschaftlicher, historischer, kultureller Be-
dingtheit des Sports andererseits nicht.
Krüger (2004) sieht die Sache anders. Er schließt aus der zutreffen-
den Diagnose, daß man als Sporthistoriker angeben muß, was dort hi-
storisch und kulturell kontextualisiert vorliegt, daß ›Sport‹ dann wohl
eine Universalie sein muß, also ein »grundlegendes, universelles We-
sensmerkmal des Menschen« (ebd.: 19) – in diesem Fall: daß Spiel und
Sport in einer minimalen universalen Bedeutung ȟberall in der Welt
und zu allen Zeiten anzutreffen seien« (ebd.: 18). Die Historizität dieses
›minimalen‹ Verständnisses von Sport kann dann nicht mehr erzählt
werden. Es ist exakt eine solche Inanspruchnahme von Universalien,
gegen die sich Eichberg wandte. Nun muß man Eichberg nicht folgen.
Aber es ist schlicht falsch, wenn Krüger (ebd.: 19) meint, eine solche
Universalgeschichte als Teil der ›Historischen Anthropologie‹ verkau-
fen zu können. Es definiert die Historische Anthropologie, sich gegen
solch ahistorische Universalien zu wenden. Wie gesagt: es mag sein,
daß Krüger in der Sache recht behält. Aber die Eingemeindung von
Plessner in sein Konzept ahistorischer Universalien ist sachlich falsch
und vergleichgültigt eine entscheidende Differenz.
Der Unterschied von Gesellschaftlichkeit und gesellschaftlicher Be-
dingtheit des Sports ist politisch brisant. Wer – hier nur als Beispiel
angesichts der Spiele von 1936 von einem »Mißbrauch der Olympi-
schen Idee« redet (oder aber wie Eisenberg [1999: 409-429] einen sol-
chen »Mißbrauch« bestreitet), der redet eben nicht über die Gesell-
schaftlichkeit dieser Idee. Stattdessen kommt die gesellschaftliche Be-
dingtheit zu der als solchen ›neutralen‹ Idee hinzu. Analog zu Seelen-
wanderungslehren wandert die Olympische Idee durch verschiedene
gesellschaftliche Kontexte. Die Funktion dieser Sichtweise ist über-
deutlich: die sogenannte Idee der Olympischen Spiele bleibt in ihrer
Unschuld erhalten, die Spiele von 1936 geraten zum mehr oder weniger
bedauerlichen Unfall oder gar zum Hort des Widerstands, und die
gleichen Funktionäre können genau so weiter machen wie bis dato.12
Wer dagegen wie Alkemeyer (1996) davon ausgeht und plausibel
macht, daß die Olympische Idee nur in der Geschichte ihrer konkret-
historischen Manifestationen lebt, der kann von einem logisch nach-
träglichen Mißbrauch der Idee nicht reden.
12 Vgl. die geradezu bestürzende Rede von Brundage, in der dieser noch im
Jahre 1959 die Verhinderung eines Boykotts der Spiele von 1936 als einen
»große[n] Sieg für die Olympische Idee« (Brundage 1959: 173) feierte.
Diem hatte nichts besseres zu tun als diese Rede als eine große Rede und
»nicht zu entbehrenden Kommentar« zu charakterisieren, nur vergleichbar
mit den Reden Coubertins (im gleichen Heft, S. 176f.).
46 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Scheinbar unschuldiger sind solch ahistorisch-universalistische An-
sätze in der Bewegungswissenschaft. Da sie dort aber sehr direkt mit
subjekttheoretischen Annahmen verbunden sind und entsprechend
lerntheoretische Konsequenzen haben, ist ihre politische Unschuld de
facto nur eine vermeintliche. Dort, wo die zentrale Fragestellung der
Bewegungswissenschaft die ist und bleibt, ob eine Bewegung in ihrem
physikalischen Verlauf (Raum, Zeit, Dynamik) stimmig ist, geht expli-
zit oder implizit die Annahme ein, daß es immer die gleiche Bewegung
ist, die in unterschiedlichen Kontexten vorkommt. Z.B. wäre es das
gleiche Handheben, das sowohl zum Drohen als auch zum Winken
›eingesetzt‹ wird. Wenn man diesen Ansatz konsequent zu Ende denkt,
müßte man im Sportunterricht Beinstreckungen üben, weil die in jedem
sportlichen Bewegungsvollzug vorkommen. Und das ist keine Karri-
katur, denn alle Modellierungen, die eine Bewegung als einen Ge-
dächtnisbesitz oder eine Repräsentation betrachten, unterstellen Bewe-
gungsvollzüge als Kombinatorik solcher ›Elementar‹bewegungen. Ge-
dacht wird dort ein Programm, das – im Falle der Generalized Motor
Programs (vgl. Schmidt 1975) Konstruktionsregeln für die Realisie-
rung enthält. Diese wiederum werden durch Extrapolation früherer
ausgeführter Bewegungen gebildet; ›gespeichert‹ seien damalige Er-
gebnisse und Ausführungsparameter.
Besonders deutlich ist jener Ansatz in den Theorien zum Transfer,
der bis heute u.a. auf der Grundlage der Theorie identischer Elemente
nach Thorndike (1914) erklärt wird. Bewegungen seien sich ähnlich –
und dies befördere einen positiven Transfer beim Erlernen , wenn sie
möglichst viele identische Elemente enthalten. Im Gegensatz dazu ge-
hen systemdynamische Sichtweisen davon aus, daß es keine zwei
identischen Bewegungen gibt, sondern jede ›Wiederholung‹ je eine Va-
riation ist, die etwas Neues enthält. Hier wird ein altes Leibniz-Prinzip
auf menschliche Bewegungen bezogen. Und das hat deutliche (lern-)
theoretische Konsequenzen. Abweichungen, die im klassischen Modell
als »Rauschen« bezeichnet werden, stellen hier ein Kennzeichen des
Systems dar, welches die Voraussetzung für die Selbstorganisation bil-
det. »Order is not ›in there‹, but is created in the process of the action«
(Thelen/Smith 1994: 63). Wenn etwa die Lehrmethodik im Rahmen des
differentiellen Lernens (Schöllhorn, Jaitner u.a.) mit Variationen ar-
beitet, ist das weder ein didaktischer Schmusekurs noch einfach Aus-
wertung sog. praktischer Erfahrung, sondern ein grundsätzlich anderes
Verständnis menschlicher Bewegung.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |47
Kontrastfolien
bei gleichem Anliegen
Was deutlich geworden sein sollte: Das Anliegen unserer Überlegun-
gen ist ein metatheoretisches. Es geht darum, wie das Verhältnis von
Bewegung und Bedeutung theoretisch gefaßt wird, d.h. wie dieses Ver-
hältnis in theoretischen Konzepten implizit oder explizit unterstellt ist.
Das Thema ist in keinem Sinne, ob es einen engen, signifikanten und
bedeutsamen Zusammenhang zwischen menschlicher, insbesondere
sportlicher Bewegung und Bedeutung bzw. Kultur gibt. Uns ist keine
Person und keine Theorie der Sportwissenschaft bekannt, die das
ernsthaft bestreiten würde. Wer ernsthaft der Meinung ist, eine x-
beliebige Bewegung eines Menschen könne als rein physische vollzo-
gen werden und von allen kulturellen Bedingungen unbefleckt sein,
dem werden unsere Ausführungen nichts sagen. Auch wir folgen je-
nem in der Regel in der Sportwissenschaft geteilten Selbstverständnis,
daß es eine solche Unabhängigkeit von Bewegung und Kultur nicht
gibt.13
Auf der Basis dieser Regel der Annahme einer faktischen Einheit von
physis und Kultur menschlicher Bewegungen gibt es jedoch erhebliche
Unterschiede darin, wie dieses Verhältnis theoretisch konzipiert wird.
Hier sind Synthesis-Konzepte sehr verbreitet, die gerade nicht dem
(hier verfolgten) Postulat einer bedeutungslogischen Einheit von Bewe-
gung und Bedeutung folgen. Solche Konzepte sehen sich in der Lage,
über die physis menschlicher Bewegungen ohne Bezugnahme auf de-
ren Bedeutung und/oder über die Bedeutung einer menschlichen Be-
wegung ohne Bezugnahme auf deren physis zu reden.
Abgrenzungen14 von Zuschreibungstheorien, die gerade nicht von
einer bedeutungslogischen Einheit von Bewegung und Bedeutung aus-
gehen, sind – wie obige Beispiele zeigen relativ leicht vollzogen.
Deutlich schwieriger ist es, (Reste von) Synthesis-Konzeptionen inner-
halb des gleichen Anliegens zu diagnostizieren.
13 Außerhalb der Sportwissenschaft wird diese dennoch nicht als Kulturwis-
senschaft wahrgenommen. In einem jüngst erschienen Handbuch der Kul-
turwissenschaft (Jaeger et al. 2004) taucht in drei dickleibigen Bänden die
Sportwissenschaft nicht auf; einer der benannten »Brennpunkte« ist ›der
Körper und die Gefühle‹, ein Kapitel zu ›Bewegung‹ gibt es nicht. Ähnlich
ist der Befund bei einem Blick in Sammelbänden zum Thema; vgl. exem-
plarisch Kittsteiner 2004; Müller 2003. Vgl. dagegen Horak/Penz 2001.
14 Um es deutlich festzuhalten: Wir haben noch mit keinem einzigen Wort
behauptet oder unterstellt, daß Zuschreibungstheorien falsch sind. Wir
haben lediglich eine Unterscheidung vorgenommen und von Klugheit und
unglücklichen Folgen (s.o.: Anm. 5) gesprochen. Eichberg, Alkemeyer, wir
selbst und einige andere machen etwas anders. Wem das zu wenig ist, der
soll Schul-Bildung betreiben.
48 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Sehr weitgehende Einigkeit im Anliegen besteht mit Ommo Grupe.
Auch Grupe wendet sich gegen Zuschreibungs-Theorien, wenn er dar-
auf insistiert, daß sportliches Handeln »nicht allein aus individuellen
Präferenzen« verständlich ist, sondern in einen sozialen und kulturel-
len Rahmen eingebunden ist, innerhalb dessen sich die Selbstbestim-
mung des individuellen Handelns vollzieht (Grupe 2001: 199f., vgl.
202). Zudem teilt Grupe nachdrücklich die Rede von »Ganzheitlich-
keit«, die sich nach seinem Verständnis dagegen richtet, Körper und
Geist als etwas »Getrenntes« anzusehen. Es gehe darum, solch dualisti-
sche Verständnisse aktiv zu überwinden, und nicht nur oft genug »de-
ren Einheit« zu behaupten (ebd.: 200f.).
Das systematische Problem, das Grupe auf die Tagesordnung setzt,
ist die Frage nach dem kritischen Maßstab. Wenn nunmehr im Rahmen
der (gemeinsamen) Rede von Bewegungskultur alle menschlichen Be-
wegungen als ›bedeutend‹ gelten, so entbinde das nicht von der Frage,
welche dieser Bewegungen und Bewegungsmuster in den Bereich wert-
voller, zu pflegender Kulturgüter gehört, und welche nicht (ebd.: 214f.).
Grupe unterscheidet daher zwischen der allgemeinen, rein deskripti-
ven Rede von »Bewegungs-« bzw. »Sportkultur« und einer normativen
Rede von »Kultur des Sports«, um »den anzustrebenden ›besseren‹
Sport« zu bezeichnen, »der es verdient, besonders gepflegt zu werden«
(ebd.: 214). Dem Anliegen nach geht es Grupe mit dieser Rede von
»wertvollen Kulturgütern« allein um eine, paradox formuliert, nüch-
terne und rein deskriptive Unterscheidung von Wertasymmetrien. Er
möchte in der Lage sein und bleiben, »Brutalitäten, Obszönitäten,
Dümmlichkeiten und Banalitäten« (ebd.) von herausragenden Leistun-
gen und moralisch guten Haltungen unterscheiden zu können. Auch
Grupe hat akzeptiert, daß der Maßstab solcher Werthierarchisierungen
»in unserer demokratisch-pluralen Welt« nicht einfürallemal in der
menschlichen Moral festgelegt werden kann, »sondern in Diskussion
und Diskurs Konsens gefunden werden muß« (ebd. 216). Ein Wertbe-
griff ›Kultur‹, der offen oder klamheimlich schon vorab und gleichsam
definitorisch weiß, worin die ›wertvollen‹ Kulturgüter bestehen, ist
heutzutage nicht länger verständlich, geschweige durchsetzbar: »Die
Festlegung von Maßstäben für Pflege und Kultivierung ist heute nicht
mehr aus einem höheren Begriff von Kultur abzuleiten.« (Ebd.: 215)
Woher also bezieht man die Maßstäbe der Kritik? In diakritischen
Konzeptionen kann dazu nicht mehr auf eine vermeintlich »natürliche«
Bewegung jenseits aller kulturellen Bestimmtheiten verwiesen werden,
die diesen Kulturalitäten gegenüber ein Maß ihrer Entsprechungen
bzw. Abweichungen abgeben könnte: »Eine nur ›natürliche‹ Bewegung
gibt es nicht. Man kann sie zwar anstreben, aber auch dies folgt einem
kulturellen ›Natürlichkeitsmuster‹.« (Ebd.: 207)
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |49
An diesem konzeptionellen Ort ist Grupe allerdings inkonsequent
bzw. bleibt in traditionellem Sinne ›normativ‹. Zwar folgt er der viel-
versprechenden Spur, daß Wertmaßstäbe je schon praktiziert sind, und
also nicht ›normierend‹ festgelegt werden können bzw. müssen. Die
Antwort auf die Fragen nach den Wertunterschieden menschlicher Be-
wegungsvollzüge »muss heißen, dass bereits in solchen Fragen, wenn
auch oft verborgen und undiskutiert, Wertvorstellungen enthalten
sind« (ebd.: 215). Aber dann stellt sich ihm doch auch wieder »die Fra-
ge nach dem eigentlichen Sinn von Sport und Bewegung« – so, als
könne der Platz zwischen Narzismus und Disziplinierung, zwischen
Körperverherrlichung und Körperbeschädigung (ebd.: 216) nun doch
wieder vor allem Diskurs normierend ausgezeichnet werden. In der
Rede vom »eigentlichen Sinn« reproduziert sich deutlich ein Residuum
vermeintlich bloßer physis diesseits aller Kulturalitäten.
Grundgelegt ist diese Inkonsistenz bei Grupe darin, daß die Rede
von »Ganzheitlichkeit«, die »möglichst ›integrativ‹ sein solle« (ebd.:
200), gerade kein konsequent diakritischer Ansatz ist. Wer Körper und
Geist in einen Ansatz integrieren will, der hat sie eben vorher schon ge-
trennt. Nach eigenem Verständnis seien diese Einheit- und Ganzheit-
lichkeit von Körper und Geist »eher als Postulate anzusehen«, die »die
Realität unseres Lebens nur zum Teil [treffen]« (ebd.: 204). In diesem
Zugeständnis stecken zwei Voraussetzungen: Zum einen gilt die Rede
von Ganzheitlichkeit als eine, die empirisch be- oder widerlegbar ist;
zum anderen ist solche Ganzheitlichkeit eine optionale: unter be-
stimmten Bedingungen liegt sie vor, unter anderen nicht. Es ist dort ge-
rade nicht so, daß die postulierte Einheit von physis und Bedeutung
menschlicher Bewegung ein praktiziertes Verständnis ist, vermittels
dessen bestimmte empirische Gegebenheiten interpretiert werden,
sondern umgekehrt kann Grupe auf empirische Gegebenheiten verwei-
sen, um jenes Verständnis vermeintlich zu begründen. Für Grupe ist
das in Beschreibungen je praktizierte Verhältnis von Körper und Geist
gerade nicht eine Bedingung der Möglichkeit empirischer Sachverhalte,
sondern selbst ein empirischer Sachverhalt. Bei diesem Verhältnis han-
dele es sich »um einen potentiellen Dualismus, der von Fall zu Fall und
in bestimmten Situationen aktuell wird oder werden kann« (ebd.: 205).
In diesem Sinne fungiert die geforderte Ganzheitlichkeit als »Postulat«,
d.h. hier: als anzustrebende, normierende Idee. Insofern das Verhältnis
von Körper und Geist als ein empirischer Sachverhalt gilt, kann eine
unterstellte Harmonievorstellung als kritischer Maßstab und »eigentli-
cher Sinn« einspringen.
Demgegenüber ist unsere eigene Rede von einem Postulat einer be-
deutungslogischen Einheit gerade nicht eine Forderung, die erfüllt sein
kann oder auch nicht. Es ist ein theoretisches, und kein normatives Po-
50 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
stulat, nämlich eine bedingte Behauptung: Falls man einem diakritischen
Ansatz folgt, dann ist bei menschlichen Bewegungen eine bedeu-
tungslogische Einheit von physis und Bedeutung unterstellt. Das macht
es noch einmal schwieriger, einen kritischen Maßstab zu etablieren –
falls es gelingen sollte, wird er jedoch ein konsequent nicht-normie-
render sein.
Den Ansatz, sportliche Bewegungen als Zeichen zu interpretieren, ha-
ben selbstredend nicht wir erfunden. Es ist ein in der Sportwissenschaft
bereits eingeführtes Konzept (vgl. Alkemeyer 1997: 366; Scherer/Bietz
2000; Scherler 1990) – prominent und eindringlich etwa von einer Ar-
beitsgruppe um Eberhard Hildenbrandt.15
Das systematische Problem, das Hildenbrandt auf die Tagesord-
nung setzt, ist die Frage nach dem Sprachcharakter von Bewegungs-
kulturen. Menschliche, insbesondere sportliche Bewegungen als Zei-
chen zu verstehen, ist das eine; das ganz andere ist das Problem der
›Flüchtigkeit‹ dieser Zeichen(sorte). Ein sportliches Zeichen sei »primär
autoreflexiv«, d.h. es »[meint] nur sich selbst und [steht] nicht für etwas
anderes« (Hildenbrandt 1997a: 21). Darin sind sportliche Bewegungen
der Musik vergleichbar. Zunächst sind sportliche Bewegungen nur
kinästhetisch wahrnehmbar, wenn man sie selbst vollzieht, oder visuell
wahrnehmbar, wenn man als Zuschauer direkt anwesend ist (ebd.: 22,
23). Dieses Aufgehen der Zeichen in der Gegenwart ihres Vollzugs un-
terscheidet Musik und Sport grundsätzlich von der Sprache der Worte.
Aus diesem Grund spricht Hildenbrandt den Bewegungskulturen bis
auf wenige Ausnahmen (Tanz, Ballett) ihren Sprachcharakter ab (ebd.:
21; vgl. Hildenbrandt 2001: 46).
Solch primäre Flüchtigkeit ändere sich erst auf einer zweiten Stufe
der Zeichenbildung durch Entwicklungen, die die »Bewegungskonser-
vierung« und damit die »Reproduzierbarkeit« durch Techniken wie
Foto, Film, Zeitlupe etc. ermöglichen. Der dadurch ermöglichte Schritt
zur medialen Präsentation des Sports sei vergleichbar »mit der Um-
bruchsituation beim Aufkommen der Schrift und des Schriftdrucks in
einer bis dahin oralen Kultur« (Hildenbrandt 1997a: 22).
Darin liegt die besondere methodische Schwierigkeit, daß solch
»sekundäre Semiotisierung« (ebd.) die Bedeutung grundsätzlich ändert
(ebd.: 23) und insofern bereichert, zugleich aber die primäre Bedeu-
tungshaftigkeit nicht ohne Rest in sich aufnimmt. Sekundäre Zeichen-
manifestationen sind gleichsam ärmer als ›gelebte‹ Zeichen, was in je-
dem Unterschied von Drehbuch und Aufführung, von Partitur und ge-
15 Vgl. die Dokumentationen der entsprechenden Tagungen: Friedrich et al.
1994; Hildenbrandt 1997; Schwier 1998; Friedrich 2001.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |51
spieltem Musikstück, von Lexikon/Grammatik und gesprochener
Sprache sinnfällig ist. In der sekundären Semiotisierung treten der se-
mantische Gehalt und der Topos der Zeichenbedeutung gleichsam aus-
einander, was gelegentlich zur Illusion verführt, man könne eine ›Spra-
che‹ bereits sprechen, wenn man nur ordentlich deren ›Vokabeln‹ be-
herrscht.
Der Unterschied zwischen einer Synthesis-Konzeption und einem dia-
kritischen Ansatz ist gelegentlich nur gegen das erklärte Selbstver-
ständnis der Autoren zu diagnostizieren. Ein Beispiel dafür ist die
Konzeption des Bewegungsdialogs (Gordijn, Tamboer, Trebels). Dort
wird erklärtermaßen von einer »primordialen Einheit von Mensch und
Welt« ausgegangen; gleichwohl liegt diese »Einheit« nicht zugrunde,
sondern ergibt sich erst, insofern ein Subjekt auf ein Etwas seiner Au-
ßenwelt antwortend reagiert (Trebels 1995, 117). Metaphern sind nicht
unschuldig. Abgesehen davon, daß dort der Welt zugemutet wird, mit
uns zu reden, ist ein »Dialog« ein Hin- und Her-Reden. Redende, die in
einen Dialog eintreten, sind diese Redenden schon und bereits vor und
unabhängig von ihren Reden und Antworten, d.h. ein Dialog ist gerade
nicht konstitutiv für die Redenden.
Nun ist es gerade das, was das Konzept des Bewegungsdialogs
unterlaufen will, und wogegen die Rede von einer »primordialen Ein-
heit« steht. Das erklärte Anliegen liegt darin, erweisen zu wollen, daß
»Sinn und Bedeutung immer nur in der Relationalität des Mensch-
Welt-Bezugs [entstehen]« (Scherer/Bietz 2000: 131), und das richtet sich
sowohl gegen Zuschreibungs-Theorien von Bedeutungen als auch ge-
gen objektivistische Bedeutungskonzepte (ebd.). Und in der Tat ist der
Unterschied zu einem diakritischen Ansatz unscheinbar.
Im Konzept des Bewegungsdialogs ist und bleibt es so, daß Be-
deutungen in der Relationalität entstehen, sie sind erklärtermaßen das
»Ergebnis eines Dialogs zwischen Ding und Person« (ebd., Hervorhebg.
d. Verf.). Um dort über ›Bedeutung‹ reden zu können, sind zwingend
drei Momente nötig: Ding, Person und deren Relation (Dialog). In die-
sem Sinne gibt es keine Bedeutung unabhängig von der Relation. Aber
insofern die Bedeutung ein Ergebnis ist, unternehmen es die Dia-
logpartner, Bedeutung zu machen – womit sie logisch der Bedeutung
vorgeordnet sind. Im Konzept des Dialogs sind Bedeutung und die die
Relation ausmachende Bewegung zwei verschiedene Dinge (die freilich
notwendig zusammen gehören); erklärtermaßen ist die Rede von einer
»Bedeutung, welche die Bewegungsaktion leitet« (Trebels, zit. n. ebd.:
130). In diakritischen Ansätzen dagegen fällt Bedeutungshaftigkeit und
Relationalität in bestimmter Hinsicht zusammen; Bewegung ist die be-
deutende Relation Mensch-Welt.
52 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
In diesem Sinne gründet das Konzept des Bewegungsdialogs in
vertragstheoretischen Grundannahmen. In-Relation-sein ist dort kein
Grundsachverhalt, sondern atomistisch gedachte Individuen sind aus
angebbaren Gründen (z.B.: um sich zu verständigen) darauf angewie-
sen, in Beziehungen einzutreten. Sie haben Beziehungen nötig, aber
Relationen sind dort gerade nicht notwendig im Sinne des nicht-nicht-
bestehen-Könnens. In diakritischen Ansätzen dagegen sind die Indivi-
duen nicht Beziehungs-Unternehmer, sondern sie sind-in-Beziehung.
Insofern nun Bewegungen solche Relationalität realisiert, liegt die kon-
zeptionelle Differenz zwischen Synthesis-Konzeptionen menschlicher
Bewegung und diakritischen Ansätzen darin, ob Bewegtheit (in Syn-
thesis-Konzepten) als zu Erklärendes oder aber als Grundsachverhalt
aufgefaßt wird (vgl. Fikus 2001: 98; Schürmann 2001a: 268ff.). Das Kon-
zept des Bewegungsdialogs ist an diesem systematischen Ort ein Syn-
thesis-Konzept: in einen Dialog tritt man aus angebbaren Gründen ein.
Man kann diesen Unterschied auch so ausdrücken, daß (nur) dia-
kritisch konzipierte Individua eine Umwelt (im Sinne Uexkülls) haben.
Dann und nur dann, wenn man deren Beziehungen konstitutiv sein
läßt, haben sie – das ist jetzt beinahe tautologisch – nur zu solchen Din-
gen Beziehungen, mit denen sie je schon in-Beziehung-sind. Dann trifft
zu, daß Ameisen nur Ameisen-Dinge kennen. In Synthesis-Konzepten
dagegen ist zunächst einmal Alles Umwelt – und der phänomenal be-
stehende Sachverhalt bestimmter Umwelten muß dann, in einem logisch
zweiten Schritt, erklärt werden. Er kann dort erklärt werden z.B. durch
Bezugnahme auf einen Instinkt, oder auf das Vermögen zu lernen bzw.
Erfahrungen machen zu können oder auch durch das Vermögen, Be-
deutungen schaffen und zuschreiben zu können. Dort ist zwar vom
gleichen Phänomen – bestimmte Umwelten die Rede, aber nicht von
Uexküll-Umwelten bzw. Gestaltkreisen, sondern von empirisch zu er-
klärenden Einschränkungen von Welt. Demgegenüber ist die Be-
stimmtheit der jeweiligen Umwelt in diakritischen Ansätzen kein em-
pirisch beschreibbarer Sachverhalt, sondern eine Bedingung der Mög-
lichkeit, Dinge in solcherart Umwelten empirisch beschreiben zu kön-
nen. Die hier unterstellte Resonanz zu bestimmten Dingen der Welt ist
keine Aussage zu faktisch vorkommenden oder nicht vorkommenden
Beziehungen, sondern eine Aussage zu dem, was ›Umwelt‹ bedeutet.
Oder auch: Uexküll-Umwelten sind tatsächlich im strengen Sinne
Welten, d.h. Zusammenhänge von Dingen, kleine Kosmen – und nicht
lediglich (mengentheoretische) Ansammlungen von Dingen. In dieser
Entgegensetzung betrachtet, kennt das Konzept des Bewegungsdialogs
keine Uexküll-Umwelten, sondern nur im Ergebnis des Dialogs (ge-
meinsam) eingeschränkte Umwelten. Der springende Punkt ist ein an-
deres Freiheits-Verständnis: Umwelten sind faktische Einschränkungen
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |53
von im Prinzip grenzenloser Freiheit; Uexküll-Umwelten eröffnen diese
oder jene bestimmte Möglichkeit. In Uexküll-Umwelten ist Freiheit
›etwas Eingespieltes auch anders-machen-können‹, und nicht be-
schränkte Willkür.
In der unterscheidenden Abgrenzung von Synthesis-Konzepten,
insbesondere gegen das Konzept des Bewegungsdialogs, besteht eine
grundsätzliche Übereinstimmung mit Alkemeyer (2004: 48f.). Es gehe
darum, Akteur und Welt in den konzeptionellen Grundannahmen so
zu denken, daß sie »nicht bereits vor und unabhängig von ihrem Aus-
tausch als voneinander abgegrenzte Entitäten existieren, sondern sich
gegenseitig erst in dessen Verlauf hervorbringen« (ebd.: 49).
Das systematische Problem, das Alkemeyer auf die Tagesordnung
setzt, ist die Frage des Gewordenseins des Mensch-Welt-Verhältnisses.
Wenn es, wie im Konzept des Bewegungsdialogs, optional für den
Menschen ist, eine Beziehung zur Welt aufzunehmen, dann muß der
Mensch bereits mit einer ›Grundausstattung‹ versehen sein, die a) er-
klärbar macht, daß er sein Vermögen zum Dialog überhaupt verwirk-
licht, und die b) erklärbar macht, daß er die Welt und die Welt ihn ›ver-
steht‹. Doch könne »eine ›leibliche Intentionalität‹ nicht einfach vor-
ausgesetzt werden« (ebd.: 56). Zu erläutern sei vielmehr, daß »der Kör-
per erst im Prozeß seiner Vergesellschaftung zu einem ›spontanen
Strategen‹ wird«, und genauso, daß »sich auch ein (intendierendes)
›Ich‹ erst in diesem Vorgang [konstituiert]« (ebd.: 57). Es müsse berück-
sichtigt werden, »dass allein der sozialisierte Körper eine Fähigkeit zum
Antwortenkönnen hat, weil nur diesen Züge der Realität als Zeichen
berühren können« (ebd.).
Das Anliegen ist unstrittig, die theoretischen Mittel der Umsetzung
sind es nicht. Die Rede von »sozialisiert« läßt zwei Lesarten zu. Entwe-
der muß dort stehen: »allein der je schon als sozial vorausgesetzte Kör-
per hat jene Fähigkeit«. Dann aber reproduziert sich das Problem: war-
um darf eine ›leibliche Intentionalität‹ nicht vorausgesetzt werden, ein
je schon sozialer Körper aber schon? Daher muß die zweite Lesart ge-
meint sein: ein Werden der Sozialisierung des Körpers. Aber das heißt
dann: unterstellt ist ein noch nicht sozialisierter Körper – ein rein na-
türlicher Körper, der in sozialen Belangen gleichsam als tabula rasa ge-
dacht ist , der dann in eine Geschichte seiner Sozialisierung eintritt.
Dafür mag es gute Gründe geben oder auch nicht – so oder so reprodu-
ziert sich auch dann das Problem, auf das dieser Schachzug eine Ant-
wort sein wollte: Die eigene Theorie ist nicht voraussetzungslos, wenn
man einen Körper denkt, der erst ein sozialer wird. Warum darf eine
›leibliche Intentionalität‹ nicht vorausgesetzt werden, ein rein natürli-
cher Körper aber schon?
54 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Die Grundunterstellung der Historischen Anthropologie,16 die Al-
kemeyer hier mitmacht, liegt darin, daß eine Entscheidung für oder ge-
gen eine vertragstheoretische Grundannahme (bzw. für oder gegen ein
sich-in-der-Welt-Bewegen) eine empirische Frage ist. Unterstellt ist, man
könne durch genaue (sozial)wissenschaftliche Analyse »plausibel ma-
chen« (ebd.: 49), daß menschliche Akteure nicht Bewegungs-Unter-
nehmer sind, sondern je schon in-Bewegung. In hier durchaus geteilter
Kritik an ahistorischen Wesensannahmen wird das Kind mit dem Bade
ausgeschüttet. Jegliche Bedingungen der Möglichkeit empirischer
Analysen werden de facto geleugnet insofern sie als ohne Rest in ihrer
Historie aufgehend unterstellt werden.17
Daß es »de facto« geleugnet wird, meint hier folgendes: Die Kritik
von Alkemeyer am Konzept des Bewegungsdialogs richtet sich dage-
gen, daß dort etwas »einfach vorausgesetzt« wird. Der Vorwurf ist
nicht, daß Trebels nicht die Kontingenz dieser Voraussetzung aufweist.
Dann aber ist der Aufweis der eingeklagten Gewordenheit jener Vor-
aussetzung zugleich ein Argument gegen die Vorausgesetztheit. Und
insofern wird »de facto« geleugnet, daß solcher Aufweis der Gewor-
denheit seinerseits notwendig eine Voraussetzung macht.
Demgegenüber gehen wir davon aus, daß man gewisse Bedingun-
gen der Möglichkeit empirischer Analysen nicht nicht in Anspruch
nehmen kann. Es ist kontingent, welche theoretischen Annahmen
grundgelegt werden, aber es ist notwendig, daß immer irgend-welche
Annahmen grundgelegt werden. Einen diakritischen Ansatz zu wäh-
len, ist selbst eine solche bedingte Notwendigkeit. Man muß einem sol-
chen Ansatz nicht folgen, aber falls man ihn verfolgt, dann ist das sich-
in-der-Welt-Bewegen des Menschen als Grundsachverhalt in Anspruch
genommen. Erklärungsbedarf besteht dann hinsichtlich von Invarian-
zen, von Gleichgewichts- oder Ruhezuständen.
Sich anders als die Historische Anthropologie für ein Konzept kon-
tingenter Transzendentalien zu entscheiden, ist ein Unterschied, der über
lange Theoriestrecken keinen Unterschied macht. Beispielsweise ge-
lingt die diffizile gemeinsame unterscheidende Abgrenzung vom Kon-
zept des Bewegungsdialogs, auch ohne diesen Unterschied überhaupt
16 Damit ist jener Ansatz von Anthropologie gemeint, der wesentlich an die
Namen Gebauer, Kamper und Wulf gebunden ist, und wie er etwa in
Wulf (1997) dokumentiert ist.
17 Aufgeboten wird der Soziologe Bourdieu, der den Transzendentalphiloso-
phen Bourdieu in sich leugnet. Das ist ein gut begründeter Einsatz gegen
bestimmte Tendenzen von Merleau-Ponty; aber allein der Transzenden-
talphilosoph Bourdieu vermag die Theorie des Habitus systematisch von
einer Sozialisationstheorie zu unterscheiden, was wiederum erklärtes An-
liegen ist. Vgl. ausführlicher Schürmann 2002: 178-185.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |55
zu thematisieren. Dennoch ist es ein Unterschied. Es ist ein Unter-
schied, ob man meint, daß die Bewegungsdialogiker nicht genau genug
empirisch analysieren, oder ob man einen gleichsam anderen theoreti-
schen Wetteinsatz diagnostiziert. Ob es ein bloß theoretischer Unter-
schied ist, oder aber ein solcher, der auch Unterschiede macht, mögen
wir nicht beurteilen.
Ein diakritischer Ansatz ist ein Gegenentwurf zu einem Synthesis-
Konzept von Bewegung und Bedeutung. Das ist nicht in und mit allen
theoretischen Traditionslinien zu haben. Luhmann ist nun einmal He-
gelianer – wäre er Kantianer, wäre seine Systemtheorie nicht die, die sie
nun einmal ist. Daß auch Hegel nicht ohne Kant zu haben ist, ist klar,
eignet sich aber nicht für falsche Harmonisierungen.
Nun geht es selbstredend nicht darum, die ›richtigen‹ Säulenheili-
gen gegen weniger richtige auszuspielen, sondern es geht um theoreti-
sche Grundentscheidungen, die mit Traditionslinien verknüpft sind. In
den bis dato innerhalb der Sportwissenschaft diskutierten zeichentheo-
retischen Ansätzen spielt die Philosophie der symbolischen Formen Ernst
Cassirers eine überragende Rolle. Daran gibt es gar nichts zu kritisie-
ren, denn das hat sich als äußerst fruchtbar erwiesen. Festzuhalten aber
bleibt, daß mit Cassirer kein konsequent diakritischer Ansatz zu haben
ist. Trotz aller Anleihen bei Leibniz, Herder, der Gestaltpsychologie etc.
bleibt Cassirer dem Kantischen Grundproblem verhaftet, wie die als
solche formlosen Humeschen impressions zu einer Erkenntnis geformt
werden können. Cassirers Philosophie dürfte eine derjenigen sein, die
den Kantschen Grundansatz bis in dessen äußerste Konsequenz fort-
entwickelt haben – aber sie bricht nicht mit dem Grundansatz, Er-
kenntnis als Synthesis »zweier Stämme« (Kant KrV: B 29) zu konzipie-
ren (vgl. Schürmann 1994, 1996). Auch das ist keine Kritik, sondern ei-
ne Unterscheidung.
In der für die Kulturanthropologie und Semiotik entscheidenden
Hinsicht ist das von Cassirer zugrunde gelegte animal symbolicum ein
Formungs- und Bedeutungs-Unternehmer. Es ist ausgestattet mit dem
Vermögen zur Symbolisierung, was eben eines zusätzlichen Prinzips
bedarf, um seine Verwirklichung zu erklären. Das animal symbolicum ist
nicht Symbolisierer, sondern hat es nötig, Symbolisierungen zu unter-
nehmen, um sich die Welt zu erschließen. Wenn Köller (2001: 21) von
einem »Hunger nach Bewegung« und entsprechend von einem »Hun-
ger nach Weltkontakt und Weltwissen« spricht, dann geht er eben nicht
von Bewegtheit und Weltkontakt als Grundsachverhalt aus. Nach dem
gemeinsam geteilten Ausgangspunkt (ebd.: 11-13) erweist sich Cassi-
rersches Gedankengut als Weichenstellung.
56 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Dieses Cassirersche Erbgut transportiert auch der andere überaus
prominente theoretische Ansatz dieser Debatten, nämlich die Habitus-
Theorie Bourdieus. Dieser in vielen Kontexten kaum mehr verzichtbare
Ansatz (vgl. exemplarisch Alkemeyer 2001; Bröskamp 1994; Gebauer
1997; Müller 2001) ist historisch und sachlich nicht ohne Bourdieus So-
ziologie der symbolischen Formen zu haben. Bourdieu meint dort, Cassi-
rers Symbolisierung als ein geistiges Prinzip verstehen zu sollen, was
es zu materialisieren gelte. Folgerichtig geht es dann um eine Theorie
körperlicher Symbolisierung, die aller ›geistigen‹ Symbolisierung be-
reits zugrunde läge. So wichtig dieser Schritt ist, so offenkundig ist
auch, daß dies allein noch nichts daran ändert, Symbolisierung als
Synthesis zu denken. So zentral und unverzichtbar es ist, Bewegungen
des Körpers nicht als »strukturlose Mittler« zu denken (Alkemeyer
2004: 57, vgl.: 49), so zwingend liegt die Weiche für einen diakritischen
Ansatz noch davor, nämlich darin, die Bewegungen des Körpers erst
gar nicht als Mittel zu denken, einen Kontakt zur Welt allererst aufzu-
nehmen.
Aus gleichen systematischen Gründen ist ein diakritischer Ansatz
nicht mit einer Handlungstheorie vereinbar. Wie man bei Gehlen, dem
Stiftungsvater der Handlungstheorien, lernen kann, ist dort das Män-
gelwesen Mensch darauf angewiesen, Handlungen zu unternehmen, um
fehlende Instinktgesichertheit durch Kulturgebilde auszugleichen. Be-
merkenswerterweise hat Gebauer (2004) jüngst den Ansatz der Histori-
schen Anthropologie in dieser Gehlenschen Konzeption fundiert. So
konsequent das ist, so bleibt auch hier festzuhalten, daß dies keines-
wegs, wie der Untertitel fälschlich sagt, die Perspektive ›der‹ histori-
schen Anthropologie, sondern eben die besondere Perspektive der Hi-
storischen Anthropologie ist. Die Perspektive beispielsweise der Pless-
nerschen, nun keineswegs ahistorischen Anthropologie ist eine durch-
aus andere.
Und so argumentieren wir denn in anderen theoretischen Traditi-
onslinien:
xin der Theorie menschlichen Tuns: Tätigkeitstheorie in der Tradition
der Kulturhistorischen Schule der sowjetischen Psychologie statt
(Gehlenscher) Handlungstheorie (vgl. Schürmann 2001a: 271-275);
xin der Anthropologie: Herder und Plessner statt Gehlen (vgl.
Schürmann 2000);
xin der Wissens- und Ausdruckstheorie: Plessner, Georg Misch und
Josef König statt Cassirer (vgl. Schürmann 2001b), und Gibson statt
Fechner (vgl. Fikus 1989, 2001);
xin der Bewegungswissenschaft: systemdynamische Ansätze statt In-
formationsverarbeitungstheorien (vgl. Fikus/Müller 1998);
xoder einfach und zusammenfassend: Hegel statt Kant.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |57
Zwischenergebnis
Ein diakritisches Konzept des Verhältnisses von menschlichen körper-
lichen Bewegungen und Bedeutungen behauptet damit zweierlei. Zum
einen, daß diese Bewegungen ›bedeutend‹ sind bzw. kulturell bedingt
sind. Eine solche Betonung einer ›untrennbaren Einheit von menschli-
chen Bewegungen und Kultur‹ hält das gemeinsam geteilte Selbstver-
ständnis der Sportwissenschaft fest. Daß der brasilianische Fußball ein
anderer sei als der deutsche, ist sprichwörtlich; daß Fahrradfahren in
Holland ein anderes Phänomen ist als im Ruhrgebiet oder in China,
dürfte offenkundig sein – solch kulturelle Bedingtheit ist innerhalb der
Sportwissenschaft als Phänomen unstrittig.
Die zweite Behauptung, die ein diakritisches von einem Synthesis-
Konzept unterscheidet, ist eine zum Wie des Verhältnisses von Bewe-
gung und Bedeutung. Menschliche Bewegungen unterscheiden sich
hier im Gegenstandstypus von nicht-menschlichen Bewegungen; sie
sind unterstellt als Ein Doppeltes, an dem die beiden Momente des
Physischen und des Bedeutungshaften unterscheidbar sind. Ein solcher
Ansatz ist innerhalb der Sportwissenschaft strittig – ja er geht sogar ge-
gen die erste Intuition.
Auf den ersten Blick scheint es nämlich sonnenklar zu sein, daß
Fahrradfahren in Holland, in China, im Ruhrgebiet und überall sonst
auf der Welt etwas überkulturell Gemeinsames hat: hier wie dort muß
man doch wohl zweifelsfrei in die Pedale treten und trampeln!? Was
also liegt näher, als die kulturellen Unterschiede als kulturelle Über-
formungen eines gegenüber allen kulturellen Unterschieden resistenten
rein physischen Bewegungsvollzugs zu interpretieren – sprich: ein
Synthesis-Konzept zu unterlegen. Radfahren in Holland ist dann ›phy-
sischer Bewegungsvollzug plus holländische Kultur‹. Ein diakritischer
Ansatz bestreitet auf den Spuren von Mauss (1935) die fraglose Gewiß-
heit dieses Ansatzes und verfolgt die direkt gegenteilige Annahme: daß
es gar keine rein physischen (keine »natürlichen«) menschlichen Bewe-
gungen gibt. Die Trampelbewegung beim Radfahren will dann nicht
als kulturelle Bedingtheit,als kulturelle Überformung beschrieben sein,
sondern als in ihrem Inneren selbst offen für kulturelle Unterschiede.
Der Genitiv ist dann bedeutsam: die Trampelbewegung holländischen
Radfahrens ist logisch etwas anderes als die Trampelbewegung chinesi-
schen Radfahrens. Fraglich ist, ob sich dieser logische Unterschied auch
am Phänomen zeigt. Ein logischer Unterschied ist nicht empirisierbar;
gleichwohl dürfte er sich am Phänomen zeigen, und minimal darf er
dem Phänomen nicht widersprechen (vgl. Plessner 1928, 4. Kap.: insb.
128, 137).
58 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Die Metapher der Formatierung
Um diesen Zweischritt auszudrücken, wollen wir sagen, daß menschli-
che körperliche Bewegungen kulturell formatiert sind. Das ist nunmehr
mehr als bloß zu sagen, sie seien kulturell bedingt.
›Formatierung‹ ist eine Metapher, und zwar, wie heutzutage üblich,
aus dem Computer-Bereich. Wer mit dem Computer arbeitet, weiß was
gemeint ist: man formatiert Text, z.B. kursiv oder fett, gelegentlich ar-
beitet man gar mit Formatvorlagen, um diese Formatierungsarbeit zu
automatisieren. Oder, auf anderer Ebene: ein Datenträger ist z.B. in
DOS oder Mac formatiert. Der Sachverhalt, den diese Metapher aus-
drückt, ist klar:
xMan kann keine auf einem PC geschriebene Datei auf einer Diskette
speichern, die Mac-formatiert ist;
xman kann keine doc-Datei mit einem Apple lesen; jedenfalls nicht
einfach so;
xman kann Übersetzungen vornehmen durch Schaffung eines ge-
meinsamen Formats – Speicherungen in rtf verstehen viele Nicht-
PCs; ggf. bei Verlust sehr spezifischer Formatierungen: rich-text-
Format ist eine graduelle Angabe;
xman kann nicht völlig unformatiert schreiben, um dann, in einem
zweiten Schritt zu entscheiden, wie man heute gerne mal formatie-
ren möchte; man schreibt immer schon auf irgendwie formatierten
Datenträgern; oder: man schreibt gewöhnlich mit der Standardfor-
matvorlage, und alle aktiven Formatierungen, die man selber eigens
vornimmt, sind immer schon Umformatierungen: von Dos zu Mac,
von doc zu rtf, von nicht-fett zu fett etc.
Diese Aspekte mögen bei der metaphorischen Rede erhalten bleiben,
und in diesem Sinne gebrauchen wir die Metapher in einer festgelegten
Bedeutung, mithin terminologisch.
Die Metapher der Formatierung ist, ohne daß das ihrem strengen
Gebrauch zuwiderläuft, nicht exklusiv. Wir hätten auch die mathemati-
sche Metapher des Koordinatenkreuzes gebrauchen können; in der
Kulturwissenschaft und Soziologie ist häufig von Rahmung oder Co-
dierung die Rede; ein sehr guter Konkurrent ist die Metapher des blin-
den Flecks. Ein besonders schönes Bild ist die Redeweise, Bewegungs-
weisen seien kulturell »infiziert«.
Die Schwäche der Metapher liegt darin, daß sie einen logischen
Zweischritt suggeriert: erst formatieren, dann schreiben oder speichern.
In der Praxis des Speicherns von Dateien ist das mehr als deutlich: Man
kauft bereits formatierte Disketten (oder formatiert selbst), um dann
darauf zu speichern. Bei der Metapher der Rahmung ist dieser Aspekt
noch aufdringlicher: da wird suggeriert, als sei der Rahmen das eine,
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |59
und das Bild darin das andere. Der terminologische Gebrauch der Me-
tapher will und meint einen solch logischen Zweischritt gerade nicht:
jede Formatierung ist Umformatierung einer je zugrundeliegenden
Formatiertheit.
Die Stärke der Metapher liegt darin, daß sie zu einer sehr präzisen
Indizierung zwingt: Formatiertheit ist immer Formatiertheit auf einer je
bestimmten Stufe. Die Rede von Formatierung allein ist schlicht falsch
oder besser gesagt: eine bloß laxe, schmückende Redeweise. Nur durch
solche Indizierung wahrt die Rede von kultureller Formatiertheit ihre
prinzipielle Unterschiedenheit von der nivellierenden Rede der kultu-
rellen Bedingtheit. Die Rede von Formatierung ist sozusagen ihrerseits
formatiert, und zwar dadurch, daß Formatierung immer schon die
Formatierung in einer bestimmten Dimension ist; z.B.
xFormatierung durch das Betriebssystem: Dos, Windows, Mac, Unix;
oder
xSchriftformatierung: kursiv, fett, standard; oder
xFormatierung durch Datenformate: doc, ppt, xls, bnk, htm, jpg
Bewegungswissenschaftliche Version
Kulturelle Formatierung bedeutet dann also beispielsweise: Wenn ich
im Ruhrgebiet das Fahrradfahren kennengelernt habe und/oder selber
gelernt habe, und dann mit diesem Wissen und Können nach Holland
fahre; und wenn ich dann dort sehe, daß und wie auch die Holländer
Fahrrad fahren, dann habe ich eine in Dot.Ruhrgebiet formatierte Datei
stillschweigend in einem rtf-Format gespeichert und sie in Holland
wieder entschlüsselt. Der Normalfall dürfte sein, daß wir zwar ein we-
nig stutzen, was die dort für komisch-eigentümliche Fahrräder haben,
aber ansonsten von diesen Umformatierungen gar nichts merken.
Gleichwohl handelt es sich um Ver- und Entschlüsselungen, wie kon-
trastierende (und in der Ethnologie virulente) Vergleichsfälle deutlich
machen: Wäre ich zum ersten Mal auf eine Liegerad-Kultur gestoßen,
hätte ich es möglicherweise gar nicht als Fahrradfahren entschlüsselt,
sondern mich nur gewundert, ›was die denn da treiben‹. Und – Kon-
trast in die andere Richtung : es ist alles andere als klar, ob man das
Einradfahren auf unseren Straßen als Fahrradfahren ansprechen sollte,
oder ob das nicht ein problematischer Ethnozentrismus alteuropäischer
Fahrradfahrer wäre. Solch stillschweigenden und beinahe unmerkli-
chen Umformatierungen werden typischerweise erst dann spürbar,
wenn man sich dort am Verkehr beteiligt und/oder irgendetwas kurios
ist oder gar schief geht. Nur ein Beispiel: In Deutschland ist man es ge-
wohnt, von beinahe allen Autofahrern nachdrücklich und empört an-
gehupt zu werden, wenn man zu zweit nebeneinander fährt. In Hol-
land ist es dann völlig merk-würdig, daß dort überhaupt nur große
60 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
Pulks von Fahrrädern auf der Straße zu sehen sind, und daß trotzdem
niemand hupt und daß es trotzdem funktioniert. Es scheint dort eine
grundsätzlich andere Idee von Ordnung und von ordentlichem Fahr-
radfahren zu geben als bei uns. Und plötzlich sind die komischen Fahr-
räder dort gar nicht mehr komisch, sondern man versteht, daß und
warum es so ist.
Wenn man dieses sehr einfache Beispiel unterschiedlichen Fahrrad-
fahrens als Prototyp nimmt und terminologisch verallgemeinert, dann
kann man jeweils die kulturell codierte, von uns jetzt so genannte, kör-
perliche Praktik von der, jetzt so genannten, Körpertechnik unterscheiden.
Das Fahrradfahren als körperliche Praktik ist dann einer hermeneuti-
schen bzw. ethnographischen bzw. dichten Beschreibung zugänglich,
während das Fahrradfahren als Körpertechnik einer »feststellenden Be-
schreibung« (s.o.: Anm. 7) zugänglich ist. Insofern es sich dabei um die
Beschreibung einer Körpertechnik dieser körperlichen Praktik handelt,
sind feststellende Beschreibungen hier nicht zu verwechseln mit Proto-
kollierungen rein physischer Tatbestände. Im Inneren feststellender Be-
schreibungen gibt es gleichsam einen Individuierungsoperator.18
Ein eigenes Vermittlungsglied zwischen körperlichen Praktiken
und Körpertechniken sind die technischen Geräte, hier also das Fahr-
rad. In ihnen ist der kulturelle Code gleichsam verdichtet manifestiert.
Im Sonderfall ist dieses technische Gerät der eigene Körper, analog zu
den Gliedmaßen, die als Werkzeuge der Werkzeuge gelten können.
Zugleich aber, und jetzt greift die Stärke der Metapher der Forma-
tierung, ist die feststellende Beschreibung einer Körpertechnik in ande-
rer Dimension ihrerseits eine hermeneutische Beschreibung. Z.B. kann
das, was beim gewöhnlichen Radfahren ganz unscheinbares Bremsen
bleibt, beim Mountainbiken zu einer eigenen ›Kulturtechnik‹ differen-
ziert werden; die Beschreibung der mit einem konkreten Gerät verbun-
denen Körpertechnik kann offenbar so dünn gar nicht sein, als daß sie
nicht solchen Differenzierungen noch einmal zugänglich wäre. Brem-
sen bei einem Mountainbike ist etwas anderes als bei einem Stadtrad,
von feinen ergonomischen Unterschieden erst gar nicht zu reden.
Hier sind dann eben die Indizierungen der Formatierungen zu be-
achten. Es ist eine andere Theorie-Situation, ob man (z.B.) einen kultu-
rellen Vergleich zwischen verschiedenen Radfahrkulturen anstellt, oder
aber feine kulturelle Differenzierungen innerhalb einer der Radfahr-
kulturen herausstellen möchte. Um solche gestuften/indizierten Kul-
turvergleiche überhaupt anstellen zu können, muß die je einhergehen-
18 »Hebt man das ganze menschliche Kompositum auf, so kann es keinen
Fuß und keine Hand mehr geben, außer nur dem Namen nach, wie man
etwa auch eine steinerne Hand Hand nennt.« (Aristoteles, Politik, 1253 a
20ff.; Übers. Rolfes)
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |61
de Körpertechnik unterschiedlich dünn beschrieben sein. Um den Un-
terschied von kursiv und f
f
ett anzugeben, hilft es nicht recht weiter,
ganz lange Geschichten zu erzählen, wie dieser Unterschied wohl auf
der Ebene des Betriebssystems realisiert ist.19 Um die unterschiedlichen
kulturellen Codierungen des Straßen- und Bahnradrennens erfassen zu
können, reicht es nicht zu sagen, in beiden Fällen würde in die Pedale
getreten. Das ist ja auch bei allen anderen, insbesondere bei allen nicht-
sportlichen Weisen des Radfahrens so.
Im Beispiel von Ryle gesprochen: Wenn man das Parodieren des
Zwinkerns mit dem Proben des Parodierens des Zwinkerns vergleicht,
dann benutzt man nicht die dünne Beschreibung ›schnelle Bewegung
des rechten Augenlids‹, sondern dann spielt ›Zwinkern‹ die Rolle der
dünnen Beschreibung. Bezogen auf die Formatierung von Bewe-
gungsweisen heißt das: Wenn man die körperliche Praktik des Moun-
tainbikens mit der des Straßenradrennfahrens vergleicht, dann bedarf
es einer feststellenden Beschreibung der Körpertechnik des sportlichen
Radfahrens, um dann im Vergleich zu konstatieren, daß diese so be-
schriebene Körpertechnik in jenen beiden Kulturen je anders formatiert
ist. Vergleicht man dagegen sportliche Radfahrkulturen mit Alltagsrad-
fahrkulturen, wird sich auch die feststellende Beschreibung der je an-
ders formatierten Körpertechnik ändern; genauso wie diese gerade
noch dünne Beschreibung sozusagen dichter wird, wenn man ver-
schiedene körperliche Praktiken innerhalb der Kultur des Mountainbi-
kens vergleicht. Bei einem solchen Vergleich ist aus der körperlichen
Praktik des Mountainbikens die zugrundeliegende Körpertechnik ge-
worden, die bei diesem Vergleich innerhalb der Kultur des Mountain-
bikens z.B. beim downhill anders formatiert ist als beim single trail. Und
entsprechend ist ein anderes technisches Gerät gefragt. Mountainbiken
ist noch lange nicht Mountainbiken, und auch ein Mountainbike ist
noch lange kein Mountainbike – selbst bei konstant gesetzter, ver-
gleichbarer technischer Qualität nicht.
Dünne Beschreibungen von Körpertechniken sind also so dünn nun
auch wieder nicht, denn Körpertechniken sind ihrerseits offenbar drei-
fach ›codiert‹. Zum einen sind sie eben als jene körperliche Praktik
formatiert, die überhaupt Gegenstand der Betrachtung ist und deren
Technik überhaupt zur Debatte steht. Zum zweiten ist diese so be-
19 Das Plädoyer, den Stufenindex der Formatierung zu beachten, ist damit
das Plädoyer für eine Art Minimal-Phänomenologie, die qualitative Unter-
schiede nicht gradualistisch klein redet. Also ein Votum gegen solche Re-
duktionismen, die – prototypisch – davon ausgehen, daß eines Tages alles
Wesentliche in der Sache zwischenmenschlicher Gefühle gesagt ist, wenn so
denkwürdiges Raunen wie »Ich liebe Dich« übersetzt wäre in die dürre
Beschreibung »Ich schütte gerade das Gefühlshormon xy aus«.
62 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
schriebene Körpertechnik ihrerseits eine körperliche Praktik, wenn
man nur die Stufe der Betrachtung und damit den Index der Formatie-
rung entsprechend wechselt. Und zum dritten ist eine Körpertechnik
technisch formatiert, denn, ganz banal: kein kultureller Code wird es
schaffen, daß man mit einem Rennrad zum Mountainbiken fährt.20 Mi-
nimalbedingung dichter Beschreibungen körperlicher Praktiken sind
offenbar feinsinnige Beschreibungen der technischen Geräte, im Son-
derfall der Körper.
Ergebnis
Falls man von der kulturellen Formatiertheit menschlicher Bewe-
gungsweisen ausgeht, dann kennt man keine überkulturellen und ahi-
storischen Bewegungen. Genau so, wie bestimmte philosophische An-
thropologien ohne anthropologische Konstanten auskommen müssen;
genau so, wie bestimmt Geschichtsschreibungen ohne Universalien
auskommen müssen; genau so, wie bestimmte Geschlechtertheorien
ohne ahistorisches biologisches Geschlecht auskommen müssen; genau
so, wie die Ethnologie »spätestens seit der Barthschen Wende von der
Kultur zur kulturellen Grenze« nur noch »›Kultur in Konkurrenz‹ als
ihren Gegenstand«, und »keine in Ruhe gelassene Kultur« mehr kennt
(Streck 2001: 184); genau so, wie ganz allgemein viele kulturwissen-
schaftliche Theorien keine vor-gegebenen, sondern nur noch sich-
bildende Identitäten kennen – genau so muß der hier favorisierte An-
satz einer ›ethnographischen‹ Sportwissenschaft ohne rein physische
(»natürliche«) Bewegungen auskommen.
Jede ethnographische, Bewegungskultur-deutende Beschreibung ist
eine gedeutete feststellende Beschreibung und jede feststellende Be-
schreibung ist ihrerseits bereits gedeutet. Keine Beschreibung einer
Bewegung kommt aus ohne mimetischen Bezug auf ein Gegebenes,
20 Diese Formulierung ist betont etwas grell, um die Grundintuition einzu-
fangen, die da lautet: In der Regel benutzen wir keinen Schraubendreher,
um einen Nagel in die Wand zu schlagen. Ob es tatsächlich niemals eine
körperliche Praktik geben wird, mit Rennrädern über Steine und Wurzeln
zu hoppeln, mag dahin gestellt bleiben. Vor einigen Jahren hätte so manch
einer vielleicht formuliert, daß »kein kultureller Code es schaffen wird, mit
einem Fahrrad querfeldein den Berg hinunter zu fahren«. Die Zeiten än-
dern sich, und so hätte sich eine solch vollmundige Behauptung als falsch
erwiesen. Aber es hätte sich damit auch erwiesen, daß es keine Aussage
zur technischen Codierung gewesen wäre. Wanderwege mit dem Fahrrad
zu bewältigen, muß sich immerhin rein technisch bewältigen lassen, und
es ist keinesfalls ein Zufall, daß mit dieser neuen körperlichen Praktik
auch ein neues technisches Gerät einhergeht. – Zu einem Feld, in dem die
technische Realisierung lange nur als Traum lebte, nämlich dem Fliegen,
vgl. Gehring 2002.
DIE SPRACHE DER BEWEGUNG |63
traditionell ›Natur‹ genannt. Aber dieses Gegebene ist nicht absolut
(»natürlich«) gegeben, sondern gegeben relativ zu der beschriebenen
Bewegung im Unterschied zu einer anderen benachbarten Bewegung.
Bei entsprechend mikroskopischer Betrachtung ist jenes dort ›Gegebe-
ne‹ seinerseits Gegenstand einer, dann anders indizierten, ethnographi-
schen Beschreibung.
Dem hier verfolgten Grundsatz, daß Bewegungskulturen nur in
ethnographischen bzw. hermeneutischen bzw. dichten Beschreibungen
in ihrer Eigenart zugänglich sind, tritt somit notwendig eine Art ökolo-
gisches Gebot zur Seite: Erhaltet und produziert eine Artenvielfalt fest-
stellender Beschreibungen! Erst wenn Verschiedene Verschiedenes ge-
zählt haben, kann auffallen, daß vielleicht nicht so klar ist, was Katzen
auf Sansibar sind.
Offene Frage: Methodische Verdichtung
Bis dato war die Beschreibung dessen, was denn eine dichte Beschrei-
bung sei, noch nicht sehr dicht. Was damit gemeint ist, macht das Bei-
spiel von Ryle hinreichend deutlich. Aber wie so etwas geht, gar me-
thodisch geleitet, eine dichte Beschreibung zu geben oder hinsichtlich
ihrer Güte zu beurteilen, das dürfte noch nicht sehr klar sein.
Nun ist das Bedürfnis nach methodischer Leitung nicht unschuldig,
sondern seinerseits von bestimmten Erwartungen abhängig. Da das
Konzept der dichten Beschreibung keinen theoretischen Ort kennt, an
dem ein Zugriff auf über- oder akulturelle Bewegungen erfolgen kann,
wird das Resultat einer methodisch geleiteten dichten Beschreibung zwar
objektiviert, aber nicht eineindeutig sein können: Weil methodisch gelei-
tet, ist sie anderes als private (individuelle oder kollektive) Meinungs-
bekundung, aber weil dichte Beschreibung zielt sie nicht auf die einein-
deutige Wiedergabe eines natürlich Gegebenen.
Was in alltäglicher wissenschaftlicher Praxis gebraucht wird, ist ein
methodisches Instrumentarium, um die in verschiedenen körperlichen
Praktiken liegenden bzw. praktizierten Bedeutungen gegeneinander
diagnostizieren zu können (vgl. exemplarisch Bähr 2003 und Albert
i.d.B.). Was es, allgemeiner gesprochen, also braucht, sind Experimente,
die in der Lage sind, verschiedene Lösungen der selben Bewegungs-
aufgabe zu differenzieren sowie den darin eingelagerten kulturellen
Code zu diagnostizieren (vgl. Fikus 2003).
Besonders brisant wird dieses Problem, wenn man gerade nicht
nach Unterschieden fragt, sondern danach, ob sich etwas bzw. was sich
in bewegungskulturellen Unterschieden als invariant diagnostizieren
läßt. Das kann man sich noch einmal am Prototyp des Radfahrens in
Holland klar machen. Auf den ersten Blick scheint völlig klar zu sein,
daß man in Holland, im Ruhrgebiet, in China und auch überall sonst
64 | MONIKA FIKUS & VOLKER SCHÜRMANN
auf der Welt doch wohl auf jeden Fall in die Pedale treten muß, um
überhaupt Fahrrad zu fahren. Es scheint einigermaßen klar zu sein, daß
die basale Körpertechnik resistent bleibt und lediglich der kulturelle
Code wechselt, in den diese Techniken je eingebettet sind. Der theoreti-
sche Ansatz würde das gerade bestreiten, denn die Theorie sagt gerade,
daß man dort nicht zwei Dinge tut: in die Pedale treten plus holländi-
schem Geist ausgesetzt sein. Aber empirisch ist das weitgehend unge-
klärt.
Hier liegt zwar ein grundsätzliches Problem vor, denn die Frage,
wie man das Verhältnis von Körpertechnik und kulturellem Code kon-
zipiert, ist ein theoretisches, und kein empirisches Problem. Aber das
Minimum guter Theorie muß ja wohl sein, daß die Empirie mit dem
theoretischen Konzept verträglich ist. Zugleich liegt hier ein weiteres
Beispiel der Frage vor (vgl. Schürmann 2002a), ob und wie sich feine
theoretische Unterschiede (in der Form unterschiedlicher Begründun-
gen gleich lautender Thesen) hier: der theoretisch entscheidende Un-
terschied zwischen kultureller Bedingtheit und kultureller Formatiert-
heit (Kulturalität) von Bewegungen empirisch-praktisch niederschla-
gen, und wie solche Niederschläge, die nicht feststellbar sind, sondern
sich lediglich zeigen, evaluiert werden können.
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