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Digitale Mediennutzung von Jugendlichen im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Authors:

Abstract

The aim of this study is to investigate the usage of information and communication technologies (ICT) of students in special education schools with a focus on physical disabilities. These results were compared to students in mainstream schools. The method used was a cross-sectional survey among students in special schools for students with physical disabilities (n=78) and mainstream schools (n=296) about their access to and usage of digital media. The results showed that the usage probabilities varied in these groups. In addition, students in physical disability schools were less likely to be engaged in activities on social media platforms than their mainly non-disabled peers.
Alle Urheberrechte liegen beim Verband Sonderpädagogik e. V. – Veröentlichung und Wiedergabe sind nur mit Genehmigung des Rechteinhabers gestattet.
Zusammenfassung
Jens Boenisch Jakob Sponholz
Digitale Mediennutzung von Jugendlichen
im Förderschwerpunkt
Körperliche und motorische Entwicklung
Zeitschrift für Heilpädagogik
72., 2021
Seite 592–603
Das Ziel dieser Studie ist der Vergleich der Nutzung von Informations- und Kommunika-
tionstechnologien (IKT) durch Schülerinnen und Schüler an Schulen mit dem Förder-
schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung sowie durch Schülerinnen und
Schüler an Allgemeinen Schulen zu. Dazu wurde eine Querschnittsbefragung mit Förder-
schülerinnen und Förderschülern (n=78) und Schülerinnen und Schülern an Allgemeinen
Schulen (n=296) zu ihrem Zugang zu und ihrer Nutzung von digitalen Medien durch-
geführt. Die Ergebnisse zeigen Unterschiede in der Nutzung der beiden Gruppen. Die
Förder schülerinnen und Förderschüler waren seltener in Aktivitäten auf sozialen Platt-
formen involviert als die Schülerschaft an Allgemeinen Schulen.
Digitale Medien haben die Lebens- und Alltagswelten von Kindern, Jugendlichen und Erwach-
senen weitreichend durchdrungen. Sie „gestalten deren Strukturen mit und beeinflussen das
Denken und Handeln der Menschen“ (Zorn, Schluchter & Bosse, 2019, S.19). Sie haben sich
mit dem Einzug der Informationsgesellschaft als wesentliche Sozialisationsinstanz etabliert (Ber-
geest & Boenisch, 2019, S.342). Die Teilhabe- und Interaktionschancen, die durch den Zugang
zu digi talen Medien und deren Einsatz ermöglicht werden, sind für die gelingende Partizipation
in einer digitalen Gesellschaft von herausragender Bedeutung. Durch diese digitale Teilhabe
ergeben sich nicht nur Bildungschancen, es werden auch kulturelle und soziale Teilhabe ermög-
licht und geformt (Antener, 2014, S.9). Somit unterstützen digitale Medien „Subjektivierungs-
prozesse, Identitätsbildung, bieten Orientierung, sie ermöglichen Erprobungen des Selbst“ (Zorn
et al., 2019, S.19). Die Teilhabe an einer inklusiven Medienbildung und den damit verbundenen
Möglichkeiten medialer Teilhabe kann in unterschiedlicher Weise geschehen. Hier sind drei
Felder der medialen Teilhabe identifizierbar (GMK-Fachgruppe Inklusive Medien bildung, Bosse,
Haage, Kamin & Schluchter, 2018, S.2):
– Teilhabe an Medien,
– Teilhabe durch Medien und
– Teilhabe in Medien.
Mit „Teilhabe in Medien“ ist die Repräsentation von sozialen Gruppen in Medien gemeint.
Dabei liegt der Fokus auf der Sichtbarkeit einer Gesellschaft in ihrer Vielfalt. Bei der „ Teilhabe
an Medien“ steht die Barrierefreiheit im Fokus. Diese umfasst beispielsweise die technische
Bedien barkeit und die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Inhalten mit verschiedenen Sinnen.
Der Begriff „Teilhabe durch Medien“ bezieht sich insbesondere auf die durch Medien unter-
stützten Aktivitäten. Dies beinhaltet sowohl Aktivitäten im Privat- als auch im Arbeitsleben
(GMK-Fachgruppe Inklusive Medienbildung et al., 2018, S.2). Für Menschen mit körperlichen
Beeinträchtigungen bieten digitale Medien – ggf. unter Einbezug Assistiver Technologien und
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indivi dueller Adaptionen – darüber hinaus auch neue Möglichkeiten der individuellen Förde-
rung und Aufbereitung von Inhalten. Besonders für „Menschen mit (komplexen) Beeinträchti-
gungen oder intensiv-pädagogischem Förderbedarf“ sind hier „enorme Potentiale zur Teilhabe,
Chancengleichheit und Partizipation“ erkennbar (Pola & Koch, 2019, S. 132f.).
Im Vergleich sozialer Gruppen untereinander sind sowohl im Zugang als auch in der Nutzung
von Informations- und Kommunikationstechnologien beträchtliche Unterschiede feststellbar.
Dabei wird deutlich, dass hier nicht nur bestehende Ungleichheiten verstärkt werden, sondern
auch neue Ungleichheiten entstehen (Robinson, Schult, Blank, Ragnedda, Ono, Hogan et al.,
2020, S.1). Die bestehenden digitalen Ungleichheiten lassen sich in Bezug auf ökonomische
Rahmenbedingungen, Gender, Sexualität, Ethnizität, Alter, Behinderung, Gesundheitsversor-
gung, Bildungs grad und den Grad der Vernetztheit aufzeigen. Zudem zeigt sich eine Abhängig-
keit davon, ob der Wohnort einer Person eher urban oder ländlich gelegen ist (Robinson et
al., 2020). Diese Unterschiede manifestieren sich auf mehreren Ebenen. Sie lassen sich etwa in
Bezug auf den Zugang zu und die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien
feststellen. Dadurch bedingt unterscheiden sich auch die persönlichen Vorteile, die durch den
Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien entstehen (Fuchs, 2008, S. 215f.).
Diese multidimensionale digitale Ungleichheit sozialer Gruppen wird mit dem Begriff „digital
divide“ zusammengefasst (DiMaggio, Hargittai, Neuman & Robinson, 2001; Hargittai, 2002).
Die einzelnen Ebenen des „digital divide“ werden derzeit uneinheitlich definiert und sind Gegen-
stand des wissenschaftlichen Diskurses (Iske & Kutscher, 2020, S.115 ff.). Die nachfolgenden
drei Ebenen („levels“) unterscheiden den Zugang zu, die Nutzung von und die „benefits“ aus
der Nutzung digitaler Medien. Mit dem „first level“ des „digital divide“ sind die Ungleichheiten
im Zugang zum Internet beschrieben. Das „second level“ bezeichnet die Unterschiede, die in
der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien auftreten. Das „third level“
bezieht sich auf Unterschiede in Form von Vorteilen, den „life chances“. Damit sind „social
benefits“ gemeint, die sich aus der individuellen Art der Internetnutzung für das Offline-Leben
ergeben bzw. nicht ergeben (Ragnedda, 2017, S. 23; Ragnedda & Muschert, 2018, S.2; Ragnedda
& Ruiu, 2020, S.35; Robinson et al., 2020, S.2). Während sich die Forschung zum „digital
divide“ in den ersten Jahren vor allem der Frage stellte, ob eine Person Zugang oder keinen
Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien und zum Internet hat (Ragnedda &
Ruiu, 2018, S.25), hat sich mit der Zeit der Schwerpunkt der Forschung verändert (Ragnedda
& Ruiu, 2020, S.35). Mittlerweile stehen besonders die unterschiedlichen Umgangsweisen bzw.
Nutzungskompetenzen der Angehörigen sozialer Gruppen mit digitalen Medien im Vordergrund
(Robinson et al., 2020, S.2f.).
Digitale Teilhabe und „digital divide“ in Deutschland
Die Schulleistungsstudie ICILS 2018 betrachtet die computer- und informationsbezogenen Kom-
petenzen von Schülerinnen und Schülern der achten Klasse in Deutschland im internationalen
Vergleich. Sie zeigt auf, dass „das Aufwachsen in einer von Digitalisierung geprägten Welt nicht
automatisch dazu führt, dass alle Jugendlichen gleichermaßen über die für eine Teilhabe an der
Gesellschaft und Arbeitswelt notwendigen computer- und informationsbezogenen Kompetenzen
verfügen“ (Senkbeil, Drossel, Eickelmann & Vennemann, 2019, S.327). Der 15. Kinder- und
Jugend bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
fasst dies in Bezug auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland konkret
zusammen: „Die Teilhabe und Art der Partizipation [am digital-vernetzten Leben] ist allerdings
weiterhin nicht ein Ergebnis zufälliger individueller Präferenzen, sie entfalten sich vielmehr in
Abhängigkeit von dem Wohnort, dem formalen Bildungsabschluss, dem sozio-ökonomischen
Status, dem Geschlecht, von Behinderungen und einem unklaren aufenthaltsrechtlichem Status
– und häufig auch in Kombination der Aspekte miteinander und damit auch ungleich verteilten
materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen“ (Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, 2017, S.298).
„Digital divide“ –
die digitale Kluft
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Während der Medienumgang der Schülerschaft an Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien und
von Auszubildenden und Studierenden im Alter von zwölf bis 19 Jahren in Deutschland seit
1998 im Rahmen der JIM-Studie jährlich durch den Medienpädagogischen Forschungsverbund
Südwest (mpfs) für Deutschland untersucht wird (2018, S.72), fehlen langfristig angelegte
Unter suchungen zum Medienumgang speziell von Menschen mit Beeinträchtigungen (Bosse
& Hasebrink, 2016, S.11; Niesyto, 2019, S.40). Die vorliegenden, regelmäßig durchgeführten
Studien erfassen das Merkmal „Beeinträchtigung“ nicht und sind auch methodisch nicht in der
Lage, die Gruppe der Menschen mit Beeinträchtigungen in ihrer Diversität abzubilden (Bosse &
Hasebrink, 2016, S.11). Bezogen auf den Diskurs zum „digital divide“ konstatiert Goggin (2018,
S.63): „If addressed, disability is often just ‘tacked on’ to other concerns, and tends to be little
understood – despite a broadly shared, ‘nodding’ recognition that disability must now be a part
of any serious attempt to grasp digital inequality”. Internationale Studien zum Medienzugang
und zum Medieneinsatz von Menschen mit Behinderungen haben eine Vielzahl von Hinweisen
darauf gegeben, dass Menschen mit Beeinträchtigungen als soziale Gruppe an der vollumfäng-
lichen Partizipation und an den Chancen, die sich durch digitale Medien ergeben, auf diversen
Ebenen gehindert sind (Dobransky & Hargittai, 2006; Lidström, Ahlsten & Hemmingsson, 2011;
Lidström, Granlund & Hemmingsson, 2012; Sachdeva, Tuikka, Kimppa & Suomi, 2015).
Die Studie „Mediennutzung von Menschen mit Behinderungen“ (Bosse & Hasebrink, 2016)
war die erste bundesweite Studie in Deutschland, die sich speziell mit dem Zugang zu und
der Nutzung von digitalen Medien durch Menschen mit Behinderung auseinandersetzte. Im
Rahmen dieser Studie wurden die Zugangsbarrieren und die medienbezogenen Bedürfnisse in
den Blick genommen (Haage & Bosse, 2019, S.49). Sie konnte aufzeigen, dass die Menschen
mit Behin derungen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung weniger gut mit mobilen, internet-
fähigen Geräten ausgestattet sind (Bosse, 2020, S. 69). Weitere Faktoren, die im Zusammen-
hang mit der digitalen Teilhabe im Kontext von Menschen mit Beeinträchtigungen festgestellt
werden konnten, sind die Wohn- und Arbeitssituation, das Alter und der Bildungshintergrund
der Befragten ( Haage & Bosse, 2019, S.49). Selbst unter der Voraussetzung, dass der Zugang zu
digitalen Medien gegeben ist, ist die Beeinträchtigung der Partizipation durch kognitive, struk-
turelle oder technische Gegebenheiten nicht ausgeschlossen (Haage & Bosse, 2019, S.51f.). Es
zeigt sich, dass vor allem junge Menschen mit Behinderungen von digitaler Exklusion betrof-
fen sind (Niesyto, 2019, S.40). Dies betrifft im Speziellen Personen mit geistigen Beeinträch-
tigungen und Menschen mit Lernschwierigkeiten (Haage & Bosse, 2019, S.59; Niesyto, 2019,
S.40). Hier muss jedoch berück sichtigt werden, dass das Vorhandensein einer Beeinträchti-
gung nicht zwangsläufig eine Beeinträchtigung der digitalen Teilhabe mit sich bringt: „Erst das
Zusammen wirken von verschiedenen Dimensionen beeinflusst die Teilhabe an digitalen Medien
negativ“ (Haage & Bosse, 2019, S.49). Eine Dimension, die bei Menschen mit Beeinträchtigung
in besonderem Maße berück sichtigt werden muss, ist die Dimension der Barrierefreiheit, der
„accessibility“ (Sach deva et al., 2015, S. 283). Ihr kommt für den Erwerb von Medienkompe-
tenzen eine Schlüsselrolle zu, da der „Einsatz von Medien, die für alle zugänglich und nutzbar
sind, […] eine Grundvoraussetzung für inklusive Medienarbeit“ (Haage & Bosse, 2019, S.61)
darstellt. Im Bereich der inklusiven Medienbildung ist dies besonders herausfordernd, da eine
barrierefreie Entwicklung von Medien und Technologien derzeit nicht der Regelfall ist ( BMFSFJ,
2017, S.302). Der Einsatz digitaler Medien in pädagogischen Kontexten hat das Potential,
soziale Ungleich heiten sichtbar zu machen und die Möglichkeiten des Empowerments in Bezug
auf soziale Gruppen, auf politischer und auf individueller Ebene auszuschöpfen (Schluchter,
2016). Um diese Chancen jedoch tatsächlich zu ergreifen, ist ein Zugang zu digitalen Medien
und die Nutzung derselben eine Grundvoraussetzung. Hieran anschließend stellt sich die Frage,
ob ein „digital divide“ sich im Zugang und in der Nutzung auch bei den Schülern von Förder-
schulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung zeigt. Mit einer
direkten Befra gung von Schülerinnen und Schülern an Allgemeinen Schulen und Schulen mit
dem Förder schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung soll diese Frage beantwortet
werden.
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Ziel der Befragung und grundsätzliche Vorüberlegungen
Das Ziel der Befragung war eine vergleichende Betrachtung der Mediennutzung der Schüler-
schaft an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
(KmE) und Allgemeinen Schulen, um sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede
zu untersuchen. Dabei ging es insbesondere um den Zugang zu und die Nutzung von digitalen
Medien.
Pretest
In Vorbereitung auf die Untersuchung wurde ein Fragebogen entwickelt. Um den Fragebogen
zu optimieren, wurde ein Vortest in einer 10. Klasse an einer Förderschule mit dem Förder-
schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung durchgeführt. Die Rückmeldungen und
die Änderungsvorschläge wurden im finalen Fragebogen berücksichtigt.
Fragebogen
Der Fragebogen wurde mit einem Instruktionstext eingeleitet, hier wurde das Forschungs-
interesse formuliert. Sowohl der einleitende Instruktionstext als auch der Fragebogen selbst
wurden zunächst in einfacher Sprache verfasst, um ihn für eine möglichst breite Zielgruppe
verständlich zu gestalten. Anschließend wurde der Fragebogen mit Unterstützung der Agentur
für Leichte Sprache der Lebenshilfe in Bonn geprüft. Alle Korrekturvorschläge wurden über-
nommen, um den Anforderungen der „Leichten Sprache“ zu genügen. An alle Lerngruppen
wurde der gleiche Fragebogen verteilt. Um die Zugangsvoraussetzungen zu erfassen, wurde
nach den Geräten im Haushalt und im persönlichen Besitz gefragt. Eine Befragung zur Medien-
nutzung, in der bei jedem Item zur Mediennutzung zugleich der Kommunikationsweg und die
Art der Aktivität erfragt wird (z.B. Textnachricht via WhatsApp verschicken), ist aufgrund der
großen Anzahl an resultierenden Fragen nicht praktikabel. Um die Anzahl der Items auch unter
Berücksichtigung der kognitiven Voraussetzungen der befragten Schülerschaft gering zu halten,
wurden die Häufigkeit von Aktivitäten (z.B. Textnachrichten schreiben, Sprachnachrichten ver-
schicken…) und die Nutzungsfrequenz des Mediums (z.B. Nutzungsfrequenz WhatsApp, Face-
book, Instagram…) getrennt erfragt. In Bezug auf die konkrete Nutzung von Medien wurden
der Einsatz einzelner Medien außerhalb der Schulzeit, die generellen Aktivitäten an Medien und
deren Häufigkeit der Nutzung erfragt. Um einen Einblick in die Nutzung sozialer Plattformen zu
erhalten, wurde die Nutzungsfrequenz einer Auswahl der wichtigsten Apps von 12- bis 19-jähri-
gen in Deutschland erfragt (mpfs, 2018, S.36). Weiterhin wurde gefragt, welche weiteren Geräte
zur Bedienung der digitalen Medien genutzt werden und wie normalerweise kommuniziert
wird. Die erfragten Sozialdaten bezogen sich auf das Geschlecht, das Alter und die Klassenstufe.
Abschließend wurde erfragt, ob bei der Bearbeitung des Fragebogens Hilfe in Anspruch genom-
men wurde, da in Abhängigkeit der individuellen Beeinträchtigung von einem unterschiedlichen
Grad an Selbstständigkeit ausgegangen werden muss.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Zielgruppe der Befragung waren alle Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse (10. und
11. Schulbesuchsjahr) an vier Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und
motorische Entwicklung. An den Allgemeinen Schulen sollte, auch durch die durchschnittlich
größere Klassengröße, je eine Klasse im 9. und eine im 10. Schulbesuchsjahr einer Schule
befragt werden. So wurden, orientiert an der durchschnittlichen Klassengröße der jeweiligen
Schulen, an die vier Förderschulen insgesamt 190 Fragebögen und an die Allgemeinen Schulen
pro Schulform (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) je 180 Fragebögen im Großraum Köln
verschickt. Insgesamt wurden im Rahmen der Erhebung 730 Fragebögen ausgegeben.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Die Erhebung der Daten wurde 2019 als Paper-Pencil-Befragung durchgeführt. Von den ins-
gesamt 13 Schulen sandten drei Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und
motorische Entwicklung, zwei Hauptschulen, drei Realschulen und ein Gymnasium ausgefüllte
Fragebögen zurück. Insgesamt wurden von den 730 Fragebögen bis zum Ende der Rücksen-
Methode
Ergebnisse
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dungsfrist 374 Fragebögen beantwortet zurückgeschickt, was einer Rücklaufquote von 51% ent-
spricht (Sponholz, 2019) (vgl. Tab.1).
An den Förderschulen waren drei Viertel der befragten Schülerschaft männlich (74%), ein Vier-
tel weiblich und 1% divers. Von den Förderschülerinnen und Förderschülern waren 51% in der
9. Klasse und 49% in der 10. Klasse. In der 9. Klasse der Förderschulen war die Schülerschaft
zwischen 15 und 17 Jahre alt. Die jüngsten Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse an den
Förderschulen waren 16 Jahre alt, die ältesten 19.
Von den Schülerinnen und Schülern der Allgemeinen Schule gaben 48% an, die 9. Klasse zu
besuchen, und 52% besuchten die 10.Klasse. In den Allgemeinen Schulen waren in der 9. Klasse
die jüngsten Schülerinnen und Schüler 13 Jahre alt und die Ältesten 17 Jahre alt. In der 10.Klasse
waren die Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 19 Jahre alt. 46% der befragten Schüler-
schaft an den Allgemeinen Schulen waren weiblich, 53% männlich und 1% divers.
Unterstützung bei der Bearbeitung des Fragebogens
Fast alle Schülerinnen und Schüler der Allgemeinen Schulen (99%) gaben an, den Fragebogen
ohne Unterstützung ausgefüllt zu haben, während dieser Anteil an der Förderschule Körperliche
und motorische Entwicklung bei 72% Prozent lag. Demnach haben mit 28 % mehr als ein Viertel
der Schülerschaft Unterstützung beim Ausfüllen des Fragebogens in Anspruch genommen.
Zugang zu Medien
Geräte im Haushalt
Im Vergleich der Geräte im Haushalt der Schülerinnen und Schüler an den Allgemeinen Schu-
len mit denen der Förderschulen Körperliche und motorische Entwicklung zeigt sich, dass die
Häufig keit der im Haushalt verfügbaren Geräte insgesamt eher geringe Unterschiede aufweist.
Die Haushalte der Befragten sind mit Smartphones/Handys nahezu vollausgestattet. In etwa
neun von zehn Haushalten befindet sich ein Computer oder Laptop, in nahezu allen Haushalten
ist ein Fernseher vorhanden. Die deutlichsten Unterschiede zeigen sich beim Radiobesitz, beim
Besitz von MP3-Playern und DVD-Playern/Blu-Ray-Playern / Festplattenrekordern (vgl. Abb.1).
Handy/Smartphone
Computer/Laptop
Fernseher
Radio
DVD-Player/Blu-Ray-Player/Festplatten-Rekorder
feste Spielekonsole (z.B. Play-Station/XBOX/Wii)
Tablet/iPad/Tablet-PC
MP3-Player/iPod
tragbare Spielekonsole
100%
91%
98%
45%
63%
82%
77%
33%
53%
97%
91%
95%
69%
74%
72%
69%
36%
54%
Allgemeine Schule (n=296) Förderschule Körperliche und motorische Entwicklung (n=78)
Geräte im Haushalt
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Förderschule Körperliche
und motorische Entwicklung Gymnasium Realschule Hauptschule
(n=78) (n=25) (n=163) (n=108)
Schülerinnen
und Schüler 20,90% 6,70% 43,60% 28,90%
Tab. 1:
Befragte Schülerschaft
Abb. 1:
Angaben der Schülerinnen
und Schüler zu den Geräten
in ihrem Haushalt
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Geräte im persönlichen Besitz
Fast alle Schülerinnen und Schüler an den Allgemeinen Schulen besitzen ein Handy/Smart-
phone. An den Förderschulen Körperliche und motorische Entwicklung besitzt etwas weniger,
aber dennoch die überwiegende Mehrheit der Befragten ein Handy/Smartphone. Die Schüler-
schaften der gegenübergestellten Schulformen verfügen ähnlich häufig über einen Fernseher,
eine feste Spielekonsole, ein Tablet bzw. eine tragbare Spielekonsole. Deutliche Unterschiede
werden beim Besitz von Radiogeräten und Geräten der Kategorie Computer/Laptop sichtbar.
So geben die befragten Schülerinnen und Schüler an den Allgemeinen Schulen deutlich seltener
an, ein Radio zu besitzen als die Schülerschaft an den Förderschulen. Einen Computer/Laptop
hingegen besitzen die Schüler der Allgemeinen Schule deutlich häufiger als die der Förderschule
(vgl. Abb.2).
Nutzung von Medien
Aktivitäten an Medien
Die Abbildung 3 zeigt die Aktivitäten, die an mindestens einem der Geräte (Handy, Smart phone,
Tablet, iPad, Tablet-PC, Computer, Laptop) von den jeweiligen Schülerinnen und Schülern
außer halb der Schulzeit im Alltag durchgeführt werden. Es wird deutlich, dass die befragten
Schülerinnen und Schüler in großen Teilen an mindestens einem der Geräte der erfragten Tä-
tigkeit nachgehen (vgl. Abb.3).
Telefonieren
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler der Allgemeinen Schulen, die „täglich“ oder „mehr-
mals pro Woche“ telefonieren (83%), ist deutlich höher als der Anteil der Befragten an der
Förderschule (50%). Die Schülerschaft der Förderschule telefoniert deutlich häufiger „nie“
oder „seltener als einmal im Monat“ (30%) als die Schüler der Allgemeinen Schulen (5%)
(vgl. Abb.4).
Handy/Smartphone
Computer/Laptop
Fernseher
Radio
DVD-Player/Blu-Ray-Player/Festplatten-Rekorder
feste Spielekonsole (z.B. Play-Station/XBOX/Wii)
Tablet/iPad/Tablet-PC
MP3-Player/iPod
tragbare Spielekonsole
99%
75%
73%
15%
30%
60%
41%
18%
38%
85%
44%
67%
42%
32%
54%
47%
35%
46%
Allgemeine Schule (n=296) Förderschule Körperliche und motorische Entwicklung (n=78)
Geräte im persönlichen Besitz
0% 20% 40% 60% 80% 100%
96%
91%
91%
65%
82%
87%
57%
75%
Allgemeine Schule (n=296) Förderschule Körperliche und motorische Entwicklung (n=77)
Aktivitäten im Alltag außerhalb der Schulzeit
0% 20% 40% 60% 80% 100%
fernsehen/Filme/Serien/Videos schauen
Musik hören
im Internet surfen
Spiele spielen
Abb. 2:
Angaben der Schülerinnen
und Schüler zu den Geräten
in ihrem persönlichen Besitz
Abb. 3:
Aktivitäten im Alltag außerhalb
der Schulzeit an mindestens
einem der abgefragten Geräte
(Handy/Smartphone, Tablet, iPad,
Tablet-PC, Computer oder Laptop)
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Alle Urheberrechte liegen beim Verband Sonderpädagogik e. V. – Veröentlichung und Wiedergabe sind nur mit Genehmigung des Rechteinhabers gestattet.
Nachrichten verschicken
Die grundsätzliche Tendenz, dass die Schülerschaft der Allgemeinen Schulen die digitalen
Medien im Vergleich zu den Schülern der Förderschulen häufiger nutzt, wird auch bei den kom-
munikativen Aktivitäten bezüglich der Text- und Sprachnachrichten in Einzel- bzw. Gruppen-
chats deutlich (vgl. Abb.5).
Nutzung von sozialen Medien
Die Plattform YouTube ist bei den befragten Schülerinnen und Schülern beliebt. Die Mehrheit
der Jugendlichen an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt KmE nutzt die Plattform „täg-
lich“ (63%), etwa ein Zehntel der Jugendlichen „mehrmals pro Woche“ (11%). Die Befragten
der Allgemeinen Schulen nutzen YouTube noch häufiger. Von ihnen nutzt ein Großteil YouTube
„täglich“ (81%) oder „mehrmals pro Woche“ (13%) (vgl. Abb. 6).
Etwas geringere, aber dennoch deutliche Unterschiede sind bei der Nutzung von WhatsApp
erkenn bar. Fast alle Befragten der Allgemeinen Schulen nutzen WhatsApp „täglich“ (92%) oder
zumindest „mehrmals pro Woche“ (5%). Die Schülerschaft der Förderschulen nutzt WhatsApp
81%
13%
1%
2%
63%
11%
8%
1%
Allgemeine Schule (n=294) Förderschule Körperliche und motorische Entwicklung (n=76)
You Tube
0% 20% 40% 60% 80% 100%
täglich
mehrmals pro Woche
einmal pro Woche
einmal in 14 Tagen
einmal im Monat
seltener als einmal im Monat
nie
0%
1%
1%
3%
3%
12%
Abb. 4:
Angaben der Schülerinnen
und Schüler zu ihrem
Telefonierverhalten
Abb. 5:
Angaben der Schülerinnen
und Schüler zum
Versand von Nachrichten
Versand von Nachrichten
0% 20% 40% 60% 80% 100%
täglich mehrmals pro Woche
Nachrichten in Gruppenchat (Allg. Schule,n=292)
Nachrichten in Gruppenchat (Förderschule
Körperliche und motorische Entwicklung, n=77)
Textnachrichten (Allgemeine Schule, n=289
Textnachrichten (Förderschule Körperliche
und motorische Entwicklung, n=75)
Sprachnachrichten (Allg. Schule, n=289)
Sprachnachrichten (Förderschule Körperliche
und motorische Entwicklung, n=77)
87%
47%
48%
8%
27%
20%
60%
20%
30%
12%
16%
16%
Abb. 6:
Angaben der Schülerinnen
und Schüler zu ihrer
YouTube-Nutzung
Digitale Mediennutzung von Jugendlichen im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
598
Telefonieren
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Allgemeine Schule (n=293)
Förderschule Körperliche und
motorische Entwicklung (n=77)
40% 8%
27% 23% 14%
täglich mehrmals pro Woche einmal pro Woche
43%
Alle Urheberrechte liegen beim Verband Sonderpädagogik e. V. – Veröentlichung und Wiedergabe sind nur mit Genehmigung des Rechteinhabers gestattet.
seltener. Etwas mehr als zwei Drittel der Schülerschaft geben an, dass sie die Plattform „täglich“
(70%) oder „mehrmals pro Woche“ (3%) verwenden (vgl.Abb. 7).
In Bezug auf die Nutzungshäufigkeit der Plattform Instagram ist der Unterschied in der Nut-
zungsfrequenz noch deutlicher. Die überwiegende Mehrheit der Schüler der Allgemeinen Schu-
len nutzt Instagram „täglich“ (80%) oder „mehrmals pro Woche“ (5%). Die Förderschülerin-
nen und Förderschüler hingegen nutzen Instagram deutlich seltener. Nur zwei von fünf Befragten
der Schülerschaft an den Förderschulen (39%) nutzen Instagram „täglich“, etwa ein Zehntel
„mehrmals pro Woche“ (9%). Fast die Hälfte (47%) nutzt Instagram „nie“. Der mit Abstand
größte Unterschied im Vergleich beider Gruppen zeigt sich bei Snapchat. Während 65 Prozent
der Schülerschaft der Allgemeinen Schulen bei Snapchat „täglich“ oder „mehrmals pro Woche“
aktiv sind, nutzen es 68 Prozent der Förderschülerinnen und Förderschüler „nie“. Im Gegen-
satz dazu gibt es bei Facebook kaum Unterschiede. Bei beiden Gruppen nutzt etwa ein Zehntel
Facebook „täglich“, derweil jeweils etwa zwei Drittel der Schülerschaft angeben, Facebook „nie“
zu nutzen.
Zentrale Befunde
Das Ziel dieser Vergleichsstudie ist die Erfassung des Zugangs zu und der Nutzung von Infor-
mations- und Kommunikationstechnologien von Schülerinnen und Schülern an Förderschulen
mit dem Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung sowie an Allgemeinen Schulen.
Vorherige Studien legen die Vermutung nahe, dass sich die Unterschiede im Vergleich zu Schüle-
rinnen und Schülern an Allgemeinen Schulen weniger im Zugang zu digitalen Medien, sondern
stärker in der Nutzung von digitalen Medien zeigen. Diese Vermutung kann bestätigt werden.
Während die Unterschiede bei den im Haushalt vorhandenen Geräten eher gering ausfallen,
lassen sich bei den Geräten im persönlichen Besitz größere Unterschiede feststellen. Es fällt
auf, dass weniger Förderschülerinnen und Förderschüler (85%) ein Handy/ Smartphone als
Gerät in ihrem persönlichen Besitz angeben, als die Schülerschaft an Allgemeinen Schulen, bei
denen nahezu alle Schülerinnen und Schüler ein Gerät besitzen (99%). Die Unterschiede zeigen
sich noch deutlicher in der Nutzung der digitalen Geräte. Die Angabe, dass sie „täglich“ oder
„mehrmals pro Woche“ telefonieren, Textnachrichten, Sprachnachrichten und Nachrichten in
einen Gruppenchat schicken, wurde von den Förderschülerinnen und Förderschülern durch-
weg seltener gemacht.
Auch im Alltag außerhalb der Schulzeit ging die Schülerschaft der Förderschulen mit Ausnahme
von „Spiele spielen“ seltener Aktivitäten an digitalen Geräten nach. Die deutlichsten Unterschie-
de waren in der Nutzung sozialer Medien identifizierbar. Insbesondere in Bezug auf Snapchat
und Instagram lässt sich angesichts der beschriebenen Differenzen eine große digitale Ungleich-
heit aufzeigen. Auffällig ist zudem, dass der Anteil der Förderschülerschaft, die die ausgewähl-
ten sozialen Plattformen „nie“ nutzen, erheblich höher ist als an den Allgemeinen Schulen.
92%
5
1%
0%
70%
3%
1%
0%
Allgemeine Schule (n=294) Förderschule Körperliche und motorische Entwicklung (n=77)
WhatsApp
0% 20% 40% 60% 80% 100%
täglich
mehrmals pro Woche
einmal pro Woche
einmal in 14 Tagen
einmal im Monat
seltener als einmal im Monat
nie
0%
0%
1%
1%
4%
21%
Abb. 7:
Angaben der Schülerinnen
und Schüler zu ihrer
WhatsApp-Nutzung
Diskussion
Digitale Mediennutzung von Jugendlichen im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
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Zeitschrift für Heilpädagogik | 11 2021 599
Alle Urheberrechte liegen beim Verband Sonderpädagogik e. V. – Veröentlichung und Wiedergabe sind nur mit Genehmigung des Rechteinhabers gestattet.
YouTube und WhatsApp werden von großen Teilen der Schülerschaft beider Gruppen häufig
genutzt. Da beide Plattformen bei den 12- bis 19-jährigen in Deutschland zu den drei beliebtes-
ten Internetangeboten zählen, ist dies kein überraschendes Ergebnis (mpfs, 2019, S.27). Auch
bei Facebook lässt sich eine große Ähnlichkeit feststellen. Die Plattform wird von der Mehrheit
der Jugendlichen beider Gruppen nicht genutzt. Dies ist, da die Facebook-App für lediglich
vier Prozent der 12- bis 19-jährigen in Deutschland zu den wichtigsten drei Apps gehört, eine
erwartbare Konsequenz (mpfs, 2019, S.27). Es lässt sich resümieren, dass – mit Ausnahme
von Facebook – trotz teilweise ähnlicher Tendenzen die Förderschülerinnen und Förderschüler
soziale Medien insgesamt seltener als die Schülerinnen und Schüler an den Allgemeinen Schulen
nutzen. Die These, dass sich die Unterschiede am stärksten in der Nutzung zeigen, lässt sich als
bestätigt betrachten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Unterschiede der beiden
Gruppen weniger im Zugang, sondern vielmehr im Nutzungsverhalten zu finden sind.
Limitationen
Weitere Faktoren, die im Zusammenhang mit dem Zugang und der Nutzung digitaler Medien
stehen könnten, wie z.B. soziale Herkunft oder ökonomischer Hintergrund (Robinson et al.,
2020), wurden in dieser Studie nicht erhoben. Daher können Ungleichgewichtungen hier nicht
ausgeschlossen werden. Durch einzelne Lehrkräfte wurde informell rückgemeldet, dass trotz
der expliziten Einladung im Instruktionstext an die Lehrkräfte die Mediennutzung von sehr
schwer beeinträchtigten Schülerinnen und Schülern in der Befragung zu erheben, teil weise
nicht berück sichtigt wurde. Es ist davon auszugehen, dass dies die Ergebnisse beeinflusst hat.
Weiterhin soll betont werden, dass die vorliegende Studie lediglich als Annäherung an die viel-
fältigen und komplexen Voraussetzungen der Schülerschaft und ihre Nutzungsweisen von digi-
talen Medien verstanden werden kann. Da sich diese Studie auf den Zugang und die Nutzung
von digi talen Medien fokussiert, ist sie methodisch nicht dazu geeignet, Aussagen über die tat-
sächliche digitale Teilhabe in Bezug auf die „life chances“, die sich aus der Nutzung ergeben,
zu treffen. Es lässt sich aber im Umkehrschluss ableiten, dass sich durch die Nicht-Nutzung
von Geräten, Plattformen und Funktionen digitaler Medien keine digitalen Teilhabechancen
ergeben. Die hier vorgestellten Ergebnisse und Konsequenzen basieren auf einer Befragung vor
der COVID-19-Pandemie. Es ist zu vermuten, dass sich durch den verstärkten Einsatz digitaler
Medien im Unterricht das Nutzungsverhalten intensiviert hat. Dies gilt jedoch für beide Gruppen
gleichermaßen.
In dieser Studie wurden in der Gegenüberstellung deutliche Unterschiede in der Nutzung digi-
taler Medien von Schülerinnen und Schülern an Allgemeinen Schulen und an Förderschulen
mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung festgestellt. Die in vielen
Teilbereichen geringere Nutzungshäufigkeit digitaler Medien bei den Förderschülerinnen und
Förderschülern verweist auf einen Nachteil in der digitalen Teilhabe. Dies ist insbesondere zu
betonen, da gerade die digitalen Medien die körperlichen Einschränkungen in der sozialen Teil-
habe wesentlich ausgleichen können. Der hier aufgezeigte Befund ist somit auch ein impli ziter
Auftrag für die Förderschulen. Um die soziale Teilhabe durch digitale Medien zu verbessern,
bedarf es der verstärkten Einbindung von sozialen Medien in den Unterrichtsalltag. Digitale
Bildung sollte insbesondere an den Schulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und moto-
rische Entwicklung als fächerübergreifendes Bildungsziel noch stärker in den Fokus rücken, um
die körperlichen und motorisch bedingten Benachteiligungen zu kompensieren. Hierzu bedarf
es ggf. einer eigenen Fachkonferenz an den Förderschulen, um z.B. auch die Bedarfe an ergän-
zenden Assistiven Technologien und individuellen Anpassungen von Software zur Reduktion von
Ansteuerungsbarrieren zu identifizieren. Auch können Verunsicherungen in der Nutzung von
digitalen Plattformen bei den Schülerinnen und Schülern, z.B. aufgrund nicht ausreichender
Schriftsprachkompetenzen, durch die Einbindung von sozialen Medien in den Unterrichtsalltag
verringert werden. Um beim Austausch nicht ausgeschlossen zu sein, könnte das Versenden von
Textnachrichten – ggf. auch unter Einsatz symbolgestützter Kommunikationssoftware – zunächst
zum Inhalt, später aber auch zum Medium für Unterrichtsinhalte werden. Die verstärkte Ein-
bindung von digitalen Medien in den Unterrichtsalltag und das Versenden von Text-, Sprach-
Ausblick
Digitale Mediennutzung von Jugendlichen im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
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Alle Urheberrechte liegen beim Verband Sonderpädagogik e. V. – Veröentlichung und Wiedergabe sind nur mit Genehmigung des Rechteinhabers gestattet.
und Bildnachrichten ermöglicht auch die Einübung eines verantwor-
tungsvollen Umgangs mit sozialen Medien. Dies ist insbesondere bei
Kindern und Jugendlichen mit kognitiven Beeinträchtigungen von
großer Bedeutung. Nicht zuletzt verbessert eine kompetente, mit den
Schülerinnen und Schülern der Allgemeinen Schulen vergleichbare
Medien nutzung auch die Chancen zur beruflichen Bildung auf dem
ersten Arbeitsmarkt.
Forschungen sollten zukünftig noch intensiver die individuelle Ebene
der digitalen Zugangs- und Nutzungsweisen in den Blick nehmen.
Mögliche Zielsetzungen könnten sein, individuell den Einfluss der
personen bezogenen Faktoren (z.B. kognitive Voraussetzungen,
Mobili tät, Schriftsprachkompetenz, Medienkompetenz) und der
Umwelt faktoren (z.B. Einfluss der Eltern, soziales Umfeld, über digi-
tale Medien erreich bare Peers) auf die Mediennutzung zu beforschen.
Hier bieten sich vielfältige weiterführende Fragestellungen an: Welche
Prädiktoren für die Mediennutzung lassen sich identifizieren? Wie
zufrie den sind die Förderschülerinnen und Förderschüler mit ihrer
eigenen Medien nutzung und wovon ist das abhängig? Welchen Ein-
fluss hat das pädagogische Umfeld auf die Mediennutzung der Schüler-
schaft? Eine weitere Forschungsfrage mit Blick auf das langfristige Ziel,
Teilhabebarrieren zu identifizieren und nach Möglichkeit zu reduzie-
ren, zielt auf die Barrierefreiheit von Hard- und Software: Wo stehen
sächliche Zugangs- und Nutzungsbarrieren der individuellen Teilhabe-
möglichkeit entgegen und wie können sie abgebaut werden? Um eine umfassende Beforschung
aller Dimensionen digitaler Ungleichheit zu gewährleisten, müssten auch die Auswirkungen der
Medien nutzung in Form von „life chances“, die sich durch den Medieneinsatz ergeben, in den
Blick genommen werden. Die Nicht-Nutzung von digitalen Plattformen und Medien sollte nicht
das Ergebnis von fehlenden Gelegenheiten, Kompetenzen oder unzureichender Barriere freiheit
sein (in Anlehnung an Beukelman & Light, 2020, S.49). Erst wenn sowohl die Nutzung als
auch die Nicht-Nutzung von digitalen Medien und Plattformen das Ergebnis einer eigenen Ent-
scheidung ist, kann von einer chancengerechten digitalen Teilhabe gesprochen werden (Bartel-
heimer et al., 2020, S. 46). Daraus folgen Implikationen für die weiterführende Forschung, aber
auch für die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften und für die Unterrichts praxis mit dem
Ziel, den „digital divide“ möglichst gering und die Teilhabechancen auch mit körperlichen und
motorischen Einschränkungen möglichst groß zu halten.
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Schlüsselwörter
Digitale Mediennutzung, Digitale Ungleichheit, Förder-
schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung,
Digitale Teilhabe, Vergleichsstudie
Abstract
The aim of this study is to investigate the usage of
information and communication technologies (ICT) of
students in special education schools with a focus on
physical disabilities. These results were compared to
students in mainstream schools. The method used was a
cross-sectional survey among students in special schools
for students with physical disabilities (n=78) and main-
stream schools (n=296) about their access to and usage
of digital media. The results showed that the usage pro-
babilities varied in these groups. In addition, students in
physical disability schools were less likely to be engaged
in activities on social media platforms than their mainly
non-disabled peers.
Keywords
Digital Media Usage, Digital Divide, Physical Disability
Studies, Digital Participation
Comparative Study
Literatur
Digitale Mediennutzung von Jugendlichen im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
601
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Jakob Sponholz
Universität zu Köln
Pädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen
der körperlichen und motorischen Entwicklung
Habsburgerring 1
50674 Köln
jakob.sponholz@uni-koeln.de
Prof. Dr. Jens Boenisch
Universität zu Köln
Pädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen
der körperlichen und motorischen Entwicklung
Habsburgerring 1
50674 Köln
jens.boenisch@uni-koeln.de
Digitale Mediennutzung von Jugendlichen im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
603
Zeitschrift für Heilpädagogik | 11 2021 603
... Der Schulkontext bleibt allerdings auch hier unberücksichtigt. Wenngleich die Studie von Sponholz und Boenisch (2021) erstmals die digitale Mediennutzung für Kinder und Jugendliche mit körperlichen und motorischen Funktionseinschränkungen untersucht, liegt ihr Schwerpunkt auf der privaten statt der unterrichtlichen Nutzung. Dieser Beitrag stellt daher den derzeitigen Forschungsstand zur digitalen Mediennutzung im schulischen Kontext des Förderschwerpunktes kmE dar und fasst literaturbasiert konkrete Schlussfolgerungen für eine effektive digitale Mediennutzung für den Unterricht zusammen. ...
... However, again the school context is not considered. Although the study by Sponholz und Boenisch (2021) is the first to examine digital media use among children and adolescents with physical and motor impairments, it focuses on private rather than classroom use. Therefore, this article reviews the state of research on digital media use in the school context with a special focus on physical and motor development and summarizes literature-based concrete ideas for effective digital media use in the classroom. ...
... Digitale Medien spielen in unserer tiefgreifend digitalisierten Gesellschaft eine essenzielle Rolle und stellen einen grundlegenden Bestandteil in der umfassenden Lebenswelt des Menschen dar (Sander, Gross und Hugger 2021). Vor allem für schulpflichtige Kinder und Jugendliche mit körperlichen und motorischen Funktionseinschränkungen können digitale Medien hinsichtlich Partizipations-und Teilhabemöglichkeiten von hoher Relevanz sein (Sponholz und Boenisch 2021). Insgesamt wird der Vermittlung umfassender Medienbildung ein sehr hoher Stellenwert beigemessen (Bosse 2021;Bosse et al. 2018;Adrian et al. 2017). ...
Article
Full-text available
Mit dem Begriff der Inklusion wird die Auseinandersetzung mit Zusammenhängen zwischen Formen gesellschaftlichen Ausschlusses und hieraus erwachsenden nachteiligen Lebensverhältnissen und -lagen von Menschen widerbelebt. Inklusion ist in dieser Perspektive Entwicklungsaufgabe und -anspruch von Gesellschaft. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Mediatisierungsprozesse steht die Analyse, Reflexion und Bearbeitung von Formen sozialen Ausschlusses in enger Verbindung mit medienbezogenen und -pädagogischen Aufgaben- und Fragestellungen.
Article
Full-text available
2020 marks the 25th anniversary of the “digital divide.” Although a quarter century has passed, legacy digital inequalities continue, and emergent digital inequalities are proliferating. Many of the initial schisms identified in 1995 are still relevant today. Twenty-five years later, foundational access inequalities continue to separate the digital haves and the digital have-nots within and across countries. In addition, even ubiquitous-access populations are riven with skill inequalities and differentiated usage. Indeed, legacy digital inequalities persist vis-à-vis economic class, gender, sexuality, race and ethnicity, aging, disability, healthcare, education, rural residency, networks, and global geographies. At the same time, emergent forms of inequality now appear alongside legacy inequalities such that notions of digital inequalities must be continually expanded to become more nuanced. We capture the increasingly complex and interrelated nature of digital inequalities by introducing the concept of the “digital inequality stack.” The concept of the digital inequality stack encompasses access to connectivity networks, devices, and software, as well as collective access to network infrastructure. Other layers of the digital inequality stack include differentiated use and consumption, literacies and skills, production and programming, etc. When inequality exists at foundational layers of the digital inequality stack, this often translates into inequalities at higher levels. As we show across these many thematic foci, layers in the digital inequality stack may move in tandem with one another such that all layers of the digital inequality stack reinforce disadvantage.
Book
Full-text available
Drawing on the thought of Max Weber, in particular his theory of stratification, this book engages with the question of whether the digital divide simply extends traditional forms of inequality, or whether it also includes new forms of social exclusion, or perhaps manifests counter-trends that alleviate traditional inequalities whilst constituting new modalities of inequality. With attention to the manner in which social stratification in the digital age is reproduced and transformed online, the author develops an account of stratification as it exists in the digital sphere, advancing the position that, just as in the social sphere, inequalities in the online world go beyond the economic elements of inequality. As such, study of the digital divide should focus not simply on class dynamics or economic matters, but cultural aspects – such as status or prestige – and political aspects – such as group affiliations. Demonstrating the enduring relevance of Weber’s distinctions with regard to social inequality, The Third Digital Divide: A Weberian approach to rethinking digital inequalities explores the ways in which online activities and digital skills vary according to crucial sociological dimensions, explaining these in concrete terms in relation to the dynamics of social class, social status and power. As such, it will be of interest to social scientists with interests in sociological theory, the sociology of science and technology, and inequality and the digital divide. Content Introduction Chapter 1. The evolution of the digital divide Chapter 2. Why does Weber still matter? Chapter 3. Digital stratification: Class, status group and parties in the age of the Internet Chapter 4. Life chances and the third level of digital divide Chapter 5. Concluding remarks and recommendations
Article
Full-text available
The increasing spread of the Internet holds much potential for enhancing opportunities for people with disabilities. However, scarce evidence exists to suggest that people with disabilities are, in fact, participating in these new developments. Will the spread of information technologies (IT) increase equality by offering opportunities for people with disabilities? Or will a growing reliance on IT lead to more inequality by leaving behind certain portions of the population including people with disabilities? In this paper, the authors draw on nationally representative data regarding Americans' Internet uses to (1) identify the extent to which people with disabilities are embracing use of the Internet; (2) how their use of the Internet compares with the Internet uses of the rest of the population; (3) how having a disability relates to and interacts with other social statuses (e.g. socioeconomic status, age, gender) with regard to Internet use; and (4) what explains these trends. They draw on representative data collected by the Bureau of Labor Statistics and the Census of the United States to answer these questions. It is found that people with disabilities are less likely to live in households with computers, are less likely to use computers and are less likely to be online. However, once socioeconomic background is controlled for, it is found that people with hearing disabilities and those who have limited walking ability are not less likely to be Internet users. This research enables a deeper understanding of both the use of the Internet by people with disabilities and the spread of new IT more generally.
Book
Das Standardkompendium Die Pädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung befindet sich angesichts der Inklusion im schulischen und außerschulischen Kontext in einem umfassenden Veränderungsprozess. Ziel aller pädagogisch-therapeutischen Unterstützung ist ein (weitgehend) selbstbestimmtes Leben in sozialer Interaktion und Teilhabe. Dieses Kompendium verpflichtet sich diesen Ansprüchen. Die Leser werden eingeführt in den Gesamtkomplex: Inklusion von Menschen mit Körperbehinderung, Personengruppe, Behinderungsformen, Entwicklungsbedingungen, pädagogische Intervention und neue Medien, historische Entwicklungen, Zusammenarbeit mit Eltern, Professionalisierung von Pädagogen sowie theoretische Grundpositionen auf der Basis eines konstruktivistisch fundierten Erziehungs- und Bildungsbegriffs.
Article
Das Buch soll zu einem klareren Begriffsverständnis von Teilhabe und damit zur theoretischen Verortung und Reflexion von Teilhabeforschung beitragen. In Forschungszusammenhängen zu Behinderung bietet der Teilhabebegriff einen gemeinsamen Bezugspunkt, an dem sich Fragestellungen, Ansätze und Methoden von Forschung orientieren können. Auch in vielen anderen sozialpolitischen Handlungsfeldern ist Teilhabe zu einem Leitbegriff geworden, jedoch unterschiedlich akzentuiert. Mit einem über Politik- und Arbeitsfelder hinweg geklärten Bedeutungskern wird der Teilhabebegriff insbesondere für das Verständnis und die Bearbeitung sozialer Probleme wertvoll, die Bereichsgrenzen und einfache leistungsrechtliche Zuordnungen überschreiten. Die Autor*innenPeter Bartelheimer ist Research Fellow am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V. Birgit Behrisch ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogik der Kindheit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin. Henning Daßler ist Professor für Gemeindepsychiatrie, Rehabilitation und Beratung an der Hochschule Fulda. Gudrun Dobslaw ist Professorin für Psychosoziale Beratung und Intervention an der Fachhochschule Bielefeld. Jutta Henke ist Geschäftsführerin der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e.V. in Bremen. Markus Schäfers ist Professor für Rehabilitation und Teilhabe im Sozialraumbezug an der Hochschule Fulda.
Article
In this exceptional study, Christian Fuchs discusses how the internet has transformed the lives of human beings and social relationships in contemporary society. By outlining a social theory of the internet and the information society, he demonstrates how the ecological, economic, political, and cultural systems of contemporary society have been transformed by new ICTs. Fuchs highlights how new forms of cooperation and competition are advanced and supported by the internet in subsystems of society and also discusses opportunities and risks of the information society.
Article
Purpose – The purpose of this paper is to create a conceptual framework, based on a structured literature review, to analyze the digital disability divide and help find solutions for it. A digital disability divide exists between people with impairments and those without impairments. Multiple studies have shown that people without impairments are less likely to own a computer or have an Internet connection than are people with impairments. However, the digital disability divide is seen in relation not only to access but also to accessibility and use. For people with impairments, new technological innovations offer solutions for everyday challenges, such as finding information, communicating with others and using electronic services. Design/methodology/approach – For this study, 4,778 conference and journal publications were systematically analyzed. Findings – A number of key findings emerged. This field is relatively new, and the literature is highly focused on the technological and social aspects of the digital disability divide, with technology and societal attributes being the core sub-attributes for a comprehensive model. The previous literature did not significantly study the consequences of the financial situation of individuals; rather, the predominant focus was on the have-nots and countries with low income potentials. Furthermore, motivation reveals a compelling case within the digital disability divide subset. Originality/value – The review provides a consolidated view of past research on the general topic of the digital disability divide and the attributes that affect it.