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Pausits, Aichinger, Unger, Fellner, Thaler (Hrsg.) Rigour and Relevance
STUDIENREIHE HOCHSCHULFORSCHUNG ÖSTERREICH
Rigour and
Relevance
Hochschulforschung
im Spannungsfeld
zwischen Methodenstrenge
und Praxisrelevanz
Attila Pausits, Regina Aichinger,
Martin Unger, Magdalena Fellner,
Bianca Thaler (Hrsg.)
Attila Pausits, Regina Aichinger, Martin Unger,
Magdalena Fellner, Bianca aler (Hrsg.)
Rigour and Relevance:
Hochschulforschung
im Spannungsfeld zwischen
Methodenstrenge und Praxisrelevanz
Waxmann
Münster • New York
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
Uwe Wilkesmann
1 Einleitung
Die Rede von Methoden und Modellen der Hochschulforschung unterstellt, dass zum
einen eine klar denierte Disziplin Hochschulforschung existiert, die sich zum ande-
ren dann auch noch intern auf einen Methodenkanon geeinigt hat. Beide Annahmen
sind zumindest in dieser strikten Form nicht haltbar. Daraus resultieren nicht festge-
legte Karrierewege, die wiederum eine hohe methodische Oenheit zur Folge haben.
Der Hochschulforschung sind zudem erkenntnistheoretische Probleme inhärent, die
in diesem Beitrag aufgezeigt werden und deren Überwindung erläutert wird. Ab-
schließend wird ein Erklärungsmodell innerhalb der Hochschulforschung vorgestellt.
2 Hochschulforschung als Disziplin
Wenn Methoden der Hochschulforschung analysiert werden sollen, muss zuerst ge-
klärt werden, ob eine Disziplin Hochschulforschung existiert. Diese Annahme ist
sehr voraussetzungsvoll. Hochschulforschung kann nicht als selbständige Disziplin
und schon gar nicht als eigene Profession bezeichnet werden. Wann kann von einer
eigenen Disziplin gesprochen werden? Dazu bedarf es eigener Studiengänge, eigener
Fachgesellschaen, wissenschalicher Journals und natürlich Professuren mit der
Denomination.
In Deutschland existieren dazu Ansätze, so gibt es zumindest ein paar Professuren,
die direkt die Denomination Hochschulforschung führen, sowie viele Professuren, die
sich hauptsächlich diesem ema widmen und die vom BMBF auf einer Homepage
gesammelt wurden. Es existieren seit Jahren eine eigene Fachgesellscha, min-
destens zwei eigene peer-reviewed wissenschaliche Journals, die deutschsprachig
publizieren und sich im engeren Sinne auf Hochschulforschung spezialisiert haben
(Beiträge zur Hochschulforschung, Zeitschri für empirische Hochschulforschung),
und weitere Journals, die sich anwendungsorientierten und/oder praktischen Hoch-
schulmanagementthemen widmen. Mindestens sechs Studiengänge (allerdings z. T.
Weiterbildungsstudiengänge), die sich auf Hochschulforschung und Wissenschas-
management konzentrieren, werden an deutschen Hochschulen angeboten. Dazu
kommen weitere, die sich der Wissenschasforschung widmen. Darüber hinaus
1 https://www.wihoforschung.de/de/professoren-professorinnen-.php
Uwe Wilkesmann
existieren große Forschungsinstitute zu dem ema wie das DZHW (Deutsches
Zentrum für Hochschul- und Wissenschasforschung) in Hannover, das INCHER
(Internationales Zentrum für Hochschulforschung) in Kassel, das HoF (Institut für
Hochschulforschung) in Halle-Wittenberg, das IHF (Bayerisches Staatsinstitut für
Hochschulforschung und Hochschulplanung) in München, das Hamburger Zentrum
für universitäres Lehren und Lernen sowie das zhb (Zentrum für HochschulBildung)
in Dortmund, um nur einige zu nennen (eine vollständige Aufzählung ndet sich auf
der Seite des BMBF).
In Österreich ist die Situation weitaus bescheidener. Zwar existiert das IHS (In-
stitut für höhere Studien) in Wien, die Professur von Hans Pechar zur Hochschul-
forschung ist bisher allerdings nicht nachbesetzt worden. Wenn es keine Professuren,
wenige Institute und nur eine noch junge Fachgesellscha gibt, dann existieren auch
keine festen Karrierewege für Nachwuchswissenschalerinnen und -wissenschaler.
Daraus resultieren zwei Folgen:
1. Es gibt keinen disziplinären Common Sense über Methoden und eorien, da die
Hochschulforschung interdisziplinär aufgestellt ist.
2. Nachwuchswissenschalerinnen und -wissenschaler müssen in sehr unter-
schiedlichen Feldern arbeiten, d. h. sie müssen ihre Karrierewege sehr breit an-
legen, da es keine klaren Karrierewege gibt.
Dies tri sicherlich auch auf Deutschland zu. So saß ich zuletzt auf dem Podium
der HoFoNa (Hochschulforschungsnachwuchs)-Tagung, der Nachwuchsgruppe der
GfHf (Gesellscha für Hochschulforschung), zum ema Karrierewege. Neben mir
als Vertreter des Karrierewegs Wissenscha waren eine Beraterin aus dem Bereich
Hochschulforschung eingeladen, die den Karriereweg außerhalb der Hochschule re-
präsentierte, sowie ein Kanzler, der für den administrativen Karriereweg innerhalb
der Hochschule stand. Diese drei Karrierepfade sind sicherlich typische Wege für Per-
sonen, die im Bereich Hochschulforschung arbeiten.
Ich möchte deshalb diese drei Arbeits- und Karrierefelder und deren unterschied-
liche Anforderungen und Rollenerwartungen betrachten und dann einen Vorschlag
für ein methodisches Vorgehen in der Hochschulforschung unterbreiten.
2.1 Beratung
Beraterinnen und Berater, auch wenn sie die Hochschule beraten, agieren außerhalb
des eigentlichen Wissenschassystems auf einem Markt, d. h. ihr Aurag und ihre
Problemstellung werden (idealiter) vom Auraggeber deniert. Sie sind Dienstleister
in einer singulären marktlichen Beziehung. Idealtypisch besteht eine Beratung aus
einer Ist-Soll-Analyse: Dabei wird zuerst das Problem analysiert (IST-Zustand) und
dann ein idealer Zielzustand entwickelt (SOLL-Zustand), in der Regel mit dem Kun-
den zusammen. Schließlich wird noch ein Weg angegeben, moderiert und begleitet,
2 https://www.wihoforschung.de/de/institute-im-inland-.php
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
der vom Ist- zum Soll-Zustand führt. Der Methodeneinsatz ist deswegen problemlö-
sungs- und wirkungsorientiert. Wissenschaliche Methoden spielen im engeren Sin-
ne in der Beratung nur eine untergeordnete Rolle, da nicht die Wissenschalichkeit,
sondern die Praktikabilität im Vordergrund steht.
2.2 Wissenschasmanagementpraxis innerhalb der Hochschule
Mittlerweile hat sich eine Gruppe von Wissenschasmanagern und -managerinnen in
dem Schnittfeld von Wissenscha und Verwaltung etabliert, die als „Hochschulpro-
fessionelle“ (Kehm et al., ) bezeichnet werden. Sie kommen aus der Wissenscha
und wechseln ins Wissenschasmanagement, da sie keine weitere Karriereoption in
der Wissenscha nden oder keine Dauerstellen oder zumindest, um eine andere be-
ruiche Karriereoption zu erlangen. Sie oszillieren dabei häug zwischen den Rollen-
anforderungen der Praxis und den Rollenanforderungen der Wissenscha hin und
her. Dieses Wissenschas-Praxis-Dilemma will ich gleich genauer charakterisieren.
Da sie in den Feldern der Evaluationsforschung, der Organisationsentwicklung (also
der Organisationsforschung) und des Human-Ressource-Managements arbeiten, ent-
stammen ihre Methoden (im weitesten Sinne) den Sozialwissenschaen. Allerdings
wird auch hier der Methodeneinsatz immer durch praktische Restriktionen limitiert.
Ergebnisse müssen in einem gewissen Zeitfenster geliefert werden, deshalb lautet
auch hier das methodische Motto, ähnlich wie in der Beratung: anwendungs- und
zielorientiert.
2.3 Wissenscha
Ausgangspunkt einer wissenschalichen Untersuchung ist die Forschungsfrage, die
sich aus der wissenschalichen Community heraus entwickelt. Sie wird durch eine
Forschungslücke in diesem Feld begründet. Dazu muss auf den Stand der Literatur
state-of-the-art rekurriert werden, um eine theoretische Begründung oder Unter-
fütterung des Problems zu liefern, aus dem die Hypothesen generiert oder die for-
schungsleitenden Annahmen fundiert werden. Für die Empirie gelten die entspre-
chenden Methodenstandards und ihre Gütekriterien, die mit entsprechender Distanz
zum Forschungsobjekt eingesetzt werden. Da es sich bei der Hochschulforschung um
die Organisation Hochschule mit Mitgliedern und ihren sozialen Interaktions- und
Aushandlungsprozessen handelt, ist ein sozialwissenschalicher Methodenkanon als
angemessen zu bezeichnen.
2.4 Wissenschas-Praxis-Dilemma
Gerade für die Personen, die im zweiten Feld der Wissenschasmanagementpraxis
arbeiten, kann ein Wissenschas-Praxis-Dilemma entstehen. Die Hochschulprofes-
sionellen (Kehm et al., ) bewegen sich zwischen Praxisorientierung und Wissen-
schasorientierung. Dieses Dilemma wird häug dadurch aufgelöst, dass eine klare
Uwe Wilkesmann
Priorisierung des einen zuungunsten des anderen vorgenommen wird (Schmid et al.,
). So ist es z. B. empirischen Studien von Autorinnen und Autoren aus diesem
Bereich anzumerken, wenn sie eigentlich „nur“ als eine Evaluationsstudie konzi-
piert wurden, aber nachträglich ein theoretisches und/oder methodisches Upgrade
erhalten haben. Es wird schnell deutlich, dass die vorgelegte Forschungsfrage eine
Sekundäranalyse ist. Die Personen, die in diesem Feld arbeiten, betreiben– neben
der eigentlichen Managementarbeit– Evaluations-, Organisationsentwicklungs- und/
oder Fallstudien, bei denen eorie und Methode nachrangig zur Praxis sind. Von der
Ausbildung, den Erwartungen und Ansprüchen sowie teilweise den Karriereoptionen
müssen sie aber Anschlussfähigkeit an den wissenschalichen, theorieorientierten
Diskurs herstellen. Hierin besteht das eigentliche akademische Dilemma für diese
Gruppe.
Zwar existiert eine lange Tradition der Beschäigung mit dieser Frage der Praxis-
forschung, von der Aktionsforschung (Reason, ) über den Diskurs zu Mode-
(Gibbons et al., ) bis hin zur Auseinandersetzung um die Anwendungsorientierte
Sozialforschung (Latniak & Wilkesmann, ), dennoch bleibt ein Grundproblem
dabei ungelöst. Wenn die Forschung praxisnah sein soll, um Veränderungsprozes-
se anzustoßen, dann kämp sie mit dem Problem, dass sie sich einem fortlaufend
wandelnden Gegenstand anpassen muss. Damit bringt sie aber auch „ständig ihr
eigenes Design ins Wanken“ (Kromrey, , S.). Bleibt sie einem strengen Wis-
senschasverständnis treu, indem sie auf theoriegeleitete Forschungsfragen beharrt
sowie einem festgelegten Forschungsdesign, kann es sein, dass ihre Ergebnisse praxis-
irrelevant werden.
Für Hochschulprofessionelle existiert damit häug ein Rollenproblem: Sind sie im
Feld der Wissenscha oder im Bereich der Administration tätig? De facto im letzteren
Bereich, aus dem dann auch die entsprechenden Zeitrestriktionen, Entscheidungsan-
forderungen und Ressourcenlimitationen entstammen. Anderseits wollen sie– zum
Teil aus Karrieregründen oder Gründen des Selbstverständnisses– den Anschluss
an das Feld der Wissenscha nicht (vollständig) aufgeben. Die Lösung des Problems
wird also nicht an die Organisation adressiert, sondern an die Individuen.
3 Erkenntnistheoretische Probleme der Hochschulforschung
3.1 Selbstobjektivierungs- und Selbstüberschätzungsproblem
In allen drei Feldern, aber besonders im Feld der Beratung und/oder der Wissen-
schasmanagementpraxis innerhalb der Hochschule ergeben sich zwei erkenntnis-
theoretische Probleme, die ich im Folgenden kurz skizzieren und anschließend einer
Lösung zuführen möchte: das Selbstobjektivierungsproblem und das Selbstüber-
schätzungsproblem (Wilkesmann, a).
3 Vgl. zu diesem Kapitel Wilkesmann (, S. .)
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
Die Bezeichnung Selbstobjektivierungsproblem stammt von Rindermann ()
und bezeichnet die Gefährdung der Interessenfreiheit, da die Ergebnisse für die eigene
Lebenswelt relevant sind. Als Organisationsmitglieder oder als Berater haben die Wis-
senschasmanagementpraktiker und -praktikerinnen sowie die Forscherinnen und
Forscher ein eigenes Interesse in dem Feld, das sie beforschen oder beraten. Sie sind in
einen Interessenkonikt eingebunden, der ihre Sichtweise auf den Forschungsgegen-
stand bestimmt, und deshalb im strengen Sinne nicht neutral. Subjektive Sichtweisen
unter bestimmten Statusmitgliedern, die in Befragungen erfasst werden, sind immer
durch den eigenen Status geprägt. Personen aus der Wissenschasmanagementpraxis
und/oder Beraterinnen und Berater wollen ihre präferierten Zielzustände mit wissen-
schalicher Expertise unterfüttern und so legitimieren. Innerhalb der Hochschule gilt
ausschließlich wissenschalich begründetes Wissen als legitim. Für Professorinnen
und Professoren gilt Ähnliches, wenn sie z. B. Forschung betreiben, deren Ergebnisse
Auswirkungen auf die Autonomie von Professorinnen und Professoren haben könn-
ten.
Da die Forschung immer praktische Konsequenzen bei einer möglichen Umset-
zung in der Organisation hat und somit den Alltag der Forscherinnen und Forscher
beeinussen kann, wird die Interessenlage der Forschenden die Forschung selbst be-
einussen. Eine Professorin oder ein Professor, die oder der über die Situation der
Professorenscha forscht, kann das Untersuchungsdesign so anlegen, dass die Ver-
schlechterung der eigenen Arbeitssituation empirisch belegt und damit Forderungen
aus der Professorenscha politisch unterstützt werden können. Das zentrale Ergebnis
der Studie wird dann sein, dass die Autonomie der Professorenscha nicht reduziert
werden darf, da sonst die forschende oder lehrende Handlungsezienz gefährdet ist.
Es ist also immer zu reektieren, ob nicht scheinbar evidenzbasierte Ergebnisse Aus-
druck einer versteckten Interessenspolitik sein können.
Die zweite Besonderheit ist das Selbstüberschätzungsproblem: Alle Mitglieder der
Organisation Hochschule, auch wenn sie nie zum ema selbst geforscht haben, se-
hen sich selbst als Expert*innen für das ema an. In der Hochschulforschung wird
ihr eigener Alltag adressiert, z. B. in der Lehre, zu dem sie selbst viel anekdotische
Erfahrung beisteuern können. Diese persönliche Erfahrung bezieht sich aber immer
auf ihre persönliche Disziplin, die sich durch eine spezische Fachkultur auszeich-
net. Ebenso werden Erfahrungen aus der eigenen Fakultät oder der eigenen Hoch-
schule unzulässig verallgemeinert. So können selektive Erfahrungen zu unzulässigen
Schlüssen führen. Dabei kann durchaus das Selbstobjektivierungsproblem reektiert,
d. h. von speziellen Interessenlagen abstrahiert werden, dennoch bleiben spezische
Probleme eines Fachs oder eines Hochschultyps als blinde Flecken unerkannt. Erfah-
rungen aus der eigenen Fach- und Fakultätskultur werden unzulässig auf alle anderen
Fächer und Kulturen übertragen. Dies kann gerade auch in der Beratung und der
Wissenschasmanagementpraxis aureten. Im Feld der Beratung existiert das Inter-
esse, Probleme so zu lösen, dass eine Abhängigkeit, d. h. Anschlussverträge, zustande
kommt. In der Wissenschasmanagementpraxis können bestimmte Sichtweisen eines
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administrativen Bereichs verallgemeinert und so unter das Selbstüberschätzungspro-
blem fallen.
Ich möchte hier nicht die erkenntnistheoretischen Probleme theoretisch weiter
entfalten, sondern sie einer methodischen Lösung zuführen, also die Frage beantwor-
ten: Mit welchen sozialwissenschalichen Methoden (Hochschulforschung ist Sozial-
wissenscha) können beide erkenntnistheoretischen Probleme überwunden werden?
3.2 Die Konstruktion erster und zweiter Ordnung als Überwindung des
Selbstobjektivierungs- und Selbstüberschätzungsproblems
Der Soziologie Schütz () dierenziert zwischen der sozialen Konstruktion ers-
ter und zweiter Ordnung. Es ist immer beides notwendig: deutendes Verstehen und
Erklären. Wenn etwas soziologisch erklärt wird, dann muss immer auch die sym-
bolische Vermittlung der Situationsdenition aus der Lebenswelt der beobachteten
Akteure einbezogen werden. In den Sozialwissenschaen befassen wir uns nicht mit
unabhängigen Objekten, sondern mit der sozial konstruierten Lebenswelt handelnder
Akteure. Die beiden Konstruktionen lassen sich folgendermaßen beschreiben:
1. Die Konstruktion erster Ordnung umfasst die Lebenswelt der analysierten Akteure
und deren symbolische Vermittlung einer Situationsdenition. Gemeint ist mit
dieser Ebene, dass sich die Akteure mittels Interaktion auf ein gemeinsames men-
tales Modell verständigen. Es geht um die von den sozialen Akteuren in Inter-
aktion kollektiv generierte Vorstellung der Situation. Es geht hier also um „die
subjektiven eorien der Akteure“ (Esser, , S.), die entweder als solche im
Mittelpunkt stehen oder auch in Erklärungsmodelle eingebettet werden können.
2. Die Konstruktion zweiter Ordnung sind die wissenschalichen eorien über die
Konstruktionen erster Ordnung. Also eorien, die Handeln erklären und „die
der Sozialwissenschaler auf das zu erklärende Handeln unter Benutzung der sub-
jektiven eorien des Alltagsmenschen anwendet“ (Esser, , S.).
Wenn soziologische eorie nicht nur verstehen, sondern auch erklären will, dann
gilt: „Der Sozialwissenschaler muß erst die Konstruktion erster Ordnung, die Grün-
de der Menschen verstanden haben, ehe er an die Konstruktion seiner Konstruktion
zweiter Ordnung, an seine eorien und an soziologische Erklärungen gehen kann“
(Esser, , S.).
Wie kann dies auf den Bereich der Hochschulforschung übertragen werden? Die
Lebenswelt der Forschenden ist die Konstruktion erster Ordnung. Gemeint ist das
Verstehen dieser Lebenswelt. In dem hier behandelten Fall kann dies vorausgesetzt
werden, da die Beraterinnen und Berater, die Wissenschasmanagerinnen und Wis-
senschasmanager sowie die Forscherinnen und Forscher selbst Teil dieser Lebens-
welt sind und somit an der Sinnkonstruktion teilhaben. Dennoch muss dies nicht
heißen, dass das Verstehen immer vorausgesetzt werden kann. Ein Rektorat deniert
aus seiner Sicht die Lebenswelt der Hochschule anders als Erstsemester derselben
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
Hochschule. Diese Konstruktionen lassen sich durch die Wissenscha methodisch
kontrolliert erheben: Sie können mit Hilfe interpretativer, qualitativer, aber auch
quantitativer Methoden beantwortet werden. Die quantitative Variante ist jedoch nur
dann sinnvoll, wenn es darum geht, die Verteilung von Einstellungsmustern repräsen-
tativ zu beantworten (Schmid & Wilkesmann, ).
Die Konstruktion zweiter Ordnung umfasst die Ebene der eorien, deren Wett-
bewerb und empirische Fundierung. Fragen aus dem Bereich der Hochschulfor-
schung sind u. a.: Haben selektive Anreize Auswirkungen auf das Lehr-Engagement
von Professorinnen und Professoren (Wilkesmann & Schmid, )? Wie kann erklärt
werden, dass Kinder von Akademikerinnen und Akademikern eine größere Chance
haben, zu studieren als Kinder aus Arbeiterhaushalten (Becker, )?
Beide Ebenen sind für die wissenschaliche Forschung notwendig. Es kann nicht
eine Ebene zugunsten der anderen vernachlässigt werden. Allerdings existiert in der
Hochschulforschung eine Besonderheit: Die Befragten sind selbst Wissenschale-
rinnen und Wissenschaler und sehen sich deshalb auch selbst als Expertinnen und
Experten auf der Ebene der Konstruktion erster und zweiter Ordnung. Aus diesem
Grund wollen sie in den Forschungsprozess eingreifen und sowohl die Wahl der Me-
thode, der eorie als auch der Auswertung und Interpretation beeinussen, auch
wenn es nicht ihre eigene Forschung ist.
Zusammenfassend lassen sich die oben genannten beiden Probleme der Hoch-
schulforschung demnach wie folgt überwinden:
1. Das Selbstobjektivierungsproblem betri die Konstruktion der zweiten Ebene. Es
kann jederzeit durch die oene Interaktion der Wissenschalerinnen und Wissen-
schaler überwunden werden. Die soziale Institution des wissenschalichen Wett-
bewerbs sorgt dafür, dass sich keine Sonderinteressen in Forschungsergebnissen
verstecken, die zur scheinbar evidenzbasierten Tarnung von sozialen Interessen-
lagen dienen. Deshalb ist der wissenschaliche Wettbewerb als soziale Institution
so wichtig. Damit wird die Überwindung des Selbstobjektivierungsproblems nur
im Feld der Wissenscha adressiert und nicht (zumindest nicht in institutionali-
sierter Form) in der Beratung oder in der Wissenschasmanagementpraxis.
2. Das Selbstüberschätzungsproblem betri die Konstruktion erster Ordnung. Zur
Überwindung ist ein Perspektivenwechsel zum Verstehen der Lebenswelt aller
Wissenschalerinnen und Wissenschaler aus anderen Disziplinen notwendig.
Die Möglichkeit des kommunikativen Handelns oder dialogischer lebensweltli-
cher Interaktion wird zur Überwindung dieses Problems führen. Damit ist die
Überwindung des Selbstüberschätzungsproblems nicht nur im Feld der Wissen-
scha möglich, sondern wird explizit im Feld der Beratung und des Wissen-
schasmanagements adressiert. Dazu bedarf es institutionalisierter Formen der
interaktiven Klärung verschiedener Sichtweisen. So ndet z. B. in der Organisati-
onsentwicklung in Form von fach-, funktions- und hierarchieübergreifenden Pro-
jektgruppen auch eine gemeinsame Konstruktion erster Ordnung statt. Auch in
Beratungsprozessen kann und sollte sich zuerst auf eine gemeinsame Situations-
Uwe Wilkesmann
denition verständigt werden, indem in einer gemeinsamen Gruppe von Klienten
und Klientinnen und Beratern und Beraterinnen das Problem und damit der Be-
ratungsaurag deniert wird.
Abschließend soll ein Erklärungsmodell im Rahmen der Hochschulforschung vorge-
stellt werden, das den eben diskutierten Anforderungen im wissenschalichen Sinne
genügen kann. Dies gilt nur im Feld der Wissenscha.
4 Ein Erklärungsmodell im Rahmen der Organisation Hochschule
im Feld der Wissenscha
Im Bereich der Hochschulen lassen sich Erklärungen theoretisch und empirisch gut
begründen, da Hochschulen Organisationen sind. Organisationen eignen sich her-
vorragend für den Ebenenwechsel, der bei Erklärungen notwendig ist. Das „Bade-
wannenmodell“ nach Coleman (; Esser, ) ist ein gutes Beispiel für einen
solchen Ebenenwechsel. In Organisationen wird das Verhalten der Organisationsmit-
glieder durch die Organisationsstrukturen beeinusst. Handeln ist legitimerweise nur
innerhalb der Strukturen möglich. Die Handlungsräume der Organisationsmitglieder
werden durch die Organisationsstrukturen und die vorherrschenden Normen, Werte
und Rollenerwartungen innerhalb der Organisation geprägt. Dennoch sind Verände-
rungen auf der Ebene der Struktur durch Handlungen auf der Mitgliederebene und
deren Aggregation erklärbar. Durch das Handeln der Mitglieder werden die Struk-
turen, Normen und Rollenerwartungen reproduziert oder aber verändert, wenn es
nämlich Abweichungen von den vorgegebenen Mustern gibt. Organisationsstruktu-
ren und -normen sind geronnene Handlungen aus früheren Zeitpunkten durch da-
malige Mitglieder.
4.1 Situationslogik
Die Situationslogik meint die Konstruktion und Rekonstruktion der gemeinsam ge-
teilten Lebenswelt und stellt somit die Konstruktion erster Ordnung dar. In diesem
Bereich wird die Situation bestimmt und damit erfasst, welche Handlungsmöglich-
keiten ein Akteur überhaupt besitzt.
Die Denition einer Situation ist nicht objektiv gegeben, sondern kommunika-
tiv und damit sozial konstruiert, aber diese Konstruktion ndet nicht im ‚luleeren
Raum‘ statt, sondern ist an bestimmte Parameter und Rahmenbedingungen geknüp.
Die Situationsdenition und ihre Aushandlung bedürfen eines gemeinsamen Inter-
aktionsprozesses. Dieser kann auch in der Vergangenheit liegen und durch ehemali-
ge Organisationsmitglieder vorgenommen worden sein. Den jetzigen Akteuren tritt
dann die damals vorgenommene Situationsdenition als mehr oder weniger fremd
in Form von Normen, Rollenerwartungen oder allgemeiner als soziale Institutionen
4 Vgl. zu diesem Kapitel Wilkesmann (a, S. .).
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
gegenüber. Dennoch bleibt jede Situation eine sozial konstruierte (Berger & Luck-
mann, []).
Das Modell soll an dem Beispiel der Governance der Lehre illustriert werden. Fol-
gende Forschungsfrage soll beantwortet werden: Welche Lehr-Governance bewirkt
welche Lehrhandlungen bei Professorinnen und Professoren, und reproduziert diese
die ursprüngliche Lehr-Governance bzw. führt dies zu Innovationen in der Lehre auf
der organisationsstrukturellen Ebene?
Wie die Akteure die Organisations-Governance wahrnehmen, wird durch die Si-
tuationslogik bestimmt. Es werden für dieses Beispiel zwei Formen der Governance
dierenziert: transaktionale oder transformationale Governance. Transaktionale
Lehr-Governance wird durch die selektiven Anreize des New Public Managements
bestimmt. Demgegenüber steht eine Lehr-Governance, in der z. B. Form und Inhalt
der Lehre dem professionellen Selbstverständnis unterliegt. Diese transformationale
Governance formuliert eine gemeinsame Lehr-Vision (Wilkesmann, a).
4.2 Logik der Selektion
Damit hat die Wahrnehmung einer bestimmten Situation eine spezielle Handlungs-
selektion zur Folge. Esser beschreibt dies unter der Logik der Selektion (Esser, ,
S.–), wobei er dies aber auf eine Handlungstheorie beschränkt, nämlich eine
Rational-Choice-eorie. Handeln in Organisationen ist häug eher durch Routinen
geprägt und zeichnet sich weniger durch bewusste Selektion aus. Ein eingeübter Ha-
bitus, wie z. B. das typische professorale Verhalten, wird unreektiert ausgeübt. Ge-
hört ein hohes Engagement in der Lehre zum Selbstbild guter akademischer Tätigkeit,
Abb. 1: Erklärungsmodell von akademischer Lehre (eigene Darstellung)
Uwe Wilkesmann
dann ist dieses Selbstbild sozialisiert und vermutlich nicht rational verfügbar, son-
dern eine internalisierte Handlungsroutine (Wilkesmann, b). Anderseits kann
das Lehrengagement auch nach dem Typus rationaler Wahl verlaufen: Wenn nämlich
für gute Lehre ein Bonus von Euro bezahlt werden würde oder für die Betreuung
von mehr als Abschlussarbeiten im Jahr eine Mitarbeiterstelle zusätzlich vergeben
werden würde, dann kann es rational sein, dieser Belohnung in der eigenen Hand-
lungsauswahl zu folgen.
Sowohl die Situationslogik als auch die Logik der Selektion wird hier beispielha
theoretisch mit der Self-Determination-eory (SDT) (Ryan & Deci, ) als adap-
tierte sozialpsychologische Handlungstheorie begründet. Dieser Ansatz eignet sich
deshalb so gut, weil er einen Zusammenhang zwischen wahrgenommener Organisa-
tionssituation und einem Motivations- bzw. Handlungsregulationstyp herstellt (Wil-
kesmann, b). In der SDT wird die Organisationssituation zwischen den Polen
Fremdbestimmtheit und Selbstbestimmtheit verortet, je nach der Wahrnehmung der
Organisationsstruktur. Wichtig ist auch nach der SDT der Zusammenhang zwischen
den grundlegenden Bedürfnissen der Akteure und der Motivation. Als grundlegende
Bedürfnisse werden die Autonomie-Wahrnehmung, die Kompetenzwahrnehmung
und soziale Eingebundenheit verstanden. Es wird damit ein Zusammenhang zwi-
schen den grundlegenden Bedürfnissen der Akteure, der Wahrnehmung der Orga-
nisationssituation und der Handlungsregulation begründet. Hohe Autonomie- und
Kompetenzwahrnehmung sowie starke soziale Eingebundenheit korrelieren mit ho-
her Selbstbestimmung. Umgekehrt korreliert eine geringe Ausprägung dieser Dimen-
sionen mit Fremdbestimmung. Die Wahrnehmung einer starken Fremdbestimmtheit
korrespondiert mit Amotivation. Dies beschreibt ein Nicht-Handeln als Regulations-
typ. Müssen die Lehrstuhl-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter die ungeliebte Übung
übernehmen, die keiner machen will, wobei die Inhalte der Veranstaltung vom Chef/
von der Chen bis ins Detail vorgegeben sind, dann führt dies zu Amotivation. Pocht
der bzw. die Vorgesetzte auf Einhaltung und erinnert an die arbeitsvertraglich fest-
gelegte Verpichtung, dann liegt eine etwas schwächere Fremdbestimmtheit mit ex-
trinsischer Motivation und damit einem external regulierten Handlungstyp vor. Am
anderen Pol-Ende der SDT ist eine hohe Selbstbestimmtheit zu nden, die mit intrin-
sischer Motivation korrespondiert und somit als ein internal regulierter Handlungs-
typ zu verstehen ist. Dazwischen existieren nach Ryan und Deci () verschiedene
Formen der extrinsischen Motivation und Handlungsregulation. Diese Formen sind
durch verschiedene Phasen der Sozialisation und Internalisierung bestimmt: Das New
Public Management unterstellt, dass Handlungen nur aufgrund von Belohnung oder
Bestrafung ausgeführt werden. Dies entspricht der externalen Regulation, die mit ei-
ner noch hohen Fremdbestimmtheit korrespondiert. Ein Beispiel dafür sind selektive
Anreize für die Lehre. Wissenschalerinnen und Wissenschaler engagieren sich nur
dann in der Lehre, wenn diese Anreize für jedes positive Verhalten vergeben werden.
Die Internalisierung dieser Belohnungs- und Bestrafungsanreize heißt introjizierte
Regulation, d. h. der Akteur belohnt oder bestra sich selbst. Seine Seminare einfach
ausfallen zu lassen, erzeugt einem solchen Akteur doch ein schlechtes Gewissen (Wil-
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
kesmann & Lauer, ). Identizierende Regulation beschreibt eine Verhaltensweise,
deren Werte und Ziele integraler Bestandteil des Selbstkonzeptes sind. In diesem Fall
werden soziale Normen internalisiert und befolgt; eine Handlungsregulation, wie sie
in Universitäten zu nden ist, die durch wissenschaliche Professionsnormen ge-
steuert wird. Findet die Handlung in Übereinstimmung mit dem Selbstkonzept statt,
dann wird von integrierter Regulation gesprochen. Gemeint ist eine Integration von
Zielen und Normen, mit denen das Individuum vollkommen übereinstimmt. Als gute
Wissenschalerin oder guter Wissenschaler bemüht sich die Person auch um gute
Lehre, weil dies zum Selbstbild dazugehört. Intrinsische Motivation meint dann ein
von den äußeren Anreizen und Zwängen freies Handeln, das nur ausgeführt wird,
weil es Spaß, Freude oder Zufriedenheit bringt. Die Lehrenden engagieren sich in der
Lehre, weil der Wissenstransfer mit den Studierenden einfach Freude bereitet.
4.3 Logik der Aggregation
Bisher ist der Weg von der Organisationsstruktur zur Handlungsebene der Organi-
sationsmitglieder betrachtet worden. Es fehlt noch der Schritt von der Handlungs-
ebene der Akteure zurück auf die Ebene der Organisationsstruktur. Esser () nennt
diesen letzten Schritt die Logik der Aggregation. Sie ist allerdings sowohl theoretisch
als auch empirisch schwer zu bestimmen. Dies gilt ebenso für das oben gebrachte
Beispiel der akademischen Lehre. Lehre ist das Ergebnis kollektiven Handelns, d. h.,
nicht eine Person alleine trägt die Lehre eines Studiengangs, sondern viele Dozentin-
nen und Dozenten gemeinsam erbringen das kollektive Gut Lehre. Außerdem sind
an der Lehr-Lern-Situation Dozierende und Studierende gleichermaßen beteiligt,
Amotivation Extrinsische Motivation Intrinsische
Motivation
Äußere
Regulation
(External Regulation)
Introjizierte
Regulation
(Introjected Regulation)
Identifizierte
Regulation
(Identified Regulation)
Integrierte
Regulation
(Integrated Regulation)
fremdbestimmt selbstbestimmt
Externale
Belohnung
und
Bestrafung
Internale
Belohnung
und
Bestrafung
Persönlich als
bedeutsam
ansehen
Übereinstimm
ung mit dem
Selbstbild
Zufriedenheit,
Spaß,
Freude
Keine
Regulation
(Non-Regulation)
Intrinsische
Regulation
(Intrisinsic Regulation)
Inkompetenz-
Wahrnehmung
Situationswahrnehmung
Internalisierung
Abb. 2: Self-Determination-eory nach Ryan und Deci (, S.)
Uwe Wilkesmann
schließlich geht es um das Lernen der Studierenden. So kann der Output der Lehre
nur nach Aggregationsregeln kollektiven Handelns bestimmt werden. Im Gegensatz
zu den anderen beiden Logiken nden sich kaum Regeln für den Übergang von der
Handlungs- auf die Strukturebene. Am Beispiel der Lehre bedeutet dies: Wie wird
das kollektive Handeln der Lehre untereinander abgestimmt und organisiert? Eine
Hypothese in diesem Zusammenhang wäre, dass eine externale Handlungsregula-
tion bei den Akteuren zu einem Trittbrettfahrerverhalten führt. Der Trittbrettfahrer
kann sich das Leben in der Lehre einfach machen, indem er seine Kosten reduziert
und möglichst wenige Prüfungen abnimmt. Jede Dozentin, jeder Dozent kann dies
selbst steuern, indem sie oder er möglichst schlechte Noten vergibt. Rationale Studie-
rende werden dann auf die Professorinnen und Professoren ausweichen, von denen
sie bessere Noten erwarten. So reduziert die Person, die besonders schlechte Noten
vergibt, das eigene Arbeitsvolumen und verschiebt es auf Kollegen und Kolleginnen.
Damit würde dann ein Regime der externalen Kontrolle produziert und reproduziert
werden. Die Anzahl der eigenen Studierenden lässt sich so einfach kontrollieren und
steuern, da die Studierenden auch die Kosten reduzieren wollen, d. h., die besten No-
ten bei geringster Belastung anstreben.
5 Resümee
Drei Problemstränge sind diskutiert worden: ein methodisches Problem, das sich aus
der Organisation der Karrierewege ergibt, ein erkenntnistheoretisches Problem sowie
ein Erklärungsmodell innerhalb der Hochschulforschung.
Es existiert kein einheitlicher und festgelegter Methodenkanon in der Hochschul-
forschung. Dies ist darin begründet, dass die Hochschulforschung (noch) keine eige-
ne Disziplin ist und deshalb für sich auch (noch) keine eigene Profession darstellt.
Sie ist vielmehr durch sehr verschiedene disziplinäre Zugänge gekennzeichnet, da
die Personen aus unterschiedlichen disziplinären Hintergründen in die Hochschul-
forschung gekommen sind. Ebenso existieren keine festen Karrierewege, sondern im
Rahmen der Karriere müssen alle Personen in diesem Feld relativ oen bleiben. Dies
führt auch zu unterschiedlichen methodischen Anforderungen in den einzelnen Be-
rufsfeldern.
In allen drei Karriere- und Arbeitsfeldern ergeben sich aber erkenntnistheoreti-
sche Probleme, die hier als Selbstobjektivierungsproblem und als Selbstüberschät-
zungsproblem gekennzeichnet wurden. Beide Probleme können durch institutionali-
sierte Formen der Reexion und des Wettbewerbs überwunden werden. Traditionell
geschieht dies für das Selbstobjektivierungsproblem durch die Institution des wissen-
schalichen Wettbewerbs und für das Selbstüberschätzungsproblem durch institutio-
nalisierte Formen des Perspektivwechsels in Beratung und Organisationsentwicklung.
Abschließend ist ein Erklärungsmodell innerhalb der Hochschulforschung vorge-
stellt worden. Es handelt sich dabei um das Badewannenmodell, das die Konstruktion
erster und zweiter Ordnung sowie die Ebene zwischen Organisation und Handlung
der Mitglieder verbindet.
Methoden und Modelle der Hochschulforschung
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