ArticlePDF Available

Aufklärungs- und Bildungsarbeit gegen Antiziganismus. Einblicke in das Projekt „Kompetent gegen Antiziganismus – in Geschichte und Gegenwart

Authors:

Abstract

in: Bürger & Staat, Heft 1/2, 2018, S. 85–93.
Antiziganismus
www.lpb-bw.de
1/2–2018
bis2018_0102_cover.indd u1bis2018_0102_cover.indd u1 08.05.18 11:1708.05.18 11:17
Das komplette Heft fi nden Sie zum Downloaden als PDF-Datei unter
www.buergerimstaat.de
Heft 1/2-2018, 68. Jahrgang
»Bürger & Staat« wird von der Landeszentrale
für politische Bildung Baden-Württemberg
herausgegeben.
Direktor der Landeszentrale
Lothar Frick
Redaktion
Prof. Siegfried Frech, siegfried.frech@lpb.bwl.de
Redaktionsassistenz
Barbara Bollinger,
barbara.bollinger@lpb.bwl.de
Anschrift der Redaktion
Lautenschlagerstraße 20, 70173 Stuttgart
Telefon: 07 11/16 40 99-44
Fax: 07 11/16 40 99-77
Herstellung
Schwabenverlag AG
Senefelderstraße 12, 73760 Ostfildern-Ruit
Telefon: 07 11/44 06-0, Fax: 07 11/44 06-1 74
Gestaltung Titel
VH-7 Medienküche GmbH, Stuttgart
Gestaltung Innenteil
Schwabenverlag Media
der Schwabenverlag AG
Vertrieb
Neue Süddeutsche Verlagsgsdruckerei GmbH
Nicolaus-Otto-Straße 14, 89079 Ulm
Telefon: 07 31/94 57-0, Fax: 07 31/94 57-2 24
www.suedvg.de
Druck
Neue Süddeutsche Verlagsgsdruckerei GmbH
Nicolaus-Otto-Straße 14, 89079 Ulm
Preis der Einzelnummer 3,33 EUR.
Jahresabonnement 12,80 EUR Abbuchung.
Bitte geben Sie bei jedem Schriftwechsel mit
dem Verlag Ihre auf der Adresse aufgedruckte
Kundennummer an.
Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht
unbedingt die Meinung des Herausgebers
und der Redaktion wieder.
Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte
übernimmt die Redaktion keine Haftung.
Nachdruck oder Vervielfältigung auf elek-
tronischen Datenträgern sowie Einspeisung
in Datennetze nur mit Genehmigung der
Redaktion.
Titelfoto: picture alliance/dpa
Auflage dieses Heftes: 14.000 Exemplare
Redaktionsschluss: 10.04.2018
ISSN 0007-3121
Inhaltsverzeichnis
Markus End
Antiziganismus: Definition, Erscheinungsformen, Funktionen ................ 5
Udo Engbring-Romang
Die Verfolgung von Sinti und Roma
in der NS-Zeit am Beispiel Mannheim ................................................ 11
Ilona Lagrene
Zur Entstehung der Bürgerrechtsbewegung derSinti und Roma
inBaden-Württemberg – ein persönlicher Rückblick ........................... 17
Daniela Gress
Zwischen Protest und Dialog.
DieBürgerrechtsbewegung deutscher Sinti undRoma ....................... 21
Frank Reuter
Antiziganismus in der Fotografie: einhistorischer Überblick ............... 28
Romeo Franz
Die Bildungssituation der Menschen mit Romno-Hintergrund
in Deutschland ................................................................................ 36
Hajdi Barz
Bildung zweiter Klasse für Rom*nja und Sint*ezza .............................. 41
Markus End
Fortgesetzte antiziganistische Ermittlungs ansätze bei Polizei-
und Sicherheitsbehörden. Das Beispiel Baden-Württemberg ............... 46
Sabrina Steindl-Kopf
Stereotype Sichtweisen in Roma-Projekten ........................................ 52
Thomas Handrich
So wird Inklusion gemacht! ............................................................... 58
Jovica Arvanitelli, Juan-Ramon Munuera
„Sichere“ Herkunftsländer – auch für Roma? ..................................... 68
Uwe Wenzel
Stereotype Sichtweisen in der Medienberichterstattung ...................... 73
Andreas Pflock
Erinnern an den Völkermord ............................................................. 80
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger, Daniel Tonn
Einblicke in das Projekt „Kompetent gegen Antiziganismus –
in Geschichte und Gegenwart“ ........................................................... 85
Buchbesprechungen ......................................................................... 94
Thema im Folgeheft:
Gewalt
bis2018_0102_cover.indd u2bis2018_0102_cover.indd u2 08.05.18 11:1708.05.18 11:17
AUFKRUNGS- UND BILDUNGSARBEIT GEGEN ANTIZIGANISMUS
Einblicke in das Projekt „Kompetent gegen
Antiziganismus in Geschichte und Gegenwart
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger, Daniel Tonn
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger und Daniel Tonn
zeigen an konkreten Projekten, wie Aufklärungs- und Bil-
dungsarbeit zum Abbau von Antiziganismus und gleich-
zeitig zum verantwor tungsvollen Umgang mit Sinti und
Roma beitragen kann. Nach einer definitorischen Annä-
herung an den Begriff Antiziganismus und einer Erörte-
rung der Zielsetzungen antiziganismuskritischer Aufklä-
rungsarbeit werden Intentionen, Ansatz und Inhalte des
von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten durch-
geführten Projekts „Kompetent gegen Antiziganismus
(KogA) – in Geschichte und Gegenwar t skizziert. Dabei
werden ausgewählte Seminarmodule und Methoden
beispielhaft geschildert und reflektiert. Auf der Hinter-
grundfolie der Bildungspraxis werden abschließend He-
rausforderungen und Handlungsempfehlungen aufge-
listet.
Einleitung
„Nichts oder fast nichts hat die Gesellschaft daraus ge-
lernt, sonst w ürde sie heute verant wor tungsvoller mit uns
umgehen.“ Mit diesen Worten trat der Überlebende nie-
derländische Sinto Zoni Weisz zum Gedenktag für die Op-
fer des N ationalsozialismus am 27. Januar 2 011 vor den
Deutschen Bundes tag. Denn auch mit der militärischen
Niederlage und dem alliierten Sieg über den Nationalso-
zialismus fand die „jahrhundertealte Geschichte von Stig-
matisierung, Ablehnung und Ausgrenzung“1 ke i n E nde .
Das Verleugnen und Verdngen des Genozids an den
Sinti und Roma Europas hat ermöglicht, dass sich die Dis-
kriminierung und der Antiziganismus auch in den Nach-
kriegsgesellschaften fortsetzen konnten. Noch heute wir-
ken die Folgen dieser unaufgearbeiteten Geschichte nach.
„Die Auswir kungen des Zweiten Weltkr ieges“, so hr te
Weisz eindr ücklich aus, sind innerhalb unserer Gemein-
schaft heute noch ganz klar zu spüren. Unsere zweite und
sogar noch die dritte Generation spürt die Last der Ver-
gangenheit.“2
Welche Rolle kann Bildungsarbeit auf dem Weg zu einem
verant wor tungsvolleren Umgang mit Sinti und Roma und
deren Emanzipation spielen? Und wie kann Bildungsarbeit
zum Abbau von Antiziganismus in seinen unterschiedliche n
Formen beitragen?
Auf den folgenden Seiten wollen wir darstellen, was aus
unserer Sicht die grundsätzliche Zielsetzung einer antizi-
ganismuskritischen Aufklärungs- und Bildungsarbeit sein
sollte. Dazu werden wir eine Definition des Antiziganismus
zugr unde legen, die Ausgangslager eine zielgerichtete
und antiziganismuskritische Bildungsarbeit sein kann. An-
schließend stellen wir unser Projekt „Kompetent gegen An-
tiziganismus (KogA) – in Geschichte und Gegenwart“ vor,
dessen Kern ein jährliches Bildungsprogramm für verschie-
dene Berufsgruppen ist. Hier zu skizzieren wir Ansatz und
Inhalte der S eminarmodule des Bildungsprogramms und
reflektieren Erfahrungen aus der bisherigen Bildungsar-
beit. Dazu erläutern wir exemplarisch auch eigene Metho-
den, die wir in unseren Bildungsangeboten anwenden. Als
Abschluss werden einige Herausforderungen vor dem Hin-
tergrund unserer praktischen Bildungsarbeit aufgelistet
und hiermit verbundene Handlungsempfehlungen ange-
boten.
Leitziele einer historisch-politischen Bildungsarbeit
gegen Antiziganismus
Generell orientiert sich gute Bildungsarbeit an wissen-
schaftliche n Erkenntnissen und Standards. Im Sinne des
Beutelsbacher Konsenses3 soll kontrovers diskutiert wer-
den, was wissenschaftlich kontrovers ist. Antiziganismus-
KogA-Bildungsprogramm 2017 „Antiziganismus als systemi-
sches Unrecht“. Teilnehmende vor einer Auswahl aus Rechten
der Europäischen Grundrechtecharta und der Europäischen
Konvention für Menschenrechte. Foto: Marion Seibel
85
bis2018_0102_inhalt.indd 85bis2018_0102_inhalt.indd 85 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
kritische Bildungsarbeit ist dabei in besonderer Weise mit
einer schwierigen Ausgangslage konfrontier t. Denn die
Wissenschaf t tr ug und trägt mitunter weiterhin wesentlich
dazu bei, essentialisierende Zuschreibungen gegenüber
denjenigen, die als Zigeuner markier t und stigmatisiert
wurden, bis in die jüngste Zeit fortzuschreiben. Die wissen-
schaftliche Tätigkeit des mittlerweile eingestellten Schwer-
punktes Tsiganologie am Institut für Ethnologie der Univer-
sität Leipzig ist dafür nur eines von mehreren Beispielen.4
Die zentrale Rolle von wissenschaf tlichen A kteuren in der
(Re-)Produktion und Legitimierung antiziganistischer Res-
sentiments verweist bereits auf die Grenzen und Wider-
sprüche des Beutelsbacher Konsenses. Denn wissenschaft-
lich begründeter Antiziganismus kann und darf keine legi-
time Position sein, die es kontrovers zu diskutieren gilt. Eine
weitere – und damit verbundene Herausforderung be-
steht darin, dass die kritische Antiziganismusforschung
noch sehr jung ist und bisher begrenzt Wissensbesnde
generieren konnte. Ein Zeichen dafür ist unter anderem die
mangelnde institutionelle Verankerung dieses interdiszipli-
ren Forschungsfeldes. Erst 2017 wurde an der Universität
Heidelberg die bundesweit erste universitäre Forschungs-
stelle zum Themenfeld Antiziganismus eingerichtet.5
In unserer Bildungsarbeit orientieren wir uns an der ersten
umfangreichen und analytisch brauchbaren Antiziganis-
mus-Definition des Politikwissenschaftlers Markus End. Er
beschreibt Antiziganismus auf mehreren analytischen Ebe-
nen als (1.) historisches und sich selbst stabilisierendes
Phänomen, (2.) homogenisierende Gruppenwahr nehmung
und -konstr uktion, (3.) Zuschreibung von Merkmalen der
Differenz und (4.) Diskr iminierung her vorrufende soziale
Praxis und Struktur.6
Aus dieser Begrif fsdefinition lassen sich vier wesentliche
Ziele einer antiziganismuskritischen Bildungsarbeit ablei-
ten. Ein erstes grundsätzliches Ziel muss sein, den jeweili-
gen Adressatinnen und Adressaten der Bildungsangebote
Wissen über die geschichtlichen Entwicklungen des Antizi-
ganismus, insbesondere den Zusammenhang mit den Pro-
zessen moderner Vergesellschaftung7, zu vermitteln. Um
die homogenisierende und essentialisierende Wahrneh-
mung aufzubrechen, ist es zweitens notwendig, internali-
sier te und durch Sozialisation erlernte Stereot ype und
vorhandene Ressentiments zu thematisieren, ihren gesell-
schaftlichen Gehalt zu rekonstruieren und zu dekonstruie-
ren. Hierbei gilt es insbesondere zu verdeutlichen, dass es
sich bei den von Antiziganismus Betroffenen um Individuen
mit vie lltigen Biografien handelt und diese keine in sich
homogene Gruppe darstellen. Eine antiziganismuskriti-
sche Bildungsarbeit muss deshalb vorrangig die Frage auf-
werfen, welche Funktionen das Denken in homogenen
Gruppen übernimmt. Es ist deshalb (drittens) auch nicht die
Aufgabe, Wissen über „die“ Kulturen der Sinti, Roma oder
anderer von Antiziganismus betroffene n Personengruppen
zu vermitteln, auch wenn dies häufig ein zentrales Inter-
esse vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Bildungs-
angeboten sein mag.8 Das Einfühlen in kulturelle Differenz
ist kein Ziel antiziganismuskritischer Bildungsarbeit; statt-
dessen setzt sie lediglich die „Prozesse des Andersma-
chens“9 v or au s, al s w el ch e d ie Ge sc hi ch te de s A nt i zi ga ni s-
mus beschrieben werden kann.
Gruppenkons truktionen und Zuschreibungspraktiken sind
die (ideologischen) Grundlagen von daraus erwachsen-
den Machtverhältnissen, die sich in sozialen Strukturen se-
dimentieren können. Daher ist ein viertes und für uns zent-
rales Leit- bzw. Lernziel die Sensibilisierung für Diskriminie-
rungsformen, die auch ohne bewusstes oder intendiertes
individuelles Vorurteilshandeln (interaktionelle Diskrimi-
nierung) durch institutionelle und behördliche Routinen
ausgeübt werden können.10
Das Projekt „Kompetent gegen Antiziganismus
(KogA) – in Geschichte und Gegenwart
Der Titel dieses Kapitels bezeichnet das gleichnamige Pro-
jekt KogA, welches die Stiftung niedersächsische Gedenk-
stätten im Zeitraum 2015 bis 2019 durchführt.11 Kern dieses
Projektes ist ein modulares Bildungsprogramm, das sich
hrlich an wechselnde Berufsgruppen richtet. Hauptziel
des Modellprojektes ist die Qualifizierung von Multiplika-
torinnen und Multiplikatoren für vorurteils- und diskriminie-
rungsbewusstes Handeln, um die gesellschaftliche Teil-
habe von Sinti und Roma zu unterstützen und gegen Antizi-
ganismus vorzugehen.
Zwei unterschiedliche aber gleichermaßen wichtige
Grundtze dieses Projektes sind daher einerseits die
Sensibilisierung von mehrheitsgesellschaf tlichen Ak teuren
für Formen, Mechanismen und Funktionen des Antiziganis-
mus sowie andererseits die Selbsterchtigung von durch
Antiziganismus betroffenen Personengruppen. Diese dop-
pelte Zielsetz ung ver folgen wir durch die Qualifizierung
beruflicher Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Be-
rufsfelder n, die in besonderer Weise in die (Re-)Produk tion
Basismodul 2017 „Antiziganismus. Einführung und (Verfol-
gungs-)Geschichte“. In diesem dreigigen Seminar besuchen
die Teilnehmenden eine Gedenkstte, um den stufenweisen
Prozess der Entrechtung und Ver folgung bis zum Genozid an
den Sinti und Roma mit Bezug zu einem historischen Ort
hier auf dem Außengelände der Gedenkstätte Bergen-Bel-
sen – zu exemplifizieren. Foto: Marion Seibel
86
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger, Daniel Tonn
bis2018_0102_inhalt.indd 86bis2018_0102_inhalt.indd 86 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
antiziganistischer Exklusionspraktiken involviert sind, so-
wie durch eine enge Kooperation (Empowerment und Pow-
ersharing12) im Rahmen unserer Bildungsangebote mit Ver-
treterinnen und Vertretern aus Selbstorganisationen, Ver-
nden und Vereinen aus den Communities der Sinti und
Roma.
Der Rahmen des Bildungsprogramms besteht aus vier Se-
minarmodulen mit insgesamt elf Seminartagen.13 Im Basis-
modul mit dem Titel „Antiziganismus. Einführung und (Ver-
folgungs-) Geschichte“ werden internalisier te Vorur teile,
das eigene Involviertsein in antiziganistische Diskriminie-
rung und Mechanismen rassistischer Denk- und Handlungs-
muster reflektiert sowie Hintergrundwissen über die Ge-
schichte des modernen Antiziganismus vermittelt. In diesem
dreitägigen Seminar besuchen die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer stets eine der Gedenkstten der Stif tung nie-
dersächsische Gedenkstätten, um den stufenweisen Pro-
zess der Entrechtung und Ver folgung bis zum Genozid an
den Sinti und Roma Europas mit Bezug zu einem histori-
schen Ort zu exemplifizieren. Wichtig ist hierbei insbeson-
dere die Vermittlung der Erkenntnis, dass der Antiziganis-
mus nach 1945 nahezu ungebrochen durch personelle, ins-
titutionelle und ideologische Kontinuitäten for t wirkte und
weiterhin handlungsleitend in Behörden und Ämtern war.14
Die ausbleibende Anerkennung des begangenen Unrechts
zog und zieht bis heute zudem weitreichende, traumatisie-
rende (auch intergenerationell sich übertragende) Lang-
zeitfolgen für die wenigen Überlebenden nach sich.15 Am
Beispiel der Kontinuiten nach 1945 und des Widerstands
hiergegen durch die Bürgerrechtsbewegung der deutschen
Sinti und Roma lässt sich zudem die problematische Fixie-
rung auf eine Opfergeschichtsschreibung brechen. Sinti
und Roma erscheinen dann nicht nur als (passive) Objekte,
sondern auch als handelnde Subjekte.
Das AufbaumodulAntiziganismus heute. Strukturelle und
institutionelle Diskriminierung“ rückt dann unmittelbar ge-
genwar tsbezogene Problemstellungen antiziganis tischer
Diskriminierung in den Fokus. Hier stehen strukturelle Me-
chanismen der Diskriminierung, die nicht notwendiger-
weise mit intendier ten Handlungsabsichten verbunden
sein müssen, sowie die sozialen und rechtlichen Folgewir-
kungen der Ausgrenzungs- und Exklusionspraktiken im Mit-
telpunkt. In diesem dreitägigen Seminar wird den Teilneh-
merinnen und Teilnehmern somit die Bedeutung strukturel-
ler und institutioneller A ntworten, des effektiven Zugangs
zu Rechten sowie Rechtsmitteln und der Veränderung poli-
tischer Diskurse16 zur Bempfung des Antiziganismus ver-
deutlicht.
Von besonderer Bedeutung ist die selbstreflexive Einsicht,
dass das Handeln von Fachkräften nicht notwendiger-
weise deshalb diskriminierende Folgen zeigt, weil sie un-
professionell handeln – sondern im Gegenteil, auch wenn
und gerade weil sie professionell handeln.17 D ur ch di e V er -
schiebung der Perspektive auf Mechanismen der institutio-
nellen Diskriminierung wird die Gefahr einer individuellen
Pathologisierung vermieden. Nicht prir das Fehlverhal-
ten einzelner Personen sollte problematisiert werden, son-
dern gerade und insbesondere die regelhafte Exklusion
von Sinti und Roma aus relevanten sozialen System (z. B.
Recht, Bildung, Arbeit oder Gesundheit).
Im Vertiefungsmodul „Good Practices der Arbeit gegen
Antiziganismus“ werde n verschiedene Ansät ze, Projekte
und Konzepte aus den Bereichen der Bildungsarbeit, Bera-
tungs- und Methodenkompetenz, Inklusion sowie Perso-
nal- und Organisationsentwicklung vorgestellt. Ziel ist
hierbei praxisbezogene Handlungskompetenze n gegen
Antiziganismus für die eigene berufliche Tätigkeit zu ver-
mitteln, die dazu beitragen können, individuelle und orga-
nisationale Arbeitsroutinen und -str ukt uren zu vendern.
Spätes tens in diesem Modul nimmt das Bildungsprogramm
die Form eines dezidiert beruflichen Fortbildungspro-
gramms an.
Im abschließenden Praxismodul stellen die Teilnehmerin-
nen und Teilnehmer Konzepte für Seminare, Workshops,
Informations- und Fachveranstaltungen, Maßnahmen von
Personal- und Organisationsentwicklung oder Beratungs-
ansätzen vor, die sie als Eigenleistung erarbeitet und ent-
wickelt haben. Diese werden entlang der Methode der kol-
legialen Beratung präsentiert, besprochen und reflektiert.
Die Inhalte der Seminareinheiten werden im Sinne der Teil-
nehmerorientierung an die jährlich adressierten Berufs-
gruppen angepass t. r weiterhrende Informationen zu
den Inhalten und Zielgr uppen der Bildungsprogramme im
Zeitraum 2016 bis 2018 verweisen wir an dieser Stelle auf
unsere Projektwebsite und die Programmhefte.18
Exemplarische Methoden aus dem Projekt KogA –
„Antiziganismus als systemisches Unrecht“ und zwei
Planspielseminare
Aus der Fülle der in unserem Bildungsprogramm verwende-
ten Ansätze sollen hier zwei im Projekt entwickelte Metho-
den skiz zier t werden: (1.) die Methode „Ant iziganismus als
systemisches Unrecht“ sowie (2.) zwei Planspielsimulatio-
nen zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
87
EINBLICKE IN DAS PROJEKT „KOMPETENT GEGEN
ANTIZIGANISMUS – IN GESCHIC HTE UND GEGENWART“
bis2018_0102_inhalt.indd 87bis2018_0102_inhalt.indd 87 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
Methode „Antiziganismus als systemisches Unrecht
Mit dieser Seminareinheit und der dahinterliegenden Me-
thode thematisieren wir die Frage, wie auf einer strukturel-
len Ebene soziale Systeme und gesellschaftliche Institutio-
nen an der Diskriminierung von Personengruppen im Allge-
meinen und in B ezug auf Sinti und Roma im B esondere n
mitwirken und damit „unrecht handeln. Hier zu haben wir
auf Basis von Niklas Luhmanns Systemtheorie19 die Me-
thode „Netz des systemischen Unrechts“ entworfen. Ge-
genstand der Methode ist die Auseinanderset zung mit
der Frage, ob und wie die Grsysteme Politik , Wir tschaft,
Recht, Wissenschaft, Religion sowie Organisationssys-
teme (Schule, Betriebe, Kultureinrichtungen, Polizei, Justiz,
Soz iale Arbeit, M edien etc.) zu sys temischem Unrecht im
Sinne von Diskr iminierung, Exklusion und Verhinderung von
Teilhabe beitragen. Lernziel ist die Sensibilisier ungr die
funktional differenzierte und vernetzte Diskriminierung
und Ausgrenzung von Sinti und Roma. Sowie daraus resul-
tierend: geringere individuelle Teilhabechancen und fakti-
sche Verweigerung der gleichen Rechte.
Nach einer kur zen thematischen Einführung sammeln die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Brainstorming die
für die Thematik wichtigen funktional differenzierten Groß-
systeme (Politik, Recht, Wirtschaft …) und Organisations-
systeme (S chulen, Unternehmen, Polizei …). Anschließend
werden Kleingruppen von zwei bis drei Personen gebildet.
Jede Kleingruppe befasst sich mit einem System, sammelt
und diskutiert Beispiele ausgehend von der Frage: „Wel-
che Kommunikationen/Handlungen der Sys teme tragen
dazu bei, dass Sinti und Roma diskr iminiert werden und
ihnen Unrecht widerfährt?“. Danach stellen alle (in der Re-
gel zirka acht bis zwölf) Kleingruppen ihr jeweiliges Sys-
tem mit zwei bis drei ausgewählten Beispielen von Diskri-
minier ung vor. Ein Baustellenabsperrband wird nun von
einem System zum ande ren gezogen, wodurch ein Netz
des systemischen Unrechts/der systemischen Diskriminie-
rung“ entsteht. In dieser Phase werden lediglich Verständ-
nis- und Klärungsfragen zugelassen. Den Abschluss bildet
eine Gesprächsrunde entlang folgender Moderationsfra-
gen: Welchen Eindruck macht dieses Netz auf die Teilneh-
merinnen und Teilnehme r? Wie muss es für die Betrof fenen
sein, in diesem Netz verfangen zu sein?
In der Auswertungsphase können dann weitere Fragen
vertieft werden: (1.) Lassen sich die Systeme verändern, da-
mit Diskriminierungen minimiert oder sogar verhindert wer-
den können? (2.) Welche Handlungsoptionen gibt es? Wer
kann und sollte handeln (die „Systeme“, Akteure, Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter in den Systemen und Organisati-
onen, die Betroffenen als individuelle und organisierte Ak-
teure etc.)?
Abschließend werden exemplarisch einige Handlungsop-
tionen vorgestellt und gemeinsam besprochen. Einzelne
der in dieser Methode aufgeworfenen Themen und Sys-
teme werden im Verlauf des Bildungsprogramms in weite-
ren Seminareinheiten vertieft.
Zwei Planspiele mit Fallsimulationen zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte: „Exklusive Bildung in
Kultland“ und „Herkunftsstaat – ganz sicher?“
Durch Planspielsimulationen können Themen bearbeitet
und verhandelt werden, die gesellschaftlich äußerst kont-
rovers diskutiert werden. Das Planspiel erlaubt in besonde-
rer Weise die Thematisier ung und Problematisierung von
Prozessen institutioneller Diskriminier ung, da es „wie keine
andere Methode Einblicke in institutionelle Prozesse und
Entscheidungen aus der Akteursperspektive heraus“20 er-
öffnet. Bereits im Vorgängerprojekt „Entrechtung als Le-
benserfahrung“21, das im Zeitraum 20 08 bis 2015 von der
Stif tung niederchsische Gedenkstätten durchgeführt
wurde, wurden eine Reihe von mehreren Planspielsemina-
ren entwickelt und mit positiver Resonanz mit schulischen
und außerschulischen Multiplikatorinnen und Multiplikato-
ren getestet und durchgeführt.22
Die Vorteile von Planspielen liegen nicht zuletz t in einem
niedrigschwelligen Lernen, das wenig Vor wissen betigt.
Es ermöglicht handlungsorientiertes Lernen und die Bear-
beitung gesellschaftlich kontrove rs verhandelter Themen
in einem durch die Fallsimulation strukturierten Rahmen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigen sich
durch die Übernahme institutioneller Rollen mit widerstrei-
tenden Interessen unterschiedlicher Akteure bz w. sozialer
Systeme und den jeweils entsprechenden Systemlogiken.
Im Rahmen des Projekts KogA haben wir derzeit zwei Fall-
simulationen des Planspiels „Europäische r Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR)“23 mit Bezug zum Themenkom-
plex aufbereitet: (1.) „Exklusive Bildung in Kultland Der
Fall Inamas u. a. versus Kultland“24 und (2.) „Her kunftsstaat
– ganz sicher? Davoglou u. a. versus Deutschland“25. Die
zugrundeliegenden Fälle werden unten skizziert.
Grundsätzliche Zielsetzung beider Planspiele ist die spie-
lerische Auseinandersetzung mit Menschenrechten, insti-
tutioneller Diskriminierung und damit zusammenhängen-
der M enschenrechtsverletzungen von Sinti und Roma und
den Möglichkeiten bzw. Grenzen, auf dem Rechtsweg ge-
KogA-Bildungsprogramm 2017
„Antiziganismus als systemi-
sches Unrecht“. Teilnehmende
stellen die Diskriminierungen in
verschiedenen Großsystemen
(Politik, Recht, Wir tschaft…)
und Organisationssystemen
(Schulen, Unternehmen, Poli-
zei…) vor. Ein Baustellenab-
sperrband wird von einem
System zum anderen gezogen,
um das Netz der Diskriminie-
rungen zu verdeutlichen.
Foto: Marion Seibel
88
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger, Daniel Tonn
bis2018_0102_inhalt.indd 88bis2018_0102_inhalt.indd 88 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
gen diese vorzugehen. Die Planspiele benutzen den Euro-
ischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und die
Euroische Menschenrechtskonvention (EMRK) dabei als
Ausgangsbasis. Die Spielidee ist es, dass sich die Teilneh-
merinnen und Teilnehmer durch die Simulation des EGMR
und die Behandlung realer oder fiktiver Beschwerdelle
mit spezifischen Mensche nrechten und antiziganistischer
Diskriminierung auseinandersetzen.
Für die Durchführung der Planspiele ist ein gesamter Se-
minartag notwendig. Werden Multiplikatorinnen und Mul-
tiplikatoren adressiert, ist zusätzlich ein halber Seminar-
tag notwendig, um einerseits Grundsätze von Planspielse-
minaren zu vermitteln und ande rerseits in die konkreten
Fälle einzuführen.
Der Ablauf eines eingigen Planspielseminars gestaltet
sich in folgenden Schritten:
l
Begrüßung und Vorstellungsrunde mit einer kurzen the-
matischen Einführung zu Menschenrechten
l
Einstieg in das Planspiel
l
Informationen und Grundlagen zum EGMR und der EMRK
l
Ablauf des Simulationsspiels
l
Vorstellung des Falls und der Rollen
l
Gruppen-Rollenfindung (z. B. Richterinnen, Richter, Ver-
tretung des angeklagten Staates, B eschwerdeführung,
Presse, Interessenverbände, ggf. Kanzlei des EGMR)
l
Arbeit in den Rollengruppen mit Aktionskarten
l
Presserunde zur anstehenden Verhandlung
l
Vorbereitung in den Gruppen auf die Gerichtsverhand-
lung
l
Gerichtsverhandlung
l
Beratung der Richterinnen und Richter, Inter views der
Presse und Vorbereitung der Presseerklärung bzw. Pres-
serunde
l
Urteilsverkündung
l
Presseerklärung bzw. Presserunde
l
Abschluss des Planspiels
l
Debriefing, Reflexion und Auswertung
Zur Einarbeitung in die Rollen erhalten die Teilnehmenden
Rollenkarten und eine Fallbeschreibung. Ergänzend gibt es
für die Spielenden Hintergrundinformationen. Verschie-
dene Aktionskarten strukturieren den Ablauf des Simulati-
onsspiels, welches mit einer abschließenden Presserklä-
rung zum Urteil des EGMR endet. Wichtig ist das Debrie-
fing, insbesondere dann, wenn es sich um Rollen handelt,
in denen schwie rige und in den Rollen-Gruppen weniger
geachtete Themen, Meinungen und Verhaltensweisen
übernommen werden, sowie ausreichend Zeit für die Refle-
xionsphase, um das Spiel selbst und die Inhalte auszuwer-
ten und zu besprechen.
EGMR-Planspiel: Der Fall „Exklusive Bildung in Kultland
Bei dem diesem Planspiel zugrunde liegenden Fall handelt
es sich um die Abwandlung eines realen Falles.26 Die Be-
schwerdeführerinnen bz w. Beschwerdef ührer (Bf) sind 140
Staatsangehörige (38 Familien) aus dem fiktiven Staat
Kultland, die alle der Gruppe der Roma angehören. 98 der
89
EINBLICKE IN DAS PROJEKT „KOMPETENT GEGEN
ANTIZIGANISMUS – IN GESCHIC HTE UND GEGENWART“
bis2018_0102_inhalt.indd 89bis2018_0102_inhalt.indd 89 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
Bf sind Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und
15 Jahre n. Die restlichen 4 3 B f sind d eren Eltern bz w. ge -
setzlichen Vormünder. Der Fall der Bf wird im EGMR-Plan-
spiel unter dem fiktiven TitelExklusive Bildung in Kultland
Der Fall Inamas u. a. gegen Kultland“ verhandelt. Die Fa-
milie Inamas, die dem Fall den Namen gibt, gehör t zur
Gruppe der Bf.
Nachdem einige der Bf bereits 2005 erfolgreich in ähnli-
cher Sache Beschwerde beim EGMR eingereicht hat ten
und in einem Urteil 2008 zu ihren Gunsten entschiede n
wurde, reicht 2009 eine größere Anzahl an Bf aus der Ort-
schaft Ur eine Sammelbeschwerde beim EGMR ein. Darin
behaupten die Bf eine Verletzung folgender Artikel der Eu-
ropäischen Konvention der Menschenrechte (EMRK):
l
Ar t. 14 (Diskriminierungsve rbot) in Verbindung mit Art. 2
(Recht auf Bildung) des 1. Zusatzprotokolls;
l
Art. 46 (Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile).
Die Bf klagen vor Gericht über die Bedingungen der Schul-
bildung in den Schuljahren 2008/2009 und 2009/2010.
Sie seien nach Kr iterien ethnischer Zugehörigkeit in einer
Schule untergebracht worden, in der somit ausschlilich
Roma unterrichtet würden. In dieser Schule sei aufgr und
vieler Mängel ein effektiver Unterricht nicht möglich. Zu-
dem sei die Exklusion durch se gregierte Beschulung nicht
lernförderlich.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Planspiels arbei-
ten sich in verschiedenen Rollen27 in d en F a ll e i n. I n m ehr e -
ren Phasen wird über die Simulation von Gerichtsverhand-
lungen und Pressekonferenzen der Fall nachgespielt. Die
Verletzung benannter Menschenrechtsartikel wird in Be-
zug zur antiziganistischen Diskriminierung im Bildungsbe-
reich diskutier t und verhandelt. Am Ende des Planspiels
entscheidet der EGMR über die Beschwerde und die damit
verbundene Frage, ob eine Verletzung der genannten
Menschenrechte vorliegt.
EGMR-Planspiel: Der Fall „Herkunftsstaat – ganz sicher?“
Das Planspiel zum Fall „Herkunftsstaat – ganz sicher? Da-
voglou u. a. versus Deutschland“ thematisiert ins titutionelle
Diskriminierung, den über viele Jahre prekären Aufent-
haltsstatus geflüchteter Roma aus südosteuropäischen
Nicht-EU -Staaten und deren Deklarierung als sogenannte
sichere Herkunftsstaaten. Der zugrundeliegende Fall ori-
entiert sich zwar an realen Situationen, kontroversen Dis-
kussionen sowie einer (angekündigten) Verfassungsbe-
schwerde, ist allerdings fiktiv. Diesen fiktiven Fall haben wir
Rechtsexperten zur Begutachtung vorgelegt und auf Plau-
sibilit prüfen lassen. Eine entsprechende Beschwerde
gegen Deutschland oder ein anderes EU-Land vor dem
EGMR ist demnach durchaus denkbar.
Bei den Beschwerdehrerinnen bz w. Beschwerdehrern
(Bf) des fik tiven Falls zum EGMR-Planspie l handelt es sich
um 35 mazedonische Staatsangehörige (acht Familien),
die alle der Gruppe der Roma angeren. 19 der Bf sind
Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 17
Jahren. Die restlichen 16 Personen sind ihre Eltern bezie-
hungsweise geset zlichen Vormünder. Alle Bf lebten bis
2014 bereits zwischen acht und zehn Jahren in verschiede-
nen Städten Norddeutschlands. Sie hat ten im Zeitraum
von 20 0 4 bis 2006 Asylanträge gestellt, da sich die Bf in
ihrem Herkunftsland systematisch diskriminie r t, ver folgt
und erniedrigt behandelt hlten. Alle Anträge wurden
vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zwi-
schen 20 0 6 und 2008 abgelehnt.
Auf der Grundlage des „Geset z(es) zur Einstufung weitere r
Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung
des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und gedul-
dete Ausländer (2014) wurden keine weiteren Duldungen
mehr gewährt. Die meisten der Bf reisten freiwillig aus
bzw. wurden zwangsweise abgeschoben. Bei einigen Per-
sonen bzw. Familienmitgliedern wurde die Abschiebung
wegen individueller Gründe ausgesetzt. Nachdem sie alle
rechtliche n M öglichkeiten ausgeschöpft hat ten, reichten
die Familie Davoglou und andere eine Sammelbeschwerde
beim EGMR ein. Darin behaupten sie eine Verletzung fol-
gender Artikel der EMRK:
l
Art. 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienle-
bens);
l
Ar t. 14 (Diskriminierungsve rbot) in Verbindung mit Art. 2
(Recht auf Bildung) des 1. Zusatzprotokolls;
l
Ar t. 3 (Verbot der unmenschlichen und er niedrige nden
Behandlung) in Verbindung mit Art. 14 (Diskriminie-
rungsverbot) und dem Faktum kumulativer M issacht ung
von Grund- und Menschenrechten als Verfolgungstat-
bestand;
l
Ar t. 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) in Verbindung
mit Art. 4 (Verbot der Kollektivausweisung) des 4. Zu-
satzprotokolls.
Die Planspielsimulation dieses Falls erlaubt neben der Ver-
mittlung von spezifischen Menschenrechten und den Mög-
lichkeiten deren rechtlicher Durchsetzung die Auseinan-
dersetzung mit mehreren Aspekten antiziganistischer Dis-
kriminierung. So wird der Komplex Flucht und A syl in
Planspielseminar, in dem der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte als Ausgangsbasis benutzt wird, mit Schüle-
rinnen und Schülern in Celle. Durchgeführt wurde das Plan-
spiel von Bernd Grafe-Ulke. Foto: Markus Fink
90
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger, Daniel Tonn
bis2018_0102_inhalt.indd 90bis2018_0102_inhalt.indd 90 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
Verbindung mit dem oftmals über viele Jahre prekären Auf-
enthaltsstatus geflüchteter Roma thematisiert. Darüber hi-
naus werden zugleich die kumulative Diskriminierung im
Herkunftsland und die institutionelle Diskriminierung in
Deutschland behandelt. Der Fall erlaubt durch die Rollen-
übernahme diverser Akteure28 zu de m ei ne ko n tr ov er se Dis -
kussion von rechtlichen Regelungen, wie die gesetzliche
Regelung sicherer Herkunftsstaaten und deren Folgewir-
kungen für Roma.
Wie oben bereits er wähnt, stellen die hier ausgeführten
Methoden nur einen kleinen Ausschnitt der im Rahmen der
Bildungsarbeit eingesetzten Methoden dar. Neben vie len
gängigen, in der Erwachsenenbildung eingesetzten Me-
thoden wie Präsentationen, Gruppenarbeiten, Diskussio-
nen, (Selbst-)Reflexion, Fishbowl, World Café, Modera-
tion, die Erarbeitung und Präsentation eigener Praxisein-
heiten der Teilnehmerinnen sowie Teilnehmer kommen
weitere zum Einsatz. Wir nutzen nach entsprechender pä-
dagogischer A npassung auch Methoden, die im Rahmen
der Arbeit gegen Antisemitismus, Antirassismus und r
Inklusion und Menschenrechtsbildung eingesetzt werden.
Besonders hinweisen möchten wir auf das Methoden-
handbuch zum Thema Antiziganismus“29. Es bietet für
eine antiziganismuskritische Bildungsarbeit ein vielfälti-
ges und empfehlenswertes Methodenspektrum und ent-
sprechendes Material an. Die Methoden reichen von Ein-
stiegsmethoden wieKramsackoder Positionsbarometer
über Methoden zum Wissen um den historischen Hinter-
grund (Zeitstrahl, Wann war was?) und der Sensibilisie-
rung (z. B. Ingroup & Outgroup, pimp your identit y) bis zu
Methoden der Dekonstruktion von antiziganistischen Ste-
reot ypen (z. B. Punkt auf der Stirn, Die Bayern, Macht der
Medien).
Schlussbemerkungen
Zusammenfassend möchten wir noch einige Herausforde-
rungen und Handlungsempfehlungen für eine Bildungsar-
beit gegen Antiziganismus skizzieren. Es handelt sich da-
bei um wesentliche Erfahrungen aus unserem Projekt KogA
und ist deshalb nicht erschöpfend und allumfassend.
Wie oben bereits erwähnt, gibt es seitens der Teilneh-
merinnen und Teilnehmer an unseren Bildungsangeboten
in einem nicht unbeträchtlichen Maß das Interesse, Einbli-
cke in „das“ Leben „der“ Sinti und Roma zu bekommen. Die-
ses Bedürfnis entspringt einem exotisierenden und ethno-
logischen Blickregime, das prinzipiell Gefahr läuft, inter-
nalisiertes Vorur teilswissen (auch vordergndig „positive
Klischees) zu bestätigen. Das Kernproblem hierbei liegt in
der Festschreibung auf eine kult urelle Andersar tigkeit: „Die
damit Gemeinten werden zu Objekten einer zu untersu-
chenden Andersartigkeit, die nicht zum ‚Wirgehört.“30 Mit
mehr Wissen über die (angebliche) Kulturder Sinti und
Roma können Vorurteile aber auch nicht abgebaut wer-
den. Diese Annahme ignoriert den zent ralen Befund der
Antiziganismusforschung, dass der Antiziganismus seine
Ursache eben nicht in einem Wissensdefizit über seine
prospektiven Opfer hat.
Von ganz zentraler Bedeutung ist deshalb das stete und
wiederkehrende Bewusstmachen des basalen Ansatzes
antiziganismuskritischer Bildungsarbeit. Es kann gar nicht
häufig genug erläutert werden: die ethnologische oder in-
terkulturelle Aufklärung überdie“ Sinti und Roma is t kein
Lernziel der Antiziganismuskritik. Dieser Anspruch, der mit
der althergebrachten Randgruppenideologie bricht, ruft
jedoch teilweise Irr itationen bei den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern hervor.
Der Wunsch mehr über „die“ Sinti und Roma zu erfahren, so
sehr er auch inte graler Bestandteil des Problems ist, kann
im Kontext einer Bildungsarbeit gegen Antiziganismus kri-
tisch gewendet werden. Ausgangspunkt dürfen dann al-
lerdings nicht di e e in ge sc hl if fe ne n un dn or ma li si er t[ n] Un -
terscheidungsmuster31 sein, sondern Individuen und de-
ren soziale Positionierungen. Anstat t Sinti und Roma als
homogene Gruppe vorauszusetzen, sollte vielmehr der
sich auch in Einzelbiografien niederschlagende Prozess
des Anders- und Fremdmachens beleuchtet werden. Denn
der Antiziganismus wird in die Körper und Seelen der Be-
trof fenen einge schrieben, er grenz t reale Personen aus
und beschneidet deren Lebenschancen.
Anstatt also über „die“ Sinti und Roma zu reden, versuchen
wir mit und in unserem Bildungsprogramm „die wechselsei-
tige Beziehung von Mehrheiten und Minderheiten“32 in den
Blick zu nehmen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sol-
len in der Begegnung ein Bewusstsein und Sensibilität für
Diskriminierungserfahr ungen von Sinti und Roma und für
Techniken des Stigma-Management s33 entwickeln. Auf
diese Weise können Verstehensprozesse angeregt wer-
den, ohne dabei bereits bestehende und wirkchtige
Gruppenkonstruktionen zu reproduzieren.
Die Kenntnis über die geschichtliche Entwicklung und Ge-
nese des Antiziganismus ist unabdingbar für ein grundle-
gendes Verständnis seiner Gegenwar t. Dennoch sollte
auch hier nicht naiv davon ausge gangen werden, dass
91
EINBLICKE IN DAS PROJEKT „KOMPETENT GEGEN
ANTIZIGANISMUS – IN GESCHIC HTE UND GEGENWART“
bis2018_0102_inhalt.indd 91bis2018_0102_inhalt.indd 91 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
durch die Vermit tlung dieses Wissens z wangsläufig eine
Dekonstruktion antiziganistischer Einstellungsmuster ein-
setzt. Diese Vermutung legen auch Befunde empir ischer
Forschung nahe. Während seit Ende der 1990er das Wis-
sen über die historische Verfolgung der Sinti und Roma
durchaus sukzessive zugenommen hat34, sind antiziganisti-
sche Vorur teile weiterhin, auch in der gesellschaf tlichen
Mitte, äußerst weit verbreitet und sogar leicht im Anwach-
sen begriffen35.
Zur Bekämpfung des Antiziganismus gert es auch, den
vorher rsche nden Bilder n Gegenbilder entgegenzusetzen.
Die einseitige Thematisierung der Ver folgungsgeschichte
als Opfergeschichte sollte daher aufgebrochen werden.
Sinti und Roma sollten nicht ausschließlich als (passive)
Opfer von Antiziganismus in Erscheinung treten, sondern
auch als handelnde Subjekte, die ihre Geschichte selbst in
die Hand nehmen. Wichtig ist hierbei, Sinti oder Roma
nicht auf ihr Sinti- oder Roma-S ein zu reduzieren, sondern
auch die vielfältigen sozialen und rechtlichen Positionie-
rungen zu beachten und zu berücksichtigen. Es geht dabei
um nicht mehr und nicht weniger als um die Teilhabe an
gleichen Grund- und Menschenrechten. In diesem Sinne
chten wir abschließend Fritz Bauer zitieren: „Dem
menschlichen Faktor eine Gasse zu bahnen, ist die Auf-
gabe aller Ber ufe, vor allem der Juristen, denn Gesetze
sind nun einmal nicht auf Pergament, sondern auf empfind-
liche Menschenhaut geschrieben.“36
ANMERKUNGEN
1 Rede von Zoni Weisz zum Gedenktag für die Opfer des Nationalso-
zialismus“ am 27. J anuar 2011; s. URL: https://www.bund es tag.de/rede
[28.01.2018].
2 Ebenda.
3 URL: http://www.lpb-bw.de/beutelsbacher-konsens.html [28.01.2018].
4 Siehe für eine Kritik der Tsiganologie exemplarisch Jan Severin: Zwi-
schen ihnen und uns steht eine kaum zu über windende Fremdheit.“ Elemen-
te des Rassismus in den „Zigeuner“-Bildern der deutschsprachigen Ethno-
logie. In: Markus End/Kathrin Herold/Yvonne Herold (Hrsg.): Antiziganis-
tis che Zustände. Zur Krit ik eines allge ge nwär tigen Ressentim ents. Müns te r
2009, S. 67–94.
5 URL: http://www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/philosophie/zegk/
histsem/forschung/Forschungsstelle_Antiziganismus.html [28.01.2018)]
6 Siehe Markus End: Antiziganismus. Zur Verteidigung eines wissen-
schaf tlich en Begriff s in kritischer Absicht. In: Alexand ra Bar tels/Tobias von
Borcke/Markus End/Anna Fried rich (Hrsg.): Anti zi ganis ti sche Zustände 2.
Kritische Positionen gegen gewaltvolle Verhältnisse. Münster 2015, S. 39–
72, hier S. 47; vgl. auch den Beitrag von Markus End in diesem Heft.
7 Sie he Astrid Messerschmid t: Antizigan ismus kr itische Bild ung in der
national-bürgerlichen Konstellation. In: Wolfram Stender (Hrsg.): Konstel-
lationen des Antiziganismus. Theoretische Grundlagen, empirische For-
schung und Vorschläge für die Praxis. Wiesbaden 2016, S. 95–110, insbes.
S. 96–98.
8 Hinter dem Interes se an „der “ Kultur von „den“ Sinti und Roma verb irgt
sich nicht selten eine diffuse Form der althergebrachten Randgruppen-
ideologie, die in einem angenommenen (und zugeschriebenen) Moderni-
tätsdefizit der zu Fremden gemachten Anderen, den Grund für Ausgren-
zun g und Exklusion z u erkennen glau bt. (S iehe hier zu Elizabeta Jo nuz:
„A be r w enn Menschen mich an meiner Ha ut fa rb e festmachen […]“. Wie
Romafa milie n der Ethnisi er ungsfal le entgehen. In: Wolfram Ste nder
(Hr sg .): Kons tellati onen des Antizigan ismus . Theoret ische n Gr undlage n,
empirische Forschung und Vorschlä ge für die Praxis. Wiesba den 2016, S,
151–187, hi er S. 15 4.)
9 Astrid Messerschmidt: Gegenbilder systematische und historische
Aspekte des Antizig anism us. In: Me lina Detz ner/Ans gar Drü cke r/B arbara
Manthe (Hrsg.): Antiziganismus Rassistische Stereotype und Diskriminie-
rung von Sinti und Roma. Grundlagen für eine Bildungsarbeit gegen Anti-
ziganismus. Düsseldorf 2014, S. 12–16, hier S. 15.
10 Siehe Ann a Lucia Jocham: Antiz iganismus. Exklus ionsris iken von S inti
und Roma durch Stigmatisierung. Konstanz 2010, S. 60–62.
11 KogA wird als Modellprojekt im Rahmen des Bundesprogramms De-
mokratie leben!“ durchgehr t und durch das Land Nied er sachsen und die
Nie de rs ächsische Lot to-S po rt-Stift ung geförder t. We itere I nform ationen
zum Projekt sind online verfügbar unter: www.geschichte-bewusst-sein.
de/koga [28.01.2018]
12 Zur Ver bindung von Empowerment, Powersh aring und Rassi smusk ri tik
sie he Andrea Meza Torres/Halil Can: Empower me nt und Powershar ing als
Rassismuskritik und Dekolonialitätsstrategie aus der People of Color-Pers-
pektive; URL: https://heimatkunde.boell.de/2013/04/01/empowerment-
und-powersharing-als-rassismuskritik-und-dekolonialitaetsstrategie-aus-
der [28.01.2018].
13 Eine Übersicht der Mo dule des Bi ldungsp rogramms 2018 ist abr ufbar
unter http://geschichte-bewusst-sein.de/wp-content/uploads/2017/11/
KogA _Modulübersicht_2018.pdf [28.01.2018].
14 Siehe ausführli ch A nja Re uss: Ko ntinuitäte n der Stigmatisierung. Sint i
und Rom a in de r deutschen Na chkrieg szeit. Ber lin 2015; Gi lad Margalit:
KogA-Bildungsprogramm 2017
„Antiziganismus als systemi-
sches Unrecht“. Teilnehmende
sammeln und diskutieren syste-
mische Diskriminierungen von
Sinti und Roma.
Foto: Marion Seibel
92
Bernd Grafe-Ulke, Tobias Neuburger, Daniel Tonn
bis2018_0102_inhalt.indd 92bis2018_0102_inhalt.indd 92 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
Die Na chkriegsdeutschen und „ihre Zi geuner “. Die Be handl ung der Sinti
und Roma im Schatten von Auschwitz. Berlin 2001.
15 Siehe exemplarisch Heike Krokowski: Die Last der Vergangenheit. Aus-
wir kungen natio nalsozialistischer Ver folgung auf deutsche Sinti.
Frankfurt/M. u. New York 2001.
16 Siehe Sergio Correra/Iulius Rostas/Lina Vasyliute: Combating Institu-
tio nal A nti-Gypsyism. Respon ses and promising prac ti ces in the E U and
selected Member States. Brüssel 2017, S. 43–58.
17 Siehe Wolfram Stender: Üb er die Schwierigkeit Soz ialer Ar be it, nicht
antiziganistisch zu sein. In: Ders. (Hrsg.): Konstellationen des Antiziganis-
mus . Th eo retis che Grundla gen, empiri sche Forschung und Vorschläge für
die Praxis. Wiesbaden 2016, S. 329–348, hier S. 330.
18 URL: www.geschichte-bewusst-sein.de/koga (28.01.2018).
19 Siehe Niklas Luhm ann: Soziale Systeme . Grundriß einer allgeme inen
Theorie. Frankfurt/M. 1984.
20 Andreas Petrik/Stefan Rappenglück: Einleitung. In: Andreas Petrik/
Stefan Rappenglück (Hrsg.): Handbuch Planspiele in der politischen Bil-
dung. Schwalbach/Ts. 2017, S. 9–13, hier S. 9.
21 URL: http://geschichte-bewusst-sein.de/stiftung-niedersachsische-
gedenkstatten/sng-entrechtung-als-lebenserfahrung-netzwerk-fuer-
menschenrechtsbildung/ [03.02.2018].
22 UR L: ht tp://geschichte- bew uss t- se in.de/ange bo t/ang eb ote -i m-
uberblick/planspiele/was-sind-planspiele/ [03.02.2018].
23 UR L: ht t p: //ges chichte-b ewu sst-sei n. de/an gebot/angebo te -im -
uber blick /plans pi ele/euro pa ischer-ge richtsh of-f ur-men sc henre chte/
[03.02.2018].
24 URL: http://geschichte-bewusst-sein.de/wp-content/uploads/2015/01/
Kurzbeschreibung_EGMR_ Kultland.pdf [03.02.2018].
25 URL: http://geschichte-bewusst-sein.de/wp-content/uploads/2015/01/
Kurzbeschreibung_EGMR_ Herkunftsstaat.pdf [03.02.2018].
26 Für eine B eschrei bung des Fall es siehe Ed uard Chri st ian Schöpfner:
Diskriminierung von Roma beim Schulunterricht. Sampani u. a. gg. Grie-
chenland (11.12.2012). In: Newslet ter Me nsche nrechte, H ef t 6/2012,
S. 402–404; eine Dokumentation des Falles und Urteils beim EGMR (Sam-
pani u. a. versus Gri echenla nd, Applicati on no./ Bsw. Nr. 59.60 8/09; Urteil
vom 11.12.2012) ist online abrufbar unter https://hudoc.echr.coe.int/
eng-press#{%22itemid%22:[%22001-115169%22]} [20.02.2018].
27 Folgende Rolle n bzw. A kteure kommen in dieser Falls imulati on zum
Einsatz: Richterinnen, Richter des EGMR, Beschwerdeführerinnen bzw. Be-
schwerdeführer, Vertreterinnen und Vertreter Kultland, Presse, Roma-Ver-
bände, Lokale Vertreterinnen und Vert reter, bei Bedarf Vertreterinnen bz w.
Vertrete r der Kan zlei des EGMR , Spie lleit ung.
28 Di e Rollen bz w. Akteu re in die sem Fall sind: Richter innen, R ichter des
EGM R, Vert reterinne n und Ver treter Deu tschland, Beschwerde hrerinnen
bzw. Be schwerdeführer, Pres se, Rom a-Ve rb ände (Zentralrat /E RR C/ERT F),
Deutscher Städtetag, ggf. Kanzlei, Spielleitung.
29 Alte Feuerwache e. V. Jugendbildungsstätte Kaubstraße (Hrsg): Me-
thodenhandbuch zum Thema Antiziganismus. Münster 2014
30 Astr id Messerschmidt: Gegenbilder system atische und hi st orische
Aspekte des Antizig anism us. In: Me lina Detz ner/Ans gar Drü cke r/B arbara
Manthe (Hrsg.): Antiziganismus Rassistische Stereotype und Diskriminie-
rung von Sinti und Roma. Grundlagen für eine Bildungsarbeit gegen Anti-
ziganismus. Düsseldorf 2014, S. 12–16, hier S. 15.
31 Ebenda, S. 16.
32 Franz Hambu rger: dag ogische Überlegung en z ur Themat isierung
von Sinti und Roma im Unterricht. In: Pädagogisches Zentrum Rheinland-
Pfalz /Landes zentrale f ür politische B il dung Rheinland-P falz (Hrsg.): Sinti
und Roma. Eine deutsche Minder heit (Bd. 2/99). Bad Kreuznach 1999,
S. 7–20, hier S. 9.
33 Anna Lucia Jocham: Antiziganismus . Exklusi onsrisi ken von Sint i und
Roma durch Stigmatisierung . Konstanz 2010, S. 37–40.
34 Vergleiche Alphons Silbermann/Manfred Stoffers: Auschwitz: Nie da-
von gehört? Er innern und Ver gessen in Deu tschl and. Ber lin 20 00, S. 67;
Ant idiskriminierungss telle des B un de s (Hrsg.): Zwischen Gleichlti gkeit
und Ablehnung. Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma.
Berlin 2014, S. 7.
35 Siehe Oliver Decker/Johannes Kiess/Elma r Bhle r: Die s tabil isierte
Mit te. Rechtsextreme Einstellung in Deutschland 2014. Leipzig 2 014; und
Oliver Decker/Johannes Kies/Elmar Brähler (Hrsg.): Die enthemmte Mitte.
Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland. Gießen 2016.
36 Fr it z B auer: Im Kamp f um de s Menschen Rechte (1955). In: Joachim
Perels/Irmtrud Wojak (H rsg.): Di e H umanität der Re cht sordnu ng. Ausge-
wählte Schriften. Frankfur t/M. 1998, S. 37–49, hier S. 40.
Bernd Grafe-Ulke ist Politikwissenschaftler, Personal- und Orga-
nisationsentwickler. Er ist Projektleiter des Projekts KogA und ar-
beitete von 2008 bis 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter (ab
2009 gemeinsam mit Leyla Ercan in Leitungsfunktion) im Projekt
„Entrechtung als Lebenserfahrung Netzwerk für Menschen-
rechtsbildung“ der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten.
UNSERE AUTOREN
Tobias Neuburger ist Sozial- und Kulturwissenschaftler. Er forscht
seit mehreren Jahren zur Geschichte und Gegenwart des Antizi-
ganismus, ist Doktorand an der Universität Innsbruck, Lehrbeauf-
tragter an der Hochschule Hannover und wissenschaftlicher Mit-
arbeiter im Projekt KogA der Stiftung niedersächsische Gedenk-
stätten.
Daniel Tonn ist Sozialwissenschaftler und Historiker. Er arbeitet in
der Abteilung Bildung und Begegnung der Gedenkstätte Ber-
gen-Belsen, ist Ansprechpartner für internationale Begegnungen
mit Schwerpunkt Ostmittel- und Osteuropa und wissenschaftlicher
Mitarbeiter im Projekt KogA der Stiftung niedersächsische Ge-
denkstätten.
93
EINBLICKE IN DAS PROJEKT „KOMPETENT GEGEN
ANTIZIGANISMUS – IN GESCHIC HTE UND GEGENWART“
bis2018_0102_inhalt.indd 93bis2018_0102_inhalt.indd 93 08.05.18 11:1508.05.18 11:15
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus" am 27
  • Rede Von Zoni Weisz
  • Zum
Rede von Zoni Weisz zum "Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus" am 27. Januar 2011; s. URL: https://www.bundestag.de/rede [28.01.2018].
Elemente des Rassismus in den "Zigeuner"-Bildern der deutschsprachigen Ethnologie
  • Jan Siehe Für Eine Kritik Der Tsiganologie
  • Severin
Siehe für eine Kritik der Tsiganologie exemplarisch Jan Severin: "Zwischen ihnen und uns steht eine kaum zu überwindende Fremdheit." Elemente des Rassismus in den "Zigeuner"-Bildern der deutschsprachigen Ethnologie. In: Markus End/Kathrin Herold/Yvonne Herold (Hrsg.): Antiziganistische Zustände. Zur Kritik eines allgegenwärtigen Ressentiments. Münster 2009, S. 67-94.
Theoretische Grundlagen, empirische Forschung und Vorschläge für die Praxis
  • Astrid Siehe
  • Messerschmidt
Siehe Astrid Messerschmidt: Antiziganismuskritische Bildung in der national-bürgerlichen Konstellation. In: Wolfram Stender (Hrsg.): Konstellationen des Antiziganismus. Theoretische Grundlagen, empirische Forschung und Vorschläge für die Praxis. Wiesbaden 2016, S. 95-110, insbes. S. 96-98.
Sinti und Roma verbirgt sich nicht selten eine diffuse Form der althergebrachten Randgruppenideologie, die in einem angenommenen (und zugeschriebenen) Modernitätsdefizit der zu Fremden gemachten Anderen, den Grund für Ausgrenzung und Exklusion zu erkennen glaubt
Hinter dem Interesse an "der" Kultur von "den" Sinti und Roma verbirgt sich nicht selten eine diffuse Form der althergebrachten Randgruppenideologie, die in einem angenommenen (und zugeschriebenen) Modernitätsdefizit der zu Fremden gemachten Anderen, den Grund für Ausgrenzung und Exklusion zu erkennen glaubt. (Siehe hierzu Elizabeta Jonuz: "Aber wenn Menschen mich an meiner Hautfarbe festmachen […]". Wie Romafamilien der Ethnisierungsfalle entgehen. In: Wolfram Stender (Hrsg.): Konstellationen des Antiziganismus. Theoretischen Grundlagen, empirische Forschung und Vorschläge für die Praxis. Wiesbaden 2016, S, 151-187, hier S. 154.)
Antiziganismus als systemisches Unrecht". Teilnehmende sammeln und diskutieren systemische Diskriminierungen von Sinti und Roma
  • Anja Siehe
  • Reuss
Siehe ausführlich Anja Reuss: Kontinuitäten der Stigmatisierung. Sinti und Roma in der deutschen Nachkriegszeit. Berlin 2015; Gilad Margalit: KogA-Bildungsprogramm 2017 "Antiziganismus als systemisches Unrecht". Teilnehmende sammeln und diskutieren systemische Diskriminierungen von Sinti und Roma. Foto: Marion Seibel
Beschwerdeführer, Vertreterinnen und Vertreter Kultland, Presse, Roma-Verbände, Lokale Vertreterinnen und Vertreter, bei Bedarf Vertreterinnen bzw
  • Folgende Rollen Bzw
Folgende Rollen bzw. Akteure kommen in dieser Fallsimulation zum Einsatz: Richterinnen, Richter des EGMR, Beschwerdeführerinnen bzw. Beschwerdeführer, Vertreterinnen und Vertreter Kultland, Presse, Roma-Verbände, Lokale Vertreterinnen und Vertreter, bei Bedarf Vertreterinnen bzw. Vertreter der Kanzlei des EGMR, Spielleitung.
Sinti und Roma. Eine deutsche Minderheit (Bd. 2/99)
  • Franz Hamburger
Franz Hamburger: Pädagogische Überlegungen zur Thematisierung von Sinti und Roma im Unterricht. In: Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz/Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Sinti und Roma. Eine deutsche Minderheit (Bd. 2/99). Bad Kreuznach 1999, S. 7-20, hier S. 9.
Exklusionsrisiken von Sinti und Roma durch Stigmatisierung
  • Anna Lucia Jocham
Anna Lucia Jocham: Antiziganismus. Exklusionsrisiken von Sinti und Roma durch Stigmatisierung. Konstanz 2010, S. 37-40.