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Institut für Wasserwesen MITTEILUNGEN
134/2020
Lösungsstrategien zur
Verminderung von Einträgen von
urbanem Plastik in limnische
Systeme
Synthesebericht
Mitteilungen / Institut für Wasserwesen – Nr. 134
Universität der Bundeswehr München - Institut für Wasserwesen
Werner-Heisenberg-Weg 39, 85577 Neubiberg
Lösungsstrategien zur Verminderung von Einträgen
von urbanem Plastik in limnische Systeme - PLASTRAT -
Synthesebericht
Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Schaum, Prof. Dr.-Ing. habil. Steffen Krause, Natalie Wick
Universität der Bundeswehr München – Institut für Wasserwesen
Professur für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik
Prof. Dr. Jörg Oehlmann, Dr. Ulrike Schulte-Oehlmann, Kristina Klein
Goethe-Universität Frankfurt am Main – Abteilung Aquatische Ökotoxikologie
Dr. Immanuel Stieß, Luca Raschewski, Georg Sunderer, Barbara Birzle-Harder
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Kristina Wencki, Peter Lévai, Dr.-Ing. Hans-Joachim Mälzer, Dr. Gerhard Schertzinger,
Helena Pannekens, Prof. Dr. agr. habil. Elke Dopp
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Prof. Dr. Thomas Ternes, Dr. Georg Dierkes, Dr. Peter Schweyen, Tim Lauschke
Bundesanstalt für Gewässerkunde
Dr.-Ing. Tobias Günkel-Lange
aquadrat ingenieure GmbH
Prof. Dr. rer. nat. Liselotte Schebek, Dr. Kaori Sakaguchi-Söder, Michael Gottschling
Technische Universität Darmstadt – Institut IWAR
Christian Staaks
inge GmbH
Dr. Dieter Fischer, Dr. Franziska Fischer
Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V.
Prof. Dr. Matthias Labrenz, Franziska Klaeger, Dr. Juliana Ivar do Sul
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
PLASTRAT, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb
des Forschungsschwerpunkts „Plastik in der Umwelt - Quellen, Senken, Lösungsansätze“
Förderkennzeichen: 02WPL1446 A-J, Projektlaufzeit: 2017 – 2020/2021
Copyright 2021
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Lizenz vom Typ CC BY- Lizenz 3.0 DE
(Namensnennung 3.0 Deutschland) zugänglich,
vgl. https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/legalcode.
ISSN 2700-7332
ISBN 978-3-943207-52-1
Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ III
Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... VII
(Mikro-)Plastik – Kleine Partikel mit großer Herausforderung? .......................................... IX
Danksagung ....................................................................................................................... XI
1 Was wissen wir und was wissen wir nicht über Mikroplastik? ........................................ 1
2 Von der Idee zum Projekt PLASTRAT ........................................................................... 5
3 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik ................................. 9
3.1 Herausforderungen bei Ermittlung der Mikroplastikeinträge ....................................... 9
3.2 Warum ist es schwierig eine belastbare Datenbasis zu generieren? ....................... 11
3.3 Mikroplastik in der Siedlungswasserwirtschaft: Analysenergebnisse und
Technologieansätze aus PLASTRAT ....................................................................... 20
4 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt? ....................................................................... 33
4.1 Woraus besteht Mikroplastik und was ist drin? ......................................................... 33
4.2 Findet eine Schadstoffanreicherung an Plastik in der Kläranlage statt? .................. 37
4.3 Was macht die toxikologische Wirkung von Plastik aus? ......................................... 39
5 Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel? .......................................... 43
5.1 Gibt es Gütesiegel für Mikroplastik zum Schutz von Gewässern? ........................... 43
5.2 Brauchen wir ein neues Gütesiegel? ........................................................................ 44
5.3 Wie kann man Kunststoffe hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit für limnische
Systeme umfassend bewerten? ............................................................................... 46
6 Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen? ................................... 49
6.1 Wie bewerten Verbraucher/-innen die Gefährdung durch Mikroplastik? .................. 49
6.2 Inwiefern sind Verbraucher/-innen bereit, einen Beitrag zur Verringerung des
Eintrags von Mikroplastik in die Umwelt zu leisten? ................................................. 50
6.3 Wen sehen Verbraucher/-innen in der Pflicht? ......................................................... 52
7 PLASTRAT - Was nun? ............................................................................................... 55
8 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 61
9 Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT ................................................ 65
9.1 Abschlussberichte von PLASTRAT .......................................................................... 65
9.2 Publikationen von PLASTRAT (Auswahl) ................................................................. 66
Abbildungsverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Projektidee von PLASTRAT: Systemische Risikoanalyse in einem
ganzheitlichen Ansatz von Produzenten, Verbrauchern (Gesellschaft),
Technik, Einträgen und Effekten ................................................................... 5
Abbildung 2: Herkunft der zehn häufigsten Mikroplastikemissionen in Deutschland
(Bertling et al., 2018)..................................................................................... 9
Abbildung 3: Ergebnisse internationaler Studien zur Mikroplastikkonzentration und zum
Mikroplastikrückhalt in kommunalen Kläranlagen (verändert nach Hoos
(2019), Abschlussbericht Universität der Bundeswehr München, 2021) .... 10
Abbildung 4: Ergebnisse internationaler Studien zur Mikroplastikkonzentration in
Klärschlamm (verschiedene Schlämme, entwässert und nicht entwässert)
(verändert nach Hoos (2019), Abschlussbericht Universität der Bundeswehr
München, 2021) .......................................................................................... 11
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Vorgehensweise von Probenahme bis
Analyse der Mikroplastikkonzentration in Abwasser- und
Klärschlammproben (Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr
München, 2021) .......................................................................................... 13
Abbildung 6: Schematische Darstellung einer Abwasserbehandlungsanlage inklusive
Kennzeichnung der verwendeten Probenahmestellen zur Ermittlung der
Mikroplastikkonzentration im Abwasser (Backwash (UF) = Rückspülwasser
der Ultrafiltrationsanlage) (Abschlussbericht der Universität der
Bundeswehr München, 2021) ..................................................................... 14
Abbildung 7: Zweistufige Probenahme bei Abwasserproben: Schritt 1: 24 Stunden-
Probenahme in einen Edelstahltank, Schritt 2: Aufkonzentrierung der
Partikel durch Filtration (Design: Ecologic Institut / Lena Aebli 2020,
Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München, 2021) .......... 16
Abbildung 8: Große Mikroplastikfraktion (> 500 µm) umgeben von überwiegend
organischer Matrix. Foto: A. Tagg/IOW (Abschlussbericht des Leibniz-
Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, 2021) .................................... 17
Abbildung 9: GEPARD-basierte Analyse einer Probe. a) Partikel einer Umweltprobe,
abgeschieden auf dem Silizium-Messsubstrat (Partikel weiß, Hintergrund
schwarz). Die rechte Bildhälfte zeigt ein Falschfarbenbild, in dem jeder
Partikel entsprechend des Materialtyps durch GEPARD eingefärbt ist. b, c)
Ausschnitte aus dem Übersichtsbild, b) Falschfarbendarstellung: jeder
Partikel ist entsprechend des Materialtyps eingefärbt, c) Optisches Bild.
Das Markieren eines einzelnen Partikels öffnet ein Label mit allen
Partikeleigenschaften (rote Box). (Abschlussbericht des Leibniz-Instituts für
Polymerforschung Dresden e.V., 2021) ...................................................... 20
IV Abbildungsverzeichnis
Abbildung 10: Ergebnisse der Mikroplastikanalysen im Bereich Abwasser und
Mischwasser inklusive eines Systemblindwertes, welcher den Einfluss des
Probenahmeequipments und Handlings vor Ort repräsentiert, Mittelwert
aus zwei Probenahmen (Mischwasserentlastung), bzw. drei Probenahmen
(Kläranlagenzu- und -ablauf) (Abschlussbericht der Universität der
Bundeswehr München, 2021) ..................................................................... 21
Abbildung 11: Zusammenhang von Mikroplastikkonzentration in verschiedenen
Abwässern (Zu- und Ablauf zur Kläranlage und Mischwasser) und
„klassischer“ Abwasserparameter, hier: Abfiltrierbare Stoffe (AFS) und
Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) (Abschlussbericht der Universität der
Bundeswehr München, 2021) ..................................................................... 22
Abbildung 12: Ergebnisse der Mikroplastik-Analysen in den unterschiedlichen
Klärschlämmen einer kommunalen Kläranlage (50.000 EW, PS =
Primärschlamm, ÜSS = Überschussschlamm, FS = Faulschlamm)
(Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München, 2021) ......... 23
Abbildung 13: Ergebnisse der Mikroplastik-Analysen im Zu- und Ablauf eines Tuchfilters
als weiterführende Abwasseraufbereitung im Ablauf der Kläranlage, Feed
entspricht Ablauf der Nachklärung (Abschlussbericht der Universität der
Bundeswehr München, 2021) ..................................................................... 24
Abbildung 14: Schematische Darstellung eines möglichen Konzeptes zur Umsetzung
einer Ultrafiltrationsanlage im Kläranlagenablauf (Abschlussbericht der
aquadrat ingenieure GmbH, 2021) ............................................................. 26
Abbildung 15: Spezifische Jahreskosten (brutto) für eine Ultrafiltrationsanlage im Ablauf
der Nachklärung pro Kubikmeter behandeltes Abwasser und pro Einwohner
in Abhängigkeit der Ausbaugröße (Abschlussbericht der aquadrat
ingenieure GmbH, 2021)............................................................................. 27
Abbildung 16: Ergebnisse der Mikroplastik-Analysen im Bereich Ultrafiltration als
weiterführende Abwasseraufbereitung, Feed zur UF-Anlage entspricht
Ablauf Nachklärung, Backwash = Rückspülwasser der UF-Anlage,
Mittelwert aus drei Probenahmen (Abschlussbericht der Universität der
Bundeswehr München, 2021) ..................................................................... 28
Abbildung 17: Ergebnisse der Untersuchungen des Rückhalts von
Antibiotikaresistenzgenen durch die Ultrafiltrationsanlage. Logarithmische
Darstellung der Ergebnisse, die Legende zeigt die untersuchten
Antibiotikaresistenzgene und fakultativ-pathogenen Bakterien
(Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München, 2021) ......... 29
Abbildung 18: Schematische Darstellung der Vorgehensweise bei der Risikoermittlung
nach dem WSP (Water Safety Plan) der WHO (Abschlussbericht der IWW
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige
GmbH, 2021) .............................................................................................. 31
Abbildungsverzeichnis V
Abbildung 19: Summe der detektierten MS-Intensitäten nach HPLC-MS im ESI-negativ-
und ESI-positiv-Modus in Abhängigkeit der künstlichen Bewitterungsdauer
des Kunststoffes PBS (oben); detektierte MS-Intensitäten des Oligomeres
[BS]2B in wässrigen Leachaten in Abhängigkeit der künstlichen
Bewitterungsdauer des Kunststoffes PBS (unten). (Abschlussbericht der
Bundesanstalt für Gewässerkunde, 2021) .................................................. 36
Abbildung 20: Probenaufbau zur Exposition der ausgewählten Kunststoffe in einzelne
Stufen des Klärprozesses. Die Kunststoffe sind in Gewebeschläuchen
gesichert und in einem Gestell zur Fixierung an der gewünschten Stelle
befestigt (Abschlussbericht der Technischen Universität Darmstadt, 2021)
.................................................................................................................... 37
Abbildung 21: Kläranlagenaufbau und Probenstandort zur Exposition unterschiedlicher
Kunststoffe in unterschiedlichen Stufen des Klärprozesses
(Abschlussbericht der Technischen Universität Darmstadt, 2021) ............. 38
Abbildung 22: Bewitterte/unbewitterte Kunststoffe (Pr = procedure blank, beschreibt alle
Probenreinigungs- und Aufbereitungsschritte ohne Kunststoff; Ex =
extraction blank des originalen Plastiks, das nicht in die Kläranlage
eingesetzt wurde; v = virgin, r = recycelt, p = Post Industrial)
(Abschlussbericht der Technischen Universität Darmstadt, 2021) ............. 39
Abbildung 23: Relative östrogene und anti-östrogene Wirkungen der untersuchten
Polymere ohne (UV -) und mit UV-Strahlung (UV +). Kontrolle = kein
Plastik, PET = Polyethylenterephthalat, PE = Polyethylen, PP =
Polypropylen, PS = Polystyrol, PVC = Polyvinylchlorid und Bio =
Bioabbaubarer Kunststoff (Abschlussbericht der Goethe-Universität
Frankfurt am Main, 2021)............................................................................ 41
Abbildung 24: Kriterien zur Kategorisierung der Güte-, Material- und Prüfsiegel im
Rahmen der Defizitanalyse (Abschlussbericht der IWW Rheinisch-
Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH, 2021) . 43
Abbildung 25: Diskussion bei einem PLASTRAT-Stakeholderworkshop am 24.09.2019 in
Frankfurt am Main (Abschlussbericht des ISOE, 2021) .............................. 45
Abbildung 26: In PLASTRAT erarbeitete Möglichkeit zur Klassifizierung von Kriterien zur
Materialbewertung (Abschlussbericht der IWW Rheinisch-Westfälisches
Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH, 2021) ........................ 47
Abbildung 27: Kriterien zur Bewertung der Wirkung von Kunststoffmaterialen (mit
besonderem Fokus auf Wirkungen auf limnische Systeme)
(Abschlussbericht der IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für
Wasserforschung gemeinnützige GmbH, 2021) ......................................... 48
Abbildung 28: Einstellungsmuster zu Umweltgefährdungen durch Mikroplastik (Stieß et
al., 2021) ..................................................................................................... 49
Tabellenverzeichnis VI
I
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ermittelter Flächenbedarf und Herstellungskosten einer
Ultrafiltrationsanlage in Abhängigkeit der Einwohnerwerte
(Abschlussbericht der aquadrat ingenieure GmbH, 2021) .......................... 26
(Mikro-)Plastik – Kleine Partikel mit großer Herausforderung? IX
(Mikro-)Plastik – Kleine Partikel mit großer Herausforderung?
Der Einsatz von Plastik gehört zu den großen Errungenschaften unserer Zeit. Die Nutzung
von Plastik in unseren verschiedenen Lebensbereichen ermöglicht uns heute Vieles. Dabei
setzen wir Plastik oft ein, ohne dass uns dies bewusst ist. Wieviel „virtuelles Plastik“ war
allein notwendig, um diesen Synthesebericht zu erstellen? Wieviel Plastik benötigen Sie
gerade, um diesen Synthesebericht zu lesen?
Wie so oft, so hat auch der Einsatz von Plastik zwei Seiten: den positiven Errungenschaften
stehen negative Auswirkungen gegenüber, vor allem nach der Nutzung von Plastik. Im Fo-
kus stehen hierbei Fragestellungen der Toxikologie sowie der Abfallverwertung. Im Gegen-
satz zu vielen anderen Stoffen, mit denen wir täglich in Berührung sind, hat Plastik die Ei-
genschaft, dass sich kleinste Partikel bilden. So ist es nicht verwunderlich, dass sich mitt-
lerweile in allen Umweltmedien Mikroplastikpartikel finden lassen.
Die Idee von PLASTRAT war es, in einem interdisziplinären Team Ansätze für die Vermin-
derung von Einträgen von Plastik in Gewässer zu untersuchen. Dabei standen über den
Ansatz der systemischen Risikoanalyse die unterschiedlichen Sektoren im Fokus, angefan-
gen von der Erzeugung, über die Nutzung bis hin zu den Eintragspfaden und die toxikolo-
gische Bewertung. Der Synthesebericht fasst die Ergebnisse von PLASTRAT zusammen.
Vor allem zeigt der Synthesebericht die großen Herausforderungen sowie Lösungsansätze
zum Thema Mikroplastik auf. Dabei wird auch deutlich, dass wir bei vielen Fragestellungen
zum Umgang mit Plastik erst am Anfang stehen.
Die ersten Ideen zu PLASTRAT entstanden 2016. In den vergangenen fünf Jahren stand
das Thema Plastik im Fokus von Öffentlichkeit und Presse. In dieser Zeit gab es bereits
wichtige Veränderungen beim Einsatz von Plastik bei diversen Produkten, beispielsweise
durch die Substitution durch alternative Materialien. Dies zeigt deutlich, dass eine Bewusst-
seinsveränderung stattgefunden hat, die sich sicherlich in der Zukunft fortsetzten wird.
Die Arbeiten und Diskussionen im Projektteam von PLASTRAT waren spannend. In vielen
Projektbesprechungen wurde an den Forschungsfragestellungen gearbeitet und nach Lö-
sungen gesucht. Es gab einen intensiven persönlichen Austausch mit allen am Projekt be-
teiligten Personen, so dass uns die seit 2020 geltenden Einschränkungen durch die
Corona-Pandemie nicht immer leichtgefallen sind.
Wir möchten uns bei allen bedanken, die bei PLASTRAT mitgewirkt haben. Allen Lesern
des Syntheseberichts wünschen wir viele Freude beim Lesen und hoffen, dass wir Ihnen
einen Impuls für den zukünftigen Umgang mit (Mikro-)Plastik geben können.
Neubiberg, im April 2021,
im Namen der Gesamtkoordination durch die Universität der Bundeswehr München
Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Schaum Prof. Dr.-Ing. habil. Steffen Krause
Danksagung XI
Danksagung
PLASTRAT - Lösungsstrategien zur Verminderung von Einträgen von urbanem Plastik in
limnische Systeme wurde innerhalb des Forschungsschwerpunkts „Plastik in der Umwelt -
Quellen, Senken, Lösungsansätze“ gefördert. Dieser Forschungsschwerpunkt ist Teil der
Leitinitiative Green Economy des BMBF-Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige
Entwicklung“ (FONA3).
Alle Projekte der Fördermaßnahme wurden begleitet und vernetzt durch PlastikNet.
Die Arbeiten von PLASTRAT waren nur durch die Mitarbeit von zahlreichen assoziierten
Partnern und weiteren Stakeholdern, vor allem im Rahmen von Workshops, bei der Durch-
führung von Probenahmen oder bei der Unterstützung von Analysen, möglich. Ganz be-
sonders zu erwähnen sind dabei (in alphabetischer Reihenfolge):
Abwasserverband Kempten
Autobahndirektion Südbayern
CARAT GmbH
DWA Landesverband Bayern
Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden
Gemeindliche Einrichtungen und Abwasser Holzkirchen
Große Kreisstadt Öhringen – Kläranlage
Karlsruher Institut für Technologie – Institut für funktionelle Grenzflächen
Kelheim Fibres GmbH
Münchner Stadtentwässerung
PlasticsEurope Deutschland e.V.
Stadt Weißenburg in Bayern
Stadt Weiterstadt – Eigenbetrieb Stadtwerke
The Sustainable People GmbH
TU München – Abteilung Analytische Chemie
Universität der Bundeswehr München – Institut für Werkstoffe des Bauwesens
In den vergangen drei Jahren haben zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Wis-
senschaft und Labor sowie Studierende an den Fragestellungen von PLASTRAT geforscht;
diverse Ergebnisse sind bereits international und national publiziert; Doktorarbeiten sind in
der Entstehung. Die an der Forschung beteiligten Personen finden sich in den jeweiligen
Abschlussberichten der Teilprojekte wieder.
Was wissen wir und was wissen wir nicht über Mikroplastik? 1
1 Was wissen wir und was wissen wir nicht über Mikroplastik?
Mikroplastik – eine interdisziplinäre Aufgabenstellung
„Plastik“ stammt aus dem englischen Wort „Plastics“ für Kunststoffe. In der Literatur wird
der Begriff „Plastik“ auch für Gummi, Elastomere, Textilfasern und technische Fasern ver-
wendet. Es kann in folgende Größenklassen unterteilt werden (GESAMP, 2015; Imhof et
al., 2012):
> 25 mm Makroplastik
5 – 25 mm Mesoplastik
1 – 5 mm große Mikroplastikpartikel (LMPP)
< 1 mm kleine Mikroplastikpartikel (SMPP)
< 1 µm Nanoplastik
Das Thema Mikroplastik hat in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit gewonnen. Hier-
bei wird in primäres und sekundäres Mikroplastik unterschieden. Während primäres Mikro-
plastik gezielt hergestellt und eingesetzt wird, beispielsweise in Peelings oder Reinigungs-
mitteln, entsteht sekundäres Mikroplastik aus größeren Plastikprodukten: Kunststoffmüll
gelangt in die Umwelt (Jambeck et al., 2015) und fragmentiert dort zu Mikroplastik (Geyer
et al., 2017), das in vielen Umweltkompartimenten nachweisbar ist (Duis et al., 2016, Horton
et al., 2017). Weite Teile der Gesellschaft scheinen sich einig zu sein, dass Maßnahmen
zur Reduzierung des Eintrags von Mikroplastik erforderlich sind. Beispiele hierfür können
Substitutionen von Plastikprodukten, technische Lösungen zum Rückhalt der Partikel in
verschiedenen Bereichen oder auch bewussterer Umgang mit Kunststoffprodukten sein.
Bei der Festlegung derartiger Maßnahmen sind vielfältige ökologische, technische, ökono-
mische und auch soziale Aspekte zu berücksichtigen, wenn die gewünschten Effekte zur
Reduktion von Mikroplastik erzielt und unvertretbare negative Auswirkungen in anderen
Bereichen vermieden werden sollen. Offen ist auch die Frage, ob die Substitution syntheti-
scher durch biobasierte bzw. bioabbaubare Polymere zu einem „Rebound-Effekt“, bedingt
durch achtloseren Umgang mit Plastikmaterialien durch Verbraucher/-innen, führen kann.
Dies erfordert eine ganzheitliche interdisziplinäre wissenschaftliche Betrachtung, an deren
Anfang eine Bestandsaufnahme zum bereits vorhandenen Wissen aber auch zu bestehen-
den Informationsdefiziten stehen muss.
Wirkung und Gefährdung durch Mikroplastik
Die überwiegende Zahl der bisherigen Studien zur Wirkung und Gefährdung durch Kunst-
stoffe beschäftigt sich hauptsächlich mit ökotoxikologischen Auswirkungen von Makroplas-
tik und mikroskopisch kleinen Plastikpartikeln (Burns et al., 2018). Dieser Fokus ist auch
dem Umstand geschuldet, dass Studien zur Wirkung von Plastikpartikeln auf die Umwelt
sowie zum Eintrag und Verbleib von Plastikmüll für die breite Öffentlichkeit wirksamer und
greifbarer sind.
Eine nicht sichtbare Belastung, die ebenfalls von Kunststoffen ausgeht, stellt die chemische
Gewässerverschmutzung über das Auslaugen von Chemikalien aus den Plastikkompositen
2 Was wissen wir und was wissen wir nicht über Mikroplastik?
dar. Inwiefern plastikassoziierte Substanzen für die Umwelt oder den Menschen gefährlich
sind, wurde noch nicht hinreichend untersucht. Eine ebenfalls noch offene Fragestellung ist
die Bewertung der Schädlichkeit biobasierter und/oder bioabbaubarer und recycelter Kunst-
stoffe (sog. Recyclate) im Vergleich zu konventionell hergestellten Materialien.
Abbaubarkeit/Degradation von Polymeren und Verhalten in der aquatischen Umwelt
Das Abbauverhalten von Plastikrückständen unter umweltrelevanten Bedingungen ist der-
zeit weitgehend ungeklärt. Zur Wirkung von Mikroplastik in limnischen Systemen existiert
aktuell nur wenig gesichertes Wissen. Negative Effekte für wasserlebende Organismen
wurden vornehmlich für Makroplastik und im marinen Bereich beschrieben und beruhen
vorrangig auf einer mechanischen Beeinflussung (z. B. Entanglement). Vergleichende Un-
tersuchungen natürlicher, synthetischer und recycelter Plastikspezies fehlen vollständig.
Ungeklärt ist zudem, ob potentielle ökotoxikologische Schadwirkungen eher auf die Parti-
keleigenschaften des Mikroplastiks oder auf auslaugende bzw. desorbierende Schadstoffe
zurückzuführen sind.
Neben der zuvor beschriebenen Freisetzung von Substanzen aus Mikroplastik besteht je-
doch auch die Möglichkeit, dass derartige Partikel Stoffe aus dem umgebenden Medium
adsorbieren. Derzeit sind das Sorptionsverhalten von Schadstoffen an Kunststoffpartikeln
in Abwässern und eine mögliche Veränderung in den unterschiedlichen Reinigungsschrit-
ten in einer Kläranlage unbekannt. Auch jahreszeitliche Einflüsse im Anreicherungsprozess
von Schadstoffen an Kunststoffpartikeln könnten eine Rolle spielen. Über die Affinität von
Schadstoffen zu unterschiedlichen Kunststoffarten und -zuständen (fabrikneu, wiederver-
wertet, bewittert und unbewittert) in einer Kläranlage sind nur wenige Informationen vorhan-
den, da der Fokus bisheriger Untersuchungen vorwiegend auf marinen Ökosystemen lag.
Mikroplastik im urbanen Wasserkreislauf
Zu den Haupteintragspfaden von Kunststoffpartikeln in das limnische System werden unter
anderem Plastikverwehungen, Ableitungen aus der Siedlungswasserwirtschaft (Mischwas-
serentlastungen und Kläranlagenabläufe) und, bedingt durch die landwirtschaftliche Ver-
wertung von Klärschlämmen und Gärresten, Einträge aus landwirtschaftlichen Abschwem-
mungen gezählt. Ungeklärt ist, welchen Anteil die einzelnen Emissionsquellen haben (Tal-
vitie, 2018; Lassen et al., 2015).
In den letzten Jahren wurden vermehrt Studien zu Mikroplastik in limnischen Systemen
durchgeführt, ebenso zum Rückhalt von Mikroplastik durch die Abwasserbehandlung. Die
berichteten Rückhalteraten unterscheiden sich jedoch erheblich. Sie reichen von
40 - 99,9 %. Dabei wurden die unterschiedlichsten Verfahren für Probenahmen, Aufreini-
gung der Proben und Analysen angewandt. Somit lassen sich der Stellenwert der Aussage
und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse in Frage stellen. Es fehlt ein normiertes Verfahren
für die Analyse, welches schon bei der repräsentativen Probenahme ansetzt (Schaum et
al., 2020; Wick et al., 2020).
Was wissen wir und was wissen wir nicht über Mikroplastik? 3
Datengrundlage und Analyse von Mikroplastik
Eine ausreichende Datengrundlage, in welchen Proben/Umweltkompartimenten wieviel
und welche Arten von Kunststoffen vorkommen, ist nicht vorhanden. Ebenfalls fehlt eine
ausreichende Datengrundlage zur Identifizierung von Quellen und Senken von Plastikein-
trägen. Die erforderliche Vergleichbarkeit der quantitativ arbeitenden Studien ist durch un-
terschiedliche Methoden in der Probenahme, Aufarbeitung und Analyse nur bedingt gege-
ben, da je nach Anforderung der Forschungsfrage oder Probenmatrix (z. B. Wasser, Klär-
schlamm, Boden) verschiedene Techniken und Gerätschaften (Lenz et al., 2018, Imhof et
al., 2012) und Methoden (Löder et al., 2017, Enders et al., 2020) entwickelt wurden. Dies
gilt insbesondere für Klärschlamm.
Zudem können Proben entweder partikel- oder massebasiert analysiert werden (Käppler et
al., 2018). Für ein Monitoring ist die Entwicklung neuer Methoden nötig, um einen größeren
Probendurchsatz in der Analyse zu ermöglichen.
Zwischenfazit
Über die Wirkung und Gefährdung von Mikroplastik ist wenig bekannt.
Es gibt keine vergleichenden Untersuchungen zum Wirkverhalten natürlicher,
synthetischer und recycelter Plastikspezies, ebenso zu Effekten durch Kunst-
stoffadditive oder anhaftende Schadstoffe.
Um Plastikeinträge in limnische Systeme unter anderem aus dem Bereich der
Siedlungswasserwirtschaft quantifizieren zu können, fehlen einheitliche Verfahren für
Probenahme, Probenaufbereitung und Analyse der verschiedenen Matrizes.
Von der Idee zum Projekt PLASTRAT 5
2 Von der Idee zum Projekt PLASTRAT
Idee und Projektteam von PLASTRAT
Das Forschungsprojekt PLASTRAT - Lösungsstrategien zur Verminderung von Einträgen
von urbanem Plastik in limnische Systeme wurde durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) innerhalb des Forschungsschwerpunkts „Plastik in der Umwelt -
Quellen, Senken, Lösungsansätze" gefördert. Dieser Forschungsschwerpunkt war Teil der
Leitinitiative Green Economy des BMBF-Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige
Entwicklung“ (FONA3), Förderkennzeichen: 02WPL1446 A-J.
Gesamtziel des Projekts war die Entwicklung unterschiedlicher Lösungsstrategien aus den
Bereichen Technik, Green Economy und sozial-ökologischer Forschung, die zur Minderung
von Plastikeinträgen in das limnische Milieu urbaner Siedlungsräume beitragen. Zu Hilfe
genommen wurde das Konzept der systemischen Risiken. Bewertungsparameter zur Kate-
gorisierung umweltfreundlicher Kunststoffspezies wurden abgeleitet und definierte Maß-
nahmen zur Risikominimierung von Plastikrückständen in limnischen Systemen bewertet
und charakterisiert, vgl. Abbildung 1.
Abbildung 1: Projektidee von PLASTRAT: Systemische Risikoanalyse in einem ganzheit-
lichen Ansatz von Produzenten, Verbrauchern (Gesellschaft), Technik, Ein-
trägen und Effekten
6 Von der Idee zum Projekt PLASTRAT
Bearbeitet wurde das Projekt in einem interdisziplinären Team, bestehend aus zehn Ver-
bundpartnern aus Universitäten, Forschungsinstituten sowie Industrie:
Universität der Bundeswehr München, aquadrat ingenieure GmbH, Bundesanstalt für Ge-
wässerkunde, Goethe-Universität Frankfurt am Main, inge GmbH, ISOE - Institut für sozial-
ökologische Forschung, IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung ge-
meinnützige GmbH, Leibniz-Institut für Ostseeforschung, Leibniz-Institut für Polymerfor-
schung Dresden e.V. und Technische Universität Darmstadt.
Das Projektteam wurde ergänzt durch assoziierte Partner aus der Praxis: Autobahndirek-
tion Südbayern, CARAT GmbH, DWA Landesverband Bayern, Entsorgungsbetriebe der
Landeshauptstadt Wiesbaden, Gemeindliche Einrichtungen und Abwasser Holzkirchen,
Kelheim Fibres GmbH, Münchner Stadtentwässerung, PlasticsEurope Deutschland e.V.,
Stadt Weißenburg in Bayern und Stadt Weiterstadt - Eigenbetrieb Stadtwerke sowie zwei
Unterauftragnehmer (The Substainable People GmbH, Technische Universität München -
Analytische Chemie).
Begonnen hat das Projekt mit ersten Ideen im Jahr 2016, die in eine gemeinsame Antrags-
skizze überführt wurden. Mit der Bewilligung des Projektantrags konnte im September 2017
das dreijährige Forschungsprojekt starten.
Gesellschaftlicher Umgang mit Plastikprodukten
Umweltgefährdungen durch Mikroplastik werden in der Öffentlichkeit diskutiert. Aber wie
verbreitet ist das Wissen über diese Umweltgefährdungen in der Bevölkerung wirklich? Und
wie wird der Zusammenhang von durch Mikroplastik verursachten Umweltbelastungen mit
den eigenen Konsumpraktiken bewertet?
Im Fokus der sozial-ökologischen Untersuchungen standen Konsum- und Entsorgungs-
praktiken von Verbraucher/-innen, durch die Mikroplastik in Gewässer eingetragen wird. Am
Beispiel ausgewählter Produktgruppen aus den Bereichen Kosmetik, Hygiene, Textilien
und Verpackung wurde mit Hilfe von Fokusgruppen und einer standardisierten Befragung
ermittelt, wie diese Produkte genutzt und entsorgt werden und welches Problembewusst-
sein über die daraus resultierenden Umweltbelastungen besteht. Außerdem wurde unter-
sucht, welche Akteure aus Sicht der Verbraucher/-innen für die Minderung dieser Umwelt-
belastungen verantwortlich sind, welche Bereitschaft zu einer Veränderung der eigenen
Nutzungs- und Entsorgungspraktiken besteht und welche Rolle informatorische Instru-
mente, wie Gütesiegel oder Label, in diesem Zusammenhang spielen können.
Eintrag von Plastik in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Durch Ableitungen aus der Siedlungswasserwirtschaft wird Mikroplastik in limnische Sys-
teme eingetragen. Ziel war die Identifizierung, Quantifizierung und Bewertung dieser Ein-
träge. Da eine zwischen verschiedenen Forschungsgruppen vergleichbare Quantifizierung
aufgrund fehlender Vereinheitlichung der verwendeten Verfahren nicht möglich ist, liegt ein
Schwerpunkt der Forschung derzeit auf der Entwicklung von standardisierten Methoden zur
Quantifizierung von Mikroplastik. Doch die Problematik beginnt schon früher: Bevor Mikro-
plastikpartikel analysiert werden können, müssen sie aus unterschiedlichen Umweltmatri-
zes gewonnen werden. Daher gilt es, standardisierte Verfahren für die Probenahme in den
Von der Idee zum Projekt PLASTRAT 7
verschiedenen Umweltmatrizes zu entwickeln, die jeweils geeigneten Aufbereitungsverfah-
ren für die unterschiedlichen Proben zu etablieren und die separierten Partikel im Anschluss
zu analysieren sowie die gewonnenen Daten zu verarbeiten.
Untersucht wurden die Eintragspfade Abwasser und Klärschlamm sowie Proben aus Misch-
wasserentlastungen nach Regenereignissen. Anhand der Untersuchungen wurde be-
stimmt, wie hoch die tägliche Mikroplastikfracht ist, welche in die Kläranlage gelangt und
wie hoch der Partikelrückhalt und dementsprechend der Eintrag ins Gewässer ist. Als zu-
sätzliche Maßnahme zur Verringerung des Eintrags von Mikroplastikpartikeln in Gewässer
wurde eine Ultrafiltrationspilotanlage im Ablauf der Nachklärung betrieben und deren Rück-
halt untersucht, ebenso wie der Rückhalt durch einen Tuchfilter im Ablauf der Nachklärung.
(Öko-)Toxikologische Effekte von Plastik
Die Wirkung von plastikassoziierten Substanzen aus Plastikpellets, die unter Laborbedin-
gungen bewittert wurden, wurde untersucht. Es handelte sich dabei um synthetisch er-
zeugte Rohmaterialien, die vor der eigentlichen Fertigung zu einem Kunststoffprodukt ste-
hen. Das Ziel der Untersuchung war es zu testen, ob schädliche Chemikalien bereits aus
solchen Materialien in das Umgebungswasser auslaugen.
Da Plastik in der Umwelt kontinuierlichen Degradationsprozessen durch UV-Strahlung und
mechanischem Abrieb unterliegt, stellt sich die Frage, inwiefern solche Faktoren zum Aus-
laugen plastikassoziierter Chemikalien beitragen oder zur Bildung von toxikologisch rele-
vanten Degradations- und Transformationsprodukten führen. Daher wurden Pellets von
sechs unterschiedlichen Polymertypen (Polyethylenterephthalat (PET), Polypropylen (PP),
Polystyrol (PS), Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC) sowie biobasierte und/oder bio-
abbaubare Kunststoffe) mit UV-Strahlung behandelt und die auslaugbaren Chemikalien in
einer wässrigen Phase aufgefangen. Als Referenz diente eine Kontrollbehandlung ohne
UV-Strahlung. Das Wasser mit den ausgelaugten Chemikalien wurde aufbereitet und mit-
hilfe von suborganismischen Tests (Bakterien, Hefen und humanen Zelllinien) untersucht.
Damit wurden unterschiedliche Wirkungen gemessen, wie zum Beispiel die Basistoxizität,
oxidativer Stress, hormonelle (östrogene und anti-östrogene) Aktivitäten und gentoxisches
Potential.
8 Von der Idee zum Projekt PLASTRAT
Kurzsteckbrief PLASTRAT
Lösungsstrategien zur Verminderung von Einträgen
von urbanem Plastik in limnische Systeme
Laufzeit: 01.09.2017 – 31.08.2020 (28.02.2021)
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Fördersumme: rd. 3 Mio. €
Homepage: www.plastrat.de
Projektpartner: Universität der Bundeswehr München
Goethe-Universität Frankfurt am Main
ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung
gemeinnützige GmbH
Bundesanstalt für Gewässerkunde
aquadrat ingenieure GmbH
Technische Universität Darmstadt
inge GmbH
Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V.
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 9
3 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
3.1 Herausforderungen bei Ermittlung der Mikroplastikeinträge
In den urbanen Wasserkreislauf kann Mikroplastik unter anderem durch Ableitungen aus
der Siedlungswasserwirtschaft gelangen. Beispielsweise werden Mikroplastikpartikel durch
das Waschen von Kleidungsstücken aus synthetischen Fasern in das Abwasser eingeleitet,
vgl. Abbildung 2. Durch unsachgemäße Entsorgung von Hygieneartikeln im Haushalt ge-
langen ebenfalls Kunststoffe in Kanalisation und Kläranlage. Eine der größten Eintragsquel-
len für Mikroplastik ist jedoch Abrieb von Reifen, welcher durch Abschwemmungen bei Re-
genereignissen in die Kanalisation gespült werden (Talvitie et al.; 2014, Bertling et
al., 2018).
Abbildung 2: Herkunft der zehn häufigsten Mikroplastikemissionen in Deutschland (Da-
ten: Bertling et al., 2018)
Über die Kanalisation erreicht Mikroplastik die Kläranlage. Wird es bei der Abwasserbe-
handlung unvollständig zurückgehalten, wird es in Oberflächengewässer emittiert. Vor al-
lem bei Mischwasserkanalisationen, welche Schmutz- und Regenwasser gemeinsam in ei-
nem Kanal ableiten, kann es bei Regen zu Entlastungsereignissen kommen, was eine Ab-
leitung von meist unbehandeltem Abwasser in das Gewässer bedeutet.
Um diese Einträge zu quantifizieren, wurden Kläranlagenzulauf, -ablauf, Mischwasserent-
lastungen sowie Klärschlamm beprobt. Mit Hilfe der Ergebnisse konnten der Rückhalt von
Mikroplastik durch die Abwasserbehandlung sowie der Verbleib der Partikel im Klär-
schlamm bestimmt werden. Auch wurde ein zusätzlicher Rückhalt von Mikroplastikpartikeln
im Ablauf der Kläranlage durch eine weitergehende Behandlung mittels Ultrafiltration und
Tuchfilter analysiert.
10 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Einzelne Untersuchungen in der Literatur zeigen, dass bis zu 99,9 % der im Zulauf zur Klär-
anlage enthaltenen Mikroplastikpartikel zurückgehalten werden können und sich im Klär-
schlamm anreichern (Bertling et al., 2018).
Abbildung 3 und Abbildung 4 zeigen die Variabilität der Ergebnisse einiger Studien zum
Mikroplastikrückhalt durch Kläranlagen in den vergangenen Jahren. Hier wird deutlich, dass
diese Daten einer großen Streuung unterliegen, sowohl hinsichtlich der Mikroplastikparti-
kelkonzentration im Abwasser als auch im Klärschlamm. Ursache hierfür sind die unter-
schiedlichen angewandten Verfahren für Probenahme, Aufbereitung und Analytik, sodass
die Ergebnisse nur bedingt miteinander vergleichbar sind (Schaum et al., 2020; Wick et al.,
2020).
Somit war die Entwicklung geeigneter Methoden für Probenahme bis zur Analyse von Mik-
roplastik aus Proben der Siedlungswasserwirtschaft ein wichtiges Ziel von PLASTRAT.
Abbildung 3: Ergebnisse internationaler Studien zur Mikroplastikkonzentration und zum
Mikroplastikrückhalt in kommunalen Kläranlagen (verändert nach Hoos
(2019), Abschlussbericht Universität der Bundeswehr München, 2021)
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 11
Abbildung 4: Ergebnisse internationaler Studien zur Mikroplastikkonzentration in Klär-
schlamm (verschiedene Schlämme, entwässert und nicht entwässert) (ver-
ändert nach Hoos (2019), Abschlussbericht Universität der Bundeswehr
München, 2021)
3.2 Warum ist es schwierig eine belastbare Datenbasis zu generieren?
Herausforderung der Analytik und Lösungsansatz von PLASTRAT
Für die Extraktion von Mikroplastik aus Umweltproben wie Wasser (Frias et al., 2019), Se-
diment (Frias et al., 2018) oder Biota (Bessa et al., 2019) gibt es erste Handlungsempfeh-
lungen. Als Identifizierungsmethoden haben sich Raman-Spektroskopie (Käppler et al.,
2016, Imhof et al., 2016) und FTIR-Spektroskopie (Löder et al., 2015, Primpke et al., 2017)
für die Ermittlung von Partikelzahlen und -formen sowie Pyrolyse GC/-MS (Fischer &
Scholz-Böttcher, 2017; Dierkes et al., 2019) oder TED-GC/MS (Dümichen et al., 2017) für
die Ermittlung von Massen als geeignet erwiesen. Mit einer weitgehend automatisierten
Kombination von optischer Partikelanalyse, FTIR- und Raman-Mikroskopie und spektraler
Datenbanksuche können Partikelgrößen, Partikelgrößenverteilungen und die Art des Poly-
mers, einschließlich Farbpartikel, ermittelt werden.
12 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Die Zusammenführung und gemeinsame Interpretation von Befunden, die in den Umwelt-
kompartimenten Abwasser, Oberflächengewässer, Boden und Meere erhoben wurden, ist
angesichts der Methodenvielfalt aktuell kaum möglich. Eine Harmonisierung und Standar-
disierung von Aufarbeitung und Analyse steht bisher noch aus, wird aber allgemein ange-
strebt (Braun et al., 2018).
Bisherige Methoden zur Aufarbeitung von Mikroplastik sind (zeit-)aufwändig, sodass nur
eine begrenzte Anzahl Proben in einem annehmbaren Zeitrahmen analysierbar ist. Beson-
dere Herausforderungen stellen dabei die unterschiedlichen Eigenschaften der verschiede-
nen Kunststoffarten (Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyethylenterephthalat (PET),
etc.) und die unterschiedlichen Morphologien (Partikel, Fasern, Folien, etc.) dar. Zudem
erschweren die geringe Größe und der gegenüber Partikeln natürlichen Ursprungs oft ver-
hältnismäßig geringe Anteil an Plastikpartikeln den Umgang mit Umweltproben. In allen
Schritten, von der Probenahme über die Aufarbeitung bis zur Analyse, muss dies berück-
sichtigt werden. Hierbei sind besondere Maßnahmen und Prozeduren konsequent anzu-
wenden, um sicherzugehen, keine Partikel zu verlieren oder die Probe mit zusätzlichen
Plastikpartikeln zu kontaminieren.
Die Aufarbeitungsmethoden werden darauf abgestimmt, ob sich eine partikelbasierte oder
eine massebasierte Analysenmethode anschließt. Massebasierte Methoden haben den
Vorteil, dass sie eine weniger aufwändige Probenaufarbeitung erfordern und schneller ein
Ergebnis liefern. Allerdings ermöglichen sie keine Aussagen über die Eigenschaften der
Partikel in der Probe (z. B. Anzahl pro Kunststoff, Farbe, Form), die für die Zuordnung der
Herkunft und die Abschätzung der Toxizität notwendig sein können. Beide Methoden sind
je nach Fragestellung für die Analyse auf Mikroplastik geeignet. Dass ihre Ergebnisse nicht
direkt vergleichbar sind, erschwert jedoch die Interpretation unterschiedlicher Datensätze
und Studien.
Von der Probenahme zur Analyse von Mikroplastik
Im Folgenden werden das in PLASTRAT entwickelte Vorgehen von der Probenahme bis
zur Analyse sowie die aufgetretenen Herausforderungen beschrieben (Wick et al., 2021.),
vgl. Abbildung 5.
In PLASTRAT wurden Proben aus dem Zu- und Ablauf von Klärwerken, Mischwasserpro-
ben von Entlastungsereignissen sowie Klärschlämme (Primär-, Sekundär- und Faul-
schlamm) untersucht. Die Analyse erfolgte partikelbasiert mit einer Kombination aus opti-
scher Partikeldetektion zur Erfassung der Partikeleigenschaften (Größe, Form, Farbe) und
einem spektroskopischen Verfahren (Raman-Mikroskopie) zur Identifizierung der Kunst-
stoffpartikel einschließlich der jeweiligen Kunststoffart.
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 13
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Vorgehensweise von Probenahme bis Ana-
lyse der Mikroplastikkonzentration in Abwasser- und Klärschlammproben
(Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München, 2021)
(1) Probenahme von Abwasser- und Klärschlammproben
Bereits bei der Probenahme darf kein Plastik mit der Probe in Berührung kommen. Vorran-
gegangene Untersuchungen zeigten, dass sich durch Reibung kleinste Partikel jeglicher
Plastikteile ablösen können und so zu einer Kontamination der Probe führen. Soweit mög-
lich, werden Probenahmeapparaturen und -gefäße aus Glas oder Edelstahl eingesetzt. Be-
sonders in Dichtungen lassen sich bestimmte Plastikarten, wie z. B. Teflon, aber nicht ver-
meiden. Verwendete Plastikarten müssen dann in der Auswertung ausgeschlossen wer-
den. Je geringer die Teilchengröße ist, die mit den Untersuchungen noch erfasst werden
soll, umso wichtiger ist die Vermeidung von Kontaminationen.
1a) Probenahmestellen
Abbildung 6 zeigt die untersuchten Probenahmestellen im Bereich der Siedlungswasser-
wirtschaft. Untersucht wurden Abwasser (Zu- und Ablauf der Kläranlage), Mischwasserent-
lastung, Filtrat einer Ultrafiltrationsanlage und eines Tuchfilters als weitergehende Abwas-
serbehandlungen sowie die verschiedenen Klärschlämme (Primär-, Sekundär- und Faul-
schlamm).
(1) Probenahme
(2) Probenvorbereitung
(3) Probenaufbereitung
(4) Analyse
14 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Abbildung 6: Schematische Darstellung einer Abwasserbehandlungsanlage inklusive
Kennzeichnung der verwendeten Probenahmestellen zur Ermittlung der Mik-
roplastikkonzentration im Abwasser (Backwash (UF) = Rückspülwasser der
Ultrafiltrationsanlage) (Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr
München, 2021)
1b) Art der Probenahme
Aufgrund der sich ändernden Abwasserzusammensetzung und -menge wurden die Probe-
nahmen im Kläranlagenzu- und -ablauf als 24-Stunden-Mischproben durchgeführt. Die Pro-
benentnahme erfolgte kontinuierlich in einen Edelstahl-Tank mit Rührer.
Bei Mischwasserentlastungsereignissen erfolgte die Probenahme volumenproportional zur
Abschlagsmenge.
Im Gegensatz zur Probenahme von Abwasser ist für die Beprobung von Klärschlämmen
nach DIN EN ISO 5667-13 (2011) eine Standardmethode zur Probenahme von Schlämmen
vorhanden. Die Entnahme von Stichproben ist hier meist ausreichend, jedoch ist zu beach-
ten, dass sich die Schlammbeschaffenheit durch Änderung der hydraulischen Bedingungen
(Abpumpen, Absaugen) unterscheiden kann. Dies kann auch Einfluss auf die Partikelkon-
zentration haben.
1c) Probenahmevolumen
Um statistisch relevante Mikroplastik-Mengen auswerten zu können, muss auf ein ausrei-
chendes Probenvolumen geachtet werden. Generell gilt, je weniger Mikroplastik erwartet
wird, desto größer müssen Probenvolumen oder Probenmasse sein. Je nach erwarteter
Partikelkonzentration müssen wenige Liter (Zulauf zur Kläranlage, Mischwasserentlastung)
bis hin zu mehreren Kubikmetern (Ablauf der Kläranlage) untersucht werden (Braun et
al., 2018).
X
XX
X
X
X
X Zulauf Vorklärung
X Mischwasserentlastung
X Ablauf Nachklärung
X Filtrat
X Backwash (UF)
X
X
X
X Primärschlamm
X Überschussschlamm
X Faulschlamm
X entwässerter Faulschlamm
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 15
In PLASTRAT wurden bis zu 4.000 L am Ablauf der Kläranlage beprobt. Im Zulauf der Klär-
anlage wurden mehr Partikel erwartet, sodass die Untersuchung von 30 L ausreichte. Bei
den verschiedenen Klärschlämmen enthielten Proben von etwa 50 g Nassgewicht bereits
genügend Kunststoffpartikel.
1d) Begleitparameter
Zur Charakterisierung der Probe wurde zusätzlich bei jeder Probenahme eine Begleitana-
lytik der wichtigsten Abwasserparameter durchgeführt. Untersucht wurden unter anderem
Abfiltrierbare Stoffe (AFS) (vgl. Broß et al., 2020), der Chemische Sauerstoffbedarf (CSB),
die Trübung und der Phosphorgehalt (Pges). Für Klärschlämme wurden Trockenrückstand
(TR) und CSB gemessen.
1e) Systemblindwert
Um eine mögliche Kontamination der Proben durch das Probenahmesystem oder Handling
vor Ort beurteilen zu können, wurde ein sogenannter Systemblindwert ermittelt. Hierbei
wurde die Probenahme inkl. sämtlicher Schritte mit vorfiltriertem Leitungswasser (5 µm Fil-
terporendurchmesser) durchgeführt. Der Blindwert für Klärschlämme wurde ermittelt, indem
die jeweilige Menge an Chemikalien zur Behandlung einer Probe wie eine gewöhnliche
Probe behandelt und analysiert wurde.
(2) Probenvorbereitung
2a) Konzentrierung von wässrigen Proben mittels Filtersystem
Im Anschluss an die Probenahme von Abwasserproben mussten die in der Probe enthalte-
nen Mikroplastikpartikel für die Analyse aufkonzentriert werden. Um das erforderliche Pro-
benvolumen im Kläranlagenzulauf zu erreichen, wurde die Aufkonzentrierung mittels Filter-
kaskade umgesetzt (Porenweiten: 500, 100, 50 µm). Im Ablauf der Kläranlage sind deutlich
weniger und vergleichsweise kleinere Partikel enthalten. Aufgrund des zunehmenden
Druckverlusts im Verlauf der Filtration durch Verblocken der Filterkerzen hat sich eine Pa-
rallelschaltung von zwei Filterkerzen mit einer Porenweite von 50 µm bewährt, um das be-
nötigte Probenvolumen filtrieren zu können (vgl. Abbildung 7). Saugseitig wurde eine Krei-
selpumpe an das System angeschlossen, um eine Kontamination durch die Pumpe zu ver-
meiden.
16 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Abbildung 7: Zweistufige Probenahme bei Abwasserproben: Schritt 1: 24 Stunden-Pro-
benahme in einen Edelstahltank, Schritt 2: Aufkonzentrierung der Partikel
durch Filtration (Design: Ecologic Institut / Lena Aebli 2020, Abschlussbericht
der Universität der Bundeswehr München, 2021)
2b) Mikroplastik im Klärschlamm – Problemstellung: Hygienisierung
Klärschlamm ist ein Vielstoffgemisch, das während der Abwasserbehandlung in Kläranla-
gen entsteht. Darin können viele Krankheitserreger vorkommen, wie zum Beispiel Salmo-
nellen, Listerien, Streptokokken oder Staphylokokken. Um in den Laboren einen sicheren
Umgang mit den Klärschlammproben zu gewährleisten und das Infektionsrisiko zu minimie-
ren, wurden die Proben, zusätzlich zu den gängigen Schutzmaßnahmen (persönliche Si-
cherheitsausrüstung etc.), hygienisiert.
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 17
Bei der Aufbereitung von Klärschlämmen erfolgte im Rahmen der Untersuchungen von
PLASTRAT die Reduzierung der organischen Substanz durch die Fenton-Reaktion (vgl.
Mundani et al., 2018). Die Fenton-Reaktion ist ein chemisches Verfahren, das durch die
katalytische Wirkung des gelösten Eisens und die Zugabe von Wasserstoffperoxid Hydro-
xylradikale bildet, die eine hohe oxidative Wirkung besitzen, um sehr schnell und effektiv
die organischen Verbindungen zu oxidieren.
Zur Beurteilung, ob mit der Fenton-Reaktion gleichzeitig die erforderliche Hygienisierung
erreicht werden kann, erfolgten entsprechende Analysen. Analog zur EU-Verordnung Nr.
142/2011 wurden Enterokokken und fäkalcoliforme Bakterien als bakteriologische Indi-
katororganismen zur Risikoabschätzung der Klärschlammproben herangezogen. Die Er-
gebnisse zeigen, dass die Erreger durch die Fenton-Reaktion weitgehend inaktiviert wer-
den können. Die Werte lagen ausnahmslos unter dem Detektionslimit von 3 KBE/ g Klär-
schlamm.
(3) Probenaufbereitung: Reinigung der Mikroplastikpartikel
Bevor eine Probe spektroskopisch untersucht werden kann, muss das Plastik möglichst
schonend von den natürlichen Substanzen getrennt werden. Je gründlicher die Aufreini-
gung gelingt, desto weniger natürliche Partikel verbleiben auf dem Filter und stören dort die
spektroskopische Analyse.
Abbildung 8: Große Mikroplastikfraktion (> 500 µm) umgeben von überwiegend organi-
scher Matrix. Foto: A. Tagg/IOW (Abschlussbericht des Leibniz-Instituts für
Ostseeforschung Warnemünde, 2021)
Die natürlichen Partikel lassen sich in organische Materialien und anorganische Materialen
einteilen. Im Projekt PLASTRAT wurde die Entfernung der Anorganik über eine Dichtetren-
nung mit Zugabe von Natriumpolywolframatlösung durchgeführt. Eingestellt auf eine Dichte
von 1,8 g/cm3 sinken die schweren Sedimente in dieser Lösung ab, während das Plastik
(der überwiegende Teil der synthetischen Polymere hat eine Dichte < 1,8 g/cm3) und die
18 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
leichten organischen Verbindungen im Scheidetrichter aufschwimmen. Anschließend wird
die Organik und Plastik enthaltende Fraktion mit verschiedenen Chemikalien über mehrere
Tage behandelt, um den Großteil der Organik aufzulösen. Dieser Prozess kann bei feinkör-
nigen, partikelreichen Proben bis zu zwei Wochen dauern.
Um Kontaminationen auszuschließen, erfordern Mikroplastik-Untersuchungen auch nach
der Probenahme einen weitgehend plastikfreien Umgang. In PLASTRAT lagen die unteren
Bestimmungsgrenzen bei 10 µm bzw. 50 µm. In dieser Größenordnung ist keine optische
Überwachung von Kontaminationen mehr möglich. Kunststoffe sind in unserem Alltag, aber
eben auch im Labor, allgegenwärtig und können über die Luft transportiert werden (Chen
et al., 2020). Die Vermeidung von Kontamination nimmt daher viel Zeit und Aufwand in
Anspruch, weshalb Proben nicht mit hohem Durchsatz bearbeitet werden können. Das Ver-
meiden von Plastikbehältnissen und Ersetzen durch Alternativen wie Glas oder Metall ist
aufwändig, kostspielig und störanfällig (Glasbruch). Alle Chemikalien, die oft nur in Kunst-
stoffgebinden bezogen werden können, müssen vor der Nutzung in mikroplastikfreie Ge-
fäße filtriert werden. Arbeiten an der offenen Probe werden nur in partikelarmer Umgebung
(Laminar-Flowbox mit Luftfilter) durchgeführt. Zur Überwachung der Kontamination sind re-
gelmäßige Blindproben für alle Schritte nötig.
Die hydrophobe Oberfläche von Kunststoffen kann zu einer Anhaftung der Mikroplastikpar-
tikel an Laborbehältnissen und damit wiederum zu einem Verlust von Mikroplastikpartikeln
führen. Die Gefäße mit den Mikroplastik-Proben werden daher mit mikroplastikfreiem Was-
ser ausgiebig unter Verwendung milder Seifenlösungen gespült.
Eine Möglichkeit, den Verlust von Mikroplastikpartikeln zu überwachen, ist die Zugabe in-
terner Standardpartikel in die Probe. Wiederfindungsraten geben Auskunft über mögliche
Verluste bei der Aufreinigung. Hierbei ist zu beachten, dass die zugegebenen Partikel zwar
aus Plastik bestehen aber meist neuwertig, nicht bewachsen oder verwittert sind. Somit
unterscheiden sich die Oberflächen von sich in der Umwelt befindenden Partikeln und wei-
sen ggf. ein anderes Verhalten auf. Die Standardpartikel dürfen ihrerseits keine Kontami-
nation einbringen und repräsentieren nur einen kleinen Teil der Mikroplastikpartikel in der
Umweltprobe (in Typ, Größe, Form).
Die tatsächliche Anzahl an Mikroplastik kann durch das Zerfallen einzelner Partikel erhöht
werden, da aus einem Partikel zwei oder mehrere werden. Zerfall führt aber auch zu nied-
rigeren, detektierten Anzahlen, wenn die kleineren Fragmente durch die untere Grenze der
Maschenweite eines Siebes fallen und damit verloren gehen oder vom spektroskopischen
Detektionsverfahren nicht mehr erfasst werden. Der Verlust von Mikroplastik in einer Probe
spielt besonders bei der Abtrennung der Organik vom Plastik eine Rolle. Die Lösungen für
die Aufreinigung müssen aggressiv genug sein, um Organik zu entfernen, dürfen dabei aber
nicht das Plastik selbst angreifen (Lenz et al., 2021).
Nach erfolgreicher Aufarbeitung befinden sich oft immer noch tausende Partikel in der
Probe. Diese müssen über spektroskopische Verfahren analysiert werden, um sie als Plas-
tik identifizieren zu können und dann Aussagen über die Partikelform, Farbe und Größe zu
erhalten.
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 19
(4) Analyse von Mikroplastik
Die partikelbasierte Analyse der aufbereiteten Klärschlamm- oder Wasserproben zielt da-
rauf ab, die Eigenschaften jedes Partikels oder einer statistisch aussagekräftigen Anzahl zu
erfassen. Eine Probe enthielt oftmals mehr als 100.000 Partikel, wobei der Mikroplastikan-
teil trotz Aufarbeitung häufig unter 1 % lag. Um ein statistisch aussagekräftiges Resultat zu
erzeugen, mussten daher alle Partikel zeitaufwändig vermessen und spektroskopisch ana-
lysiert werden.
Um diese hohe Partikelzahl überhaupt untersuchen zu können, musste die Analyse weit-
gehend automatisiert werden. Da es dafür zu Projektbeginn keine geeignete kommerzielle
Lösung gab, wurde eigens eine Software entwickelt. Die Software GEPARD (Brandt et
al., 2020) (Gepard-Enabled PARticle Detection, open source verfügbar unter: https://git-
lab.ipfdd.de/GEPARD/gepard) verknüpft alle Schritte von der Bildaufnahme mit einem op-
tischen Mikroskop (Abbildung 9a), der vollautomatischen Partikelerkennung über das Steu-
ern der spektroskopischen Messung bis zur Identifizierung der Partikel anhand der Mess-
daten sowie der Ausgabe der gesammelten Analysedaten (Abbildung 9b,c) und gewähr-
leistet so einen hohen Grad an Automatisierung. Die Partikelerkennung beispielsweise er-
setzte das zuvor praktizierte manuelle Auswählen der zu messenden Partikel. Hier musste
bislang etwa eine Stunde investiert werden, um 1.000 Partikel auszuwählen. Von
100.000 Partikeln hätte auf diese Weise nur ein Bruchteil mit einem vertretbaren Zeitauf-
wand bearbeitet werden können. Im Anschluss ermöglicht GEPARD das Messen von bis
zu 1.000 Partikeln pro Stunde ohne menschliches Eingreifen. Für 100.000 Partikel sind so
jedoch noch immer um die 100 Stunden reine Messzeit nötig, zu der sich die Zeit für die
Datenanalyse addiert. Auch dafür konnte mit GEPARD ein höherer Automatisierungsgrad
erreicht werden. Manuelle Nacharbeit blieb aber notwendig, da kein Auswertungsalgorith-
mus die Kunststoffe anhand der Spektren ausreichend korrekt erkannte. Eine weitere
Schwierigkeit resultiert aus sich überlagernden Partikeln in den optischen Bildern. Während
die Partikelerkennung die Partikel gut vor dem Hintergrund erkennt, trennt sie diese Partikel
nicht immer richtig voneinander ab. Auch Fasern werden zerteilt. Diese Fehler zu korrigie-
ren, ist ein weiterer Teil der manuellen Nacharbeit. Diese weiter zu reduzieren ist nach wie
vor Gegenstand der Forschung.
20 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Abbildung 9: GEPARD-basierte Analyse einer Probe. a) Partikel einer Umweltprobe, ab-
geschieden auf dem Silizium-Messsubstrat (Partikel weiß, Hintergrund
schwarz). Die rechte Bildhälfte zeigt ein Falschfarbenbild, in dem jeder Par-
tikel entsprechend des Materialtyps durch GEPARD eingefärbt ist. b, c) Aus-
schnitte aus dem Übersichtsbild, b) Falschfarbendarstellung: jeder Partikel
ist entsprechend des Materialtyps eingefärbt, c) Optisches Bild. Das Markie-
ren eines einzelnen Partikels öffnet ein Label mit allen Partikeleigenschaften
(rote Box). (Abschlussbericht des Leibniz-Instituts für Polymerforschung
Dresden e.V., 2021)
3.3 Mikroplastik in der Siedlungswasserwirtschaft:
Analysenergebnisse und Technologieansätze aus PLASTRAT
Mikroplastik-Rückhalt in Kläranlagen
Abbildung 10 zeigt die Ergebnisse der Beprobung einer kommunalen Kläranlage mit einer
Ausbaugröße von 50.000 Einwohnerwerten (EW) sowie einer Mischwasserentlastung auf
einer kommunalen Kläranlage mit einer Ausbaugröße von 40.000 EW.
Die am häufigsten erfassten Polymerarten waren in allen untersuchten Proben PET, PE
und PP. Die ermittelten Partikelzahlen liegen in ähnlichen Größenordnungen wie in anderen
Mikroplastik-Studien (vgl. Bertling et al., 2018).
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 21
Abbildung 10: Ergebnisse der Mikroplastikanalysen im Bereich Abwasser und Mischwasser
inklusive eines Systemblindwertes, welcher den Einfluss des Probenahme-
equipments und Handlings vor Ort repräsentiert, Mittelwert aus zwei Probe-
nahmen (Mischwasserentlastung), bzw. drei Probenahmen (Kläranlagenzu-
und -ablauf) (Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München,
2021)
Mikroplastik im Kläranlagenzu- und -ablauf
Die Ergebnisse zeigen, dass im Zulauf der Vorklärung der kommunalen Kläranlage insge-
samt zwischen 70.000 und 180.000 Mikroplastikpartikel pro Kubikmeter Abwasser
(MPP/m³) nachweisbar sind, vgl. Abbildung 10. Im Kläranlagenablauf waren noch zwischen
100 und 500 MPP/m³ messbar. Dies entspricht einem Mikroplastikrückhalt von > 99 %.
Der Systemblindwert lag bei 40 MPP/m³. Dieser Blindwert repräsentiert den Einfluss des
Probenahmeequipments (Probenahmesystem und Filtrationseinheit) sowie des Vor-Ort-
Handlings.
Zur Charakterisierung der Abwasserproben wurden klassische Abwasserparameter wie
AFS, CSB, Pges und die Trübung analysiert. Abbildung 11 zeigt den Zusammenhang zwi-
schen Mikroplastikkonzentration in der Probe und den Parametern AFS und CSB. Sowohl
bei der Betrachtung der AFS und Mikroplastikkonzentration als auch beim CSB ist jeweils
eine Korrelation erkennbar. Je höher die AFS- oder CSB-Konzentration in der Probe war,
desto höher war auch die zu erwartende Mikroplastikkonzentration.
22 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Abbildung 11: Zusammenhang von Mikroplastikkonzentration in verschiedenen Abwässern
(Zu- und Ablauf zur Kläranlage und Mischwasser) und „klassischer“ Abwas-
serparameter, hier: Abfiltrierbare Stoffe (AFS) und Chemischer Sauerstoff-
bedarf (CSB) (Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München,
2021)
Mikroplastikemission bei einem Mischwasserentlastungsereignis
Im Rahmen eines Abschlagsereignisses eines Entlastungsbauwerks waren zwischen 9.000
und 40.000 Mikroplastikpartikel pro Kubikmeter im Mischwasser messbar. Dies entspricht
der Konzentration an Mikroplastikpartikeln, welche aufgrund von erhöhter Zulaufwasser-
menge, beispielsweise bei Starkregen, durch ein Abschlagereignis unbehandelt in Oberflä-
chengewässer gelangen.
Mutmaßlich machen Reifenpartikel einen Großteil der Partikel aus, welche durch Straßen-
abläufe in die Kanalisation gelangen. Sie können jedoch aufgrund ihres großen Kohlen-
stoffgehalts nicht bzw. kaum mittels spektroskopischer Methoden erfasst werden. Die Ana-
lysen in PLASTRAT wurden jedoch mit Raman-Mikroskopie durchgeführt, um Polymerarten
und Partikelgrößenverteilung genauer untersuchen zu können.
Mikroplastik in Klärschlamm
Im Primärschlamm wurden insgesamt ca. 60 Mikroplastikpartikel pro g Trockenrückstand
(MPP/g TR) nachgewiesen. Im Sekundärschlamm, der dem Überschussschlamm im Bele-
bungsbecken entspricht, wurden nur etwa 30 Mikroplastikpartikel nachgewiesen. Im Faul-
schlamm wurden etwa 400 MPP/g TR gemessen.
Der Faulschlamm stellt in der Kläranlage die Senke für die Mikroplastikpartikel dar. Die im
Klärprozess zurückgehaltenen Partikel akkumulieren im Faulschlamm. Sofern dieser ent-
sprechend entsorgt wird, werden über 99 % der in die untersuchte Kläranlage
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 23
eingetragenen Partikel aus dem System entfernt und gelangen nicht in limnische Systeme
bzw. die Umwelt.
Abbildung 12: Ergebnisse der Mikroplastik-Analysen in den unterschiedlichen Klärschläm-
men einer kommunalen Kläranlage (50.000 EW, PS = Primärschlamm,
ÜSS = Überschussschlamm, FS = Faulschlamm) (Abschlussbericht der Uni-
versität der Bundeswehr München, 2021)
In Deutschland werden zzt. noch 16 % des produzierten Klärschlamms landwirtschaftlich
verwertet (DESTATIS, 2020). Dadurch kann auch das im Klärschlamm angereicherte Mik-
roplastik in die Umwelt gelangen. Die Düngemittelverordnung (DüMV 2019) wirkt dem
dadurch entgegen, dass Düngemittel – dazu gehören unter anderem Klärschlamm, aber
auch Kompost – weniger als 0,4 Gew.-% harte und 0,1 Gew.-% verformbare Plastikpartikel
> 1 mm enthalten dürfen.
Im Rahmen von PLASTRAT wurden sechs Kläranlagen hinsichtlich ihrer Mikroplastikkon-
zentration (1 - 5 mm) im entwässertem Klärschlamm untersucht (Schwinghammer et al.,
2020). Die Mikroplastikpartikelanzahl lag zwischen 0 und 326 Mikroplastikpartikel pro
kg TR. Dies ist vergleichbar mit Befunden aus der Untersuchung von Kompost (Weithmann
et al., 2018). Alle Proben konnten auch die Anforderungen der Düngemittelverordnung ein-
halten.
24 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Tuchfilter als weitergehender Partikelrückhalt
Um einen erhöhten Partikelrückhalt im Ablauf der Nachklärung zu erzielen, besteht die
Möglichkeit, einen Tuchfilter einzusetzen. In PLASTRAT wurde eine Probenahme an einer
solchen Pilotanlage im Kläranlagenablauf durchgeführt und der Mikroplastikrückhalt durch
diesen Tuchfilter ermittelt (vgl. Abbildung 13).
Abbildung 13: Ergebnisse der Mikroplastik-Analysen im Zu- und Ablauf eines Tuchfilters als
weiterführende Abwasseraufbereitung im Ablauf der Kläranlage, Feed ent-
spricht Ablauf der Nachklärung (Abschlussbericht der Universität der Bun-
deswehr München, 2021)
Im Ablauf der Kläranlage (entspricht Zulauf zum Tuchfilter/Feed) wurden im Größenbereich
zwischen 10 und 500 µm insgesamt 1.240 MPP/m³ gemessen. Im Filtrat waren es noch
163 MPP/m³. Somit beträgt die zusätzliche Mikroplastikreduktion durch den Tuchfilter 87 %.
Leistungsfähigkeit und Mehrfachnutzen einer Ultrafiltrationsanlage
Ultrafiltrationstechnologie
Membranverfahren wie die Ultrafiltration sind physikalische Trennverfahren, die in Abhän-
gigkeit ihrer nominalen Porengröße eine absolute Barriere gegenüber Partikeln darstellen.
Die in PLASTRAT eingesetzten Ultrafiltrationsmembranen der inge GmbH haben eine Po-
rengröße von 20 nm, womit 99,99 % an Viren (bezogen auf sphärische MS2 Phagen mit
ca. 20 nm Durchmesser) und 99,9999 % der Bakterien zurückgehalten werden können. Zu-
sätzlich können Protozoen und deren Sporen die Membran nicht passieren.
Die Ultrafiltration bietet somit einen weitergehenden Mehrfachnutzen nicht nur durch den
wie oben beschrieben Rückhalt von Pathogenen, sondern zusätzlich durch die Reduzierung
von Nährstoffen und den Rückhalt von Partikeln, wie zum Beispiel Kunststoff. Neben einer
höheren Qualität des Kläranlagenablaufs zur Einleitung in Oberflächengewässer könnte
das Abwasser insbesondere in Regionen, welche von Trockenperioden geplagt sind, zur
Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen gemäß der EU Richtlinie (EU 2020/741) zu
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 25
Mindestanforderungen an die Wasserqualität für die landwirtschaftliche Bewässerung ge-
nutzt werden, ohne dabei Mikroplastik und mikrobiologisch relevante Einzeller und Keime
in der Umwelt zu verbreiten. Im Rahmen eines Risikomanagements ist dabei jedoch zu
prüfen, welche weiteren Maßnahmen zum Rückhalt gelöster Wasserinhaltsstoffe erforder-
lich sind.
Bei der Aufbereitung von Kläranlagenablauf mittels Ultrafiltration wird dieser auf Grund der
organischen (Rest-)Frachten eine Dosierung von Flockungsmittel vorgeschaltet, um Memb-
ranfouling zu vermeiden und so einen stabilen Betrieb zu gewährleisten. Als positiver Ne-
beneffekt kann der Eintrag von Phosphaten in die Gewässer reduziert werden. Allerdings
stellen Flockungsmittel einen Haupttreiber für die jährlichen Betriebskosten einer Ultrafiltra-
tionsanlage dar. In Versuchen wurde der Flockungsmitteleinsatz durch veränderte Dosier-
intervalle optimiert. Klassischerweise wird der Flockungsmitteleinsatz auf die anspruchs-
vollste Wasserqualität ausgelegt. Als Alternative wurde in den Versuchen eine Intervalldo-
sierung erprobt, wobei die ursprüngliche Konzentration für eine kürzere Zeit dosiert wurde.
Entscheidend ist jedoch, dass die Betriebsstabilität der Membran nicht gefährdet ist. Am
Foulingverhalten der Membran, in anderen Worten der Reversibilität der zurückgehaltenen
Stoffe durch einen physikalischen Reinigungsschritt, lässt sich die Betriebsstabilität erken-
nen. Mit Hilfe des Hydraulically Irreversible Fouling Index (HIFI) kann die Zunahme des
hydraulisch nicht reversiblen Foulings bewertet werden. Bei Werten des HIFI < 0,1 m²/L
kann der Betrieb als stabil bewertet werden. Bei verringertem Flockungsmitteleinsatz
konnte ein geringfügiger Anstieg der Foulingrate festgestellt werden. Ein Betrieb ohne Flo-
ckungsmittel war jedoch nicht möglich.
Konzept zur großtechnischen Umsetzung einer Ultrafiltrationsanlage
Im Rahmen von PLASTRAT wurde ein mögliches Konzept der zusätzlichen Verfahrens-
technik zum weitestgehenden Rückhalt von Partikeln, einschließlich Mikroplastik unter-
sucht. An den Ablauf der Bestandsanlage (Ablauf Nachklärung) wird zur Vorfiltration eine
Mikrosiebung angebunden und daran anschließend ein Pumpwerk zur Beschickung der
Ultrafiltration. Die Ultrafiltration erfordert neben der Vorfiltration des Abwassers und der Do-
sierung von Flockungsmittel Aggregate für die Rückspülung und die chemische Reinigung.
26 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Abbildung 14: Schematische Darstellung eines möglichen Konzeptes zur Umsetzung einer
Ultrafiltrationsanlage im Kläranlagenablauf (Abschlussbericht der aquadrat
ingenieure GmbH, 2021)
Die Betrachtung dieses Konzeptes erfolgte beispielhaft für vier unterschiedliche Kläranla-
gengrößen mit einer Ausbaugröße von 50.000 EW, 100.000 EW, 500.000 EW und
1.000.000 EW. Zur Auslegung der jeweiligen Anlagengröße wurde die zu behandelnde
Wassermenge mit 80 % der Jahresabwassermenge angenommen.
Für die Anlagenkonzeption wurden folgende Annahmen getroffen: Die Vorfiltration (Mikro-
siebung) wird an den vorhandenen Ablauf der Bestandsanlage angeschlossen und im freien
Gefälle durchflossen. Daran anschließend wird ein Tauchmotorpumpwerk zur Beschickung
der Membrananlage errichtet. Die gleichmäßige Aufteilung auf die einzelnen Membranstra-
ßen erfolgt über MID-Regelstrecken. Die Membrananlage wird mit allen Nebenaggregaten
(Vorbehandlung, Filtratspeicher, Rückspülung, chemische Reinigung) in einer neu herzu-
stellenden Halle (nicht unterkellert) aufgestellt.
Tabelle 1: Ermittelter Flächenbedarf und Herstellungskosten einer Ultrafiltrationsan-
lage in Abhängigkeit der Einwohnerwerte (Abschlussbericht der aquadrat in-
genieure GmbH, 2021)
Einwohnerwerte
[E]
Flächenbedarf
(Berechnung)
[m x m]
Flächenbedarf
[m²]
Herstellungskosten
(inkl. Baunebenkosten
und MwSt.)
[Mio. €]
50.000 25 x 40 1.000 8,2
100.000 25 x 40 1.000 10,6
500.000 40 x 50 2.000 28,5
1.000.000 50 x 60 3.000 48,5
Die Anlagen wurden überschlägig dimensioniert und der Flächenbedarf abgeschätzt, die
Investitions- und Betriebskosten wurden auf Basis einer Grobkostenschätzung angesetzt
und daraus die Jahreskosten ermittelt. Die Herstellungskosten (brutto, inkl. Baunebenkos-
ten) liegen zwischen 8,2 Mio. € und 48,5 Mio. €. Die spezifischen Jahreskosten (jährliche
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 27
Kapitalkosten und jährliche Betriebskosten) sind in Abbildung 15 dargestellt, bezogen auf
die zu behandelnde Abwassermenge und bezogen auf die Einwohnerwerte.
Abbildung 15: Spezifische Jahreskosten (brutto) für eine Ultrafiltrationsanlage im Ablauf der
Nachklärung pro Kubikmeter behandeltes Abwasser und pro Einwohner in
Abhängigkeit der Ausbaugröße (Abschlussbericht der aquadrat ingenieure
GmbH, 2021)
Der reduzierte Einsatz von Flockungsmitteln ist in den oben gezeigten Kosten berücksich-
tigt. Insgesamt konnte somit eine Kostenreduzierung der spezifischen Jahreskosten für die
jeweiligen Auslegungsfälle um 21 %, 29 %, 43 % und 49 % erzielt werden. Im Vergleich zu
den durchschnittlichen Jahreskosten pro Einwohner von ca. 137 €/(E∙a), würden sich für
eine mikrobiologisch verbesserte Wasserqualität die Abwassergebühren zwischen 13 %
und 5 % erhöhen (Abschlussbericht der inge GmbH, 2021).
Mikroplastikrückhalt durch die Ultrafiltration
Bei den Mikroplastikanalysen im Bereich der Ultrafiltration (vgl. Abbildung 16) wurden zu-
sätzlich zu den Partikelgrößenklassen > 100 µm und 50-100 µm die Partikelgrößenklasse
< 50 µm analysiert. Die untere Messgrenze lag hier bei 10 µm.
In der Partikelgrößenklasse > 50 µm lag der gemessene Rückhalt bei 79 %. Im Bereich
zwischen 10 und 50 µm lag der gemessene Rückhalt zwischen 88 – 99,5 %. Die geringere
Rückhaltquote besonders im Bereich > 50 µm lässt sich auf Verunreinigungen bzw. Gren-
zen des Probenahmesystems (vgl. Abbildung 7 „Aufkonzentrierung“) und der Quantifizie-
rungsmethode zurückführen, da der Systemblank mit 40 MPP/m³ teilweise höher lag als die
Analysenwerte der Filtrat-Probe selbst. Somit liegt der tatsächliche Rückhalt der Ultrafiltra-
tion bei den Partikelgrößen 10 – 500 µm zwischen 88 % und 100 %. Weiterhin konnte eine
deutliche Aufkonzentrierung der Partikel im Rückspülwasser festgestellt werden.
28 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Abbildung 16: Ergebnisse der Mikroplastik-Analysen im Bereich Ultrafiltration als weiterfüh-
rende Abwasseraufbereitung, Feed zur UF-Anlage entspricht Ablauf Nach-
klärung, Backwash = Rückspülwasser der UF-Anlage, Mittelwert aus drei
Probenahmen (Abschlussbericht der Universität der Bundeswehr München,
2021)
Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen
Ebenfalls betrachtet wurde der Aspekt des Mehrfachnutzens durch eine Ultrafiltration hin-
sichtlich der Entfernung von pathogenen Keimen. Als zusätzlicher Parameter zu Mikroplas-
tik wurde der Rückhalt von antibiotikaresistenten Keimen und fakultativ-pathogenen Bakte-
rien untersucht, vgl. Abbildung
17. Der Rückhalt von Antibiotikaresistenzgenenen lag bei
99,9 - 99,999 %. Dies entspricht einer Reduzierung um 3-5 Log-Stufen. Im Filtrat waren au-
ßerdem keine fakultativ pathogenen Bakterien mehr nachweisbar.
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 29
Abbildung 17: Ergebnisse der Untersuchungen des Rückhalts von Antibiotikaresistenzge-
nen durch die Ultrafiltrationsanlage. Logarithmische Darstellung der Ergeb-
nisse, die Legende zeigt die untersuchten Antibiotikaresistenzgene und fa-
kultativ-pathogenen Bakterien (Abschlussbericht der Universität der Bundes-
wehr München, 2021)
Zwischenfazit
Für die Analyse von Mikroplastikpartikeln, vor allem für den Vergleich der
Ergebnisse, ist eine standardisierte (vergleichbare) Methodik unverzichtbar; dies gilt
von der Probenahme über die Probenaufbereitung bis zur Analyse. Die im Rahmen
von PLASTRAT entwickelten Empfehlungen sollten hierbei berücksichtigt werden.
In allen Abwasser-, Kläranlagenablauf- und Klärschlammproben konnten
Mikroplastikpartikel nachgewiesen werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass durch eine konventionelle kommunale Kläranlage bis
zu 99 % der im Zulauf zur Kläranlage enthaltenen Mikroplastikpartikel zurück
gehalten werden (Messung von Partikeln > 50 µm). Die Mikroplastikpartikel werden
dabei über den Klärschlamm separiert.
Durch die betrieblichen Bedingungen der Abwasserbehandlung sind der
Partikelabtrennung jedoch Grenzen gesetzt. Durch zusätzliche Verfahrenstechnik
auf der Kläranlage, wie z. B. einer Ultrafiltrationsanlage oder einem Tuchfilter, lassen
sich Einträge weiter reduzieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch deren
Einsatz weitere Effekte je nach Verfahrensauswahl erzielt werden können,
beispielsweise Reduktion von Phosphor oder der Elimination von Pathogenen.
30 Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik
Besteht ein Risiko für die Trinkwasseraufbereitung durch Mikroplastik?
Mikroplastik sowie aus Kunststoffen herauslösbare Stoffe gelangen hauptsächlich aus
Oberflächenabflüssen, kommunalen und industriellen Abwassereinleitungen, aber auch
aus Mischwasserentlastungen und atmosphärischer Deposition in die Umwelt. Davon sind
im Wesentlichen Oberflächengewässer betroffen. Im Rahmen von PLASTRAT wurde eine
konzeptionelle Vorgehensweise für die Ermittlung des Risikos erstellt, das von Mikroplastik
in Oberflächengewässern für die Trinkwasserqualität ausgeht.
Grundlage für die Risikoermittlung ist das Water-Safety-Plan(WSP)-Konzept der WHO
(WHO, 2014). Ziel des Konzeptes ist es, Gefährdungen für die Trinkwasserqualität recht-
zeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um deren Eintritt und/oder deren Auswir-
kungen zu verringern oder vollständig zu vermeiden.
Das Risiko, das von Mikroplastik sowie von gelösten Stoffen aus Kunststoffen im Trinkwas-
ser ausgeht, wird gemäß dem WSP-Konzept aus der Kombination von Eintrittswahrschein-
lichkeit und Schadensausmaß ermittelt. Dazu muss zunächst die Belastung der Oberflä-
chengewässer für jede betrachtete Trinkwasseraufbereitungsanlage und jeden Stoff bzw.
jede Stoffgruppe in Abhängigkeit vom Abfluss des Gewässers ermittelt werden.
Zur Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeit wird die Dauerlinie des Abflusses des Gewäs-
sers herangezogen und gemäß der Häufigkeit der Abflussmengen Klassen gebildet. Nach
Klassenbildung und Bewertung des Rückhaltes bei Gewinnung und Aufbereitung stehen
für jeden Abfluss eines Gewässers die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Schadensaus-
maß (erwartete Konzentration im Trinkwasser und deren toxikologische Bewertung) zur
Verfügung. Diese werden in einer Risikomatrix miteinander kombiniert und daraus das Ri-
siko ermittelt, das bei einem gegebenen Gewässerabfluss für die Trinkwasserqualität be-
steht. Für die Klassenbildung bei der Eintrittswahrscheinlichkeit und bei der Bewertung des
Schadensausmaßes existieren derzeit jedoch noch keine festgelegten Regeln.
Bei der Bewertung der Wirksamkeit vorhandener Barrieren (Partikelentfernung bei Uferfilt-
ration, Schnell- und Membranfiltration, Adsorption, Oxidation) gegenüber Mikroplastik und
von ihm abgegebene Substanzen, können gegebenenfalls Erfahrungen beim Rückhalt von
anderen Spurenstoffen und Mikroorganismen übertragen werden. Derzeit besteht jedoch
ein signifikantes Informationsdefizit bezüglich des Eintrags von Mikroplastik in die Oberflä-
chengewässer und die in diesen vorherrschenden Belastungen. Zur abschließenden Be-
antwortung der Frage sind weiterführende Untersuchungen im Bereich der toxikologischen
Bewertung von Additiven und zum Agglomerations- und Adsorptionsverhalten von Mikro-
plastikpartikeln zwingend erforderlich.
Soweit die Methode mit der entsprechenden Datenbasis und Bewertungsgrundlage ange-
wandt werden kann, können gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen im Bereich der Was-
sergewinnung und der Aufbereitung abgeleitet werden. Diese können von der temporären
Reduzierung der Oberflächenwassernutzung und Steigerung der Nutzung von unbelaste-
tem Grundwasser bis hin zu Anpassungen in der Trinkwasseraufbereitung reichen.
Eintrag in limnische Systeme: Von der Probenahme zur Technik 31
Abbildung 18: Schematische Darstellung der Vorgehensweise bei der Risikoermittlung
nach dem WSP (Water Safety Plan) der WHO (Abschlussbericht der IWW
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH,
2021)
Zwischenfazit
Das Risiko, das von Mikroplastik in Oberflächengewässern für die Trinkwasserqualität
ausgeht, kann grundsätzlich unter Anwendung des Water-Safety-Plan-Konzepts der
WHO abgeschätzt werden.
Die derzeitige Informations- und Datenbasis bezüglich des Eintrags von Mikroplastik
in die Oberflächengewässer und die in diesen vorherrschenden Belastungen ist zur
abschließenden Beantwortung der übergeordneten Fragestellung jedoch noch nicht
ausreichend.
Weiterführende Messungen an Oberflächengewässern, begleitet von Untersuchungen
im Bereich der toxikologischen Bewertung von Additiven und zum Agglomerations-
und Adsorptionsverhalten von Mikroplastikpartikeln sind zwingend erforderlich.
Wie verhält sich Plastik in der Umwelt? 33
4 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt?
4.1 Woraus besteht Mikroplastik und was ist drin?
Kunststoffe sind in der Umwelt omnipräsent, ob als Vermüllung in Gewässern und anderen
Umweltkompartimenten oder im Rahmen ihrer Nutzung in beispielsweise Bauwerken, Au-
tomobilen oder anderen Gütern. Die konventionellen, thermoplastischen, polyolefinischen
Kunststoffe sind die am häufigsten eingesetzten Vertreter, und deren Persistenz in der Na-
tur als Makro- oder Mikroplastik ist äußerst hoch.
Die Einflüsse der Umwelt auf die Kunststoffe sind vielfältig und damit verbunden auch die
unterschiedlichen Mechanismen der Verwitterung. Einflussfaktoren auf die Degradation in
der Umwelt können folgende sein:
Sonneneinstrahlung,
Temperatur,
Druck,
Sauerstoff,
Wasser,
Salzgehalt,
mechanische Belastungen,
Einflüsse durch Stickoxide,
Ozon,
Redoxpotentiale,
ionisierende Strahlung,
biologische Aktivitäten durch Mikroorganismen, von Pilzen oder anderen lebenden
Organismen und
wechselnde dynamische Einflüsse.
Die Degradationspfade der Kunststoffe nach Exposition gegenüber den oben genannten
Einflüssen sind so zum einen unterschiedlich schnell und führen zum anderen auch zu un-
terschiedlichen Degradationsprodukten.
Eine große Schwierigkeit in der Untersuchung und Bewertung der toxikologischen Unbe-
denklichkeit und Umweltverträglichkeit von Kunststoffen ist die mangelnde Deklarations-
pflicht von Kunststoffprodukten. Die Identität des Basispolymers kann in vielen Fällen ledig-
lich für eine geringe Zahl an Polymeren am Recyclingcode festgemacht werden. Die Iden-
tifizierung des Basispolymers kann beispielsweise mittels IR-spektroskopischer Untersu-
chungen relativ gut charakterisiert werden. Wesentlich schwieriger und analytisch äußerst
aufwendig ist dagegen die Identifizierung und Quantifizierung von Inhaltsstoffen/Additiven,
von denen jedoch das wesentliche Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt ausgeht.
Ein handelsüblicher Kunststoff beinhaltet neben dem deklarierten Basispolymer eine Viel-
zahl von unterschiedlichen Additiven in relevanten Anteilen vom Promille-Bereich bis 50-
Massenprozent und mehr. Verwendete Additivklassen sind beispielsweise Weichmacher,
Antioxidantien, Lichtschutzmittel, thermische Stabilisatoren, Säurefänger, Flammschutzmit-
tel, Füllstoffe, Phasenvermittler, Treibmittel, Gleitmittel, Antistatika, Pigmente und viele
34 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt?
weitere. Jede dieser Klassen beinhaltet jeweils eine große Anzahl an unterschiedlichen
chemischen Verbindungsklassen, Substanzen und Substanzgemischen. Diese haben zum
einen Einfluss auf das Degradationsverhalten des Polymers und zum anderen können
diese aus der Kunststoffmatrix freigesetzt werden und/oder selbst transformiert und dann
freigesetzt werden, sodass diese Verbindungen eine hohe Relevanz in der Human- und
ökotoxikologischen Betrachtung von Kunststoffen innerhalb der Funktion und darüber hin-
aus haben können.
Die zumeist eingesetzten, konventionellen, thermoplastischen Kunststoffe basieren auf Po-
lymeren, welche reine Kohlenwasserstoffe sind, wie beispielsweise PP, HDPE (High Den-
sity Polyethylen), LDPE (Low Density Polyethylen), LLDPE (Linear Low Density Polyethy-
len) oder PS. Aufgrund der Stabilität, der Abwesenheit von Heteroatomen und der Hydro-
phobie sind die Materialien in der aquatischen Umwelt weitestgehend inert, woraus in der
Konsequenz eine extrem hohe Persistenz resultiert. Nichtsdestotrotz lassen Umweltein-
flüsse wie energiereiche UV-Strahlung oder beispielsweise redoxaktive Substanzen Kunst-
stoffe altern und verwittern. Deshalb sind zum Schutz der Kunststoffe während der Verar-
beitung und während des geplanten Lebenszyklus sowie zur Einstellung der gewünschten
Eigenschaften eine Fülle an unterschiedlichen Additivklassen zugesetzt, z. B. Weichma-
cher, Stabilisatoren, Flammschutzmittel, Farbstoffe oder Füllstoffe. Zudem können Neben-
/Abbauprodukte sowie Verunreinigungen unbeabsichtigt in den Kunststoff gelangen. Dar-
über hinaus bewirken Umwelteinflüsse, wie ultraviolette (UV) Strahlung, die Bildung von
Abbau- und Transformationsprodukten. Bei all diesen Chemikalien handelt es sich um
Stoffe, die in der Regel nicht dauerhaft in die Plastikmatrix eingebunden sind. Daher können
sie sich aus dem Plastikverbund lösen und in Umweltkompartimente wie Luft, Wasser oder
Boden migrieren (Groh et al., 2019). In Abhängigkeit der Umwelt- und Freisetzungsbedin-
gungen migrieren Restmonomere, Abbauprodukte des Polymers und der Additive oder die
Additive selbst aus der Kunststoffmatrix in die Wasserphase oder das biologische Medium
und können daher einen negativen Einfluss auf die Umwelt haben.
Weitestgehend unklar ist gegenwärtig, wie die Degradationsprozesse und die Verwitterung
der Kunststoffe und Additive auf molekularer Ebene ablaufen und welche Verbindungen
dabei entstehen und vor allem freigesetzt werden. Diese Fragestellung wurde innerhalb von
PLASTRAT genauer betrachtet. Hierzu wurde eine Auswahl von unterschiedlichen konven-
tionellen Polymeren (LDPE, LLDPE, PET, PVC, PESU (Polyethersulfon)) in unterschiedli-
chen Qualitäten und bioabbaubaren Polymeren (Stärke/PBAT/PLA 50/46/4, PBS) unter-
sucht. Um die Alterung von Kunststoffen in der Umwelt abzubilden, wurden die Materialien
innerhalb dieser Untersuchung künstlich mittels einer Taglichtbewitterungskammer nach
DIN EN ISO 4892-2 bewittert. Anschließend wurden Polymeralterung und Freisetzungsver-
halten der Kunststoffe untersucht. Hierzu wurden unter anderem Leachingstudien mit Was-
ser für 7 Tage bei Raumtemperatur durchgeführt. Die Lösungen wurden unter anderem
mittels HPLC-MS/MS vermessen und nach modernen non-target-Ansätzen analysiert.
Polymerabhängig wurde eine große Anzahl bislang unbekannter Verbindungen detektiert.
Je nach Kunststoffformulierung konnten einige Prozesschemikalien wie Lösungsmittel, Ad-
ditive wie Antioxidantien, Weichmacher, UV-Stabilisatoren, Stabilisatoren, Gleitmittel und
Oligomere identifiziert werden. Der Großteil der detektierten Verbindungen, die aus den
Wie verhält sich Plastik in der Umwelt? 35
„alternden“ Kunststoffen migrierten, konnte noch nicht identifiziert werden. Ein Grundstein
für Degradations- und Freisetzungsstudien von Kunststoffen konnte gelegt werden. Um das
Verständnis der molekularen Degradationsprozesse gänzlich zu verstehen, sind jedoch
weitere polymerspezifische Arbeiten erforderlich.
Generell nahm in den Leachaten in Abhängigkeit des Degradationsgrades nach künstlicher,
beschleunigter Bewitterung die Anzahl der detektierten Verbindungen und deren Intensitä-
ten zu. Stellvertretend ist hierzu in Abbildung 19 die Summe der detektierten MS-Intensitä-
ten nach HPLC-MS im positiv und negativ-Modus in Abhängigkeit des Degradationsgrades
der wässrigen Leachate des Polyesters Polybutylensuccinat PBS aufgetragen. Deutlich zu
erkennen ist, dass die Intensitäten mit zunehmender Alterung des Kunststoffes zunehmen.
Ferner konnte in diesen Leachaten neben einer Vielzahl von unbekannten Verbindungen
erstmals mehrere Serien an Esteroligomeren auf Basis der Monomere 1,4-Butandiol und
Bernsteinsäure detektiert und identifiziert werden. Die Gegenwart von niedermolekularen
Oligomeren in Polymermatrizen von Polykondensaten wie Polyestern sind aufgrund der
Stufenwachstumspolymerisation plausibel und deren Freisetzungen sind zu erwarten.
Exemplarisch ist in Abbildung 19 der relative Intensitätsverlauf des linearen Oligomers
[BS]2B, welches eine lineare Esterverbindung aus drei 1,4-Butandiol- und zwei Bernstein-
säure-Einheiten ist, in Abhängigkeit der künstlichen Bewitterungsdauer des Kunststoffes
aufgetragen. Die Intensität dieses Analyten nimmt mit anhaltender künstlicher Bewitterung
signifikant zu. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass die Freisetzung dieses Oligomers nicht
ausschließlich auf die synthesebedingte Gegenwart des Oligomers in der Polymermatrix
zurückzuführen ist, sondern dass während der Bewitterung eine Hydrolyse der Esterfunkti-
onen innerhalb der Polymerkette eintritt und unter anderem diese und weitere niedermole-
kulare Oligomere gebildet werden.
36 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt?
Abbildung 19: Summe der detektierten MS-Intensitäten nach HPLC-MS im ESI-negativ-
und ESI-positiv-Modus in Abhängigkeit der künstlichen Bewitterungsdauer
des Kunststoffes PBS (oben); detektierte MS-Intensitäten des Oligomeres
[BS]2B in wässrigen Leachaten in Abhängigkeit der künstlichen Bewitte-
rungsdauer des Kunststoffes PBS (unten). (Abschlussbericht der Bundesan-
stalt für Gewässerkunde, 2021)
Dass die Veränderung der Kunststoffpartikel nicht ausschließlich an der Oberfläche statt-
findet, wurde mittels thermoanalytischer Verfahren wie TGA (thermogravimetrische Ana-
lyse) und DSC (dynamische Differenzkalorimetrie, differential scanning calorimetry) nach-
gewiesen. Je nach Bewitterungsdauer und Material wurde eine Verschiebung der Glas-
übergangstemperatur und der Rekristallisationstemperatur beobachtet. Die human- und
ökotoxikologische Relevanz der in Abhängigkeit der Bewitterung freigesetzten Verbindun-
gen wurde ebenfalls intensiv untersucht, vgl. Kapitel 4.3.
Wie verhält sich Plastik in der Umwelt? 37
4.2 Findet eine Schadstoffanreicherung an Plastik in der Kläranlage statt?
In Kläranlagen und den ihnen vorgelagerten Kanalnetzen treffen Mikroplastik und verschie-
dene hydrophobe Schadstoffe aufeinander. Aufgrund der chemisch-physikalischen Eigen-
schaften solcher Schadstoffe können sie sich an Mikroplastik anreichern. Mit dem Ablauf
der Kläranlagen gelangt somit unter Umständen nicht nur Mikroplastik in das limnische
Ökosystem, sondern auch schadstoffbeladenes Mikroplastik.
Im Rahmen von PLASTRAT wurde untersucht, welche Schadstoffmassen in den einzelnen
Reinigungsschritten einer Kläranlage und dem vorgelagerten Kanalnetz an Partikel < 5 mm
sorbieren, welchen Einfluss saisonale Schwankungen und das Plastikalter auf den Anrei-
cherungsprozess von hydrophoben Schadstoffen an Mikroplastik haben und ob Mikroplas-
tikpartikel in einer Kläranlage weiter mit Schadstoffen beladen wird oder sogar Schadstoffe
durch Desorption freisetzt. Zudem wurden Einflüsse von Industrieabwässern bei den Un-
tersuchungen berücksichtigt. Untersucht wurden die am häufigsten verwendeten und in Ab-
wasser detektierten Arten von Kunststoff, jeweils in unterschiedlichen Zuständen: Original-
ware (neu, virgin), recyceltes Plastik und künstlich gealtertes Mikroplastik sowie bioabbau-
bare Kunststoffe in unterschiedlichen Stufen des Behandlungsprozesses der Kläranlage.
Abbildung 20: Probenaufbau zur Exposition der ausgewählten Kunststoffe in einzelne Stu-
fen des Klärprozesses. Die Kunststoffe sind in Gewebeschläuchen gesichert
und in einem Gestell zur Fixierung an der gewünschten Stelle befestigt (Ab-
schlussbericht der Technischen Universität Darmstadt, 2021)
Künstlich gealterte Kunststoffe wurden verwendet, um das reale Verhalten von Kunststoffen
in der Umwelt sowie die lange Abbauphase der Kunststoffe widerzuspiegeln.
Repräsentativ für Schadstoffe wurden polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
(PAK) untersucht. PAK entstehen z. B. bei unvollständigen Verbrennungsprozessen oder
durch Reifenabrieb und können aufgrund ihrer hydrophoben Eigenschaften in Biota akku-
mulieren. Die Untersuchungen erfolgten an unterschiedlichen Stufen der Kläranlage (vgl.
Abbildung 21).
38 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt?
Abbildung 21: Kläranlagenaufbau und Probenstandort zur Exposition unterschiedlicher
Kunststoffe in unterschiedlichen Stufen des Klärprozesses (Abschlussbe-
richt der Technischen Universität Darmstadt, 2021)
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass in allen Jahreszeiten und Reinigungsstufen die
Schadstoffanreicherung der ausgebrachten Mikroplastikpartikeln über den analysierten
Schadstoffmengen der originalen Referenzpartikel lag. Spezielle, im Labor hergestellte,
schadstoffbeladene Referenzpartikel wurden in die Kläranlage eingesetzt, um eine mögli-
che Desorption der Schadstoffe festzustellen. In den Kläranlagen sowie in allen Reinigungs-
stufen konnte die gleiche Schadstoffbeladung wie vor dem Einsetzen festgestellt werden.
Eine Desorption hat demnach nicht stattgefunden.
In Partikeln aus Kläranlagen mit großem Einzugsgebiet sowie einem großen Anteil an Ge-
werbe und Industrie (Industrieabwasser) ist eine höhere Schadstoffanreicherung festge-
stellt worden. Diese höhere Beladung mit Schadstoffen war insbesondere bei einer erhöh-
ten Belastung des Abwassers mit diesen Schadstoffen nachweisbar. Die Schadstoffanrei-
cherung an Mikroplastik erfolgt vorrangig in den Stufen der mechanischen Reinigung (Pro-
benstandort A und B) zu Beginn des Abwasserreinigungsprozesses. Die geringen Fließge-
schwindigkeiten in diesen Stufen begünstigen die Adsorption der Schadstoffe an die Parti-
kel.
Die PAK-Anreicherung an den getesteten Kunststoffarten nimmt von PBAT (Polybutylen-
adipatterephthalat) >> LDPE > PBS (Polybutylensuccinat) > PVC > PET immer weiter ab.
Recycelte Kunststoffe tendieren dazu, PAK stärker zu adsorbieren als neuwertige Kunst-
stoffe. Darüber hinaus neigen künstlich gealterte Kunststoffe zu einer geringeren PAK-Be-
ladung verglichen mit unbewitterten Kunststoffen. Die Exposition der bewitterten Kunst-
stoffe wurde an Probenstandort A (Ablauf belüfteter Sandfang, vgl. Abbildung 21) durchge-
führt. Hierbei wurde untersucht, ob der Alterungsprozess der Kunststoffe eine Veränderung
der Schadstoffanreicherung an den Partikeln bedingt. Dabei wurde festgestellt, dass der
Alterungsprozess die Oberflächenstruktur der Kunststoffe verändert. Diese wird durch Oxi-
dationsprozesse hydrophiler, die Beladung mit hydrophoben Schadstoffen ist im Vergleich
zu den unbewitterten Kunststoffen geringer (vgl. Abbildung 22).
Wie verhält sich Plastik in der Umwelt? 39
Abbildung 22: Bewitterte/unbewitterte Kunststoffe (Pr = procedure blank, beschreibt alle
Probenreinigungs- und Aufbereitungsschritte ohne Kunststoff; Ex = extrac-
tion blank des originalen Plastiks, das nicht in die Kläranlage eingesetzt
wurde; v = virgin, r = recycelt, p = Post Industrial) (Abschlussbericht der
Technischen Universität Darmstadt, 2021)
4.3 Was macht die toxikologische Wirkung von Plastik aus?
Durch die vielfältigen Zusammensetzungsmöglichkeiten jedes Kunststoffes und das Aus-
laugen der einzelnen Substanzen während des Degradationsprozesses sind ebenfalls
vielfältige Wirkmechanismen durch die Kunststoffe und die auslaugenden Substanzen
möglich, davon untersucht wurden in PLASTRAT die aquatische und humane Toxizität.
Auch die Morphologie von Mikroplastikpartikeln, wie beispielsweise eine scharfkantige
Oberfläche, kann zu Schädigungen eines Organismus beitragen. Weiterhin kann durch er-
höhte Mikroplastikaufnahme die Aufnahme von Nährstoffen vermindert werden, wodurch
40 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt?
es zum Hungern und Verhungern oder zu Mangelerscheinungen im Organismus kommen
kann.
Plastikassoziierte Chemikalien verursachen toxikologische Wirkungen
Am Beispiel der hormonellen Wirkungen werden exemplarisch die Befunde für die unter-
suchten Kunststoffe vorgestellt, vgl. Abbildung 23. Einige Polymertypen erwiesen sich in
der Untersuchungsreihe immer wieder als hormonell aktiv (PVC und bioabbaubare Kunst-
stoffe). Andere Polymere wie PET, PP oder PS, zeigten hingegen geringe bis keine hormo-
nellen Wirkungen. Diese Unterschiede sind vermutlich dem jeweiligen Einsatzgebiet der
Polymere und den daraus resultierenden gesetzlichen Vorgaben für zulässige Inhaltsstoffe
geschuldet. Die weniger auffälligen Polymertypen werden vorwiegend als Verpackungsma-
terialien eingesetzt und unterliegen daher stärkeren gesetzlichen Bestimmungen.
Die Befunde lassen sich jedoch nicht in dem Sinne verallgemeinern, dass ein Kunststoff auf
Basis eines bestimmten Polymertyps toxikologisch auffällig oder auch unbedenklich ist. Das
beobachtete Wirkspektrum differiert vielmehr innerhalb eines Polymertyps der Rohmateri-
alien erheblich (z. B. bei PE) und hängt von der chemischen Komposition eines jeden ein-
zelnen Kunststoffes ab, also z. B. von den verwendeten Additiven, Verarbeitungshilfsmitteln
und den bei der Produktion unbeabsichtigt eingebrachten Substanzen wie beispielsweise
Gleitmittel.
Durch die simulierten Verwitterungsversuche konnte gezeigt werden, dass nach einer UV-
Bestrahlung der Plastikpellets die Stärke der hormonellen Wirkungen in der Regel zunahm.
Bereits zuvor auffällige Polymere zeigten höhere Wirkpotentiale (PVC 1, PE 2 und bioab-
baubare Kunststoffe), auch Polymere, die anfänglich als toxikologisch unbedenklich einge-
stuft wurden, wiesen nach der UV-Bestrahlung hormonelle Effekte auf (vgl. PP 2 und PE 2
in Abbildung 23).
Entgegen der häufigen Annahme, Plastikmaterialien seien chemisch inert, erwies eine che-
mische Analyse der wässrigen Auslaugproben, dass eine große Anzahl an chemischen
Komponenten aus den verschiedenen Plastiksorten auslaugte. Zudem wurde analytisch
ebenfalls nachgewiesen, dass Chemikalien vermehrt aus dem Plastikverbund herausgelöst
wurden, sobald das Plastik direktem Licht ausgesetzt war. Dies zeigt, dass Plastik bereits
in Form von Pellets und damit vor der Fertigung der späteren Verbraucherprodukte Chemi-
kalien beinhaltet, die Auslaugen können. Im weiteren Verlauf des Produktionsprozesses
wird durch die Zugabe weiterer Substanzen die chemische Komposition der Plastikprodukte
zunehmend komplexer, sodass sich die Zahl von Substanzen, die aus den Produkten aus-
laugen, noch weiter erhöht. Gelangen solche Materialien in die Umwelt, trägt UV-Strahlung
also dazu bei, dass sich Substanzen vermehrt aus dem Plastik lösen und auch bislang
unbekannte Verbindungen (Transformationsprodukte) entstehen.
Wie verhält sich Plastik in der Umwelt? 41
Abbildung 23: Relative östrogene und anti-östrogene Wirkungen der untersuchten Poly-
mere ohne (UV -) und mit UV-Strahlung (UV +). Kontrolle = kein Plastik, PET
= Polyethylenterephthalat, PE = Polyethylen, PP = Polypropylen, PS = Poly-
styrol, PVC = Polyvinylchlorid und Bio = Bioabbaubarer Kunststoff (Ab-
schlussbericht der Goethe-Universität Frankfurt am Main, 2021)
Wie kann in Zukunft eine toxikologische Bewertung von Plastik aussehen?
Die chemische Analyse zeigte, dass aus den Pellets bis zu mehrere tausend Substanzen
pro Polymertyp auslaugen. Für eine umfassende toxikologische Bewertung der einzelnen
Kunststoffspezies müsste eine Stoffbewertung jeder einzelnen Komponente vorliegen. Zu-
sätzlich können die Wechselwirkungen der einzelnen Stoffe vielfältig sein. Durch die Fülle
an Chemikalien ist eine Aufklärung und Identifizierung der für die beobachteten Effekte ver-
antwortlichen Substanzen jedoch nur näherungsweise möglich.
Als erste Annäherung wurden unterschiedliche Additive wie Antioxidantien, Stabilisatoren
und UV-Absorber sowie auffällige Degradations- und Transformationsprodukte in reiner
Form mit der gleichen toxikologischen Testbatterie untersucht. Diese Einzelsubstanztes-
tungen ergaben zum Teil hormonähnliche und/oder gentoxische Wirkungen. Ob die ent-
sprechenden Wirkungen bei der Untersuchung der oben erwähnten Kunststoffe von diesen
Einzelsubstanzen oder dem ausgelaugten „Chemikaliencocktail“ ausgingen, bleibt jedoch
unklar. Es wird davon ausgegangen, dass die beobachteten Wirkungen den Substanzmi-
schungen zuzuschreiben sind (Silva et al., 2002).
Suborganismische Testungen können als anfängliches Screening-Tool zur Evaluierung von
Kunststoffmaterialien eingesetzt werden. Problematische Stoffe müssen jedoch grundsätz-
lich identifiziert werden, damit ihre Konzentrationen in Gewässersystemen routinemäßig
analysiert werden können und ein Zusammenhang zum Plastikverbrauch hergestellt wer-
den kann.
Eine vielversprechende Methode zur Identifizierung von verantwortlichen Substanzen für
bestimmte Effekte in komplexen Cocktails ist die Effekt-dirigierte Analytik (EDA) (Muncke
et al., 2020). Bei diesem Ansatz erfolgt eine Verringerung der Probenkomplexität. Die Probe
wird dabei in einzelne Fraktionen mit vergleichsweise wenigen Substanzen aufgeteilt und
anschließend werden die Fraktionen toxikologisch untersucht. Wird ein Effekt in einer Frak-
tion ermittelt, so können die darin enthaltenen Stoffe mittels einer chemischen Analyse de-
tektiert und identifiziert werden. Diese Herangehensweise hat den Vorteil, bereits bekannte
42 Wie verhält sich Plastik in der Umwelt?
sowie neuartige Verbindungen zu entdecken. Im Anschluss können die Stoffe isoliert und
überprüft werden, ob diese tatsächlich für den Effekt verantwortlich sind. Mit diesem Wissen
könnten Plastikprodukte nachhaltiger produziert werden, da problematische Stoffe entwe-
der aus dem Herstellungsprozess eliminiert oder durch Alternativen ersetzt werden könn-
ten.
Die in PLASTRAT ermittelten toxikologischen Befunde für plastikassoziierte Substanzen
tragen zu der Entwicklung eines Bewertungssystems für Plastik bei, um Verbrauchern/Ver-
braucherinnen einen gesundheitlich unbedenklichen Gebrauch und nachhaltigeren Um-
gang mit Plastik zu ermöglichen.
Zwischenfazit
Die Degradation von Plastik in der Umwelt ist abhängig von den einwirkenden
Einflüssen wie UV-Strahlung, Temperatur und mechanischen Einwirkungen.
Weiterhin können andere Stoffe (beispielsweise Schadstoffe) an der Oberfläche von
Kunststoffen adsorbieren und wieder desorbieren.
Die Wirkung von Mikroplastik auf die Umwelt ist unter anderem stark abhängig von
den darin enthaltenen Additiven, Hilfsmitteln und anderen Substanzen. In PLASTRAT
konnte bei Biopolymeren, Recyclaten und Baumaterialien aus Kunststoffen starke
toxikologische Effekte nachgewiesen werden. Aufgrund der vielfältigen
Zusammensetzung jedes einzelnen Kunststoffes konnte dessen Toxizität nicht
pauschal ermittelt werden. Hierfür ist die Erfassung der Toxizitäten der
Einzelsubstanzen und der jeweiligen Zusammensetzung des Kunststoffs notwendig.
Die Anzahl an Additiven, Hilfsstoffen und sonstigen Substanzen, die den
Basispolymeren zugesetzt werden, ist kaum überschaubar und für
Verbraucher/-innen wie auch Hersteller in nachgelagerten Wertschöpfungsstufen
häufig nicht transparent.
Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel? 43
5 Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel?
5.1 Gibt es Gütesiegel für Mikroplastik zum Schutz von Gewässern?
Im Rahmen einer Defizitanalyse wurde eine Übersicht über bereits bestehende Güte-, Ma-
terial- und/oder Prüfsiegel erstellt, um diese im Hinblick auf die dahinterstehenden Kriterien
und Zertifizierungsprozesse zu untersuchen.
Insgesamt konnten über 80 relevante Siegel identifiziert werden, welche einen Bezug zu
Plastik und/oder zu den drei in PLASTRAT betrachteten Produktgruppen (Hundekotbeutel,
Fleece-Jacken, Hygieneprodukte) aufweisen. Beim Großteil der untersuchten Siegel han-
delte es sich um Produktsiegel, welche auf die Kommunikation zwischen Hersteller und
Konsument („Business to Customer“, kurz: „B2C“) ausgerichtet sind. Material- und Prüfsie-
gel sowie Prüfverfahren an sich, welche primär den Herstellerbereich („Business to Busi-
ness“, kurz: „B2B“) adressieren, waren demgegenüber in der Minderheit.
Die Hauptzielgruppen der untersuchten Siegel waren Endverbraucher/-innen; Hersteller
und verarbeitende Betriebe stellen weitere potentielle Zielgruppen dar. Die untersuchten
Siegel wiesen allgemein sehr starke Unterschiede auf und wurden im Hinblick sechs Krite-
rien kategorisiert, vgl. Abbildung 24.
Abbildung 24: Kriterien zur Kategorisierung der Güte-, Material- und Prüfsiegel im Rahmen
der Defizitanalyse (Abschlussbericht der IWW Rheinisch-Westfälisches Insti-
tut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH, 2021)
Die Defizitanalyse zeigte, dass es bisher kein Siegel gibt, das sich explizit mit den Auswir-
kungen von Plastik auf limnische Systeme auseinandersetzt. Um die Auswirkungen von
Mikroplastik auf die Umwelt darzustellen, ist jedoch die Betrachtung des kompletten Le-
benszyklus unbedingt notwendig. Da nur drei der untersuchten Siegel den kompletten Le-
benszyklus betrachten, scheint an dieser Stelle ein expliziter Handlungsbedarf zu bestehen.
Auch darüber hinaus ließen sich bei genauerer Betrachtung der bestehenden Siegel, Zer-
tifikate und Prüfungen vielfältige Anknüpfungspunkte für ein mögliches Gütesiegel zur Be-
urteilung der Wirkung von Kunststoffmaterialen und -produkten auf limnische System iden-
tifizieren.
44 Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel?
5.2 Brauchen wir ein neues Gütesiegel?
Bevor man sich jedoch daran macht, ein Siegel mit dieser Zielsetzung zu entwickeln, gilt es
zunächst zu prüfen, ob ein solches Siegel überhaupt benötigt wird, wer der Adressat (Ver-
braucher/-innen oder Kunststoff-/Produkthersteller) und wer Herausgeber (Politik/Verwal-
tung oder NGOs) eines solchen Siegels wären und welche Kriterien enthalten sein müssen,
um die schädlichen Auswirkungen eines Eintrags von Mikroplastik zu reduzieren.
Ergebnisse der Defizitanalyse wurden im erweiterten Kreis der Projektpartner und
Stakheholder von PLASTRAT diskutiert. Zentrale Themen der Diskussion bestanden vor
allem in den Bereichen Bioabbaubarkeit, der Notwendigkeit einer Betrachtung des gesam-
ten Produktlebenszyklus, der potentielle Zielgruppe(n) eines Gütesiegels und zu adressie-
renden Produktgruppen.
Die Diskussion unterstrich, dass sich die öffentliche Diskussion, um die Effekte von Mikro-
plastik auf limnische Systeme im Wesentlichen in zwei Teilaspekte gliedern lässt: (i) auf
Einträge von Makroplastik und (ii) die Degradation zu sekundärem Mikroplastik. Gerade im
Hinblick auf den zweiten Teilaspekt stellt das Kriterium der „Bioabbaubarkeit in Wasser“ ein
elementares Bewertungskriterium dar, welches es im Rahmen eines Gütesiegels für End-
produkte oder zur Kunststoffkennzeichnung in jedem Fall zu berücksichtigen gilt. Nach Mei-
nung der Stakeholder birgt eine alleinige Fokussierung der Bioabbaubarkeit jedoch auch
das Risiko eines vermehrten Litterings und einer mangelhaften Berücksichtigung der ökoto-
xikologischen Effekte eines Austrags der darin eingeschlossenen Substanzen auf aquati-
sche Systeme insgesamt. Eine Gesamtbetrachtung des Produktlebenszyklus ist hierzu
zwingend erforderlich. Das europäische Konzept des „Product Environmental Footprint“
bietet hierfür gute Anknüpfungspunkte.
Da toxikologisch unerwünschte Wirkungen von Mikroplastikpartikeln zumeist erst durch die
Zugabe von Additiven verursacht werden, sollte ein Aspekt auf der Betrachtung von Additi-
ven liegen. Dass die Anzahl bzw. der Einsatz von Additiven in Polymeren allerdings von
Polymer zu Polymer unterschiedlich und auch nicht von Herstellerseite anzugeben ist (Be-
triebsgeheimnis), erweist sich jedoch als primär zu überwindendes Hemmnis. Bedarf für ein
B2B-Siegel zur gezielten Steuerung der Beschaffungsprozesse entlang der Produktwert-
schöpfungskette wurde von Vertretern der chemischen (Grundstoff-)Industrie jedoch nicht
gesehen, da die Informationswege innerhalb der Wertschöpfungsketten bereits heute ein
hohes Maß an Transparenz aufweisen. So verfügen Hersteller der chemischen Industrie
vielfältig über unternehmensspezifisch erarbeitete Fragebögen, in denen Einkäufer be-
stimmte Fragen zu Materialeigenschaften an die Vorlieferanten stellen. Die Information er-
folgt somit nicht über Siegel, sondern über individuelle Kriterien, die auch in der Regel nicht
nach außen getragen werden. Allerdings wird über die Fragebögen zum Teil ein Nachweis
über Prüfsiegel und die Bereitstellung weiterführender Informationen explizit eingefordert.
Dennoch bleibt das Problem des unzureichenden Informationsflusses zwischen Pro-
duktherstellern und Verbrauchern/Verbraucherinnen bestehen (vgl. Kapitel 6.3).
Ein Ausschluss einzelner, besonders schädlicher Additive kann nur durch äußerst auf-
wendige Kontrollen erfolgen und ist demnach für ein Siegel aller Voraussicht nach nicht
umsetzungsfähig, wenngleich aus Sicht der Branchenexpertinnen und -experten ein
Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel? 45
Verzicht auf nicht nutzungseinschränkende Additive (z. B. Farbstoff in blauen Wasserfla-
schen) durchaus möglich und sinnvoll erscheint. Um eine Siegelvergabe aufgrund der Ad-
ditive bzw. Zusammensetzung der Polymere zu erreichen ohne Betriebsgeheimnisse zu
verraten, wäre eine Anlehnung an die Deklarationspflicht der Lebensmittelrichtlinie denk-
bar. Dies würde ermöglichen, die einzelnen Bestandteile, aber nicht die genaue Zusam-
mensetzung darzustellen und basierend darauf ein Siegel zu vergeben, das gewisse Addi-
tive ausschließt oder die Anzahl an Additiven begrenzt. Die Ausschlusskriterien für einzelne
Additive sollten dabei idealerweise derart gestaltet sein, dass auf Additive mit hohem ökoto-
xikologischen Belastungspotenzial ein besonderer Fokus gelenkt wird.
Aufgrund der hohen Komplexität der Additivthematik wurde von den Stakeholdern eine pro-
dukt(gruppen)spezifische Betrachtung bei der Umsetzung eines Gütesiegels als zwingend
notwendig erachtet. Hierbei sollte in erster Linie an die bereits vielfältigen, bestehenden
Güte-, Material- und Prüfsiegel angeknüpft und diese um weitere themenrelevante Kriterien
ergänzt werden. Der Bedarf für ein neues Gütesiegel zur Klassifizierung von Endprodukten
oder Kunststoffmaterialien im Hinblick auf deren Wirkung auf limnische Systeme wurde
nicht gesehen.
Abbildung 25: Diskussion bei einem PLASTRAT-Stakeholderworkshop am 24.09.2019 in
Frankfurt am Main (Abschlussbericht des ISOE, 2021)
Für die breite Produktgruppe „Textilien” wurde diese Diskussion deshalb einmal exempla-
risch mit Stakeholdern aus dieser Branche fortgeführt. Dabei wurde deutlich, dass Mikro-
plastik für fast alle der anwesenden Stakeholder aus dem Textilsektor ein relevantes Thema
ist, für die meisten jedoch kein vordringliches Problem darstellt. Vielmehr sehen die chemi-
sche Industrie, Verbraucherorganisationen und Hausgerätehersteller andere Themen
(Makroplastik, Lebensmittelverpackung, Kosmetikprodukte) als dringlicher an. Allgemein
bestand jedoch Konsens darüber, dass branchenspezifische Problemstellungen, wie z. B.
eine mangelnde, durchgängige Informationsbasis bzw. Transparenz über den Produktions-
prozess vom Ausgangsrohstoff bis zum Endprodukt, dringend angegangen werden sollten.
Darüber hinaus äußerten sich die Stakeholder positiv gegenüber der Idee eines europäi-
schen Standards für ein Gütesiegel, wenngleich zu erwarten ist, dass die gemeinsame De-
finition von Kriterien ein schwieriger Prozess ist. Als ein mögliches Kriterium wurde der Fa-
serverlust beim Gebrauch der Textilien in die Diskussion gebracht. Allerdings fehlten
46 Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel?
bislang geeignete Standards und Testverfahren. Eine zeitnahe Einführung eines solchen
Siegels oder auch regulatorischer Maßnahmen wurde aufgrund der Erfahrungen in anderen
Standardisierungsprozessen daher nicht für realistisch gehalten.
5.3 Wie kann man Kunststoffe hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit für
limnische Systeme umfassend bewerten?
Um die Frage nach den Möglichkeiten zur Unterscheidung „guter“ von „schlechten“ Kunst-
stoffen zu beantworten und somit auch mögliche Kriterien zur Ergänzung bestehender
Güte-, Material- und Prüfsiegel ableiten zu können, bedarf es zunächst der Beantwortung
der Frage, was im Hinblick auf den Eintrag limnischer Systeme überhaupt einen „guten“
von einem „schlechten“ Kunststoff unterscheidet. Auf Basis der Projektergebnisse von
PLASTRAT, lässt sich zusammenfassend festhalten, dass sich diese Frage im Wesentli-
chen anhand der folgenden Faktoren beantworten lässt:
Mengenmäßiger Eintrag über die verschiedenen Eintragspfade
Degradation und stoffliche Dynamik
(Technische) Möglichkeiten zur Elimination aus dem Wasserkreislauf
Human- und ökotoxikologische Effekte
Sonstige Umwelteffekte
Eine reine Fokussierung der Bewertung auf diese potentiell negativen Effekte von (Mikro-)
Plastik auf limnische Systeme und die weiteren Umweltkompartimente birgt allerdings die
Gefahr, dass die nutzenstiftenden Aspekte der Kunststoffnutzung sowie auch die negativen
Effekte, welche die Nutzung alternativer Rohstoffe mit sich bringen würden, schlichtweg
vernachlässigt werden. Für die Kriterienentwicklung wurden deshalb vier weitere Bewer-
tungsdimensionen hinzugezogen, um diese identifizierte Lücke für eine ganzheitliche Be-
trachtung zu schließen:
(Praktischer) Nutzen für Verbraucher/-innen und Gesellschaft
Nutzungs- und Entsorgungspraktiken
Kosten der Materialherstellung
Entsorgung und Elimination
Der Fokus bei der Zusammenstellung möglicher Bewertungskriterien zu jeder der neun
Bewertungsdimensionen sowie korrespondierender Parameter und Indikatoren zur
Messung zielte in erster Linie auf die Identifikation von Kriterien ab, die eine (i) Beurteilung
von Kunststoffmaterialen bezüglich ihrer Umweltverträglichkeit für das limnische System,
(ii) eine Identifikation von anwendungsbezogenen Vor- und Nachteilen der einzelnen
Kunststoffmaterialien und (iii) eine vergleichenden Betrachtung verschiedener
Kunststoffmaterialien ermöglichen, ab. Hierbei zeigte sich jedoch, dass bestimmte
Kriterien(gruppen) grundsätzlich weniger materialspezifisch sind als vielmehr von
Kontextfaktoren der späteren Nutzung abhängen und somit eher produktspezifisch
anzusehen sind. Wiederum andere Kriterien weisen eine starke Abhängigkeit von der
Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel? 47
quantitativen Nutzung auf und können somit als eher mengen- und größenorientiert bzw.
materialunabhängig deklariert werden (vgl. Abbildung 26).
Abbildung 26: In PLASTRAT erarbeitete Möglichkeit zur Klassifizierung von Kriterien zur
Materialbewertung (Abschlussbericht der IWW Rheinisch-Westfälisches
Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH, 2021)
Im Ergebnis ergab sich hieraus auf Basis einer Literaturrecherche eine umfassende
Kriterienliste mit insgesamt 67 Kriterien, welche im Rahmen eines Workshops erneut mit
Experten verschiedener Fachgebiete diskutiert und auf die Kriterien in Abbildung 27
kondensiert wurde.
Ein Vergleich unterschiedlicher Materialien kann auf Basis dieser Kriterien ausschließlich
im paarweisen Vergleich erfolgen. Die Kriterien sollten hierzu idealerweise auf eine
einheitliche funktionale Einheit, wie den Produktnutzen oder aber die Produkt- oder
Materiallebensdauer bezogen werden.
48 Guter und schlechter Kunststoff? Wege zum Gütesiegel?
Abbildung 27: Kriterien zur Bewertung der Wirkung von Kunststoffmaterialen (mit beson-
derem Fokus auf Wirkungen auf limnische Systeme) (Abschlussbericht der
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige
GmbH, 2021)
Zwischenfazit
Wenngleich bereits eine Vielzahl an Güte-, Material- und Prüfsiegeln für Kunststoff-
materialien, -produkte oder -produktgruppen existiert, gibt es bisher kein Siegel, das
sich explizit mit den Auswirkungen von Plastik auf limnische Systeme auseinander-
setzt.
Die Umweltverträglichkeit von Kunststoffen lässt sich nur durch eine integrierte Be-
trachtung verschiedener Kriterien bewerten. Hierzu zählen der mengenmäßige Ein-
trag über die verschiedenen Eintragspfade, das Degradationsverhalten und die stoff-
liche Dynamik, die (technischen) Möglichkeiten zur Elimination aus dem Wasser-
kreislauf sowie die human- und ökotoxikologischen Effekte.
Komplementär sollten aber auch sozioökonomische Aspekte, wie der (praktische)
Gebrauchswert für Verbraucher/-innen und Gesellschaft, Nutzungs- und Entsor-
gungspraktiken sowie die Kosten der Materialherstellung berücksichtigt werden.
Für ein neues Gütesiegel zur Klassifizierung von Endprodukten oder Kunststoffma-
terialien im Hinblick auf deren Wirkung auf limnische Systeme wird allerdings allge-
mein kein Bedarf gesehen. Vielmehr sollte eine Gütesiegelvergabe auf Basis der
Zusammensetzung der Polymere oder im Hinblick auf den Ausschluss besonders
umwelt- und gesundheitsschädigender Additive erfolgen.
Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen? 49
6 Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen?
6.1 Wie bewerten Verbraucher/-innen die Gefährdung durch Mikroplastik?
Generell gibt es in der Bevölkerung ein breites Problembewusstsein über die Umweltwir-
kungen von Mikroplastik. Auch das Thema Mikroplastik in Gewässern ist in der Bevölkerung
sehr präsent. In einer repräsentativen Erhebung wurden 2.000 Verbraucher/-innen befragt.
Knapp 90 % der Interviewten äußerten, schon einmal etwas von diesem Thema gehört zu
haben. Viele sind davon überzeugt, dass Mikroplastik die Umwelt erheblich schädigen
kann: Etwa 90 % der Befragten geben an, dass Mikroplastik eine große oder sehr große
Wirkung auf die Umwelt hat. Lediglich acht Prozent schätzen die Wirkung als gering bis
nicht vorhanden ein (Stieß et al., 2021).
Trotz dieser hohen Zustimmung zeigen sich sehr unterschiedliche Einstellungsmuster, mit
denen die Problematik von Mikroplastik in Gewässern wahrgenommen wird, vgl. Abbildung
28.
Abbildung 28: Einstellungsmuster zu Umweltgefährdungen durch Mikroplastik (Stieß et
al., 2021)
Eine überwiegende Mehrheit zeigt ein ausgeprägtes Problembewusstsein: Um die 50 %
der Befragten sind voll und ganz und weitere 40 % eher der Überzeugung, dass
Mikroplastik im Wasser eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellt. Ähnlich stark ausge-
prägt ist die emotionale Betroffenheit, die mit dieser Überzeugung einhergeht: Viele sind
durch die Gefährdungen durch Mikroplastik beunruhigt. Eine vorsorgeorientierte Haltung,
dass etwas gegen Mikroplastik im Wasser getan werden muss, auch wenn die Gefahren
jetzt noch nicht ganz klar sind, erfährt eine hohe Zustimmung.
50 Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen?
Neben diesem verbreiteten Problembewusstsein lassen sich aber auch zwei Einstellungs-
muster beobachten, bei denen die Dringlichkeit des Problems eher relativiert bzw. zurück-
gewiesen wird. So gibt es eine relativ starke Tendenz, die Gefährdung durch Mikroplastik
auf Grundlage von Institutionen- und Technikvertrauen zu relativieren. Dies kommt bei-
spielsweise in der Zuversicht zum Ausdruck, dass die durch Mikroplastik verursachten
Probleme durch Technik gelöst werden können oder dass die hohen Standards für die
Überwachung der Trinkwasserqualität in Deutschland Gesundheitsgefährdungen durch
Mikroplastik verhindern. Knapp 20 % stimmen diesen Ansichten voll und ganz und jeweils
um die 50 % eher zu.
Ein weiteres Reaktionsmuster, sich mit der Mikroplastik-Problematik auseinanderzusetzen,
kann am besten als „Problemverleugnung durch Überforderung“ bezeichnet werden. Etwa
5 % der Befragten stimmen voll und ganz zu (und weitere 20 % eher zu), dass sie sich vom
Thema Mikroplastik in Gewässern überfordert fühlen oder sind der Ansicht, als Verbrau-
cher-/innen nichts zur Lösung dieser Problematik beitragen zu können. Etwa ebenso viele
erklären, dass sie nur dann bereit sind etwas zu tun, wenn auch andere (Hersteller, Politik)
etwas unternehmen. Etwa 15 % sind der Ansicht, dass Mikroplastik im Wasser keine Ge-
fährdung darstellt.
6.2 Inwiefern sind Verbraucher/-innen bereit, einen Beitrag zur
Verringerung des Eintrags von Mikroplastik in die Umwelt zu leisten?
Konsumpraktiken können auf unterschiedliche Weise zum Eintrag von Mikroplastik in die
Umwelt beitragen. Der Eintrag kann direkt durch Produkte erfolgen, die Mikroplastik enthal-
ten, oder Mikroplastik entsteht im Zusammenhang mit der Nutzung von Produkten oder
durch den Abbau von Makroplastik bei deren Entsorgung. Je nachdem, auf welche Art und
Weise der Eintrag erfolgt, unterscheiden sich die Handlungsmöglichkeiten und die Bereit-
schaft der Verbraucher/-innen ihre Konsumpraktiken zu ändern. Dies wurde am Beispiel
ausgewählter Produktgruppen mit Hilfe sozialempirischer Befragungen untersucht.
Kosmetikprodukte
Kosmetikprodukte werden häufig als Quelle für den Eintrag von Mikroplastik genannt. Mik-
roplastik kann dabei als Partikel oder auch in gelöster Form in den Produkten enthalten sein
(Bertling et al., 2018). Kosmetikhersteller haben auf die anhaltende Kritik mit einer freiwilli-
gen Selbstverpflichtung zur Reduzierung von Mikroplastik in Kosmetik reagiert. Demnach
sollte bis zum Jahr 2020 kein partikelförmiges Mikroplastik mehr in Kosmetika verwendet
werden. Allerdings sind Mikroplastik, das keine Peeling-Funktion hat, Leave-on-Kosmetik-
produkte sowie gelöste, gelartige oder wachsartige Polymere bisher von der Verpflichtung
ausgenommen.
Gut ein Drittel der Bevölkerung verwendet zumindest gelegentlich Peelings. Dass Peeling-
Produkte Mikroplastik enthalten können, ist einer Mehrheit der Befragten, die Peelings nut-
zen, bekannt. Knapp 60 % haben davon bereits gehört.
Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen? 51
Entscheidende Kriterien beim Kauf von Peelings sind Gesundheitsaspekte: Die Hautver-
träglichkeit des Peelings bewerten 70 % als sehr wichtig. An zweiter Stelle rangieren die
Kriterien „Inhaltsstoffe“ und „frei von Mikroplastik“ (jeweils 47 % sehr wichtig). Auffällig ist
jedoch, dass eine hohe Unsicherheit besteht, ob das eigene Peeling diesen Ansprüchen
genügt. Ein gutes Drittel der Befragten ist sich sicher, dass ihr Peeling kein Mikroplastik
enthält, während über die Hälfte angibt, dies nicht genau zu wissen.
Um zu verhindern, dass Mikroplastik durch Peelings ins Wasser gelangt, ist es für knapp
zwei Drittel der Nutzer/-innen eine offensichtlich einfache und naheliegende Lösung, keine
Peelings zu verwenden, die Mikroplastik enthalten. Auf Peelings ganz zu verzichten, kommt
jedoch nur für sehr wenige in Frage. Weitaus häufiger genannt wird die Möglichkeit, ein
Peeling selber herzustellen. Dies kommt für 32 % ganz sicher in Frage. Die Möglichkeit,
seltener Peelings zu verwenden, ist dagegen weniger attraktiv und kommt nur für 17 %
ganz sicher in Betracht.
Feuchtes Toilettenpapier
Die Nutzung von feuchtem Toilettenpapier hat in den vergangenen Jahren erheblich an
Attraktivität gewonnen. Gut 40 % der Befragten geben an, diese Produktgruppe zumindest
gelegentlich zu nutzen. Bei der Entsorgung von feuchtem Toilettenpapier kann es zu Ver-
stopfungen von Pumpen und Verzopfungen von Rührwerken kommen. Dass dabei auch
Mikroplastik freigesetzt werden kann, ist nur wenigen bekannt. Fast zwei Drittel der Nut-
zer/-innen von feuchtem Toilettenpapier haben von dieser Problematik noch nichts gehört.
Fast drei Viertel gehen davon aus, dass sich feuchtes Toilettenpapier in der Kanalisation
auflöst. Knapp die Hälfte hält das Problem für eher vernachlässigbar.
Zentrale Anforderung an feuchtes Toilettenpapier ist dessen Hautverträglichkeit, die na-
hezu allen Befragten wichtig oder sehr wichtig ist. Daneben wird großer Wert auf die Reiß-
festigkeit, aber auch an ein günstiges Preisniveau gelegt. Auch Umweltfreundlichkeit spielt
eine wichtige Rolle, wobei insbesondere das Kriterium, dass das Produkt biologisch abbau-
bar sein soll, von Bedeutung ist: Etwa 30 % finden dies sehr wichtig und weitere knapp
50 % sehen dies als wichtig an.
Entsorgt wird feuchtes Toilettenpapier in der Regel über die Toilette. Ein nicht unerheblicher
Teil der Nutzer/-innen (38 %) entsorgt die Tücher zumindest gelegentlich im Restmüll.
Diese Entsorgungsroutinen sind offensichtlich fest im Alltag verankert. Lediglich ein Viertel
der Befragten wäre bereit, feuchtes Toilettenpapier konsequent über den Restmüll zu ent-
sorgen. Informationskampagnen für eine Veränderung von Entsorgungspraktiken dürften
daher nur wenig Erfolg haben.
Fleece-Bekleidung
Schätzungen gehen davon aus, dass etwa zwei Prozent der Freisetzung von Mikroplastik
auf den Abrieb von Fasern bei der Wäsche zurückgeht. Der größte Anteil entfällt auf das
Waschen von Wäsche in privaten Haushalten (Bertling et al., 2018).
Fleece-Bekleidung ist weit verbreitet und ein Beispiel für synthetische Textilien, die beim
Waschen Fasern freisetzen. Über die Hälfte der Befragten besitzen eine oder mehrere Klei-
dungstücke aus Fleece. Als typische Outdoor-Bekleidung werden Jacken und Pullover aus
52 Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen?
Fleece vielfach mit Naturnähe in Verbindung gebracht. Langlebigkeit und die zunehmende
Verwendung von Recyclingmaterialien tragen ebenfalls dazu bei, dass Fleece-Textilien
häufig ein umweltfreundliches Image haben. Dass Fleece-Bekleidung beim Waschen
Mikroplastik freisetzt, ist vergleichsweise wenig bekannt: Knapp 60 % der befragten Nut-
zer/-innen von Fleece-Textilien geben an, von diesem Zusammenhang noch nichts gehört
zu haben.
Bei den Handlungsmöglichkeiten besteht vor allem die Bereitschaft, Fleece-Bekleidung sel-
tener zu waschen. Über die Hälfte der Nutzer/-innen ist bereit, dies zu tun. Deutlich weniger
(33 %) können sich vorstellen, künftig nur noch Textilien aus Naturfasern zu nutzen. Wasch-
beutel, die feine Partikel während der Wäsche zurückhalten, ist für etwa ein Viertel eine
mögliche Alternative.
Hundekotbeutel
Ca. 250.000.000 Hundekotbeutel werden jährlich von deutschen Städten und Gemeinden
ausgegeben. Das entspricht knapp vier Prozent aller Plastiktüten in Deutschland. Der über-
wiegende Teil der Beutel besteht aus herkömmlichem Plastik und ist somit nicht abbaubar
und kann über lange Zeit ein Umweltproblem darstellen. Hundekotbeutel werden häufig
mutwillig falsch entsorgt und gelangen so in Grünanlagen und Gewässer.
Über 25 % der Befragten nutzen zumindest gelegentlich Hundekotbeutel. Für die Nut-
zer/-innen von Hundekotbeutel ist Materialbeständigkeit die wichtigste Eigenschaft: Hunde-
kotbeutel sollen verlässlich reißfest und nicht zu dünn sein. Zugleich geben 80 % der Nut-
zer/-innen an, dass es ihnen sehr wichtig oder wichtig ist, dass Hundekotbeutel aus biolo-
gisch abbaubarem Material bestehen. Dies mag damit zusammenhängen, dass Hundekot-
beutel vor allem in Grünanlagen zum Einsatz kommen. Dass Hundekotbeutel zur Quelle
von Mikroplastik werden können, ist der Mehrheit der Nutzer/-innen bekannt: Über 60 %
haben bereits von Mikroplastik und der Hundekotbeutelproblematik gehört, das Thema wird
von den meisten als sehr wichtig oder wichtig eingeschätzt wird.
Als wichtigste Maßnahmen gegen eine wilde Entsorgung von Hundekotbeuteln werden gut
zugängliche Entsorgungsmöglichkeiten genannt. Eine große Mehrheit spricht sich dafür
aus, mehr Mülleimer an den richtigen Stellen aufzustellen. Ebenfalls häufig genannt wird
die Verwendung von Hundekotbeuteln aus bioabbaubarem Material. Diese Maßnahme hal-
ten knapp 60 % der Nutzer-/innen für (sehr) wichtig. Allerdings sind die Vorstellungen, was
damit genau gemeint ist, eher vage. Erhebliche Unsicherheit besteht auch im Hinblick da-
rauf, woran ein bioabbaubares Produkt erkannt werden kann.
6.3 Wen sehen Verbraucher/-innen in der Pflicht?
In vielen Berichten über Mikroplastik stehen Verbraucher/-innen als Verursacher und als
Verantwortliche für die Lösung dieses Umweltproblems im Mittelpunkt. Verbraucher/-innen
werden angehalten, ihre Nutzungs- und Entsorgungspraktiken zu ändern, damit weniger
Mikroplastik in die Umwelt gelangt. Ausgeblendet wird dabei aber, dass es weitere Akteure
wie Hersteller, Entsorger oder Regulierer gibt, die Einfluss auf die Mikroplastikproblematik
Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen? 53
nehmen können. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Verbraucher/-innen ihre
Verantwortung in Beziehung zu diesen Akteuren sehen. Das Ergebnis ist eindeutig: Bei den
meisten der untersuchten Produkte werden Hersteller am stärksten in der Verantwortung
gesehen, etwas für die Vermeidung von Mikroplastikeinträgen in Gewässer zu tun. Etwas
weniger häufig werden die Politik und die Verbraucher/-innen selbst als Verantwortliche
genannt. Auffällig ist, dass Kläranlagenbetreiber nur selten als Verantwortliche erwähnt
werden. Die einzige Ausnahme sind Hundekotbeutel. Hier sehen sich Verbraucher/-innen
am stärksten in der Pflicht. An zweiter Stelle werden die Hersteller genannt.
Dies zeigt, dass Verbraucher/-innen bereit sind, bei der Lösung der Mikroplastik Problema-
tik einen Beitrag zu leisten, sie erwarten aber von der Industrie Transparenz und umwelt-
freundliche Produkte. Auch Regularien durch den Gesetzgeber, vor allem gegenüber den
Herstellern haben eine Bedeutung. „End-of-Pipe“ Lösungen durch z. B. Wasseraufberei-
tungstechnologien werden nur von einer Minderheit als Problemlösung gesehen.
Deutlich wird auch, dass Verbraucher/-innen trotz des hohen Problembewusstseins die ei-
genen Handlungsmöglichkeiten - je nach Produktgruppe - sehr unterschiedlich einschät-
zen. Eine Veränderung von Nutzungs- und Entsorgungspraktiken erscheint am ehesten
dann als akzeptabel, wenn, wie bei Peelings, ein direkter Beitrag des eigenen Verhaltens
zum Eintrag von Mikroplastik erkennbar ist und praktikable Alternativen verfügbar sind. Auf-
fällig ist auch, dass der eigene Beitrag zum Eintrag von Mikroplastik nur sehr selektiv bezo-
gen auf bestimmte Produktgruppen bekannt ist. Offensichtlich gibt es ein Gefälle zwischen
der allgemeinen Problemwahrnehmung von Mikroplastik in Gewässern und dem Wissen
über konkrete Praktiken, Eintragspfade und Handlungsmöglichkeiten.
Hinzu kommt, dass die Aussagefähigkeit bestehender Produkt-, Material- und Gütesiegel
für Verbraucher/-innen teils unklar oder sogar missverständlich ist. So beziehen sich Label
wie „frei von Mikroplastik“ nur auf primäres Mikroplastik und geben keine Auskunft über die
Wirkungen von chemischen Abbauprodukten in der Umwelt. Bestehende Produkt-, Mate-
rial- und Gütesiegel berücksichtigen die Wirkungen von Mikroplastik auf limnische Systeme
nur unzureichend. Dies gilt auch für das Kriterium Bioabbaubarkeit. Dies macht es schwer,
weniger umweltbelastende Produktalternativen zu erkennen.
Umweltzeichen und Gütesiegel sind wichtige Instrumente der Produktpolitik, um Wissen
über umweltrelevante Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen in Kurzform zu
vermitteln. Daher wurde untersucht, ob ein Umweltsiegel aus Sicht von Verbraucher/-innen
ein hilfreiches Instrument bei der Wahl weniger umweltbelastender Produkte sein könnte
und welche Anforderungen an die Ausgestaltung eines solchen Siegels bestehen. Eine
Mehrheit der Befragten würde ein Umweltsiegel als Entscheidungshilfe begrüßen. Die meis-
ten von ihnen würden ein spezifisches Mikroplastik-Label befürworten, aber auch ein Mehr-
fach-Label findet eine relativ breite Akzeptanz. Angesichts der Heterogenität der betrachte-
ten Praktiken und Produkte erscheint ein übergreifendes Siegel mit einer einheitlichen
54 Welche Handlungsspielräume gibt es für Verbraucher/-innen?
Botschaft allerdings nur schwer realisierbar. Zudem würde ein solches Umweltzeichen be-
stehende Wissensbedarfe nur zum Teil abdecken und vor allem bei solchen Produkten zur
Anwendung kommen können, die primäres Mikroplastik (nicht) enthalten oder freisetzen.
Angesichts der Vielzahl von Labeln stellt sich dabei die Frage, wie Transparenz über die
Kriterien hergestellt werden kann. Daraus kann gefolgert werden, dass ein Umweltzeichen
zudem bestenfalls ein Baustein einer umfassenden Kommunikation für die Zielgruppe der
Verbraucher/-innen zum Thema Mikroplastik sein könnte.
Zwischenfazit
Mikroplastik in Gewässern wird in der Bevölkerung als ein wichtiges Umweltproblem
wahrgenommen. Fast alle haben schon einmal von diesem Thema gehört. Eine Mehr-
heit ist besorgt, dass Mikroplastik in Gewässern eine Gefahr für Mensch und Umwelt
darstellt.
Die eigene Handlungsbereitschaft der Verbraucher/-innen wird stark an die Hand-
lungsbereitschaft von Politik und Herstellern geknüpft. Veränderte Nutzungs- und Ent-
sorgungspraktiken werden am ehesten in Betracht gezogen, wenn der Beitrag des ei-
genen Handelns gut nachvollziehbar ist und praktikable Alternativen verfügbar sind.
Transparente und leichtverständliche Gütesiegel würden als Entscheidungshilfe be-
grüßt, müssten aber durch weitere Informationsangebote ergänzt werden.
PLASTRAT - Was nun? 55
7 PLASTRAT - Was nun?
Aus den vorangegangenen Ausführungen und der aktuellen öffentlichen Diskussion wird
deutlich, dass noch viele offene Fragen zum Thema Mikroplastik existieren oder auch be-
reits verfügbare Konzepte und Ansätze bislang nur unzureichend Einzug in die Praxis ge-
halten haben. Zur erfolgreichen Umsetzung des Vorhabens einer Verminderung des Ein-
trags von urbanem Plastik in limnische Systeme bedarf es der aktiven Unterstützung vieler
verschiedener Akteure aus Wissenschaft, Bevölkerung, Industrie, Kommunalverwaltung,
Regulationsbehörden und (Ab-)Wasserwirtschaft.
Nachfolgend werden einige exemplarische Handlungsfelder aufgezeigt, welche unmittelbar
aus den Projektarbeiten und den begleitenden Gesprächen mit Vertretern der verschiede-
nen Stakeholdergruppen resultieren.
Was kann die Wissenschaft tun?
Nun in erster Linie: forschen, forschen, forschen! Denn in den meisten der vorangegange-
nen Themenfeldern konnte ausgewiesen werden, dass noch ein großes Wissensdefizit in
Bezug auf die Eintragspfade und Wirkung von Mikroplastik in limnischen Systemen beste-
hen. Dieses wissenschaftliche Defizit lässt sich unter anderem in folgenden Bereichen er-
kennen:
Degradationsprozesse, Verwitterung von Kunststoffen und Additiven auf mo-
lekularer Ebene sowie Entstehung und Freisetzung neuer Verbindungen
Die PLASTRAT-Arbeiten haben gezeigt, dass die Degradation von Plastik in der
Umwelt von einer Vielzahl einwirkender Einflüsse wie UV-Strahlung, Temperatur
und mechanischen Einwirkungen abhängig ist. Leider ist es nur unzureichend mög-
lich, diese Einflussfaktoren zu differenzieren und quantifizieren. Zukünftige For-
schungsvorhaben sollten sich deshalb vermehrt mit den Degradationsprozessen,
Prozessen der Verwitterung von Kunststoffen und Additiven auf molekularer Ebene
sowie Entstehung und Freisetzung neuer toxikologisch relevanter Verbindungen
auseinandersetzen. Konkret bedarf es der verbesserten Erfassung der Verwitte-
rungsprozesse von Kunststoffen unter standardisierten Testbedingungen und der
Entwicklung von Alterungsmodellen zur Abschätzung langfristiger Umweltbelastun-
gen durch Mikroplastik-Emissionen.
Durchführung von Langzeitstudien zu den toxikologischen Wirkungen von
Mikroplastik und darin enthaltenen Substanzen in der Umwelt
Toxikologische Wirkungen von Mikroplastik können durch das Auslaugen darin ent-
haltener Substanzen wie Additive während des Degradationsprozesses und auch
durch die Aufnahme der Mikroplastikpartikel selbst resultieren. Die meisten verfüg-
baren toxikologischen Ergebnisse stellen eine Momentaufnahme dar, belastbare Er-
gebnisse zu langfristigen gesundheitlichen Folgen liegen nur in sehr begrenztem
Ausmaß vor.
56 PLASTRAT - Was nun?
Optimierung der Methoden und Technologien zur Substanzdetektion und
-identifikation
Basispolymeren werden verschiedene Additive entlang der Wertschöpfungskette
zugesetzt. Eine jede Additivklasse beinhaltet eine große Anzahl an unterschiedli-
chen chemischen Verbindungsklassen, Substanzen und Substanzgemischen, die
eine hohe Relevanz für die human- und ökotoxikologische Bewertung der Kunst-
stoffe haben können. Bestehende Methoden der Substanzdetektion und -identifika-
tion gestalten sich sehr zeit- und kostenintensiv, zudem ist eine vollumfängliche
Stoffidentifikation nicht möglich, weshalb an dieser Stelle noch erheblicher Optimie-
rungsbedarf besteht.
Harmonisierung und Standardisierung von Verfahren zur Probenaufarbeitung
und Analyse
Erste Ansätze zur Standardisierung der Verfahren zur Probenaufbereitung wurden
bereits in Querschnittsthemen von „Plastik in der Umwelt“ vorgeschlagen.
PLASTRAT hat zu deren Entwicklung aktiv beigetragen. Diese Aktivitäten gilt es nun
in den entsprechenden Arbeitskreisen und Normierungsgremien auf nationaler und
internationaler Ebene fortzusetzen und in verbindliche Normen und Richtlinien zu
überführen. Zusätzlicher Mehrwert einer Standardisierung könnte in einer Optimie-
rung der Analyseverfahren und -prozesse liegen. An dieser Stelle sind Wissenschaft
und Hersteller gemeinsam gefragt, zeit- und kostenoptierte Analyseverfahren zu
konzipieren.
Durchführung von Messkampagnen zur Bilanzierung von Mikroplastikeinträ-
gen entlang der einzelnen Eintragspfade
Die direkten und diffusen Eintragspfade von Mikroplastik in die Umwelt sind weitest-
gehend bekannt. Eine mengenbezogene Bilanzierung, welche eine belastbare Ein-
schätzung der Umweltkonzentrationen und damit verbundener Risikopotenziale er-
möglichen würde, steht bislang jedoch nicht zur Verfügung.
Was können Verbraucher/-innen tun?
Die Befragung der Verbraucher/-innen hat gezeigt, dass Mikroplastik in der Bevölkerung
als ein wichtiges Umweltproblem angesehen wird. Viele Verbraucher/-innen sind bereit,
durch ihr eigenes Verhalten einen Beitrag zur Lösung dieser Problematik zu leisten.
Bewusster Umgang mit Kunststoffmaterialen
Konsumenten und Konsumentinnen können über eine Veränderung der eigenen
Routinen im Umgang mit mikroplastikemittierenden Produkten dazu beitragen, dass
weniger Mikroplastik in limnische Systeme gelangt. Beispiele hierfür sind der Ver-
zicht auf Kosmetika, die Mikroplastik enthalten, alternative Praktiken zum Reinigen
von Kunstfasertextilien (Lüften statt Waschen) oder ein verringertes Littering durch
ordnungsgemäße Entsorgung von Hundekotbeuteln. Allerdings haben Konsument/-
innen in vielen Fällen nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten, da die Inhaltsstoffe
von Produkten nicht bekannt sind oder bestehende Alternativen, wie die Nutzung
von Waschbeuteln, nur schwer mit bestehenden Alltagsroutinen in Einklang
PLASTRAT - Was nun? 57
gebracht werden können. Hinzu kommt, dass vermeintlich umweltfreundliche Hand-
lungsoptionen, wie die Verwendung von Produkten aus bioabbaubarem Kunststoff,
selbst wieder problematische Umweltwirkungen haben können.
Bessere Information von Verbraucher/-innen
Um Konsumenten und Konsumentinnen zu einem bewussteren Umgang mit Kunst-
stoffprodukten und -materialien zu bewegen, bedarf es einer umfassenden, ziel-
gruppenspezifisch differenzierten Kommunikationsstrategie zu Mikroplastik in limni-
schen Systemen. Eine solche Kommunikationsstrategie sollte aufzeigen, in welchen
Bereichen Verbraucher/-innen tatsächlich relevante Handlungsmöglichkeiten ha-
ben, einen nennenswerten Beitrag zur Verringerung des Eintrags von Mikroplastik
in Gewässer zu leisten. Dabei sollte gezielt auf Produkte hingewiesen werden, die
aus vergleichsweise unbedenklichen Materialien bestehen. Darüber hinaus sollten
alternative Praktiken für die Pflege und Entsorgung von Plastikprodukten kommuni-
ziert werden, die sich gut in bestehende Alltagsroutinen einpassen lassen. Absender
einer solchen Kommunikationskampagne können Politik, Hersteller und Umweltver-
bände gleichermaßen sein.
Was können Hersteller tun?
Eine umfassende Reduzierung des Eintrags von Mikroplastik und der darin enthaltenen
Additive in limnische Systeme sollte bereits im Herstellungsprozess der Kunststoffmateria-
lien und Produkte ansetzen. Neben einer konsequenten Umsetzung der Vorgaben und er-
gänzender branchenspezifischer Normen und Standards, können auf Basis der Projekter-
gebnisse von PLASTRAT folgende Handlungsempfehlungen für Hersteller abgeleitet wer-
den:
Verminderung des Einsatzes schädlicher Additive und Prozesschemikalien
Ein zentraler Ansatzpunkt für Hersteller und Produzenten besteht im verminderten
Einsatz und der bewussten Auswahl eingesetzter Additive nach umwelt- und hu-
mantoxikologischen Gesichtspunkten (z. B. geringe Toxizität, gute Abbaubarkeit).
Auch der gesetzliche Rahmen für den Einsatz von Chemikalien in Kunststoffen sollte
ausgebaut und der Einsatz von Additiven und Hilfsstoffen bei der Produktion stärker
überwacht werden. Der Zusatz unerwünschter Chemikalien im Zuge des Herstel-
lungsprozesses von Kunststoffen könnte u. a. dadurch minimiert werden, dass
„Positivlisten“ mit toxikologisch unbedenklichen Chemikalien erstellt und für Herstel-
ler verpflichtend gemacht werden.
Nachhaltiges Produktdesign
Hersteller sollten ihre Produkte derart gestalten, dass sie mit den gängigen Normen
und Richtlinien des umweltgerechten Produktdesigns konform gehen. Ein besonde-
res Augenmerk sollte dabei auf die Nutzung recycelbarer Abfallfraktionen gelegt
werden.
Ganzheitliche Produktbewertung im Hinblick auf ihre Umweltwirkungen
Auf Basis der bestehenden gesetzlichen Vorgaben ist die Produktsicherheit durch
eine Risikobewertung gemäß REACH-Verordnung nachzuweisen. Toxikologische
58 PLASTRAT - Was nun?
Bewertungen sind Teil dieses Verfahrens. Die Projektergebnisse unterstreichen die
Bedeutung und Notwendigkeit derartiger ganzheitlicher Bewertungsverfahren zur
Minimierung des Eintrags von Mikroplastik in limnische Systeme. Das Konzept der
Produktsicherheit sollte daher auch auf Recyclate ausgeweitet werden.
Kontrollierte und effektive Entsorgungswege schaffen
Im Rahmen von PLASTRAT wurden durch unterschiedliche Stakeholder auf ein teils
unklares Verständnis über Herkunft und Art von Mikroplastik verwiesen. Die weit
größte Menge an Mikroplastik entsteht durch unachtsame und unkontrollierte Ent-
sorgung und anschließende Fragmentierung von Kunststoffprodukten und -artikeln
in der Umwelt. Die Bedeutung der Schaffung kontrollierter und effektiver Entsor-
gungspfade erscheint vor diesem Hintergrund elementar.
Transparente Deklaration von Chemikalien
Hersteller sollten darüber hinaus eine transparente, rechtskonforme Deklaration der
eingesetzten Inhaltsstoffe (inklusive Mengenangaben) vornehmen, damit Verbrau-
cher/-innen ausreichend über die einzelnen Kunststoffinhaltsstoffe informiert wer-
den. Die Deklaration der eingesetzten Additive, Hilfsstoffe und sonstiger Substan-
zen könnte beispielsweise über Informationsportale in Verknüpfung mit der beste-
henden SCIP-Datenbank (https://echa.europa.eu/de/scip) der ECHA konsequent
über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg nachvollziehbar und online einseh-
bar gemacht werden.
Hinweise zur Optimierung textiler Produktionsprozesse
Im Rahmen des Stakeholderworkshops mit Vertretern der Textilindustrie konnten
einige allgemeine Handlungsempfehlungen eigens für textile Herstellungsbetriebe
abgeleitet werden, welche von den Teilnehmenden in absteigender Priorisierung in
der Reduzierung von Faserverlusten, der stärkeren Nutzung von bereits verfügba-
ren Stoffen, die weniger Fasern über die Produktnutzungsdauer freisetzen, und der
Entwicklung von neuartigen Textilien mit geringem Faseraustrag gesehen wurden.
Darüber hinaus könnte bereits im Rahmen des Herstellungsprozesses ein frühzeiti-
ger Rückhalt von Mikroplastikemissionen erfolgen, sofern eine erste Produktwa-
schung bereits am Ende des Produktionszyklus standardmäßig etabliert würde.
Tue Gutes und rede darüber!
Ganz im Sinne dieses allgemeinen Grundsatzes guter Öffentlichkeitsarbeit sollten
Unternehmen, die eine Vorbildfunktion im Bereich der Mikroplastik-Reduzierung und
umweltfreundlichen Prozessführung im Allgemeinen einnehmen, dieses auch gerne
zur eigenen Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Denn nur so gelingt es langfristig, ein flä-
chendeckendes Umdenken innerhalb der einzelnen Branchen zu erzeugen.
Was können Regulationsbehörden und die Politik tun?
Wenngleich bereits aktuell vielfältige regulatorische und normative Ansätze zur Reduzie-
rung des Eintrags von Mikroplastik in limnische System ergriffen wurden, konnten im Rah-
men der Projektbearbeitung von PLASTRAT und des Dialogs mit den unterschiedlichen
PLASTRAT - Was nun? 59
Stakeholdergruppen weiterhin singuläre Themenstellungen ermittelt werden, in denen ein
weiterer Handlungsbedarf seitens der Regulationsbehörden und Politik gesehen wird:
Überarbeitung bestehender Produkt-, Material- und Gütesiegel
Trotz einer Vielzahl an bestehenden Güte-, Material- und Prüfsiegeln für Kunststoff-
materialien, -produkte oder -produktgruppen wird der Informationswert dieser Label
von den Zielgruppen vielfach als nicht ausreichend beschrieben. Konkret wird ein
Überarbeitungsbedarf mit dem Ziel einer verständlichen und eindeutigen Kundenin-
formation gesehen. Dieser Forderung könnte dahingehend nachgekommen werden,
dass Produkte als explizit „mikroplastikfrei“ deklariert oder eine Garantie der Einhal-
tung von Umweltvorgaben durch eine externe Prüfstelle gewährleistet wird.
Konsequente Umsetzung und Erweiterung des bestehenden Stoffrechts
Trinkwasserverordnung (TrinkwV), Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV)
und REACH-Verordnung bilden zentrale Elemente der aktuellen gesetzlichen Rah-
menbedingungen des Produkt- und Stoffrechts im Hinblick auf die Themenstellun-
gen von PLASTRAT. Diese gesetzlichen Regelungen sollten konsequent auch im
Hinblick auf Importprodukte Anwendung finden. Mit zunehmendem Wissensstand
zu den human- und ökotoxikologischen Wirkungen von Zusatz- und Inhaltsstoffen
in Kunststoffmaterialien kann unter Umständen eine Nachschärfung der bestehen-
den Rechtsverordnungen im Hinblick auf Vorgaben zum produktgruppenspezifi-
schen Chemikalieneinsatz erforderlich werden.
Pflicht zur transparenten Deklaration von Additiven und sonstigen Hilfsstof-
fen
Sofern Hersteller nicht auf freiwilliger Basis zur transparenten Deklaration von Hilfs-
und Betriebsstoffen motiviert werden können, wäre gegebenenfalls im Sinne der
Produkthaftung eine verpflichtende Umsetzung auf gesetzlicher Basis zu überlegen.
Einführung von „Positivlisten“ unbedenklicher Materialien und Substanzen
In Anlehnung an die Trinkwasserverordnung wäre auch im Hinblick auf im Herstel-
lungsprozess zugesetzte Stoffe die Einführung von „Positivlisten“ zu überlegen.
Diese könnten entweder neu entwickelt oder bestehende Listen auf weitere Pro-
duktgruppen und Umweltkompartimente ausgeweitet werden. Verbunden mit dem
Konzept der „Positivlisten“ ist in der Regel auch stets ein umfangreiches Konzept
zur Marktüberwachung, bestehend aus einer Prüf- und Zertifizierungspflicht von
Produkten und Materialien.
Synergien zu anderen thematischen Debatten nutzen
Lösungsansätze zur Reduzierung des Eintrags von Mikroplastik in limnische Sys-
teme weisen vielfach Synergien mit anderen thematischen Problemstellungen auf.
Als positives Beispiel können die gesetzlichen Vorgaben zur thermischen Klär-
schlammverwertung bzw. die Unterbindung der Klärschlammverwertung in der
Landwirtschaft gesehen werden, welche implizit zu einer Reduktion der im Klär-
schlamm angereicherten Mikroplastikpartikel in limnische Systeme beitragen.
Ebenso trägt aber auch die Einführung zusätzlicher Reinigungsstufen in
60 PLASTRAT - Was nun?
Kläranlagen zur Elimination abfiltrierbarer Stoffe unmittelbar zum Rückhalt von Mik-
roplastik in den Kläranlagen bei.
Was kann die (Ab-)Wasserwirtschaft tun?
Nicht zuletzt kann auch die Wasserwirtschaft selbst einen aktiven Beitrag zur Problemlö-
sung beitragen, indem Kläranlagentechnik und -abläufe im Hinblick auf einen größtmögli-
chen Rückhalt von Mikroplastikpartikeln hin optimiert werden. Zudem können Materialien
verwendet werden, die keine oder nur geringe Mengen an Mikroplastikpartikeln freisetzen.
Reduzierung von Mischwasserentlastungen
Mischwasserentlastungen sind aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich; den-
noch ist eine Reduzierung von (unbehandelten) Mischwasserabschlägen anzustre-
ben, um Einleitungen von Mikroplastik in (Oberflächen-)Gewässer zu mindern.
Optimierung der Kläranlagentechnik und Klärschlammverwertung
Um Einträge von Mikroplastik in (Oberflächen-)Gewässer weiter zu reduzieren, kann
eine Optimierung auf einen weitestgehenden Partikelrückhalt erfolgen. Dies
ermöglicht auch Synergieeffekte auf weitere abwasserrelevante Parameter,
beispielsweise für den Rückhalt von Nährstoffen bis hin zu Mikroorganismen und
Resistenszgenen (in Abhängigkeit der eingesetzten Verfahrenstechnik).
Die während der Abwasserbehandlung zurückgehaltenen Mikroplastikpartikel
werden über den Klärschlamm abgezogen, was entsprechend bei der
Klärschlammentsorgung/-verwertung zu beachten ist.
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cant Mixture Effects. Environmental Science & Technology, 36(8), 1751–1756.
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Stieß, I.; Raschweski, L.; Sunderer, G.; Birzle-Harder, B.; Götz, K. (2021). Die Wahrneh-
mung von Umweltgefährdungen durch Mikroplastik im Kontext alltäglicher Kon-
sumpraktiken – Ergebnisse einer empirischen Studie. ISOE-Materialien Soziale
Ökologie, Frankfurt am Main: ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung
Talvitie, J.; Heinonen, M. (2014). Preliminary study on synthetic microfibers and particles at
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Weithmann, N.; Möller J. N.; Löder M. G. J.; Piehl S.; Laforsch C.; Freitag R. (2018). Organic
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vances 4(4), eaap8060. https://doi.org/10.1126/sciadv.aap8060
Wick, N.; Klein, K.; Schulte-Oehlmann, U.; Dombrowski, A.; Oehlmann, J.; Krause, S.;
Schaum, C. (2021). Mikroplastik in limnischen Systemen: Einträge aus der Sied-
lungswasserwirtschaft und ökotoxikologische Effekte. Korrespondenz Wasserwirt-
schaft 2021 (14), Nr. 3. https://doi.org/10.3243/kwe2021.03.003
Wick, N.; Krause, S.; Schaum, C.; Fischer, F.; Fischer, D.; Klaeger, F.; Labrenz, M. (2020).
Herausforderungen bei Probenahme, -aufbereitung und Analyse von Mikroplastik in
der kommunalen Abwasserbehandlung. Korrespondenz Abwasser, 2020 (67),
Nr. 2. https://doi.org/10.3242/kae2020.02.004
World Health Organization. Guidelines for Drinking-water Quality. Third edition incorporat-
ing the first and second addenda. Volume 1 Recommendations. Geneva, (2014).
Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT 65
9 Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT
9.1 Abschlussberichte von PLASTRAT
Die Abschlussberichte (Förderkennzeichen: 02WPL1446) aller Teilprojekte von PLASTRAT
sind demnächst online verfügbar über die Technische Informationsbibliothek (TIB) Han-
nover (www.tib.eu) sowie über die Websites von PlastikNet (www.bmbf-plastik.de) und
PLASTRAT (www.plastrat.de).
Universität der Bundeswehr München – Institut für Wasserwesen
Schwerpunkt:
Eintragspfade der Siedlungswasserwirtschaft in limnische Systeme
Goethe-Universität Frankfurt am Main – Abteilung Aquatische Ökotoxikologie
Schwerpunkt:
Ökotoxikologie (Wirkung von Kunststoffen und Additiven)
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Schwerpunkt:
Verbraucherverhalten
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Schwerpunkt:
Bewertung von Kunststoffen
Bundesanstalt für Gewässerkunde
Schwerpunkt:
Degradation und stoffliche Dynamik
aquadrat ingenieure GmbH
Schwerpunkt:
Ultrafiltration zur weitergehenden Abwasserbehandlung (Konzeption)
Technische Universität Darmstadt – Institut IWAR
Schwerpunkt:
Umweltchemie (Sorptionsverhalten)
inge GmbH
Schwerpunkt:
Ultrafiltration zur weitergehenden Abwasserbehandlung (Versuchsanlage)
Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V.
Schwerpunkt:
Analyse von Mikroplastik mittels Raman-Spektroskopie
Leibniz-Institut für Ostseeforschung
Schwerpunkt:
Probenaufbereitung für die Analyse
66 Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT
9.2 Publikationen von PLASTRAT (Auswahl)
Buchbeiträge und Journals
Brandt, J.; Bittrich, L.; Fischer, F.; Kanaki, E.; Tagg, A.; Lenz, R.; Labrenz, M.; Brandes, E.;
Fischer, D.; Eichhorn, K.-J. (2019). High-Throughput Analyses of Microplastic Sam-
ples Using Fourier Transform Infrared and Raman Spectrometry.
Applied Spectroscopy.
Broß, L.; Badenberg, S.; Krause, S.; Schaum, C. (2020). Abfiltrierbare Stoffe als Begleitpa-
rameter: Ist die Vergleichbarkeit von Messergebnissen gegeben? Korrespondenz
Abwasser, Abfall (KA). Vol. 67. 2020 Nr. 1, S. 28-36
Enders, K.; Lenz, R.; Ivar do Sul, J.; Tagg, A.; Labrenz, M. (2020). When every particle
matters: A QuEChERS approach to extract microplastics from environmental sam-
ples. MethodsX. 7 (2020). 100784
Fischer, D.; Fischer, F.; Brandt, J.; Bittrich, L.; Eichhorn, K.-J.; Fischer, H.; Hollricher, K.;
Böhmler, M. (2019). Find, classify and identify microparticles with raman imaging.
Imaging & Microscopy 21 (2019)2. - S. 16-17
Fischer, D.; Käppler, A.; Fischer, F.; Brandt, J.; Bittrich, L.; Eichhorn, K.-J. (2019). Identifi-
zierung von Mikroplastik in Umweltproben: Kombination von Partikelanalyse mit
FTIR- und Raman-Mikroskopie. GIT Labor-Fachzeitschrift 63 (2019) 9. S. 38-40
Fischer, D.; Käppler, A.; Fischer, F.; Brandt, J.; Bittrich, L.; Eichhorn, K.-J. (2019). Identifi-
cation of microplastics in environmental samples – Combination of particle analysis
with FTIR and raman microscopy. GIT Laboratory Journal Europe 23 (2019) 4.
S. 43-45
Heß, S.; Klein, K.; Nengeß, S.; Schulte-Oehlmann, U.; Oehlmann, J. (under review). Particle
shape does not affect ingestion and egestion of microplastics in the freshwater
shrimp Neocaridina palmata. Environmental Science and Pollution Research
Ivar do Sul, J.; Tagg, A.SW.; Labrenz, M. (2018). Exploring the common denominator be-
tween microplastics and microbiology: a scientometric approach. Scientometrics
117:2145. https://doi.org/10.1007/s11192-018-2936-y2145-2157
Klein, K.; Piana, T.; Lauschke, T.; Schweyen, P.; Dierkes, G.; Ternes, T.; Schulte-Oelh-
mann, U.; Oehlmann, J. (2021). Chemicals associated with biodegradable micro-
plastic drive the toxicity to the freshwater oligochaete Lumbriculus variegatus
Aquatic Toxicology, Vol. 231. 2021. Nr. 105723
Klein, K.; Hof, D.; Dombrowski, A.; Schweyen, P.; Dierkes, G.; Ternes, T.; Schulte-Oehl-
mann, U.; Oehlmann,J. (under review). Enhanced in vitro toxicity of plastic leachates
after UV irradiation. Water Research
Käppler, A.; Fischer, M.; Scholz-Böttcher, B.; Oberbeckmann, S.; Labrenz, M.; Fischer, D.;
Eichhorn, K.-J.; Voit, B. (2018). Comparison of μ-ATR-FTIR spectroscopy and py-
GCMS as identification tools for microplastic particles and fibers isolated from river
sediments. Analytical and Bioanalytical Chemistry 410 (2018) 5313-5327
Wick, N.; Krause, S.; Schaum, C.; Fischer, F.; Fischer, D.; Klaeger, F.; Labrenz, M. (2020).
Herausforderungen bei Probenahme, -aufbereitung und Analyse von Mikroplastik in
der kommunalen Abwasserbehandlung. Korrespondenz Abwasser, Abfall (KA). Vol.
67. 2020. Nr. 2, S. 118-124
Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT 67
Wick, N.; Klein, K.; Schulte-Oehlmann, U.; Dombrowski, A.; Oehlmann, J.; Krause, S.;
Schaum, C. (2021). Mikroplastik in limnischen Systemen: Einträge aus der Sied-
lungswasserwirtschaft und ökotoxikologische Effekte. Korrespondenz Wasserwirt-
schaft (KW). Vol. 14. 2021. Nr. 3
Vorträge und Tagungsbeiträge
Birzle-Harder, B.; Kerber, H.; Raschewski, L.; Stieß, I. (2019). Wahrnehmung von Mikro-
plastik bei der Nutzung und Entsorgung von Produkten. 18. BfR-Forum Verbrau-
cherschutz: Mikroplastik, Berlin
Fischer, D. (2018). Makro- und Mikroplastik in der Umwelt. Kolloquium „DAS Environmental
GmbH“, Dresden
Fischer, D.; Fischer, F.; Brandt, J.; Bittrich, L.; Löder, M. (2020). Mikroplastikanalyse in ver-
schiedenen Medien - ein aktueller Überblick. 91. Darmstädter Seminar: Mikroplastik
– Herausforderungen und Perspektiven in der Abwasser- und Abfallbehandlung.
Darmstadt. Schriftenreihe IWAR 257, ISBN 978-3-940897-58-9.
Fischer, D.; Käppler, A.; Fischer, F.; Brandt, J.; Bittrich L.; Muche, J.; Rödiger, A.; Eichhorn,
K.-J.; Lenz, R.; Tagg, A.S.; Enders, K.; Labrenz, M. (2019). Identification and quan-
tification of microplastics in environmental samples by a combination of optical par-
ticle analysis with FTIR and Raman microscopy. Inside Raman Workshop, Pliez-
hausen, 17. – 18.10.2019
Fischer, D.; Käppler, A.; Fischer, F.; Brandt, J.; Bittrich, L.; Muche, J.; Rödiger, A.; Eichhorn,
K.-J.; Lenz, R.; Tagg, A.S.; Enders, K.; Labrenz, M. (2019). An analytical approach
for the identification and quantification of microplastic in environmental samples by
an automated combination of optical particle analysis with FTIR and Raman micros-
copy. ICCE 2019 - 17th International Conference on Chemistry & the Environment.
- Thessaloniki, GR, 16.06.2019 - 16.06.2019, Conference Proceedings S. 743-745
Fischer, D.; Käppler, A.; Fischer, F.; Brandt, J.; Muche,J.; Eichhorn, K.-J.; Bittrich, L.; Ober-
beckmann, S.; Labrenz, M. (2018). Analytical approach for the identification and
quantification of microplastic particles in environment samples by a combination of
particle analysis with FTIR and Raman microscopy. Microplastics 2018, Monte Ve-
rita, Ascona, Schweiz
Fischer, D.; Käppler, A.; Fischer, F.; Brandt, J.; Muche, J.; Eichhorn, K.-J.; Bittrich, L.; Ober-
beckmann, S.; Labrenz, M. (2018). Analytical approach for the identification and
quantification of microplastic particles in environment samples by a combination of
particle analysis with FTIR and Raman microscopy. in: Baztan, J.; Bergmann, M.;
Carrasco, A.; Fossi, C.; Jorgensen,B.; Miguelez, Q.; Pahl, S.; Thompson, R.C.;
Vanderlinden, J.-P. (Eds.) 2018, MICRO 2018, Lanzarote. Fate and Impact of Mi-
croplastics: Knowledge, Actions and Solutions. 150p., MSFS-RBLZ. ISBN 978-84-
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Fischer, F. (2019). Eintragsquellen, Transportwege, Verbleib - mögliche Gefährdungen für
Mensch und Umwelt. Lange Nacht der Wissenschaft, IPF Dresden
68 Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT
Fischer, F.; Fischer, D.; Brandt, J.; Bittrich, L.; Käppler, A., Eichhorn, K.-J. (2019). Analytical
approach for the identification and quantification of microplastic particles by a com-
bination of particle analysis with Raman and FTIR microscopy. ACS Fall Meeting,
San Diego, 25. – 29. 8. 2019
Gottschling, M.; Zhuo, Y.; Schwabe, I.; Heide, J.; Quynh Bui, T.; van Oyen, A.; Sakaguchi-
Söder, K.; Schebek, L. (2018). Wie lassen sich aus einem Zusammenhang
stoffspezfischer Parameter ausgewählter Schadstoffe und MP
Verteilungskoeffizienten ableiten?. Umwelt 2018, Münster
Gottschling, M.; Sakaguchi-Söder, K.; Gogic, D.; Schebek, L. (2020). Investigation of the
correlation between wastewater treatment parameters and pollutant accumulation
on LDPE in the long-term deployment tests at municipal wastewater treatment
plants. SETAC Europe 30th Annual Meeting, Dublin, 3. – 7. 5. 2020
Käppler, A.; Fischer, D.; Oberbeckmann, S.; Labrenz, M.; Eichhorn, K.-J. (2018). Identifi-
zierung von Mikroplastik mittels Schwingungsspektroskopie: IR, Raman oder bei-
des?. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Mikroplastik in der Umwelt - Statuskollo-
quium, Augsburg
Käppler, A.; Fischer, D.; Scholz-Böttcher, B.; Oberbeckmann, S.; Labrenz, M.; Fischer, D.;
Eichhorn, K.-J.; Voit, B. (2018). Comparison of μ-ATR-FTIR spectroscopy and py-
GCMS as identification tools for microplastic particles and fibers isolated from river
sediments. in: Baztan, J.; Bergmann, M.; Carrasco, A.; Fossi, C.; Jorgensen,B.; Mi-
guelez, Q.; Pahl, S.; Thompson, R.C.; Vanderlinden, J.-P. (Eds.) 2018 - MICRO
2018, Lanzarote. Fate and Impact of Microplastics: Knowledge, Actions and Solu-
tions. 153p., MSFS-RBLZ. ISBN 978-84-09-06477-9
Kläger, F.; Labrenz, M. (2020). Mikroplastik in Umweltmedien - Methoden zur Probenvor-
bereitung. 91. Darmstädter Seminar: Mikroplastik – Herausforderungen und
Perspektiven in der Abwasser- und Abfallbehandlung. Darmstadt. Schriftenreihe
IWAR 257, ISBN 978-3-940897-58-9.
Klein, K. (2019). Alles klar? mikro - Schadstoffe und Plastik in Wasser und Umwelt.
m i k r o – Plastik und Schadstoffe, Mörfelden-Walldorf
Klein, K. (2019). Effekte von irregulären PLA-Mikropartikeln auf den benthischen Süßwas-
seroligochaeten Lumbriculus variegatus. 24. Jahrestagung der SETAC GLB.
Landau
Klein, K. (2020). Mikroplastik in der Umwelt: Eintrag, Verbleib und Auswirkungen.
Hydrobiologisches Seminar im Wintersemester 2019/20. Institut für Hydrobiologie,
TU Dresden, Dresden
Klein, K. (2020). Induction of in vitro toxicity by UV-weathered microplastic leachates.
MICRO2020, Lanzarote (online)
Krause, S.; Badenberg, S.; Mundani, A.; Schaum, C. (2018). PLASTRAT - Plastik in Bin-
nengewässern. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Mikroplastik in der Umwelt -
Statuskolloquium, Augsburg
Mundani, A.; Badenberg, S.; Metzner, T.; Krause, S.; Schaum, C. (2018). Arzneimittel, Dro-
gen, Mikroplastik - welche Spurenstoffe enthält unser Abwasser? Hochschulforum
IFAT 2018, München
Abschlussberichte und Publikationen von PLASTRAT 69
Mundani, A.; Krause, S.; Schaum, C. (2018). (Mikro-) Plastik im Klärschlamm. UMWELT
2018, Münster
Mundani, A.; Krause, S.; Schaum, C. (2018). Characteristics of conventional and bio-based
polymers during sewage sludge treatment. in: Baztan, J.; Bergmann, M.; Carrasco,
A.; Fossi, C.; Jorgensen,B.; Miguelez, Q.; Pahl, S.; Thompson, R.C.; Vanderlinden,
J.-P. (Eds.) 2018 - MICRO 2018, Lanzarote. Fate and Impact of Microplastics:
Knowledge, Actions and Solutions. 386p., MSFS-RBLZ. ISBN 978-84-09-06477-
9 CC-BY-NC-SA
Newe, W.; Pannekens, H.; Schertzinger, G. (2019). Toxicological assessment of leachates
from microplastic using CALUX systems. 12th BioDetectors Conference, Wien, Ös-
terreich
Schaum, C.; Krause, S.; Mundani, A. (2018). Weitergehende Behandlung von Kläranla-
genabläufen. in: DWA (2018), Kommunale Abwasserbehandlung-Wasserwirt-
schaftskurs Q/2, S.189 ff., Hennef
Schaum, C.; Krause, S.; Wick, N.; Mundani, A. (2020). Mikroplastikrückhalt in der Kommu-
nalen Kläranlage. 91. Darmstädter Seminar: Mikroplastik – Herausforderungen und
Perspektiven in der Abwasser- und Abfallbehandlung, Darmstadt. Schriftenreihe
IWAR 257, ISBN 978-3-940897-58-9.
Wick, N.; Krause, S.; Schaum, C.; Kläger, F.; Labrenz, M.; Fischer, F.; Fischer, D. (2020).
Sampling of Microplastics in Water Resource Recovery Facilities: Challenges and
Limits. WEFTEC 2020, New Orleans, USA (online)
www.unibw.de/wasserwesen
ISBN 978-3-943207-52-1