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Band 140 • 2020: 83 – 92
Landschasbezogene Erfolgskontrolle von Vertragsnaturschutz-
maßnahmen für Feldvögel im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde –
Dichte der Feldvögel steigt mit zunehmendem Bracheanteil
Alina Krämer, David Ott & Ralf Joest
Krämer, A., D. Ott & R. Joest 2021: Landscape-level evaluation of contractual nature con-
servation me asures for farmland bi rds in the SPA Hellwegbörde - density of farm land birds
increases with the proportion of fallow land. Vogelwelt 140: 83 – 92.
Farmland is one of the largest habitats in Europe and home to a great amount of biodiversity.
Contrasting, it is also the place, where the largest loss in bird diversity and abundance takes
place. Various ag ri-environment schemes (AE S) have been developed to s low down the negat ive
trend of far mland bird populations a s an indicator of overal l biodiversity. In the Hellwegbörde ,
a Specia l Protected Area in Nor th Rhine-Westphali a, several measu res have been implemented,
and their impact on avian biodiversity has been tested since 2001. The positive effect of fallow
land on the d iversity and abunda nce of farmland bird s at the level of single measu res compared
to cultivated plots is well investigated. This study evaluates the impact of the proportion of
fallow la nd on farmland bird den sity at the landscap e level. To a ddress this quest ion, we tested
how the proportion of fallow land on 20 plots of 1 km2 spanning a gradient from zero to over
50 percent inf luenced densities of farmland-bird indicator-species in general and Eurasian
Skylark Alauda arvensis, specifically. We found a signif icant positive inf luence of fallow land
on territory density of Eurasian Skylark and farmland bird indicator species. Furthermore,
our data showed significantly higher density of farmland birds in plots with more than ten
percent of fallow, a proportion often stated as target value for AES coverage. Our results also
showed a strong negative correlation bet ween soil qualit y and fallow land , which indicates t hat
fallow land as an AES option has so far only been competitive on poor soils.
Key words: Eurasian Skylark Alauda arvensis, farmland birds, agriculture, set-aside, fallow,
maize, agri-environment schemes, contractual nature conservation
1. Einleitung
Die Vögel der Agrarlandschaft als Indikator für die
biologische Vielfalt insgesamt zeigen europa- wie
deutschlandweit erhebliche Bestandsrückgänge. Als
Ursache für diese Verluste der Artenvielfalt und Abun-
danz w urden verschiedene Aspekte der Intensivierung
der landwir tschaftlichen Nutzung identif iziert. Hierzu
gehören unter anderen der Verlust von ungenutzten
Landscha ftselementen und kleinräumigen Nutzungs-
mosaiken, die Eutrophierung und der Einsatz von
Pf lanzenschutzmitteln, insbesondere von Insektiziden
(NewtoN 2004, wilsoN et al . 2009, Flohre et al. 2011,
hötker et al. 2 014; Fachgruppe Vögel der agrar-
laNdschaFt 2019, gerlach et al. 2019). Diese Ent-
wicklungen wurden etwa seit 2007 durch die Aufhe-
bung der verpflichtenden Flächenstilllegung und der
starken Zuna hme des Maisanbaus für die energetische
Nutzung noch einmal verschärft. Die damit ein herge-
hende Reduzierung der stillgelegten Flächen und die
Zunahme der Maisproduktion haben zu einem wei-
teren Rückgang der Vogelpopulationen auf Ackerland
geführt (Hötker et al. 2009, hoFFmaNN 2011, Flade
et al. 2012; Flade & schwarz 2013; hoFFmaNN
2019; JerreNtrup et al. 20 17, Fachgruppe Vögel der
agrarlaNdschaFt 2019, Busch et al. 2020).
Um die Bestandsabnahme der Vogelarten der Agrar-
landschaft aufzuhalten oder zu verlangsamen, wurden
verschiedene Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen
(AUKM) bzw. Vertragsnaturschutzangebote (VNS)
entwickelt, bei denen Landwirte für die Anlage von
Lebensraumflächen einen finanziellen Ausgleich für
die Einkommensverluste und die zusätzlichen Kosten
erhalten, die ihnen infolge der eingegangenen Ver-
pflichtungen entstehen. Als besonders wirksam hat
sich dabei die Anlage von sich selbst begrünenden oder
eingesäten Brachen, wie sie bis 2007 auch im Rahmen
der verpflichtenden Flächenstilllegung bestanden,
erwiesen. Der positive Effekt von Ackerbrachen auf die
Vielfalt und Häufigkeit von Feldvögeln auf der Ebene
von Einzelmaßnahmen im Vergleich zu Kulturflä-
chen ist gut belegt (z. B. heNdersoN et al. 2000, 2012;
84 A. KRÄMER et al.: Erfolgskontrolle von Vertragsnaturschutz maßnahmen für Feldvögel
herzoN et al. 2011, hoFFmaNN 2019, hoFFmaNN &
wahreNBerg 2019).
Eine belastbare Schätzung des für die Erhaltung der
Artenvielfalt erforderlichen Flächenumfangs dieser
Maßnahmen ist eine wichtige Grundlage sowohl für
die Planung von Naturschutzmaßnahmen vor Ort als
auch die Programmierung der europäischen Agrarpo-
litik. Allerdings liegen nur wenige Fallstudien aus ver-
schiedenen Regionen vor. Basierend auf Studien z. B. in
Deutschland, der Schweiz und Großbritannien sowie
auf Experteneinschätzungen wurde vielfach ein Anteil
von mindestens zehn Prozent Brachen und anderer
ökologisch hocheffektiver Maßnahmen als notwendig
für den wirksamen Schutz der biologischen Vielfalt von
Ackerland postuliert (Flade et al. 2003, heNdersoN et
al. 2012, hoFFmaNN & wittcheN 2013; meichtry-
stier et al. 2014, hoFFmaNN & wahreNBerg 2019).
Einige neuere Schätzungen gehen sogar darüber hinaus
(Fachgruppe Vögel der agrarlaNdschaFt 2019,
oppermaNN et al. 2020).
Im europäischen Vogelschutzgebiet Hellwegbörde
in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2001 in verschie-
denen Projekten Vertragsnaturschutzmaßnamen zum
Schutz der Feldvögel umgesetzt und ihre Wirksamkeit
auf der Ebene einzelner Maßnahmenflächen geprüft
(BraBaNd et al. 2006, Joest & illNer 2013, Joest et
al. 2016, Joest 2018).
In dieser Arbeit betrachten wir den Zusammenhang
zwischen dem Anteil der durch den Vertragsnatur-
schutz entstandenen Brachen und der Dichte der Feld-
lerche Alauda arvensis sowie der Arten des nationalen
Agrarvogelindikators auf zwanzig Probeflächen mit
einem Gradienten des Bracheanteils zwischen Null und
50 Prozent. Außerdem vergleichen wir die Feldvogel-
dichte auf Flächen mit einem Bracheanteil von weniger
und mehr als zehn Prozent, einem häufig genannten
Schwellenwert des aus fachlicher Sicht erforderlichen
Flächenanteils. Dies erlaubt es, die Wirksamkeit auch
auf Landschaftsebene zu bewerten und ermöglicht
Aussagen darüber, ob die derzeitigen Maßnahmen
ausreichen, die allgemeinen Ziele zur Erhaltung der
Artenvielfalt und die besonderen Schutzziele für das
Vogelschutzgebiet zu erreichen.
2. Material und Methode
2.1 Untersuchungsgebiet und Auswahl der
Probeächen
Das gut 48.000 ha große Europäische Vogelschutzgebiet
Hellwegbörde liegt im östlichen Nordrhein-Westfalen am
Übergang vom westfälischen Tiefland zum sauerländischen
Mittelgebirge. Es besteht ein Gradient der Bodenproduktivität
von reichen Lössböden der Unterbörde im Norden zu den
flachen und steinigen, kalkhaltigen Böden der Oberbörde und
des Haarstrangs im Süden. Es handelt sich um eine intensiv
genutzte offene Agrarlandschaft. Schutzgegenstand sind die
Brutbestände u. a. von Wiesenweihe Circus pygargus, Rohr-
weihe Circus aeruginosus, Wachtelkönig Crex crex und ande-
rer Vogelarten der Agrarlandschaft (Joest & illNer 2013;
herkeNrath et al. 2015). Im Rahmen eines von der Bun-
desumweltstiftung (DBU) geförderten Projekts wurden hier
seit 2001 verschiedene Vertragsnaturschutzmaßnahmen zur
Verbesserung der Lebensraumqualität von Feldvögeln entwi-
ckelt (BraBaNd et al. 2006). Seit 2005 werden sie im Rahmen
einer lokalen Vereinbarung zur Umsetzung der Schutzver-
pflichtungen für das Vogelschutzgebiet weitergeführt und
seit 2007 durch landesweite (EU-kofinanzierte) Angebote
Abb. 1: Lage der Probef lächen (je 1 km2 bzw. 100 ha) im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde (grün), Nordrhein-Westfalen. –
Location of the study plots (1 km2/100 ha) within the SPA Hellwegbörde, North Rhine-Westphalia (green).
VOGELWELT 140: 83 – 92 (2020) 85
im Rahmen des Kulturlandschaftsprogramms des Kreises
Soest ergänzt. Maßnahmentypen sind selbstbegrünende oder
mit geeignetem Saatgut eingesäte Brachen, sowie der exten-
sivierte Anbau von Sommer- und Wintergetreide (Joest 2018,
LANUV 2020). Der Flächenumfang der Vertragsnaturschutz-
maßnahmen in dem größten, im Kreis Soest gelegenen Teil
des Gebiets (41.000 ha) hat zwischen 2001 und 2019 von Null
ha auf ca. 1.500 ha (rd. 3,7 %) kontinuierlich zugenommen. Im
Jahr 2019 waren hiervon ca. 450 ha (rd. 1,1 %) sich selbstbe-
grünende Brachen und ca. 330 ha (rd. 0,8 %) Einsaatbrachen.
Die Untersuchung erfolgte auf 20 je 1 km2 (100 ha) großen
Probeflächen der offenen Agrarlandschaft (Anteil Gebäude
etc. unter zehn Prozent) in prioritären Maßnahmenräumen
und Kernfreiräumen des Vogelschutzgebiets Hellwegbörde
(Abb. 1, Abb. 4). Die Flächenauswahl folgte dem beschrie-
benen Landschaftsgradienten der Bodenproduktivität, um
so eine Spanne unterschiedlicher Bracheanteile erfassen zu
können. Der Anteil der durch den Vertragsnaturschutz ent-
standenen Brachen variierte daher zwischen null Prozent
in der Unterbörde mit guten Böden und rd. 55 Prozent in
der Oberbörde mit armen Böden. Im Jahr 2019 waren 85
Prozent dieser auf den Probeflächen vorhandenen Brachen
als Vertragsnaturschutzfläche (VNS) bzw. als Blühstreifen
(AUKM) finanziell gefördert worden. Für die hier beabsich-
tigte landschaftsbezogene Auswertung wurden die aus diesen
beiden Förderangeboten stammenden Flächen und einige
als Ausgleichsmaßnahme entstandene Brachen auf Grund
ihrer strukturellen Übergänge nicht weiter differenziert. Es
handelt sich i. d. R. um mehrjährige, flächenhaft angelegte
Dauerbrachen oder breite Randstreifen (> 12 m), die nach
Bedarf im Spätsommer oder Herbst teilweise gemulcht wur-
den (LANUV 2020).
2.2 Kartierung
Von Ende März bis Mitte Juni 2019 wurde auf allen Probe-
flächen eine Kartierung lebensraumtypischer Brutvögel in
Anlehnung an südBeck et al. (2005) durchgeführt. Dabei
erfolgten vier Begehungen am frühen Morgen und eine in
der Abenddämmerung zur Erfassung des Rebhuhns Perdix
perdix mit einer Klangattrappe. Die Kartierung erfolgte
überwiegend entlang der Wege und Randstrukturen. An der
Erfassung waren zwei Beobachter beteiligt, die jeweils acht
(RJ) bzw. zwölf (AK) Flächen bearbeiteten. Um systematische
Erfassungsunterschiede zu vermeiden, erfolgten mehrere
gemeinsame Begehungen und wiederholter Austausch im
Gelände. Dabei wurde ein Revier gewertet, wenn ein Vogel
bei mindestens zwei der Begehungen am selben Ort in einem
artspezifischen Zeitrahmen territoriales Verhalten zeigte.
Zusätzlich kartierten wir die landwirtschaftliche Nutzung
sowie lineare Strukturelemente wie Hecken und Baumreihen,
unbefestigte Wege und asphaltierte Straßen.
2.3 Statistische Auswertung
Diese Auswertung konzentriert sich auf die Feldlerche als
häufig verwendete Indikatorart für die Lebensraumbedin-
gungen in Agrarlandschaften. Da die übrigen Arten in den
meisten Fällen eine deutlich geringere Dichte erreichten,
wurde zusätzlich die Gesamtdichte aller Arten des nationalen
Indikators der Agrarvögel im Indikator „Artenvielfalt und
Landschaftsqualität“ (wahl et al. 2017) betrachtet. Dieser ist
auch in der naturschutzpolitischen Diskussion von Bedeu-
tung. Neben der Feldlerche waren dies von den zehn Arten
des repräsentativen Artensets Grauammer Emberiza calan-
dra, Kiebitz Vanellus vanellus und Goldammer Emberiza cit-
rinella. Davon war die Feldlerche die am stärksten vertretene
Art, während Grauammer und Kiebitz nur selten vorkamen
(siehe Ergebnisse). Daher wurde neben der Gesamtdichte der
vier Indikatorarten (Reviere/100 ha) die Feldlerche (Reviere/
100 ha) separat ausgewertet.
Die kartographischen Auswertungen erfolgten unter Ver-
wendung von QGIS 3.8.1. Aufgrund der großen Anzahl
der erfassten Nutzungsparameter und ihrer Interaktionen
wurden die Flächennutzung (Flächenanteil in Prozent der
Probefläche a 100 ha) wie folgt zusammengefasst: Es wur-
den nur Nutzungstypen betrachtet, die auf mindestens zehn
Parzellen oder mit einem Anteil von mehr als fünf Prozent
der Gesamtfläche angebaut wurden. Die Wintergetreidear-
ten Gerste, Weizen und Triticale wurden zusammengefasst.
Dazu wurden jeweils die Anteile von Brache, Grünland
(vglsw. extensiv genutzte Grünlandreste), Mais (in einem
Fall biologisch), Wintergetreide und Raps erhoben. Eben-
falls wurden Strukturelemente wie Feldgehölze, Hecken und
Baumreihen als lineare Gehölzstrukturen zusammengefasst
(Länge in km). Zusätzlich wurden folgende lineare Struk-
turen (Länge in km) berücksichtigt: Asphaltierte Straßen,
unbefestigte Wege. Darüber hinaus wurden alle Variablen
verworfen, die mit dem Flächenanteil Brache statistisch
korrelierten (siehe unten). Der Parameter Bodenprodukti-
vität wurde basierend auf der Bodenwertzahl aufgenommen
(Mittelwert der angegebenen Spanne, Quelle: Geoportal
NRW 2020).
In einem ersten Schritt wurden diese Variablen paarweise
mit der im Fokus liegenden Variable Brache mittels Spear-
man-Rangkorrelationen (rs) auf starke Interkorrelationen
(|rs| ≥ 0,5, |p| < 0,05) überprüft (dormaNN et al. 2013).
Wintergetreide (rs = -0,67; p = 0,001), Mais (rs = -0,56; p
= 0,011) und die Bodenwertzahl (rs = -0,74; p < 0,001) kor-
relierten signifikant negativ mit Brache und wurde daher
von den weiteren Analysen ausgeschlossen. In einem zweiten
Schritt wurden nun die verbliebenden Variablen auf deren
paarweise Korrelation überprüft, wobei das Ausschlusskri-
terium von (|rs| ≥ 0,5, |p| < 0,05) nicht erreicht wurde. Die
Lage der Flächen zueinander wurde im Zusammenhang mit
den Bodenwerten auf räumliche Autokorrelation überprüft
(Abbildung 1), Funktion „Moran.I“ des „ape“ –Pakets v.
5.4-1 (paradis & schliep 2019). Der Test ergab eine zwar
signifikante, aber nur marginale Korrelation (I = 0,05, p =
0,032), d. h. die Flächen liegen nicht komplett zufällig verteilt,
sondern geringfügig gruppiert zueinander (Abb. 1). Es wurde
daher keine Anpassung dafür vorgenommen.
Um den Einfluss der Nutzung (Brache, Grünland, Raps)
und der linearen Strukturen (Gehölzstrukturen, Straßen
und Wege) jeweils einzeln auf die Revierdichte zu betrach-
ten, wurden generalisierte lineare Modelle (GLM) berechnet.
Hierbei haben wir den Anteil Brache als erklärende Variable
allein und in Kombination mit jeweils einem der anderen
Parameter verwendet. Eine Überprüfung der Modelle mit
der Funktion „dispersiontest“ des „AER“-Pakets v. 1.2-9
(kleiBer & zeileis 2008) ergab Überdispersion (Residuen-
devianz signifikant größer als die residualen Freiheitsgrade).
Um die Überdispersion zu berücksichtigen, wurden Skalen-
anpassungen vorgenommen, in dem anstatt einer Poisson-
Verteilung nun eine Negativ-binomial Verteilung der Daten
86 A. KRÄMER et al.: Erfolgskontrolle von Vertragsnaturschutz maßnahmen für Feldvögel
angenommen wurde. Daher haben wir die Funktion „glm.
nb“ des „MASS“-Pakets v. 7.3-51.5 verwendet (VeNaBles &
ripley 2002). Diese Modellauswahl gegenüber den Model-
len mit Poisson-Verteilung wurde mittels AIC-Wertabgleich
überprüft.
Als alternative Ansätze zur Berücksichtigung der Überdis-
persion wurden sog. robuste Poisson-Modelle und Mehrebe-
nen-Regressionsmodelle (sog. gemischte bzw. hierarchische
Modelle) mit der Beobachtungsebene im Zufallseffekt-Teil
des Modells (sog. observation-level random-effects) getestet.
Diese lieferten ähnliche Ergebnisse wie der gewählte Ansatz
mit Negativ-binomial Verteilung.
Die Regressionsmodelle wurden über Quantil-Quantil-
Diagramme und Residuendiagramme mit Erwartungs- und
Beobachtungswerten mit dem Paket DHARMa v. 0.3.3.0
(hartig 2020) validiert. Um für die verwendeten Modelle
Bestimmtheitsmaße zu errechnen, haben wir einen gene-
ralisierten, bzw. Pseudo-R-Quadrat-Wert (pseudoR2) nach
Nagelkerke mit der Funktion „r.squaredLR“ des „MuMin“
– Pakets v. 1.43.17 berechnet (BartoN 2020). Diese ange-
passten Bestimmtheitsmaße basieren auf der Maximum-
Likelihood-Schätzung und werden somit nicht durch das
Verhältnis von erklärter zu unerklärter Varianz errechnet,
können aber genau wie ein normales Bestimmtheitsmaß
einen Wert zwischen 0 und 1 erreichen. Diese hier berech-
neten pseudo-R-Quadratwerte sind also ähnlich interpre-
tierbar, wobei ein Wert von 1 bedeutet, dass das Modell die
Variabilität vollständig erklären kann.
Für den Vergleich der Revierdichte auf Probeflächen mit
mehr oder weniger als zehn Prozent Bracheanteil wurde
mit dem Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung und dem
Levene-Test auf Varianzhomogenität geprüft. Beide Parame-
ter waren nicht normal verteilt. Der Stichprobenumfang war
ungleich groß (n = 12 für Flächenanteil Brache ≤ 10 % und
n = 8 für für Flächenanteil Brache >10 %). Aus diesem Grund
wurde im folgenden Schritt der Wilcoxon Rangsummen-
Test (äquivalent: Mann-Whitney-U-Test) ver wendet, um auf
signifikante Gruppenunterschiede zu testen (|p| ≤ 0,05). Alle
statistischen Analysen wurden mit R Version 4.0.3 (r core
team 2020) durchgeführt.
3. Ergebnisse
Die häufigsten angebauten Kulturen waren Winter-
getreide mit einem durchschnittlichen Flächenanteil
(Median) von 53 % (19-77 %), gefolgt von Raps mit
8 % (0-36 %), Mais mit 8 % (0-28 %) und Grünland
mit 0,5 % (0-7 %). Der Bracheanteil variierte zw ischen
null und 54 %. Er nahm mit steigender Bodenwert-
zahl und einem zunehmenden Flächenanteil von
Wintergetreide und Mais signifikant ab (s. o.). Von
Tab , 1: Ergebnisse der statistischen Modelle (GLM, Negative-Binomial-Fehlerstruktur) zum Einfluss der Nutzung und
linearer Strukturen auf die Siedlungsdichte (Reviere/100 ha) der Feldlerche für 20 Probeflächen in der Hellwegbörde, Das
Testniveau zur Signifikanz wurde festgesetzt auf |p| < 0,05, – Model results (GLM; Negative-binomial error structure); for
the inuence of land use on the density of skylarks on 20 study plots in the Hellwegbörde, Treshold of signicant testing was
set to
|
p
|
< 0.05,
Parameter Estimate SE z P theta pseudoR2
Model 1
(Intercept) 2,165 0,177 12,218 < 0,001 3,583 0,43
Brache – Fallow 3,125 0,805 3,884 < 0,001
Model 2
(Intercept) 2,076 0,184 11,280 < 0,001 4,092 0,47
Brache – Fallow 2,990 0,766 3,904 < 0,001
Grünland – Grassland 6,933 5,724 1,211 0,226
Model 3
(Intercept) 2,049 0,223 9,204 < 0,001 3,709 0,44
Brache – Fallow 3,119 0,796 3,919 < 0,001
Rapsanbau – Rape 0,975 1,223 0,797 0,425
Model 4
(Intercept) 3,182 0,447 7,115 < 0,001 5,909 0,56
Brache – Fallow 2,897 0,667 4,342 < 0,001
Straßen – Paved Road -0,366 0,151 -2,416 0,016
Model 5
(Intercept) 2,003 0,244 8,217 < 0,001 3,691 0,45
Brache – Fallow 3,228 0,794 4,063 < 0,001
Feldwege – Dirt Road 0,152 0,173 0,878 0,380
Model 6
(Intercept) 2,531 0,271 9,330 < 0,001 4,458 0,50
Brache – Fallow 3,262 0,745 4,377 < 0,001
Lineare Gehölzstrukturen –
Linear Groves
-0,324 0,187 -1,730 0,084
VOGELWELT 140: 83 – 92 (2020) 87
Tab . 2 : Ergebnisse der der statistischen Modelle (GLM, Negative-Binomial-Fehlerstruktur) zum Einfluss der Nutzung
und linearer Stru kturen auf die Sied lungsdichte (Reviere/100 ha) der Arten des Agra rvogelindik ators für 20 Probef lächen
in der Hellwegbörde. Das Testniveau zur Signifikanz wurde festgesetzt auf |p| < 0,05. – Model results (GLM; Negative-
binomial error structure) for the inuence of land use on the density of farmland bird indicator species on 20 study plots in
the Hellwegbörde. Treshold of signicant testing was set to
|
p
|
< 0.05.
Parameter Estimate SE z P theta pseudoR2
Model 1
(Intercept) 2,513 0,134 18,712 < 0,001 6,835 0,41
Brache – Fallow 2,721 0,602 4,519 < 0,001
Model 2
(Intercept) 2,405 0,127 18,904 < 0,001 10,873 0,63
Brache – Fallow 2,525 0,509 4,958 < 0,001
Grünland – Grassland 8,446 3,780 2,234 0,026
Model 3
(Intercept) 2,501 0,169 14,771 < 0,001 6,830 0,63
Brache – Fallow 2,720 0,604 4,505 < 0,001
Rapsanbau – Rape 0,102 0,977 0,104 0,915
Model 4
(Intercept) 3,378 0,330 10,223 < 0,001 12,642 0,63
Brache – Fallow 2,514 0,487 5,164 < 0,001
Straßen – Paved Road -0,307 0,112 -2,735 0,006
Model 5
(Intercept) 2,388 0,184 12,948 < 0,001 7,084 0,51
Brache – Fallow 2,777 0,593 4,682 < 0,001
Feldwege – Dirt Road 0,122 0,131 0,929 0,353
Model 6
(Intercept) 2,625 0,223 11,792 < 0,001 7,078 0,50
Brache – Fallow 2,736 0,599 4,571 < 0,001
Lineare Gehölzstrukturen –
Linear Groves
-0,092 0,151 -0,610 0,542
den vorhandenen Brachen sind 85 % im Rahmen des
Vertragsnaturschutzes bzw. als Agrarumweltmaß-
nahmen angelegt worden. Sonstige Extensivierungs-
maßnahmen wurden auf nur einer Fläche mit 17 %
extensiviertem Sommergetreide im nennenswerten
Umfang realisiert.
Insgesamt wurden auf den 20 Probeflächen (je
100 ha) 386 Brutreviere der Indikatorarten erfasst:
Feldlerche 297 (1-37/100 ha, 20 Flächen), Goldammer
76 (0-13/100 ha, 16 Flächen), Kiebitz zehn (0-6/100 ha,
4 Flächen) und Grauammer drei (0-1/100 ha, 3 Flä-
chen) Reviere.
Der Bracheanteil hatte sowohl allein als auch in
Kombination mit anderen Parametern einen signifi-
kant positiven Einfluss auf die Dichte der Feldlerche
und die Gesamtdichte der Indikatorarten. Ihre Dichte
nahm also mit steigendem Bracheanteil zu (Abb. 2,
Tab. 1 und 2). Auch ein zunehmender Grünlandan-
teil wirkte sich signifikant positiv auf die Dichte der
Indikatorarten, sowie positiv, jedoch nicht signifikant
auf die Dichte der Feldlerche aus. Die Länge der befes-
tigten Straßen wirkte sich negativ auf die Dichte der
Feldlerche und der Agrarvogelindikatorarten aus. Die
übrigen Parameter hatten für sich genommen keinen
signifikanten Einfluss, verbesserten aber zum Teil die
Qualität der Modelle (Tab. 1 und 2).
Probeflächen mit einem Bracheanteil von weniger als
zehn Prozent wiesen mit durchschnittlich elf (10,6 ±
SE 1,4) Revieren der Indikatorarten und acht (7,6 ± SE
1,5) Revieren der Feldlerche eine signifikant geringere
Vogeldichte auf als Flächen mit höherem Bracheanteil.
Hier wurden durchschnittlich 30 Reviere (29,9 ± SE
3,4) der Indikatorarten und 24 Reviere (23,6 ± SE 3,5)
der Feldlerche erfasst (Abb. 3).
4. Diskussion
Unsere Ergebnisse zeigen, da ss die Dichte der Feldlerche
und der Arten des Agrar vogelindikators Feldvögel mit
dem Flächenanteil der Brachen und des Grünlandes
zunahm. Zudem korrelierte der Flächenanteil Brache
wie erwartet signifikant negativ mit dem Flächenan-
teil von Getreide und Mais. Probeflächen mit einem
Bracheanteil von mehr als zehn Prozent wiesen auf der
Landsch aftsebene eine fast d reimal (2,8 bzw. 3,1-fach) so
hohe Dichte der Indikator vogelarten und der Feldlerche
88 A. KRÄMER et al.: Erfolgskontrolle von Vertragsnaturschutz maßnahmen für Feldvögel
auf wie Probef lächen mit geringerem Bracheanteil.
Diese Ergebnisse fügen sich nahtlos in die vorhandene
Literatur ein (heNdersoN et al . 2000, 2012; JerreNtrup
et al. 2 017, hoFFmaNN 2019, hoFFmaNN & wahreN-
Berg 2019, traBa & morales 2019; Busch et al. 2020).
Brachen weisen zur Brutzeit je nach Standort, Einsaat
und Pflege vielfältige Vegetationsstrukturen auf. Auf-
grund des Verzichts auf Pestizide und Dünger sind
die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Nahrung
höher als auf bewirtschafteten Feldern. Während der
Brutzeit sind Bruten vor Verlusten durch Bodenbear-
beitung, Ma hd oder Ernte geschützt. Brachen erlauben
im Verlauf der Brutsaison, wenn die Kulturpflanzen
für Bodenvögel zu dicht und hoch aufwachsen, späte
Bruten bzw. Zweit- oder Ersatzbruten. Das wenige vor-
handene Grün land hat bei geringer Nutzungsintensität
eine ähnliche Funktion wie die Brachen.
Auf die negativen Auswirkungen des zunehmenden
Maisanbaus auf die Vögel der Agrarlandschaft wurde
vielfach hingewiesen, insbesondere im Zusammenhang
mit der Ausweitung des Anbaus als Energiepflanze
und die damit einhergehende Verdrängung von Bra-
chen und Grünland. Maisfelder bieten für die meisten
Feldvögel keine geeigneten Lebensräume. Auch wenn
einzelne Arten wie der Kiebitz regelmäßig auch auf
Maisfeldern brüten, ist ihr Bruterfolg aufgrund von
Nestverlusten durch die Bodenbearbeitung, mangeln-
dem Schutz vor Beutegreifern und einem geringeren
Nahrungsangebot vielfach gering (eraud & BoutiN
2002; hötker et al. 2009, hoFFmaNN & wittcheN
2013; sauerBrei et al. 2014).
Die Länge der Landschaftselemente, geteerte Stra-
ßen und Baumreihen, waren erwartungsgemäß negativ
mit der Dichte der Indikatorarten (nur Straßen) und
der Feldlerche korreliert. Dieser Effekt beruht bei den
Straßen neben der direkten Sterblichkeit in erster Linie
auf der Fragmentierung des Lebensraums, sowie opti-
schen und insbesondere akustischen Störungen durch
Lärm (garNiel et al. 2007, kociolek et al. 2011). Als
Bodenbrüter zeigen Feldlerchen zudem ein ausge-
prägtes Meideverhalten gegenüber Baumreihen und
Hecken, welches letztlich der Vermeidung von Prä-
datoren dient (oelke 1968).
Die Frage, welcher Flächenanteil geeigneter Maß-
nahmen für die Erhaltung der Vogelbestände notwen-
dig ist, ist sowohl für die Planung von Maßnahmen
im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde (herkeNrath et
al. 2015) als auch für die Ausgestaltung der gemein-
samen Agrarpolitik der EU (GAP) von entscheiden-
der Bedeutung. Basierend auf verschiedenen Studien
und Experteneinschätzungen wurde für konventio-
nell bewirtschaftete Agrarregionen vielfach ein Anteil
von mindestens zehn Prozent als notwendig erachtet
(Flade et al. 2003, heNdersoN et al. 2012, hoFFmaNN
Abb. 2: Zus ammenhang zw ischen dem Bracheantei l (%) und
der Dichte (Rev iere/100 ha) der Agra rvogel-Indik atorarten
(a) und der Feldlerche (b) auf 20 Probeflächen (100 ha) in
der Hellwegbörde. Die Regressionssteigungen wu rden unter
Verwendung eines einzelnen Prädiktor-GLM angepasst
(vgl. Tab. 1 und 2). – Relationship between the proportion of
set aside l and and the density (Territor ies/100 ha) of farmland
bird indicator s pecies (a) and skylark s (b) on 20 study plot s in
the SPA Hellwegbörde. e reg ression slopes were t ted using
a single predictor GLM (see tab. 1 and 2).
Abb. 3: Dichte (Reviere/100 ha) (Mittelwert ± SE) von a)
der Agrarvogelindikatorarten (W = 6, p = 0,001, Wilcoxon
Rangsu mmen-Test) und b) der Feldlerche (W = 12, p = 0,0 06,
Wilcoxon Rangsummen-Test) auf Probeflächen mit einem
Bracheanteil von weniger als zehn Prozent (< 10 %; n = 12)
und mehr als zehn Prozent (> 10 %; n = 8). Kreuze zeigen
die Gruppenmittelwerte; Sternchen indizieren sign ifikante
Gruppenuntersc hiede. – Density (Mean ± SE) of a) farmland
bird indicator species (W = 6, p = 0.001, Wilcoxon rank sum
test) and b) skylarks (W = 12, p = 0.006, Wilcoxon rank sum
test) on study plots with less than ten percent (n = 12) and
more than ten percent (n = 8) set aside land. Crosses indicate
group means; asterisks highlight signicant dierences.
0
0,1
0,2
0,3
0,5
0,4
0
0,1
0,2
0,3
0,5
0,4
55
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
55
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
a) Indikatorarten
b) Feldlerche
Flächenanteil Brache – proportion of set aside land
Dichte (Reviere/100 ha) – density (territories/100 ha)
50
40
30
20
10
0
50
40
30
20
10
0
a) Indikatorarten b) Feldlerche
≤ 10 >10
(n = 12) (n = 8)
≤ 10 >10
(n = 12) (n = 8)
Flächenanteil Brache – proportion of set aside land (%)
Dichte (Reviere/100 ha) –
density (territories/100 ha)
VOGELWELT 140: 83 – 92 (2020) 89
Abb. 4: Blick in die Probefläche Hemmern-Wiesenberg. Bei einem Bracheanteil von 37 % wurde hier mit 37 Revieren die
höchste Feldlerchendichte erreicht – View of the Hemmern-Wiesenberg study plot. With 37 % set aside land, the highest
skylark density was achieved here with 37 territories. Foto: R. Joest, 05.07.2019
& wittcheN 2013; meichtry-stier et al. 2014). Auf
der Grundlage von Experteneinschätzungen und gut
untersuchten Praxisbeispielen kommen Oppermann et
al. (2020) zu dem Schluss, dass sogar größere Anteile
erforderlich sein können.
Für prioritäre Räume des Vogelschutzgebiets Hell-
wegbörde nennt der Vogelschutzmaßnahmenplan
einen Mindestflächenanteil von Extensivierungs-
maßnahmen von zehn Prozent der Fläche, von denen
mindestens fünf Prozent als Brache ausgeprägt sein
müssen (herkeNrath et al. 2015). Dieser Wert wird
derzeit nur in wenigen Teilgebieten mit unproduktiven
Böden erreicht. Seit 2005 durchgeführte Erhebungen
der Flächennutzung und der Vogelbestände auf acht
der zwanzig hier untersuchten Flächen zeigten, dass der
Vertragsnaturschutz zwar den Wegfall der verpflich-
tenden Flächenstilllegung kompensieren konnte, ohne
dass es jedoch insgesamt zu einer deutlichen Steigerung
der Maßnahmenflächen oder einer Zunahme der Feld-
vogelbestände gekommen ist (Joest 2020). Nach den
hier vorliegenden Ergebnissen sind bei Flächenanteilen
unter zehn Prozent auch allenfalls geringfügige Steige-
rungen der Dichte der Feldlerche und der Arten des
Agrarvogelindikators zu beobachten. Deutlich höhere
Dichten waren erst oberhalb dieses Schwellenwertes
erkennbar.
Unser Beispiel aus dem Vogelschutzgebiet Hellweg-
börde zeigt also, dass mit dem derzeitig im Gebiet vor-
handenen Flächenanteil von durchschnittlich weniger
als vier Prozent Maßnahmenflächen (Brachen > 2 %)
allenfalls der zurzeit unbefriedigende Status quo erhal-
ten werden kann. Die freiwilligen Maßnahmen stoßen
derzeit Aufgrund der Abhängigkeit von den Bedin-
gungen der Agrarmärkte, den politischen und wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen und aufgrund der
hohen finanziellen und administrativen Kosten in die-
ser intensiv genutzten Agrarlandschaft an ihre Gren-
zen. So waren in der Hellwegbörde die in Nordrhein-
Westfalen derzeit geltenden, vergleichsweise hohen
Ausgleichsvergütungen nur auf besonders unproduk-
tiven Standorten so attraktiv, dass hier nennenswerte
und auf Landschaftsebene wirksame Flächenanteile
von mehr als zehn Prozent erreicht werden konnten.
Um die Attraktivität für Landwirte auch auf besseren
Standorten dauerhaft sicherzustellen, müssen die
Ausgleichszahlungen an die Standortverhältnisse, die
Preisentwicklung und sonstige Rahmenbedingen (z. B.
die konkurrierende Förderung des Energiepflanzenan-
baus) angepasst werden und bestehende administrative
Hürden ausgeräumt werden. Voraussetzung für die
fachgerechte Umsetzung sowohl in naturschutzfach-
licher Hinsicht (z. B. Auswahl geeigneter Flächen und
90 A. KRÄMER et al.: Erfolgskontrolle von Vertragsnaturschutz maßnahmen für Feldvögel
Maßnahmentypen, Pflege etc.) als auch in administ-
rativer Hinsicht ist eine umfassende Erstberatung und
langfristige Betreuung der teilnehmenden Landwirte
(oppermaNN et al. 2018). Ergänzend zu den hochwirk-
samen Brachen und ähnlichen Maßnahmentypen mit
vollständigem Nutzungsverzicht können produktions-
integrierte Extensivierungsmaßnahmen, Erweiterun-
gen der Fruchtfolgen und der biologische Anbau zur
Förderung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft bei-
5. Zusammenfassung
Krämer, A., D. Ott & R. Joest 2020: Landschasbezogene Erfolgskontrolle von Vertragsnaturschutzmaßnahmen für
Feldvögel im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde – Dichte der Feldvögel steigt mit zunehmendem Bracheanteil. Vogelwelt
140: 83 – 9 2.
Die Vögel der Agrarlandschaft, als häufig verwendete Indika-
toren für die biologische Vielfalt insgesamt, gehören deutsch-
land- und europaweit zu den am stärksten zurückgehenden
Arten. Um den Bestandsabnahmen der Feldvögel entgegen-
zuwirken, wurden regional und auf Länderebene verschie-
dene Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM), wie
Brachen und Blühstreifen entwickelt und umgesetzt. Im
Europäischen Vogelschutzgebiet Hellwegbörde werden be-
reits seit 2001 verschiedene Maßnahmentypen angeboten.
Die positiven Auswirkungen von Ackerbrachen auf die Viel-
falt und Anzahl von Feldvögeln ist auf der Ebene einzelner
Maßnahmenflächen gut dokumentiert. Ziel dieser Studie
war es nun, die Auswirkungen des Brachlandanteils auf die
Dichte der Feldvögel auch auf Landschaftsebene zu bewerten.
Hierzu wurde die Dichte der Feldvögel auf 20 je 1 km2 großen
Probeflächen mit einem Bracheanteil zwischen null und über
50 Prozent erfasst. Sowohl die Dichte der Feldlerche Alauda
arvensis als auch die Gesamtdichte der Arten des Agrarvoge-
lindikators nahm mit steigendem Bracheanteil signifikant zu.
Der Schwellenwert von zehn Prozent wird häufig als Zielwert
für den zur Erhaltung der Artenvielfalt notwendigen Anteil
von wirksamen AUKM genannt. Die Feldvögel erreichten
auf Probeflächen mit einem Bracheanteil von mehr als zehn
Prozent eine signifikant höhere Dichte als auf Flächen mit
geringerem Bracheanteil. Der durch AUKM entstandene
Bracheanteil war negativ mit der Bodenqualität korreliert,
was darauf hinweist, dass diese Maßnahmen bisher nur auf
armen Böden wettbewerbsfähig waren.
tragen (Fachgruppe Vögel der agrarlaNdschaFt
2019, saNders & hess 2019).
Dank. J. Brüggeshemke und P. Tappe sowie J. Drüke gaben
wertvolle Anregungen zum Manuskript. R. Höltkemeier dan-
ken wir für die Korrektur der englischsprachigen Textteile. J.
Katzenberger und einem anonymen Gutachter danken wir
für wertvolle Hinweise zur Verbesserung des Manuskriptes.
Abb. 5: Die Feld lerche ist eine Chara kterart der Ag rarlandscha ft. Durch geeig nete Agraru mweltmaßna hmen kön nen sie und
viele andere Tiere u nd Pfla nzen der Felder gefördert werden . Um wirk sam zu werden müssen dies e Maßnahmen jedoch ei nen
ausreichenden Flächenanteil in der Landschaft erreichen. – e skylark is a characteristic species of agricultural landscapes.
Suitable agri-environmental measures can support them and many other animal and plant species. In order to be eective,
however, these measures must achieve a sucient proportion of the landscape. Foto: M. Schäf
VOGELWELT 140: 83 – 92 (2020) 91
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E-Mail: alina.kraemer@gmx.de
David Ott, Zentrum für Biodiversitätsmonitoring,
Zoologisches Forschungsmuseum Alexander
König, Adenauerallee 160, D-53113 Bonn und AG
Tierökologie und multitrophische Interaktionen,
Institut für Landschaftsökologie, Westfälische
Wilhelms-Universität Münster, Heisenbergstr. 2,
D-48149 Münster, E-Mail: ottd@uni-muenster.de
Ralf Joest, Arbeitsgemeinschaft Biologischer
Umweltschutz, Biologische Station Soest, Teich-
straße 19, D-59505 Bad Sassendorf Lohne;
E-Mail: r.joest@abu-naturschutz.de