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Mobiles Arbeiten und Corona
Eine Befragung in fünf Landesbehörden NRWs
Martina Eckert
Kontakt
Mobiles Arbeiten und Corona
Eine Befragung in fünf Landebehörden NRWs
Prof. Dr. Marna Eckert
Hochschule für Polizei und öentliche Verwaltung NRW
Studienort Dortmund
Hiltropwall 4-12 | 44137 Dortmund
Telefon +49 151 5241 5680
martina.eckert@hspv.nrw.de
Institut Verwaltung im Wandel e.V.
Meesmannstraße 8 | 58456 Witten
www.viwa.nrw |
institut@viwa.nrw | Telefon +49 2302 27 77 00
Fotos | Eckert
Witten im Juli 2021
Zitation: Eckert, M. (2021). Mobiles Arbeiten und Corona. Eine Befragung in fünf
Landesbehörden NRWs. Witten: Institut ViWa e. V.
1
Im Frühjahr 2020 sah sich die Landesverwaltung NRW wie
viele andere Behörden, Einrichtungen und Institutionen
gezwungen, sich spontan auf flexible Arbeitszeitmodelle
einzustellen. Wegen der Covid-19 Pandemie wurden ver-
schiedene Formen der mobilen Arbeit sowie klassische
Telearbeitsformen jenseits bestehender Dienstvereinbarun-
gen erweitert oder etabliert. Daraus ergaben sich vielfälti-
ge Herausforderungen für Führungskräfte und Mitarbei-
tende. Insbesondere für Familien mit Kindern war parallel
zur Arbeit im Homeoffice zeitweise die Kinderbetreuung
sicherzustellen.
Studien belegen, dass die Zwangslage allerorten die digita-
len Fähigkeiten erweitern sowie die Akzeptanz gegenüber
flexiblen Arbeitsformen und digital unterstützten Arbeits-
methoden erhöhen konnte (DAK, 2020).
Der Zeitpunkt für die Erhebung von Umstellungseffekten
war günstig. Die spezifischen Erfahrungen in der Landes-
verwaltung Nordrhein-Westfalens konnten Dank der Un-
terstützung von 5 Landesbehörden bei einer sehr kurzen
Vorlaufzeit von acht Wochen im zweiten Halbjahr 2020 im
Rahmen eines Forschungsprojektes erhoben werden.
Es beteiligten sich zwei Landesministerien, eine Bezirksre-
gierung und zwei nachgeordnete Behörden.
Den Behörden wurde im Juli 2020 der Entwurf des Erhe-
bungsinstruments vorgelegt, welcher schließlich in Ab-
stimmung mit den Personalvertretungen durch die jeweili-
gen Behördenleitungen genehmigt wurde.
Das Dezernat 14 der Hochschule für Polizei und öffent-
liche Verwaltung NRW unterstützte bei der Überführung
der Items in ein Online-Instrument (EvaSys). Der beson-
dere Dank der Autorin gilt Dr. Roland Howanietz, Stefan
Lütkenhorst und Dr. Dirk Weimar.
Die Daten wurden zwischen dem 19. August 2020 und
dem 3. November 2020 erhoben.
Die Studie ist Bestandteil des Forschungsschwerpunkts
„Mobile Arbeit in der Landesverwaltung“ von Prof. Dr.
Martina Eckert und das zweite Projekt, das sich mit diesem
Thema intensiv beschäftigt. Im ersten Teilprojekt wurden
die Dienstvereinbarungen von 15 Landesbehörden NRWs
analysiert und die Charakteristika, Unterschiede und Ge-
meinsamkeiten in einer Handreichung zusammengetragen
(Eckert, 2020b). Dort wurde u. a. die Ausweitung der
Perspektive auf organisationskultürliche Gesichtspunkte
und das Gesundheitsmanagement empfohlen. Die Handrei-
chung erschien im August 2020. Bezug: Institut Verwal-
tung im Wandel e. V., Witten, www.viwa.nrw.
Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW (HSPV NRW) förderte das Forschungsprojekt
Teil 1 „Virtuelle Zusammenarbeit, Ansätze und Nutzen in der Verwaltungspraxis NRW“ zwischen Novem-
ber 2019 und Oktober 2020 und das Forschungsprojekt Teil 2 „Erfahrungen mit Telearbeit/Mobiler Arbeit
während der Covid-19 Maßnahmen“ zwischen September 2020 bis September 2021 im Rahmen der
„Förderlinie Einzelprojekt“ durch Ermäßigung des Lehrdeputats um zwei Unterrichtseinheiten pro Woche
(2 Mal 76 Lehrveranstaltungsstunden) und Sachmittel in Höhe von insgesamt 1.000 Euro.
Fünf Landesbehörden, die bereits das Forschungsprojekt 1 unterstützt hatten, haben dank kurzfristiger
Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse in den Ressorts sichergestellt, dass die Befragung noch vor Wirk-
samwerden der zweiten Covid-19 Welle auf den Weg gebracht werden konnte.
Danke für Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung!
Prof. Dr. Martina Eckert
Forschun gsprojekt
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Prof. Dr. Martina Eckert | HSPV NRW
Vorwor t
2
3
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Inhal t
1 Erhebungskontext und Schprobe 5
2 Ergebungsinstrument und Auswertungsstrategie 8
3 Erfahrung mit mobiler Arbeit vor und während der Pandemie 9
3.1 Wünsche zu mobiler Arbeit im Normalbetrieb 11
3.2 Gründe für mobiles Arbeiten nach der Pandemie 14
4 Mobiles Arbeiten während der Pandemie - Eekte 15
4.1 Teamqualität 15
4.2 Teamqualität - Vorerfahrungen mit mobiler Arbeit 16
4.3 Teamqualität - Gruppenvergleiche 17
4.4 Belastung 20
4.5 Belastung - Vorerfahrungen mit mobiler Arbeit 21
4.6 Gesundheitsbezogene Belastung 23
4.7 Belastung durch das Zusammenspiel von Privat- und Berufsleben 24
4.8 Umstellungsbezogene Belastungen 24
The matisc her Sc hwerpunkt
Mobiles Arbeit lässt sich aus vielfältigen Perspektiven betrachten. Im Herbst 2020 standen ar-
beitsrechtliche Aspekte im Vordergrund, als Bundesarbeitsminister Hubertus Heil das Recht auf
das Arbeiten im Homeoffice einführen wollte.
Die vorliegende Untersuchung hat einen psychologischen Schwerpunkt. Sie beleuchtet, welche
Rolle das Team, Führung und das Selbstmanagement beim mobilen Arbeiten spielen und welche
team- und belastungsbezogenen Effekte durch die Pandemiemaßnahmen zu verzeichnen waren.
Darüber hinaus ist für die Verwaltungspraxis natürlich besonders spannend zu erfahren, wel-
chen Nutzen Beschäftigte mit mobiler Arbeit assoziieren und in welchem Ausmaß sie sich nach
der unfreiwilligen, komprimierten Erfahrung während der Covid-19 Pandemie eine Ausweitung
oder eine spezifische Ausgestaltung mobiler Arbeit wünschen.
4
4. 9 Digitaler Kompetenzzuwachs und Akzeptanz 26
4.10 Digitale Kompetenz, Akzeptanz und Vorerfahrung 26
4.11 Führungsbezogene Aspekte mobiler Arbeit 27
4.12 Führung und Vorerfahrungen mit mobiler Arbeit 28
4.13 Das Entwicklungspotenzial der Behörde 29
4.14 Die Rolle der Vorerfahrung für die Potenzialbewertung der Behörde 30
4.15 Behördenbezogene Empfehlungen 32
5 Psychologische Einussfaktoren 34
5.1 Das Bedürfnis nach sozialem Anschluss - Teamqualität 37
5.2 Das Bedürfnis nach sozialem Anschluss - Belastung 38
5.3 Abgrenzung zwischen Beruichem und Privatem - Teamqualität 39
5.4 Abgrenzung zwischen Beruichem und Privatem - Belastung 40
5.5 Digitaler Kompetenzzuwachs - Teamqualität 41
5.6 Digitaler Kompetenzzuwachs - Belastung 42
5.7 Posives Resümee - Teamqualität 43
5.8 Posives Resümee - Belastung 44
5.9 Digitale Führungskompetenz - Teamqualität 45
5.10 Digitale Führungskompetenz - Belastung 46
5.11 Die Rolle der Dienstvereinbarung 48
6 Kommentare und Anmerkungen 51
7 Diskussion 55
Literatur 58
Anhang 60
Inhal t
5
Insgesamt nahmen 1.558 Personen an der Befragung teil.
Tabelle 1 und Tabelle 2 fassen die wesentlichen Merkmale
zusammen. Aufgrund fehlender Werte variiert die Stich-
probengröße in einzelnen Datensätzen.
1 Er hebungs kontext u nd Stichprobe
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Häugkeit Prozent
Ministerien NRW 409 26,3
Bezirksregierung 565 36,4
Nachgeordnete Behörden 580 37,3
gesamt 1554 100
männlich 734 47,3
weiblich 810 52,2
divers 8 0,5
Gesamt 1552 100
GESCHLECHT
BEHÖ RDEN
Tabelle 1: Stichprobe - Behörden und Geschlecht
6
Tabelle 2: Stichprobe - Alter, Beschäftigungsform, Kinder und Pflege
Häugkeit Prozent
20-30 183 11,8
31-40 424 27,3
41-50 385 24,8
51-60 446 28,7
älter als 60 116 7,4
Gesamt 1554 100
Teilzeit 313 20,2
Vollzeit 1235 79,8
Gesamt 1548 100
Führungskra, LG 2.2 254 16,4
ohne Führungsverantwortung 1153 74,4
Führung in der LG 2.1. 143 9,2
Gesamt 1550 100
Kinder im eigenen Haushalt 485 31,2
keine Kinder im eigenen Haushalt 1000 64,4
69 4,4
Gesamt 1554 100
pegebedürige Personen im Haushalt 80 5,2
keine pegebedürigen Personen im
Haushalt 1372 88,4
zeitweise Betreuung Pegebedüriger 99 6,4
Gesamt 1551 100
ALTER
BESCHA FTIGUNG
KINDER
PFLEGE
FU HRUNG
7
Geschlecht: 47,3 % der Befragten waren männlich,
52,2% weiblich. 8 Personen wählten „divers“ als Ge-
schlechtsangabe (0,5 %).
Alter: Die 51-60Jährigen bilden die größte Befragtengrup-
pe (28,7 %), gefolgt von den 31-40Jährigen (27,3 %). Die
20-30Jährigen sind in der Stichprobe unterrepräsentiert
(11,8 %).
Beschäftigung: Der überwiegende Teil der befragten
Personen ist in Vollzeit tätig (79,3 %).
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Führung: 25,6 % der Befragten haben in der Laufbahn-
gruppe 2.2 (16,4 %) oder der Laufbahngruppe 2.1 (9,2 %)
Führungsverantwortung.
Kinder: Etwa ein Drittel (31,2 %) der Befragten betreuen
Kinder im eigenen Haushalt, zusätzliche 4,4 % überneh-
men zeitweise die Betreuung von Kindern, z. B. in den
Ferien oder bei Notfällen.
Pflege: Relativ wenige Personen betreuen pflegebedürfti-
ge Personen in ihrem Haushalt (N= 80, 5,2 %). Zeitweise
oder spontan wird von 6,4 % der Befragten die Pflege von
Angehörigen übernommen.
Geschlechtsunterschiede
Über verschiedene Variablen hinweg zeigen sich Ge-
schlechtsunterschiede. So ist der Anteil der Frauen unter
Teilzeitbeschäftigten gegenüber dem der Männer deutlich
erhöht: 6,3 % der Männer arbeiten in Teilzeit und 32,9 %
der Frauen. Beschäftigte mit der Geschlechtsangabe divers
arbeiten zu 12,5 % in Teilzeit.
Der Anteil der weiblichen Führungskräfte liegt in der Lauf-
bahngruppe 2.2 bei 42,1 % (0 % für divers) und in der
Laufbahngruppe 2.1. bei 38 % (0,7% für divers). Das
heißt, unter männlichen Beschäftigten haben 20,1 % eine
Führungsposition in der Laufbahngruppe 2.2 und 11,9 %
in der LG 2.1 inne, während dies für weibliche Beschäftig-
te nur in 13,2 % der Fälle der LG 2.2 und 6,7 % in der LG
2.1 gilt. Beschäftigte mit der Geschlechtsangabe divers gab
es in der LG 2.2 in der Stichprobe gar nicht. Eine von 8
Personen (also 12,5 %) hat Führungsverantwortung in der
LG 2.1.
Frauen sind in der jüngsten Altersgruppe deutlich überre-
präsentiert (Frauenanteil 60,7 %). Das gleiche gilt für die
Altersgruppe der 51-60Jährigen (Frauenanteil 56,5 %).
27 % der Frauen geben an, dass sie Kinder im eigenen
Haushalt betreuen. Bei den Männern berichten 35,7 %
darüber, dass sie Kinder betreuen.
Unterschiede hinsichtlich der Beschäftigungsform
Der Teilzeitanteil ist bei den Beschäftigten mit Kindern
deutlich höher (36,2 %) als bei Beschäftigten ohne eigene
Kinder im Haushalt (12,9 %) und bei den Personen, die
nur unregelmäßig Kinder betreuen (11,8 %).
Hinsichtlich der Pflege gibt es derlei Unterschiede kaum.
Der Teilzeitanteil liegt in allen Gruppen mit unregelmäßi-
ger, vorhandener und keiner Pflege zwischen 18, 1 %
(unregelmäßig) und 20, 3 % (keine Pflege).
Die Altersgruppe zwischen 41 und 50 Jahren hat den
höchsten Teilzeitanteil (27, 1 %). Es folgen die 51- 60Jäh-
rigen mit 21,8 %, die 31- 40Jährigen und über 60Jährigen
mit je 18,6% und die jüngste Altersgruppe mit nur 6,6 %.
15,1 % der Führungskräfte der LG 2.2 und 12,6 % der
LG 2.1 arbeiten in Teilzeit. Auf
Alter und Führung
Die größte Gruppe der Führungskräfte (N= 397, beide
Laufbahngruppen) ist 51 bis 60 Jahre alt (31 %), weitere
10,1% sind über 60 Jahre alt. 27, 5 % sind zwischen 31
und 40 Jahre alt und 28,2 % zwischen 41 und 50 Jahre alt.
Nur 3,3 % der Führungskräfte sind jünger als 31 Jahre (11
Personen in der LG 2.1 und zwei in der LG 2.2). Das heißt,
über 40 % der Führungskräfte sind älter als 51.
8
2 Er hebungs inst r um ent und Auswer tungsstrat eg ie
Es gibt vielfältige Perspektiven, aus denen sich das Thema
„Flexible Arbeitszeitmodelle“ betrachten lässt. Im Rahmen
des Forschungsprojektes wurden insbesondere psychologi-
sche, belastungs- und motivationsbezogene Gesichtspunkte
sowie die Rolle des Teams (arbeitsbezogene soziale Kon-
takte) und von Führung ins Auge gefasst. Darüber hinaus
wurden praxisrelevante Daten zur Akzeptanz von mobiler
Arbeit, zu den Wünschen der Beschäftigten und den Rah-
menbedingungen in den Behörden erhoben.
Variablen für Gruppenvergleiche
Das Instrument enthielt demografische und biografiespezi-
fische unabhängige Variablen, die für Gruppenvergleiche
hinzugezogen werden (siehe Stichprobe, Tabelle 1 und
Tabelle 2) sowie nominalskalierte Items, die sich zur Ab-
bildung des Status Quo (z. B. Umfang der Erfahrungen mit
Telearbeit vor und während der Pandemie) und der Wün-
sche für die zukünftige Ausrichtung auf Seiten der Beschäf-
tigten eignen.
Die Einschätzungen der Befragten wurden mit Hilfe ver-
schiedener Itemklassen (abhängige Variablen) erhoben:
Teamqualität und Teamleistung (5 Items),
Belastung durch mobiles Arbeiten und Gesundheit
(9 Items)
Einschätzung zum digitalen Kompetenzzuwachs und
Akzeptanz (2 Items),
Führungsbezogene Aspekte mobiler Arbeit (2 Items),
Entwicklungspotenzial der Behörde für mobiles Arbei-
ten (3 Items),
Behördenbezogene Empfehlungen (3 Items),
Relevante persönliche Gründe für mobiles Arbeiten
(7 Items).
Psychologische Faktoren
Aufgrund der großen Stichprobe und einer angemessenen
Streuung konnten im Rahmen der Auswertungsstrategie
einige zusätzliche Variablen für Gruppenvergleiche gene-
riert werden. Diese ermöglichen Vergleiche zwischen Per-
sonengruppen, die sich aufgrund psychologischer Beson-
derheiten unterscheiden. Hierbei handelt es sich um dieje-
nigen,
die an sozialen Kontakten mehr oder weniger stark
interessiert sind (Anschlussbedürfnis),
für die die Trennung zwischen Privat- und Berufsleben
leicht vs. problematisch ist (Segmentierende, vs. Integ-
rierende),
die bezogen auf ihr Privatleben und mobile Arbeit eher
ein positives vs. eine weniger positives Resümee zie-
hen,
ihre digitalen Fertigkeiten während der Pandemie mehr
oder weniger stark erweitern konnten,
Führungskräfte ihrer Behörde bezogen auf Herausfor-
derungen mobiler Arbeit für mehr oder weniger gut
vorbereitet halten.
Anhand der Inhaltsanalyse (Eckert 2020b) ließen sich fer-
ner die aktuell gültigen Dienstvereinbarungen (DV) der 5
Behörden bezüglich ihrer Modernität klassifizieren. Ver-
einbarungen mit Optionen für flexibles und variantenrei-
ches mobiles Arbeiten wurden klassischen DVen (mit
überwiegend festen Telearbeitsvorgaben) gegenüberge-
stellt.
Offene Antworten und Kommentare
Am Ende des Fragebogens machten zahlreiche Befragte
davon Gebrauch, persönliche Kommentare abzugeben. Die
offenen Antworten wurden einer qualitativen Analyse un-
terzogen. Allgemeine Trends werden im Rahmen des Be-
richtes erläutert.
9
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
3 Er fahr ung mit mo biler A rb eit vor und während der Pandemie
Ausmaß und Charakter von mobiler Arbeit werden übli-
cherweise über Dienstvereinbarungen geregelt. Wie be-
reits in der Handreichung „Mobiles Arbeiten in der Lan-
desverwaltung“ (Eckert, 2020b) ausgeführt wurde, unter-
scheiden sich diese hinsichtlich ihrer Grundorientierung.
Einige Dienstvereinbarungen neueren Datums bieten Be-
schäftigten neben der klassischen Telearbeit, die fest ver-
einbarte Tage vorsieht (auf Antrag mit einer Bindung von
ein bis zwei Jahren), auch flexible Arbeitsformen als
„mobile Arbeit“ an. Diese kann kurzfristig in Anspruch
genommen werden.
Während der Pandemie wurde von Dienstvereinbarungen
aus Gründen des Gesundheitsschutzes i. d. R. stark abge-
wichen. Das Ausmaß der Abweichung zwischen etablierten
und pandemiebedingten Arbeitsweisen hat einen eklatan-
ten Einfluss auf die Bewertung der Behörde und weitere
Variablen, obwohl der allgemeine Zuspruch zu mobiler
Arbeit sehr gut ausfällt.
Um sprachliche Wiederholungen zu vermeiden wird im
Folgenenden von mobiler Arbeit als Sammelbegriff gespro-
chen.
Erfahrungen mit mobiler Arbeit vor der Pandemie
Von den Befragten geben 53 % an, dass sie bereits vor
Corona Erfahrungen mit Telearbeit sammeln konnten
(Abbildung 1). Das ist ein überraschend hoher Wert. Die
Inhaltsanalyse des ersten Teilprojektes, in die die offiziel-
len Angaben der Zentral-Abteilungen der Behörden aus
dem Jahr 2019 eingeflossen sind, weist einen Anteil von
ca. 25 % (Range: 9,4 % bis 53 %) aus. Das bedeutet: An
der vorliegenden Befragung nahmen überproportional Per-
sonen teil, die bereits vor der Covid-19 Pandemie Erfah-
rung mit Telearbeit vorweisen konnten. Dieser Selektions-
effekt war bei der späteren Interpretation der Daten zu
berücksichtigen.
Der Umfang mobiler Arbeit entspricht hingegen den gän-
gigen Regelungen. Bis zu 50 % der wöchentlichen Arbeits-
zeit kann in den meisten untersuchten Landesbehörden
(64 %) in Anspruch genommen werden (Eckert, 2020b).
Auch der Anteil derer, die angeben, mobil, d. h. ohne
langfristige Festlegung von Telearbeitstagen zu arbeiten, ist
relativ hoch (47 %). Abbildung 2 fast die Angaben dazu
zusammen.
Ergebnisdarstellung
Die Ergebnisse der Befragung werden in mehreren Schrit-
ten präsentiert:
1. Erfahrungen mit mobiler Arbeit vor Corona, Wün-
sche zu mobiler Arbeit nach Ende der Pandemie
und Gründe für mobiles Arbeiten.
2. Bewertung und Effekte mobilen Arbeitens in Ab-
hängigkeit von Geschlecht, Alter, Beschäftigungs-
art, Betreuungs- und Führungsverantwortung.
3. Gruppenvergleiche bezogen auf psychologische
Faktoren: Interesse an sozialem Austausch (hoch vs.
niedrig), Segmentierende vs. integrierende Fähig-
keiten bezogen auf die Trennung von Privat- und
Berufsleben, Positivität der Grundhaltung gegen-
über mobiler Arbeit (Resümee eher positiv vs. we-
niger positiv), eigener digitaler Kompetenzzuwachs
(hoch vs. gering), digitale Führungskompetenz (gut
vs. noch unzureichend vorbereitet), Modernität der
Dienstvereinbarung (klassisch vs. flexibel)
4. Persönliche Einschätzungen der Befragten - Kom-
mentare und Anmerkungen.
10
Abbildung 1: Klassische Telearbeit vor Corona - U m f a ng
Abbildung 2: Ad-hoc, temporäre, mobile Arbeit vor Corona - Umfang
11
3.1 Wünsche zu mobiler Arbeit im Normalbetrieb
Die Wünsche der Befragten (N= 1.537) nach der zukünfti-
gen Ausgestaltung von mobiler Arbeit sind eindeutig. 85,3 %
wünschen sich mindestens den Erhalt des bisheri-
gen Umfangs bzw. eine Ausweitung. Nur 0,8 % wün-
schen sich weniger mobile Arbeit/Telearbeit, 5,5 % haben
sich noch nicht entschieden.
Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen denjeni-
gen, die in Teil- vs. Vollzeit arbeiten (p > .251). Auch die
Einschätzung von Frauen unterscheidet sich nicht von de-
nen der Männer von oder Personen mit diversem Ge-
schlecht (p > .50).
Führungskräfte
Die Wünsche der Beschäftigen zeigen in Abhängigkeit vom
Faktor Führungsverantwortung ein differenziertes Muster
bei marginaler Signifikanz (Abbildung 3, p < .07), wenn-
gleich auf hohem Niveau.
Beschäftigte ohne Führungsverantwortung (N = 1.139)
wünschen sich zu 87,2 % mindestens genauso viel oder
mehr mobile Arbeit. Beschäftigte, die Führungsverantwor-
tung in der Laufbahngruppe 2.12 (N = 143) inne haben,
bestätigen dies zu 85,3 %, Führungskräfte der Laufbahn-
gruppe 2.2 (N = 251) zu 82,5 %. Führungskräfte der Lauf-
bahngruppe 2.2 können sich mehr Tage pro Woche als
bisher im Homeoffice vorstellen als die der LG 2.1. (p
< .001). Beschäftigte der LG 2.1. arbeiten bereits häufiger
mobil als Beschäftigte der LG 2.2.
Im Verhältnis zu den Beschäftigten ohne Führungsverant-
wortung und zur Gesamtstichprobe haben Führungskräfte
der LG 2.2 hinsichtlich der wochenbezogenen Ausgestal-
tung von mobiler Arbeit keine spezifischen Vorstellungen.
Das heißt, der gewünschte Umfang ist bei allen gleich
groß.
Führung auf Distanz scheint also unter denen, die Füh-
rungsverantwortung inne haben, weitaus stärker akzeptiert
zu sein als von Skeptiker*innen erwartet. In der Untersu-
chung der DAK (2020) berichteten im Jahr 2019 noch
Befragte, dass ihre Führungskräfte zu 75 % Präsenz bevor-
zugen.
Geschlecht
Während sich hinsichtlich des globalen Trends, mobile
Arbeit auszuweiten, beim Geschlecht keine Unterschiede
zeigen, präferieren Männer und Frauen in unterschiedli-
cher Weise wochenbezogene Lösungen. Da die Gruppe
der Befragten, die ihr Geschlecht mit divers angaben, sehr
klein war, ist die Auswertung bezogen auf dieses Kriterium
nicht zulässig. Ergebnisse werden daher nur für Frauen
(N = 730) und Männer (N = 678) berichtet:
Frauen bevorzugen eher drei Tage pro Woche, während
die präferierten Vorstellungen von Männern bei mehr als
drei Tagen im Homeoffice liegen. Die Beschäftigungsform
hat hierauf keinen Einfluss. Die meist präferierte Variante
von Frauen ist die dreitägige Telearbeit unabhängig davon,
ob sie in Teilzeit oder in Vollzeit arbeiten - 44,0 % (drei
Tage) zu 29,5 % (mehr als drei Tage) bei Teilzeittätigkeit
und 42,5 % (drei Tage) zu 28,3 % (mehr als drei Tage)
bei Vollzeittätigkeit (Abbildung 4).
Vorerfahrungen mit mobiler Arbeit
Beschäftigte ohne Vorerfahrung sind hinsichtlich ihrer
Wünsche zum Umfang von Telearbeit zurückhaltender als
Beschäftigte mit Vorerfahrung. Der Wunsch nach einem
größeren Umfang ist jedoch für beide Personengruppen
offensichtlich (Abbildung 5). Beschäftigte mit Vorerfah-
rung präferieren drei (41,6 %) oder mehr Tage (43,3 %)
pro Woche, Beschäftigte ohne Vorerfahrung zwei (28,2 %)
bis drei Tage (31,2 %) pro Woche.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
1 Signikanzen wurden ermielt über: einfaktorielle Varianzanalyse
(Anova) bzw. Chi-Quadrat Test.
2 Bei der LG 2.1 handelt es sich um den früheren gehobenen Veraltungs-
dienst, bei der LG 2.2 um den früheren höheren Dienst.
12
Abbildung 4: Gewünschter Anteil von Telearbeit an der wöchentlichen Arbeitszeit
bei Frauen und Männern
Abbildung 3: Gewünschter An teil mobiler Arbeit an der wöche n t l i c h e n A r b e i t s ze i t bei
Führungskräften und
Mitarbeitenden
13
Abbildung 5: Wünsche für d ie zukünftige mobile Arbeit in Abh ängigkeit von der Vorerfahrun g (%)
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Zusammenfassung
Offensichtlich hat die Arbeit im Homeoffice zur Bewälti-
gung der Pandemie bei Mitarbeiter*innen und Führungs-
kräften gleichermaßen positive Wirkungen auf deren Ak-
zeptanz. Der überwiegende Teil wünscht sich eine Erwei-
terung des Umfangs und zwar deutlich über die Regelun-
gen hinausgehend, die Dienstvereinbarungen derzeit vor-
sehen.
Sogar ein Drittel der Beschäftigten ohne Vorerfahrung
wünscht sich mobile Arbeit bis zu drei Tagen pro Woche.
Aus Sicht der Erfahrenen ist sogar noch mehr denkbar.
Männer und Beschäftigte in der LG 2,1 präferieren mehr
als drei Tage Telearbeit pro Woche, während die Präfe-
renz von Frauen bei drei Tagen liegt. Von der Art der Be-
schäftigung (Voll- vs. Teilzeit) ist dies unabhängig.
14
3.2 Gründe für mobiles Arbeiten nach der Pandemie
Im letzten Abschnitt des Erhebungsinstruments wurden die
Teilnehmenden nach den Gründen für mobiles Arbeiten
befragt (Abbildung 6). Für die Motivation steht die Reduk-
tion konkreter Belastungen an erster Stelle. Genannt wer-
den in den Kommentaren z. B. der Wegfall von Fahrzei-
ten, problematische Parkplatzverhältnisse und Betreuungs-
engpässe. Es werden auch ökologische Gründe (z. B. Um-
weltschutz, CO2-Minderung) oder die Enge in Dreier-
büros bei gleichzeitiger Präsenz mehrerer Mitarbei-
ter*innen für relevant gehalten.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist der zweit-
häufigste Grund, gefolgt von allgemeinem Wohlbefinden
und persönlicher Produktivitätssteigerung.
Dienststellen- und teambezogene Gründe spielen eine eher
nachgeordnete Rolle. Sogar der Gesundheitsschutz, der im
Kontext mit der Pandemie von zentraler Bedeutung war,
motiviert weniger als der Wegfall täglicher Belastungsfak-
toren, die durch Fahrten zur Dienstelle entstehen oder
durch vereinbarkeitsbezogene Aspekte.
Das Antwortmuster belegt: Eine Vielfalt von Faktoren
kann für die Motivation für mobiles Arbeiten relevant sein.
Die jeweilige Gewichtung ist im Einzelfall von den struk-
turellen und persönlichen Rahmenbedingungen abhängig.
Abbildung 6: Gründe für mobiles Arbeiten nach der Pandemie
15
Wie die Befragten mobile Arbeit und die korrespondieren-
den Auswirkungen beurteilen, lässt sich anhand von Grup-
penvergleichen abbilden -
Gruppenvergleiche vom Typ I differenzieren nach demo-
grafischen, biografie- und funktionsbezogenen Gesichts-
punkten: Erfahrungen mit Homeoffice während der Pan-
demie, Alter, Geschlecht, Führungsverantwortung, usw.
Gruppenvergleiche vom Typ II greifen auf unabhängige
Variablen zurück, die als psychologische Faktoren operati-
onalisiert werden: Soziales Interesse, Fähigkeit zur Ab-
grenzung von Beruflichem und Privatem, digitaler Kompe-
tenzzuwachs, Ausmaß digitaler Führungskompetenz usw.
Abhängige Variablen:
Teamqualität*
gesundheitliche Belastung3
digitale Kompetenz
führungsbezogene Aspekte
das Entwicklungspotenzial der Behörde
behördenbezogene Empfehlungen
3 Variablen der Gruppenvergleiche Typ II betreen nur Team- und Be-
lastungsvariablen
4 Mo biles Arbeiten w ährend der Pan de mie - Effekte
4.1 Teamquali tät
Die Teamqualität wurde anhand von 5 Items erhoben.
Zwei von ihnen betreffen die Einschränkungen, welche die
pandemiebedingte mobile Arbeit ausgelöst haben könnte:
Die Zusammenarbeit hat in der Corona-Zeit in unse-
rem Team gelitten.
Durch meine oder die Telearbeit (mobile Arbeit) der
Kolleg*innen hat mir in der Corona-Zeit der kollegi-
ale/menschliche Kontakt zu meinem Team gefehlt.
Drei weitere Items beziehen sich auf die vorhandene Leis-
tungsfähigkeit bzw. die Stabilität der Beziehungen im
Team:
Ich fühlte mich trotz der Distanz zu meinen Kolleg-
*innen im Team gut aufgehoben.
Es gab im Team keine Leistungseinbußen.
Wir haben im Team Wege gefunden, über die wir gut
im persönlichen Kontakt bleiben konnten.
Bezogen auf die Gesamtstichprobe bilden die Häufigkeiten
und Mittelwerte sowohl hinsichtlich möglicher Einschrän-
kungen, als auch hinsichtlich der Teamstabilität ab, dass
mobile Arbeit eher mit Vorteilen als mit Nachteilen asso-
ziiert wird. Fast 70% der Befragten geben an, dass
die Zusammenarbeit gar nicht oder eher nicht
gelitten hat.
Auch die Teamstabilität wird überwiegend für gut
gehalten. Die meisten Nennungen liegen bei den Ant-
wortkategorien „stimme eher zu“ und „stimme vollkommen
zu“ (zwischen 76 % und 82 %).
Lediglich hinsichtlich des Items „Durch meine oder die
mobile Arbeit/Telearbeit der Kolleg*innen hat mir der
kollegiale/menschliche Kontakt zu meinem Team ge-
fehlt“ (Mittelwert = 3,0, Median 3) wird überwiegend
„teils/teils“ als häufigster Wert sowie eine größere Streu-
ung (SD= 1,3) erzielt.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
16
Tabelle 3: Teamqualität und Vorerfahrung
Die Zusammenarbeit hat in der Corona-Zeit in unserem
Team gelien, MW 2,1, Median 2.
Durch meine oder die mobile Arbeit/Telearbeit der Kol-
leg*innen hat mir in der Corona-Zeit der kollegiale/
menschliche Kontakt zu meinem Team gefehlt, MW 3,0,
Median 3.
Ich fühlte mich trotz der Distanz zu meinen Kolleg*innen
im Team gut aufgehoben, MW 4,2, Median 4.
Es gab im Team keine Leistungseinbußen, MW 4,1, Median 4.
Wir haben im Team Wege gefunden, über die wir gut im
persönlichen Kontakt bleiben konnten, MW 4,1, Median 4.
Vergleicht man diejenigen, die bereits vor der Pandemie
Erfahrungen mit mobilem Arbeiten gesammelt hatten, mit
den Beschäftigten ohne Erfahrung zeigen sich zwar durch-
gehend signifikante Unterschiede, der Unterschied zwi-
schen den Antwortmustern fällt jedoch kleiner aus, als
man hätte erwarten können. Das bedeutet, mobiles Arbei-
ten findet auch bei denen, die diese vor der Pandemie
nicht aktiv in Anspruch genommen haben, positiven Zu-
spruch.
4.2 Teamq ua lität - Vorerfahr un gen mit mob iler Ar beit
Beschäftigte, die vor der Pandemie im Homeoffice arbeite-
ten, verbinden mit mobiler Arbeit geringfügigere teambe-
zogene Verluste oder Einbußen als Beschäftigte, für die die
Erfahrung neu ist (Tabelle 3). Jedoch liegen alle Mittel-
werte auch bei den Beschäftigten ohne Vorerfahrung im
positiven Bereich (um den Wert 4,0; entspricht „stimme
eher zu“). Personen ohne Vorerfahrung fehlt der kollegiale/
menschliche Kontakt stärker (MW= 2,25) als den erfahre-
nen Kolleg *innen (MW= 1,94). Alle Unterschiede sind
statistisch signifikant (p< .001)
Die Zusammenar-
beit hat in der
Corona-Zeit in
unserem Team
gelien.
Durch meine oder
die Telearbeit der
Kolleg*innen hat
mir in der Corona-
Zeit der kollegiale/
menschliche Kon-
takt zu meinem
Team gefehlt.
Ich fühlte mich
trotz Distanz zu
meinen Kolleg
*innen im Team gut
aufgehoben.
Es gab im Team
keine Leistungsein-
bußen.
Wir haben im Team
Wege gefunden,
über die wir gut im
persönlichen
Kontakt bleiben
konnten.
mit Homeoce-
Erfahrungen vor
Corona (N= 826)
1,94 2,84 4,28 4,25 4,17
ohne Vorerfahrun-
gen im Homeoce
(N= 714)
2,25 3,19 4,06 3,99 3,95
1 = s tim me nic ht zu, 2 = st imme eher ni cht z u, 3 = teils/ teils, 4 = st imme eher zu, 5 = s timme vol lko mmen zu
17
Hinsichtlich einzelner Gruppen (z. B. Altersgruppen, Per-
sonen mit und ohne Führungsverantwortung) zeigten sich
bezogen auf die fünf Teamvariablen interessante Daten-
muster, von denen einige hier präsentiert werden.
4.3 Teamqualität - Gr u ppenvergle ic he
Alter: Insbesondere ältere Beschäftigte berichten in stär-
kerem Maß über teambezogene Beeinträchtigungen als
jüngere Beschäftigte, wenngleich immer bedacht werden
muss, dass diese Unterschiede auf einem relativ hohen
Niveau anzusiedeln sind. So fühlten sich über 60Jähringe
(N= 116) - zwar oberhalb des mittleren Wertes (stimme
eher zu) - beispielsweise weniger gut im Team aufgehoben
(MW= 3,72) als die bis zu 60Jährigen (N= 1.420, Abbil-
dung 7). Die Umstellung auf mobiles Arbeiten scheint also
für ältere Beschäftigte im sozialen Miteinander stärker mit
Verlusten assoziiert zu sein als für Jüngere. Bei Älteren
könnte die Teamarbeit in der Dienststelle besser und digi-
tale Kollaboration schlechter zu deren langjährigen Erfah-
rungen und bisher präferierten Vorstellungen passen.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 7: Teamqualität und Alter
18
Abbildung 7: Teamqualität und soziales Interesse
Pflege: Beim Vergleich der pflegenden Beschäftigten
(N= 175) mit den Beschäftigten ohne eine entsprechende
Verpflichtung stellt sich heraus, dass pflegende Personen
sich etwas weniger gut im Team aufgehoben fühlen (MW=
4,01 zu MW= 4,20). Pflegende berichten zudem über
mehr Leistungseinbußen im Team als Beschäftigte ohne
pflegende Angehörige (MW= 3,98 vs. MW= 4,15).
Führungsverantwortung: Führungskräfte stimmen bei
den Teamvariablen weitgehend mit den Einschätzungen
von Beschäftigten ohne Führungsverantwortung überein.
Auf der Mitarbeiter*innen-Ebene fehlt Beschäftigten je-
doch weniger stark der kollegiale/menschliche Kontakt
zum Team (MW= 2,97) als Führungskräften (MW= 3,10
bzw. 3,08). Der Unterschied ist, wenngleich klein, statis-
tisch signifikant (p< .05). Dafür sind insbesondere
Führungskräfte der LG 2.2 etwas kritischer was
die Leistungseinbußen angeht (MW= 3,97 vs. MW=
4,16 bei Beschäftigten und MW= 4,17 bei Führungskräf-
ten der LG 2.1, p >.01). Möglicherweise wird der Zugriff
auf Beschäftigte im Homeoffice sowohl auf der menschli-
chen, als auch auf der Leistungsebene von Führungskräften
stärker als Kontrollverlust erlebt, wenngleich die absolu-
ten Werte in der Nähe des Wertes 4 (stimme eher zu) ein
hohes Maß an Vertrauen in das Team implizieren.
Interesse an Sozialkontakten: Es ist davon auszuge-
hen, dass Beschäftigte mit einem ausgeprägten Interesse an
sozialem Austausch, durch die größere Distanz zum Team
stärker beansprucht werden als diejenigen, denen der sozi-
ale Austausch weniger wichtig ist. Die Psychologie spricht
hier von einem persönlichkeitsgebundenen Anschlussbe-
dürfnis (Baumeister et al., 1995, Cacioppo & Patrick 2008).
Teilt man die Gesamtgruppe in zwei Untergruppen danach
ein, ob ihnen der Teamkontakt eher gefehlt hat - wir spre-
chen hier von den sozial Interessierten (31 %) oder
nicht (69 %) - weniger sozial Interessierten -, zeigen
sich bezogen auf die weiteren vier Teamvariablen wenig
erstaunliche, jedoch deutliche Unterschiede (Abbildung 7):
So wird von sozial Interessierten nicht nur stärker bestä-
tigt, dass die Zusammenarbeit während der vermehrten
Homeoffice-Zeit gelitten hätte (MW= 2,86), auch das
Gefühl, im Team gut aufgehoben zu sein, leidet
bei sozial Interessierten stärker als bei sozial we-
niger Interessierten (MW= 3,74 vs. MW= 4,38).
Auch Leistungseinbußen werden von soziale Interessierten
intensiver wahrgenommen (MW= 3,58 vs. MW= 4,38).
Es werden zudem weniger gut Wege im Team zur Auf-
rechterhaltung sozialer Kontakte gefunden.
Für am persönlichen Kontakt Interessierte bedeutet die
Einschränkung der Teamkontakte Verlust, der durch dis-
tante oder fehlende Interaktionen schlecht zu kompensie-
ren zu sein scheint. Man könnte einwenden, dass das Nicht-
Fehlen sozialer Teamkontakte u. U. mit schlechtem Team-
klima korrespondieren könnte. Diese Interpretation ist
jedoch deshalb eher ausgeschlossen, weil auch Beschäftig-
ten mit geringfügigerem sozialen Interesse insgesamt ihrem
Team sehr gute Noten geben.
Will man Beschäftigte, für die das Team besonders wichtig
für ihr Wohlbefinden ist, ohne Belastungsrisiko unterstüt-
zen, könnte sich für Personalverantwortliche und Füh-
rungskräfte die Beschäftigung mit Ritualen und Teamun-
terstützungsmaßnahmen/-techniken lohnen.
19
Abbildung 8: Teamqualität und digitaler Kompetenzzuwachs
Die Rolle digitaler Kompetenz für die Teamquali-
tät: Konnten Beschäftigte ihre eigenen digitalen Fertigkei-
ten während der Pandemie erweitern (45,2 %), zeigen sich
auch hier positive Zusammenhänge zur Teamqualität
(alle Unterschiede sind signifikant, p< .01, Abbildung 8) .
Zwar ist zu bedenken, dass unter denen, die ihre Fähigkei-
ten nicht erweitern konnten (N= 804, 54,8 %) auch Per-
sonen anzutreffen sind, die bereits in ausreichendem Maße
Fähigkeiten besitzen. Jedoch kann für die Gruppe derer,
die über Kompetenzerweiterung berichten, festgestellt
werden, dass diese zu Beginn der Pandemie u. U. noch
nicht optimal vorbereitet waren.
Es ist anzunehmen, dass insbesondere eine produktive
Teamkonstellation viel dazu beiträgt, dass zusätzliche digi-
tale Kompetenzen leicht erworben werden können. Ande-
rerseits kann gemeinsames Lernen auch die Bestätigung
stärken, in einem funktionstüchtigen Team zu arbeiten.
Fest steht, dass der Zuwachs an Kompetenz offensichtlich
dem Team zugute kommt.
Gehen wir davon aus, dass zu denen, die keine Fähigkeiten
erweitern konnten, auch solche Beschäftigte zählen, die
mit ihren digitalen Fähigkeiten (punktuell) gescheitert
sind, wird deutlich, wie wichtig es für eine positive Team-
bindung ist, einzelne hinsichtlich ihrer Kompetenzen indi-
viduell zu fördern.
Zusammenfassung
Insgesamt zeigt sich, dass die Befragten trotz der räumli-
chen Distanz negative Auswirkungen auf die Teamqualität
nur geringfügig beklagen. Bei allen Variablen liegt die posi-
tive Einschätzung bei rund 70 %. Es gibt allerdings Al-
terseffekte. Älteren Beschäftigten fehlt der Kontakt mit
dem Team mehr und sie sind etwas skeptischer bezogen
auf die Leistungsfähigkeit ihres Teams.
Für Personen mit einem ausgeprägten Interesse an sozialen
Kontakten (hohes Anschlussbedürfnis) sind Kontaktein-
schränkungen problematischer.
Gelingt es, digitale Fähigkeiten anzusammeln, hat dies ei-
nen positiven Effekt auf die Einschätzungen zur Teamquali-
tät. Hierbei ist ein zweiseitiger Prozess möglich: Einerseits
kann eine gute Teamqualität auch zur Erweiterung digita-
ler Fähigkeiten beitragen, weil man sich niedrigschwellig
unterstützt. Andererseits kann erfolgreiches Lernen oder
Support für erfolgreiches Lernen dazu beitragen, dass man
Teamleistungen positiv einschätzt.
Weitere Details zu diesen Zusammenhängen werden in
Kapitel 5 präsentiert.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
20
4.4 Belastung
Die persönliche Belastung durch die Arbeitsformen wäh-
rend der Pandemie wurde anhand von 9 Items erhoben.
Zwei Items haben einen allgemeinen gesundheitsbezo-
genen Schwerpunkt:
Ich hatte durch meine oder die Telearbeit/mobile Ar-
beit von anderen gesundheitliche Vorteile.
Dass ich durch meine oder die Telearbeit von Kol-
leg*innen gesundheitlich besser geschützt war, hat
mich sehr entlastet/beruhigt.
Drei weitere Items stellen die Belastungen und Effekte
heraus, die das Zusammenspiel von Privat- und Be-
rufsleben betreffen:
Die mangelnde Trennung von Privatleben und Arbeit
ist mir schwer gefallen.
Auf mein Privatleben hat sich die veränderte Form der
Zusammenarbeit positiv ausgewirkt.
Vor allem die Doppelbelastung zu Hause hat mich im
Homeoffice belastet.
Vier Items beschäftigen sich mit den umstellungsbe-
dingten Belastungen:
Ich hatte teilweise Probleme durch die fehlenden Kon-
takte oder eingeschränkte Abstimmungsmöglichkeiten
mit anderen.
Ich hatte vergleichen mit der Zeit vor Corona weniger
Belastungen durch die veränderten Rahmenbedingun-
gen (z. B. Fahrtzeiten, andere Taktung der Arbeit, we-
niger Besprechungsdruck).
Die Umstellung auf die veränderte Arbeits- und Zu-
sammenarbeitsform hat mich anfangs überfordert.
Die Umstellung auf die veränderte Arbeits- und Zu-
sammenarbeitsform hat mich auf Dauer belastet.
Der Wegfall belastender Rahmenbedingungen
Die Mehrheit der Befragten (52,5 %) bescheinigt dem
Wegfall von belastenden Rahmenbedingungen (z. B. Fahrt-
zeiten, andere Taktung der Arbeit) großen Nutzen. Sie
stimmen vollkommen zu, dass dadurch Belastungen redu-
ziert werden. Weitere 22,8 % stimmen dieser Aussage
eher zu (zusammen 75,3 %).
Allgemeine gesundheitsbezogene Aspekte
73,2 % der Befragten stimmen der Aussage eher oder voll-
kommen zu, dass sie durch mobile Arbeit/Telearbeit wäh-
rend der Pandemie gesundheitliche Vorteile hatten. 10,7 %
stimmen dem teilweise zu und nur 16,1 % sehen keine
oder eher keine Vorteile. Offensichtlich konnte die
Entscheidung für mobiles Arbeiten 76,8 % hin-
sichtlich ihres Gesundheitsbedürfnisses entlasten
oder beruhigen. Für nur 12,2 % trifft dies eher nicht
oder gar nicht zu, was nicht damit gleichbedeutend ist,
dass man sich gefährdet fühlt. Mit der Entscheidung für
mobiles Arbeiten während der Pandemie konnte demzu-
folge erreicht werden, dass der größte Teil der Beschäftig-
ten den Nutzen für den Gesundheitsschutz anerkennt.
Zusammenspiel von Privat- und Berufsleben
73,8 % fiel die Trennung von Privatleben und Beruf eher
nicht oder gar nicht schwer. 14% jedoch hatten Probleme
damit. Weitere 12,2 % geben an, dass sie teilweise Proble-
me hatten. Das heißt, für ein Viertel der Beschäftig-
ten vollzieht sich die Arbeit im häuslichen Umfeld
nicht optimal. Die späteren Analysen werden
hierzu differenzierte Erkenntnisse liefern.
69,7 % ziehen hinsichtlich der Auswirkungen auf das Pri-
vatleben ein positives Resümee. Auch hier scheint das Pri-
vatleben für fast ein Drittel der Befragten durch mobiles
Arbeiten noch nicht in ausreichendem Maß mit positiven
Effekten verknüpft zu sein. Es wäre jedoch nicht seriös,
dies ausschließlich auf mobiles Arbeiten zurückzuführen.
Es gibt moderierende Einflüsse.
Die Doppelbelastung zu Hause stellt sich für 9,9 % der
Befragten eher oder vollkommen (4,9 %) als Belastung
heraus. Weitere 9,4 % stimmen der Aussage teilweise zu.
Das bedeutet, jede/r fünfte Person berichtet über
Belastungen, die aus der mangelnden Vereinbar-
keit von Familie/Privatleben und Beruf resultie-
ren.
21
Ich hae durch meine mobile Arbeit/Telearbeit oder die
mobile Arbeit/Telearbeit von anderen gesundheitliche
Vorteile MW 3,9, Median 4.
Ich hae teilweise Probleme durch die fehlenden Kontakte
oder eingeschränkte Absmmungsmöglichkeiten mit ande-
ren, MW 2,1, Median 2.
Ich hae verglichen mit der Zeit vor Corona weniger Belas-
tungen durch die veränderten Rahmenbedingungen (z. B.
Fahrzeiten, andere Taktung der Arbeit, weniger Bespre-
chungsdruck), MW 4,1, Median 5.
Die mangelnde Trennung von Privatleben und Arbeit ist mir
schwer gefallen, MW 2, Median 2.
Dass ich durch meine mobile Arbeit/Telearbeit oder die
von Kolleg*innen gesundheitlich besser geschützt war, hat
mich sehr entlastet/beruhigt, MW 4,1, Median 4.
Die Umstellung auf die veränderte Arbeits- und Zusammen-
arbeitsform hat mich anfangs belastet, MW 1,6, Median 1.
Die Umstellung auf die veränderte Arbeits- und Zusam-
menarbeitsform hat mich auf Dauer belastet, MW 1,5,
Median 1.
Auf mein Privatleben hat sich die veränderte Form der
Zusammenarbeit posiv ausgewirkt, MW 3,9, Median 4.
Vor allem die Doppelbelastung zu Hause hat mich im
Homeoce belastet, MW 1,7, Median 1.
4.5 Belastung - Vorer fahr unge n mi t mobiler Arbeit
Die Vorerfahrung mit mobiler Arbeit vor der Pandemie
haben hinsichtlich der Belastungsvariablen klare Auswir-
kungen. Das Belastungsniveau ist bei denjenigen
die keine Erfahrung mit dem Arbeiten im Home-
office haben, höher als bei erfahrenen Beschäftig-
ten (Tabelle 4). Die einzige Ausnahme bildet die Aussage
zur Doppelbelastung im Homeoffice durch private Belan-
ge. Dieser Aspekt korrespondiert offensichtlich weniger
mit Vorerfahrung, sondern eher mit konkreten Betreu-
ungspflichten.
Geübte Homeoffice-Arbeitende bestätigen auf
hohem Niveau (Werte oberhalb des Wertes 4,0;
stimme eher oder vollkommen zu) den gesund-
heitlichen Nutzen, die positiven Effekte für das
Privatleben und den Wegfall belastender Rah-
menbedingungen durch Homeoffice.
22
Ungeübte Beschäftigte zeigen zwar insgesamt eine positive
Tendenz, jedoch zeichnet sich bei einem Mittelwert unter-
halb von 4,0 ab, dass es umstellungsbedingte Belastungen
gab.
Die anfängliche Belastung ist zwar bei dieser Gruppe höher
(MW= 1.81) als die Belastung auf Dauer (MW= 1,59) -
was für eine positive Bewältigung spricht - jedoch wird die
Belastungen insgesamt für eher geringfügig gehalten.
Ich hae durch
meine oder die
Telearbeit von
anderen gesund-
heitliche Vorteile
Dass ich durch
meine oder die
Telearbeit von
Kolleg*innen ge-
sundheitlich besser
geschützt war, hat
mich sehr entlas-
tet/beruhigt
Die mangelnde
Trennung von Pri-
vatleben und Arbeit
ist mir schwer
gefallen
Auf mein Privatle-
ben hat sich die
veränderte Form
der Zusammenar-
beit posiv ausge-
wirkt
Vor allem die Dop-
pelbelastung zu
Hause hat mich im
Home Oce belas-
tet
mit Homeoce-
Erfahrungen vor
Corona (N= 826)
4,05 4,17 1,78 4,06 1,75
ohne Vorerfahrun-
gen im Homeoce
(N= 714)
3,76 3,92 2,20 3,68 1,73
Ich hae teilweise
Probleme durch die
fehlenden Kontakte
oder eingeschränk-
te Absmmungs-
möglichkeiten mit
anderen
Ich hae verglichen
mit der Zeit vor
Corona weniger
Belastungen durch
die veränderten
Rahmenbedingun-
gen (z.B. Fahrzei-
ten, andere Tak-
tung der Arbeit,
weniger Bespre-
chungsdruck)
Die Umstellung auf
die veränderte
Arbeits- und Zu-
sammenarbeits-
form hat mich auf
Dauer belastet
Die Umstellung auf
die veränderte
Arbeits- und Zu-
sammenarbeits-
form hat mich
anfangs überfor-
dert
mit Homeoce-
Erfahrungen vor
Corona (N= 826)
1,91 4,21 1,38 1,43
ohne Vorerfahrung
im Homeoce
(N= 714)
2,39 3,91 1,59 1,81
1 = s tim me nic ht zu, 2 = s tim me ehe r n ich t z u, 3 = te ils /te ils, 4 = st imme eh er zu, 5 = s timme vo llk ommen zu
Die Ergebnisse zu den Vorerfahrungseinflüssen
dokumentieren ein leicht höheres Belastungsni-
veau für diejenigen, die in der Pandemie unge-
plant dazu veranlasst wurden, im Homeoffice zu
arbeiten. Um eine möglichst gute Anpassung zu erzielen,
sollte es den Verantwortlichen darum gehen, nied-
rigschwellige Angebot zur Unterstützung mobiler Arbeit
(bezogen auf die Technik, Arbeitsmethodik, sozialen Zu-
sammenhalt, Selbstmanagement usw.) im Homeoffice an-
zubieten.
Tabelle 4: Belastung und Vorerfahrung
23
4.6 Gesundheits bezo gene Belastung
Beschäftigungsart
Gesundheitsbezogenen Vorteile durch Homeoffice und das
Gefühl durch mobiles Arbeiten geschützt zu sein, werden
von Vollzeit- und Teilzeitkräften gleich eingeschätzt. Der
Nutzen mobiler Arbeit für die Reduktion von Belastungen
wird auf hohem Niveau bestätigt (MW zwischen 3,90 und
4,13)
Geschlecht
Frauen (M= 4,16) fühlen sich in stärkerem Maße als Män-
ner (MW= 3,95, p< .01) durch Homeoffice gesundheit-
lich entlastet/beruhigt. Das mag daran liegen, dass Frauen
für Gesundheitsthemen grundsätzlich eine größere Offen-
heit zeigen als Männer. Aufgrund des geringfügigen Stich-
probenanteils sind Werte, die sich auf „divers“ als Ge-
schlechtsbezeichnung beziehen, nicht zu interpretieren.
Führung
Beschäftigte ohne Führungsverantwortung schätzen die
gesundheitlichen Vorteile mobiler Arbeit höher ein (MW=
3,96) als Führungskräfte in beiden Laufbahngruppen
(MW= 3,75). Der Unterschied ist signifikant (p< .01).
Führungskräfte haben in der Regel mit verschiedenen Sta-
tusgruppen einen intensiveren Kontakt als Beschäftigte, für
die es leichter ist, sich auf das eigene Aufgabenfeld und die
unmittelbaren Kolleg*innen zu konzentrieren (Ausnahmen
bilden u. U. der Außendienst oder Querschnittdienste).
Pflege
Beschäftigte, die Angehörige zeitweise oder regelmäßig
pflegen, fühlen sich durch den Gesundheitsschutz durch
mobiles Arbeiten stärker entlastet oder gestützt (MW=
4,26) als Beschäftigte ohne Pflegverantwortlichkeit (MW=
4,03, p< .001). Der Befund ist plausibel. Bei Pflegebe-
dürftigen handelt es sich um eine Hochrisikogruppe für
eine Corona-Infektion.
Optimismus fördert Gesundheit
Studien belegen (Fergus & Zimmerman, 2005, Gabriel,
2011), dass Menschen mit einer insgesamt positiven Grund-
und Lebenseinstellung (realistischer Optimismus) sich in
Belastungssituationen als resilienter erweisen als Personen
mit eine eher skeptischen Grundhaltung. Um zu ermitteln,
inwiefern sich ein eher positives Resümee (bezogen auf das
Privatleben) mit gesundheitsbezogene Aspekten korres-
pondiert, wurden die Stichprobe in diejenigen unterteilt,
die für ihr Privatleben eher ein positives vs. skeptisches
Resümee ziehen. Es ließen sich bei allen belastungsbezoge-
nen Variablen signifikante Unterschiede ermitteln. Auf die
Datenmuster wird in Kapitel 5 intensiver eingegangen.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
24
4.7 Belastung durch das Zusammenspiel von Privat - und Berufsleben
Beschäftigungsart
Mobiles Arbeiten belastet das Zusammenspiel von privaten
und beruflichen Aspekten von Vollzeit- und Teilzeitkräften
lediglich bei häuslicher Doppelbelastung unterschiedlich
stark. Insbesondere Teilzeitkräfte sind hiervon betroffen
(MW= 2,24 vs. MW= 1,61 bei Vollzeitkräften). In diese
Gruppe fallen vor allem weibliche Beschäftigte mit Kindern.
Geschlecht
Männer und Frauen geben fast deckungsgleich an, dass die
Belastung durch die mangelnde Trennung von Privatleben
und Beruf eher gering ist (MW= 1,96). Homeoffice hat
eher positive Effekte auf das Privatleben (MW= 3,89) und
auch die Doppelbelastung wird gleich gering eingeschätzt
(MW=1,73).
Alter
Jüngere Beschäftigte unterscheiden sich von Älte-
ren dahingehend, dass Ältere (ab 51 Jahre) mobi-
les Arbeiten weniger stark mit positiven Aspekten
assoziieren (MW= 3,70, Jüngere MW= 4,0). Die Dop-
pelbelastung ist bei der Alters-gruppe der 31-40Jährigen
und 41-50Jährigen am größten. Hier handelt es sich um
die Gruppe, in der Eltern stark repräsentiert sind.
Führung
Beschäftigte ohne Führungsverantwortung berichten über
weniger Belastungen durch die mangelnde Trennung von
Privatleben und Beruf als Führungskräfte (MW= 1,89 vs.
MW= 2,23, LG 2.2) und sie ziehen ein positiveres Resü-
mee durch mobile Arbeit für das Privatleben (MW= 3,95
zu MW= 3,65, LG 2.2).
Kinder und Pflege
Die Betreuung von Kindern belastet die Verein-
barkeit von Familie und Beruf in der Pandemie-
zeit. Insbesondere wird hier die Doppelbelastung
beklagt. Der Mittelwert für die Aussage: „Vor allem die
Doppelbelastung hat mich sehr belastet“ beträgt für Eltern
MW= 2,42 für Beschäftigte ohne Betreuungspflichten
MW= 1,39 (p< .001). Trotzdem liegen beide Werte auf
der Seite der Skala, zu der die Antwortkategorie „stimmt
eher nicht“ gehört. Das heißt, subjektiv wird die Doppel-
belastung nicht als starke Belastung wahrgenommen. Der
insgesamt positive Effekt auf das Privatleben spiegelt das
wider (MW= 3,9).
4.8 Um st ellungsbezoge ne Belastunge n
Umstellungsbezogene Belastungen betreffen die Verände-
rungen auf der Ebene der Teamarbeit/Zusammenarbeit,
geänderte Rahmenbedingungen (z. B. Fahrtzeit, andere
Besprechungskultur), die anfängliche Belastung durch die
Umstellung und die belastungsbedingten Auswirkungen
auf Dauer.
74,9 % der Befragten geben an, dass sie keine oder eher
keine Probleme durch die fehlenden Kontakte und
Abstimmungsmöglichkeiten hatten.
Drei Viertel aller Befragten (75,2 %) hatten weniger
Belastungen durch veränderte Rahmenbedingun-
gen. Über die Hälfte der Stichprobe stimmt der betreffen-
den Aussage vollkommen zu.
85,5 % der Befragten geben an, die Umstellung auf
mobiles Arbeiten habe sie anfangs nicht belastet.
60,9 % stimmen dem vollkommen zu. Für die große
Mehrheit trifft dies auch auf Dauer nicht zu (88,8 %). Der
Anteil derer, auf die das vollkommen zutrifft, steigt bei
diesem Item sogar auf (70,3 %). Das bedeutet, anfäng-
liche Belastungen können offensichtlich auf Dau-
er durch die gemachten Erfahrungen reduziert
werden.
Bezogen auf alle vier Items zeigten sich hinsichtlich der
Variablen, Alter, Geschlecht, Führungsverantwortung
sowie Kinder- und Pflegebetreuung nur zwei signifikante
Unterschiede:
25
Abbildung 9: Belastung bei Segmentierenden und Integrierenden
Führungskräfte der Laufbahngruppe 2.2 berichten zwar,
dass sich die Belastungen durch die veränderten Rahmen-
bedingungen reduziert hätten (MW= 3,8), jedoch liegt
dieser Wert leicht unter den Angaben der Beschäftigten
ohne Führungsverantwortung bzw. bei Führungskräften in
der LG 2.1 (MW= 4,1). Es ist anzunehmen, dass sich die
Rahmenbedingungen bei Beschäftigten der LG 2.2 drasti-
scher durch mobiles Arbeiten ändern als die Rahmenbedin-
gungen der Beschäftigten ohne Führungsverantwortung.
Das Stellenprofil von Führungskräften sieht beispielweise i.
d. R. mehr Präsenz und mehr Querschnittskontakte vor.
Für Personen, die unregelmäßig pflegebedürftige Angehö-
rige betreuen, war die veränderte Arbeitsform auf Dauer
belastender als für Beschäftigte mit alltäglicher oder ohne
Pflegeverantwortung. Es kann sein, dass gelegentlich Pfle-
gende durch die Umstellung stärker eingebunden oder
emotional belasteter waren, als vor der Pandemie.
Probleme mit der Abgrenzung
Beschäftigte, denen die Trennung von Privat- und
Berufsleben weniger gut gelingt, tun sich mit Um-
stellungen schwerer. Bezogen auf alle vier Items lässt
sich das bestätigen (siehe Kapitel 5).
Personen, die wenig Probleme mit der Abgrenzung haben,
werden Integrierende, solche, denen außerhalb der
Dienststelle eine Abgrenzung schwer fällt, Segmentierende
genannt. Die (plötzlichen) Umstellung von Rahmenbedin-
gungen wird segmentierende Personen strapazieren und
Energie kosten. Abbildung 9 bestätigt dies.
Zusammenfassung
Beschäftigte ohne Vorerfahrung mit der Arbeit im Home-
office berichten über stärkere Belastungen als geübte Be-
schäftigte. Trotzdem sprechen die Mittelwerte nicht für
eine totale Überlastung, sondern eher für eine grundsätzli-
che Akzeptanz, bei der auch der Gesundheitsschutz beson-
ders gewürdigt wird.
Doppelbelastungen zeigen sich bei den Altersgruppen, die
zugleich Kinder zu betreuen haben. Auch sind Beschäftigte
höheren Alters stärker belastet als Jüngere.
Für Führungskräfte sind die veränderten Arbeitsbedingun-
gen beanspruchender als für Beschäftigte ohne Führungs-
verantwortung.
Bei der eher globalen Einschätzung zu den gesundheitli-
chen Vorteilen erzielen Frauen einen etwas höheren Wert
als Männer. Für Beschäftigte, die Pflegebedürftige be-
treuen, ist der Aspekt, durch mobiles Arbeiten besonders
geschützt zu sein, beruhigend.
Interpretiert man ein positives Resümee im Bereich des
Privatlebens als positive Grundeinstellung im Sinne eines
realistischen Optimismus, korrespodiert dies mit einer
besseren Bewältigung der Situation (Kapitel 5).
Umstellungsbedingte Belastungen stehen weniger in Zu-
sammenhang mit demografischen (Alter, Kinder) als mit
funktionsbezogenen Faktoren (Führung) und den Fähigkei-
ten, das eigene Arbeitsumfeld zu gestalten bzw. gegen das
Privatleben abzugrenzen.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
26
Tabelle 5: Digitale Kompete nz u n d V o r e r f a h r u n g
Vorhandene und erweiterte Fähigkeiten sowie eine hohe
Akzeptanz können umstellungsbedingte Belastungen redu-
zieren.
Zwei Items beschäftigen sich mit diesen Aspekten. Sie sind
jedoch nicht ganz unproblematisch hinsichtlich der negati-
ven Ausprägung (Ich konnte meine digitalen Fähigkeiten
erweitern - stimme nicht zu), denn hier würde theoretisch
auch ein Teil der Personen zu finden sein, die bereits über
hohe Fähigkeiten verfügen. Das gleiche gilt für Akzeptanz.
Die Items wurden aus ökonomischen Gründen dennoch in
dieser Form aufgenommen. Insbesondere diejenigen, die
eindeutig eine Erweiterung ihrer Fähigkeiten oder einen
Zuwachs an Akzeptanz wahrnehmen, berichten über eine
positive Entwicklung.
4.9 Digita le r Kom pe tenzzuwachs und Akzept an z
Ich konnte meine
digitalen Fähigkeiten
in der Corona-Zeit
erweitern
Meine Einschätzung
zur Telearbeit/zu
mobiler Arbeit hat
sich gegenüber der
Zeit vor Corona
verändert
mit Homeoce-
Erfahrungen vor Corona
(N= 826)
3,23 3,70
ohne Vorerfahrungen im
Homeoce (N= 714) 3,02 3,91
Ich konnte meine digitalen Fähigkeiten in der Corona-Zeit
erweitern, MW 3,1, Median 3.
Meine Einschätzung zur Telearbeit/zu mobiler Arbeit hat
sich gegenüber der Zeit vor Corona posiv verändert, MW
3,8, Median 4.
4.1 0 D ig it al e Kom pe tenz, Akzeptanz und Vorerfahrung
Beschäftigte mit Vorerfahrungen im Homeoffice geben er-
staunlicherweise an, sie hätten ihre Fähigkeiten während der
Corona-Zeit stärker erweitern können als Beschäftigte ohne
Vorerfahrungen.
Der Akzeptanzzuwachs war jedoch bei den Newcomern grö-
ßer als bei den gut eingeübten Beschäftigten, bei denen man
bereits eine positive Haltung voraussetzen kann. Die konkrete
Erfahrung hat dazu beigetragen, bei Ungeübten Skepsis abzu-
bauen. Der Aspekt ist wichtig, will man sich nach Corona mit
modifizierten Dienstvereinbarungen diese positiven Einschät-
zungen zu Nutze machen.
Die mangelnde Definitionsschärfe und die Abhängigkeit
von der individuellen Ausgangsausprägung bringt für die
Variable „Fähigkeit“ ein Datenmuster hervor, das sehr he-
terogen ausfällt. Zwar geben 45 % der Befragten an, sie
hätten ihre Fähigkeiten erweitern können (stimmt eher,
stimmt vollkommen), für 22, 1 % trifft dies jedoch nur
teilweise zu und ein Drittel gibt eher kein Wachstum an.
Dagegen sind bezogen auf die Akzeptanz - Veränderung
der Einschätzung in eine positive Richtung - die Antwor-
ten eindeutiger: 78,8 % bestätigen eine positive Verände-
rung ihrer Haltung gegenüber mobiler Arbeit.
1 = s tim me nic ht zu, 2 = st imme eher ni cht z u, 3 = teils/ teils,
4 = s tim me ehe r zu, 5 = sti mme vollk omm en zu
27
Gruppenvergleiche - Fähigkeiten
Mittelwerte liegen bei der fähigkeitsbezogenen Einschät-
zung eher um den Wert MW= 3.0, was bedeutet, dass
einerseits die Streuung bei diesem Item groß ist und dass
der Terminus „digitale Fähigkeiten“ eher unbestimmt ist.
Frauen (MW= 3,21) erweiterten ihre digitalen Fähigkei-
ten in einem größeren Umfang als Männer (MW= 3,04,
p< .001).
Ansonsten zeigen sich hinsichtlich der sonstigen demografi-
schen (z. B. Alter), biografischen (z. B. Kinderbetreuung)
und funktionsbezogenen (Führung) Variablen keine signifi-
kanten Unterschiede.
Gruppenvergleiche - Akzeptanz
Allein das Alter hat bei Akzeptanzeinschätzungen Einfluss.
Die über 60Jährigen liegen zwar noch knapp über dem
mittleren Wert (MW= 3,50), Gegenüber den anderen
Gruppen - insbesondere im Vergleich mit den bis zu
40Jährigen (MW= 3,96) ist eine geringfügigere Akzep-
tanzsteigerung festzustellen.
Bereits bei den teambezogenen Variablen fiel die Gruppe
der über 60Jährige als kritischer auf als die anderen Alters-
gruppen. Vieles spricht deshalb dafür, denjenigen, die im
Rahmen ihrer bisherigen beruflichen Biografie weitgehend
präsenzorientiert gearbeitet haben und sich zudem u. U.
perspektivisch bereits mit ihrem beruflichen Ausscheiden
beschäftigen, als Zielgruppe besonders Aufmerksamkeit zu
schenken. Das kann sicherstellen, sie unter veränderten
Arbeitsbedingungen mitzunehmen bzw. sie als Ressource
für den Wissenstransfer nicht zu verlieren.
4.11 Führungsbezogene Aspekte mobiler Arbeit
Aspekte, die sich mit der Führung im Kontext mobiler
Arbeit beschäftigen, betreffen in der vorliegenden Un-
tersuchung einerseits die Einschätzung, inwiefern Füh-
rungskräfte als Nutzer*innen mobiler Arbeit
eingeschlossen oder ausgeschlossen sein sollten. Ande-
rerseits wurde mit einem Item indirekt die digitale
Führungskompetenz erhoben.
Beschäftigte sollten einschätzen, ob Führungskräfte be-
reits gut auf veränderte Herausforderungen mobilen
Arbeitens vorbereitet sind. Diese Variable wird im Fol-
genden als „digitale Führungskompetenz“ operationali-
siert: Bei Beschäftigten, die davon ausgehen, dass Füh-
rungskräfte noch nicht ausreichend vorbereitet sind, kann
man davon ausgehen, dass sie die digitale Führungskompe-
tenz der Vorgesetzten noch für entwicklungsfähig - also
niedrig - halten. Bei Führungskräften, die für ausreichend
vorbereitet gehalten werden, kann man davon ausgehen,
dass diese über digitale Führungskompetenz verfügen.
Führungskräe sollten von der Telearbeit/ von mobiler
Arbeit ausgeschlossen sein, MW 1,6, Median 1.
Die Führungskräe sind auf veränderte Herausforderungen
durch Telearbeit/mobiles Arbeiten bereits gut vorbereitet,
MW 3,2, Median 3.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
28
Der Anteil derer, die Führungskräfte von mobiler
Arbeit ausgeschlossen sehen, ist verschwindend
gering. Nur 5,1 % stimmen der Aussage eher oder voll-
kommen zu. Für 86,3 % der Beschäftigten passen
Führungsverantwortung und mobile Arbeit gut
zusammen. Nur 8,6 % sind unentschlossen, was wahr-
scheinlich damit zusammenhängt, dass die Befragten unter-
schiedliche Führungsmodelle oder -typen vor Augen haben
und daher noch abwägen.
4.12 Führung und Vorerfahrungen mit mobiler Arbeit
Beschäftigte ohne Vorerfahrungen im Homeoffice stimmen
zwar der Aussage zu, dass Führungskräfte nicht von mobiler
Arbeit ausgeschlossen werden sollen (MW= 1,73), jedoch
zeigen sie sich tendenziell zurückhaltender als erfahrene mo-
bil Arbeitende. Außerdem halten sie Führungskräfte für we-
niger gut vorbereitet, als diejenigen, die bereits Erfahrungen
mit der Arbeit im Homeoffice vor der Corona-Zeit sammeln
konnten.
Beschäftigte, die während der Corona-Zeit erstmals in die
Situation versetzt wurden, im Homeoffice zu arbei-
ten, sind stärker als diejenigen, die eingeübt sind,
darauf angewiesen, dass Führungskräfte ihnen Ori-
entierung geben und sie in der Transformation an-
leiten. Das heißt, ungeübte Beschäftigte haben in Übergangs-
phasen besondere Ansprüche an ihre Vorgesetzten. Es könnte
sein, dass sich dieser Umstand auf das Antwortverhalten nie-
dergeschlagen hat.
Weitere Gruppenvergleiche
Vollzeitbeschäftigte begrüßen es ebenso wie Teilzeitkräfte
(MW= 1,46), wenn Führungskräfte nicht von mobiler Arbeit
ausgeschlossen sind, jedoch auf einem niedrigeren Niveau
(MW= 1,59, p< .05).
Alter
Beim Alter ist ein Effekt zu beobachten, der bereits für team-
bezogene und akzeptanzbezogene Faktoren zu beobachten
war: Die über 60Jährigen sind skeptischer (MW= 1,88) als
die jüngeren Altersgruppen (MW zusammengefasst = 1,56,
p<. 01).
Dass Führungskräfte auf die Herausforderungen der verän-
derten Arbeitsformen vorbereitet sind, bestätigen lediglich
38,1 %. Die größte Befragtengruppe sind bei diesem Item
diejenigen, die teils/teils angeben (36, 5%). Etwa ein
Viertel hält die digitale Führungskompetenz für ausbaufä-
hig (25,3 %). In Kapitel 5 werden hierzu die Ergebnisse
eines Extremgruppenvergleichs präsentiert.
Führungsverantwortung
Überraschend ist, dass der signifikante Unterschied (p< .001)
zwischen Beschäftigten mit und ohne Führungsverantwortung
relativ klein ausfällt - Führungskräfte der LG 2.2 stimmen der
Aussage, Führungskräfte sollten von mobiler Arbeit ausge-
schlossen sein, am wenigsten zu (MW= 1,31). Beschäftigte
ohne Führungsverantwortung liegen in der Tendenz gleich
auf, sehen aber etwas mehr Bedarf für Präsenz (MW= 1,63),
Führungskräfte der LG 2.1 liegen mit ihrem Wert dazwischen
(MW= 1,55). Das heißt, die Befragten sehen unabhängig von
ihrem Status kaum Hürden für Führungskräfte und sind sich
dahingehend relativ einig, dass Führungskräfte nicht immer
präsent sein müssen.
Signifikant sind außerdem die Unterschiede zwischen Perso-
nen, die Kinder betreuen und denjenigen ohne Kinder. Be-
schäftigte ohne Kinder (MW= 1,62) schließen Führungskräf-
te ebenso weinig aus, wie Betreuende (MW= 1,47). Sie sind
jedoch hinsichtlich ihrer Einschätzung etwas zurückhaltenden.
Führungskräe sollten
von der Telearbeit/
von mobiler Arbeit
ausgeschlossen sein
Die Führungskräe
sind auf veränderte
Herausforderungen
durch Telearbeit/
mobiles Arbeiten
bereits gut vorberei-
tet
mit Homeoce-
Erfahrungen vor Corona
(N= 826)
1,43 3.32
ohne Vorerfahrungen im
Homeoce (N= 714) 1,73 2,95
1 = s tim me nic ht zu, 2 = st imme eher ni cht z u, 3 = teils/ teils,
4 = s tim me ehe r zu, 5 = sti mme vollk omm en zu
Tabelle 6: Führung und Vore rf a h r u n g
29
Aufgrund der größeren Streuung der Variablen „digitale
Führungskompetenz“ ist es nicht erstaunlich, dass die
Mittelwertunterschiede für dieses Item sich rund um den
Wert 3,0 ansiedeln.
Einzig für die Altersgruppen zeigen sich signifikante Unter-
schiede. Die 20-30Jährigen (MW= 3,00) und die Alters-
gruppe der über 60Jährigen (MW= 2,90) sehen hier in
Relation zu den anderen Altersgruppen (MW= 3,16 bis
MW= 3,23) die meisten Defizite bei der digitalen Füh-
rungskompetenz. Auf die besondere Bedürftigkeit der Äl-
teren, von Führungskräften bei der Umstellung begleitet
4.1 3 Entwicklungspotenz ial der Behörde
Für die Ausgestaltung von mobiler Arbeit durch Dienstver-
einbarungen, aber auch bei deren Implementierung und
der Begleitung der Bediensteten ist es außerordentlich
wichtig, ob die behördlichen Rahmenbedingungen für ei-
nen weiteren Ausbau mobiler Arbeit für günstig gehalten
werden. Die veränderten Arbeitsbedingungen während
der Pandemie haben hierbei wie eine Art Crashtest ge-
wirkt, in der die behördliche Eignung unter Beweis gestellt
werden konnte. Aber hat das auch zu Optimismus für eine
Ausweitung geführt?
Bei der Itemgruppe zum Potenzial für mobiles Arbeiten in
der Behörde waren folgende Aussagen zu beurteilen:
Meine Behörde eignet sich weniger gut für eine um-
fangreiche Telearbeit/mobile Arbeit
Es wäre wünschenswert, wenn meine Dienststelle Te-
learbeit bzw. mobiles Arbeiten in Zukunft ausbauen
würde
Das Arbeiten im Homeoffice hat sich auf die Funktions-
tüchtigkeit der Behörde negativ ausgewirkt
Halten Sie die Dienstvereinbarung zur Telearbeit zur
mobilen Arbeit ihrer Dienststelle für fortschrittlich?
Hier waren folgende Antwortkategorien möglich: nein
- eher nicht - teilweise - eher ja - ja sehr.
Die große Mehrheit sieht Potenzial
88,9 % der Befragten halten ihre Behörde für ge-
eignet, um umfangreiches mobiles Arbeiten zu
realisieren. Nur 6 % halten ihre Behörde für nicht (oder
eher nicht) geeignet.
Auch wenn man davon ausgehen kann, dass in einigen der
untersuchten Behörden der Anteil mobiler Arbeit bereits
hoch ist, stimmen 90,1 % eher oder vollkommen zu,
dass mobiles Arbeiten ausgebaut werden soll. Nur
3,7 % stimmen eher nicht oder gar nicht zu und nur 6,3 %
geben teils/teils an.
Die Antworten entsprechen dem, was im Rahmen von
Gesprächen zum ersten Teilprojekt - Vergleich von
Dienstvereinbarungen zum mobilen Arbeiten - häufig von
den Behörden thematisiert wurde, die Telearbeit oder
mobiles Arbeiten in großem Umfang praktizieren und sie
bereits sehr lange anbieten: Mit jeder Flexibilisierung
werden die Überzeugung und die Erfahrung ge-
stärkt, dass mobiles Arbeiten funktioniert und
Leistungen sich eher verbessern als verschlech-
tern (Eckert, 2020b).
Auf die Funktionstüchtigkeit der Behörde hat sich aus Sicht
von 7,1 % Befragten mobiles Arbeiten negativ auswirkt.
83,9 % sehen die Funktionstüchtigkeit eher nicht oder gar
nicht beeinträchtigt. 9 % geben teils/teils an.
zu werden, wurde bereits mehrfach hingewiesen. Dass
auch die jüngste Altersgruppe digitale Führungskompetenz
weniger optimistisch einschätzt, könnte damit zu tun ha-
ben, dass sie als digital Natives im Umgang mit digitalen
Tools und digitaler Kommunikation zuweilen den eigenen
Vorgesetzten überlegen sind und Optionen digitaler Zu-
sammenarbeit besser kennen oder unbefangener als ihre
überwiegend älteren Vorgesetzten nutzen. Erinnern wir
uns: Führungskräfte gehören zu über 40 % in der vorlie-
genden Stichprobe der Altersgruppe der 51 bis über 60Jäh-
rigen an.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
30
Die Fortschrittlichkeit der Dienstvereinbarung
wurde in einem spezifischen Antwortformat gleich am
Anfang des Erhebungsinstrumentes erhoben. Um das Po-
tenzial der Behörde für die Ausweitung mobiler Arbeit
einschätzen zu können, ist es wichtig, ob Beschäftigte die
gegenwärtigen formalen Spielräume für ausreichend oder
ausbaufähig halten.
Offensichtlich verfügen einige Behörden über Dienstver-
einbarungen, die von den Beschäftigten für fortschrittlich
gehalten werden. 28 %* geben „ja sehr“ und 27,3 % „eher
ja“ an. Das heißt, über 50 % der Befragten gehen
davon aus, dass innerhalb der eigenen Behörde
gute formale Voraussetzungen für eine fortschritt-
liche Ausgestaltung bestehen. (Abbildung 10). Aller-
dings muss davon ausgegangen werden, dass für ein Fünftel
(21 %) das Potenzial für eine Neuausrichtung deutlich, für
ein weiteres Fünftel (21,5 %) teilweise vorhanden ist.
2,4 % geben „weiß nicht“ an.
* enthalten sind auch unvollständige Bögen, die für die spätere Auswer-
tung nicht hinzugezogen wurden
4.1 4 Die Ro lle der Vorerfah run g für die Potenzialbewertung der Behörde
Die Erfahrungen mit mobiler Arbeit vor der
Corona-Pandemie hat positive Effekte auf die
Potenzialeinschätzung für die Behörde. Die
Eignung wird für höher gehalten und folglich
die möglichen Funktionseinbußen durch mo-
biles Arbeiten für geringfügiger. Beschäftig-
te, die bereits eingeübt sind, wünschen
sich den Ausbau noch deutlicher als
Beschäftigte, deren Erst-Erfahrung
überwiegend auf die Corona-Zeit zu-
rückzuführen ist. Von weniger Erfahrenen
wird der Wunsch nach Erweiterung annä-
hernd so deutlich formuliert wie von erfahre-
nen mobil Arbeitenden.
Abbildung 10: Fortschrittlichkeit der Dienstvereinbarung
Meine Behörde
eignet sich
weniger gut für
eine umfangrei-
che Telearbeit/
mobile Arbeit
Es wäre wün-
schenswert,
wenn meine
Dienststelle
Telearbeit bzw.
mobiles Arbei-
ten in Zukun
ausbauen würde
Das Arbeiten im
Home Oce hat
sich auf die
Funkonstüch-
gkeit der Be-
hörde nachteilig
ausgewirkt.
Halten Sie die
DV zur mobilen
Arbeit/
Telearbeit für
fortschrilich?
mit Homeoce-
Erfahrungen vor
Corona (N= 826)
1,35 4,70 1,62 3,73
ohne Vorerfahrung
im Homeoce
(N= 714)
1,58 4,44 1,85 3,43
1 = s tim me nic ht zu, 2 = st imme eher ni cht z u, 3 = teils/ teils, 4 = st imme eher zu,
5 = s tim me vol lko mmen zu
Tabelle 7: Potenzial der Behörde und Vorerfahrung
31
Abbildung 11: Potenzial der Behörde und die Modernität der Dienstvereinbarung
Gruppenvergleiche
Aufgrund der sehr positiven Beurteilungen zu den behör-
denbezogenen Potenzialen, sind die Unterschiede zwischen
einzelnen Gruppen nicht sehr aussagekräftig.
Teilzeitbeschäftigte (MW= 1,36) haben weniger Zweifel
als Vollzeitbeschäftigte (MW= 1,48), dass die Behörde
sich für umfangreiche mobile Arbeit eignet (p< .05).
Etwas Ähnliches gilt für altersspezifische Muster. Wiede-
rum sind es die über 60Jährigen, die sich hinsichtlich der
Richtung ihrer Einschätzungen bei den Variablen Behör-
deneignung und wünschenswerter Ausbau von mobiler
Arbeit (MW= 4,35) von den anderen Gruppen (MW zu-
sammengefasst über 4 Altersgruppen = 4,0) unterschei-
den.
Führungskräfte der Laufbahngruppe 2.2 halten es für etwas
weniger wünschenswert, dass die Behörde mobiles Arbei-
ten ausbaut (MW= 4.40) als die anderen beiden Gruppen
(MW= 4.62, Beschäftigte ohne Führungsverantwortung,
MW= 4.58, Führungskräfte der LG 2.1).
Modernität der Dienstvereinbarung
Aus Teilprojekt 1 wurde die Modernität der Dienstverein-
barungen (Teilprojekt 1, Eckert 2020b) ermittelt.
Dienstvereinbarungen mit eher klassischer Orientierung
konnten solchen mit einer eher flexiblen gegenübergestellt
werden.
Beschäftigte aus Behörden mit einer eher klassischen Aus-
richtung halten es für wünschenswerter, dass die Behörde
mobiles Arbeiten ausweitet (MW= 4,70) als Beschäftigte
von Behörden mit einer eher flexiblen Ausrichtung (MW=
4,50, p< .01). Die klassische Ausrichtung wird zudem für
weniger fortschrittlich gehalten (MW= 2,83) als die fle-
xible Ausrichtung (MW= 4,10, p< .001), was die Validi-
tät der Variablen „Modernität“ bestätigt (Abbildung 11).
Überraschend aber plausibel ist, dass Beschäftigte, die bis-
her unter wenig flexiblen Bedingungen im Homeoffice
arbeiten konnten, weniger optimistisch sind, dass ihre Be-
hörde sich für umfangreiches mobiles Arbeiten eignet
(MW= 1,61 gegenüber MW= 1,36 bei flexiblen Lösun-
gen). Sie meinen zwar auch, dass die Funktionstüchtigkeit
eher nicht gelitten hat, allerdings drückt das Datenmuster
auch hier eine größere Skepsis aus (MW= 1,85 gegenüber
MW= 1,65, p< .001).
Es bestätigt sich ein Effekt, der bei Anpassung an neue Ver-
hältnisse häufiger zu beobachten ist. Die handfeste Er-
fahrung mit Herausforderungen kann auf lange
Sicht Sicherheit und Orientierung geben und
letztlich Skepsis abbauen.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
32
4.1 5 Behördenbezoge ne Empfehlungen
Aus den Erfahrungen mit mobiler Arbeit resultieren generali-
sierte Haltungen. Mit der letzten Itemgruppe, die die Effekte
von mobiler Arbeit messen, wurde erhoben:
Wie stark flexibles Arbeiten insgesamt begrüßt wird: Man
sollte Arbeitsformen grundsätzlich so flexibel wie möglich
gestalten,
ob mobiles Arbeiten zur Erhöhung der Arbeitszufrieden-
heit beitragen kann: Telearbeit/mobile Arbeit ist ein gu-
tes Instrument zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit.
Das Commitment für mobiles Arbeiten in der Behörde:
Die Akzeptanz gegenüber Telearbeit/mobiler Arbeit hat
sich in meiner Behörde durch Corona erhöht.
Der Wunsch nach Begleitung durch die Behörde bei der
Umstellung auf das Arbeiten im Homeoffice (z. B. durch
Informationen, Fortbildung, online-Impulse).
Nach den Erfahrungen mit den vorauslaufenden Befragungs-
ergebnissen ist es nicht erstaunlich, dass das Ausmaß der Zu-
stimmung auch bei diesen Variablen enorm hoch ist. 90,4 %
der Befragten stimmen eher oder vollkommen zu,
dass eine grundsätzliche Flexibilisierung begrüßt
wird - 70,8 % stimmen der Aussage vollkommen zu.
90,3 % halten mobiles Arbeiten für ein gutes Instrument
zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit (24,1 % -
stimme eher zu, 66,2 % stimme vollkommen zu).
Hinsichtlich der Frage, ob sich in der Behörde Akzeptanz
gegenüber mobiler Arbeit erhöht hat, schätzen die
Befragten die Lage differenzierter ein: 8,3 % stimmen der
Aussage eher nicht oder gar nicht zu, 16,9 % beantworten das
Statement mit teils/teils und 74,8 % können über eine gestie-
gene Akzeptanz (37,7 % stimmen vollkommen zu) berichten.
61,8 % sehen die Notwendigkeit, dass die Behörde
die Umstellung auf mobiles Arbeiten durch Fortbil-
dung begleitet. Sie stimme eher oder vollkommen zu.
Die Rolle der Vorerfahrungen
Beschäftigte mit Erfahrungen schätzen flexibles Arbeiten sehr
und begrüßen ein möglichst großes Ausmaß an Flexibilisie-
rung. Sie halten mobiles Arbeiten als Instrument zur
Steigerung der Arbeitszufriedenheit für wirksamer
als Beschäftigte ohne Vorerfahrungen. Und sie schät-
zen den Anstieg der Akzeptanz in ihrer Behörde höher ein als
Beschäftigte ohne Vorerfahrung vor der Corona-Zeit (Tabelle
8). Tendenziell aber nicht signifikant wünschen sich Beschäf-
tigte ohne Vorerfahrung mehr Unterstützung in Form von
Fortbildung usw.
Man sollte Arbeitsfor-
men grundsätzlich so
exibel wie möglich
gestalten.
Telearbeit/mobile Arbeit
ist ein gutes Instrument
zur Erhöhung von Ar-
beitszufriedenheit.
Die Akzeptanz gegenüber
Telearbeit/mobiler Arbeit
hat sich in meiner Behör-
de durch Corona erhöht.
Die Umstellung auf Telear-
beit bzw. auf das Arbeiten
im Homeoce sollte mei-
ne Behörde zukünig
intensiver gebleiten ( z. B.
durch Informaonen,
Fortbildung, online-
mit Homeoce-
Erfahrungen vor
Corona (N= 826)
4,68 4,63 4,09 3,69
ohne Vorerfahrung im
Homeoce (N=
714)
4,47 4,43 3,91 3,78
1 = s tim me nic ht zu, 2 = st imme eher ni cht z u, 3 = teils/ teils, 4 = st imme eher zu, 5 = s timme vol lko mmen zu
Tabelle 8: Behördenbezogene Empfehlungen und Vorerfahrung
33
Abbildung 12: Instrument zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit - Altersunterschiede
Gruppenvergleiche
Es ist auffällig, dass bei den Gruppenvergleichen zu den
Empfehlungen überwiegend Altersgruppeneffekte ins Ge-
wicht fallen. Während die Einschätzung aller Altersgrup-
pen bezogen auf die Aussage „Man sollte Arbeitsformen
grundsätzlich so flexibel wie möglich gestalten“ in etwa
gleich hoch ausfällt (p> .07), nimmt die Einschätzung, dass
mobiles Arbeiten ein geeignetes Instrument zur Erhöhung
der Arbeitszufriedenheit mit dem Alter kontinuierlich ab
(Abbildung 12), liegt jedoch immer noch oberhalb des Wer-
tes 4.0 (stimme eher zu).
Zur Erklärung dieses Trends bieten sich verschiedene Per-
spektiven an.
1. Es könnte sein, dass das Konstrukt „Arbeitszufrieden-
heit“ für jüngere Beschäftigte eine andere Bedeutung hat
als für ältere Beschäftigte. Insbesondere in den Diskussio-
nen und Fortbildungsmaßnahmen spielt es in den letzten
10 Jahren Arbeitszufriedenheit als Hygienefaktor eine
deutlich größere Rolle als früher.
2. Es kann ferner sein, dass Arbeitszufriedenheit insbeson-
dere der jungen Generation (Generation Y) aufgrund ihrer
Werteorientierung wichtiger ist als Älteren. Aus Studien
weiß man, dass die Arbeitsbedingungen zunehmend dar-
über entscheiden, ob junge Beschäftigte den Job wechseln.
Zufriedenheit und günstige Entwicklungsbedingungen
spielen für sie eine größere Rolle als für ältere Generatio-
nen (Hurrelmann, 2016, INQa, 2016) .
3. Lebenserfahrung kann dafür verantwortlich sein, dass
Beschäftigte Arbeitszufriedenheit mit komplexeren Erfah-
rungen als nur mit Arbeitsbedingungen in Verbindung
bringen.
Führung und Arbeitszufriedenheit
Führungskräfte der Laufbahngruppe 2.2 schätzen die Ge-
eignetheit mobiler Arbeit als Instrument zur Steigerung
von Arbeitszufriedenheit ebenfalls geringfügiger ein als die
beiden anderen Gruppen (MW= 4,41, gegenüber MW=
4,56). Der Unterschied ist zwar statistisch signifikant
(p< .05), aber klein.
Positives Resümee -Privatleben
Ziehen Personen hinsichtlich der Auswirkungen von mobi-
ler Arbeit auf das Privatleben ein eher negatives Resümee,
wird erwartet, dass mobile Arbeit auch als Instrument zur
Steigerung von Arbeitszufriedenheit (MW= 4.05) weniger
taugt. Zwar wird insgesamt der positiven Wirkung eher
zugestimmt, jedoch auf einem deutlich niedrigeren Niveau
als bei denjenigen, die ein positives Resümee für ihr Privat-
leben ziehen (MW= 4,75, p< .001).
Zugleich hält diese Zielgruppe die Dienstvereinbarung
ihrer Behörde für fortschrittlicher (MW= 3,77) als die
Gruppe mit einem positiven Resümee zum Privatleben
(MW= 3,55), was ein Indikator dafür sein könnte, dass
eine positiv, optimistische Grundhaltung umgekehrt auch
eine konstruktiv kritische Haltung gegenüber der formalen
Ausgestaltung in Dienstvereinbarungen auslöst.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
34
Zusammenfassung
Je umfangreicher die Vorerfahrungen der Beschäftigten mit
mobiler Arbeit, desto höher wird das Potenzial der Behör-
de für eine Ausweitung von mobiler Arbeit gehalten.
Bei der Einschätzung darüber, ob mobiles Arbeit sich als
Instrument zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit eignet,
zeigt sich, wie schon häufiger im Rahmen der vorliegenden
Auswertung, ein Alterseffekt. Ältere Beschäftigte liegen
hier etwas unterhalb der Werte der jüngeren Gruppen,
allerdings auf sehr hohem Niveau. Das heißt, Jüngere
schätzen den Nutzen höher ein.
Darüber hinaus korrespondiert ein Resümee, dass mobiles
Arbeiten sich positiv auf das Privatleben auswirkt, mit ei-
ner leicht kritischeren Haltung, dass mobiles Arbeiten Ar-
beitszufriedenheit positiv beeinflusst.
Was die Unterstützung durch Fortbildung, Information
usw. angeht, so herrscht weitgehend Einigkeit. Über 60 %
der Befragten meinen, die Behörde sollte hier intensiver
unterstützen.
5 Ps yc holog ische Einflussfa ktoren
Bereits bei der Operationalisierung der Variablen wurden
im Erhebungsinstrument Items konzipiert, mit deren Hilfe
einige zusätzliche Hypothesen getestet werden konnten.
Im Wesentlichen geht es um die Erfassung von Zusammen-
hängen, die psychologische Bedürfnisse und Fähigkeiten
der Befragten betreffen (Übersicht: siehe Variablenliste im
Anhang)
Schwerpunkt der bisherigen Auswertung waren neben der
Betrachtung der Wünsche für eine zukünftige Ausrichtung
mobiler Arbeit, die Teamqualität und die wahrgenommene
Belastung durch die Umstellung auf das Arbeiten im
Homeoffice im Bereich der demografischen, biografie–
und funktionsbezogenen Variablen.
Ein überwiegender Teil der Befragten meldet zurück, dass
es sowohl gelungen ist, einen guten Kontakt zum Team zu
behalten und durch das Team gestützt zu sein. Die Anteil
der Befragten, der über positive Effekte berichtet, liegt bei
den betreffenden Variablen um 70 %. Aber es gibt auch
Personen, die qualitative Einbußen verzeichnen. Das glei-
che gilt für die Belastungsvariablen. Auch hier muss man
davon ausgehen, dass etwa 25 % der Befragten Belas-
tungen während der Zeit im Homeoffice erfahren
bzw. an sich wahrnehmen. Auch ist es wahrscheinlich,
dass sich mit der Länge eines Lockdowns, wie er seit No-
vember 2020 in Deutschland das Leben bestimmte, Belas-
tungen durch die Arbeit im Homeoffice kumulieren. Wel-
che moderierenden Variablen für eine beeinträchtigte
Teamqualität und Kollaboration und auch Belastung ver-
antwortlich sein können, soll im Folgenden dargestellt
werden.
Grundlage für die Auswertung in Kapitel 5 sind fünf psy-
chologisch begründete Hypothesen:
Hypothese 1: Die Wahrnehmung von Teamquali-
tät und Belastung ist von individuellen Bedürfnis-
sen abhängig, beispielsweise vom Bedürfnis nach
sozialem Anschluss (Baumeister & Leary, 1995).
Personen, die ein starkes Bedürfnis nach sozialen Kontak-
ten in ihrem Team mitbringen und folglich den sozialen
35
ten zu erweitern, reichern Ressourcen an und er-
leben weniger Belastung. Die Rolle des Teams
kann dabei von Relevanz sein, sodass sich bei den
Teamvariablen Effekte zeigen sollten. Einübung und
akzelleriertes Lernen in Transitionen sind Schlüsselelemen-
te zur Bewältigung von Krisen (Welzer, 1993). Die Wahr-
nehmung vorhandener Ressourcen ist relevant für die Be-
wältigung von Stress (Lazarus, 1995, Lazarus & Folkman,
1984). Können Fähigkeiten und Fertigkeiten schnell und
passgenau angereichert werden, hat dies Konsequenzen für
das Wohlbefinden und das Ausmaß erlebter Selbstwirk-
samkeit.
Das Item für die Messung digitalen Kompetenzzuwachses
lautet: „Ich konnte meine Fähigkeiten in der Corona-Zeit
erweitern“. 32,9 % der Befragten bestätigen diese Erwei-
terung nicht. Bei dieser Gruppe ist nicht ausgeschlossen,
dass unter ihnen auch Personen zu finden sind, die bereits
über sehr gute digitale Fähigkeiten verfügen. 22,1 % geben
teils/teils an und 45 % stimmen der Aussage eher oder
voll zu (zusammen 67,1 %). Die beiden Untergruppen
werden im Folgenden als Personen mit „digitalem Kompe-
tenzzuwachs“ und „wenig/ohne digitalen Kompetenzzu-
wachs“ bezeichnet.
Hypothese 4: Beschäftigte, die bezogen auf ihr
Privatleben ein positives Resümee ziehen, zeigen
mehr Akzeptanz gegenüber mobilem Arbeiten
und weniger Belastungen als Personen, die das
Privatleben für beeinträchtigt halten.
Eine generalisierte, positive Einschätzung im Sinne realis-
ten Optimismus ist ein Indikator dafür, dass eine erlebte
Veränderung insgesamt angenommen und akzeptiert wird.
Eine solche positive Beurteilung (globaler Nutzen) ist für
eine von Resilienz begleitete Bearbeitung von Herausfor-
derung außerordentlich wichtig (Gabriel, 2011). Es wird
davon ausgegangen, dass Personen, die positive Effekte
anerkennen, weniger große Probleme haben, umstellungs-
bezogene Herausforderungen gesund zu bewältigen - sei es
weil sie über Ressourcen verfügen, oder weil es ihnen per-
sönlichkeitsbedingt oder situativ (z. B. bei vorhandener
Hilfe beim Homeschooling) gelingt, Privates gut von Be-
ruflichem zu trennen. Es wird daher erwartet, dass Perso-
nen mit einem positiven Resümee insgesamt weniger be-
lastet sind, als Personen, die eher die negativen Konse-
quenzen für das eigene Privatleben im Fokus haben und
umgekehrt.
Kontakt grundsätzlich sehr schätzen, vermissen die Zusam-
menarbeit in der Präsenzzeit nicht nur stärker, sie profitie-
ren auch fachlich von der Zusammenarbeit im Team und
erwarten folglich geringfügigere Teamleistungen durch die
ausgedehnte Arbeit im Homeoffice.
Das Item, das dieses Anschlussbedürfnis widerspiegeln
soll, lautet: „Durch meine oder die mobile Arbeit/Tele-
arbeit der Kolleg*innen hat mir in der Corona-Zeit der
kollegiale/menschliche Kontakt zu meinem Team gefehlt“.
Die Stichprobe konnte aufgrund der Verteilung in zwei
Gruppen unterteilt werden. Die eine Untergruppe wird
im Folgenden „sozial Interessierte“ (34,8 %, Antworten:
teils/teils, eher ja, ja vollkommen) und die andere Unter-
gruppe „Vergleichsgruppe“ (65,2 %) genannt. Letztere
formuliert ein geringfügigeres Interesse.
Hypothese 2: Beschäftigte, denen eine gute Balan-
ce zwischen Beruf und Privatleben herstellen
können und denen die Trennung von beruflichen
und privaten Belangen im Homeoffice gelingt,
berichten hinsichtlich der Team- und der Belas-
tungsvariablen über positive Entwicklungen.
Als gut belegt gilt, dass Menschen sich dahingehend unter-
scheiden, wie gut sie Anforderungen ihres beruflichen Le-
bens von Anforderungen in ihrem Privatleben trennen
können oder wollen. Man spricht in diesem Zusammen-
hang von vorhandener oder mangelnder Grenzkongruenz.
In Studien konnten zudem so genannte Boundary-Typen
gefunden werden (Kreiner et al., 2009, Nippert-Eng,
1996), die die Stärke Bindung an die Arbeitsumgebung
abbilden. Mangelnde Grenzkongruenz, also zu wenig Ab-
grenzung zu Umgebungsreizen, macht sich u. a. durch
verstärkte Work-Home-Konflikten und Leistungseinbußen
bemerkbar. Es geht also darum, wie stark eine Person die
Grenze zwischen Arbeit und Berufsleben zieht. Davon ist
es abhängig, ob durch die erhöhte Flexibilität das Arbeiten
im Homeoffice begrüßt wird oder ob die Arbeitsform in
der Umstellungszeit/auf Dauer als belastend erlebt wird.
Mit dem folgenden Item wurde die entsprechende Ten-
denz erhoben: „ Die mangelnde Trennung von Privatleben
und Arbeit ist mir schwer gefallen“. 26,2 % bestätigen
diese Aussage teilweise, eher oder vollkommen.
Hypothese 3: Personen, denen es während der
überraschenden Umstellung auf Arbeiten im
Homeoffice gelungen ist, ihre digitalen Fähigkei-
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
36
Gemessen wurde dieser Aspekte mit Hilfe des Items: „Auf
mein Privatleben hat sich die veränderte Form der Zusam-
menarbeit positiv ausgewirkt“. Immerhin 30,2 % der Be-
fragten stimmen dieser Aussage nur teilweise, eher nicht
oder gar nicht zu. Die Teilung in zwei Untergruppen er-
laubt den Vergleich zwischen den „Beschäftigten, die ein
positives Resümee ziehen“ (69,8 %) und denen, deren
„Resümee teilweise oder eher negativ ausfällt“.
Hypothese 5: Beschäftigte, die davon ausgehen,
dass ihre Vorgesetzten auf die veränderten Her-
ausforderungen gut vorbereitet sind, bewältigen
die Umstellung besser als Beschäftigte, die Füh-
rungskräfte für nicht gut vorbereitet halten. Das
schlägt sich sowohl im Bereich der Teamqualität
als auch bei den wahrgenommenen Belastungen
nieder.
Führung ist auch im Zusammenhang mit mobiler Arbeit
ein Schlüsselfaktor. Führungskräfte mit einer guten digita-
len Kompetenz - sei es, weil diese bereits Erfahrung mit
einer Führung auf Distanz haben, weil sie wenig Vorbehal-
te hegen und darüber hinaus auch konkrete digitale Fähig-
keiten vorweisen können - sind in der Regel mitarbeiter-
orientiert, strukturieren gut, erlauben mehr Spielräume
und steuern über Ziele und Feedback (Hoch & Kozlowski
2014, Wesche et al., 2015). Häufig schätzen und praktizie-
ren sie mobiles Arbeiten auch selbst.
Führungskräfte, die sich in digitalen Welten schlechter
auskennen, zudem die Präsenz als Arbeitsform präferieren
oder den Verlust von Kontrolle befürchten, sind oft weni-
ger in der Lage, auf Distanz die Bedürfnisse ihrer Mitarbei-
tenden zu erkennen und über soziale oder digitale Instru-
mente Kollaboration aufrechtzuerhalten und Leistungsori-
entierung zu initiieren. In der Folge können sich Teamleis-
tungen verschlechtern und Belastungen erhöhen.
36,5 % der Befragten geben an, dass Führungskräfte teil-
weise auf die veränderten Herausforderungen durch Tele-
arbeit/mobiles Arbeiten vorbereitet sind. Das kann bedeu-
ten, das manche Führungskräfte gut, andere schlecht oder
aber einzelne Führungskräfte in Teilbereichen gut oder
schlecht vorbereitet sind. Für eher oder vollkommen gut
vorbereitet halten in der vorliegenden Stichprobe 38,1 %
ihre Vorgesetzten. Von schlecht vorbereiten Führungskräf-
ten berichten 25,3 %.
Die Aufteilung erfolgt in zwei Untergruppen an den ein-
deutig positiven bzw. negativen Polen der 5-Punkte-
Antwortskala. Gruppe 1 wird als „hohe digitale Führungs-
kompetenz“ (38,1 %) und die zweite Gruppe als „niedrige
digitale Führungskompetenz“ (25,3 %) operationalisiert.
Personen, die als Antwort „teils/teils“ angaben, wurden
bei der Auswertung nicht berücksichtigt.
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse zu den Team- und
Belastungsvariablen jeweils in einem Netzdiagramm darge-
stellt. Die Variablen sind im Netz immer so angeordnet,
dass am oberen Rand diejenige Variable lokalisiert ist, bei
der der Mittelwertunterschied zwischen den jeweiligen
Vergleichsgruppen am größten ist. Im Uhrzeigersinn ver-
ringern sich die Unterschiede. Bei Variablem mit einem *
sind die Unterschiede statistisch signifikant, p<. 05.
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist darauf zu achten,
dass in den Abbildungen Korrelationen abgebildet werden.
Auch wenn es zuweilen so aussieht, dass manche Einflüsse
die Ursache für bestimmte Effekte sein können, kann eine
echte Kausalität in der Regel nicht unterstellt werden, weil
die Variablen für Gruppenvergleiche aus abhängigen Vari-
ablen generiert wurden. So ist es zwar naheliegend, dass
beispielweise gut vorbereite Führungskräfte ihr Team bes-
ser in Umbruchphasen unterstützen und Belastungen
dadurch reduziert werden. Es ist jedoch auch möglich, dass
im Einzelfall aufgrund suboptimaler Teamleistungen die
Leistung der Führungskraft für geringfügiger gehalten wird.
Es zeigt sich jedoch bezogen auf alle in den Hypothesen
verankerten Variablen, dass Korrespondenzen vorliegen,
sodass davon auszugehen ist, dass hieraus fruchtbare
Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung von mobiler Ar-
beit gezogen werden können.
37
5.1 Da s Bedürfnis n ac h sozialem Anschlu ss - Teamqualität
34,8 % der Befragten geben an, dass ihnen der Kontakt
zum Team durch die Arbeit im Homeoffice teilweise, eher
oder sehr fehlt. 65,2 % empfinden die Distanz zum Team
als weniger problematisch.
Der Vergleich dieser zwei Gruppen erbrachte sowohl für
die Teamvariablen, als auch für die Belastungsvariablen
signifikante Unterschiede. Personen, die stark an Kontak-
ten im Team interessiert sind, berichten über Team-
Einbußen und höhere Belastungen. Abbildung 13 fasst die
Ergebnisse zu den Teamvariablen zusammen.
Sozial Interessierte berichten in stärkerem Maß über Nach-
teile bei der Zusammenarbeit und bezogen auf die Team-
leistung als die Vergleichsgruppe. Dass sie zudem angeben,
sie hätten weniger gut Wege im Team zur Kompensation
gefunden, spricht dafür, dass für Menschen mit star-
kem Interesse der persönlichen Kontakten die
Nähe zu Menschen generell schlechter durch di-
gitale Kommunikation zu ersetzen ist.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 13: Teamqualität und soziales Interesse
38
5.2 Da s Bedürfnis n ac h sozialem Anschlu ss - Belastun gen
Das Datenmuster zu den Teamvariablen lässt sich für die Be-
lastung durch mobiles Arbeiten replizieren (Abbildung 14).
Sozial besonders Interessierten fällt die Trennung von Be-
ruflichem und Privatem in Relation zur Vergleichsgruppe
schwerer. Sie berichten über weniger positive Auswirkun-
gen auf das Privatleben und dauerhaft stärkere Belastungen
durch mobiles Arbeiten. Der Schutz durch die Arbeit im
Homeoffice wird von ihnen weniger stark gewürdigt und
auch die gesundheitlichen Vorteile werden weniger stark
in den Fokus genommen als von der Vergleichsgruppe.
Die Relevanz sozialer Kontakte hat demzufolge entweder
Konsequenzen für das Wohlbefinden oder erhöhte Belas-
tungen führen dazu, dass soziale Kontakte in besonderem
Maße benötigt werden (Seiffge-Krenke, 1998), um diese
zu reduzieren. Untersuchungen bestätigen bei einem star-
ken Anschlussbedürfnis und gleichzeitiger Distanz zu ande-
ren ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen
(Cacioppo & Patrick, 2008, Baumeister & Leary, 1995,
Eisenberger et al., 2003).
Beide Interpretationsvarianten bestätigen, wie wichtig es
ist, bei der Umstellung auf mobiles Arbeiten sozialen Res-
sourcen besonders viel Aufmerksamkeit zu schenken.
Abbildung 14: Belastung und soziales Interesse
39
Abbildung 15: Teamqualität und Abgrenzungsfähigkeit
5.3 Abg re nz ung zwischen Ber uflic he m und Pr ivatem - Teamqualitä t
Die Forschung zu Boundary-Typen zeigt: Zu den Segmen-
tierenden gehören die Personen, die von einer klaren
Trennung zwischen Beruflichem und Privatem profitieren.
Sie sind dann leistungsfähig, wenn sie z. B. am dienstlichen
Arbeitsplatz nicht durch private Reize oder Verpflichtun-
gen abgelenkt werden. Eine langfristige Belastung kann für
Segmentierende umgekehrt dadurch ausgelöst werden,
weil im häuslichen Umfeld dienstliche Belange einen hohen
Aufforderungscharakter haben, sodass es zu keiner adäqua-
ten Abgrenzung kommen kann. Im dienstlichen Kontext
werden Tagestaktungen stark durch Rituale (z. B. kurze
gemeinsame Pausen und Regelaktivitäten) bestimmt. In-
tegrierende können sich unabhängig von äußeren Reizen
konzentrieren und auch konsequent Abgrenzungen vor-
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
nehmen. Die Leistungsfähigkeit an sich ist unabhängig von
dieser Grundorientierung (Kreiner et al., 2009). Wichtig
ist, dass Beschäftigte die Rahmenbedingungen vorfinden,
die zu ihrer Stärke passen und dass bei der Ausgestaltung
von mobiler Arbeit auf eine möglichst optimale Umge-
bungsgestaltung, Begleitung oder Struktur gebende Rituale
und Routinen geachtet wird und Führungskräfte Entgren-
zungsrisiken im Homeoffice wahr- und ernst nehmen
(BAUA, 2019, Beermann et al. 2018). Abbildung 15 zeigt:
Beschäftigten, denen die Abgrenzung von Pri-
vatem und Beruflichem gut gelingt, fehlt der Kon-
takt zum Team weniger als denjenigen, denen die-
se Abgrenzung schwerer fällt.
40
5.4 Abg re nz ung zwischen Ber uflic he m und Pr ivatem - Belastung
Können Abgrenzungsbedürfnisse nicht erfüllt werden, fällt
auch das Belastungsniveau höher aus. Die Variable mit dem
größten Unterschied zwischen Segregierenden und Integ-
rierenden betrifft die Beanspruchung durch Doppelbelas-
tung, was dafür spricht, dass bei dem Item nicht nur die
persönliche Abgrenzungstendenz, sondern auch konkret
fehlende Abgrenzungsmöglichkeiten eine Rolle spielen.
Beschäftigte, die Abgrenzungsschwierigkeiten
haben, leiden stärker unter der Doppelbelastung
im häuslichen Umfeld. Segmentierende sind darüber
hinaus deutlich stärker dauerhaft belastet als Integrierende,
was wiederum dafür spricht, dass eine gute Abgrenzungs-
fähigkeit ein protektiver Faktor für Belastungen im Home-
office darstellt. Allgemeine Einschätzungen zur Gesundheit
und zum Gesundheitsschutz unterscheiden sich zwischen
den beiden Untergruppen ebenfalls signifikant (p< .05),
die konkreten Überforderungen, die umstellungsbedingt
sind, weisen jedoch noch ein deutlicheres Muster auf
(Abbildung 16).
Das spricht dafür, dass Befragte, die leicht eine Grenzen
zwischen Privaten und Beruflichen ziehen können, bei der
Umstellung auf veränderte Arbeitsweisen schneller eine
Balance erzielen als diejenigen, deren Grenzkongruenz
geringfügig ausfällt.
Abbildung 16: Belastung und Abgrenzungsfähigkeit
41
5.5 Digita le r Kom pe tenzzuwachs - Tea mq ua lität
Zu den relevanten Faktoren in Veränderungsprozessen
oder Krisen gehören die vorhandenen persönlichen Res-
sourcen sowie die Fähigkeit, diese schnell anzureichern
(Welzer, 1993, von Felden, 2015).
Abbildung 17 bestätigt, dass der Zuwachs an digitalen Fä-
higkeiten mit einer positiven Teamqualität korrespondiert.
Zwar fallen die Unterschiede zwischen den beiden Unter-
gruppen weniger deutlich aus, als bei den anderen Grup-
penvergleichen in diesem Kapitel, aber sie sind durchge-
hend statistisch signifikant (p< .05).
Befragte, die über einen persönlichen Fortschritt
bezogen auf digitale Fähigkeiten berichten, fehlt
der persönliche Kontakt zum Team weniger. Sie
finden eher geeignete Wege, um im Kontakt zu bleiben
und fühlen sich stärker im Team aufgehoben als Personen
ohne oder mit wenigen Zuwächsen. Das mag daran liegen,
dass der versierte Umgang mit digitalen Tools oder Kom-
munikationsmethoden (z. B. Adobe Connect, Join oder
Zoom) Kontakte und Informationsaustausch befördern.
Ganz sicher trägt jedoch auch ein guter Teamzusammen-
hang dazu bei, dass sich digitale Fähigkeiten durch Zusam-
menarbeit und Teamsupport im Prozess besonders gut ge-
meinsam erweitern lassen.
Wenn Beschäftigte persönliche Ressourcen anreichern
können, wird das Risiko geschmälert, die Umstellung nicht
angemessen zu bewältigen.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 17: Teamqualität und der Zugewinn digitaler Fähigkeiten
42
Abbildung 18: Belastung und der Zugewinn digitaler Fähigkeiten
5.6 Digita le r Kom pe tenzzuwachs - B elas tung
Neu erworbene digitale Fähigkeiten mildern die wahrge-
nommenen Belastungen während der Covid-19 Pandemie.
Werden entsprechende Ressourcen erweitert, wird der
positive Effekt mobiler Arbeit auf das Privatleben stärker
bestätigt. Allgemeine gesundheitliche Vorteile und der
Gesundheitsschutz werden umfangreicher gewürdigt.
Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen fallen bei
den sozialen Belastungen (Probleme durch fehlende Kon-
takte) geringfügiger, wenn auch statistisch signifikant
(p< .05) aus. Auch für Belastungen, die sich aus dem Zu-
sammenspiel von Berufs- und Privatleben ergeben, scheint
die digitale Fähigkeit nicht so relevant zu sein wie dies bei
anderen Gruppenvergleichen in diesem Kapitel der Fall ist.
Es ist davon auszugehen, dass die persönliche Ressource
„digitale Fähigkeit“ eher mit einem unspezifisches Belas-
tungsempfinden als mit der Reduktion Belastungseinflüs-
sen, die sich aus der Balancierung von privatem und Beruf-
lichem ergeben, korrespondieren.
43
Abbildung 19: Teamqualität und die Positivität des Resümees
5.7 Positives Resümee - Teamqualit ät
Verschiedene Variablen tragen dazu bei, dass veränderte
Arbeits- und Lebensbedingungen angenommen und akzep-
tiert werden. Hierzu gehören soziale, persönliche aber
auch strukturelle Ressourcen ebenso wie eine optimisti-
sche Grundorientierung. Im Rahmen der vorliegenden
Befragung konnte auf die systematische Betrachtung und
das Zusammenspiel zwischen inneren Einstellungen/
Zuständen nicht im Einzelnen eingegangen werden. Es
zeigt sich jedoch, dass sich Personen dahingehend unter-
scheiden, inwiefern sie die Gesamtsituation eher mit einem
positiven Resümee für das Privatleben verbinden oder nicht.
Ein solches positives Resümee kann als protektiver Resili-
enzfaktor angesehen werden (Gabriel, 2011, Fergus &
Zimmerman, 2005).
Personen, die im Kontext der Untersuchung ein positives
Resümee ziehen, haben entweder tatsächlich positive Ef-
fekte durch mobiles Arbeiten erzielt und/oder sie verfü-
gen tendenziell eher über eine Art realistischen Optimis-
mus gegenüber den neuen Arbeitsbedingungen.
Für eine Interpretation in Richtung des ersten vermuteten
Zusammenhangs würde sprechen, wenn Personen mit
nachweislich hoher Doppelbelastung zu Hause (z. B. durch
Kinderbetreuung oder Pflegeverantwortung) zu einer ins-
gesamt eher gemäßigten Nutzen-Einschätzung kämen. Die
konkrete familiäre Doppelbelastung hat jedoch keinen Ein-
fluss auf das positive Resümee. Hinsichtlich der Variablen
„Auf mein Privatleben hat sich die veränderte Form der
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
44
Zusammenarbeit positiv ausgewirkt“ zeigen sich z. B. keine
Mittelwertunterschiede zwischen Eltern und Nicht-Eltern
oder Menschen mit oder ohne Pflegeverantwortung
(p> .10).
Demografische und funktionsbezogene Merkmale scheinen
die Positivität des Resümees jedoch zu beeinflussen: Ältere
(über 51Jährige, MW= 3.75) unterscheiden sich diesbe-
züglich von Jüngeren (MW in den Altersgruppen zwi-
schen 3,88 und 4,09) und Beschäftigte ohne Führungsver-
antwortung (MW= 3,95) von Beschäftigten mit Führungs-
verantwortung in der LG 2.2 (MW= 3,65). Nahliegend
ist, dass bei Älteren die Umstellung auf mobiles Arbeiten
aufgrund bisheriger Gewohnheiten mit größeren Hürden
verbunden ist und Führungskräfte der Laufbahngruppe 2.2
- die zu der Personengruppe gehören, die erstens durch-
schnittlich älter ist und zweitens vor der Corona-Zeit ge-
ringfügiger mobil arbeitete als Beschäftigte ohne Führungs-
verantwortung - vorübergehend eine größere Verantwor-
tungslast als ihre Mitarbeitenden spüren. Folglich dürfte das
Privatleben stärker beansprucht werden.
Befragte mit einem positiven Resümee zeigen sich hinsicht-
lich der Teamqualität bezogen auf alle Variablen optimisti-
scher als diejenigen, deren Resümee verhaltener ausfällt
(Abbildung 19). Sie fühlen sich in ihrem Team wohler, von
Kolleg*innen getragen und halten das Team auch für leis-
tungsfähiger.
5.8 Positives Resümee - Belastu ng
Bei der Einschätzung der Belastung zeigt sich, dass ein po-
sitives Resümee am stärksten mit dem Wegfall beeinträch-
tigender Rahmenbedingungen korrespondiert (Abbildung
20) . In den freien Antworten am Ende des Erhebungsin-
struments wurden dazu erläuternde Aussagen von Befrag-
ten formuliert. Es wird hervorgehoben, dass durch den
Wegfall langer Anfahrten freie Zeitfenster entstehen, die
für die Familie, Gesundheitsfürsorge (Sport) oder private
Aktivitäten genutzt werden. Durch das entzerrte Zeitkor-
sett entstehen also gesundheitsdienliche Optionen, die sich
positiv auf das Wohlbefinden auswirken und von dem das
Privatleben profitiert.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Aussage zu den
Rahmenbedingungen diejenige ist, die die größten Unter-
schiede zwischen Befragten mit einem positiven (MW=
4,45) und einem weniger positivem Resümee (MW=
3,29) produziert. Für Befragte mit einem positivem
Resümee konnten durch mobiles Arbeiten Belas-
tungen durch schlechte Rahmenbedingungen
rduziert werden.
Gelingt die Trennung zwischen Privatem und Beruflichem,
fällt das Resümee ebenfalls positiver aus. Ein positives Re-
sümee korrespondiert darüber hinaus mit der Wahrneh-
mung gesundheitlicher Vorteile und geringfügiger wahrge-
nommener Doppelbelastung.
Insgesamt zeigen Personen, die ein positives Resümee zie-
hen, ein deutlich geringeres Belastungsniveau als diejeni-
gen, die Auswirkungen auf das Privatleben stärker bekla-
gen. Dabei scheinen die objektiven Belastungsfaktoren
(wie z. B. Kinderbetreuung) weniger relevant zu sein als
die subjektiven Interpretationen und die Aspekte, die
durch den Wegfall bisheriger Belastungsfaktoren begüns-
tigt werden.
45
Abbildung 20: Belastung und Positivität des Resümees
5.9 Digita le Füh r un gskom petenz - Teamqualitä t
Mobiles Arbeiten stellt an Führungskräfte besondere Her-
ausforderungen. Mit der Verantwortungsverlagerung auf
Mitarbeitende kommt es zu einem Anstieg an Eigenverant-
wortung, jedoch auch zu einem erhöhten Risiko, dass Mit-
arbeitende in der häuslichen Umgebung stärker dysfunktio-
nalen Rahmenbedingungen ausgesetzt sind, die zu Leis-
tungs-, Motivations- und gesundheitlichen Einbußen füh-
ren können (Arbeitsplatzgestaltung, Ergonomie, Störungs-
potenzial, mangelnde Feedbackmöglichkeiten). Gegenüber
dem klassischen Führungsverständnis, das innerhalb der
öffentlichen Verwaltung stark hierarchischen Prinzipien
folgt, erfordert digitale Führung eine intensivere Orientie-
rung an Mitarbeiter*innenbedürfnissen und eine stärker
dezentrale Steuerung (Eckert, 2020a, Hoch & Kozlowski,
2014).
Dass digitale Führungskompetenz sich als Schlüsselfaktor
für Teamvariablen und Belastung erweist, wird durch die
ermittelten Datenmuster bestätigt.
Die Stichprobe wurde in zwei Teile geteilt. In der Teil-
gruppe „geringfügige digitale Fähigkeiten“ befinden sich
alle Befragten, die über Führungskräfte aussagen, dass sie
auf die Herausforderungen durch Telearbeit/mobiles Ar-
beiten eher nicht oder gar nicht vorbereitet sind (N= 367).
In der zweiten Teilgruppe befinden sich diejenigen Befrag-
ten, die eher oder vollkommen bestätigen, dass Führungs-
kräfte gut vorbereitet sind (N= 550). „Teils/teils“ Anga-
ben wurden bei dieser Auswertung nicht berücksichtigt. Es
handelt sich also im Folgenden um einen Extremgruppen-
vergleich.
Es zeigt sich, dass digitale Führungskompetenz
sich positiv auf alle Teamvariablen auswirkt: Die
Zusammenarbeit leidet weniger als unter gering-
fügiger digitaler Führungskompetenz, das Team
findet auf Distanz angemessene Wege zur Kon-
taktpflege und auch die Teamleistung wird höher
eingeschätzt (Abbildung 21).
46
5.1 0 D ig it al e Fü hr ungskompetenz - B el as tung
Auch hinsichtlich der wahrgenommenen Belastung bestäti-
gen sich die positiven Effekte digitaler Führungskompe-
tenz. Insbesondere zeigen sich deutliche Unterschiede
zwischen den Teilgruppen, welche sich auf das Austarie-
ren der sozialen Prozesse und bei der Balancierung berufli-
cher und privater Anforderungen ergeben - diese befinden
sich auf der rechten Seite des Netzdiagramms (Abbildung
22).
Zu beachten ist: Gute digitale Führung korrespondiert in
der Stichprobe mit guter Einübung. Behörden, die in ei-
nem größeren Umfang und bereits seit vielen Jahren eine
flexible Handhabung mobilen Arbeitens praktizieren, ha-
ben mit höherer Wahrscheinlichkeit Führungskräfte und
Mitarbeiter*innen, die bereits versiert mit mobiler Arbeit
umgehen. Sie verfügen über Führungskräfte, die zudem
selbst in größerem Umfang mobil arbeiten. Das bedeutet,
dass im Falle vorliegender digitaler Führungskompetenz
i. d. R. auf eine gut etablierte, von wenig Misstrauen ge-
tragene Zusammenarbeit und ein mit mobiler Arbeit gut ver-
trägliches Arbeitsklima zurückgegriffen werden kann.
Wird das System jedoch in Zeiten abrupter Veränderung
durch Führungskräfte gesteuert, die noch stark auf klassische
Führungsprinzipien mit hohen, präsenzbetonten Kontrollan-
teilen setzen, werden Diskrepanzen zu den situativen Krisen-
anforderungen besonders sicht- und spürbar (Wesche et al.,
2015). Die Balancierung auftretender Belastung wird in Um-
bruchzeiten dann zunächst oft einseitig auf die Schultern von
Mitarbeitenden gelegt, während Führungskräfte sich parallel
step by step an geänderte Herausforderungen anpassen müssen.
Aus der Dynamik erklärt sich der positive Wert bereits vor-
handener, digitaler Führungskompetenzen und unterstützen-
den Supports (z. B. Information und Fortbildung). Beide Fak-
toren erlauben nicht nur, technischen, sozialen und struktu-
rellen Herausforderungen professionell zu begegnen, sondern
auch, in unsicheren Zeiten Orientierung zu geben, die Be-
dürfnisse der Beschäftigten zu antizipieren und diese bei der
Steuerung von Prozessen zu berücksichtigen.
Abbildung 21: Teamqualität und digitale Führungskompetenz
47
Zusammenfassung
Alle fünf Hypothesen konnten bestätigt werden. Die
Teamqualität ist besser und das Belastungsniveau niedriger,
wenn auf Seiten der Beschäftigten das soziale Interesse
(Anschlussbedürfnis) nicht übermäßig vorhanden ist, die
Grenzziehung zwischen Beruflichem und Privatem gelingt,
sich im Prozess persönliche Ressourcen in Form von digi-
talen Fähigkeiten anreichern lassen, hinsichtlich des Pri-
vatlebens ein positives Resümee als protektive Kraft gezo-
gen werden kann und Führungskräfte über digitale Füh-
rungskompetenz verfügen.
Aus diesen Erkenntnissen leiten sich zugleich mögliche
Ansatzpunkte für unterstützende Maßnahmen ab. In Tran-
sitionen ist es besonders wichtig zu differenzieren. Das
heißt, auf die Bedürfnisse und Kompetenzen Einzelner und
die organisationsspezifischen, strukturellen Rahmenbedin-
gungen ist besonderes Augenmerk zu lenken. Führungs-
kräfte und das vorherrschende Akzeptanzklima in der Or-
ganisation spielen offensichtlich eine Schlüsselrolle.
Vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen wäh-
rend der Corona-Zeit hat sich die Akzeptanz gegenüber
mobiler Arbeit durch „Tun“ steigern lassen. In Behörden
mit einer modernen Dienstvereinbarung wird Akzeptanz-
steigerung jedoch stärker (MW= 4,31) bestätigt als in Be-
hörden mit einer eher klassischen Ausrichtung (MW=
3,55, p< .01). Daraus folgt, dass die einfache Einübung
nicht reicht. Flankierende Maßnahmen, die an den Kompe-
tenz- und Vereinbarkeitsfaktoren ansetzen, sind gerade in
Behörden notwendig, die noch wenig Erfahrungen mit
einer umfangreichen Flexibilisierung vorweisen können.
Beschäftigte, die an klassischen Arbeitsformen
und Teamarbeit hängen, benötigen eine andere
Unterstützung als diejenigen, für die Zusammen-
arbeit auf Distanz mit geringfügigen sozialen Ver-
lusten assoziiert ist. Es geht darum, z. B. für sozial be-
sonders Interessierte auch unter veränderten Arbeitsbe-
dingungen soziale Verbindlichkeit sicherzustellen und ge-
eignete Kompensationsmöglichkeiten - z. B. durch moder-
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 22: Belastung und digitale Führungskompetenz
48
ne, digital unterstützte, formale und informelle Teamrou-
tinen zu festigen oder Arbeitsinseln mit erhöhter Teamsta-
bilität - anzubieten. All das macht die strategische und ope-
rative Steuerung in Behörden komplexer und fordert Füh-
rungskräfte in besonderem Maße heraus.
In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hinge-
wiesen, dass die Stichprobe der vorliegenden Befragung
eine für mobile Arbeit aufgeschlossene Zielgruppe reprä-
sentiert. Es ist davon auszugehen, dass sich die Brisanz
mancher der hier präsentierten Zusammenhänge bei einer
5.1 1 Die Ro lle der Die nstvereinbaru ng
Dienstvereinbarungen zu Tele- und mobiler Arbeit definie-
ren den institutionellen Spielraum für flexibles Arbeiten.
Zuweilen leisten sie nicht mehr das, was dem Entwick-
lungsstand im privaten Sektor entspricht und frustrieren
Beschäftigte, die in vergleichbaren Arbeitskontexten weit-
reichendere Freiheiten beobachten. Zuweilen haben Dienst-
vereinbarungen den Charakter gut gemeinter, innovativer
Vorhaben, ohne dass innerbetrieblich das Klima bereits als
Basis für eine reibungslose Ausgestaltung reif wäre. In sol-
chen Fällen ist das Commitment der Treiber oft ambitio-
nierter als die organisationskulturelle Basis
Wieder andere Dienstvereinbarungen sind logische Wei-
terentwicklungen bereits etablierter behördlicher Arbeits-
gewohnheiten, deren Fundament auf langjähriger Erfah-
rung und etablierten Strukturen fußt. Immer dann, wenn
Dienstvereinbarungen über gelebte Wirklichkeit hinausge-
hen, muss mit anfänglichen Anpassungsproblemen, zuwei-
len auch mit Widerstand gerechnet werden. In solchen
Fällen ist ein bewusstes Veränderungsmanagement gebo-
ten.
Im ersten Teilprojekt zur mobilen Arbeit (Eckert, 2020b)
konnten die Dienstvereinbarungen verschiedener Landes-
behörden untersucht werden. Die Grundorientierung un-
terscheidet sich zum Teil erheblich. Manche Dienstverein-
barungen realisieren überwiegend klassische Telearbeit für
ausgewählte Zielgruppen, deren Berechtigung befristet ist
und zentral von den Personalabteilungen überprüft wird.
Andere praktizieren eine ausgesprochen flexible Lösung,
bei der aufwändige Antrags- und Überprüfungsverfahren
entfallen. Stattdessen entscheiden direkte Vorgesetzte
niedrigschwellig und zeitnah. Die an Teilprojekt 2 beteilig-
ten Behörden konnten in zwei Kategorien unterteilt wer-
den. Eine Untergruppe verwirklicht überwiegend klassi-
sche Telearbeit, die andere verfährt eher flexibel. Die un-
abhängige Variable wird als „hohe vs. niedrige Modernität
der Dienstvereinbarung“ operationalisiert.
Hypothese 1: Befragte aus Behörden mit flexibler
Orientierung berichten über weniger Einbußen
durch die Umstellung auf intensives mobiles Ar-
beiten während der Corona-Zeit als Beschäftigte,
die in Behörden mit einer eher klassisch ausge-
richteten Dienstvereinbarung arbeiten. Der Grund
ist weniger das persönliche Commitment für flexibles Ar-
beiten, sondern bei flexibler Ausrichtung bereits existie-
rende Erfahrung und Fähigkeiten.
Die wahrgenommene Belastung sollte jedoch weitgehend
von der Modernität der Dienstvereinbarung unabhängig
sein, da sich diese aus der realen Beanspruchung während
des Lockdowns als aus den formalen Vorgaben ergibt, die
vor der Pandemie angewendet wurden.
skeptischen oder weniger digital kompetenten Klientel
verschärft zeigen würde. Bei unterdurchschnittlicher digi-
taler Kompetenz oder bei Vorliegen eines eher klassischen
Verständnisses von Zusammenarbeit, welches stark an
Präsenzkontakte gebunden ist, ist davon auszugehen, das
sich Belastungen durch Umstellung verstärken und die
Teambindung intensiver als im hier dokumentierten Maß
in Mitleidenschaft gezogen wird.
49
Hypothese 2: Enthalten Dienstvereinbarungen
flexible Regelungen für mobiles Arbeiten, hat dies
Auswirkungen auf die Akzeptanz/Commitment.
Die digitalen Fähigkeiten von Führungskräften
werden höher und die Dienstvereinbarungen
werden als fortschrittlicher eingeschätzt als in
Behörden mit einer klassischen Ausrichtung.
Ergebnisse
Die Mittelwertunterschiede zwischen den Teilgruppen mit
einer niedrigen vs. hohen Modernität der Dienstvereinba-
rung (Abbildung 23) sind gering und bis auf die Variable
„Durch meine oder die Telearbeit/mobile Arbeit der Kol-
leg*innen hat mir der kollegiale/menschliche Kontakt zu
meinem Team gefehlt (p> .10) statistisch signifikant
(p< .05). Das heißt, Beschäftigte, deren Behörde Dienst-
vereinbarung flexibel ausgestaltet, beurteilen die Team-
qualität leicht positiver.
Hinsichtlich der Belastungseinschätzungen sind bis auf eine
Ausnahme keine signifikanten Unterschiede nachzuweisen.
Einzig beim Statement, „Ich hatte durch meine oder die
Telearbeit/mobile Arbeit von anderen gesundheitliche
Vorteile“ unterscheiden sich Beschäftigte aus Behörden mit
einer klassisch ausgerichteten Dienstvereinbarung (MW=
4.0) von der moderneren Teilgruppe (MW= 3,85,
p< .05). Der gesundheitliche Nutzen wird von denjenigen
stärker gewürdigt, in deren Behörde vor der Pandemie
klassisch verfahren wurde. Da das gesundheitliche Risiko
objektiv der Grund für eine Ausweitung mobiler Arbeit
ist, ist die Schlussfolgerung plausibel.
Dass die Fortschrittlichkeit der Dienstvereinbarung mit
moderner Ausrichtung höher bewertet wird (MW= 4,1)
als bei der weniger modernen Ausrichtung (M= 2,83,
p< .001) ist eine Art Manipulationscheck, der die Validität
der Gruppenaufteilung unterstreicht. Auch dass die digitale
Führungskompetenz einen höheren Wert bei moderner
Ausrichtung erzielt (MW= 3.38) als bei weniger moder-
ner Ausrichtung (MW = 2,80, p< .01) ist wenig erstaun-
lich.
Es ist überraschend, dass der Akzeptanzzuwachs bei mo-
derner Ausrichtung während der Pandemie innerhalb der
Behörde und auch die eigene positive Einschätzungen vor
dem Hintergrund einer modernen Ausrichtung über dem
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 23: Teamqualitä t i n A b h ä n g igkeit von der Modernität der Dien s t v e r e i n b a rung
50
Wert der Vergleichsgruppe liegt. Man hätte ebenso gut
eine entsprechend hohe Steigerung unter bisher wenig
flexiblen Rahmenbedingungen vermuten können. Immer-
hin erzielt die Variable „positive Veränderung der eigene
Einschätzung“ in der Beschäftigtengruppe mit klassischen
Dienstvereinbarungen den höchsten Mittelwert (MW=
3.69) unter den in Abbildung 24 dargebotenen Variablen.
Aber auch hier liegt der Mittelwert der „modernen“ Grup-
pe noch leicht darüber (MW= 3,88).
Möglicherweise vollziehen sich positive Entwicklungen in
bereits gut vorbereiteten Einrichtungen synergetischer als
unter Arbeitsbedingungen, die noch nicht vollständig auf
flexible Anforderungen eingestellt sind. In gut präparierten
Einrichtungen könnte sich der Eindruck bestätigen, dass
alles dank vorhandener Strukturen wie geplant klappt.
Umgekehrt können umstellungsbedingte Hürden in einem
schlecht vorbereiteten Kontext vermehrt Zweifel bestäti-
gen als bei Vorliegen günstiger (struktureller, technischer,
kompetenzbezogener) Rahmenbedingungen.
Als Indiz für derartige Synergievermutungen kann die
Qualität der technischen Ausstattung dienen. Befragte be-
stätigen bei hoher Modernität eher, dass sie vor der Pande-
mie auf eine gute technische Ausstattung zurückgreifen
konnten (MW= 3,71) als Beschäftigte aus Behörden mit
einer eher klassischen Orientierung (MW= 3,31, p< .01).
Leider wurde diese Variable aufgrund eines Filterfehlers
nur bei denjenigen erhoben werden, die bereits über Tele-
arbeitserfahrungen vor der Pandemie verfügten.
Nach der Erhebung durchgeführte Gespräche bestätigen
jedoch, dass Behörden mit einer flexiblen Grundorientie-
rung bereits vor der Pandemie Beschäftigte überwiegend
vollwertig mit Laptops und weiterer Technik ausgestattet
hatten, die zudem üblicherweise im Normalbetrieb ver-
wendet wird. Das war für Behörden mit einer klassischen
Orientierung zum Teil weniger der Fall. Zuweilen musste
zu Beginn des Lockdowns sogar ohne angemessene Tech-
nik improvisiert werden.
Trotz der wahrscheinlich bereits vorhandenen, grundle-
genden digitale Fähigkeiten berichten Beschäftigte in einer
modern ausgerichteten Behörde über einen größeren Fort-
schritt während der Pandemie. Auf die Unspezifität des
Begriffs „digitale Fähigkeiten“ wurde bereits an anderer
Stelle hingewiesen. Dass der subjektive Zuwachs betont
wird, korreliert wahrscheinlich mit der Möglichkeit, Kom-
munikationsanlässe noch kompetenter zu gestalten und
eine elektronische Aktenführung zu bewältigen.
Abbildung 24: Commitment und fähigkeitsbezogene Faktoren und Modernität der DV
51
6 Kommenta re und Anmerkungen
Am Ende des Erhebungsinstruments konnten die Befragten
Anmerkungen und Kommentare abgeben. Insgesamt wur-
de diese Möglichkeit 298 Mal genutzt. Das heißt etwa ein
Fünftel der Befragten (19,2 %) machte Gebrauch davon,
sich positiv, kritisch oder mit Vorschlägen zu äußern. Die
Beteiligungsquote lag in den Behörden zwischen 14, 6 %
und 22,5 %.
Insgesamt wurden 597 Aspekte angesprochen. Das heißt,
jede Person thematisierte im Durchschnitt zwei Aspekte.
Das Verhältnis zwischen positiven, kritischen und vor-
schlagsbezogenen Anmerkungen ist für die Gesamtstichpro-
be ausgewogen, mit einer leichten Tendenz zu positiven
Äußerungen (Abbildung 25). Je flexibler Arbeitsmodelle
realisiert werden, desto größer fällt der Anteil der positiven
Äußerungen aus. Der Anteil der positiven Äußerungen liegt
in den Behörden zwischen 23 % und 51 %, der Anteil der
kritischen Äußerungen zwischen 21 % und 40 % und der
Anteil der Vorschläge zwischen 25 % und 37 %. Kritik kor-
reliert i. d. R. mit der Anzahl der Verbesserungsvorschläge.
Positive Äußerungen
223 positive Äußerungen wurden formuliert. Befragte the-
matisieren verschiedene Aspekte:
Gute Erfahrungen im Allgemeinen: Zu dieser Kategorie
gehören Aussagen, die positiv mit mobiler Arbeit assoziiert
sind: z. B. Vereinbarkeit von Familie/Privatleben und Be-
ruf, Leistungsverbesserungen, stabile Teamkontakte, Erhö-
hung der Lebensqualität und Arbeitszufriedenheit.
Aspekte, die für die Organisation gut sind: Hier werden
Raum- und Platzersparnis, Ressourcenbewusstsein, das
Image als moderner Arbeitgeber, gute Zeiterfassungssysteme
und Transparenz genannt.
Wegfall von Belastungen: Befragte zählen in dieser Kate-
gorie Faktoren auf, die durch mobile Arbeit wegfielen oder
deren Einfluss gemildert wurde, z. B. Umweltbelastungen,
Stress durch den Wegfall von Fahrten, Gesundheitsrisiken,
Stressverminderung durch reduzierte Anwesenheit anderer
im Mehrplatzbüro, Wegfall negativen Flurfunks sowie weni-
ger Besprechungsdruck.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 25: Kategorien Kommentare
Abbildung 26: positive Kommentare
52
Allgemeiner, guten Zuspruch: Befragten drücken gele-
gentlich der Behörde sowie Führungskräften Lob und Aner-
kennung aus, z. B. eine zeitgemäße Ausrichtung und Zu-
kunftsfähigkeit. Außerdem gehören zu dieser Kategorie Äu-
ßerungen darüber, dass man mehr von mobiler Arbeit profi-
tiert habe als gedacht oder die Vorteile während der Pande-
mie klar erkannt habe.
Die Top-6
Unter den Top-6 der positiven Nennungen werden die
Leistungssteigerung durch mobiles Arbeiten und der Nut-
zen für die Umwelt auf gleichem Niveau besonders hervor-
gehoben. An zweiter und dritter Stelle steht die Vereinbar-
keit von Beruf und Privatleben/Familie, gefolgt vom Weg-
fall belastender Fahrtzeiten.
Kritische Kommentare
Die 179 kritischen Kommentare lassen sich in vier Katego-
rien unterteilen.
Kulturelle Aspekte (Organisation): Wenn hier Kriti-
sches angemerkt wird, stehen mangelndes Vertrauen, das
Vorliegen einer Misstrauenskultur oder mangelnde Akzep-
tanz der Behörde oder der Entscheidungsträger*innen/
Führungskräfte meistens im Vordergrund. Spezifische Aus-
sagen betreffen Unterstellungen, dass mobil Arbeitende
gar nicht arbeiten oder veralteten Kontroll- oder Präsenz-
konzepten nachgehangen wird.
Kritik an der Ausgestaltung von mobiler Arbeit: Hier
geht es um sehr unterschiedliche Aspekte, z. B. um die
häuslichen ergonomischen Bedingungen, fehlende Vernet-
zungsmöglichkeiten, Ermüdungsrisiken, den zeitlichen
Zuschnitt oder Umfang mobiler Arbeit, Besprechungspla-
nungen, aber auch um Mehrbelastung derer, die nicht mo-
bil arbeiten oder die Ausnutzung des Systems durch mobil
Arbeitende.
Abbildung 27: Kommentare - Die T op - 6
Abbildung 28: Kritische Kommentare
53
Belastungsbezogene Kritik: Hier werden Aspekte wie
Vereinsamung, Ablenkungsrisiken im Homeoffice, Proble-
me bei der Einarbeitung, die schwere Vereinbarkeit beruf-
licher Anforderungen mit der häuslichen Kinderbetreuung
(Homeschooling), der Wegfall von Bewegung, soziale
Kontakteinschränkungen, eine problematischere Konflikt-
bearbeitung und der Wegfall des Teams für komplexe
fachliche Problemlösungen konkret als belastend benannt.
Konkrete Defizitfaktoren: Die Faktoren benennen kon-
kret Defizite der Dienststelle, der gegenwärtigen Arbeits-
form oder die datenschutzrechtlichen Vorgaben. Hierzu
gehören die mangelnde Flexibilität bei enger Auslegung
von Telearbeit/mobiler Arbeit, mangelnde Selbstbestim-
mung, datenschutzrechtliche Einschränkungen, das Fehlen
sozialer Kontakte, Defizite bei der Einarbeitung neuer Mit-
arbeiter*innen, die fachliche Unbrauchbarkeit mobiler
Arbeit in verschiedenen Arbeitsgebieten aber auch fehlende
Kompetenzen auf Seiten der Führungskräfte.
Vorschläge
Vorschläge beziehen sich auf sehr unterschiedliche Aspek-
te. Immer dann, wenn intensiv Kritik an der Kultur geäu-
ßert wird, findet man hierzu i. d. R. auch Vorschläge
(defizitorientiert). Je mehr Erfahrungen Behörden mit
mobiler Arbeit gesammelt haben, desto mehr arbeitsplatz–
und gestaltungsbezogene Vorschläge werden angeboten,
die sich konkret auf Veränderungen in der Zukunft bezie-
hen (ressourcenorientiert).
Kultur der Zusammenarbeit: Hier wird häufig vorge-
schlagen, dass die Behörde mehr Aufgeschlossenheit zeigen
und damit ein stärkeres Bekenntnis zu mehr Flexibilität
sichtbar werden soll. Die Anwendung von Leistungskrite-
rien (statt Präsenzkultur) wird ebenso wie der Abbau von
Misstrauen für hilfreich gehalten.
Technik: Je größer die behördliche Erfahrung mit mobiler
Arbeit, desto mehr technische Vorschläge werden unter-
breitet, z. B. die Anreicherung von Tools für Kollaborati-
on und Meetings, die Stärkung des Landesverwaltungsnet-
zes (LVN), der Ausbau und niedrigschwellige Nutzung von
Videomeetings, die Schaffung einer technischen Basis für
ein besseres Wissensmanagement. Bei bestehender man-
gelhafter Technik werden Vorschläge zur Verbesserung
(Anschaffung) unterbreitet.
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Abbildung 29: Vorschläge
54
Regelungen und Konzepte: In diesem Zusammenhang-
werden einerseits Vorschläge zur Modifizierung des Con-
trollings unterbreitet aber auch Rahmenkonzepte für die
Schulung von Mitarbeitenden und Führungskräfte vorge-
schlagen.
Arbeitsplatzbezogene Vorschläge: Diese Vorschläge
betreffen die Verbesserung der Ergonomie am häuslichen
Arbeitsplatz (z. B. durch Kostenübernahme), die Auswei-
tung von Arbeitszeiten (z. B. in die Abendstunden), die
Gestaltung von Büros, z. B. geteilte Arbeitsplätze (Desk
Sharing) und teamstabile Arbeitsinseln.
Flexibilität und Selbstbestimmung: Alle Aussagen, die
mit einem Vorschlag oder einer Forderung nach Flexibili-
tät, mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung in
Zusammenhang gebracht werden können, wurden dieser
Kategorie zugeordnet.
Gestaltung zukünftiger mobiler Arbeit: In dieser Katego-
rie wurden alle Vorschläge untergebracht, die sich aus-
drücklich auf eine Veränderung mobiler Arbeit in der Zu-
kunft beziehen. Hierzu gehören: der Vorschlag eine adä-
quate Meeting-Kultur auf- und auszubauen, Beratung und
Fortbildung zu implementieren, ein Clean Desk Sharing zu
etablieren, Vertrauensarbeit zu stärken, eine Ausdehnung
auf bisher noch nicht einbezogene Arbeitsbereiche zu voll-
ziehen (z. B. Vorzimmerarbeitspätze), keinen Zwang zur
mobilen Arbeit auszuüben, mobiles Arbeiten anlasslos und
für alle sicher zu stellen oder eine NRW-einheitliche Lö-
sung für mobile Arbeit anzustreben, um nicht vom Good
Will einer Führungskraft oder dem „Nasenfaktor“ abhängig
zu sein.
Appelle stellen prägnante Aussagen dar, die einen starken
Aufforderungscharakter haben. Beispiele: Führungskräfte
sollen Vorbild sein, die Behörde und Hausspitze soll Miss-
trauen abbauen und Vertrauen stärken, Benachteiligung
von Telearbeitenden bei Beurteilungsverfahren abbauen,
aus der Starre kommen, soziale Kontakte sind wichtig, ein
attraktives Arbeitgeberimage anstreben, moderner werden.
Zusammenfassung
Die Kommentare am Ende des Ergebungsinstruments ge-
ben Hinweise auf Änderungsbedarfe und liefern potenziel-
le Ansatzpunkte für die Modifizierung oder Weiterent-
wicklung. Das Verhältnis von positiven zu kritischen sowie
Vorschläge ist in den Landesbehörden unterschiedlich. Es
zeigen sich einige, allgemeine Trends:
1. Bei vorhandener Erfahrung mit flexiblen Arbeitszeit-
modellen werden mehr konkrete Änderungsvorschläge
unterbreitet (ressourcenorientiert) und die Behörde als
moderne Arbeitgeber*in besonders gewürdigt.
2. Bei großer Diskrepanz zur Arbeitsweise vor der Pande-
mie fällt der kritische Anteil i. d. R. höher aus als beim
Durchschnitt der Gesamtstichprobe (30 %). Vorschlä-
ge haben in diesen Fällen häufig den Charakter ver-
steckter Kritik (defizitorientiert).
3. In Behörden mit gut etablierter mobiler Arbeit werden
besonders viele konkrete Vorschläge unterbreitet, die
eine Ausweitung der mobilen Arbeit (bis zu 100 %)
und ein hohes Maß an Flexibilisierung (z. B. Vertrau-
ensarbeit) implizieren.
4. Sehr häufig werden der Wegfall informellen Austauschs
und mangelnde Möglichkeiten der Kollaboration be-
klagt. Je mehr Erfahrungen mit mobiler Arbeit vorlie-
gen, desto eher häufen sich die Vorschläge, digital ge-
stützte Tools für die formale und informelle Zusam-
menarbeit und für Meetings - auch im Normalbetrieb -
zu nutzen.
5. Ist eine Behörde technikaffin oder gut technisch ausge-
stattet, werden häufig Vorschläge unterbreitet, die die
Ausweitung von Kollaborations-, Meeting- oder Kom-
munikationstool betreffen.
Kommentare sind Spiegelbilder der spezifischen Arbeits-
kultur und lassen deshalb in Zusammenhang mit diesem
allgemeinen Abschlussbericht wenig Spielraum für detail-
lierte Ausführungen.
55
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
Die vorliegende Studie bestätigt: Die Akzeptanz zu mobi-
lem Arbeiten ist durch die Covid-19 Pandemie gestiegen.
Ein erheblicher Anteil der Beschäftigten in den untersuch-
ten Landesbehörden beurteilt zudem den Nutzen äußerst
positiv und wünscht sich überwiegend eine Ausweitung.
In Behörden, die bereits vor der Pandemie flexible Formen
mobiler Arbeit praktizierten, ist der Wunsch nach Auswei-
tung noch höher als in solchen Arbeitskontexten, in denen
die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz in der Corona-
Zeit auf suboptimale Bedingungen stießen - sei es aufgrund
einer noch nicht adäquaten technischen Ausstattung oder
wegen mangelnder Erfahrung von Mitarbeiter*innen und
Führungskräften.
Vorerfahrungen führen durchgehend zu einer ausgeprägten
Wertschätzung der Teamqualität, zu weniger Belastung
und zu weitreichenderen Empfehlungen an die Behörde,
mobiles Arbeiten voranzutreiben. Das ist nicht erstaunlich,
denn für bereits eingeübte Beschäftigte stellt die Umstel-
lung während der Pandemie eine geringfügigere Verände-
rung dar als für Personen, die schlechter vorbereitet ihre
Arbeitsgewohnheiten kurzfristig anpassen mussten.
Besondere Bedürfnisse
Die Gruppe der älteren Beschäftigten (51 bis über 60Jähri-
ge) zeigt bei manchen Items differenzierte Datenmuster.
Sie vermissen den Teamkontakt in stärkerem Maße und
beklagen zuweilen eine höhere Belastung als die jüngere
Teilgruppe. Es ist davon auszugehen, dass der dominante
Arbeitsstil bei dieser Zielgruppe stärker an Präsenz und die
Verwendung klassischer Arbeitsinstrumente und -methoden
gebunden und auch die plötzliche Steigerung von Eigen-
verantwortlichkeit im Homeoffice gewöhnungsbedüftig ist.
Zu berücksichtigen ist auch: 40 % der Führungskräfte in
der Stichprobe sind älter als 50. Es macht also Sinn, zur
Sicherung des Wissenstransfers insbesondere den altersspe-
zifischen Bedürfnisse Aufmerksamkeit zu schenken. Glei-
ches gilt für die Bedürfnisse der Kohorte der 31-50 Jähri-
gen, in die Eltern mit Kinderbetreuungspflichten fallen.
Hier besteht die Notwendigkeit, familiäre und berufliche
Belange kontinuierlich, zum Teil unter erheblichen Schwie-
rigkeiten (Homeschooling), in Einklang zu bringen.
7 Diskussion
Größter Anreiz: Belastungen reduzieren
Der Nutzen mobiler Arbeit wird an erster Stelle mit dem
Wegfall von Belastungen begründet. Hier sind es vor allem
An- und Abfahrtwege zum/vom dienstlichen Arbeitsplatz,
deren Wegfall zeitliche Freiräume erweitert. Beschäftigte
nutzen diese zusätzlichen Zeitfenster zum Wohle des Fami-
lienlebens und der Gesundheit (z. B. mehr Sport, längere
Ruhepausen am Ende des Arbeitstages). Aus den Kom-
mentaren lässt sich zudem ableiten, dass ökologische Grün-
de für die Befragten sehr wichtig sind und organisationsbe-
zogene Aspekte ebenfalls eine Rolle spielen (z.B. Raumer-
sparnis, Image als moderner Arbeitgeber). Das Statement
einer Person drückt das besonders gut aus: „ Ich hatte ei-
gentlich vor, den Job zu wechseln. Durch die Ausweitung
der Arbeit im Homeoffice ist die Behörde für mich wieder
attraktiv geworden“.
Individuelle Belastungsprofile und Anpassungs-
potenziale
Auch wenn ca. 70 % der Befragten über positive Effekte
berichten und extrem negative Beurteilungen weitgehend
fehlen, muss bei 20 - 30 % der Befragten davon ausgegan-
gen werden, dass diese Personen in der ersten Phase des
Lockdowns im Sommer 2020 aufgrund verschiedener Ein-
flüsse stärker gefordert waren als andere. Die Analyse er-
brachte beispielweise für Beschäftigte mit Kinderbetreu-
ungspflichten eine erhöhte Doppelbelastung durch familiä-
re und berufliche Anforderungen. Außerdem konnten eini-
ge psychologische Faktoren ermittelt werden, die das indi-
viduelle Anpassungspotenzial beeinflussen. Hierzu gehören
die grundsätzliche Fähigkeit, Privates von Beruflichem
abzugrenzen, der Zuwachs an digitalen Fähigkeiten, das
Ausmaß realistischen Optimismus und das Bedürfnis nach
sozialem Anschluss/nach realen Teamkontakten. Im Sinne
eines positiven Umwelteinflusses moderiert ferner die
digitale Führungskompetenz von Vorgesetzten die Ein-
schätzungen. Beschäftigte, die ihre Führungskräfte für gut
vorbereitet halten, um den neuen, digitalen Herausforde-
rungen zu begegnen, berichten über eine bessere Team-
qualität, geringfügigere Belastung und stärker über gestie-
gene Akzeptanz als diejenigen, die meinen, Führungskräfte
seien noch nicht gut vorbereitet. Damit bestätigt sich digi-
56
tale Führungskompetenz als Schlüsselfaktor für die Um-
stellung auf intensivierte mobile Arbeit.
Besonderheit der Stichprobe und Übertragbarkeit
Über 50 % der Befragten hatten bereits vor der Pandemie
Erfahrungen mit Telearbeit oder mobiler Arbeit gesam-
melt. Dieser Wert liegt weit über dem durchschnittlichen
Anteil von mobil Arbeitenden in der Erhebung (Teilprojekt
1) im Jahr 2019/2020 (Eckert, 2020b). Man kann also
davon ausgehen, dass es sich bei der untersuchten Stichpro-
be um eine Teilgruppe handelt, die mobiler Arbeit eher
aufgeschlossen gegenüber steht oder zumindest Vorerfah-
rungen besitzt. Bei der Übertragung der Ergebnisse auf die
Population der Landesverwaltung ist zu beachten: Der
Anteil derer mit team- und gesundheitsbezogenen Beein-
trächtigungen dürfte in der Verwaltungspopulation größer
sein als in der befragten Stichprobe.
Schlussfolgerungen
Die Schlussfolgerungen aus der vorliegenden Studie fallen
deshalb zunächst optimistisch aus: Der überwiegende Teil
der Beschäftigten begrüßt mobiles Arbeiten und hat durch
die pandemiebedingte Erweiterung zusätzliche Fähigkeiten
erworben, die sich sowohl auf die Aufgabenbearbeitung,
die Teamqualität und Belastung auswirken. Aber die spezi-
fischen Einschränkungen, die sich aus den persönlichen
Bedürfnissen, Kompetenzen, Support- und protektiven
Variablen (z. B. digitaler Führungskompetenz) ergeben,
lassen sich nicht nur durch vermehrtes Tun reduzieren.
Über 60 % der Befragten geben an, dass die Behörde durch
Fortbildung usw. entsprechende Umstellungsprozesse un-
terstützen sollte. Das bedeutet, an verschiedenen Stell-
schrauben könnte gedreht werden, um Prozesse zu opti-
mieren.
Sozialer Austausch und Kollaboration
Mehrfach wurde in den Kommentare angesprochen, dass
formale und informelle soziale Austausch- und Kollaborati-
onsmöglichkeiten unter den Bedingungen mobiler Arbeit
leiden, diese aber nicht nur zur Stressbewältigung, sondern
auch für die Aufgabenbearbeitung dringend notwendig
sind. Wenn Kollaboration im Team reduziert und/oder
die Arbeitsbeziehungen zunehmend sternförmig zwischen
Führungskräften und einzelnen Mitarbeitenden ablaufen,
reduziert sich der Nutzen von Perspektivenvielfalt in ei-
nem kohäsiven Team. Es verschärft sich das Risiko, dass
dysfunktionale Führung nicht aufgedeckt oder nur spät
reguliert wird (Eckert, 2021). Befragte, die über umfang-
reiche Erfahrungen beim mobilen Arbeiten verfügen, wei-
sen besonders häufig in den Kommentaren dieser Studie
darauf hin, dass digitale Kollaborationstools und nied-
rigschwellig nutzbare Kommunikationswege und -kanäle
(auch im Präsenzbetrieb!) benötigt werden, um den Kon-
takt im Team zu verstetigen, Vereinsamung und Entgren-
zung im Homeoffice entgegenzuwirken und das Teampo-
tenzial zur Aufgabenbewältigung voll ausnutzen zu kön-
nen. Jüngere Untersuchungen (Bernhardy et al., 2021)
bestätigen, dass unter eingeschränkten Kontaktoptionen
auch die Identifikation mit dem Unternehmen und der
Sache an sich leiden kann (purpose). Vor allem in Teams,
in denen manche Mitarbeitende am dienstlichen Arbeits-
platz überwiegend präsent sind und andere umfangreich
mobil arbeiten (hybride Teams), kann sich die Teambin-
dung ungleichgewichtig entwickeln. Während das Team
des Präsenznetzwerks sich stabilisiert und sich als tragfähig
erweist, kann es vorkommen, dass sich mobil Arbeitende
eher als Randfiguren erleben und von Arbeitsprozessen
und Informationsfluss abgeschnitten werden. In Zeiten zu
hohen Arbeitsaufkommens oder emotionaler Belastung ist
eine solche Differenz eher mit Nachteilen für Gesundheit,
Wohlbefinden, Motivation und die Produktivität verknüpft.
Empfehlungen
Vor dem Hintergrund des Blitzlichtes, das durch die vor-
liegende Studie erhoben werden konnte und des Monate
dauernden Lockdowns wird deshalb empfohlen, die sozia-
len, individuellen und organsiationskultürlichen Faktoren
mobilen Arbeitens bei der zukünftigen Ausgestaltung nicht
aus dem Auge zu verlieren. Diese Facetten schlagen sich
weniger in Texten von Dienstvereinbarungen nieder. Viel-
mehr sind sie Bestandteil eines komplexen organisationalen
Gefüges, in dem geeignete personalbezogene und struktu-
relle Entscheidungen getroffen und Prozesse eingeleitete
werden müssen, wenn man alle Potenziale mobilen Arbei-
tens erschließen möchte:
1. Führungskräfte sind bei gesteigerter mobiler Arbeit
noch stärker als bisher herausgefordert, die individuellen
und teambezogenen Bedürfnisse zu erfassen und zu antizi-
pieren, Austausch zu initiieren und die komplexen Einflüs-
se zu balancieren - das alles bei gleichzeitiger Verringerung
echter, persönlicher Kontakte. Sie sollten sich explizit da-
mit auseinandersetzen, was „Führen auf Distanz“ und
„Zusammenarbeit unter dem Vorzeichen einer gesteigerten
57
Eigenverantwortlichkeit“ für sie selbst und ihre Mitarbei-
tenden bedeutet. Dazu gehört auch, mit den eigenen Bean-
spruchungen achtsam umzugehen.
2. Arbeitsrituale, die Taktung von Arbeit und die gestei-
gerte Transparenz von Arbeitsergebnissen kann man unter
dem Einfluss flexibler Arbeitszeitmodelle nicht dem Zufall
überlassen. Was sich in der Präsenz durch die faktische
Anwesenheit und sichtbaren Bedürfnisse mehrerer Perso-
nen und Kommunikation quasi von allein synchronisiert,
bedarf unter den neuen Vorzeichen digitalisierten Arbei-
tens Antizipation, Struktur, Steuerung und angemessener
Werkzeuge. Eine neue, befriedigende und leistungsfähige
Arbeits- und Organisationskultur kann nur entstehen,
wenn man sich der Handlungsfelder und Einflussgrößen
bewusst ist. Führungskräfte wie Mitarbeitende müssen sich
diesbezüglich austauschen und adäquat ausgestattet wer-
den. Dazu gehören neben den digitalen, methodischen,
fachlichen und sozialen Kompetenzen auch digitale Tools,
die Kollaboration und Interaktion niedrigschwellig unter-
stützen sowie Experimentierfelder, in denen verschiedene
Varianten neugierig erprobt werden können.
3. „Out of the office“ bedeutet auch „out of the box“. Es
kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich mobiles
Arbeiten zurückdrehen lässt. Die Wünsche der Befragten
in der vorliegenden Studie gehen weit über das hinaus, was
aktuell in Dienstvereinbarungen zur mobilen Arbeit er-
möglicht wird. Im privaten Sektor ist man mit entspre-
chenden Modellen ohnehin schon weiter als im öffentli-
chen Sektor. Wenn mehr Verantwortung in die Hände von
Mitarbeitenden gelegt wird und Kontrollmöglichkeiten
sich verringern, verändert sich nicht nur der Ort, an dem
gearbeitet wird. Über kurz oder lang verändert sich auch
die Organisationskultur. Für die Verwaltung heißt das:
ungeschriebene Gesetze und verwaltungstypische Entschei-
dungsstrukturen erfahren wahrscheinlich durch die Aus-
dehnung mobiler Arbeit eine vorübergehende Destabilisie-
rung. Nicht immer sind Behörden auf einen solchen Wan-
del vorbereitet. Fortschrittlich wirkende Dienstvereinba-
rungen können beispielsweise auf ein Führungs- oder Or-
ganisationsverständnis stoßen, das noch weitgehend Prä-
senz und Top-down Entscheidungen präferiert. Häufig
fühlen sich unter diesen klassischen Bedingungen Beschäf-
tigte phasenweise überfordert. Mobil arbeitende befürch-
ten, dass sie aus dem Blick geraten und negative Beurtei-
lungen. Damit nicht einige von fortschrittlichen Haltun-
gen und digitalen Kompetenzen ihrer Vorgesetzten profi-
JULI 2021
Mobiles Arbeiten und Corona
tieren, während andere von Führungskräften abhängen, die
am Präsenzmodell und klassischer Führung festhalten, ist
Dialog von Nöten. Ein gemeinsames Commitment und/
oder ein verbindliches Leitbild können dafür sorgen, dass
durch eine unterschiedliche Handhabe in Teams nicht der
innerbehördliche Frieden gefährdet wird.
Flexibilisierung der Arbeitsmodelle bedeutet auch in Frage
stellen sonstiger, etablierter Arbeitsweisen, Bewertungs-
maßstäbe, Geschäftsprozesse und Standards. Damit die
freigesetzten Prozesse Beschäftigte nicht überfordern,
brauchen sie Unterstützung. Die langfristigen Konsequen-
zen mobilen Arbeitens werden nicht von allen in gleichem
Maß erfasst oder befürwortet. Nicht jede/r verfügt über
die Selbstmanagement-Kompetenzen, die er/sie benötigt,
um sich adäquat anpassen zu können. In einer der wenigen,
experimentellen Studie zum Arbeiten im Homeoffice in
China (Bloom et al., 2015) konnte die Effizienz zwar ge-
steigert werden, jedoch klagten Beschäftigte zuweilen über
Isolation und Entgrenzungserfahrungen. Trotz anfänglicher
Begeisterung reduzierten 25 % der Studienteilneh-
mer*innen nach einem Jahr ihre Telearbeit wieder.
„Out of the box zu denken“ bedeutet in diesem Zusam-
menhang, dass für die neuen Herausforderungen jeweils
passende oder modifizierte Rahmenbedingungen, Unter-
stützungssysteme, Strukturen und Lösungen gefunden
werden müssen. Das gilt für Feedback ebenso wie für an-
gepasste Controlling-Instrumente, Vereinbarungen für die
(Team) Zusammenarbeit, Fortbildung oder Besprechungs-
und Dokumentationsformate (Eckert, 2021a).
Ausblick
Am Ende eines Erkenntnisprozesses stellen sich häufig
mehr Fragen als zu Beginn. Ermittelte Datenmuster eröff-
nen neue Perspektiven. Zum einen hat die Studie bestätigt,
dass der Wurf ins kalte Wasser im Jahr 2020 Verwaltung
nicht handlungsunfähig gemacht hat. Der unfreiwillige
Praxistest konnte Akzeptanz und digitale Kompetenz in
einem Ausmaß beschleunigen, wie man das durch einen
klassischen Changeprozess mit Workshops und Dialogfo-
ren kaum hätte erreichen können. Tatsache ist aber auch,
dass Arbeiten unter Corona Bedingungen nicht mit mobi-
ler Arbeit im Normalbetrieb verwechselt werden darf.
Durch den Corona-Crashtest sind neue Arbeitsformen
noch lange nicht etabliert. Ganz im Gegenteil, langfristige,
nicht krisenspezifische Lösungen müssen sämtliche poten-
zielle Einflüsse und Konsequenzen mobiler Arbeit bewusst
58
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auch die vorliegende Studie bestätigt, schimmern an man-
chen Stellen Risiken von Flexibilisierung durch.
Es wäre fahrlässig, sich bei Entwicklung und Modifizierung
zukünftiger Arbeitszeitmodelle lediglich an den Wünschen
der Beschäftigten zu orientieren. Weitere, praxisrelevante
Faktoren betreffen z. B. die sozialen Ressourcen im Team,
digitale Kompetenzen, die digitale Führungskompetenz,
den Wert informeller Kontakte, Hindernisse, die in for-
malen, z. T. noch stark hierarchisierten Strukturen be-
gründet sind, die konkrete technische und digitale Ausstat-
tung, die individuellen Potenziale für ein angemessenes
Selbstmanagement, die hierzu passende, institutionalisierte
Personalentwicklung und das institutionelle Verständnis
Bekenntnis zu modernen Arbeitsformen in der Verwaltung.
59
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Mobiles Arbeiten und Corona
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60
Anhang
Nr. Items Variablengruppe Antwortkategorien
N1 Arbeiten Sie in Vollzeit oder in Teilzeit?
Variablen zum Status Quo:
- unabhängige Variable für
Gruppenvergleiche
bzw.
-nominalskalierte Variable
zur Erhebung von Erfahrung
mit Telearbeit vor Corona
- Vollzeit
- Teilzeit
N2
Bitte schätzen Sie ein, wie viele Menschen in Ihrer
Behörde tätig sind - nur die Anzahl, auf die sich die
Dienstvereinbarung zur Teilearbeit/zum Mobilen
Arbeiten bezieht.
- unter 100 Personen
- 101 - 500 Pers.
- 501 - 1000 Pers.
- mehr als 1000 Pers.
N3 Geben Sie hier Ihr Geschlecht an.
- männlich
- weiblich
- divers
N4 Wie alt sind Sie?
- 20 - 30
- 31 - 40
- 41 - 50
- 51 – 60
- älter als 60
N5 Haben Sie Führungsverantwortung? Sind Sie
Führungskraft (Laufbahngruppe 2.2)?
- Führung LG 2.2
- Führung LG 2.1
- keine
N6 Betreuen Sie regelmäßig minderjährige Kinder in
Ihrem Haushalt?
- ja
- ja, nur unregelmäßig
- nein
N7 Leben Pflegebedürftige in Ihrem Haushalt oder
betreuen Sie diese regelmäßig?
- ja
- ja nur unregelmäßig
- nein
N8
Haben Sie vor der Corona-Zeit bereits an einzelnen
Tagen ad-hoc, temporär bzw. spontan im Homeoffice
gearbeitet? In manchen Behörden heißt diese Arbeit
"Mobile Arbeit variabel" oder "temporäre Telearbeit".
- ja
- nein
- diese Möglichkeit gab es nicht
in meiner Behörde
N9
Haben Sie vor der Corona-Krise bereits an festen
Tagen pro Woche in Telearbeit gearbeitet?
- ja
- nein
N10
Wenn Sie bereits vor der Corona-Zeit als
Telearbeiter*in gearbeitet haben, in welchem
Umfang?
- unter 25 %
- 25% bis 50 %
- mehr als 50 %
- nur unregelmäßig nicht fest
N11
Bitte geben Sie an, wie Sie zukünftig arbeiten
möchten. Haben Sie Interesse an Telearbeit? In
manchen Behörden heißt diese Form "Mobile Arbeit
fest" - gemeint sind feste Telearbeitstage pro Woche.
Entscheiden Sie, welche Antwort Ihren Wünschen am
ehesten entspricht.
Nominalskalierte Variable –
gewünschter Umfang von
Telearbeit
- keine Telearbeit
- weniger Telearbeit
- häufiger TA
- genauso häufig wie bisher
- mindesten genauso viel,
eventuell mehr
N12
Unabhängig von der aktuellen Dienstvereinbarung in
Ihrer Behörde - bis zu wie vielen Tagen können Sie sich
Telearbeit nach der Corona-Zeit gut vorstellen?
- bis zu einem Tag/Wo.
- bis zu 2 Tagen/Wo.
- bis zu 3 Tagen/Wo.
- mehr als 3 Tage/Wo.
- weiß nicht
N13 Modernität der Dienstvereinbarung UV generiert aus
Forschungsprojekt Teil 1
-Dienstvereinbarung mit mobiler
Arbeit als Komponente (modern)
- klassische Dienstvereinbarung
vorwiegend Telearbeit
N14 Positives Resümee - Belastung durch Einfluss auf das
Privatleben UV generiert aus Item A16
-geringfügige positive
Auswirkungen
- positive Auswirkungen
N15 Integrierende vs. Segmentierende -Belastung durch
mangelnde Trennung von Privatleben und Beruf UV generiert aus Item A12
-Trennung zwischen Privatleben
und Arbeit eher schwergefallen
Trennung zwischen Privatleben
und Arbeit eher leicht gefallen
Sozial Interessierte - Belastung durch fehlende
Kontakte zum Team UV generiert aus Item A10
-Probleme durch fehlende
soziale Kontakte/Abstimmung
- keine Probleme durch fehlende
soziale Kontakte/Abstimmung
N15 Digitaler Kompetenzzuwachs UV generiert aus Item A21
-Erweiterung digitaler
Fähigkeiten
- keine Erweiterung digitaler
Fähigkeiten
Tabelle 1: Variablen des Erhebungsinstruments
N16 Digitale Führungsqualität UV generiert aus Item A28
- Führungskräfte sind gut
vorbereitet
- Führungskräfte sind noch nicht
gut vorbereitet
A1 Hatten Sie im Home Office eine gute technische
Ausstattung zur Verfügung?
Abhängige Variable –
behördliche
Rahmenbedingungen
- nein
- ja mit schlecht hinnehmbaren
Einschränkungen
- ja mit hinnehmbaren
Einschränkungen
- ja
- nicht im Homeoffice gearbeitet
A2
Halten Sie die Dienstvereinbarung zur Telearbeit/zum
Mobilen Arbeiten Ihrer Dienststelle für fortschrittlich,
z.B. bezogen auf den möglichen Umfang, das
Antragstellungsverfahren oder die Akzeptanz von
Telearbeit auf der Führungsebene?
- nein
- eher nicht
- teilweise
- eher ja
- ja sehr
- weiß nicht
A3
Die Umstellung auf Telearbeit bzw. auf das Arbeiten
im Home Office sollte meine Behörde zukünftig
intensiver begleiten (z.B. durch Informationen,
Fortbildung, online-Impulse)
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A4 Die Zusammenarbeit hat in der Corona-Zeit in
unserem Team gelitten.
Abhängige Variable -
Teamqualität
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A5
Durch meine oder die Telearbeit der Kolleg*innen hat
mir in der Corona-Zeit der kollegiale/menschliche
Kontakt zu meinem Team gefehlt.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A6 Ich fühlte mich trotz Distanz zu meinen Kolleg*innen
im Team gut aufgehoben.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A7 Es gab im Team keine Leistungseinbußen.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A8 Wir haben im Team Wege gefunden, über die wir gut
im persönlichen Kontakt bleiben konnten.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A9 Ich hatte durch meine oder die Telearbeit von anderen
gesundheitliche Vorteile.
Abhängige Variable –
Belastung
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A10
Ich hatte teilweise Probleme durch die fehlenden
Kontakte oder eingeschränkte
Abstimmungsmöglichkeiten mit anderen.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A11
Ich hatte verglichen mit der Zeit vor Corona weniger
Belastungen durch die veränderten
Rahmenbedingungen (z.B. Fahrzeiten, andere Taktung
der Arbeit, weniger Besprechungsdruck).
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A12 Die mangelnde Trennung von Privatleben und Arbeit
ist mir schwer gefallen.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A13
Dass ich durch meine oder die Telearbeit von Kolleg*
innen gesundheitlich besser geschützt war, hat mich
sehr entlastet/beruhigt.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A14 Die Umstellung auf die veränderte Arbeits- und
Zusammenarbeitsform hat mich anfangs überfordert
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A15 Die Umstellung auf die veränderte Arbeits- und
Zusammenarbeitsform hat mich auf Dauer belastet.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A16 Auf mein Privatleben hat sich die veränderte Form der
Zusammenarbeit positiv ausgewirkt.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A17 Vor allem die Doppelbelastung zu Hause hat mich im
Home Office belastet.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A18 Meine Behörde eignet sich weniger gut für eine
umfangreiche Telearbeit/Mobile Arbeit.
Abhängige Variable –
Behördenbezogene
Konsequenzen von mobiler
Arbeit/ Telearbeit
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A19
Es wäre wünschenswert, wenn meine Dienststelle
Telearbeit bzw. Mobiles Arbeiten in Zukunft ausbauen
würde.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A20
Das Arbeiten im Home Office hat sich auf die
Funktionstüchtigkeit der Behörde nachteilig
ausgewirkt.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A21 Ich konnte meine digitalen Fähigkeiten in der Corona-
Zeit erweitern. Abhängige Variable –
persönliche Einschätzung
zu Kompetenzerwerb und
Akzeptanz
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A22 Meine Einschätzung zur Telearbeit hat sich gegenüber
der Zeit vor Corona positiv verändert.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A23 Man sollte Arbeitsformen grundsätzlich so flexibel wie
möglich gestalten.
Abhängige Variable –
Akzeptanz gegenüber
Telearbeit/mobiler Arbeit
(organisationsbezogen)
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A24 Telearbeit ist ein gutes Instrument zur Erhöhung von
Arbeitszufriedenheit.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A25 Die Akzeptanz gegenüber Telearbeit hat sich in meiner
Behörde durch Corona erhöht.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A26
Halten Sie die Dienstvereinbarung zur
Telearbeit/Mobilen Arbeit in Ihrer Dienststelle für
Fortschrittlich
Abhängige Variable
- nein
- eher nicht
-teilweise
- eher ja
- ja sehr
- ich weiß nicht bzw. kann das
nicht beurteilen
A27 Führungskräfte sollten von der Telearbeit/von
Mobilem Arbeiten ausgeschlossen sein.
Abhängige Variable -
Führungskräfte
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
A28
Die Führungskräfte sind auf veränderte
Herausforderungen durch Telearbeit/Mobiles Arbeiten
bereits gut vorbereitet.
- stimme nicht zu
- stimme eher nicht zu
- teils/teils
- stimme eher zu
- stimme vollkommen zu
Wenn Sie daran denken häufiger als vor der Corona Zeit im
Homeoffice zu arbeiten, welche Gründe sind ausschlaggebend?
Abhängige Variable –
Motivation für mobiles
Arbeiten, Relevanz von
Gründen für mobiles
Arbeiten
A28 Ich kann private und berufliche Aspekte gut
vereinbaren.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
A29 Ich möchte mich weiterhin vor gesundheitlichen
Risiken schützen.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
A30 Ich bin produktiver und leistungsfähiger.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
A31 Ich erkenne die vielen Vorteile dieser modernen
Arbeitsform für die Dienststelle.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
A32 Ich fühle mich insgesamt wohler.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
A33 Ich kann konkrete Belastungen (Fahrtzeiten, Zeitdruck,
sozialer Druck usw.) reduzieren.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
A34 In meinem Team ist das Arbeiten im Home Office
verbreitet - ich möchte mitmachen.
- gar nicht relevant
- wenig relevant
- relevant
- äußerst relevant
- dies ist mein Hauptgrund
Dynamische Entscheidungen
rund um Mobiles Arbeiten
Vor welche Herausforderungen
stellen uns flexible
Arbeitszeitmodelle?
Prof. Dr. Martina Eckert, HSPV NRW
•Ergebnisse einer Befragung in 5 Landesbehörden NRWs
•Rückgriff auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse
•Zusammenschau besonderer Einflussfaktoren und
Herausforderungen für mobile Arbeit
Juli 2021
© Prof. Dr. Martina Eckert
Empirische Basis Teilprojekt 1 | Inhaltsanalyse von 17 Dienstverein-
barungen aus 15 Landesbehörden NRW
-Handreichung 09 | 2020
Teilprojekt 2 | Mitarbeiter*innenbefragung zu den
Erfahrungen mit dem Arbeiten im Homeoffice während des
ersten Corona Lock-downs –Datenerhebung im Herbst 2020
-interner Bericht 03 | 2021
-Behördeninterne Ergebnis-Präsentation 04 bis 06 | 2021
-Abschlussbericht 07 | 2021
© Prof. Dr. Martina Eckert
Teilprojekt 1 lieferte u. a.
Informationen zum mobilen
Arbeiten vor der Pandemie
© Prof. Dr. Martina Eckert
Teilprojekt 2
•Informationen zur Art der mobilen/
Telearbeit
•Wünsche zum mobilen Arbeiten nach
der Pandemie
•Effekte (7 Itemklassen) | z. B. Teamqualität,
Belastung, Kompetenzerwerb,
Entwicklungspotenzial der Behörde
•Auswertung der Kommentare der Befragten
(offene Antworten)
•Auswertung nach organisations-
psychologischen Gesichtspunkten
z. B. digitale Führungsqualität,
Grenzkongruenz, Anschlussbedürfnis
Stichprobe | 5 Landesbehörden | N = 1.555
zwei Ministerien
zwei nachgeordnete Behörden
eine Bezirksregierung
© Prof. Dr. Martina Eckert
Der Wunsch: Mehr!
86,5 %
wollen mindestens genauso viel
oder öfter mobil arbeiten
90,2 %
meinen, mobiles Arbeit sollte von
Seiten der Behörde ausgeweitet
werden
© Prof. Dr. Martina Eckert
Wünsche zum mobilen
Arbeiten für die Zeit
nach Corona
•Frauen wünschen sich zwei bis drei Tage
pro Woche
•Männer können sich mehr vorstellen
•Je mehr Erfahrungen vor der
Pandemiezeit vorlagen, desto stärker der
Wunsch nach Erweiterung
© Prof. Dr. Martina Eckert
Wünsche zum mobilen
Arbeiten für die Zeit
nach Corona
•Frauen wünschen sich zwei bis drei Tage
pro Woche
•Männer können sich mehr vorstellen
•Je mehr Erfahrungen vor der
Pandemiezeit vorlagen, desto stärker der
Wunsch nach Erweiterung
© Prof. Dr. Martina Eckert
•Je projektorientierter
und Technik gestützter
die Arbeit/der Arbeits-
platz, desto weit-
reichender die
Wünsche - bis zu 100%
•-zuweilen in Richtung
Vertrauensarbeit (zeit-
und ortsunabhängige
sowie umfangsflexible
mobile Arbeit)
Führungskräfte
86,3 %
meinen, Führungskräfte sollten
ebenfalls mobil arbeiten können
In Teilprojekt 1 arbeiteten 18,5% der
Führungskräfte mobil
Gründe für die hohe
Akzeptanz
•Die Reduktion von Belastungen durch die Arbeit im
Homeoffice ermöglicht Freiräume im Privatleben
•Mobile Arbeit passt zum aktuellen Zeitgeist und den
Erwartungen der Generationen Y und Z, die Eigenver-
antwortlichkeit und Selbstständigkeit betonen (New Work)
•Durch die selbstbestimmte Arbeit zu Hause wird das Gefühl
von Selbstwirksamkeit gestärkt –man erlebt sich als
produktiver
•Technische Möglichkeiten und die alltägliche Nutzung
digitaler Tools sind so vertraut, dass die Kommunikation auf
Distanz nicht als Bruch empfunden wird
•Die Arbeit in der Dienststelle ist im Kontext der
Landesverwaltung häufig bereits digitalisierte Arbeit,
sodass die eigentliche Arbeitsleistung i.d.R. durch die
Verlagerung ins Homeoffice nicht leidet
•Der Sprung ins kalte Wasser hat digitale Kompetenz erhöht
und –das „Geht doch!“ bestärkt
Botschafter*innen!
Fortschrittliche
Dienstvereinbarungen
zahlen sich aus
© Prof. Dr. Martina Eckert
Am Wichtigsten ist die
Reduzierung konkreter
Belastungen!
© Prof. Dr. Martina Eckert
TOP
© Prof. Dr. Martina Eckert
Aber!
25 - 30 %
geben an, dass die Teamqualität oder die
Teamleistung während der Corona-Zeit gelitten
hätten
Vor allem die 50 bis über 60jährigen sind skeptischer
und vermissen häufiger als die Jüngeren den
Teamkontakt und die Zusammenarbeit vor Ort
25 - 30 %
gelingt die Trennung von Privatem und Beruflichem
im Homeoffice weniger gut
12 %
fühlen sich auf Dauer im Homeoffice belastet
© Prof. Dr. Martina Eckert
Dynamische
Entscheidungen
treffen heißt…
Die Euphorie für mobiles
Arbeiten zur
Modernisierung von
Verwaltung nutzen
Zugleich Hürden erkennen
und Risiken bewusst
mindern
Persönliche Ressourcen der Beschäftigten
-Fähigkeiten und Bedürfnisse
1
2Teambindung, soziale Konstanz und
Commitment
3Führungsrolle
4Instrumente
© Prof. Dr. Martina Eckert
Persönliche Ressourcen der Beschäftigten
-Fähigkeiten und Bedürfnisse
1
Selbstmanagementkompetenz
R
e
s
s
o
u
r
c
e
Risiken
•Entgrenzung
•Einsamkeit
•Angst vor Ausschluss und mangelnder
Sichtbarkeit
•das Erkennen dysfunktionalen Arbeits-und
Anpassungsverhaltens ist erschwert
Diversität individueller Ansprüche
•Arbeitsgewohnheiten, Systemverständnis
•Bedürfnis nach sozialem Anschluss
•Belastungsniveau + Bewältigungsstrategien
•Grenzkongruenz, Flexibilitätstoleranz
Herausforderungen
•Feedback-und Fehlerkultur
•Zielgruppen-und phasenspezifischer Support
•Kollaborations- + Kommunikationskultur
© Prof. Dr. Martina Eckert
Beschäftigte mit
stark ausgeprägtem
sozialem Interesse
sind belasteter
© Prof. Dr. Martina Eckert
Personen, denen die
Trennung von Privatem
und Beruflichem
gelingt, sind
unabhängig vom
Kontext leistungs-
fähig
© Prof. Dr. Martina Eckert Adobe Stock
Personen, denen die
Trennung von Privatem
und Beruflichem
gelingt, berichten
über eine
stabilere Teamqualität
© Prof. Dr. Martina Eckert
Soziale und
Kollaborationskompetenz
R
e
s
s
o
u
r
c
e
Risiken
•Verlust sozialer + sozialräumlicher
Ressourcen
•sternförmige Teamstruktur –bilaterale
Beziehungen zur Führungskraft
•weniger Kommunikation im Querschnitt
•Verlust von Multiperspektivität
Bedürfnisse
•soziale Nähe und Vertrautheit
•gegenseitige Entlastung, Bestätigung
•Teambindung als Ressource
•Solidarität und Gemeinschaftspotenzial
Herausforderungen
•Wegfall von Kontakt kompensieren -neue
Begegnungsformen etablieren
•Besprechungskultur
•Kollaborationsgelegenheiten (niedrig-
schwellig, digital, informell…)
•Bewertungskriterien (z. B. Gewichtung,
Transparenz)
2Teambindung soziale Konstanz und
Commitment
© Prof. Dr. Martina Eckert
Digitale Führungskompetenz
R
e
s
s
o
u
r
c
e
Risiken
•Akzeptanzmangel
•unpassende, organisationskultürliche
Prinzipien (starre Zuständigkeiten,
dysfunktionale Strategien bei der Steuerung
und beim Ausüben von Kontrolle)
•Diskrepanz zwischen Anspruch (DVen) +
Wirklichkeit
Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen
•Eigenständigkeit
•Orientierung und Struktur
•leistungs-statt präsenzbetonte Bewertung
•mitarbeiterorientierte Führung, Transparenz
Bedürfnisse der Führungskräfte
•Balance finden zwischen Steuern + Gewähren
•gedeihliche organistationskultürliche
Rahmenbedingungen bis zur Hausspitze
•angepasste Standards und Instrumente im
HR-Bereich, für Geschäftsprozesse sowie
Controlling
3Führungsrolle
© Prof. Dr. Martina Eckert
Führung ist ein
Schlüsselfaktor
Digitale Führungs-
kompetenz
korrespondiert mit
Teamqualität
© Prof. Dr. Martina Eckert
Digitale Führungs-
kompetenz
korrespondiert
mit weniger
Belastung
© Prof. Dr. Martina Eckert
Digitale + kommunikative
Kompetenz
R
e
s
s
o
u
r
c
e
Risiken
•Orientierung an den operativen Ansprüchen
•Primat der Aufgabenbewältigung
•unzureichende technische und
arbeitsplatzbezogene Ausstattung
•Einschränkungen durch den Datenschutz
(Ausschluss von Cloudlösungen)
Bedürfnisse
•Support: Kompetenz-+ Potenzialerweiterung
•Kommunikation, Kollaboration
•Verteilungsgerechtigkeit
•Entlastung, Schutz, gesunde Bedingungen
Herausforderungen
•Orchestrierung digitaler und präsenztypischer
Arbeit und Zusammenarbeit
•Stressmanagement (z. B. Vielfalt nicht
verschränkter Einzeltool-Lösungen)
•Wissensmanagement
4Instrumente
© Prof. Dr. Martina Eckert
61, 8 %
meinen, die Behörde sollte die Umstellung auf
mobile Arbeit begleiten
Fortbildung Information online-Impulse
Fazit
1. Bei der Ausgestaltung von
mobiler Arbeit ist auf die
spezifischen Bedürfnisse
verschiedener Zielgruppen zu
achten
•Es werden passgenaue und
variantenreiche Unterstützungs-und
Bildungssysteme benötigt
© Prof. Dr. Martina Eckert
Fazit
3. Die Anforderungen an
Führungskräfte steigen.
Wichtiger werden:
•Antizipation der Bedürfnisse und Interessen
der Mitarbeitenden
•Initiieren und Gestaltung von Austausch
•Balancieren komplexer Prozesse bei
eingeschränktem spontanem Kontakt
•Strukturen schaffen und Orientierung geben
•als direkte/r Vorgesetzte/r flexible Arbeit,
An- und Abwesenheit Kriterien orientiert
koordinieren
Fazit
2. Arbeitsprozesse verändern sich.
Um diese bei vermehrter mobiler
Arbeit zu synchronisieren, werden
Strategien benötigt
•angemessene Taktung finden
•aufgabenbezogene und soziale Rituale
dürfen nicht vernachlässigt werden
•Entgrenzungsrisiko mindern
•Regeln und Standards für die Zusammen-
arbeit
•Prokrastinationsrisiko entgegenwirken
© Prof. Dr. Martina Eckert
Fazit
4. Mobiles Arbeiten verändert
die Verwaltung
Wichtiger werden:
•Vertrauen
•Eigenverantwortung
•Entwicklungsaufgabe: Kultur für den
Umgang und die Kollaboration auf Distanz
bzw. in hybriden Teams etablieren
•„Out of the box“ denken
Fazit
5. Die Erträge mobiler Arbeit
werden geschmälert durch:
•stark hierarchische Führung
•enge Zuständigkeiten
•Misstrauen in Mitarbeitende und
Führungskräfte, die nicht präsent sind
•1 zu 1 Übertragung bisheriger Geschäfts-
prozesse auf flexibilisierte Arbeits-
verhältnisse
© Prof. Dr. Martina Eckert
Kontakt
Prof. Dr. Martina Eckert
HSPV NRW
prof.eckert@gmx.de
mobil +49 151 5241 5680
Publikation zu Teilprojekt 1: „Mobile Arbeit –
Dienstvereinbarungen in der Landesverwaltung“
https://www.viwa.nrw/gut-zu-wissen/
© Prof. Dr. Martina Eckert