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Grundlagen
der Sozialen Arbeit
Band 17
Grundlagen
der Sozialen Arbeit
Band 43
Das Pädagogische
in der Theorie
und Praxis
Sozialer Arbeit
Margret Dörr / Werner Thole (Hrsg.)
Grundlagen
der Sozialen Arbeit
Band 17
Marc Hill / Caroline Schmitt (Hrsg.) • Solidarität in Bewegung – Neue Felder für die Soziale Arbeit
Marc Hill / Caroline Schmitt (Hrsg.)
Solidarität
in Bewegung
Neue Felder für die Soziale Arbeit
Band 44
Grundlagen
der Sozialen Arbeit
Grundlagen der Sozialen Arbeit
Band 44
Solidarität
in Bewegung
Neue Felder für die Soziale Arbeit
Herausgegeben von
Marc Hill und Caroline Schmitt
Schneider Verlag Hohengehren GmbH
ISBN 978-3-8340-2161-8; 289 Seiten, VI. 2021
Grundlagen der Sozialen Arbeit
Herausgegeben von Karin Bock, Margret Dörr, Hans Günther Homfeldt,
Jörgen Schulze-Krüdener, Werner Thole
Wissenschaftlicher Beirat:
Gunter Graßhoff, Daniel Gredig, Ingrid Miethe, Martina Richter, Uwe Sander,
Matthias D. Witte, Norbert Wohlfahrt
Alle Bände der Reihe durchlaufen vor Veröffentlichung ein
unabhängiges Peer-Review-Verfahren
Umschlaggestaltung: Regina Herrmann, Esslingen
Veröffentlicht mit Unterstützung des Instituts für Erziehungswissenschaft der
Universität Innsbruck und der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-
Adria-Universität Klagenfurt
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inhaber.
Erschienen 2021 im Schneider Verlag Hohengehren, 73666 Baltmannsweiler
Printed in Germany – Druck: Format Druck, Stuttgart
ISBN 978-3-8340-2161-8
Marc Hill, Caroline Schmitt (Hrsg.)
Inhaltsverzeichnis V
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
HAKAN GÜRSES
Verzicht,Synchronie,Macht ....................... 3
Einleitung
MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
Solidarität in Bewegung. Neue Felder für die Soziale Arbeit . . . . . . 11
Zugänge
ALBERT SCHERR
„Das Bewusstsein dafür stärken, dass wir tatsächlich alle auf einem
Planeten leben“. Ein Interview zu Solidarität, Antirassismus und der
KraftvonUtopien ............................ 35
FRANK BETTINGER
KritischeSozialeArbeitundSolidarität ................. 48
STEFAN KÖNGETER / DAYANA LAU
Solidarität als Grenzbearbeitung in der Geschichte Sozialer Arbeit.
Das Beispiel der Settlement-Bewegung in transnationaler Sicht . . . . . 66
HANNAH VON GRÖNHEIM
Solidarität und Entsolidarisierung in der europäischen Asylpolitik.
Herausforderungen für die Soziale Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Aktionen
CAROLA RACKETE
Es ist Zeit zu handeln!
WirhabenesmiteinerGerechtigkeitskrisezutun ............ 109
GUDRUN HENTGES
Kriminalisierung solidarischen Handelns in Europa am Beispiel der
Seenotrettung ............................... 114
CLAUDIA LINTNER
Vom Krisendiskurs zur Alltagspraxis: Solidaritätsbewegungen und
SozialeArbeitimFluchtkontext ..................... 135
VI Inhaltsverzeichnis
ANDREAS KEWES
Solidarität in der frühen westdeutschen Flüchtlingsbewegung . . . . . . 151
Allianzen
MARKUS OTTERSBACH
Urbane Segregation und politische Partizipation im Stadtteil . . . . . . 171
JANA POSMEK
Fridays for Future – Empirische Einblicke in ein Feld gemeinschaftlichen
Aufbegehrens„ökologischer“Subjekte ................. 179
LAURA MORALES / THEODOR RÜBER / ANGELIKA SCHUBERT
Solidarität und Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . .197
MIRIAM YILDIZ
Den Umständen zum Trotz – Solidarität und Freundschaft unter Frauen
und Mädchen zweiter und dritter Generation . . . . . . . . . . . . . . 205
Drehbühnen
TU ˘
GBA ÖNDER / TUNAY ÖNDER
AwieAy¸se. B wie Babo. C wie Chabo. Postmigrantische
Entwicklungshilfe für die weiße Parallelgesellschaft . . . . . . . . . . 221
MICHAEL WRENTSCHUR
Grenzen öffnen und Realitäten verbinden. Potenziale politisch-partizipa-
tiver Theaterarbeit für eine solidarische Soziale Arbeit . . . . . . . . . 225
VINZENZ THALHEIM
Bedingungslosigkeit. Zur konkreten Utopie einer solidarischeren
Jugendhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
MIRIAM SITTER
Partizipatives Forschen: Möglichkeiten und Grenzen des Forschens als
solidarischePraxis ............................ 262
Postskriptum
MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
Nach der Fahrt mit dem Riesenrad der Solidarität. Ein Ausblick . . . . 281
AUTOR*INNENVERZEICHNIS ................... 285
Einleitung
MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
Solidarität in Bewegung. Neue Felder für die Soziale
Arbeit
1. Einleitung
Spätestens seit dem langen Sommer der Migration im Jahr 2015 erleben wir
gesellschaftliche Dynamiken höchster Ambivalenz: während sich eine Vielzahl
gesellschaftlicher Akteur*innen solidarisch mit geflüchteten Menschen zeigt,
sich bürgerschaftlich engagiert und auf Demonstrationen für Seenotrettung oder
gegen Abschiebehaft einsetzt, treten auch rechtsextreme, rassistische und antise-
mitische sowie antimuslimische Zusammenschlüsse offensiv ins öffentliche
Rampenlicht, warnen vor einer imaginierten ‚Überfremdung‘ der Gesellschaft
und fordern Grenzen der Zugehörigkeit ein (Hess et al., 2016). Die Gemenge-
lage von Solidarisierung und Entsolidarisierung spitzt sich zu und hat zu einer
Verschiebung der noch im Jahr 2015 ausgerufenen „Willkommenskultur“ (nicht
nur) in Deutschland und Österreich hin zu einer sich weiter verschärfenden euro-
päischen Abschottungspolitik gegenüber geflüchteten Menschen geführt (von
Grönheim, 2018; Fachgruppe Migraas et al., 2020). In dieser Zuspitzung stellt
sich die Frage, was die Gesellschaft entzweit und wie sie doch wieder zu Zusam-
menhalt finden kann. Der gesellschaftliche Umgang mit Fluchtmigration war
Anlass zur Initiierung dieses Bandes. Er hat eine Suchbewegung ausgelöst und
uns zum Thema der Solidarität geführt. Die Beschäftigung mit Solidarität ist
dabei nicht auf einzelne Bereiche des gesellschaftlichen Lebens verengt, son-
dern verzahnt mit gesamtgesellschaftlichen, globalen Fragen danach, wie wir
miteinander leben, mit der Natur und Tieren umgehen, wie wir wirtschaften,
wohnen, Städte und Land gestalten und die Welt den nächsten Generationen
übergeben wollen. Solidarität ist ein interdisziplinär verhandelter Gegenstand
und für die Soziale Arbeit von besonderer Relevanz. Wir verstehen Soziale
Arbeit als Menschenrechtsprofession (Staub-Bernasconi, 2019), die sich profes-
sionsethisch und theoretisch fundiert mit Fragen sozialer Ausschließung
(Anhorn et al., 2012) befasst und sozialen Wandel, Partizipation und Inklusion
qua Mandat anstrebt (IFSW, 2014; Spatscheck, Thiessen, 2017). Menschen, die
von Exklusionsmechanismen bedroht und betroffen sind, ist sie besonders ver-
pflichtet. Gemeinsam mit ihnen zielt sie darauf ab, Autonomie herzustellen und
alle Menschen gleichermaßen zu befähigen, ein Leben nach den eigenen Wün-
schen selbstbestimmt zu gestalten (Hopmann, 2020). Der Solidaritätsbegriff
Solidarität in Bewegung 11
wird zur Beschreibung des pädagogischen Auftrags Sozialer Arbeit vor allem
von Berufsverbänden (z.B. DBSH, 2011), aber auch in der wissenschaftlichen
Literatur immer wieder herangezogen (z.B. Seithe, 2012; Bettinger, 2013, 105).
In gängigen Handbüchern wie dem „Handbuch Soziale Arbeit“ (Otto et al.,
2018) oder „Grundriss Sozialer Arbeit“ (Thole, 2012) wird er jedoch nicht als
ein eigener Grundbegriff von Disziplin und Profession verhandelt. Dieser Band
zielt darauf ab, eine weiterführende sozialarbeiterischeAuseinandersetzung mit
dem großen Begriff der Solidarität (Bude, 2019) anzustoßen. Solidarität wird
hierbei als soziale Praxis, als Analysebrille sowie gesellschaftliche Vision mit
Potenzial zur Konturierung einer Sozialer Arbeit verstanden, die sich jenen, die
konventionell als die Adressat*innen Sozialer Arbeit gelten, verpflichtet fühlt,
und alle Menschen, aber auch die Natur und Tiere als ihren Adressat*innenkreis
betrachtet. Hierbei beziehen wir uns auf Mechthild Seithe (2012, 35-36), die
Solidarität zwischen Menschen und mit der Welt nicht als Alternative zu einer
professionellen Sozialen Arbeit, sondern die (Wieder-)Herstellung „von Netz-
werken und solidarischen Beziehungen“ (ebd.) als eine ihrer zentralenAufgaben
erachtet. Ausgangspunkt unserer Suchbewegung sind solidarische Praxen viel-
fältiger, vor allem zivilgesellschaftlicher Allianzen, die zeigen, wie sich Men-
schen gegenseitig unterstützen und dabei lokales Wissen nutzen – oftmals han-
delt es sich um ehrenamtliches Engagement und alltägliche Nachbarschaftshilfe
vor Ort. Diese ‚Solidarität von unten‘ wird aufgrund ihrer unspektakulären
Erscheinungsform häufig erst auf den zweiten Blick erkennbar. Sie wird in die-
sem Band ebenso wie medial und öffentlich sichtbar werdende solidarischeAkti-
onen, beispielsweise die Rettung geflüchteter Menschen aus Seenot, gewürdigt
und diskutiert. Durch solidarische Praxen konstituieren sich gesellschaftliche
Experimentierfelder, in welchen neue Ideen für das Zusammenleben in einer
Weltrisikogesellschaft (Beck, 2007) emergieren. Diese Felder sind durch ein
soziales, nachhaltiges und diversitätsbewusstes Miteinander gekennzeichnet
und setzen an globalen Problemlagen an, die nicht alleine auf der Ebene einzel-
ner Nationalstaaten und der Parteienpolitik zu lösen sind. Der Band versteht
Felder der Solidarität als multipel dimensioniert: sie sind erstens soziale Felder,
die kollektiv entstehen und neue Ideen des sozialen Miteinanders umsetzen;
zweitens sind sie räumliche Felder, die sich im Lokalen, aber auch regional,
transurban und transnational aufspannen; drittens sind sie atmosphärische Fel-
der, in denen Solidarität erspürt und erlebt wird (Latka, 2010). Der Band fragt
danach, wie sich solche Felder konstituieren, wie Menschen kollektiv neue und
zukunftsweisende Ideen von Solidarität entfalten und wie sie ein solidarisches
Miteinander gemeinsam lebenspraktisch werden lassen. Solidarität ist dabei – so
unsere These – eine bedeutsame Perspektive für die Soziale Arbeit in stets
bewegten und sich bildenden Gesellschaften: Solidarität wird mitunter in der
12 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
Sozialen Arbeit selbst produziert und als professionelle Idee angerufen; sie kann
aber auch von anderen Instanzen evoziert werden und der Sozialen Arbeit ein
Bildungsmoment sein. Dieser Sammelband will Felder solidarischen Handelns
explorieren und die Paradoxien von aufbegehrenden Solidaritäten und gleich-
zeitigen Entsolidarisierungstendenzen einfangen. Die einzelnen Beiträge
verdeutlichen, dass solidarische Praxen in einem ‚Dazwischen‘ angesiedelt sind
– zwischen gewachsenen Problemlagen und neuen Visionen. Mit solidarischem
Handeln gehen Möglichkeiten, aber auchAmbivalenzen und Unbehagen einher:
so hat Solidarität einerseits das Potential, herrschaftskritisch auf gesellschaft-
liche Missstände aufmerksam zu machen; andererseits kann sie Machtun-
gleichheiten genauso kaschieren oder (re-)produzieren, wenn sie sich zu einer
„romantisierten Solidarität“ (Castro Varela, Heinemann, 2016) verkürzt oder gar
national begrenzt verstanden wird, letztlich zu Diskriminierung und Rassismus
beiträgt (Scherr, 2020) und Hierarchien von privilegierten und ausgeschlossenen
Akteur*innen vielmehr zementiert.
2. Solidarität ist ein Riesenrad
In diesem Band spannen wir gemeinsam mit allen beteiligten Autor*innen einen
weiten Bogen von theoretischen Überlegungen bis hin zu ganz konkretenAktio-
nen, Allianzen und Widerstandspraxen in solidarischen Feldern. Die Idee von
Solidarität fungiert dabei als gemeinsame Klammer aller Beiträge. Diese Klam-
mer lässt sich mit der programmatischen Metapher eines sich im Kreis drehen-
den Riesenrades visualisieren. Das Riesenrad veranschaulicht, dass sich Solida-
rität ständig in Bewegung befindet und durch historische Kontinuitäten und
Brüche, aber auch kreative Gestaltungsspielräume charakterisiert ist. Es symbo-
lisiert zum einen den mechanischen Charakter der Solidarität, wie Durkheim
(1930 /2019) ihn beschrieben hat – Menschen, die auf Basis gemeinsamer Erfah-
rungen für etwas einstehen und sich einem Anliegen auseiner ähnlichen sozialen
Lage oder Betroffenheit heraus fast automatisch verbunden fühlen. Zum anderen
lebt ein Riesenrad vor allem von vielen einzelnen Menschen, die es ganz unab-
hängig voneinander aufsuchen – also den jeweiligen Fahrgestellgästen. Die
Besucher*innen sind sich zwar in ihrem Bestreben einig, eine gemeinsame Fahrt
mit unterschiedlichen Höhen und Tiefen anzutreten, allerdings sind sie als Men-
schen sehr individuell und ständig in Bewegung. Jeder bringt seine eigene
Geschichte mit und vertritt eigene Interessen. Daher ist auch die organische
Komponente des Riesenrades – hier metaphorisch in Form der Verschiedenheit
der Gäste gedacht – ein wesentlicher Aspekt, um dem Phänomen der Solidarität
näher auf die Spur zu kommen und weitere Perspektivwechsel zu ermöglichen.
Solidarität in Bewegung 13
Solidarität ist eine Möglichkeit, sich in die sozialen Zustände dieser Welt auf
vielfältigste Weise, in unterschiedlichen Dimensionen und sozialen Kontexten
einzumischen. Zu Beginn einer solidarischen Einmischung steht ein Unbehagen
und die Identifizierung einer als ungleich und problematisch bewerteten Situa-
tion und Ressourcenverteilung. Eine empfundene oder tatsächlich sichtbar wer-
dende Ungleichheit motiviert Generationen über große Zeitspannen hinweg,
unmittelbar und gemeinsam für eine Sache durch kollektives Handeln einzuste-
hen und dabei persönliche Risiken und Verluste zugunsten einer Allgemeinheit
in Kauf zu nehmen. Solidarische Allianzen hoffen, durch Proteste, Interventio-
nen und innovative Aktionsformen eine andere Welt entwerfen zu können. Histo-
risch lässt sich etwa an die Frauenbewegung Ende des 19. und zu Beginn des 20.
Jahrhunderts denken (Wagner, 2009). Auch die Anti-Atomkraftbewegung der
1960er und 1970er Jahre (Radkau, 2011) ist ein Beispiel für ein solidarisches
Engagement im Sinne der Umwelt. In den vergangenen Jahren rücken solidari-
sche Allianzen im Spiegel zunehmender globaler Problemlagen wie Krieg,
Klimawandel und Armut einmal mehr in den öffentlichen Blick. So macht etwa
die Fridays for Future-Bewegung mit lauter, aber auch immer wieder von Partei-
politiker*innen verpönter Stimme auf die Dramatik des Klimawandels aufmerk-
sam, fordert einen fundamentalen, ökologischen Richtungswechsel und artiku-
liert ihre Interessen in Klimastreiks und im digitalen Raum. Initiatorin der
Bewegung ist die Schülerin Greta Thunberg. Thunberg protestierte am 20.
August 2018, dem ersten Schultag nach den Sommerferien, vor dem schwedi-
schen Reichstag in Stockholm und hielt ein Schild mit der Aufschrift „Skolstrejk
för klimatet“ („Schulstreik für das Klima“) in die Luft. Die Fridays for Future-
Bewegung war geboren. Akteur*innen dieser neuen Bewegung sind vor allem
junge Schüler*innen.
Gleichwohl wir den Blick explizit aufdiese solidarischen Formationen mit ihren
Potentialitäten richten, darf nicht der Eindruck entstehen, dass diese durchweg
auf ein bejahendes Echo stoßen, gesamtgesellschaftlich uneingeschränkt mitge-
tragen werden oder per se alle Menschen einbeziehen. Vielmehr besteht ihre
Charakteristik darin, dass sie sich im Widerstreit zu Umweltzerstörung oder Ras-
sismus formieren und genau hierdurch überhaupt erst entstehen. Mit Blick auf
einzelne Allianzen gilt es stets zu fragen, wer die involvierten Akteur*innen sind.
So halten etwa Sommer und Kolleg*innen (2020) fest, dass die Fridays for
Future-Bewegung sich zwar hinsichtlich der soziodemografischen Merkmale
ihrer Akteur*innen zunehmend differenziert, gegenwärtig aber vor allem von
jungen Menschen mit hohem angestrebten oder erreichten Bildungsabschluss
gestaltet wird und nicht repräsentativ für alle jungen Menschen steht. Bereits an
dieser Stelle wird deutlich, dass auch solidarische Allianzen selektiv agieren
14 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
können und nicht per se als inklusiv anzusehen sind. Aus diesen Überlegungen
heraus wollen wir in diesem Band danach fragen, wie es um die Solidarität
bestellt ist: Welches Potenzial hat sie, welche Stellschrauben offenbaren sich?
Was und wen bewegt die Idee der Solidarität? Zu Beginn unserer einleitenden
Worte, die in Anbetracht der großen Idee von Solidarität als Sammelsurium zu
verstehen sind, möchten wir festhalten, dass wir durch die im Entstehungskon-
text dieses Buches geführten Gespräche mit Aktivist*innen, Künstler*innen,
Studierenden und Wissenschaftler*innen, mit Freund*innen und Nachbar*innen
verstanden haben, dass der Reiz, sich solidarisch für Menschenrechte, Natur,
Tiere und Umwelt – klein- und großformatig – einzusetzen, darin besteht, dass
etwas unmittelbarViables passiert. Solidarität ist häufig mehr als eine Hoffnung,
oftmals eine Chiffre. Sie lebt von demAnspruch, mit konkreten Handlungen ein-
herzugehen – ansonsten zerfällt die Idee.
2.1 Solidarität treibt an
Solidarität treibt an, motiviert, schweißt und bringt Menschen in einem geteilten
Anliegen zusammen. Sie ist dann glaubhaft, wenn der explizit transportierte
Appell zur Verbesserung unserer Welt – ebenso klein- und großformatig – in
irgendeiner Weise sichtbar, greifbar und fühlbar wird. Diese Überlegungen wir-
ken auf den ersten Blick unspektakulär, sie sind aber ein ganz entscheidendes
Element von Solidarität, welches auf den zweiten Blick in diesem Band entfaltet
werden soll. Solidarität bietet die unmittelbare Option, einen sozial erwünschten
Zustand, eine Vision, durch die Bildung einer solidarischen Allianz von Vielen
zu imaginieren und – so zeigen die versammelten Fallstudien in diesem Band –
auch umzusetzen. Solidarische Überlegungen und Handlungsweisen scheinen
im Zeitalter der Globalisierung einmal mehr in Bewegung zu geraten: sich global
verschärfende Ungleichheiten (Butterwegge, 2020), der Wohlstand der einen auf
Kosten der anderen, die Zerstörung der Umwelt und das bislang vom technisch-
ökonomischen Fortschritt in Kauf genommene Pflanzen- und Artensterben
(Beck, 1986, 99) lassen zunächst dystopische Zukünfte für die Welt erahnen.
Ungleichheiten und sich verschärfende Probleme bringen paradoxerweise aber
auch die Bedeutung von Solidarität ins Bewusstsein der Menschen und führen
insbesondere in Momenten, in welchen soziale Ungleichheiten besonders zuge-
spitzt als solche sichtbar werden – gepaart mit ihrer massenmedialen Themati-
sierung – zu geteilten Erfahrungsräumen. Im Zuge der Corona-Pandemie ist im
Jahr 2020 die Erfahrung einer geteilten Vulnerabilität aufgrund einer weltweiten
Betroffenheit aller Menschen vielfach herausgestellt worden (Henkel, 2020,
207). Jedoch sind Menschen in unterschiedlicher Weise von der Pandemie tan-
giert. Die Erfahrung einer globalen Viruskatastrophe führt mitunter zu einem
Solidarität in Bewegung 15
ajlidarischen Einschreiten in die gegenwärtigen Verhältnisse hinein – so applau-
dieren etwa Menschen für das Fachpersonal in den Krankenhäusern von ihren
Balkonen oder initiieren Unterstützung in ihrer Nachbarschaft. Dieses Engage-
ment kann jedoch auch schnell wieder abebben und wird nicht bedingungslos
allen Menschen zu Teil. So haben etwa Menschen, die in Armut leben, woh-
nungslose Menschen und Menschen in Geflüchtetenunterkünften weniger Mög-
lichkeiten, sich zu schützen, physische Distanz zu halten und unter Pandemiebe-
dingungen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
In der gesellschaftlichen Debatte tauchen von zivilgesellschaftlicher, aber auch
wissenschaftlicher Seite vermehrt Forderungen auf, hier und jetzt nachhaltig zu
handeln, Solidarität universalistisch zu denken (Scherr, 2019) und klimabe-
dingte Phänomene wie Wasserknappheit, Dürren und Versalzung vonAckerland,
aber auch Wirbelstürme und Überschwemmungen sowie die Grenzen der kapita-
listischen Ausbeutung natürlicher Ressourcen mit Phänomenen wie Fluchtmi-
gration (Dominelli, 2012) und sozial-ökologischen Ungleichheiten zusammen-
zudenken (Backhouse, Tittor, 2019). Dass grenzenloses Wachstumsstreben, die
(post-)industriellen Lebens- und Wirtschaftsweisen im kapitalistischen Apparat
und eine normalisierte Ressourcenverschwendung zu Grenzen eines gerechten
Zusammenlebens führen, ist als Zusammenhang schon lange bekannt und wurde
vom „Club of Rome“ in der vielzitierten Schrift „Die Grenzen des Wachstums“
(Meadows et al., 1972) bereits vor mehr alsvier Jahrzenten prominent diskutiert.
Die Erfahrung der Menschen, dass es nur einen Planeten Erde gibt und Umwelt-
zerstörungen sowie sozial-ökologische Ungleichheiten weltweite Folgen auslö-
sen, führt zu einer Grundüberlegung des Bandes: Ressourcenverschwendung,
restriktive Abschiebungspolitiken gegenüber geflüchteten Menschen, Rassis-
mus und Postkolonialismus sind nicht das Problem der unmittelbar Betroffenen
alleine, sondern von allen Akteur*innen auf der Erde. Allerdings zeigt sich
immer wieder, wie am Beispiel der COVID19-Pandemie ablesbar, dass häufig
erst die unmittelbare und spürbare Betroffenheit aller zu solidarischem Handeln
antreibt – und auch hier mit Grenzziehungen einhergeht und Schutzmaßnahmen
nicht allen Menschen gleichermaßen zu Teil werden (Lutz, Kleibl, 2020). Per-
spektivisch ist daher bedeutsam, Solidarität jenseits der eigenen Betroffenheit
global, inklusiv und emanzipatorisch zu konturieren und einen gesamtgesell-
schaftlichen Blick einzunehmen.
2.2 Solidarität hat eine bewegte Geschichte bis in die Gegenwart
Eine Fahrt auf dem Riesenrad offeriert eine Perspektivenerweiterung, etwa ein-
mal einen Blick ‚von oben‘ einzunehmen. Sie kann aber auch Momente des
Innehaltens befördern und Blicke ‚zurück‘ ermöglichen, wenn das Rad einmal
16 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
anhält. Das Bild des Riesenrads verweist darauf,Solidarität stets in ihren Gewor-
denheiten, in ihren Historien und Blickverschiebungen zu denken und bietet uns
an, nicht nur nach oben und unten, sondern auch zurück auf all die Wege und
Gabelungen, aber auch Sackgassen und Irrfahrten von Solidarität zu schauen,
die Vergangenheit aus heutiger Sicht zu lesen und für zukünftige Aufgaben zu
(re-)interpretieren. Historisch betrachtet wurde der Begriff der Solidarität in der
Geschichte immer wieder angeeignet und in wissenschaftlichen Debatten theo-
retisch reflektiert. Lessenich (2020) spricht gar von einem umstrittenen und
umkämpften Konzept. Der Begriff geht in einem engen Verständnis zurück auf
das Schuldprinzip im Römischen Reich (Dallinger, 2009, 12-23). Solidarität
wurde verstanden als die gegenseitige Haftung und das gegenseitige Füreinan-
der-Einstehen der Mitglieder einer Gruppe (obligatio in solidum). Im 18. Jahr-
hundert generalisierte sich das Verständnis auf weitere gesellschaftliche Felder
und entfaltete Wirkmachtin der politischen Debatte. Gemeinsam mit den Werten
der Freiheit und Gleichheit bildeten Brüderlichkeit und Solidarität die „zuge-
spitzte Trias der Kernforderungen der Französischen Revolution“ (Horn, 2017,
1345). Im Zuge der Arbeiterbewegung avancierte Solidarität schließlich zu
einem Kampfbegriff der unterdrückten Arbeiter*innenklasse gegen die Produk-
tionsmittel besitzende herrschende Klasse und kapitalistische Wirtschaftsord-
nung. In der Gemengelage subversiver Widerständigkeit des sogenannten Prole-
tariats gegen die Privilegiertheit der Besitzenden wurde Solidarität im Zuge des
Industriekapitalismus der Länder des Globalen Nordens zu einem mehr oder
weniger stark ausgeprägten Prinzip wohlfahrtsstaatlicher Abmilderung einer als
zu hoch empfundenen sozialen Ungleichheit. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts
fügte sich der Solidaritätsbegriff in die „historische Verdrängung hierarchischer
und ‚vertikaler‘ durch egalitäre und ‚horizontale‘ Sozialbegriffe [ein]“ (Bos-
hammer, 2008). Gleichwohl gilt er im Unterschied zu den großen Begriffen der
Freiheit oder Gerechtigkeit als theoretisch vernachlässigtes Konzept (Bayertz,
1988). Mit Blick in die Literatur findet sich als gängige Bezugsquelle u. a. Emile
Durkheims (1930/ 2019) Unterscheidung zwischen mechanischer und organi-
scher Solidarität. Eine organische, d.h. eine vielfältige und im Unterschied zur
mechanischen Solidarität nicht auf unmittelbaren Gemeinsamkeiten wie Religi-
onszugehörigkeit oder Wohnort beruhende Solidarität, wird in Solidaritätsdis-
kursen der Gegenwart insbesondere in Hinblick auf das Stadtleben als Möglich-
keit gedeutet, Solidarität auch unabhängig von unmittelbaren Ähnlichkeiten
zwischen Menschen zu betrachten. Wenn Solidarität als organische Überein-
kunft gelesen werden kann, so steht sie nicht länger im Gegensatz zu Individuali-
tät und frei wählbaren Allianzen (Bude, 2019, 38). Frei wählbare Allianzen
schaffen fluide Verbindungsmöglichkeiten über weite geografische und soziale
Distanzen und sich pluralisierende Milieus, Lebensstile und Glaubensrichtun-
Solidarität in Bewegung 17
gen hinweg (Stjepandi´c, Karakayalı, 2018). Dieser Aspekt erscheint im Zeitalter
der Globalisierung entscheidend für neue, weltweit agierende Solidaritätsbe-
wegungen. Allianzen, die Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebenswelten
verbinden, beruhen auf einem gemeinsam verfolgten Interesse ihrer Mitglieder.
So zeitgemäß dies auch klingen mag, so soll das Potenzial solcher Allianzen kei-
neswegs darüber hinwegtäuschen, dass der augenblickliche Charakter einer utili-
taristischen Verbundenheit der Ernsthaftigkeit sozialer Problemlagen nicht
immer gerecht wird und zu kurz greifen kann. Der Stadtsoziologe Richard Sen-
nett (2018) diskutiert in diesem Zusammenhang die grundlegende Bedeutung
einer gemeinsamen Sozialität auf der Welt – auch jenseits gemeinsamer Interes-
senlagen. Diese Sozialität reicht über die reine Nützlichkeit des Zusammenwir-
kens bei punktuell gleichen Interessen von Menschen hinaus und verlangt von
Menschen eine Offenheit, sich aufeinander einzulassen und miteinander zu
leben. Sennett bezieht seine Überlegungen zu Sozialität auf die Stadtentwick-
lung und argumentiert für eine innovative und partizipative Stadtplanung, wel-
che Stadtbewohner*innen auf Augenhöhe in die Planungen einbezieht und mit
ihnen gemeinsam Orte des guten Lebens in der Stadt und den Quartieren her-
stellt. Über den solidarischen Gestaltungsprozess hinaus fördert das gemein-
same Arbeiten an und Leben in der Stadt ein Gefühl von „Brüderlichkeit [und
Schwesterlichkeit, Anmerkung Marc Hill und Caroline Schmitt] mit anderen“
(Sennett 2018, 321). Das Beispiel von Sennett deutet es schon an, es geht bei
aktuellen Solidaritätsfragen auch um den geselligen Faktor.
2.3 Solidarität macht Spaß
Dieser Band will den Solidaritätsbegriff revitalisieren und Sie als Lesende mit-
nehmen auf eine reflexive Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
von Solidarität – von historischen sozialen Bewegungen wie der Settlement
Haus-Bewegung, den Kämpfen der Arbeiter*innenschaft im 19. Jahrhundert
über die frühen westdeutschen Geflüchtetenbewegungen bis hin zu jungen Alli-
anzen wie Fridays for Future und solidarischenTheaterformaten, die den Solida-
ritätsbegriff neu aneignen, in einer globalisierten Welt fruchtbar machen und
transkodieren. Auf diese Weise kann das Verständnis für diesen gewichtigen
Begriff wieder wachsen. Solidarität zu verstehen, ja gar zu durchdringen, meint
dabei auch, neue und bewegte Formen von Solidarität wahrzunehmen und aufzu-
greifen. Solidarität ist in neuen Allianzen mit Spaß und Eventcharakter eng ver-
bunden. Der Flashmob funktioniert zum singbaren Pop-Song, die Demonstra-
tion junger Menschen mündet in eine Party und der Christopher Street Day ist
seit jeher mit einer Straßenparade mit viel Musik und Performance-Praktiken
verbunden, die dabei aber das ernsthafte Anliegen einer Gleichberechtigung
18 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
vielfältiger Lebensweisen nicht aus dem Blick verlieren, sondern geradezu
unterstreichen. Trotz der geschichtlichen Tragik von solidarischen Kämpfen war
und ist die Kreativität der Menschen in widerständigen Praktiken immer ein
wesentlicher Teil der Begeisterung für eine soziale, gemeinsame Sache. Carola
Rackete (2019), eine Vertreterin der jungen Generation, die sich für die Maxime
des „Handelns statt Hoffens“ und für bessere soziale Verhältnisse in der Flucht-
und Umweltpolitik einsetzt, schreibt in ihrer Schrift, dass Protest Spaß machen
muss (ebd., 158). Sie bezieht sich dabei auf inspirierende Aufmerksamkeitskam-
pagnen wie die Graffitis des Streetart-Künstlers Banksy – Symbole für mehr
soziale Gerechtigkeit, die um die Welt gehen und bei sozialen Internet- und Aus-
tauschplattformen geteilt werden. Ohne solche Aktionen, so Rackete, kann keine
Aufmerksamkeit entstehen und die Solidarität bleibt mit geringen Handlungs-
möglichkeiten und geringer Wirkungsmacht zurück. Dass es ungewöhnlicher
Gesten bedarf, um eine erhöhte Aufmerksamkeit für Solidarität zu generieren,
zeigte sich im Herbst 2015. Zu diesem Zeitpunkt trugen gemeinsame „Selfies“
von geflüchteten Menschen mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem
Anstieg des zivilgesellschaftlichen Engagements in Deutschland bei und schrie-
ben sich als Teil des langen Sommers der Migration in das kollektive Gedächtnis
ein. Zeitungen und Fernsehkanäle präsentierten Menschen, die es geschafft hat-
ten, nach Europa zu gelangen, und berichteten über das Phänomen Flucht wie
über eine Situation, die der selbstverständlichen Hilfe bedarf. Im langen Som-
mer der Migration kam es zunächst zu einem Schulterschluss von großen Teilen
der Gesellschaft. Das mediale Interesse war groß und die Solidarität mit geflüch-
teten Menschen wurde sichtbar (kritisch hierzu Römhild, 2018, 67). Aus dieser
Form der Solidarität ging eine Reihe nachhaltiger, innovativer Projekte hervor
(Schiffauer et al., 2017; Hamann et al., 2016). Zugleich treffen diese Engage-
ment-Formen auf Rassismus und Entsolidarisierung und der öffentliche Diskurs
hat sich seit 2015 wieder verschoben – hin zu einer Abschottung geflüchteter
Menschen aus der Europäischen Union (EU) (Kleist, Göken, 2017). Diese
Ambivalenz führt jedoch nicht zu einem Abbruch von Engagement, sondern
schürt es mitunter weiter, wie sich an der internationalen Bewegung „Seebrücke“
zeigt. Die Seebrückenbewegung setzt sich seit dem Jahr 2018 für sichere Flucht-
wege, Seenotrettung und solidarische Städte ein. Der Journalist Christian Jakob
(2020) berichtete im Dezember 2020 im Rahmen seines Vortrages an der Univer-
sität Eichstätt-Ingolstadt „Solidarische Städte als Weg aus der Krise – Europas
Asylsystem nach Moria?“ davon, dass die Popularität der Seebrückenbewegung
einerseits mit dem geschaffenen solidarischen Bewusstsein im langen Sommer
der Migration zusammenhänge, anderseits mit der globalen sowie ortsbezoge-
nen Struktur der Seebrückengruppen in Verbindung stehe. Engagierte Menschen
organisieren sich vor allem in Lokalgruppen. Sie treffen sich in der Nähe ihres
Solidarität in Bewegung 19
Wohnortes, um sich gemeinsam solidarisch mit geflüchteten Menschen zu zei-
gen und fühlen sich mit den anderen Gruppenmitgliedern im geteilten Anliegen
verbunden.
3. Zugänge – Aktionen – Allianzen – Drehbühnen
Die nachfolgenden Beiträge entfalten in ihrer Gesamtschau ein facettenreiches,
historisch reflektiertes, zeitaktuelles und theoretisch-praktisches Solidaritäts-
programm. Dabei wird deutlich, dass sich Menschen mit unterschiedlichen
Praktiken und Wirkmächtigkeiten für eine andere und gerechtere Welt einsetzen.
Mit diesem Band wollen wir Künstler*innen, welche die Kreativität zum essenti-
ellen Bestandteil ihres Lebens erkoren haben, Akteur*innen aus zivilgesell-
schaftlichen Allianzen sowie Wissenschaftler*innen, die sich dem Solidaritäts-
thema verbunden fühlen und – so unser Eindruck – nicht selten aus einer Faszi-
nation heraus begegnen, zusammenbringen. Es geht uns um eine facettenreiche
Exploration von Solidarität. Solidarität ist ein Gefühl, Solidarität ist Praxis, Soli-
darität schnürt ein Band zwischen den Menschen, Solidarität ist ein wissen-
schaftliches Konzept, Solidarität ist Kunst.Wie eng diese verschiedenen Dimen-
sionierungen von Solidarität miteinander verknüpft sind, zeigt Hakan Gürses in
seinem Geleitwort „Verzicht, Synchronie, Macht“ eindrücklich auf. Gürses ver-
handelt das Zusammenspiel von Verzicht, Synchronie und Macht in solidari-
schen Allianzen. Solidarische Allianzen zeichnen sich heute durch eine Abkehr
von einer unbändigen Konsumlust aus, wie sie von globalisierungskritischen
Bewegungen wie etwa Attac angeprangert wird, und durch Verzicht: etwa darauf,
mit dem eigenen Auto zum Treffen mit der Freundin zu fahren und stattdessen
Straßen in der Stadt zu begrünen und für Nachbarschaftsaktivitäten zu nutzen.
Im solidarischen Anliegen entstehen schnell aufschimmerende Solidarisierung –
zum Beispiel durch das Teilen von Hashtags wie im Zuge der Kampagne #leave-
noonebehind im Jahr 2020. Die Kampagne macht darauf aufmerksam, geflüch-
tete Menschen in den Geflüchtetenlagern und Camps in den Schutzdebatten
rund um die Corona-Pandemie nicht zu vergessen. Solche Hashtags können
fluide Öffentlichkeiten (Wimmer, 2014) erzeugen und sind in ihrer Wirkmacht
doch – so Gürses – begrenzt. Solidarität mit geflüchteten Menschen kann sich
nicht mit einer digital bekundeten Anteilnahme begnügen, sondern muss sich als
ein Umverteilen und Gewähren von Bürger*innenrechten und Ressourcen für
alle verstehen. Solidarität braucht, so wird an diesem Beispiel deutlich, eine
Übersetzung in Rechte und ein nachhaltiges Aufgreifen dessen, was als Problem
von solidarischen Allianzen identifiziert wird. Geschieht dies, können solidari-
sche Allianzen wieder aus der Öffentlichkeit schwinden – sie haben dann ihr
Anliegen erreicht und schimmern erst dann wieder als Gradmesser gesellschaft-
licher Entwicklungen auf, wenn diese erneut in eine Schieflage geraten.
20 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
Auf das Geleitwort von Gürses und auf diese Einleitung folgen Beiträge in vier
Themenfeldern: (1) Zugänge, (2) Aktionen, (3) Allianzen und (4) Drehbühnen.
Die Themenfelder werden – metaphorisch gesprochen – jeweils mit einem aus-
gewählten Amuse-Gueule eingeleitet, welches ganz prägnant, mitunter praxis-
nah in das Themenfeld einführt. Darauf folgen vertiefende Beiträge, die sich ein-
zelnen Aspekten des Themenfelds dezidiert widmen.
3.1 Zugänge
Im Themenfeld „Zugänge“ sind Beiträge angesiedelt, die sich aus theoretischer,
historischer und aus Sicht der Sozialen Arbeit mit Solidarität auseinandersetzen.
Albert Scherr formuliert im Interview mit den Herausgebenden Marc Hill und
Caroline Schmitt, wie der alte Begriff der Solidarität wieder in Mode kommt und
ein Bewusstsein dafür schafft, „dass wir tatsächlich alle auf einem Planeten
leben“ (Albert Scherr in diesem Band). Angesichts derAusbreitung des Corona-
virus, aber auch von Kriegen und Naturkatastrophen, müssen Fragen geteilter
gesellschaftlicher Verantwortung neu gestellt werden: „In einer pluralisierten
Welt kann Solidarität nicht aus dem Gefühl erwachsen, dass es anderen genauso
geht wie mir, dass wir uns ähnlich sind“ (Scherr in diesem Band). Vielmehr gelte
es, eine Solidarität nicht ‚unter Gleichen‘, sondern eine inter- und transnationale
Solidarität weiter herauszubilden. Entscheidend sei, Bündnisse zu formieren –
zwischen zivilgesellschaftlichen Allianzen, staatlicher und kommunaler Politik
und weiteren Instanzen.
Solidarität ist der Klebstoff, der nicht nur Menschen, sondern auch Tiere und
Objekte miteinander in Beziehung setzt und – in einem inklusiven und sozial
gerechten Verständnis – eine lebenswerte Welt für alle Lebewesen anstrebt. Die
Vision eines guten und gelingenden Zusammenlebens trifft dabei aber auf
Bedingungen sozialer Exklusion. Diese Ambivalenz ist Gegenstand des Beitrags
„Kritische Soziale Arbeit und Solidarität“vonFrank Bettinger. Bettinger disku-
tiert Solidarität im Spannungsfeld eines ungebändigten, neoliberalen und soziale
Ungleichheiten verschärfenden Marktfundamentalismus. Vor diesem Hinter-
grund entfaltet er den Auftrag Sozialer Arbeit, Solidarität emanzipatorisch,
machtkritisch und partizipatorisch zu konturieren. Ein solches Solidaritätsver-
ständnis fungiert als reflexiv-theoretische Brille und ermöglicht überhaupt erst
eine Kritik an Prozessen sozialer Ausschließung in der Weltrisikogesellschaft.
Solidarität setzt dem die Idee einer sozial gerechten Welt und auf Partizipation
zielenden Weise menschlichen Zusammenlebens entgegen. In diesem Verständ-
nis verkommt Solidarität weder zu einer romantisiert-idealistischen Floskel,
noch zu einer von der Empirie losgelöstenTheorie im wissenschaftlichen Elfen-
beinturm. Dass diese Überlegungen in der Geschichte Sozialer Arbeit aufAnker-
Solidarität in Bewegung 21
punkte stoßen, die einer expliziten Sichtbarmachung bedürfen, verdeutlichen
Stefan Köngeter und Dayana Lau in ihrem Beitrag „Solidarität als Grenzbear-
beitung in der Geschichte Sozialer Arbeit. Das Beispiel der Settlement-Bewe-
gung in transnationaler Sicht“. DieAutor*innen begeben sich auf eine Zeitreise
von der Settlement-Bewegung bis in unsere heutige Gegenwart. Die Settlement-
Bewegung bildete sich genauso wie die Arbeiter*innenbewegung als Reaktion
auf die ‚soziale Frage‘ zur Zeit der Industrialisierung heraus – jedoch im bil-
dungsbürgerlichen Milieu. Ihr Anliegen war die Gestaltung einer solidarischen
Gemeinschaft in großstädtischen Slums und benachteiligten Quartieren und eine
Verantwortungsübernahme privilegierter für deprivierte Stadtbewohner*innen.
Die sich im Zuge sozialer Bewegungen professionalisierende Soziale Arbeit
droht im hier und jetzt – so die Autor*innen – das verbindende Potenzial von
Solidarität zu verlieren, wenn die sozialarbeiterische Unterstützungsbeziehung
ihr kritisch-gestalterisches Moment zu Gunsten einer paternalistisch überform-
ten Hilfebeziehung vergisst.
Solidarität, so stellen die Beiträge von Frank Bettinger sowie Stefan Köngeter
und Dayana Lau heraus, kann die asymmetrische Beziehung von professionali-
sierten Helfer*innen und Empfangenden sozialer Hilfeleistungen in der Sozia-
len Arbeit abmildern. Eine sich solidarisch verstehende Soziale Arbeit nimmt
sich der Anliegen ihrer Adressat*innen an und will gemeinsam mit ihnen für eine
grundlegende Verbesserung sozialer Verhältnisse eintreten. Durch den Bezug
auf eine sozial gerechte, befähigende Gesellschaft sind Adressat*innen Sozialer
Arbeit dann nicht mit einem vermeintlichen Defizit im Blick, sondern als Part-
ner*innen. Dass eine sozialarbeiterische Auseinandersetzung mit Solidarität
dabei nicht auf Ebene der pädagogischenArbeitsbeziehung stehen bleiben kann,
veranschaulicht Hannah von Grönheim in ihrem Beitrag „Solidarität und Entso-
lidarisierung in der europäischenAsylpolitik. Herausforderungen für die Soziale
Arbeit“. Von Grönheim zeichnet die ambivalente Bezugnahme auf den Solidari-
tätsbegriff in asylpolitischen Debatten des deutschen Bundestages und der Euro-
päischen Kommission einerseits und die Unterlaufung eines solidarischenAnlie-
gens durch die Exklusion geflüchteter Menschen anderseits nach. Zum Zeit-
punkt des Verfassens dieser Einleitung im Jahr 2020 ertrinken noch immer Men-
schen im Mittelmeer auf ihrem gefährlichen Weg nach Europa und sind in
Geflüchtetenlagern, etwa auf den griechischen Inseln, festgesetzt. Von Grön-
heim erachtet Solidarität ganz klar als zentralen Begriff Sozialer Arbeit und
argumentiert auf Basis einer nur unzureichenden politischen Umsetzung von
Solidarität auf EU- und nationalstaatlicher Ebene für eine politische, menschen-
rechtsorientierte Soziale Arbeit „mit lauter Stimme“ (Von Grönheim in diesem
Band), damit Solidarität mit geflüchteten Menschen nicht zu einer Floskel ver-
kommt.
22 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
3.2 Aktionen
Im Themenfeld „Aktionen“ werden die Historien, Konzeptionen und Begriff-
lichkeiten von Solidarität um Narrative undAnalysen zu solidarischem Handeln
in einzelnen Nationalstaaten, auf dem Mittelmeer und in transnationalen Zwi-
schenräumen ergänzt.
Carola Rackete präsentiert unter Mitwirkung von Anne Weiß Auszüge aus ihrem
Buch „Handeln statt hoffen“ (2019). In ihrem Beitrag „Es ist Zeit zu handeln!
Wir haben es mit einer Gerechtigkeitskrise zu tun“ schildert sie eine fehlende
Verantwortungsübernahme auf Seite der Länder des Globalen Nordens im
Umgang mit Krieg und Flucht. Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, wird
verwehrt, ihreVorstellungen eines guten Lebens umsetzen zu können. Migration
müsse, so Rackete, als fester „Bestandteil menschlichen Lebens“ (ebd.) neu
definiert und als Menschenrecht festgehalten werden. Solidarisch gelte es,
sowohl Menschenrechtsverletzungen als auch Visionen guten Miteinanders in
die Öffentlichkeit zu tragen.
Gudrun Hentges legt in ihrem Beitrag die „Kriminalisierung solidarischen Han-
delns in Europa am Beispiel der Seenotrettung“ offen, dass nach Angaben der
UN-Organisation für Migration (IOM) im Zeitraum von 2014 bis März 2020
mehr als 20.000 Menschen bei ihrer Flucht über das Mittelmeer ertrunken sind.
Die Autorin nähert sich den Aktionen im Handlungsfeld der Seenotrettung auf
Basis von Dokumentenanalysen.Anhand von Fallbeispielen gibt sie Einblick in
die öffentliche Diskreditierung solidarischen Handelns ziviler Organisationen.
Im Gegensatz dazu veranschaulicht Hentges aus rechtlicher Sicht, dass die zivile
Seenotrettung in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht steht und es vor allem
staatliche Instanzen sind, die sich ihrer Pflicht zur Rettung entledigten.Wegwei-
sende Impulse solidarischen Handelns sieht die Autorin in Initiativen, die sich
unermüdlich gegen eine Kriminalisierung von Seenotrettung engagieren und auf
dem Mittelmeer, aber auch in den Kommunen und Städten aktiv werden. Das
Lokale – so zeigt der Blick in Richtung zivilgesellschaftliches Engagement – ist
letztlich der Ort, an dem sich Solidarität realisieren kann und muss. Aktionen,
die ‚von unten‘ entstehen, inspirieren auch die Solidaritätsforschung. Sie tragen
zu einem vielversprechenden methodologischen Perspektivwechsel bei, wie er
im Beitrag „Vom Krisendiskurs zur Alltagspraxis: Solidaritätsbewegungen und
Soziale Arbeit im Fluchtkontext“vonClaudia Lintner zum Ausdruck kommt.
Der Beitrag basiert auf einem Forschungsprojekt, in dem Interviews mit Vertre-
ter*innen innovativer Projekte im Kontext Fluchtmigration geführt wurden. Die
Autorin stellt die Frage, inwieweit Solidaritätsbekundungen und Initiativen, die
auf Basis einer ausgerufenen „Flüchtlingskrise“ entstanden, weitergedacht wer-
den können. Lintner arbeitet heraus, Krisen immer gesamtgesellschaftlich zu
Solidarität in Bewegung 23
betrachten. So hätten Krisendiskurse im Fall von Fluchtmigration zu spannungs-
reichen, aber auch zukunftsträchtigen Vernetzungen von zivilgesellschaftlichen
Initiativen und der SozialenArbeit beigetragen. Dass solche Vernetzungen nicht
neu sind und auf eine bewegte Geschichte zurückblicken, stelltAndreas Kewes in
seinem Beitrag „Solidarität in der frühen westdeutschen Flüchtlingsbewegung“
heraus. Kewes bettet neue solidarische Aktionen, wie sie Hentges und Lintner
aufzeigen, historisch ein. Er veranschaulicht auf Basis einer Interviewstudie,
dass das solidarische Engagement mit geflüchteten Menschen bereits zu Beginn
der 1980er Jahre in Westdeutschland hoch ambivalent war. Solidaritätsbekun-
dungen – etwa auf Seite von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder der
Sozialen Arbeit – gingen mit einer Aushandlung darüber einher, welche Perso-
nen(-gruppen) der Solidarität ‚Wert seien‘ und welche nicht. Diese Positionie-
rungen bleiben, so Kewes, meist unreflektiert und verdeutlichen, dass Solidarität
bei all ihrem verbindenden Potenzial auch exkludierend wirken und Gruppen-
differenzen gar (re-)produzieren kann.
3.3 Allianzen
Wie unter dem Rahmen von SolidaritätVerbindungen, die nicht immer dauerhaft
und geradlinig sind, hergestellt werden, ist der Fokus im Themenfeld „Allian-
zen“. So können vielfältige Biografien an Orten der Begegnung im Stadtraum,
aber auch über Ländergrenzen hinweg zusammenfinden.
Eine Vision, die in der Sozialen Arbeit bereits Tag für Tag angegangen, umge-
setzt und immer wieder mit neuen Ideen gefüttert wird, ist die Herstellung
lebensbejahender Stadtquartiere durch Gemeinwesenarbeit (GWA). Markus
Ottersbach führt mit seinem Beitrag „Urbane Segregation und politische Partizi-
pation im Stadtteil“ in dieses Themenfeld ein: Er verdeutlicht, wie sich in margi-
nalisierten Quartieren „Armut, hohe Arbeitslosigkeit, ein hoher Anteil an Sozial-
hilfeempfänger*innen, eine geringere Lebenserwartung der Bewohner*innen,
schlechte Wohnverhältnisse, weniger kulturelle Einrichtungen und weniger
hochqualifizierende Bildungseinrichtungen [konzentrieren]“ (Ottersbach in die-
sem Band). Diese Ungleichheit und Benachteiligung wird durch das in Deutsch-
land seit den 1970er Jahren verbreitete Arbeitsprinzip der GWA bearbeitet. Als
sozialräumlich ausgerichteter Ansatz entfaltet GWA die Vision, Solidarität unter
den Bewohner*innen der Quartiere zu fördern, den Sozialraum der Akteur*in-
nen mit ihnen gemeinsam zu verbessern und notwendige Strukturveränderungen
politisch zu artikulieren. Durch einen sozialräumlichen Fokus rücken die Bedin-
gungen, (Un-)Möglichkeiten und Potenziale solidarischen Wirkens in den
Fokus.
24 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
Vor Ort widmet sich auch Jana Posmek einer solidarischen Allianz, die sich aus-
gehend vom Sommer 2018 zu einer Länder übergreifenden Bewegung ent-
wickelt hat. Mit ihrem Beitrag „Fridays for Future – Empirische Einblicke in ein
Feld gemeinschaftlichen Aufbegehrens ‚ökologischer‘ Subjekte“ begibt sich
Posmek auf eine ethnografische Spurensuche zwischen Zugfahrten, Bahnhöfen
und Demonstrationen. Unter Rückgriff auf Bruno Latour zeigt die Autorin auf,
wie sich die Teilnehmenden der Bewegung adressieren, ‚anrufen‘, und so ökolo-
gische Subjekte entstehen: „Ein solches ‚ideales‘ Subjekt weiß um seine Beteili-
gung am Weltgeschehen und leitet daraus eine moralische Verantwortung ab
[.. .]. Hierzu gehört auch die Vermeidung eines egozentrischen, lediglich auf
die eigenen Bedürfnisse im Hier und Jetzt gerichteten Lebensstils“ (Posmek in
diesem Band). Die involvierten jungen Menschen empören sich, fühlen sich ver-
antwortlich für die Welt und agieren auf Basis eines „ethisch-moralischen
Gerechtigkeitsauftrags“ (ebd.). Posmek verdeutlicht auch, wie innerhalb der
solidarischen Allianz einerseits Solidaritäten mit anderen und der Umwelt ent-
stehen, aber sich auch Grenzziehungen festigen können und die spezifischen
Subjektanrufungen zum Distinktionsmerkmal gegenüber jenen werden, die
nicht Teil der Bewegung sind.
Von Fridays for Future wandern wir weiter zu einer praxisnahen Sichtweise auf
Solidaritätsbekundungen von Laura Morales,Theodor Rüber und Angelika
Schubert. DieAutor*innen berichten in ihrem Beitrag „Solidarität und Entwick-
lungszusammenarbeit“ aus dem Innenleben des seit Ende 2015 bestehenden Ver-
eins CASA HOGAR Deutschland e.V. (CHD). Die Verfasser*innen reflektieren
Motivation und Reflexionsleistung hinter demVerein, der sich in der kolumbia-
nischen Region Choc´
o für Bildung und gegenArmut einsetzt. CHD konzentriert
sich auf die Stärkung von Frauen und Mädchen. Ein Schlüssel zur Bekämpfung
vonArmut wird im Zugang zu Bildung und in der Stärkung der Frauenrolle gese-
hen: „Bildung birgt für Frauen die Chance, für sich selbst und die Gesellschaft
einzustehen sowie Ungerechtigkeit und Ungleichheit entgegenzutreten“ (CHD
in diesem Band). Einen intersektionalen Fokus an den Schnittstellen von Gender,
Generation und Migration nimmt MiriamYildiz in ihrem Beitrag „Den Umstän-
den zum Trotz – Solidarität und Freundschaft unter Frauen und Mädchen zweiter
und dritter Generation“ auf die Gemengelage von Solidarität und Exklusion ein.
Auf Basis von Gruppendiskussionen sowie narrativ-biografischen Interviews
mit jungen Frauen veranschaulicht Yıldız, wie von Diskriminierung und Ohn-
machtserfahrungen betroffene junge Frauen der sogenannten ‚zweiten‘ und
‚dritten Migrant*innen-Generation‘ unter restriktiven Bedingungen solidarische
Allianzen entwickeln. Sie formieren einen Schutz- und Vertrauensraum, tau-
schen sich zu Rassismuserfahrungen in der Schule aus und geben einander die
Solidarität in Bewegung 25
Anerkennung, die ihnen gesellschaftlich häufig verwehrt bleibt. Dabei stellt die
Autorin als Aufgabe Sozialer Arbeit heraus, Unterstützung bei der Vernetzung
marginalisierter und von Rassismus betroffener Personen(-gruppen) zu leisten
und Räume für gemeinsames Engagement zu schaffen. Im Fokus steht ein
Anknüpfen an die Handlungsfähigkeiten der Akteurinnen und an ihre subversi-
ven Strategien.
Eine Verbindungen stiftende Solidarität, so lässt sich in diesem Themenfeld
resümieren, kann sich aufgrund einer unmittelbar geteilten Erfahrung – zum
Beispiel von Rassismus – formieren; sie kann aber auch aus einer geteilten Sorge
um den Klimawandel herrühren und eine Gruppe ‚ökologischer Subjekte‘ ent-
stehen lassen. Dabei ist das solidarische Engagement in Spannungsfelder einge-
bettet. Solidarität kann sich nicht in Forderungen und Appellen erschöpfen,
sondern bedarf unterschiedlichster Allianzen, die sich für soziale Gleichheit und
Bildung stark machen.
3.4 Drehbühnen
Das vierte Themenfeld des Bandes befasst sich mit solidarischen Visionen, wie
sie auf den Drehbühnen solidarischen Engagements emergieren. Die Beiträge
dieses Teilbereichs denken über das Hier und Jetzt hinaus. Sie widmen sich den
Performance- und Theaterbühnen genauso wie den Bühnen der Sozialen Arbeit
und Forschung und reflektieren Wissensprozesse von Akteur*innen, die auf die-
sen Bühnen sichtbar werden oder hinter dem Vorhang agieren. Den „Floor“
eröffnen Tu ˘gba Önder und Tunay Önder mit ihrer Performance „AwieAy¸se. B
wie Babo. C wie Chabo. Postmigrantische Entwicklungshilfe für die weiße Paral-
lelgesellschaft“. Die Autorinnen bringen vermeintliche Gewissheiten auf die
Bühne und stellen diese in Frage. Solidarität wird als Bildungsmoment sichtbar.
Angetrieben von der Wahrnehmung und Anerkennung vielfach marginalisierter
Perspektiven birgt ihr Beitrag ein gesellschaftliches Veränderungspotenzial und
eröffnet die Möglichkeit, sich von vereinheitlichenden, verkürzten Betrach-
tungsmustern zu verabschieden, dafür aber im Sinne der Vielheit und Offenheit
zu denken.
Die Bühne für einen Perspektivwechsel zu nutzen, ist auch Anliegen von
Michael Wrentschur in seinem Beitrag „Grenzen öffnen und Realitäten verbin-
den. Potenziale politisch-partizipativer Theaterarbeit für eine solidarische
Soziale Arbeit“. Wrentschur thematisiert das politische Theater als Ort sozialer
Grenzverhandlung, an welchem soziale Ungleichheiten sinnlich-ästhetisch
erlebbar gemacht, in Frage gestellt und durch die Entfaltung neuer Einsichten
und Visionen überschritten werden. Auf Basis einer qualitativen Studie zu einem
partizipativenTheaterprojekt macht der Autor Schnittstellen solidarischer Thea-
26 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
terpädagogik und Sozialer Arbeit sichtbar: DasTheater kann Ort der Solidarisie-
rung zwischen Publikum und Hauptdarstellenden sein, wenn Menschen aller
Altersgruppen mit Ausgrenzungs-, Diskriminierungs- und /oder Armutserfah-
rungen ihre zentralen lebensweltlichen Herausforderungen in einem partizipati-
ven, sozialen wie ästhetischen Forschungs- und Gestaltungsprozess in theatrale
Bilder, Szenen und Stücke transformieren. DerAutor verdeutlicht, dass die inter-
aktiven Aufführungen die Perspektiven des Publikums verändern und zu mehr
Empathie und Verständnis von sozialen Problemlagen führen – alsGrundlage für
Solidarität und politisches Handeln. Von der politisch-theatralen Drehbühne
sozialer Grenzverhandlung wandern wir weiter zur gesetzlichen Einbettung und
Handlungslogik der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.Vinzenz Thalheim
legt in seinem Beitrag „Bedingungslosigkeit. Zur konkreten Utopie einer solida-
rischeren Jugendhilfe“ anschaulich offen, dass sich das deutsche Kinder- und
Jugendhilfesystem in universalistische Regelleistungen und defizitbezogene
Bedarfsleistungen unterteilt. Mit dieser Unterteilung geht eine Stigmatisierung
für die Nutzer*innen der Bedarfsleistungen einher. Aus einer solidarischen Per-
spektive beleuchtet Thalheim die bisherigen Ansätze zur Förderung des Nutze-
r*innenwohls und entwirft die Utopie einer solidarischen, d.h. bedingungslosen
Jugendhilfe. Hiermit ist gemeint, eine Defizitzuschreibung, -vermessung und
-klassifikation der Nutzer*innen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme
jeglicher Hilfen abzuschaffen. Diese Utopie würde zu einer strukturellen De-
Stigmatisierung der Jugendhilfe für alle Nutzer*innen beitragen und eine Bünd-
nisarbeit zwischen Nutzer*innen und Sozialarbeitenden befördern.
Das Potenzial gegenseitiger Verständnisbildung exploriert auch Miriam Sitter
mit ihrem Beitrag „Partizipatives Forschen: Möglichkeiten und Grenzen des
Forschens als solidarische Praxis“ im Kontext der Disziplin Sozialer Arbeit. Die
Autorin gibt einen Einblick in die Anliegen partizipativer Forschung und reflek-
tiert die Möglichkeiten, Co-Forscher*innen mit ihren lebensweltlichen Anliegen
in den Forschungsprozess einzubringen und zu Partner*innen hauptamtlicher
Forscher*innen im Erkenntnisprozess zu machen. Partizipative Forschung
ermutige, befähige und schaffe solidarische Räume, in welchen marginalisierte
Akteur*innen ihre Interessen artikulieren und vertreten können.
Postmigrantische Praxen, solidarisches Theater, bedingungslose Jugendhilfe
und partizipative Forschung – die Drehbühnen solidarischer Perspektivenarbeit
sind vielfältig und ständig in Bewegung. Sie finden ihre Öffentlichkeit mal im
Großen, mal im Kleinen.
Solidarität in Bewegung 27
4. Perspektiven für eine solidarische Soziale Arbeit
Die Beiträge veranschaulichen in ihrer Gesamtheit, dass der Solidaritätsbegriff
in Bewegung geraten und für die Profession wie Disziplin Sozialer Arbeit von
hoher Relevanz ist. Diese Relevanz erfährt durch zunehmende globale Risiken
und Ungleichheiten eine Steigerung. Kriege, Klimawandel, Naturkatastrophen
und damit einhergehende Fluchtmigrationsprozesse verlangen nach einer Sozia-
len Arbeit, die sich als globale Menschenrechtsprofession und bedingungslos
solidarisch mit all jenen versteht, die in der Weltrisikogesellschaft an den Rand
gedrängt, marginalisiert und ‚abgehangen‘ werden. Solidarität ist aber nicht nur
sozialarbeiterisches Prinzip, sondern gleichsam ein Referenzrahmen, sich der
eigenen Verwobenheit mit sozialen Bewegungen zu erinnern und Bündnisse mit
zivilgesellschaftlichen Initiativen einzugehen, um globale Problemlagen part-
nerschaftlich zu bearbeiten. Solidarische Bündnisse, wie sie von der Sozialen
Arbeit gezielt initiiert werden können, treffen sich dann im gemeinsamenAnlie-
gen, Lebenschancen zu vermehren statt zu beschränken (Hark, 2020, 60), gesell-
schaftliche Pluralität als besondere Stärke zu betrachten und gemeinsam mit der
Welt und ihrer Zukunft einzustehen. Denn Solidarität ist vor allem eines: eine
soziale Praxis.
Für die Soziale Arbeit können solidarische Praxen Wegweiser*innen und
Impulsgeber*innen dafür sein, wie zentrale Themen unserer Zeit bearbeitet wer-
den können. In Ländern, in denen Soziale Arbeit eng in wohlfahrtsstaatliche
Strukturen eingebettet ist, kann es mitunter schwerfallen, über gegebene Struk-
turen hinauszudenken. Soziale Arbeit kann sich mit Blick auf alte und neue
soziale Bewegungen an den in diesen Allianzen entstehenden Ideen bilden und
von jenen lernen, welche qua Erfahrung des Ausgeschlossen-Werdens Vor-
reiter*innen im Umgang mit sozialer Ungleichheit sind: d.h. von jenen, welche
die Soziale Arbeit üblicherweise als Adressat*innen ihrer Arbeit versteht.
Geflüchtete Menschen, arme Menschen, Frauen und Mädchen, Schüler*innen –
die Beiträge des Bandes zeigen die Bewältigungsleistungen all jener auf, welche
nicht ausschließlich einer individualistisch-fokussierten Unterstützung durch
die Soziale Arbeit bedürfen, sondern von Professionellen wie Forschenden der
Sozialen Arbeit in ihren Handlungsfähigkeiten ernst- und wahrgenommen wer-
den müssen. An diesen Handlungsfähigkeiten anzusetzen bedeutet, gemeinsam
mit den Akteur*innen Räume zu schaffen, in welchen ihre Anliegen und Forde-
rungen – zum Beispiel nach Partizipation und sozialer Gerechtigkeit – Wirk-
macht entfalten. Eine so verstandene Soziale Arbeit ist dann Dienstleisterin zur
Herstellung einer sozial gerechten Welt und Partner*in all jener, die sich für eine
solche einsetzen, benachteiligt werden und soziale Verhältnisse in Bündnissen
auf Augenhöhe verändern wollen. Eine solidarische Orientierung im gemein-
28 MARC HILL / CAROLINE SCHMITT
samen Anliegen gewichtet das pädagogische Mandat einmal mehr auf Seite
derer, die im Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle zu Gunsten nationalstaat-
licher Interessen in den Hintergrund geraten. Menschen, die von Abschiebung
bedroht sind, Menschen, die im Mittelmeer ertrinken, weil die europäischen
Staaten keine Lösung zum Umgang mit Fluchtmigration auf EU-Ebene finden
oder Menschen in Armut brauchen eine SozialeArbeit, welche staatliche Interes-
sen aus einer herrschaftskritischen Perspektive einordnen kann und mit ihnen
zusammensteht. Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichenAllianzen kann sich die
Soziale Arbeit dann demAuftrag widmen, Partnerin und Organisatorin solidari-
scher Infrastrukturen zu sein, welche das gestalterische Potenzial verschiedens-
ter Instanzen bündeln. Unter dem Rahmen der Solidarität lassen sich Menschen-
rechte, Nachhaltigkeit, Partizipation und Inklusion, soziale Entwicklung und
individuums- sowie stärker community- und sozialraumorientierte Handlungs-
methoden versammeln und partizipativ ausrichten. Neue Perspektiven werden in
diesen Zeiten dringend benötigt und Solidarität, so unsere These, ist eine ganz
zentrale. Sie hat das Potenzial, zu einem Schlüsselbegriff Sozialer Arbeit zu
werden und weiterführende Perspektiven für eine sozialarbeiterische Solidari-
tätsforschung und -praxis zu entfalten.
Zur Erkundung neuer Perspektiven und einer solidarischen Bündnisgestaltung
will dieser Band einladen. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
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