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Quantifizierung von virtueller Lehre
an österreichischen Hochschulen
Arbeitsgruppe Forum Neue
Medien in der Lehre Austria
2021
Arbeitsgruppenleitung:
Mag. Mag. (FH) Irmgard Fallmann
irmgard.fallmann@donau-uni.ac.at
Servicecenter für Digitales Lehren und Lernen
Donau-Universität Krems
Arbeitsgruppenmitglieder:
Univ.-Prof. Dr. Elske Ammenwerth
elske.ammenwerth@umit.at
Instut für Medizinische Informak
Tiroler Privatuniversität UMIT TIROL
Renate Burian, MA MAS MSc
renate.burian@phwien.ac.at
PH Wien
Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. techn. Marn Ebner
marn.ebner@tugraz.at
Präsidiumsmitglied des Vereins fnm-
austria
Technische Universität Graz
Dr. Andrea Ghoneim
andrea.ghoneim@wu.ac.at
Digital Teaching Services
WU Wien
Mag. Bianca Gegenburger
bianca.gegenburger@uibk.ac.at
Büro des Vizerektors für Lehre und Studieren-
de
Universität Innsbruck
Mag.iur. Elisabeth Grün
elisabeth.gruen@tugraz.at
Lehr- und Studienentwicklung
Technische Universität Graz
Hon.-Prof. Prof. (FH) Mag. Dr. Werner Hauser
werner.hauser@-joanneum.at
FH JOANNEUM
Dr. Monika Heinrich
m.heinrich@-kaernten.at
Didakkzentrum
FH Kärnten
Prof. Ing. Klaus Karpf, MSc. BEd.
klaus.karpf@haup.ac.at
Instut für Schule, Schulentwicklung, Grüne
Pädagogik und Didakk
Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik
FH-Prof. Ing. Mag. Dr. Gerd Krizek
gerd.krizek@technikum-wien.at
Department Applied Mathemacs & Physics
Fachhochschule Technikum Wien
AUTORINNEN UND AUTOREN
Stefanie Lietze, MSc.
stefanie.lietze@technikum-wien.at
Teaching & Learning Center
Fachhochschule Technikum Wien
Mag. Herbert Mantler, MBA
herbert.mantler@agrarumweltpaedagogik.
ac.at
Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik
Wien
FH-Prof. Mag. Michael Mair,
michael.mair@-wien.ac.at
FH Wien der WKW
FH-Prof. DI Dr. Franz Niederl
franz.niederl@-joanneum.at
Instut für Internet-Technologien & -Anwen-
dungen
FH JOANNEUM
Petra Oberhuemer, MSc MAS
petra.oberhuemer@wu.ac.at
Digital Teaching Services
WU Wien
Dipl.-Ing. Dr. techn. Herwig Rehatschek
herwig.rehatschek@medunigraz.at
Stabsstelle Lehre mit Medien
Medizinische Universität Graz
Mag. Chrisna Rinnhofer
chrisna.rinnhofer@gooe.ac.at
Kompetenzzentrum Lernen und Interprofes-
sionalität
FH Gesundheitsberufe OÖ
Hochschulprofessor Univ.-Lektor Mag. Dr.
Thomas Strasser
thomas.strasser@phwien.ac.at
PH Wien
Dipl.-Ing. Dr. Andreas Zitek, MSc
andreas.zitek@boku.ac.at
E-Learning und Didakk
Universität für Bodenkultur Wien
Asc. Prof. (FH) Mag. (FH) Hans-Peter Steinba-
cher, MA
hanspeter.steinbacher@-kufstein.ac.at
Präsidiumsmitglied des Vereins fnm-
austria
FH Kufstein Tirol
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 2
INHALT
2.1 Begrisdenion 6
2.2 Rolle der Lehrperson 9
2.3 Beispiele für Lehr- und Lernszenarien mit virtuellen Elementen 13
3.1 Allgemeine Rahmenbedingungen 15
3.2 Öentliche Universitäten 15
3.3 Fachhochschulen 18
3.4 Pädagogische Hochschulen 20
4.1 Präsenzunterricht (UE, SWS, ECTS) 23
4.2 Virtuelle synchrone Lehre 24
4.3 Virtuelle asynchrone Lehre 25
4.4 Hybride Lehre 28
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 3
Die Covid-19-Pandemie hat die Schwierigkeiten der Digitalisierung der Lehre von
einem Tag auf den anderen zur Priorität und virtuelle Lehre zur zwischenzeitlichen
Norm gemacht. Das begleitende Vokabular zur virtuellen Lehre erweist sich dabei
als äußerst divers.
Dieses Whitepaper scha eine einheitliche Denion der Kernbegrie, grenzt
diese gegeneinander ab und zeigt die Implikaonen für die verschiedenen Stake-
holder des Bildungssektors in einer postpandemischen Welt auf.
Umsetzungen von virtueller Lehre der unterschiedlichen Hochschultypen, die Ana-
lyse der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie erste Ansätze für die Mess- und
Bewertbarkeit virtueller Lehre geben den Status quo der österreichischen Hoch-
schullandscha wieder.
Darauf auauend wurden unter Einbezug der Prinzipien zur Qualitätssicherung
von virtueller Lehre 10 Empfehlungen als unterstützende Faktoren für die Quan-
zierung virtueller Lehre an österreichischen Hochschulen erarbeitet:
[1] Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur und Supportstruktur für virtu-
elle Lehre
[2] Lehrpersonen mit entsprechenden Angeboten zu (medien-)didakschen
Aus- und Weiterbildungen unterstützen
[3] Virtuelle Lehre mit etablierten Verrechnungsschemata quanzieren
Asynchrone Lehraufwände in der Lehrplanung sichtbar machen
Gelungene virtuelle Lehre sichtbar machen
Virtuelle und hybride Formate fördern
[7] Freiheit der Lehre gilt auch für virtuelle Lehre
[8] Virtuelle Lehre benögt rechtliche Grundlagen
Virtuelle Lehre benögt nanzielle Grundlagen
[10] Virtuelle Lehre benögt österreichweite Absmmung
EXECUTIVE SUMMARY
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Seit vielen Jahren entwickeln österreichische Hochschulen unterschiedlichste di-
gitale Lehr- und Lernformate. Auch sind in beinahe allen Bildungseinrichtungen
eigene Supporteinrichtungen zur didakschen und technischen Unterstützung
etabliert.
Im UG 2002 §76 (3) ndet sich folgender Absatz: „Lehrveranstaltungen können
unter Einbeziehung von Fernstudienelementen und elektronischen Lernumgebun-
gen angeboten werden. Dabei sind geeignete Lernmaterialien bereitzustellen.“
Dieser jurissche Baustein önet zwar die Möglichkeit zur Integraon von virtueller
Lehre in Bildungsangeboten, er tri aber keinerlei Aussage über eine konkrete
Begrisabgrenzung. Zudem ist das rechtliche und organisatorische Regelwerk an
Hochschulen häug noch auf klassische Präsenzlehre ausgerichtet. So wird z. B.
anhand von Semesterwochenstunden (= durchschniliche Vorlesungszeit) oder
Unterrichtseinheiten die Leistung einer Lehrperson (an vielen Hochschulen kom-
men Vor- und Nachbereitungszeiten dazu – vgl. Kap. 4.1) quanziert. Die Grund-
lage für diese Art der Quanzierung von Lehrleistung baut auf einem stark leh-
rendenzentrierten Ansatz auf. Lehrpersonen werden als Wissensvermiler*innen
dargestellt. Lernprozesse nden dann sta, wenn Lehrpersonen in einem direkten
Kontakt auf Studierende treen (Kontaktzeiten), klassischerweise im Hörsaal bzw.
bedingt durch die Covid-19-Pandemie milerweile auch verstärkt in synchronen
Online-Sengs miels Videokonferenzen oder ähnlichen Möglichkeiten.
Der mediendidaksche Ansatz der vor allem synchronen (virtuellen) Wissens-
vermilung durch den Lehrenden steht allerdings im Widerspruch zu den, in der
Literatur vielfach zierten Vorteilen von virtuellen Lehr- und Lernsengs, die sich
insbesondere durch hohe Studierendenzentriertheit als auch asynchrone zeitlich
und örtlich exible Lehr- und Lernprozesse auszeichnen.
Virtuelle Lehr- und Lernkonzepte in ihren unterschiedlichen Ausprägungen, vor
allem hinsichtlich synchroner und asynchroner Lehre gedacht, verändern somit
sowohl die Aufgaben als auch das Selbstverständnis von Lehrpersonen. Die Rolle
der Lehrperson entwickelt sich vom Wissensvermiler bzw. von der Wissensver-
milerin mehr und mehr in Richtung Lerncoach, der die Studierenden durch Be-
reitstellung von didakschen Gesamtkomposionen mit synchronen Face-to-face-
Komponenten als auch synchronen und asynchronen virtuellen Anteilen akv bei
der individuellen und/oder kollaboraven Kompetenzentwicklung begleitet.
1 AUSGANGSLAGE UND ZIELSETZUNG
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
In der Arbeitsgruppe „Quanzierung der virtuellen Lehre“ werden die Auswir-
kungen der zunehmenden Digitalisierung der Hochschullehre auf didaksche, ad-
ministrave und rechtliche Aspekte der Hochschulorganisaon dargestellt und
die sich dadurch ergebenden Grenzen der aktuell verwendeten Instrumente zur
Hochschulsteuerung diskuert.
Das vorliegende Whitepaper widmet sich insbesondere folgenden Schwerpunkten:
[1] Denion einheitlicher Begrie zur virtuellen Lehre (Kapitel 2)
[2] Darstellung beispielhaer virtuell gestützter didakscher Szenarien (Kapitel
2.3)
[3] Darstellung der aktuell gülgen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Abgel-
tung von Lehrleistungen und deren Grenzen hinsichtlich der virtuellen Lehre
(Kapitel 3)
Möglichkeiten, virtuelle Lehrleistungen messbar zu machen (Kapitel 4)
Qualität virtueller Lehrleistungen sicherstellen (Kapitel 5)
Handlungsempfehlungen (Kapitel 6)
Die Hochschullehre setzt verschiedene didaksche Methoden und Veranstaltungs-
typen (z. B. Vorlesung, Übungen, Seminare) ein, die in Abhängigkeit von Wissen-
schasdisziplinen, angestrebten Lehr- und Lernzielen und strategischen Ausrich-
tungen der Hochschulen sehr unterschiedlich zum Einsatz kommen. Unabhängig
davon erfolgt auch eine Dierenzierung in der Art der Erbringung der Lehrleistung.
Während die klassische Hochschullehre auf ein physisches Zusammentreen von
Lehrpersonen und Studierenden in Form von Präsenzveranstaltungen auaut,
stellt milerweile auch der virtuelle Raum einen xen Bestandteil der hochschuli-
schen Lehre dar. Im nachfolgenden Abschni werden Begriichkeiten rund um
mögliche Gestaltungsformen der Hochschullehre festgelegt, welche die Grundlage
für alle weiteren Überlegungen dieses Dokuments darstellen.
2 VIRTUELLE LEHRE AN HOCHSCHULEN
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Abb. 1: Art der Erbringung von Lehrleistungen: Formen der digital gestützten virtuellen Hochschullehre, vereinfacht (eigene
Darstellung). Die Striche zeigen die Untergliederung des jeweiligen Ober-Konzepts. Die hybride Lehre ist nicht-hierarchisch
im Spannungsfeld zwischen Präsenzlehre und synchroner virtueller Lehre verortet und daher durch nicht-hierarchische Ver-
bindungen eingespannt.
In der klassischen Form der Präsenzlehre treen sich Studierende und Lehrperson
zeitgleich an einem physischen Ort, im Regelfall am Hochschulcampus.
Die virtuelle Lehre hingegen ist geprägt durch eine räumliche Distanz zwischen Stu-
dierenden und Lehrpersonen, aber nicht notwendigerweise durch zeitliche Distanz.
Neben Präsenzlehre und virtueller Lehre spielen aus Sicht der Studierenden auch
unbetreute Selbststudienphasen eine große Rolle. Diese sind aus Gründen der
Übersicht in Abb. 1 nicht detailliert dargestellt, mit Ausnahme der unbetreuten
asynchronen Selbststudienphasen in der virtuellen Lehre.
Bei der synchronen, virtuellen Lehre treen Lehrpersonen und Studierende ei-
nander zu einem besmmten Zeitpunkt im virtuellen Raum. Häug wird diese
Form auch als virtuelle Präsenz-Lehre bezeichnet. Miels Videokonferenz- oder
Streamingsoware wird sowohl Video- als auch Audio-Übertragung ermöglicht.
Synchrone Veranstaltungen auf rein schrilicher Basis miels Chats, die in den
Anfängen des e-Learnings noch weit verbreitet waren, haben milerweile an Be-
deutung verloren. Dabei kann eine virtuelle Lehrveranstaltung z. B. beim Streaming
rein unidirekonal stainden, oder im Zuge von Videokonferenzen bidirekonal,
d. h. mit Interakonsmöglichkeiten auch für Studierende, umgesetzt werden.
Der vielfach zierte Vorteil der virtuellen Lehre ergibt sich aber vor allem im Rah-
men von didaksch durchdachten Blended-Learning Formaten und der damit ein-
hergehenden Flexibilität bezüglich Lernzeit und Lernort im Falle von asynchronen
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 7
Elementen. Hierbei erfolgt der Austausch zwischen Lehrpersonen und Studieren-
den im virtuellen Raum zeitversetzt. Umsetzungsmöglichkeiten nden sich z. B. in
Form von durch Lehrpersonen betreuten Foren oder schrilichen Feedback-Pro-
zessen bei Aufgabenstellungen in unterschiedlichen Sozialformen (Einzelarbeiten
und Gruppenarbeiten). Asynchrone, virtuelle Lehrformate bauen im Regelfall auf
tutoriell begleiteten Lehr-/Lernprozessen auf. D. h. die Lehrleistung der Lehrper-
sonen besteht aus der didakschen Konzepon der virtuellen asynchronen Phase,
der Bereitstellung der digitalen Lernressourcen sowie der laufenden Begleitung
des Lernprozesses. Diese Form soll hier als betreute asynchrone virtuelle Lehre
bezeichnet werden, welche auch eine bessere Dokumentaonsmöglichkeit, bei-
spielsweise von formaven Assessments oder der Kommunikaon, scha.
Ein wesentlicher Bestandteil jeder asynchronen Lernphase besteht auch in der
Bereitstellung von digitalen Lernobjekten für das Selbststudium (z. B. Lernvideos,
Simulaonen, interakve Skripten, interakve Übungen, Self-Check-Quizzes, …).
So nden sich in der virtuellen Hochschullehre auch reine Selbstlernkurse ohne
jegliche tutorielle Begleitung. Diese Form stellt insbesondere eine Sonderform dar,
als den Studierenden dabei die Möglichkeit für Rückfragen und den direkten Aus-
tausch mit den Lehrpersonen fehlt. Die Leistung der Lehrpersonen besteht hierbei
in der didakschen Konzepon der Selbstlernstrecke sowie in der Ausarbeitung
und Bereitstellung der digitalen Lernressourcen. Dies bedeutet im Regelfall einen
hohen erstmaligen Erstellungsaufwand, bei wiederholter Durchführung ist meist
nur geringer Aktualisierungsaufwand erforderlich. Alternav zur Selbsterstellung
von digitalen Lernressourcen kann auch auf bestehende Ressourcen, wie z. B. of-
fen lizenzierte Lernobjekte (OER – Open Educaonal Ressources) zurückgegrien
werden. Reine Selbstlernkurse sollen in diesem Zusammenhang als unbetreute vir-
tuelle Lehre bezeichnet werden. Die Bereitstellung von reinen Selbstlernkursen ist
in etwa vergleichbar mit der Verfassung von Lehrbüchern oder Skripten. Diese kön-
nen einen wesentlichen Bestandteil eines umfassenden Lernarrangements durch
Selbststudium darstellen. Die Erreichung der angestrebten Lehr- und Lernziele ist
aber erst durch deren Integraon in einen ganzheitlichen Prozess sichergestellt.
Ein ganzheitliches Lernarrangement im hochschulischen Kontext besteht daher
meist nicht ausschließlich aus einem der oben genannten Formate sondern aus
einer Kombinaon der unterschiedlichen Elemente. Bei Blended-Learning1-Ar-
rangements werden Präsenzphasen mit virtuellen synchronen und asynchronen
1 Alternav zu Blended Learning ndet sich auch der Begri Hybrid Learning in der Fachliteratur (vgl. Hrasnski, 2019).
Dieser Begri hat allerdings durch im Folgenden erläuterte hybride Lehrformen (teilweise auch „Dualbetrieb“ genannt)
während der COVID-19-Pandemie einen Bedeutungswandel erfahren. In diesem Whitepaper wird als hybride Lehre daher
nur uni- oder bidirekonale hybride Lehre (Lehrveranstaltungs-Streaming mit Gruppen vor Ort und Online-Teilnehmer*in-
nen) im Sinne der folgenden Ausführungen verstanden.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 8
(betreuten und unbetreuten) Phasen didaksch sinnvoll und lernzielorienert
kombiniert.
Eine besondere Form der Hochschullehre ergibt sich durch eine Anforderung, die
insbesondere durch die Herausforderungen im Rahmen der Pandemie COVID-19
massiv vorangetrieben wurde, nämlich der Kombinaon von Präsenzlehre mit zeit-
gleicher synchroner virtueller Lehre. Um möglichst hohe Flexibilität zu gewähren,
sollen hierbei unter Nutzung der technischen Möglichkeiten physische anwesende
Studierende und virtuelle Teilnehmende zeitgleich betreut werden. Im COVID-
19-Leiaden für den gesicherten Hochschulbetrieb (BMBWF, August 2020) wird
diese Lehrform als Dualbetrieb2 bezeichnet, an einigen Hochschulen wurde sie als
„synchroner Hybridmodus“ umgesetzt. Für diese Form der Lehre wird im Rahmen
dieses Whitepapers der Begri „Hybride Lehre“ verwendet. Die Lehre ndet dabei
grundsätzlich als Präsenzlehre in einem physischen Raum am Campus sta. Mit-
tels Streaming-Technologie ist auch die gleichzeige virtuelle Teilnahme möglich.
In der einfachen Form werden die Seminarraumakvitäten miels
Live-Stream ins Netz übertragen. Die virtuell Teilnehmenden sind dabei nur passiv
konsumierend, haben also keine Möglichkeit zur Interakon mit Lehrpersonen und
Mitstudierenden. Diese Form eignet sich daher primär für sehr vortragslasge
Veranstaltungen (z. B. Vorlesung). Bei der Variante des Streamings
wird den virtuell Teilnehmenden miels Videokonferenzsoware auch ein Rückka-
nal angeboten. Dadurch wird die Interakon zwischen virtuell Teilnehmenden und
Teilnehmenden in Präsenz möglich. Diese Form klingt grundsätzlich sehr arakv,
da sie wiederum die örtliche Flexibilität fördert. Es sei aber angemerkt, dass sie so-
wohl didaksch, organisatorisch als auch technisch sehr herausfordernd sein kann.
2.2 Rolle der Lehrperson
Die Hochschule ist seit jeher ein Ort der Begegnung zwischen Lehrpersonen und
Studierenden mit dem Ziel, einerseits bestehendes Wissen weiterzugeben und
andererseits darauf auauend miels krischem Diskurs gemeinsam neue Er-
kenntnisse zu erschließen. Die Rolle der Lehrperson ist demnach eine weit breitere
als jene der reinen Wissensvermilung (Input-Orienerung). Vielmehr besteht die
Aufgabe von Lehrpersonen in der Planung, dem Design und der Umsetzung von
akvierenden Lernprozessen, die die Studierenden und deren individuelle Kom-
petenzentwicklung in den Vordergrund stellen (Ehlers, 2017).
2 Alternav wird hier häug von hybriden Veranstaltungen gesprochen, im Englischen spricht man auch von concurrent
teaching.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Die Forderung nach Studierendenzentriertheit und Kompetenzentwicklung in der
Hochschulbildung wird durch die aktuellen Herausforderungen der zunehmend
globalisierten und digitalisierten Welt zusätzlich verstärkt. Studierende sollen
im Rahmen ihres Hochschulstudiums „Future Skills“ (Ehlers, 2020) wie Selbst-
steuerungskompetenzen, Kollaboraonskompetenzen, Problemlösekompetenzen,
Innovaonskompetenzen etc. erwerben. Dafür sind entsprechende, innovave,
didaksche Konzepte notwendig, bei denen digitale Elemente integrale Bestand-
teile darstellen. In einer digitalen Welt nimmt die klassische Wissensvermilung
im Hörsaal an Bedeutung ab. Wissen ist milerweile in vielfälgster Weise über
unterschiedliche digitale Kanäle abruar. Demgegenüber steigt aber der Bedarf
an Betreuung, Coaching und Begleitung der Lernenden durch Fachexpert*innen,
die die Studierenden bei der individuellen Kompetenzentwicklung gezielt unter-
stützen. Dieses veränderte Rollenbild von Lehrpersonen, weg vom Wissensver-
miler hin zum Lerncoach, stellt in unterschiedlichen digital gestützten Lehr- und
Lernszenarien ein zentrales Paradigma dar und beeinusst demnach zunehmend
auch das Selbstverständnis der Hochschullehre.
Welche Rolle die Lehrpersonen in einem Lehr-Lern-Prozess einnehmen, hängt
u. a. ab von der intendierten Wissens- bzw. Kompetenzentwicklung. Baumgartner
(2004) erläutert diesbezüglich in seinem Transfer-Tutor-Coach-Modell drei Proto-
typen von Lehre. Lehren I (Teaching I) ist ein Transfer-Modell, in dem vor allem
Faktenwissen vermielt wird und entspricht in etwa dem Frontalunterricht. Im
„Tutor“-Modell (Teaching II/Lehren II) ist die Lehrperson in der Rolle eines/einer
Lernbegleiters/Lernbegleiterin. Die Studierenden erarbeiten prozedurales Wissen
bzw. Fergkeiten, die Lehrperson begleitet sie durch das Design eines Lehr-Lern-
Sengs und während des Lernprozesses in der Rolle einer/eines Tutorin/Tutors.
In komplexeren Lernsituaonen (Lernen III/Teaching III) taucht die Lehrperson mit
Studierenden entweder in eine reale soziale Situaon ein oder simuliert diese Situ-
aon und begleitet die Studierenden als Mentor*in/ Coach durch den Prozess der
Erarbeitung von Kompetenzen. Simulierte Lehr-Lern-Situaonen können beispiels-
weise sein: projektbasiertes Lernen, fallbasiertes Lernen, problembasiertes Lernen.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 10
Abb. 2: Prototypen von Lehre (Quelle: Baumgartner (2004), S. 6)
Für die drei genannten Prototypen von Lehre eignen sich sowohl Methoden in
Präsenzformaten als auch in virtuellen Lernumgebungen. Im häugsten Fall wird
das didaksche Lernarrangement im Sinne von Blended Learning umgesetzt, was
generell eine Mischung aus virtueller Lehre und Präsenzlehre umfasst.
Tab. 1 listet exemplarisch Beispiele für virtuelle Lehrszenarien unterschiedlicher
Lehrformate im Vergleich zur Präsenzlehre in der Hochschullehre auf. Details zu
einigen Ausprägungen in der virtuellen Lehre nden sich in Kapitel 2.3.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 11
Lehrformate
Ausprägungen in der
Präsenzlehre
Ausprägungen in der
virtuellen Lehre
Vermilung von
Wissen mit oder
ohne Betreuung
Vortrag im Seminarraum/
Hörsaal
Podcast, Video auf
Abruf (Streaming),
Videokonferenz, MOOC
Kooperaves
Lernen
Partner- und Gruppenarbeiten
im Seminarraum/ Hörsaal
Videokonferenzen,
Zusammenarbeit
mit diversen
Kollaboraonstools
(virtuelle Pinnwände,
kollaborave
Dokumente,
Diskussionforen …)
Tutoriell betreutes
Lernen
Mentor*innen-Modelle (auch
Peer-Tutor*innen)
Online-Coaching
digitale
Assistenzsysteme
Kommunikaves
und kollaboraves
Lernen
Gruppenansätze (Team-
Building, Gruppenfeedback,
Metakommunikaon etc.)
Soziale
Netzwerke, Chats,
Diskussionsforen, Peer
Learning
Beratung Einzelgespräche/
Informaonsveranstaltungen
Online-Beratung (Mail,
Chats, Videokonferenz,
FAQ-Listen,
Community-basierte
Ansätze (peer-to-peer)
Tests,
Zerzierung
Klausur, mündliche Prüfungen Computerbasiertes
(adapves) Testen,
e-Assessment
Tab. 1: Bestandteile von virtuellen Lehrszenarien im Vergleich zur Präsenzlehre (in Anlehnung an Kerres (2018))
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 12
2.3 Beispiele für Lehr- und Lernszenarien mit virtuellen Elementen
Im Folgenden stellen wir einige virtuelle Lehrszenarien aus Tab. 1. im Detail vor.
Dieser Abschni stellt nicht den Anspruch eines didakschen Orienerungswerkes
für die Gestaltung von virtuellen Lehr- und Lernszenarien. Vielmehr soll anhand
der folgenden exemplarischen Darstellungen von didakschen Konzepten (ohne
Anspruch auf Vollständigkeit) die Grundlage für die Überlegungen in den Folge-
kapiteln zur Quanzierung von virtueller Hochschullehre gebildet werden.
2.3.1 Inputorienerte virtuelle Lehr- und Lernformate
Für die Vermilung von Faktenwissen (vergleiche Baumgartner, 2004, Teaching
I) eignen sich in einem virtuellen Format insbesondere synchrone virtuelle Vor-
lesungseinheiten (uni- und bidirekonal), asynchrone Lernvideos in Kombinaon
mit Lesematerial sowie Quizzes zur eigenständigen Wissensüberprüfung. Letzteres
Format prägt einen Großteil der Massive Open Online-Courses (MOOCs), die o als
reine Selbstlernstrecken mit oder ohne tutorielle Begleitung konzipiert sind (siehe
dazu u. a. die österreichische Plaorm iMooX.at). Wie MOOCs im Rahmen von
Blended-Learning-Szenarien an Hochschulen eingesetzt werden können, beschrei-
ben z. B. Marn Ebner et al. (2019) anhand von „Sieben Lehr- und Lernszenarien
zur Nutzung von MOOCs in der Hochschullehre“.
Eine besondere Form von Blended-Learning-Szenarien stellt das Flipped-Class-
room-Konzept dar. Dabei wird im Sinne des „umgedrehten“ Unterrichts die Wis-
sensvermilung (zumeist miels Lernvideos) ins Selbststudium verlagert, die Prä-
senzphasen, bei der Lehrperson und Studierende physisch aufeinandertreen,
werden dann für die Inhaltsverefung, Diskussion und gemeinsames Üben genutzt,
womit durchwegs auch Lernziele höherer Komplexität erreicht werden können.
Beispiele zu Flipped Classroom aus dem Atlas der guten Lehre3:
nZukunsfähiges Wirtschaen 1, Vorlesungsübung (WU Wien)
nFinales Modul der bildungswissenschalichen Grundlagen mit erweitertem
Prakkum (Pädagogische Hochschule Oberösterreich)
n„Wissensvermilung einmal anders! Digitale Medien/Videos in der schuli-
schen Praxis“ Proseminar am Zentrum für LehrerInnenbildung (Universität
Wien)
nNEUroLOGISCH: Inverted Classroom ermöglicht individuelles und praxisbezo-
genes Lernen (FH St. Pölten)
3 hps://gutelehre.at/
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 13
2.3.2 Kollaboraon und Peer-Learning im virtuellen Raum
Zur Erreichung von höheren Lernzielen eignen sich komplexe didaksche Me-
thoden (z. B. problembasiertes Lernen, fallbasiertes Lernen, projektorienertes
Lernen, …), die zumeist einem konstrukvisschen Lernparadigma folgen. Die Stu-
dierendenzentrierung steht im Vordergrund, ebenso die studensche Zusammen-
arbeit sowie das Lernen von und mit Peers. Lehrpersonen übernehmen die Rolle
von Lernbegleiter*innen (vergleiche Teaching II und Teaching III in Anlehnung an
Baumgartner (2004)) und sind verantwortlich für die Auereitung einer movie-
renden Lernumgebung. Die gezielte Integraon des virtuellen Raumes (Kollabo-
raonstools, Kommunikaonstools etc.) in die didaksche Planung scha umfas-
sende, neue Möglichkeiten, wie z. B. das Hinzuziehen von Expert*innen aus der
Praxis sowie die Zusammenarbeit zwischen internaonalen Studierendengruppen.
Beispiele aus dem Atlas der guten Lehre:
nDer Siebensprung im Modul Personalmanagement: Förderung der intrinsi-
schen Lernmovaon durch Problem Based Learning in einer virtuellen Lern-
umgebung (Universität für Weiterbildung Krems)
nGlobal Case Study Challenge: Developing digital leadership and collaboraon
competencies (Fachhochschule Kärnten)
nFörderung von virtueller Mobilität (FH Wien der Wirtschaskammer Wien)
nKooperaves Lernen im Universitätslehrgang Health Informaon Manage-
ment (UMIT TIROL)
2.3.3 Intelligente, digitale Assistenzsysteme für das Selbststudium
Ein guter Lernprozess ermöglicht es, dass Studierende Feedback zum Lernfort-
schri und gezielte Reexionsimpulse erhalten. Zudem wird im Sinne der Individua-
lisierung die Bereitstellung von Lernangeboten in Abhängigkeit von studenschen
Interessen und Vorkenntnissen angestrebt. Mithilfe der aktuellen Technologien gibt
es erste Projekte zur Unterstützung von didakschen Aufgaben der Hochschullehre
miels digitaler Assistenzsysteme. Dabei wird insbesondere auf die Möglichkeiten
der Künstlichen Intelligenz und daraus entstehende Potenziale der Mensch-Ma-
schinen-Interakonen zurückgegrien. Beispiele dafür sind z. B. diverse Projekte
rund um das Thema Learning Analycs oder der Einsatz von Chatbots als digitale
Lernbegleiter. Für die Bereitstellung derarger Lernumgebungen bedarf es neben
der didakschen Konzepon insbesondere umfassender technischer Experse als
auch nanzieller Ressourcen, die weit über die klassischen Lehr-Agenden von
Hochschullehrpersonen hinausreichen. Entsprechende Pilotprojekte werden im
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Regelfall durch entsprechende Drimielakquise umgesetzt (vgl. dazu u. a. Raunig
(2020), Schmohl et al. (2019), Seufert et al. (2020) )
Beispiele
nLearning Analycs – Studierende im Fokus (Technische Universität Graz, Uni-
versität Wien & Universität Graz)
nPASSt – Predicve Analycs Services für Studienerfolgsmanagement (Techni-
sche Universität Wien, Wirtschasuniversität Wien, Universität Linz)
3.1 Allgemeine Rahmenbedingungen
Um die Quanzierung von virtueller Lehre an österreichischen Hochschulen dis-
kueren zu können, ist es unerlässlich, sich zuerst die gesetzlichen Regelungen
anzusehen. Die drei öentlichen Hochschultypen müssen auf unterschiedliche
Gesetzesgrundlagen zurückgreifen: Die Universitäten auf das Universitätsgesetz
(BGBl I 2002/120 idgF, kurz: UG), die Fachhochschulen auf das Fachhochschul-
gesetz (BGBl 1993/340, kurz: FHG) und die Pädagogischen Hochschulen auf das
Hochschulgesetz (BGBl I 2006/30 idgF, kurz: HG) in ihrer jeweils gülgen Version.
In diesem Kapitel soll geklärt werden, ob virtuelle Lehre überhaupt in den Geset-
zesvorgaben abgebildet ist und wenn ja, wie bzw. welche näheren Besmmungen
eingehalten werden müssen. Es zeigt sich gleich vorweg, dass es zwar Ähnlichkeiten
gibt, die Vorgaben sich aber durchaus unterscheiden.
3.2.1 Allgemeines
Die Universitäten haben die Möglichkeit der Abhaltung von Fernstudieneinheiten
derzeit bereits vorgesehen und meist in Form von Satzungsbesmmungen, Richt-
linien und in den Curricula näher ausgestaltet.
3.2.2 Virtuelle Lehre im Universitätsgesetz (UG)
§ 76 Abs. 3 UG in der bis 30.9.2021 geltenden Fassung der UG-Novelle 2017 (BGBl
I 2017/129) normiert, dass Lehrveranstaltungen „Fernstudieneinheiten“ und „elek-
3 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
tronische Lernumgebungen“ enthalten können: „Lehrveranstaltungen können un-
ter Einbeziehung von Fernstudienelementen und elektronischen Lernumgebungen
angeboten werden. Dabei sind geeignete Lernmaterialien bereitzustellen. Die Stu-
dierenden sind vor Beginn der Lehrveranstaltung über das Konzept der Lehrver-
anstaltung, sowie über die Inhalte, die Methoden und die Beurteilungskriterien
und die Beurteilungsmaßstäbe der Lehrveranstaltungsprüfungen zu informieren.“
In den Erläuterungen zum Iniavantrag zur UG-Novelle 2017 ist Folgendes aus-
geführt: „In welcher Form und in welchem Ausmaß Lehrveranstaltungen unter
Einbeziehung von Fernstudienelementen und elektronischen Lernumgebungen
angeboten werden, hat die jeweilige Universität zu entscheiden. Maßgeblich für
die Einrichtung eines solchen Angebotes ist jedoch eine Prüfung, ob dadurch das
Lern- bzw. Lehrziel der Lehrveranstaltung erreicht werden kann. Damit im Zu-
sammenhang muss auch auf die Zurverfügungstellung geeigneter Lernmaterialien
und Lernumgebungen abgestellt werden. Wesentlich ist weiters die vorangehende
Informaon der Studierenden über das Konzept der Lehrveranstaltung in Ver-
knüpfung mit der Informaon über die Art der Leistungsfeststellung und die Be-
urteilungskriterien.“ (ErläutIA 2235/A BlgNR 25. GP, 141)
Angemerkt sei, dass sich die Vorgängerbesmmung zur Regelung in § 53 UG (idF
BGBl I 2002/120; „Fernstudien“) fand.
Für Lehrveranstaltungen und Prüfungen ab 1. Oktober 2021 ist § 76 UG idF der
UG-Novelle 2021 (BGBl I 2021/93) anzuwenden. Demgemäß soll das elektronische
Lehrveranstaltungsverzeichnis „Informaonen über den Titel, den Namen der Lei-
terin oder des Leiters, die Art, die Form (gegebenenfalls inklusive Angabe des Ortes
der Abhaltung) und die Termine der Lehrveranstaltungen“ enthalten. Zusätzlich ha-
ben die Lehrveranstaltungsleiter*innen die Studierenden bereits vor Beginn jedes
Semesters „über die Ziele, die Form, die Inhalte, die Termine und die Methoden
ihrer Lehrveranstaltungen sowie über die Inhalte, die Form, die Methoden, die
Termine, die Beurteilungskriterien und die Beurteilungsmaßstäbe der Prüfungen“
zu informieren. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur UG-Novelle 2021
(662 BlgNR 27. GP) ist u. a. ausgeführt, dass mit dieser Novelle eine bessere Plan-
barkeit des Semesters für Studierende erreicht wird; die Leiter*innen der Lehr-
veranstaltungen sollen „alle für Studierende relevanten Informaonen bezüglich
Lehrveranstaltungen und Prüfungen bereits vor Beginn eines Semesters“ bekannt-
geben, so auch „die Form der Abhaltung der Lehrveranstaltung (insbesondere ob
diese durch Präsenzeinheiten, in digitaler Form oder in einer Mischform abgehalten
wird)“. Abänderungen während des Semesters werden ermöglicht, „wenn dies aus
zwingenden Gründen erforderlich ist“: „Zu denken wäre bei zwingenden Gründen
etwa an eine Pandemie oder an eine Verhinderung einer Leiterin oder eines Lei-
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
ters einer Lehrveranstaltung bzw an eine Verhinderung einer Prüferin oder eines
Prüfers.“ Sinnvoll wäre es, „Näheres dazu in der Satzung zu regeln“ (ErläutRV 662
BlgNR 27. GP, 25). Den Studierenden, die unter den geänderten Rahmenbedin-
gungen nicht mehr teilnehmen wollen, ist gem. § 76 Abs 4 UG idF BGBl I 2021/93
jedenfalls das Recht einzuräumen, sich von der betreenden Lehrveranstaltung
oder Prüfung abzumelden, ohne dass eine Anrechnung auf die Gesamtzahl der
zulässigen Prüfungsantrie erfolgt.
Darüber hinaus hält mit § 76a idF der UG-Novelle 2021 (BGBl I 2021/93) erstmals
eine Besmmung zur „Durchführung von Prüfungen mit Mieln der elektronischen
Kommunikaon“ Einzug in das UG (wirksam ab Wintersemester 2021/22). Es sind
dabei „zusätzlich zu den allgemeinen Regelungen zu Prüfungen […] folgende Min-
desterfordernisse einzuhalten“:
[1] Bekanntgabe der Standards vor dem Beginn des Semesters, die die techni-
schen Geräte der Studierenden erfüllen müssen, um an diesen Prüfungen
teilnehmen zu können.
[2] Zur Gewährleistung der eigenständigen Erbringung der Prüfungsleistung
durch die Studierende oder den Studierenden sind technische oder organi-
satorische Maßnahmen vorzusehen.
[3] Bei technischen Problemen, die ohne Verschulden der oder des Studieren-
den aureten, ist die Prüfung abzubrechen und nicht auf die zulässige Zahl
der Prüfungsantrie anzurechnen.
Demnach werden Mindeststandards für digitale Prüfungen auch nach der Covid-
19-Krise weiterbestehen. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur UG-Novelle
2021 stellen klar, dass „Prüfungen mit Mieln der elektronischen Kommunikaon
[…] eine gleichwerge Alternave zu Präsenzprüfungen darstellen“. (ErläutRV 662
BlgNR 27. GP, 25)
3.2.3 Vergütung virtueller Lehre
Das UG legt zum Thema der virtuellen Lehre zwar studienrechtliche, aber keine
organisaonsrechtlichen bzw. dienstrechtlichen Besmmungen fest. Der Kollek-
vvertrag für die Arbeitnehmer*innen der Universitäten 2020 idF mit 12. Nach-
trag vom 3.12.2020 und auf gesetzlicher Ebene im Anwendungsbereich der Uni-
versitäten das Beamten-Dienstrechtsgesetz (BGBl 1979/333 idgF, kurz: BDG), das
Vertragsbedienstetengesetz (BGBl 1948/86 idgF, kurz: VBG) und der Abschni
IV des Gehaltsgesetzes (BGBl 1956/54 idgF, kurz: GehG) sehen keine (Sonder-)
Besmmungen zur virtuellen Lehre vor. Sie setzen die Lehrverpichtung für die
Lehrperson an Universitäten in Semesterstunden fest. So beschreibt beispielsweise
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 17
§ 29 Abs. 3 1. Teilsatz des Kollekvvertrages: „Die Vereinbarung des Arbeitszeitaus-
maßes [der Lektor*innen] hat nach der Zahl der zu leistenden Semesterstunden
und der Art der Lehrveranstaltung zu erfolgen“. Eine Semesterstunde entspricht
so vielen Unterrichtseinheiten, wie das Semester Unterrichtswochen umfasst. Die
österreichischen Universitäten haben weitestgehend übereinsmmend 15 Unter-
richtswochen pro Semester festgelegt. Eine Unterrichtseinheit dauert 45 Minuten.
Daraus ergibt sich, dass bei 15 Unterrichtswochen eine Semesterstunde 11,25
Stunden umfasst. Dabei handelt es sich um Kontaktzeiten, nicht um den gesamten
Workload der Lehrperson (vgl. Kap. 4 „(Virtuelle) Lehrleistung messbar machen“).
Im Bereich der Universitäten ist mangels alternaver Messgröße für den Umfang
des Lehrdeputats auch für die Feststellung des Lehrausmaßes und die Abgeltung
virtueller Lehre auf die Semester(wochen)stunde (SSt oder SWS) abzustellen (dazu
krit: Zullus, 2019, S. 107).
3.3 Fachhochschulen
3.3.1 Allgemeines
Im aktuellen Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan 2018/19 –
2022/23 des BMBWF ist unter Punkt B. 2.1. festgehalten, dass „Fernstudienele-
mente […] zwischenzeitlich in 17 von 21 Fachhochschuleinrichtungen implemen-
ert [wurden und] in neun Fachhochschuleinrichtungen […] Fernstudienelemente
im größeren Ausmaß angeboten [werden].“
3.3.2 Virtuelle Lehre im Fachhochschulgesetz (FHG)
Im derzeit in Kra stehenden Fachhochschulgesetz nden sich keine Ausführungen
zum Thema der „virtuellen Lehre“.
Allerdings war bis zur Novelle BGBl I 2011/74 in der Besmmung des § 3 Abs 2
Z 4 FH[St]G aF die ausdrückliche Zulässigkeit der Aufnahme von „Fernstudienele-
menten“ im Curriculum geregelt. Diese Regelung wurde im Zuge der genannten
Novelle aus dem Gesetzeswortlaut gestrichen; in den Erläuterungen zu dieser
Gesetzesnovelle ist dazu Folgendes ausgeführt: „Da im Fachhochschul-Sektor be-
reits Studiengänge fast zur Gänze im Fernstudium angeboten werden, erübrigt
sich der [ursprünglich enthaltene] ausdrückliche Hinweis auf die Zulässigkeit von
Fernstudienelementen im bisherigen [§ 3] Abs 2 Z 4 [FH(St)G]“ (ErläutRV 1222
BlgNR 24. GP).
Das FHG selbst kann als Planungsgesetz qualiziert werden (vgl dazu: Hauser, 2020,
Anm 9 zu § 1 FHG mwN).
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 18
Bei der Handhabung von Planungsgesetzen kann ganz allgemein davon ausgegan-
gen werden, dass gesetzliche Freiräume in Planungsgesetzen auch ohne ausdrück-
lichen Regelungsaurag ausgefüllt werden dürfen. Als Begrenzungen derarger
Freiräume sind jedoch insbesondere folgende Aspekte heranzuziehen:
nIm Rahmen der planerischen Gestaltungsfreiheit darf nicht gegen die im
Gesetz ausdrücklich festgelegten Vorgaben verstoßen werden.
nWeiters dürfen die dem Plan zugrunde liegenden Prognosen nicht mit dem
Mangel einer oensichtlichen Prognose-Unrichgkeit behaet sein.
nSchließlich sind die zum Planvollzug geeigneten Maßnahmen unter Anwen-
dung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auszuwählen.
Umgelegt auf die geltenden Rechtsgrundlagen bedeutet dies, dass die vom Hoch-
schul-Qualitätssicherungsgesetz (BGBl I 2011/74 idF BGBl I 2020/77, kurz: HS-QSG)
bzw. vom FHG als zentrales (externes) Qualitätssicherungsorgan berufene Agentur
für Qualitätssicherung und Akkredierung (kurz: AQ Austria) bei der Wahrnehmung
ihrer Aufgaben (s dazu §§ 18 HS-QSG sowie §§ 3 und 8 f FHG) im Rahmen der
dargestellten Grenzen eine entsprechende Gestaltungsfreiheit genießt. Dies gilt in
analoger Weise auch für den jeweiligen Erhalter einer Fachhochschule, freilich mit
der Maßgabe, dass der Fachhochschul-Erhalter als zusätzliche Begrenzung seines
Gestaltungsspielraumes die von der AQ Austria im Rahmen ihrer Gestaltungsfrei-
heit (auf gesetzlicher Basis) getroenen „Vorgaben“ zu berücksichgen hat.
Es ist sohin – auf der Basis der Grundkonzepon des FHG als bloßes Rahmengesetz
– davon auszugehen, dass die Implemenerung von „virtueller Lehre“ in die Curri-
cula (nach Maßgabe der Wahrung von qualitätssichernden Aspekten) zulässig ist.
3.3.3 Vergütung von virtueller Lehre
Es kann weiters davon ausgegangen werden, dass de lege lata die Gestaltung von
Gehaltskomponenten bzw. die Vergütung für „virtuelle Lehre“ – nach Maßgabe
allgemeiner arbeitsrechtlicher Gestaltungsparameter – im Ermessen der Vertrags-
partner (das sind: Fachhochschul-Erhalter und Fachhochschul-Angestellte) gelegen
ist; analog dazu ist die Gestaltung der freien Dienstverträge von nebenberuichen
Lehrpersonen im Fachhochschul-Bereich zu sehen.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
3.4.1 Allgemeines
In den einzelnen Curricula der Pädagogischen Hochschulen wurde die Möglichkeit
der Fernstudienelemente bereits umgesetzt.
3.4.2 Virtuelle Lehre im Hochschulgesetz (HG)
Aus der organisaonsrechtlichen Sicht kommt für die Pädagogischen Hochschu-
len das Hochschulgesetz 2005 in Betracht. § 42a Abs. 3 HG führt Folgendes aus:
„Lehrveranstaltungen können unter Einbeziehung von Fernstudienelementen und
elektronischen Lernumgebungen angeboten werden. Dabei sind geeignete Lern-
materialien bereitzustellen. [...]“.
Diese Besmmung erhielt am 28. Mai 2021 durch das BGBl. II Nr. 93/2021 eine
Erweiterung hinsichtlich der Durchführung von Prüfungen im elektronischen Weg:
Vor Beginn des Semesters sind die technischen Standards wie z. B. die technischen
Geräte bekanntzugeben, die notwendig sind, um an diesen Prüfungen teilnehmen
zu können. Neben der Möglichkeit, Näheres in Satzungen festlegen zu können, legt
sich der Gesetzgeber in bemerkenswerter Weise bei einem omals vorkommenden
Problem fest: Gem. § 43b Zier 3 HG ist die Prüfung im Falle eines technischen
Problems, das ohne Verschulden der oder des Studierenden auri, abzubrechen
und ist diese Prüfung nicht auf die zulässige Zahl der Prüfungsantrie anzurechnen.
Nachdem die öentlichen Pädagogischen Hochschulen Einrichtungen des Bundes
sind (§ 2 Abs. 1 HG), kommen aus dienstrechtlicher Sicht idR (ausgenommen da-
von die Angestellten in der Eigenen Rechtspersönlichkeit) das Vertragsbedienste-
tengesetz (VBG) und das Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG) für die dort tägen
Personen zur Anwendung.
Im VBG besteht eine ähnliche abstrakte Regelung wie im Organisaonsrecht des
HG, denn gem. § 48g Abs. 2 Zier 1 gehört es zu den Pichten der Vertragshoch-
schullehrperson „Lehrveranstaltungen (einschließlich solcher unter Einbeziehung
von Formen des Fernstudiums und elektronischen Lernumgebungen) sowie Prü-
fungen abzuhalten“. Für die Beamt*innen besteht eine gleichlautende Verpich-
tung in § 200d Abs. 2 Zier 1 BDG). Gemäß § 38h Abs. 6 HG können Vertragshoch-
schullehrpersonen ihre Dienstpichten auch ohne eine örtliche Bindung an der
Hochschule versehen. Nur zum Vergleich: Für alle Lehrer*innen, welche in der
Sekundarstufe unterrichten, besteht eine solche ausdrückliche Verpichtung zur
Fernlehre nicht (siehe z. B. § 40a VBG).
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 20
Diese Besmmungen kommen auch bei den privaten pädagogischen Hochschulen
zur Anwendung (§ 7 Abs. 2 HG).
3.4.3 Vergütung von virtueller Lehre
Es kann festgehalten werden, dass eine abstrakte Verankerung der Online-Lehre im
Organisaonsrecht und – darauf abgesmmt – in den Dienstrechten vorhanden ist.
Eine genauere Umsetzung wie z. B. eine Online-Stunde zu vergüten ist, bleiben die
Dienstrechtsgesetze schuldig. Mangels einer spezielleren Regelung gilt daher für
die Vertragshochschullehrpersonen der § 48h HG. Hier wird keine Dierenzierung
zwischen Präsenzstunde und Online-Stunde vorgenommen, weswegen eine On-
line-Stunde gleich zu sehen ist wie eine Präsenzstunde.
Der zunehmende Einsatz von virtueller (synchroner oder asynchroner) Lehre an
Hochschulen in Österreich erfordert klare Regelungen von Hochschulen, wie die-
se virtuelle Lehre sichtbar gemacht und letztendlich für die Lehrperson vergütet
werden kann. Dieses Kapitel nimmt sich dieser Frage an und stellt aktuelle Ansätze
und mögliche Antworten vor.
Der Aufwand für die Lehrperson kann sich je nach didakscher Umsetzung erheb-
lich unterscheiden, selbst wenn der Aufwand für die Studierenden, gemessen in
ECTS-Credits, gleich bleibt. So ist ein einmal erstelltes, überwiegend im Selbst-
studium durchzuführendes asynchrones virtuelles Lernmodul bei wiederholter
Durchführung vielleicht weniger Aufwand für die Lehrperson als ein regelmäßig
angebotenes, asynchrones begleitetes Selbststudium mit regelmäßiger Interakon
(z. B. Feedback) zwischen Lehrperson und Studierenden.
Schon bisher wurden in der Präsenzlehre sinnvolle Lehrleistungen wie Projekt-
arbeiten in Kleingruppen, Arbeitsbläer mit Feedback, Seminararbeiten mit Kor-
rekturlesen und ähnliche Ansätze nicht immer angemessen sichtbar gemacht und
nicht vergütet, wenn sie nicht als teilsynchrone (und so vergütete) Kontaktzeit
sichtbar waren. Der Fokus der Vergütung lag und liegt bisher weitgehend auf der
direkten Kontaktzeit zwischen Lehrperson und Studierenden, also den (recht ein-
fach messbaren) Unterrichtseinheiten im Seminarraum.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 21
Dieses Kapitel soll nun folgende Frage beantworten: Wie kann virtuelle (synchrone
und asynchrone) Lehre bzw. die Leistung der Lehrperson im Rahmen dieser Lehre
gegenüber Präsenzlehre fair und nachvollziehbar sichtbar gemacht und quan-
ziert werden?
Dieses Kapitel konzentriert sich damit auf die quantave Messbarkeit des Um-
fangs von virtueller Lehre. Die Frage nach der Sichtbarmachung der Qualität vir-
tueller Lehre wird im nächsten Kapitel untersucht.
Dieses Kapitel geht von der Grundannahme aus, dass (auch im Rahmen der „Frei-
heit der Lehre“) die Lehrperson selbstständig entscheiden kann, über welches
didaksche Konzept sie/er die intendierten Lernziele erreichen und wie sie/er die
Erreichung der Lernziele überprüfen möchte. Dazu sollte daher die Möglichkeit
gehören, in gewissen von den Hochschulen individuell vorgegebenen Rahmen zu
entscheiden, wie Präsenzlehre, synchrone virtuelle Lehre und asynchrone virtuelle
Lehre kombiniert werden, um die intendierten Lernziele bestmöglich zu erreichen.
Wir werden unten in den Empfehlungen auf diesen Punkt noch einmal zurück-
kommen.
Virtuelle Lehre darf generell nicht unter einem Generalverdacht stehen, „schlech-
ter“ zu sein, nur weil sie für viele Hochschulen (und für einige Lehrpersonen) noch
eine ungewohnte Form (da idR nicht durch Präsenzzeiten messbar) des Lehrens
darstellt. In Wirklichkeit ist virtuelle Lehre idR weitaus besser „dokumenert“
als Präsenzlehre, da im virtuellen Raum die erstellten und eingesetzten digitalen
Unterlagen sowie die darauf auauenden schrilichen fachlichen Diskussionen
gesammelt sichtbar sind und der entsprechende Aufwand sichtbarer und dadurch
nachvollziehbarer ist. Dies sollte daher nicht komplizierten Mess- und Qualitäts-
sicherungsverfahren unterworfen werden, welche in Präsenzlehre so ebenso nicht
eingefordert werden.
Dieses Kapitel wird daher die Messbarkeit und Qualitätssicherung der virtuellen
Lehre auch immer im Kontext mit der Präsenzlehre sehen. Nur so können nachhal-
ge und generalisierbare Lösungsansätze entwickelt werden, welche Präsenzlehre
und virtuelle Lehre gemeinsam betrachten und fair entlohnen.
In diesem Kapitel nehmen wir zunächst die üblichen Ansätze, den Aufwand von
Lehrpersonen in der Präsenzlehre messbar zu machen, wie z.B. Semesterwochen-
stunden (SWS) und Unterrichtseinheiten (UE), in den Fokus. Dieses wird kurz ab-
gegrenzt von den ECTS als Maß des studenschen Aufwandes.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 22
Wir werden diskueren, warum diese Konzepte nicht unmielbar auf die virtuelle
(asynchrone) Lehre übernommen werden können und im Anschluss einige Lö-
sungsansätze vorstellen, die eine möglichst einfache und transparente Messbarma-
chung virtueller Lehre ermöglichen. Die Lösungsansätze leiten sich aus Erfahrungen
an Österreichischen Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen
Hochschulen, Private Universitäten) ab.
Der Aufwand der Lehrperson wird im Präsenzunterricht üblicherweise in UE und
SWS sichtbar gemacht, der Aufwand der Studierenden in ECTS:
An den meisten österreichischen Hochschulen hat eine Unterrichtseinheit 45–50
Minuten. Dabei wird an vielen Hochschulen (auf Basis von Satzungen und/oder
Empfehlungen oder Betriebsvereinbarung) angenommen, dass eine Unterrichts-
einheit ca. 2,25–3 Stunden Arbeitszeit der Lehrperson entspricht (Präsenzlehre zu
45–50 Min. plus Vor- und Nachbereitungszeit). An einigen Hochschulen sind hier
auch die Prüfungsleistungen der Lehrperson mit abgegolten, an anderen werden
diese separat ausgewiesen.
SWS sind eine Berechnungsgrundlage für den Aufwand von Lehrpersonen. (Siehe
auch Kap. 3)
Eine SWS ist an den meisten Hochschulen in Österreich wie folgt deniert:
1 SWS = 15–17 Unterrichtseinheiten (je nach Hochschule und Länge des Se-
mesters)
1 Unterrichtseinheit = 45 min (zzgl. Vor- und Nachbereitungszeit)
Aus inhaltlichen oder didakschen Gründen werden Lehrveranstaltungen manch-
mal auch geblockt durchgeführt (z. B. 180 Minuten alle zwei Wochen bei 2 SWS
oder als 2 ganze Tage).
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 23
Es gibt auch eine Leistungsbemessung nach angewandten Semesterwochenstun-
den (aSWS), bei der nur die tatsächlich abgehaltenen SWS vergütet werden.
Ein typischer Umrechnungsfaktor für die Fachhochschulen für 1 SWS sind 40 Ar-
beitsstunden, welche Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung inkludieren.
ECTS
ECTS-Anrechnungspunkte sind eine Bemessungsgrundlage für den Lernaufwand
von Studierenden.
1 ECTS-Anrechnungspunkt entspricht dem Aufwand von 25–30 Echtstunden von
durch den Studierenden zu leistender Arbeit (ECTS users guide (2015), S. 67). Im
österreichischen UG (§25(2)) wird der Aufwand pro ECTS-Anrechnungspunkt mit 25
Stunden angegeben. Dieser studensche Arbeitsaufwand umfasst die Zeit, welche
Studierende typischerweise benögen, um die intendierten Lernziele zu errei-
chen. Hierzu gehört z. B. die akve Teilnahme an Veranstaltungen der Präsenzlehre
bzw. der virtuellen (synchronen oder asynchronen) Lehre, das Selbststudium zur
Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen sowie die Prüfungsvorbereitung.
Nicht berücksichgt wird der studensche Verwaltungs- und Organisaonsauf-
wand des Studiums.
Grundsätzlich rechnen wie beschrieben alle Hochschulen tradionell über SWS, UE
oder vergleichbar ab. Dieses Abgeltungssystem bezieht sich zunächst in der Regel
auf Präsenzlehre. Im Folgenden werden Ansätze dargestellt, wie diese tradio-
nellen Abgeltungssysteme auch auf virtuelle Lehre ausgeweitet werden können.
Die Abgeltung kann hier über die Unterrichtseinheiten (UE), wie auch in der Prä-
senzlehre üblich, erfolgen. Einige Hochschulen ermöglichen bis zu einem besmm-
ten Anteil der UE der LV eine eigenständige Umstellung von Präsenzlehre auf
virtuelle synchrone Lehre.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Beispiel: An der TU Graz wird der Begri der SWS ausgeweitet auf den Begri
der Kontaktstunde, welcher sowohl Präsenz-Kontakt als auch synchronen virtu-
ellen Kontakt umfasst. (TU Graz 2017: RL 94000 VILE 078-01) An der Universität
Innsbruck können 1/3 der Lehrveranstaltungseinheiten durch virtuelle (syn-
chron oder asynchron, betreute oder unbetreute) Einheiten ersetzt werden.
Andere Universitäten haben ähnliche Regelungen.
4.3.1 Betreute virtuelle asynchrone Lehre
Da hier keine direkte zeitgleiche Interakon zwischen Lehrperson und Studie-
renden staindet, grei das tradionelle Abgeltungssystem (z. B. in UEs) nicht.
Betreute virtuelle asynchrone Lehre umfasst jedenfalls eine intensive Betreuung
und Feedback durch die Lehrperson.
Der Aufwand der Lehrperson im asynchronen Kursraum kann analog über „UE“
beschrieben werden; teilweise werden hierfür auch Konstrukte wie „Kommunika-
ons- und Kontaktstunden“ deniert, die explizit auch virtuelle, asynchrone Lehre
beinhalten.
Beispiel: An der FH Wien können nach Freigabe durch den akademischen Ko-
ordinator max. 25% der SWS als asynchrone virtuelle Lehre stainden. An der
TU Graz können generell 20% einer Lehrveranstaltung sta in Präsenzlehre
auch virtuell asynchron durchgeführt werden. In beiden Fällen wird weiter in
„UE“ gerechnet.
Die Herausforderung ist, wie die Äquivalenz von Präsenzlehre und virtueller asyn-
chroner Lehre sichergestellt wird. Die vorgestellten Lösungsansätze an österrei-
chischen Hochschulen zeigen dabei zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze,
auch wenn o Mischformen sichtbar sind.
Zur Unterstützung der Qualität der asynchronen virtuellen Lehre haben viele Hoch-
schulen entsprechende Mechanismen. Meist prü eine benannte Einrichtung (z. B.
Teaching Unit, Studiendekan*innen) hierfür das Lehrkonzept und den Aufwand
für die Lehrperson und gibt sie frei. Hierfür gibt es klare Qualitätskriterien. Dieser
Prozess der Prüfung und des Coachings unterstützt dabei auch den kollegialen
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Austausch zu didakschen Fragen. Wesentlich ist, dass neben dem Lehrkonzept
auch die Aufwände für die Lehrperson begründet werden.
Darauf auauend vergeben einige Hochschulen dann ein Label „Distance Lear-
ning“ oder Ähnliches, womit das Einhalten denierter Qualitätsstandards sicher-
gestellt wird.
Durch diesen Ansatz wird eine Vielfalt an didakschen Ansätzen gefördert, Lehre
qualitav und quantav gestärkt, der kollegiale Austausch angeregt und ohne
übermäßigen Kontroll- und Administraonsaufwand den Lehrpersonen die Mög-
lichkeit gegeben, digitale Möglichkeiten lernzielorienert einzusetzen. Der Lehrauf-
wand wird dann über die UE quanziert, der entweder synchron oder asynchron
entsteht.
Beispiel: An der WU Wien können 30 bis 50% der Präsenz-UEs durch synchrone
oder asynchrone Online-Phasen ersetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass
die Veranstaltung das Blended-Learning-Label besitzt. Dieses Label umfasst
folgende fünf Kriterien: didaksche, inhaltliche und zeitliche Verzahnung von
Präsenz- und Online-Lehre, geeignete Materialien, Feedback an Studierende,
klares synchrones und asynchrones Kommunikaonskonzept und die Kom-
munikaon der Kriterien über den Syllabus der LV. Lehrpersonen können ihr
Lehrkonzept einreichen, das Label wird von den Digital Teaching Services der
WU nach Prüfung vergeben. Im Vorlesungsverzeichnis werden die LVen ent-
sprechend gekennzeichnet.
Bei diesem Ansatz wird versucht, den Aufwand der Lehrpersonen möglichst nach-
vollziehbar in abrechenbare UEs umzurechnen. Hierfür werden meist Regelwerke
bereitgestellt, welche sehr feingliedrig sein können.
Vorteil dieser Ansätze ist eine größere Transparenz. Möglicher Nachteil ist der
hohe administrave Aufwand, da z. B. LV-Typen und Lehrpersonen-Akvitäten sehr
genau dargestellt werden müssen.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Beispiel: Die Universität Graz beschreibt verschiedene Lehrveranstaltungsty-
pen, wie z. B. vortragsorienerte LV; diskursorienerte LV, anwendungsorien-
erte LV etc. Darauf auauend gibt es Kombinaonsmöglichkeiten, welche
eine LV beschreiben und von denen die spezische Vergütung (angegeben in
Prozent der üblichen Lehre) abhängt. Außerdem gibt es Aufschläge von 10%
z. B. für die Neukonzepon einer LV oder einer Blended-Learning-Komponente.
Insgesamt kann die spezische Vergütung einer LV dadurch zwischen 50% und
110% schwanken.
Beispiel: Mithilfe der Stabsstelle „Lehre mit Medien“ der Medizinischen Univer-
sität Graz wurde ein System basierend auf Campus Online und einer Moodle-
Erweiterung für die weitestgehend automasierte Abwicklung von betreuter
asynchroner Lehre mit einem großen Selbststudiumsanteil (Virtuelle Picht-
lehre) und ein Regelwerk für deren Vergütung (SSt Zuweisung) entwickelt (in
Campus Online integriert). Das Regelwerk beinhaltet, dass die asynchronen
betreuten virtuellen Einheiten für eine Abhaltung einmal pro Semester be-
rechnet werden, egal, wie o sie abgehalten werden. Die Stabsstelle unter-
stützt die Lehrpersonen bei der organisatorischen Verankerung im Lehrplan
sowie der Entwicklung und didaksch-technischen Umsetzung dieser virtuellen
Lerneinheiten.
4.3.2 Unbetreute virtuelle asynchrone Lehre
Die hier erstellten Selbststudieneinheiten (z. B. in Form von MOOCs – Massive
Open Online Courses) werden von Studierenden eigenständig (ohne oder mit sehr
wenig akver Betreuung durch Lehrpersonen) durchgearbeitet.
Dabei bereiten Lehrpersonen bzw. Fachexpert*innen meist in enger Zusammen-
arbeit mit entsprechenden Supporteinrichtungen (Teaching & Learning Services,
e-Learning-Zentren) Online-Kurse mit unterschiedlichen Lernobjekten (Videos,
interakve Skripten, Self-Assessment etc.) auf. Häug werden disziplinenübergrei-
fende Themengebiete (z. B. Einführung in das wissenschaliche Arbeiten, Business
English, Grundlagen der Stask, …) aufgearbeitet.
Der Aufwand für die Lehrperson liegt hier insbesondere in der inialen Erstellung
der Selbststudieneinheiten, in der Durchführung entsteht dann, abgesehen vom
administraven Aufwand oder tutorieller Begleitung, kein didakscher Betreu-
ungsaufwand, da es sich um unbetreute oder begleitete virtuelle Lehre handelt.
Selten kommen vereinzelt synchrone Webinare zur Anwendung.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 27
Die Abgeltung erfolgt hier üblicherweise über spezielle Projekörderungen, über
kommerzielle Nutzung oder einfach über das Lehrdeputat (ähnlich wie beim Er-
stellen eines – interakven – Lehrbuches). Zu berücksichgen ist dabei die Not-
wendigkeit der regelmäßigen Aktualisierung der Unterlagen.
In diesem Zusammenhang sei auch auf diverse OER-Iniaven (Open Educaonal
Resources) verwiesen, wie beispielsweise die österreichische MOOC-Plaorm
iMooX.at mit umfassenden Selbstlernkursen.
Beispiel: Viele Universitäten bieten hochschulinterne Projekörderungen oder
Drimielprojekte zur Entwicklung von Selbststudieneinheiten. Beispiele hier-
für gibt es z. B. an der FH Wien der WKW, der Universität für Weiterbildung
Krems oder den vielen Hochschulpartner*innen auf iMooX.at
Die Abgeltung kann hier über die UEs oder SWS, wie auch in der Präsenzlehre üb-
lich, erfolgen.
Da die hybride Lehre zusätzlich zur Präsenz im Hörsaal auch immer einen begleiten-
den virtuellen Anteil hat, aber jedenfalls die Lehrleistung auch in der Präsenz sta-
ndet, bleibt vor allem die Frage, ob für die zusätzliche herausfordernde Tägkeit
der Organisaon und Durchführung des zeitgleichen Online-Anteils eine zusätzliche
Abgeltung geltend gemacht werden kann. Dies wäre durchaus als notwendig zu
erachten, da die bisherigen prakschen Erfahrungen zeigen, dass die gleichzeige
Betreuung von zwei Gruppen insbesondere im bidirekonalen Seng sehr schwie
-
rig ist und gegebenenfalls sogar mit zwei Lehrpersonen (bzw. Lehrperson + Tutor)
gearbeitet werden sollte.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 28
Die quantave Messbarkeit von Lehre, wie im vorherigen Unterkapitel beschrie-
ben, ist die notwendige Voraussetzung für eine faire Sichtbarmachung und Vergü-
tung. Die Quantät ist aber nicht ausreichend, sondern es muss auch die Qualität
der Lehre smmen.
Was ist aber gute Hochschullehre? Unter der Prämisse der Studierendenzentrie-
rung, der Kompetenzorienerung und dem „shi from teaching to learning“ gehen
wir davon aus, dass gute Hochschullehre nicht primär an der Vermilungsform
oder an Tools hängt, also an der Frage, ob sie Präsenzlehre oder virtuelle Lehre ist,
oder ob sie synchron staindet oder asynchron oder betreut oder unbetreut (zu
den Begriichkeiten siehe Kapitel 2), sondern die Lernakvität der Studierenden
im Zentrum steht.
Vielmehr kann man gute Hochschullehre am construcve alignment von intendier-
ten Lernzielen, Prüfungsformen und Lehrmethoden deutlich machen: Das gewählte
Lehr- und Prüfungsseng, also das didaksche Modell einer Veranstaltung, muss
sich letztendlich an der Erreichung der Lernziele messen lassen. Erreichen die
Studierenden die intendierten Lernziele? Dies ist Aufgabe der Lehrperson – den
Lernprozess als transparenten Prozess für die Erreichung der Lernziele darzustellen.
Das Lehr- und Lernseng ist also von den Lernzielen her so auszugestalten, dass
diese Lernziele erreicht werden. Und dies hängt eben nicht (nur) von der Vermi-
lungsform ab, sondern vom didakschen Design. Die didakschen Anforderungen
für Präsenzlehre und virtuelle Lehre sind gleich.
Ohne hier zu einem ausführlichen Review der Bildungsforschung ausholen zu wol-
len, kennt man aus der didakschen Forschung eine Reihe von Faktoren erfolgrei-
chen Lehrens, welche grundsätzlich sowohl für Präsenzlehre als auch für virtuelle
Lehre Gülgkeit haben. Hier seien beispielha einige Prinzipien dargelegt, welche
die sieben Prinzipien von Chikering und Gamson (1987) und eine Übersicht der
Befunde aus der Hae-Studie von Lübcke et al. (2015) zusammenfassen.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Danach sollte gute Lehre auf folgenden Prinzipien auauen:
[1] Förderung des Kontakts zwischen Lehrperson und Studierenden
[2] Förderung der Kooperaon zwischen Studierenden
[3] Förderung des akven Lernens
Geben von direktem Feedback
Betonung der „Time on Task“, also der eekven Lernzeit
Kommunikaon angemessener Erwartungen an die Studierenden
[7] Respekt gegenüber verschiedenen Lerntypen und Begabungen
[8] Förderung kompetenzorienerter Lehre auf Basis klarer Lernziele
Förderung individueller Lernprozesse und der Reexion des eigenen Lern-
prozesses
Diese Faktoren gelten dabei natürlich sowohl für virtuelle Lehre als auch für Prä-
senzlehre. Maßnahmen zur Messung der Qualität der Lehre können daher durch-
aus in vergleichbarer Form sowohl für virtuelle Lehre als auch für Präsenzlehre
deniert werden.
Die folgende Tabelle stellt exemplarisch einige Qualitätskriterien für Lehre dar,
gegliedert nach Präsenzlehre und virtueller Lehre.
Wichg: In einem gegebenen Seng können Elemente der Präsenzlehre mit Ele-
menten der virtuellen Lehre (Beispiel: Blended Learning, Flipped Classroom) zur
Erreichung der intendierten Lernziele sehr gut kombiniert werden.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 30
Erfolgsfaktoren für
universitäre Lehre
Umsetzung in
der Präsenzlehre
Umsetzung in der
Förderung des
Kontakts zwischen
Lehrperson und
Studierenden
Direkter Austausch
in Präsenzlehre
oder in der direkten
Begleitung von
Kleingruppen; wird
teilweise durch
Anwesenheitspicht
sichergestellt.
direkter Austausch in
synchroner virtueller
Lehre (Videokonferenz)
oder bei asynchronen
Formaten miels
schrilichem fachlichen
Diskurs mit Feedback
über die Lernplaorm
(z. B. Chat, Forum,
Feedback in kollaboraven
Dokumenten/auf virtuellen
Pinnwänden)
Förderung der
Kooperaon zwischen
Studierenden
Kleingruppenarbeiten
& Kleingruppen-
Diskussionen in
Präsenzformaten
(World Café, Planspiel,
Kleingruppen-Projekte
etc.)
Kleingruppenarbeiten &
Förderung von fachlichen
Diskussionen in virtuellen
Teams, z. B. über die
Lernplaorm (Wikis,
Forum, ...) und sonsge
Kollaboraonstools bzw.
über digitale Formate wie
Game Based Learning,
interakve fachspezische
Werkzeuge, Simulaonen,
...
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 31
Förderung des akven
Lernens
(eigenständige
Auseinandersetzung,
selbstständiges
Lernen:
selbstbesmmt,
selbstorganisiert,
selbstgesteuert,
selbstverantwortlich)
Interakver Unterricht,
One-Minute-
Paper, studensche
Vorträge, studensche
Kleingruppen im
Präsenzunterricht,
Projektarbeiten,
Übungen, Quizzes,
Aufgaben, Wikis
Lernporolios, ...
Geeignete Lernaufgaben
gestalten und
begleiten, welche
akves und möglichst
selbstgesteuertes
Lernen fördern und
fordern; dazu gehören
problemorienerte
Aufgabenstellungen,
die alleine oder in
Kleingruppen gelöst
werden, Übungen,
Quizzes, Aufgaben, Wikis,
e-Porolios, ...
Geben von direktem
Feedback
(Feedback zu den
Lerninhalten, aber
auch zum Lernprozess
selbst und zum
selbstregulierten
Lernen der
Studierenden)
Direktes Feedback im
interakven Unterricht,
zu studenschen
Vorträgen, zu
Projektarbeiten,
Self-Assessment im
Unterricht
Self-Assessment
(Lernerfolgstests)
mit direktem (ggf.
automaschem)
Feedback, asynchrones
(schriliches) Feedback
durch Lehrperson in
Diskussionen und bei
Abgaben, Peer-Feedback
durch Mit-Studierende
über Lernplaorm
Betonung des „Time
on Task“, also der
eekven Lernzeit
Gut strukturierter
Unterricht, wenig
organisatorische
Fragen, rasche
Reakon auf
Störungen und
Probleme, sehr klare
Arbeitsanweisungen,
Syllabus mit klarem
Hinweis auf Ziele,
Aufgaben, Deadline
und erwarteten
studenschen
Aufwand; einfache
Erreichbarkeit von
Lehrperson bei Fragen
Gut strukturierter
Unterricht, wenig
organisatorische
Fragen, rasche Reakon
auf Störungen und
Probleme, sehr klare
Arbeitsanweisungen,
Syllabus mit klarem
Hinweis auf Ziele,
Aufgaben, Deadline und
erwarteten studenschen
Aufwand; einfache
Erreichbarkeit von
Lehrperson bei Fragen
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 32
Kommunikaon hoher
Erwartungen an die
Studierenden
(angemessene
Herausforderungen
stellen, die
fordern, aber nicht
überfordern)
Geeignete Denion
und Kommunikaon
der Lernziele und
Prüfungsformen
Geeignete Denion
und Kommunikaon
der Lernziele und
Prüfungsformen
Respekt gegenüber
verschiedenen
Lerntypen und
Begabungen
Förderung von
Kleingruppenarbeit,
Ansprechen
verschiedener
Lerntypen, Vorwissen
berücksichgen
Förderung von
Kleingruppenarbeit,
Ansprechen verschiedener
Lerntypen, Vorwissen
berücksichgen, z. B. durch
verschiedene mulmediale
Inhalte, personalisierte
Lernpfade durch ein Modul
in der Lernplaorm
Förderung
kompetenzorienerter
Lehre auf Basis klarer
Lernziele
(Vermeidung von
trägem Wissen,
Wunsch nach
Kompetenzerleben,
Methodenvielfalt)
forschendes Lernen,
fallorienertes Lernen,
projektorienertes
Lernen,
problemorienertes
Lernen, entdeckendes
Lernen
Ausgedehnte Gruppen-
Phasen, Praxis-
Üben, Diskueren,
Reekeren
forschendes Lernen,
fallorienertes Lernen,
projektorienertes Lernen,
problemorienertes
Lernen, entdeckendes
Lernen
Ausgedehnte asynchrone
Phasen, Online-Übungen,
Diskueren, Reekeren
Förderung
individueller
Lernprozesse und
Reexion
(Individuelles
Eingehen auf
Bedürfnisse der
Studierenden)
Coaching,
Tutor*innensystem,
verefende Aufgaben
(Balance zwischen
Oberächen- und
Tiefenstruktur
der Lerninhalte),
Bonus-Aufgaben,
Sprechstunden vor Ort,
Porolios
Online-Coaching,
Nutzung von Learning
Analycs, verefende
Aufgaben in der Online-
Umgebung (Balance
zwischen Oberächen-
und Tiefenstruktur der
Lerninhalte), adapve
Lernumgebungen
(Lernpfade, wenn-
dann-Abfragen), Online
Sprechstunden, Serious
Games und digitale
Rollenspiele, Virtuelle
Labore, ePorolios
Tab. 2: Ausgewählte Qualitätskriterien für Lehre (eigene Darstellung)
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 33
Auf Basis der bisherigen Diskussionen zur Messung der Quantät virtueller Lehre
sowie zur Sicherstellung der Qualität der (virtuellen) Lehre können wir folgende
Empfehlungen geben:
Virtuelle Lehre ist wesentlicher Teil der Hochschullehre: Virtuelle Lehre bereichert
die Darreichungsformen von Lehre und die Möglichkeit von Lernerfahrungen, exi-
bilisiert das Lernen und Lehren, bedient sich einer Vielfalt von Medien, unterstützt
den studenschen Erwerb digitaler Kompetenzen – und ist somit aus zeitgemäßer
Hochschullehre nicht mehr wegzudenken.
Empfehlung für die Hochschulen für notwendige Strukturen:
[1] Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur und Supportstruktur für
virtuelle Lehre: Hochschulen sollten eine zentrale Lernplaorm betreiben
und standardisierte Soware und Werkzeuge zur Unterstützung von Lernen
und Lehren (in einem „digitalen Ökosystem für die Lehre“) zentral bereit-
stellen sowie entsprechend Supportstrukturen, beispielsweise in Form einer
eigenen Organisaonseinheit, bieten. Lehrpersonen sollten auch gezielt
asynchrone virtuelle Lehre in dieser Lernplaorm der Hochschule nutzen,
da damit dann auch didaksches Design, Materialien und Kommunikaon
sichtbar gemacht werden und ein entsprechender Support sichergestellt ist
sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen gegeben sind
[2]
Strategisches Ziel jeder Hochschu-
le sollte die (medien-)didaksche Aus- und Weiterbildung von Hochschul-
lehrpersonen sein (Personalentwicklung/Karrieremodelle in der Lehre), dies
gilt sowohl für „junge“ Lehrpersonen als auch für erfahrene Lehrpersonen.
Weiters sollte darauf Bedacht genommen werden, sowohl für neue Lehrper-
sonen als auch für erfahrene Lehrpersonen entsprechende Weiterbildungs-
angebote bereitzuhalten.
[3] Da
SWS (Semesterwochenstunden) und/oder UE (Unterrichtseinheiten) ein
etabliertes Verrechnungsschema für die Präsenzlehre sind, sollten sie auch
für virtuelle Lehre und damit auch für Blended-Learning-Szenarien heran-
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
gezogen werden. Ein Modul wird daher weiterhin in ECTS (als Ausdruck des
studenschen Aufwandes) und in UE/SWS (als Ausdruck des Aufwandes der
Lehrperson) dargestellt.
Asynchrone Lehraufwände in der Lehrplanung sichtbar machen: Die UEs
im virtuellen Unterricht können als synchrone UEs (z. B. miels Videokon-
ferenz) oder als asynchrone UEs (z. B. Begleitung und Feedback zu Lernauf-
gaben, schriliche Betreuung von Kleingruppen etc.) stainden. Die Lehr-
person wird die UEs so einsetzen, wie für die Lernziele sinnvoll und wie mit
dem eigenen Umfang des Lehraurags abdeckbar. Hinweis: Natürlich muss
bei der Stundenplanung für alle Beteiligten sichtbar sein, wie viele UEs syn-
chron, wie viele UEs asynchron stainden. Bei den synchronen UEs muss,
wie auch bei Präsenz-UEs, eine zeitliche Absmmung erfolgen.
Empfehlungen für Hochschulen zur Förderung der virtuellen Lehre:
Gelungene virtuelle Lehre sichtbar machen: Hochschulen können für
besonders gelungene Konzepte mit einem Mindest-Anteil von virtuellem
Unterricht (z. B. ab 50%) auch ein eigenes Label (z. B. Qualitätssiegel „Virtu-
elle Lehre“) ausstellen. Typischerweise sind hierzu klare Qualitätskriterien
zu denieren und zu prüfen. Dadurch wird die Wertschätzung für besonders
gelungene virtuelle Lehre sichtbarer gemacht.
Virtuelle und hybride Formate fördern: Hochschulen können für besonders
aufwendige Umstellungen (z. B. von reiner Präsenzlehre auf Blended-Learn-
ing) oder für die Neukonzepon einer Lehrveranstaltung einen Aufschlag
(z. B. 10%) auf die UEs unterstützen. Dies kann als Aufschlag auf das Lehr-
deputat oder im Rahmen von speziellen Projekörderungen erfolgen.
Dadurch wird die Wertschätzung für besonderes Engagement sichtbar ge-
macht.
[7] Freiheit der Lehre gilt auch für virtuelle Lehre: Sofern eine Lehrperson
einen Teil der Präsenz-UEs für virtuelle (synchrone und/oder asynchrone)
Lehre verwenden möchte, sollte er/sie dies bis zu einer von der Hochschu-
le vorgegebenen Schwelle selbst entscheiden dürfen. Einige Hochschulen
haben einen Wert von bis zu 50% ermöglicht.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
[8] Eine rechtliche Grundlage
für virtuelle Lehrformen und -formate ist zu schaen.
Es sind die entsprechen-
den Rahmenbedingungen zu schaen, um eine entsprechende digitale
Infrastruktur aufzubauen und pegen zu können bzw. ist die Finanzierung
qualitav hochwerger digitaler Hochschullehre an österreichischen Hoch-
schulen sicherzustellen.
[10] Förderung des
österreichweiten Austausches sollte sichergestellt und gezielt weiterhin ge-
stützt werden, um eine Angleichung zwischen den Hochschulen mielfrisg
zu erreichen.
Diese Vorschläge verzichten auf komplexe Verrechnungs- und Genehmigungspro-
zesse, die nicht direkt zur Lehrqualität beitragen, und vermeiden eine Überregu-
lierung oder Benachteiligung der virtuellen Lehre gegenüber der Präsenzlehre.
Vielmehr setzen wir so auf die Kompetenz und Eigenverantwortung der akade-
misch tägen Lehrpersonen, welche basierend auf dem Construcve Alignment das
Lehr- und Lernseng wählen, welches im jeweiligen Kontext (Instuon, Studium,
Modulhandbuch, Zielgruppe, eigene Kompetenz) die Erreichung der im Curriculum
denierten intendierten Lernziele bestmöglichst gewährleistet. Dieses Vertrauen,
welches auch bisher Lehrpersonen in der Präsenzlehre entgegengebracht wurde,
sollte auch für virtuelle Lehre gelten.
Jedenfalls empfehlen wir, die virtuelle Lehre an den österreichischen Hochschulen
als integralen Bestandteil der Hochschullehre aufzunehmen und in Satzungen,
Richtlinien oder Ähnlichem entsprechend zu verankern. Dazu soll einerseits dieses
Whitepaper Unterstützung bieten, aber auch gleichzeig anregen, den österreich-
weiten Austausch weiterhin zu pegen, um mielfrisg gemeinsame bzw. ähnliche
Lösungen über die Hochschultypen hinweg zu nden.
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
Blended Learning ist eine Lehrform, bei der synchrone und asynchrone Lehranteile
miteinander auf didaksch sinnvolle Weise „vermischt“ werden.
Hybride Lehre ist eine Lehrform, in der während der Abhaltung von Präsenz-
einheiten gleichzeig virtuell Studierende synchron eingebunden werden.
Lernergebnisse geben den Lehrpersonen und Studierenden einen Überblick über
erreichte Lernziele.
Lehrperson ist eine Person, die andere Personen auf einem Gebiet aus- bzw. wei-
terbildet.
Lehrveranstaltung bezeichnet einen Unterrichtseinheit im Rahmen einer Aus- oder
Weiterbildung an einer Hochschule
Kontaktstunden (virtuell, präsenz) beschreiben jene Stunden, in welchen ein zeit-
gleicher Kontakt zwischen Lehrperson und Studierenden besteht. Dies kann im
Präsenzunterricht sein, aber auch in einem virtuellen Seng stainden.
Semesterwochenstunden geben den Zeitaufwand pro Vorlesung für Studierende
an. Nicht inkludiert sind unbetreute Selbststudienzeiten für die Studierenden.
7 GLOSSAR
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN 37
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QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
QUANTIFIZIERUNG VON VIRTUELLER LEHRE
AN ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHULEN
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Grün Elisabeth, Hauser Werner, Heinrich Monika, Karpf Klaus, Krizek Gerd, Lietze Stefanie, Mantler Herbert, Mair Michael, Niederl Franz,
Oberhuemer Petra, Rehatschek Herwig, Rinnhofer Chrisna, Strasser Thomas, Zitek Andreas (2021). Quanzierung von virtueller Lehre
an österreichischen Hochschulen. Forum Neue Medien in der Lehre Austria.