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Die Verwandlung der Donau - Eine kaum zu bändigende Flusslandschaft

Authors:
  • BOKU University Vienna

Abstract

A short history on the Austrian Danube prior to channelization and on the consequences of river regulation and construction of hydropower plants.
onau-Auen – dieser Begri spiegelt unser heutiges
Verständnis ür eine von der Donau geprägte Fluss-
landscha treend wider. Die Donau erscheint
uns als ein räumlich klar abgrenzbares Gewässer, während
die Auen das beiderseits angrenzende, von Hochwassern
geprägte Gebiet bezeichnen. Nur selten – während größe-
rer Hochwasser – erinnert uns die Donau daran, dass sie
mehr Raum benötigt, als wir ihr zugestehen möchten. Diese
Zweiteilung in Fluss und Au existiert jedoch erst seit der
einschneidenden Regulierung Mitte des 19. Jahrhunderts.
Zuvor war die Frage „Was ist Fluss, was Au?“ nur schwer zu
beantworten, handelte es sich doch um ein Netzwerk aus sich
ständig verändernden Flussarmen, welche über die gesamte
Breite des Augebietes wanderten und manchmal dabei sogar
ganze Siedlungen wegerodierten. Im Gegensatz zum klassi-
schen „verzweigten“ Flusstyp mit zahlreichen Kiesbänken
und kleineren, bewachsenen Inseln wies die Donau in den
Beckenlagen auch mehrere sehr große Inseln auf, die zum Teil
das gleiche Höhenniveau hatten wie das angrenzende Um-
land. Einzelne Flussarme dieses Systems entwickelten sich
weitgehend unabhängig, mit gestrecktem, gewundenem oder
sogar mäandrierendem Lauf. Einen Hauptstrom im heutigen
Sinn gab es nicht, jedoch zumeist einen oder zwei größere,
schiare Arme mit zahlreichen Kiesinseln. In Ermange-
lung eines passenden deutschen Begries wird ein solcher
Flusstyp in der Fachliteratur als „anabranched“ bezeichnet.
Da permanent durchströmte Haupt- und Nebenarme den
weitaus größten Anteil aller Gewässer ausmachten, kam das
Flusssystem der Donau in erster Linie einer rheophil (strö-
mungsliebend) geprägten Gewässerfauna zugute.
Betrachtet man die Geschichte der Donauhochwasser
über die letzten 500 Jahre, so stellt sich die Frage, ob nicht
der Ausnahmezustand das eigentlich „Typische“ in der Ent-
wicklung der Flusslandscha war. Die zeitweise sehr rasche
Aufeinanderfolge verheerender Überschwemmungen ließ
o kaum ausreichende Regenerationsphasen zu, in denen
sich das System wieder auf einen wie auch immer gearteten
„Normalzustand“ einpendeln hätte können. Kaum war der
Fluss damit beschäigt, die großen Ablagerungen des letzten
Hochwassers abzutragen und wieder ein optimales Fließge-
älle herzustellen, brach bereits das nächste herein. Während
intensiver Hochwasserphasen musste sich die Durchusska-
pazität der Flussarme an die erhöhte Wasserührung anpas-
sen. Die Hauptarme der Donau verbreiterten sich signikant
und entwickelten einen geradlinigeren Lauf. Zugleich ent-
standen neue Nebenarme. Eine Neuausrichtung des gesam-
ten Fluss-Auensystems auf die geänderten hydrologischen
Bedingungen, verbunden mit einer stark erhöhten Umla-
gerung von Sedimenten, war die Folge. Damit solche Mas-
senbewegungen möglich waren, musste dem Donausystem
ständig Material zugeührt werden. Während heute durch die
Geschiebesperren in den alpinen Zubringern und durch die
Krawerksketten kaum noch grobes Geschiebe in Form von
Kies bis zur Donau gelangt, war dies früher ganz anders. Vor
DIE VERWANDLUNG
DER DONAU
Eine kaum zu bändigende Flusslandscha
Severin Hohensinner
Abb. 1 [Karte der Donau vom Strudel bis zum Wirbel], ca. 1750
D
2928
die Donaulandscha zu dieser Zeit keineswegs mehr eine
unberührte Wildnis. Die Ressourcen der Auenlandschaen
wurden bereits seit dem Mittelalter intensiv genutzt. Die
Auwälder wurden zur Gewinnung von Brennholz und Bau-
holz ausgebeutet, größere Waldbestände ür landwirtscha-
liche Zwecke gerodet und Nutztiere zur Weide in den Wald
getrieben. Das alles wirkte sich nicht nur nachteilig auf die
Auenvegetation aus, die ausgedünnte Gehölzvegetation bot
der erosiven Kra des Stromes auch weniger Widerstand, als
dies ein dichter Urwald vermag. So ist anzunehmen, dass die
zahlreichen menschlichen Nutzungen einer verstärkten Dy-
namik der Donau Vorschub leisteten.
Erste Regulierungsarbeiten
Während ür die Donau bei Wien bereits ab 1715 Überlegun-
gen ür eine umfassende Regulierung angestellt wurden,
blieb der ländliche Raum – mit Ausnahme des Strudens, us-
sab von Grein – weitgehend unberücksichtigt. Obwohl die
Laufverlagerungen der Donau immer wieder mit dem Verlust
an Bauernhöfen und Siedlungen verbunden waren, erschien
es den Behörden zu aufwändig und kostspielig, wasserbau-
liche Schutzmaßnahmen zu ergreifen. So wurde zwischen
1635 und 1638 ein Teil von Tuttendorf, einer Ortscha nörd-
lich von Wien, von der Donau zerstört, da die Errichtung von
Schutzbauten mehr gekostet hätte, als das ganze Dorf wert
gewesen wäre.2
der Regulierung und der Errichtung von Krawerken betrug
das von der Donau transportierte Volumen an Grobgeschiebe
rund 500.000 m pro Jahr.1 Zusätzlich wurden alljährlich im
Mittel 5,5–7 Millionen Tonnen an Schwebstoen („Letten“)
mittransportiert. So wurden bis Mitte des 19. Jahrhunderts
riesige Sedimentmengen durch die österreichische Donau
geschleust.
Heute fast schon in Vergessenheit geraten sind die ehemals
geürchteten Eisstoß-Hochwasser, die ganz speziell zur Aus-
formung der Flusslandscha beitrugen. In besonders kalten
Wintern bildete sich sogenanntes Treibeis und Ufer-/Rand-
eis, das sich zu großen, bis zu mehreren Metern hohen Barrie-
ren „anschoppen“ konnte. Besonders geährlich waren solche
Hochwasser, wenn der Eisstoß bei eintretendem Tauwetter
zu rasch „abging“ und das aufgestaute Wasser plötzlich abie-
ßen konnte. Dabei wurden von den solcherart beschleunigten
Eisschollen des Öeren nicht nur Auwälder schwer in Mitlei-
denscha gezogen, sondern auch Kulturland und Siedlungen
verwüstet. So zum Beispiel bei jenem denkwürdigen Eisstoß,
der im Jahr 1830 zur Überutung großer Teile Wiens ührte.
Bis auf wenige Ausnahmen existierten im Umfeld größerer
Städte Anfang des 19. Jahrhunderts noch kaum Wasserbau-
ten, die den Strom tiefgreifend beeinussten. Dennoch war
Abb. 3 Schifahrts-Karte der Donau im Bereiche des österreichischen
Kaiserstaates, 1857. Detail: Steyregg bis Mauthausen (Flusslandscha mit
zahlreichen Nebenarmen und großen Inseln)
Abb. 2 Zweigeteilte Flusslandscha: Donau und Au im Eferdinger Becken,
2017
3130
Die Notwendigkeit zur umfassenden Donauregulierung
ergab sich aber allmählich aus einem ganz anderen Grund:
Die Anforderungen der Schifahrt mit ausreichender Fahr-
wassertiefe hinsichtlich sicherer Transportwege gewannen
immer mehr an Bedeutung. Allen voran war die rasch anwach-
sende Hauptstadt Wien von Nahrungsmitteln und vielen
anderen Gütern abhängig, die damals in den erforderlichen
Mengen nur am Wasserweg transportiert werden konnten.
An größere Regulierungsarbeiten war aber erst nach Been-
digung der Napoleonischen Kriege (1805–1815) zu denken.
Beim Wiener Kongress wurde 1815 grundsätzlich die Freiheit
der Schifahrt ür jedermann „in Rücksicht auf den Handel“
beschlossen. Hatten sich bisherige Wasserbauten außer-
halb Wiens lediglich auf Uferschutzbauten beschränkt, so
wurde nun erstmals in größeren Dimensionen gedacht. Als
Planungsgrundlage ür die Regulierungsarbeiten erfolgte in
den Jahren 1816 und 1817 die bisher genaueste Aufnahme des
Donaustromes.
Der erste Durchstich eines Flussbogens wurde im Jahr 1818
noch nicht an der Donau selbst, sondern an der Ausmündung
der Enns vorgenommen. Zwischen 1823 und 1825 folgte dann
der erste richtige Donaudurchstich bei der Ortscha Au im
Machland, welcher beinahe drei Kilometer lang war. Weitere
wurden 1832 im „Holler“ zwischen Wallsee und Ardagger so-
wie 1836/37 bei Fischamend, ussab von Wien, durchgeührt.
Da es unmöglich war, sie händisch auszuheben, bediente
man sich der Erosionskra der Donau. Dazu wurde ein rund
20 Meter breiter Graben ausgehoben, in den man einen grö-
ßeren Arm der Donau einleitete.
Ende des 18. Jahrhunderts waren noch Querbauwerke – so -
genannte Sporne – zum Schutz der Ufer vorherrschend. Zu-
dem wurde meist aus Gründen der leichteren Verügbarkeit
Holz als Baumaterial verwendet. Typisch waren Faschinen-
bauten, wobei zahlreiche Faschinen (walzenörmige Bündel
aus Weidenästen) oder Steinwalzen (Faschinen geüllt mit
Steinen) zu einem Damm oder Uferdeckwerk aufgeschichtet
wurden. Die austreibenden Weiden sollten zu einer langfris-
tig wirksamen Stabilisierung des Bauwerkes beitragen. Vor
allem Eisstöße zogen neu errichtete Wasserbauten jedoch
immer wieder in Mitleidenscha. Zwischen 1818 und 1830
schwankte die Bauweise meist noch zwischen Spornen, die
Abb. 4 Im ehemals bei Schisleuten geürchteten „Donauholler“
zwischen Wallsee und Ardagger reagierte die Donau auf klimabedingte
Abussänderungen sehr stark. Infolge einer Zunahme der Hochwasserin-
tensität wurde der Hauptarm der Donau bis 1775 breiter und geradliniger,
als es noch 1715 der Fall war. Nach dem Abauen der Hochwasserphase
entwickelten sich bis 1812 wieder stärker gewundene Stromarme.
Abb. 5 Eduard Gurk: Rossau Schmidtgasse am 2. März. […], 1830 (Franz I.
besichtigt die durch einen Eisstoß verursachten Schäden)
3332
der Schifahrt zu konzentrieren. Das neue Flussbett sollte
eine „Normalbreite“ zwischen 340 und 380 Metern erhalten.
Aufgrund der begrenzten nanziellen Mittel war man dazu
gezwungen, die bereits bestehenden, älteren Wasserbauten
in die neue Trasse miteinzubeziehen, wodurch sich unge-
wollt eine heterogene Linienührung der Donauufer ergab.
Bis zum Jahr 1865 wurden auf diese Weise ca. 49 Prozent der
Donauufer in Österreich reguliert.
Diese „Mittelwasserregulierung“ hatte noch nicht den
Schutz vor Hochwassern zum Ziel. Die Bezeichnung ist etwas
irreührend, da die Wasserbauten sehr wohl auch ür kleine
Sommerhochwasser – ungeähr jährlichen Ereignissen ent-
sprechend – ausgelegt waren. Die Höhe der Regulierungsbau-
ten orientierte sich in erster Linie noch an den Bedürfnissen
der Ruder- bzw. Zugschifahrt. Als Höhenmaß diente dabei
jener Wasserstand, bei dem sich die Schiszüge gerade noch
ussaufwärts bewegen konnten. Dementsprechend wurden
die Treppelwege etwas oberhalb dieses Wasserstands ange-
legt. Während die Regulierungsvorschläge der Wiener „Com-
mission ür die Donauegulirung“ in weiterer Folge einer Um-
setzung harrten, wurde im Struden schon eifrig gearbeitet.
Kaiser Franz Joseph ordnete persönlich die Regulierung des
Strudens an, worauf zwischen 1853 und 1866 umfangreiche
Sprengarbeiten vorgenommen wurden.
Nach der vorläugen Beendigung der Wiener Donauregu-
lierung im Jahr 1875 verlegte sich der Fokus auf die nieder-
österreichische Donau. In den Folgejahren wurden die Bau-
maßnahmen ausgehend vom Wiener Abschnitt ussauf- und
ussabwärts vorangetrieben. Um die Lücken zwischen den
Regulierungsbauten zu schließen und die aus verschiedenen
Bauperioden stammende heterogene Linienührung der Do-
nauufer zu vereinheitlichen, wurde an der niederösterreichi-
schen Donau im Jahr 1882 ein neues Bauprogramm gestartet,
das bis 1898 dauern sollte.5 Die Dynamik der Donau machte
aber den Planungen einen Strich durch die Rechnung, wes-
halb 1899 ein weiteres Programm ür den Zeitraum bis 1912
genehmigt wurde, das der Donau den letzten Feinschli ver-
passen sollte. In diesen Zeitraum ällt auch die Niederwasser-
regulierung der österreichischen Donau. Es stellte sich näm-
lich heraus, dass das regulierte Flussbett bei Niederwasser zu
breit und die Donau dadurch zu seicht war. Zur Lösung die-
ses Problems wurde innerhalb des ür Mittelwasser regulier-
ten Flussbettes eine schmälere Fahrrinne ür Niederwasser
eingebaut.
Die Zähmung der österreichischen Donau nahm rund
100 Jahre in Anspruch. Die Gesamtkosten ür die Regulierung
zwischen Passau und Theben beliefen sich von 1818 bis 1900,
als die Mittelwasserregulierung beendet wurde, auf etwa
77,2 Millionen Gulden.6
den von Wien nach Budapest. Die DDSG entwickelte sich in
kurzer Zeit zu einer ansehnlichen Wirtschasmacht, die ver-
mehrt Druck im Hinblick auf den raschen Ausbau der Donau
ausüben konnte. Da sich nicht nur die Anzahl der Schie, son-
dern auch deren Tiefgang vergrößerte, wurde das Problem der
Donauregulierung immer dringlicher.
Der Weg zur Vollregulierung
Der Anstoß zum zügigen Ausbau der Donau kam jedoch un-
erwartet von einer ganz anderen Seite. Nach dem Hungerwin-
ter 1847/48 entlud sich der Zorn der leidenden Bevölkerung
in der darauolgenden Märzrevolution. Um die arbeitslosen
Massen zu beruhigen, wurden zahlreiche staatliche Infra-
strukturprojekte initiiert. Im Zuge dieser „Notstandsbauten“
nahm man auch an der Donau ein Bauprogramm in Angri,
das vor allem die Wiener Donau, aber auch andere Abschnitte
umfasste. Anfang 1850 wurde dazu eine ür die ganze Mon-
archie zuständige General-Baudirektion eingesetzt, die sich
sogleich der Donauregulierung annahm. Zeitgleich wurde
ür die Wiener Donau eine eigene „Commission ür die
Donauregulirung“ ins Leben gerufen, welche eine optimale
Regulierungsvariante ausarbeiten sollte. Neben neuen
Durchstichen wurde nun versucht, die Donau mithilfe grö-
ßerer Leitwerke in die gewünschte Richtung zu lenken. Zeit-
gleich wurden größere Donauarme mittels Abdämmungen
abgetrennt, um das Wasser im Hauptstrom zur Verbesserung
vom Ufer in den Strom hinausragten, und Längsbauten wie
Uferdeckwerken und Leitwerken. Neben Faschinen wurde
zunehmend auch Steinmaterial verwendet.3
Aufgrund der knappen nanziellen Ressourcen war an eine
durchgehende Regulierung der Donau vorerst noch nicht zu
denken. Deshalb wurden nur die vordringlichsten Arbeiten in
Angri genommen. Das außerordentliche Eisstau-Hochwas-
ser im Jahr 1830 machte die unbefriedigende Situation jedoch
oensichtlich. Ab nun änderte sich die Bauweise von Quer- zu
Parallelbauten und von der Holz- zur Steinbauweise. Bis 1849
wurden auf diese Weise 253 Kilometer lange Uferabschnitte
in Ober- und Niederösterreich xiert. Dazu kamen noch ei-
nige Kilometer an alten, zumeist unwirksamen Wasserbau-
ten.4 Bezogen auf die Länge des heutigen Donaulaufes waren
im Jahr 1849 somit rund 37 Prozent der Ufer befestigt. Damals
war das Regulierungsprol jedoch meist noch etwas breiter
angelegt, wodurch sich im Flussbett noch größere Kiesbänke
und kleinere Inseln entwickeln konnten.
Trotz der intensiven Bemühungen zur Regulierung des
Stromes zeigten sich immer mehr schifahrtstechnische
Probleme. Im Jahr 1829 wurde die Erste Donaudampfschi-
fahrtsgesellscha (DDSG) gegründet und bereits im Jahr da-
rauf fuhr das erste Dampfschi „Franz I.“ in mehr als 14 Stun-
Abb. 6 Wenzel Hollar: Lintz, 1636 (im Hintergrund der Bereich des
großen Donauussbogens, der heute intensiv bebaut ist)
Abb. 7 Vincenzo Coronelli: […] del Danubio, 1717 (zwischen Nußdorf
und Erdberg um 1712; bei den geraden Linien handelt es sich um projek-
tierte Durchstichkanäle; erstes umfassendes Regulierungskonzept ür die
Wiener Donau)
3534
Abb. 8 Leopold Franz von Rosenfelt: Plan ein Stick von der Danaw (sic!)
[…], 1721 (eine der ältesten bekannten kartograschen Darstellungen des
Strudels und des Wirbels ussab von Grein)
3736
Machland vor. Das Projekt wurde 1919 sogar wasserrechtlich
genehmigt, jedoch nie verwirklicht. In den 1920ern wurden
weitere Projekte ür Krawerke in Wien und im Struden
ausgearbeitet. Letzteres sollte mit einem Hochspeicher in ei-
nem Seitental kombiniert werden. Wesentlich ambitionierter
waren dabei noch die österreichischen Siemens-Schuckert-
Werke in Wien. Diese planten bereits im Jahr 1931 eine zehn-
stuge Krawerkskette von Passau bis Hainburg. Geplante
Standorte waren unter anderem Ardagger im Machland, Aggs-
bach, Krems, Altenwörth, Tulln, Klosterneuburg und Hain-
burg.7 Die darauolgende Wirtschaskrise machte jedoch all
die hochtrabenden Pläne zunichte. Auch weitere Anläufe ür
Krawerke in Wien oder bei Ybbs-Persenbeug um 1943 ka-
men infolge der Kriegswirren bald wieder zum Erliegen. Im
Jahr 1952 war es aber dann endlich so weit. Die Errichtung des
Grenzkrawerks Jochenstein, ussauf von Engelhartszell,
wurde von einem deutsch-österreichischen Konsortium in
Angri genommen. Bereits zwei Jahre später wurde auch mit
dem Bau des ersten rein österreichischen Donau-Krawer-
kes bei Ybbs-Persenbeug begonnen. Bis zum Jahr 1998 sollten
noch acht weitere Krawerke folgen.
Strom (fast) ohne Strömung
In Diskussionen über den Zustand unserer Flusslandschaf-
ten taucht immer wieder die Frage auf, welche Eingrie
eigentlich die tiefgreifenderen Auswirkungen auf das Do-
nau-Ökosystem hatten: die Regulierungen im 19. Jahrhun-
dert oder die Krawerkserrichtungen im 20. Jahrhundert?
Die zuvor geschilderten Maßnahmen legen die Folgerung
nahe, dass die umfangreichen Regulierungen die insgesamt
nachteiligeren Eekte auf das Flussauensystem der Donau
hatten. Warum die Auswirkungen der Krawerksbauten
dennoch als besonders gravierende Eingrie angesehen wer-
den, hängt mit dem Umstand zusammen, dass dort, wo ein
Ökosystem bereits intensiv beeinträchtigt ist, alle zusätzli-
chen Eingrie umso stärker ins Gewicht fallen.
Bereits ab 1910 gab es Planungen ür den Bau von Groß-
krawerken an der österreichischen Donau. Ein von der
Züricher Firma Lochner & Co im Aurag des Syndikats
„Donau krawerk Wallsee“ ausgearbeitetes Projekt sah unter
anderem einen zwölf Kilometer langen Ausleitungskanal im
Abb. 9 Hugo Darnaut: Blick vom Nußberg auf die zwischen 1870 und
1875 regulierte Donau bei Wien, vor 1886
Abb. 10 Vor der Sprengung des in die Donau hineinragenden Schwallecks
bei Grein wurde der Bergrücken bis auf den im Bild dargestellten Gesteins-
sockel abgetragen, 1958
ANMERKUNGEN
1 Markus Schmautz, Markus Aueger, Theodor Strobl: Wissenscha-
liche Untersuchung der Geschiebe- und Eintiefungsproblematik der
österreichischen Donau. Bericht im Aurag der Verbund-AHP, Wien
2000.
2 Viktor Thiel: Geschichte der älteren Donauregulierungsarbeiten bei
Wien. I. Von den ältesten Nachrichten bis zum Beginne des XVIII. Jahr-
hunderts. Jahrbuch ür Landeskunde von Niederösterreich, Neue Folge,
2. Jg., 1903/04, S. 117–163.
3 Florian Ritter v. Pasetti: Notizen über die Donauregulierung im
österreichischen Kaiserstaate bis zu Ende des Jahres 1861 mit Bezug
auf die im k. k. Staatsministerium herausgegebene Übersichts-Karte der
Donau. Bericht, Wien 1862.
4 Ebd.
5 Iganz Schrey, Ernst Lauda, Alfred Weber-Ebenhof, Hugo Franz,
Arthur Herbst u. a.: Die Entwicklung des Wasserbaues in Österreich
1848 bis 1898, Wien 1899.
6 Franz Baumann: Vom älteren Flussbau in Österreich. Schrienreihe
des Österreichischen Wasserwirtschasverbandes, 20, Wien 1951,
S. 1–44.
7 Ortrun Veichtlbauer: Von der Strombaukunst zur Staukette, in:
Verena Winiwarter, Martin Schmid (Hg.): Umwelt Donau: Eine andere
Geschichte. Katalog zur Ausstellung „Donau – Fluch und Segen“ des Nö.
Landesarchivs im ehemaligen Pfarrhof in Ardagger Markt 2010.
Nö. Landesarchiv, St. Pölten 2010, S. 57–74.
3938
Leopold Franz von Rosenfelt: Plan ein Stick von der Danaw (sic!) […], 1721 (eine der ältesten bekannten kartografischen Darstellungen des Strudels und des Wirbels flussab von Grein)
  • Abb
Abb. 8 Leopold Franz von Rosenfelt: Plan ein Stick von der Danaw (sic!) […], 1721 (eine der ältesten bekannten kartografischen Darstellungen des Strudels und des Wirbels flussab von Grein)
Wissenschaftliche Untersuchung der Geschiebe-und Eintiefungsproblematik der österreichischen Donau
  • Markus Schmautz
  • Markus Aufleger
  • Theodor Strobl
Markus Schmautz, Markus Aufleger, Theodor Strobl: Wissenschaftliche Untersuchung der Geschiebe-und Eintiefungsproblematik der österreichischen Donau. Bericht im Auftrag der Verbund-AHP, Wien 2000.
Donau -Fluch und Segen" des Nö. Landesarchivs im ehemaligen Pfarrhof in Ardagger Markt
  • Geschichte
  • Katalog
  • Ausstellung
Geschichte. Katalog zur Ausstellung "Donau -Fluch und Segen" des Nö. Landesarchivs im ehemaligen Pfarrhof in Ardagger Markt 2010.