Der Umbau der Energiewirtschaft hin zu regenerativen Energiequellen erfordert eine Auseinander-setzung mit der technischen Anpassungsfähigkeit der derzeitigen Infrastruktursysteme und der dazu-gehörigen Organisations-bzw. Betreibermodelle. So stellt sich die Frage, inwieweit bestehende Infra-struktursysteme neue Aufgaben in einem zukünftigen Energieversorgungssystem übernehmen kön-nen bzw. dafür ausgerüstet werden müssen. Als eines dieser Infrastruktursysteme ist die Abwasser-entsorgung zu sehen, die jedoch bislang kein Bestandteil einer sektorengekoppelten Betrachtung ist. Die Power to Gas-Technologie, bei der Wasser unter Einsatz von Elektrizität in Wasserstoff und Sau-erstoff zerlegt wird, bietet dafür einen Ansatz.
Die vorliegende Arbeit präsentiert die Ergebnisse aus Untersuchungen zur Nutzung des in der Regel nicht verwerteten Sauerstoffs aus der Wasserelektrolyse im Rahmen der biologischen Reinigungs-stufe kommunaler Kläranlagen. Der Sauerstoff ersetzt dabei die üblicherweise zur Versorgung der Mikroorganismen in das Abwasser eingebrachte Luft. In einer Versuchskläranlage im technischen Maßstab wurde hierbei über einen Zeitraum von 6 Monaten parallel der Betrieb mit Sauerstoff aus der Elektrolyse sowie der herkömmliche Betrieb mit Luft betrachtet.
Im Reinsauerstoffbetrieb konnten Verbesserungen des Stoffüberganges von Sauerstoff in Wasser ermittelt werden, so dass geringere Mengen an Sauerstoff eingebracht werden mussten als dies bei der Einbringung mit Luft notwendig war. Zudem stellten sich in den Versuchen auch die Abbauleistungen für Gesamtstickstoff und chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) im Vergleich zur herkömmlichen Betriebsweise mit Luft um bis zu 20 Prozentpunkte verbessert dar. Dadurch können höhere Abwasserbelastungen behandelt oder perspektivisch kleinere Baugrößen der Behandlungsanlagen realisiert werden. Mit dieser Arbeit wird nachgewiesen, dass kommunale Kläranlagen grundsätzlich als Standorte für die Wasserelektrolyse in Betracht gezogen werden können, da durch die Sauerstoffabnahme eine zusätzliche Einnahmequelle entsteht.