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Abstract

Wenn digitale Informationssysteme im schulischen Kontext genutzt werden, entstehen auch Sammlungen von Daten zum Lernverhalten. Einige Anwendungen sammeln und analysieren diese Daten gezielt, um damit Lernende zu unterstützen. Das Forschungsfeld dazu heißt “Learning Analytics” und ist erst rund 10 Jahre alt (Leitner et al., 2019). In diesem Beitrag möchten wir zwei Anwendungen aus dem Schulkontext vorstellen, die Datenanalysen einsetzen um Lernfortschritte von Schüler/innen zu beobachten und Rückmeldung in Echtzeit zu geben (s. Ebner, Leitner, Ebner 2020). Wir nennen zudem Chancen und Herausforderungen von Learning Analytics im Schulkontext.
Erschienen in: Schön, S., Ebner, M. (2021) Diagnose leicht gemacht. In: on. Lernen in der digitalen Welt. Schiefner-Rohs, M. & Aufenanger, S.
(Betr.). Heft 5/2021 (Jg. 2). S. 10-11. ISSN: 2700-1091
Diagnose leicht gemacht
(Learning Analytics in der Schule)
Sandra Schön und Martin Ebner
Learning Analytics: Datenanalysen zur Unterstützung von Schüler/innen
Wenn digitale Informationssysteme im schulischen Kontext genutzt werden, entstehen auch Sammlungen
von Daten zum Lernverhalten. Einige Anwendungen sammeln und analysieren diese Daten gezielt, um
damit Lernende zu unterstützen. Das Forschungsfeld dazu heißt “Learning Analytics” und ist erst rund 10
Jahre alt (Leitner et al., 2019). In diesem Beitrag möchten wir zwei Anwendungen aus dem Schulkontext
vorstellen, die Datenanalysen einsetzen um Lernfortschritte von Schüler/innen zu beobachten und
ckmeldung in Echtzeit zu geben (s. Ebner, Leitner, Ebner 2020). Wir nennen zudem Chancen und
Herausforderungen von Learning Analytics im Schulkontext.
Beispiel 1: Schreibtraining mit dem IDeRBlog (Individuell differenziert
Rechtschreiben mit Blogs)
Die webbasierte Plattform IDeRBlog (“Individuell differenziert Rechtschreiben mit Blogs”) versucht
Schulkinder systematisch zu unterstützen die deutsche Rechtschreibung zu erlernen (Leidinger et al. 2020).
Sie motiviert Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren zum Schreiben von (teils öffentlich
zugänglichen) kurzen Blogbeiträgen. Während des Schreibprozesses liefert der Schreibtrainer Schüler/innen
individuelles Feedback, um diese zu ermutigen, über die Rechtschreibung nachzudenken und Fehler
selbstständig zu korrigieren (siehe Abbildung).
Abbildung: Texteditor von IDeRBlog mit individuellen Korrekturvorschlägen
Ermöglicht wird die eigenständige Fehlerkorrektur durch die Einbindung eines intelligenten Wörterbuchs,
das eine qualitative Fehleranalyse ermöglicht. Auf Basis der gefundenen und analysierten
Rechtschreibfehler werden Fehlerkategorien erfasst und entsprechend Übungen empfohlen. Die
individuellen Analysen und solche für die gesamte Klasse können zur Früherkennung von Lernproblemen
genutzt werden und ermöglichen es den Lehrkräften, frühzeitig einzugreifen. Nach der abschließenden
Kontrolle durch die Lehrkraft kann der Text auf der Plattform in einem Blog veröffentlicht werden.
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Auf der Website (http://www.iderblog.eu) erhältliche Online- und Offline-Materialien stehen unter einer
offenen Lizenz zur Verfügung und können verändert, vervielfältigt und weitergegeben werden. Dort gibt es
auch Foliensätze mit Hintergrundwissen zum Projekt, z. B. Elternabende.
Beispiel 2: Einmaleins-Trainer
Im Rahmen eines österreichischen Projektes entstand 2011 der Einmal-Eins-Trainer für etwa 8- bis
10-jährige (Schön, Ebner & Kothmeier, 2012). Hier werden auf Basis eines intelligenten Algorithmus
Aufgabenstellung gewählt, die ähnlich schwer sind oder zur Festigung des bereits Gelernten dienen.
Die Lerner/innen wie auch die Lehrkräfte erhalten dabei Visualisierungen, die einen Überblick über
individuellen Kompetenzstand geben.
Abbildung: Übersichtsgrafik für eine Lernende bzw. einen Lernenden
Die Visualisierung des Lernstands lässt beispielhaft erkennen, wie oft die/der Schüler/in eingeloggt war und
gibt Auskunft über den derzeitigen Bearbeitungsstand der Aufgaben. Der gänzlich grüne Stern bedeutet so,
dass die zugehörige Aufgabe „gut gekonnt“ beantwortet wurde; der rote Stern gibt an, dass die Aufgabe
bisher nicht richtig beantwortet wurde. Lehrer/innen erhalten die Übersicht über alle Schülerinnen und
Schüler und damit eine Übersicht über Schwierigkeiten der Klasse. Die Begleitforschung zeigte, dass bei
etwa bei 3 bis 4 Fehlern, die unmittelbar hintereinander gemacht werden, eine Intervention in Form einer
Hilfestellung der Lehrkraft zwingend erfolgen sollte (Taraghi, Ebner, Saranti & Schön, 2014).
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Chancen und Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer
Die beiden Beispiele verdeutlichen die Möglichkeiten von Learning Analytics. Learning Analytics im
Schulkontext gibt Schüler/innen individuelles und transparent Echtzeit-Feedback zu ihrem Lernfortschritt
und den Lehrkräften detaillierte aktuelle Auswertungen zur individuellen Unterstützung und gezielten
Interventionen im Klassenzimmer. Die Beispiele machen zudem deutlich, dass damit spezifische
Anforderungen für die Lehrerinnen und Lehrer einhergehen (Ebner, Leitner &, Ebner 2020): Unter Nutzung
des Frameworks von Greller und Drachsler (2012) und unseren Erfahrungen mit Workshops mit
Lehrer/innen ergeben sich spezifische Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer. Dies sind statistische
Kompetenz zur korrekten Interpretation von Visualisierungen und Wahrscheinlichkeiten, digitale
Kompetenz für den Einsatz und Unterstützung der Schüler/innen im Schulalltag sowie eine Sensibilität für
Datenschutz im Umgang mit den gewonnenen Daten.
Literatur
Ebner, M., Edtstadler, K., & Ebner, M. (2017). Learning Analytics and Spelling Acquisition in German Proof
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Ebner, M., Leitner, P., Ebner, M. (2020). Learning Analytics in der Schule Anforderungen an Lehrerinnen
und Lehrer. In: C. Tltzsch-Wijnen & G. Brandhofer (Hrsg.), Bildung und Digitalisierung - Auf der Suche nach
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Greller, W., & Drachsler, H. (2012). Translating Learning into Numbers: A Generic Framework for Learning
Analytics. In: Educational Technology & Society, 15(3), 4257.
Leidinger N., Gros, M., Ebner, M., Ebner, M., Edtstadler, K. Herunter, E., Heide J., Pfeifer, S., Huppertz, A. &
Kistemann V. (2020). Individualized Differentiated Spelling with Blogs - Implementing and Individualizing
(IDeRBlog ii). In: P. Zaphiris P. & A. Ioannou (Hrsg.), Learning and Collaboration Technologies. Designing,
Developing and Deploying Learning Experiences. HCII 2020. Lecture Notes in Computer Science, vol 12205,
Cham: Springer, S. 368-279.
Leitner, P. et al. (2019). Learning Analytics: Einsatz an österreichischen Hochschulen. Graz: Forum Neue
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Schön, M., Ebner, M., & Kothmeier, G. (2012). It's Just About Learning the Multiplication Table, In: S.
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Schön, M. & Ebner, M. (2013). Das Gesammelte interpretieren. Educational Data Mining und Learning
Analytics. In M. Ebner & S. Schön (Hrsg.), Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T).
Abgerufen am 29.12.2020 von http://l3t.eu/homepage/das-buch/ebook-
2013/kapitel/o/id/104/name/medientheorien
Taraghi, B., Ebner, M., Ebner, M., & Schön, M. (2017). Learning Analytics an Schulen. In J. Erpenbeck & W.
Sauter (Hrsg.), Handbuch Kompetenzentwicklung im Netz, Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, S. 285302.
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Technical Report
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Learning Analytics ist sowohl international als auch national ein immer mehr an Bedeutung gewinnendes Themenfeld, welches dabei helfen kann, Lehr- und Lernprozesse besser zu verstehen und gezielt zu optimieren. Dieses Whitepaper soll eine erste Orientierung zu diesem Thema geben und dabei speziell die österreichische Hochschullandschaft adressieren. Ausgehend von der Definition: “Learning Analytics umfasst die Analyse, Darstellung und Interpretation von Daten aus Lehr- und Lernsettings mit dem Zweck, dass Lernende ihr Lernen unmittelbar verändern können” werden Herausforderungen benannt und der Status Quo in Österreich präsentiert. Daraus werden sechs Argumente für Learning Analytics abgeleitet und vier konkrete Handlungsempfehlungen ausgesprochen.
Conference Paper
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One of the first and basic mathematical knowledge of school children is the multiplication table. At the age of 8 to 10 each child has to learn by training step by step, or more scientifically, by using a behavioristic learning concept. Due to this fact it can be mentioned that we know very well about the pedagogical approach, but on the other side there is rather less knowledge about the increase of step-by-step knowledge of the school children. In this publication we present some data documenting the fluctuation in the process of acquiring the multiplication tables. We report the development of an algorithm which is able to adapt the given tasks out of a given pool to unknown pupils. For this purpose a web-based application for learning the multiplication table was developed and then tested by children. Afterwards so-called learning curves of each child were drawn and analyzed by the research team as well as teachers carrying out interesting outcomes. Learning itself is maybe not as predictable as we know from pedagogical experiences, it is a very individualized process of the learners themselves. It can be summarized that the algorithm itself as well as the learning curves are very useful for studying the learning success. Therefore it can be concluded that learning analytics will become an important step for teachers and learners of tomorrow.
Article
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With the increase in available educational data, it is expected that Learning Analytics will become a powerful means to inform and support learners, teachers and their institutions in better understanding and predicting personal learning needs and performance. However, the processes and requirements behind the beneficial application of Learning and Knowledge Analytics as well as the consequences for learning and teaching are still far from being understood. In this paper, we explore the key dimensions of Learning Analytics (LA), the critical problem zones, and some potential dangers to the beneficial exploitation of educational data. We propose and discuss a generic design framework that can act as a useful guide for setting up Learning Analytics services in support of educational practice and learner guidance, in quality assurance, curriculum development, and in improving teacher effectiveness and efficiency. Furthermore, the presented article intends to inform about soft barriers and limitations of Learning Analytics. We identify the required skills and competences that make meaningful use of Learning Analytics data possible to overcome gaps in interpretation literacy among educational stakeholders. We also discuss privacy and ethical issues and suggest ways in which these issues can be addressed through policy guidelines and best practice examples.
Das Gesammelte interpretieren. Educational Data Mining und Learning Analytics
  • M Schön
  • M Ebner
Schön, M. & Ebner, M. (2013). Das Gesammelte interpretieren. Educational Data Mining und Learning Analytics. In M. Ebner & S. Schön (Hrsg.), Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T).