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Bachmann, Sara; Bertschy, Franziska; Künzli David, Christine; Leonhard, Tobias; Peyer, Ruth
Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten. Einleitung, Problemaufriss
und Fragehorizont
Bachmann, Sara [Hrsg.]; Bertschy, Franziska [Hrsg.]; Künzli David, Christine [Hrsg.]; Leonhard, Tobias [Hrsg.];
Peyer, Ruth [Hrsg.]: Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten. Perspektiven auf Fachlichkeit im Studium zur
Lehrperson für Kindergarten und Primarschule. Festschrift für Frau Prof. Dr. Charlotte Müller. Bad Heilbrunn :
Verlag Julius Klinkhardt 2021, S. 17-38. - (Studien zur Professionsforschung und Lehrerbildung)
Empfohlene Zitierung/ Suggested Citation:
Bachmann, Sara; Bertschy, Franziska; Künzli David, Christine; Leonhard, Tobias; Peyer, Ruth: Die
Bildung der Generalistinnen und Generalisten. Einleitung, Problemaufriss und Fragehorizont - In:
Bachmann, Sara [Hrsg.]; Bertschy, Franziska [Hrsg.]; Künzli David, Christine [Hrsg.]; Leonhard, Tobias
[Hrsg.]; Peyer, Ruth [Hrsg.]: Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten. Perspektiven auf
Fachlichkeit im Studium zur Lehrperson für Kindergarten und Primarschule. Festschrift für Frau Prof.
Dr. Charlotte Müller. Bad Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt 2021, S. 17-38 - URN:
urn:nbn:de:0111-pedocs-222031 - DOI: 10.35468/5860-03
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-222031
http://dx.doi.org/10.35468/5860-03
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DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
Informationszentrum (IZ) Bildung
E-Mail: pedocs@dipf.de
Internet: www.pedocs.de
Sara Bachmann / Franziska Bertschy
Christine Künzli David / Tobias Leonhard
Ruth Peyer
(Hrsg.)
Die Bildung der
Generalistinnen und
Generalisten
Perspektiven auf Fachlichkeit im Studium zur
Lehrperson für Kindergarten und Primarschule
Bachmann / Bertschy /
Künzli David / Leonhard /
Peyer (Hrsg.) Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
Fachlichkeit ist ein zentrales Moment pädagogischer
Professionalität. Doch wie gestaltet sich das (Fach-)
Studium für Lehrer*innen der Schuleingangsstufe, die
als Generalist*innen später (fast) alles unterrichten?
Wie konturiert sich Fachlichkeit, wenn der Unterricht
wesentlich an die Lebens- und Erfahrungswelt der
Schüler*innen anknüpft und eine Perspektivendifferen-
zierung im Sinne grundlegender fachlicher Bildung erst
anstrebt?
Im vorliegenden Band werden Konturen eines Studiums
für Generalistinnen und Generalisten entwickelt, die sys-
tematisch zwischen einer disziplinären akademischen
Studienstruktur und den generalistischen beruflichen
Anforderungen aus der Perspektive der Studienfächer
und möglicher verbindender Konzeptionen vermitteln.
Die Reihe „Studien zur Professionsforschung und
Lehrerbildung“ wird herausgegeben von Till-Sebastian
Idel, Manuela Keller-Schneider, Katharina Kunze und
Christian Reintjes.
978-3-7815-2455-2
Die Herausgeber*innen
Sara Bachmann ist Koordinatorin des Studiengangs
Kindergarten-/Unterstufe an der Pädagogischen Hoch-
schule Nordwestschweiz.
Franziska Bertschy leitet die Professur Didaktik des
Sachunterrichts am Institut Kindergarten-/Unterstufe der
PH FHNW.
Christine Künzli David ist Leiterin dieses Instituts.
Tobias Leonhard leitet dort die Professur für Berufs-
praktische Studien und Professionalisierung.
Ruth Peyer war bis 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin
in dieser Professur.
9783781 524552
Studien zur ProfessionsforschungStudien zur Professionsforschung
und Lehrerbildungund Lehrerbildung
Bachmann / Bertschy / Künzli David /
Leonhard / Peyer
Die Bildung der Generalistinnen
und Generalisten
Studien zur Professionsforschung
und Lehrerbildung
Herausgegeben von
Till-Sebastian Idel, Manuela Keller-Schneider,
Katharina Kunze und Christian Reintjes
Sara Bachmann
Franziska Bertschy
Christine Künzli David
Tobias Leonhard
Ruth Peyer
(Hrsg.)
Die Bildung der
Generalistinnen und
Generalisten
Perspektiven auf Fachlichkeit im Studium zur
Lehrperson für Kindergarten und Primarschule
Festschrift für Frau Prof. Dr. Charlotte Müller
anlässlich ihrer Emeritierung als Leiterin
des Instituts Kindergarten-/Unterstufe
Verlag Julius Klinkhardt
Bad Heilbrunn • 2021
Dieser Titel wurde in das Programm des Verlages mittels eines Peer-Review-Verfahrens
aufgenommen. Für weitere Informationen siehe www.klinkhardt.de.
Bibliograsche Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen National bibliograe; detaillierte bibliograsche Daten
sind im Internet abrufbar über http://dnb.d-nb.de.
2021.ig. © by Julius Klinkhardt.
Foto Umschlagseite 1: © Theo Gamper, Solothurn/Tobias Leonhard.
Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten.
Printed in Germany 2021.
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem alterungsbeständigem Papier.
Die Publikation (mit Ausnahme aller Fotos, Graken und Abbildungen) ist veröffent-
licht unter der Creative Commons-Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 International
https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/
ISBN 978-3-7815-5860-1 digital doi.org/10.35468/5860
ISBN 978-3-7815-2455-2
Die Herausgabe des Bandes wurde von der Pädagogischen Hochschule FHNW nanziert.
Prof. Dr. Charlotte Müller
Leiterin des Instituts Kindergarten-/Unterstufe
der Pädagogischen Hochschule FHNW von 2009 bis 2021
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Inhaltsverzeichnis
Vorworte
Sabina Larcher Klee
‚Vielfachlichkeit und Eigensinniges‘ ................................................................9
Sara Bachmann, Franziska Bertschy, Christine Künzli David,
Tobias Leonhard und Ruth Peyer
„Ich will jetzt endlich mal die Plots sehen!“ ....................................................11
Teil 1: Einführung und Problemaufriss
Sara Bachmann, Franziska Bertschy, Christine Künzli David,
Tobias Leonhard und Ruth Peyer
Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
Einleitung, Problemaufriss und Fragehorizont ............................................... 17
Teil 2: Fachliche Perspektiven auf generalistische
Handlungsanforderungen
Barbara Wyss
Flirten mit der Vernunft
Weltzugang und Welterzeugung durch Ästhetische Bildung
Bildnerisches und Technisches Gestalten im Zyklus 1 .................................... 41
Elke Gramespacher, Susanne Störch Mehring,
Zita Bucher und Claudia Klostermann
Bewegungsbildung für Kinder:
Für „Generalistinnen“ und „Generalisten“ nicht nur eine
sportdidaktische Herausforderung! ................................................................ 63
Mathilde Gyger
Zugänge zur Welt: sprachlich realisiert und didaktisch reektiert
Sprachliche Bildung im Zyklus 1 ................................................................... 85
8 |Inhaltsverzeichnis
Christine Streit und omas Royar
Zahlen, Formen und Beziehungen
Lernen und Lehren von Mathematik im Zyklus 1 .......................................102
Jürg Zurmühle
Musik im Kindergarten und in der Unterstufe der Primarschule ................. 121
Franziska Bertschy
Vielperspektivität und Perspektivenverbindung
Bildungsprozesse im Sachunterricht ermöglichen ........................................141
Teil 3: Konzeptionen zur Stiftung einer professionsspezischen
Kultur von Fachlichkeit für den Zyklus 1
Christine Künzli David und Edwin J. de Sterke
Mehr als Fachlichkeit
Transversales Unterrichten als Spezik einer Didaktik des Zyklus 1
und als verbindendes Konzept im Studiengang für Lehrpersonen
dieser Stufe .................................................................................................. 165
Tobias Leonhard
Fachlichkeit in zwei Praxen zur Geltung bringen
Beiträge der Berufspraktischen Studien zur fachlichen
Professionalisierung von Lehrpersonen des Zyklus 1 .................................... 194
Anja Blechschmidt und Leticia Venâncio
Im Team für ALLE Kinder in der inklusiven Bildung unterwegs .................210
Nachwort
Tobias Leonhard im Gespräch mit Charlotte Müller
Dem Eigensinn Raum geben
Annotationen zu Bildung in Kindergarten, Schule und Hochschule ............ 231
Autorinnen- und Autorenverzeichnis ........................................................ 249
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doi.org/10.35468/5860-03
Sara Bachmann, Franziska Bertschy,
Christine Künzli David, Tobias Leonhard und Ruth Peyer
Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
Einleitung, Problemaufriss und Fragehorizont
1 Ausgangslage und Einführung
In den deutschsprachigen Ländern unterrichten Lehrpersonen im Elementar- und
Grundschulunterricht1 in der Regel alle oder zumindest einen Grossteil der schu-
lischen Fachbereiche und sind damit für die Anregung umfassender Bildungs-
prozesse ihrer Schüler*innen verantwortlich. Mit einer solchen gelebten – auch
Traditionen und pragmatischen Anstellungsüberlegungen geschuldeten – Praxis
korrespondiert zugleich ein doppelter bildungspolitscher Anspruch an diese Leh-
rer*innen: Zum einen wird die Bedeutung weniger zentraler Bezugspersonen
für Kinder dieser Altersstufen angeführt, zum anderen wird argumentiert, dass
oftmals nicht nach einzelnen Fachbereichen getrennt, sondern fachbereichsver-
bindend unterrichtet werden soll und den Kindern vielschichtige Explorationen
ermöglicht werden sollen. Ein solcher Anspruch wird beispielsweise in grundle-
genden Dokumenten der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK) ersichtlich,
wo betont wird, dass in der Grundschule im „Kontext aller Fächer […] fach-
übergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten handlungsleitend“ sei (KMK
2019, 111). In der Schweiz zeigt sich die Sachlage sogar akzentuiert, da der für die
Kantone der Deutschschweiz gültige Lehrplan 21 den Kindergarten gemeinsam
mit den ersten beiden Jahren der Primarschule zum Zyklus 1 der obligatorischen
Schulzeit zusammenfasst. In diesem Lehrplan wird programmatisch „aufgezeigt,
wie Kompetenzen über die ganze Schulzeit – vom Kindergarten bis zum Ende der
Volksschule – aufgebaut werden [sollen]. Neu wird der Kompetenzerwerb damit
auch für den Kindergarten nach Fachbereichen strukturiert und beschrieben. Der
Unterricht im 1. Zyklus orientiert sich allerdings stark an der Entwicklung der
Kinder und wird vor allem zu Beginn fächerübergreifend organisiert und gestal-
tet“ (D-EDK 2016, 24).
1 Die Bezeichnung der Schulen, Schulstufen und darauf bezogenen Ausbildungs- und Studiengänge
variiert in den deutschsprachigen Ländern wesentlich. Die Aussagen des Bandes beziehen sich so-
wohl auf den meist zweijährigen und in der Schweiz auch obligatorischen Kindergarten als auch auf
die Primarschule, wo in der Schweiz Schüler*innen bis zur 6. Klasse unterrichtet werden. Im Zen-
trum der Aussagen steht der sogenannte Zyklus 1, d.h. der erste vierjährige Zyklus institutionali-
sierter Bildung, der zwei Jahre Kindergarten sowie die ersten beiden Jahre der Primarschule umfasst.
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Diese schweizerische Situation, die sich mit der Schaung eines ersten Zyklus im
Bildungssystem ergeben hat, kann als Zuspitzung einer generellen Herausforde-
rung betrachtet werden: Der Lehrplan gibt dem Anliegen einer „didaktisch-me-
thodischen Gestaltung von Kontinuität und Anschlussfähigkeit“ (Reyer/Franke
Meyer 2010, 737) zwischen Elementar- und Primarbereich, das die wissenschaft-
liche früh- und grundschulpädagogische Diskussion und Literatur seit längerer
Zeit beschäftigt, einen bildungspolitischen Auftrag (vgl. dazu auch den Beitrag
von Künzli David/de Sterke in diesem Band). Er ermöglicht und beschleunigt
durch die Zusammenführung des Kindergartens mit den ersten Jahren der Pri-
marschule daher Entwicklungen, die über den nationalen Kontext hinaus von
Interesse sind.
Die bisherigen Ausführungen zeigen: Auch wenn ‚Fächerverbindung‘ als zentrales
Prinzip der Unterrichtsgestaltung des ersten Zyklus gilt und sich der Unterricht
oftmals nicht aufgrund der Logik einzelner Fächer konstituiert, bleibt als we-
sentlicher Anspruch dennoch die Einführung in die Fachbereiche, d.h. in deren
unterschiedliche Modi der Welterschliessung (Dressler 2013, 2018) sowie in die
Kulturtechniken. Auch im Diskurs zur Professionalisierung von Lehrpersonen
wird Fachlichkeit im Hinblick auf die Herausbildung eines spezischen Profes-
sionshabitus intensiv diskutiert (Bonnet 2019, 2020; Hericks/Keller-Schneider/
Meseth/Rauschenberg 2020). Wenn dabei aber der „Erwerb einer berufsfeldbe-
zogenen reektierten Fachlichkeit als zentrales Element von Professionalität und
Professionalisierung“ (Bonnet 2019, 164) gekennzeichnet und als ein wesent-
licher Teil der Identität von Lehrpersonen dargestellt wird, bezieht sich dies in
den meisten Fällen auf Studierende des Lehrberufs bzw. angehende Lehrpersonen,
die (wie im Gymnasium) ein oder zwei Fächer studieren. Für Lehrpersonen des
Elementar- und Grundschulbereichs, also für diejenigen, die nach dem Abschluss
des Studiums im Grunde ‚alles‘ unterrichten können müssen und deren Un-
terricht sich – wie erwähnt – auch nicht in erster Linie an der Logik einzelner
Fachbereiche orientiert, stellt sich die Frage anders. Welche identitätsstiftende
Fachlichkeit lässt sich für diese Lehrpersonen konzipieren, wenn sie sich nicht
an einzelnen Fachbereichen orientieren kann? Interessanterweise lässt sich in den
bisherigen Publikationen – falls die Frage überhaupt thematisiert wird – sogar
feststellen, dass Fachlichkeit zwar als identitätsbildendes Element insbesondere
von Gymnasiallehrpersonen betont wird (Huber 2001; König 2015), den Primar-
bzw. Grundschullehrpersonen jedoch ohne Begründung die Notwendigkeit einer
Fachlichkeit abgesprochen wird: „[…] insbesondere in den unteren Jahrgangsstu-
fen [stellt] sich die Frage […], ob bestimmte Fächer (z.B. Sachunterricht) nicht
ebenso gut von fachlichen Laien unterrichtet werden könnten“ (Hericks et al.
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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2020, 10).2 Auch Scheid (2020, 171, Hervorhebung im Original) argumentiert,
„man [könne] mit guten Gründen dafür werben, dass gerade Lehrerinnen und
Lehrer der Primarschule einfach irgendein konsistentes, wissenschaftsorientiertes
Studium abgeschlossen haben müssen, wenngleich es sicher von Vorteil ist, wenn
auch hier ein Unterrichtsfach studiert wurde“.
Die Zielperspektive des vorliegenden Bandes ist jedoch eine andere, weil die hier
kurz referenzierten Lösungen den Herausgebenden wie auch den Autorinnen und
Autoren zu einfach erscheinen. Die Beiträge des Bandes fragen danach, wie Lehr-
personen des ersten Zyklus im Rahmen eines Studiums3 auf eine oftmals nicht
einzelfachlich konstituierte Unterrichtsrealität vorbereitet werden können, in der
eine Vielzahl von Fachbereichen dennoch eine zentrale Rolle spielt. Damit wird
nach dem Aufbau eines professionellen Selbstverständnisses im Hinblick auf das
Verhältnis bzw. das Zusammenspiel von fachbereichsspezischer Expertise und
generalistischer Unterrichtsgestaltung und damit verbunden nach dem spezi-
schen Professionshabitus von Generalistinnen und Generalisten gefragt.
Daraus ergeben sich folgende zwei Hauptfragestellungen, die zugleich den Frage-
horizont des vorliegenden Beitrags sowie des gesamten Bandes aufspannen, ohne
diese Fragen abschliessend klären zu können: Fragehorizont 1 fokussiert auf die
Bedeutung von Fachlichkeit für die Professionalität von Generalistinnen und Ge-
neralisten des Zyklus 1: Wie konturiert sich Professionalität von Lehrpersonen
im Hinblick auf die Fachlichkeit in einem Schulzyklus, in welchem sich der Un-
terricht nicht hauptsächlich aufgrund der Logik der Fachbereiche konstituiert,
sondern an lebensweltlich bedeutsamen Fragestellungen sowie an den Tätigkeiten
der Kinder orientiert ist und in welchem fachliches Lernen und eine Einführung
in die Fachbereiche als kulturbedingt zentrale Weltzugänge aber dennoch eine
wesentliche Rolle spielen (vgl. ausführlich Abschnitt 2.1)?
Fragehorizont 2 geht den Implikationen einer solchen Ausprägung von Professi-
onalität für die Studienganggestaltung nach: Wie entwickelt sich Professionalität
von angehenden Lehrpersonen im Zyklus 1 in einem mehrheitlich nach Fachbe-
reichen organisierten Studiengang bzw. wie lassen sich in einem so organisierten
Studium ein dezitäres Selbstkonzept als „Universaldilettantin“ bzw. „Universal-
dilettant“ einerseits und überfordernde Ansprüche nicht einzulösender „Omni-
potenz“ andererseits vermeiden (Künzli David/Bertschy/Leonhard/Müller 2020)?
Diese Fragehorizonte sind Ergebnis bestimmter Positionierungen und studien-
gangspezischer Anforderungen, die mit dem einleitenden Beitrag verdeutlicht
2 Diese Aussagen beziehen sich auf Publikationen, die auf einer übergeordneten Ebene Fragen der
Bedeutung der Fachlichkeit für die Professionalität von Lehrpersonen behandeln. In fachdidak-
tischen Publikationen ist die Bedeutung des Fachwissens von Lehrpersonen für die Gestaltung von
Fachunterricht hingegen meist unbestritten.
3 In der Schweiz verschärft durch die Kürze eines Bachelorstudiums ohne anschliessendes Referen-
dariat.
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werden sollen. In einem ersten Schritt werden wesentliche Positionierungen be-
züglich der Professionalität von Lehrpersonen im ersten Zyklus bestimmt, die die
Beiträge in diesem Band rahmen (Abschnitt 2). Vor diesem Hintergrund werden
Herausforderungen der Studienganggestaltung für Generalistinnen und Genera-
listen bzw. Lehrpersonen des ersten Zyklus diskutiert (Abschnitt 3). Der Beitrag
schliesst mit studiengangspezischen Anforderungen, die mit den Beiträgen im
Band bearbeitet werden, und damit verbunden mit einem Überblick über den
vorliegenden Band (Abschnitt 4).
2 Professionalität von Lehrpersonen im 1. Zyklus –
Wesentliche Positionierungen
Um wesentliche Aspekte zur Bedeutung von Fachlichkeit für die Professionalität
von Lehrpersonen des Zyklus 1 bestimmen zu können (Abschnitt 2.3), werden
nachfolgend zunächst Spezika des Unterrichts auf dieser Zielstufe im Hinblick
auf die Bedeutung von Fachbereichen skizziert (Abschnitt 2.1) und anschliessend
wesentliche strukturtheoretische Aspekte von Professionalität von Lehrpersonen
dargelegt (Abschnitt 2.2). Diese konkretisieren die Aspekte für professionelles
Handeln auf dieser Bildungsstufe.
2.1 Unterrichten im ersten Zyklus – Bedeutung von Fachlichkeit in einem
nicht fachlich konstituierten Unterricht4
Seit der Schaung eines ersten Zyklus im Bildungssystem werden der Kindergar-
ten und die ersten beiden Jahre der Primarschule als eine pädagogische und insti-
tutionelle Einheit verstanden bzw. zumindest programmatisch und bildungspoli-
tisch als solche konzipiert. Mit dem Zyklus 1 werden jedoch Bildungsstufen mit
ganz unterschiedlichen Traditionen, Kulturen und damit verbundenen Fachspra-
chen und professionellen Identitäten der Lehrpersonen – und teilweise deutlichen
Abgrenzungsbemühungen (Reyer/Franke-Meyer 2010) – zu einer Bildungsstufe
mit einem gemeinsamen spezischen Bildungsauftrag zusammengeführt. Damit
kann dieser Zeitraum pädagogisch-didaktisch als eine bruchlose einheitliche Ent-
wicklungsphase vier- bis achtjähriger Kinder neu interpretiert werden, was eine
erhebliche Erweiterung des Spielraums bedeutet, um eine altersgemässe – indi-
viduelle wie kollektiv-altersspezische – Lernbegleitung und Lernförderung zu
konzipieren und institutionell zu entfalten. Neben der Ermöglichung einer an-
schlussfähigen Gestaltung der beiden Bildungsstufen bietet die Konzeption dieses
Zyklus 1 die Chance der Inwertsetzung zentraler Prinzipien der jeweiligen Stufen
4 Vgl. dazu ausführlich Künzli David und de Sterke in diesem Band.
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im Rahmen einer Didaktik für den gesamten ersten Zyklus (Künzli David/And-
reotti/Bertschy/Schmid Bürgi 2020). Dabei soll vermieden werden, dass lediglich
vorschnell die unterrichtlichen Prinzipien einer Stufe auf die andere übertragen
werden.
Im Fokus dieses Beitrages stehen Fragen nach der Bedeutung von Fachlichkeit im
Zyklus 1. Diese werden insbesondere in der Elementarpädagogik sehr kontrovers
diskutiert (vgl. z.B. Drieschner 2010). Im Widerstreit benden sich – etwas ver-
einfacht dargestellt – insbesondere Positionen, die die Stärkung der Fachlichkeit
mit der Orientierung an fachlichen Kompetenzen betonen, und Positionen, die
der Selbstbildung der Kinder und so der individuellen Entwicklung der einzel-
nen Kinder Rechnung tragen möchten. Die Autorinnen und Autoren des Bandes
vertreten im Gegensatz dazu die Position, dass gerade die Schaung des Zyklus
1 die Chance bietet, diese Positionen nicht im ‚Entweder-oder‘, sondern nur im
‚Sowohl-als-auch‘ in ein anspruchsvolles Rahmenmodell für den Zyklus 1 (vgl.
Künzli David et al. 2020) zu integrieren. Dieses Rahmenmodell soll mit Fokus auf
Fragen der Bedeutung von Fachbereichen nachfolgend skizziert werden:
Im ersten Zyklus, insbesondere zu Beginn, ist der Unterricht in der Regel nicht
nach Schulfächern strukturiert, wird also nicht als Fachunterricht in fachspezi-
schen Lektionen (beispielsweise als Mathematik- oder Sportunterricht) erteilt,
und konstituiert sich insgesamt – wie bereits erwähnt – nicht aus der Logik der
Fächer heraus. Vielmehr wird er von der kindlichen Lebenswelt, von Aktivitäten
und insgesamt von Vorerfahrungen und Erkenntnismöglichkeiten und -weisen
der Kinder her begründet und geplant. Der Unterricht geht oftmals vom kon-
kreten, alltäglichen Tätigsein der Kinder (Blum/Brütsch/Garcia/Künzli David/
Streit/Wyss 2020), situativ von Gegebenheiten der Alltagsgestaltung oder von le-
bensweltlich relevanten emen aus und soll es ermöglichen, dass Kinder sich in
allen Entwicklungsbereichen (Wahrnehmung, Kognition, Emotion etc.) entfalten
und weiterentwickeln können. Diese Ausgangspunkte des Unterrichts sind nicht
inhärent auf Entwicklungs- und Fachbereiche bezogen, können jedoch im Hin-
blick auf diese interpretiert werden. Denn in der Bearbeitung der Erfahrungswirk-
lichkeit und in der Weiterführung kindlicher Aktivitäten soll durchaus eine Ein-
führung in die Fachbereiche erfolgen. Diese sind gesellschaftlich bestimmt und
können als bewährte kulturelle Formen der Welterschliessung bezeichnet werden
(Tenorth 1999). Ein Unterricht, der dazu beitragen soll, dass Kinder ihre Lebens-
welt durchschaubar, verständlich und in diesem Sinne beurteil- und bearbeitbar
erleben, kann nicht primär einzelfachlich organisiert sein, denn die Erfahrungs-
wirklichkeit lässt sich nicht aus der Perspektive eines einzelnen Fachbereichs um-
fassend bearbeiten (Klafki 1998). Um diesbezüglich vertiefte Verstehensprozesse
gerade bei komplexen Sachverhalten zu fördern, gilt es im Unterricht also nicht
nur, ein Wechselspiel zwischen fachlichen und lebensweltlichen Deutungen zu-
stande kommen zu lassen, sondern einen Gegenstand auch aus unterschiedlichen
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fachlichen Perspektiven in den Blick zu nehmen und diese (fachbereichsverbin-
dend) zu verknüpfen (Hügli 2012). In diesem Prozess werden die spezischen
erkenntnisgenerierenden Prozesse und zentrale Konzepte der Fachbereiche er-
sichtlich.
2.2 Kernaspekte der Professionalität von Lehrpersonen des Zyklus 1
Nachfolgend werden, mit Bezug auf den strukturtheoretischen Professionsansatz
und ausgehend von der Grundannahme, dass das pädagogische Handeln von
Lehrpersonen als „Interventionshandeln in der stellvertretenden Verantwortung
für Lern- und Bildungsprozesse der Schüler*innen zu verstehen ist“ (Kramer/
Pallesen 2018, 47) vier Kernaspekte von Professionalität (auch) von Lehrpersonen
des Zyklus 1 beschrieben, die dann im Anschluss an Bonnet (2019, 2020) bezüg-
lich der im vorliegenden Band vorgenommenen Fokussierung auf Fachlichkeit
zusammengedacht werden.
Wahrnehmung und Begleitung von Bildungsprozessen
Die zentrale Aufgabe von Lehrpersonen stellt die Anregung, die Wahrnehmung
und die Begleitung von Bildungsprozessen und damit verbunden die Gestaltung
eines „erziehenden Unterrichts, der bildet“ (Benner 2015) dar. Mit dieser Aufgabe
verbunden ist die paradoxe Situation, dass Lehrpersonen „im Zuge ihrer Vermitt-
lungstätigkeit permanent in die persönliche Integrität der […] Schülerinnen und
Schüler eingreifen, indem sie beispielsweise liebgewonnene Alltagstheorien oder
Vorstellungen verunsichern“ (Kramer/Pallesen 2018, 48). Unterricht muss daher
Erfahrungen ermöglichen, die Gewohnheiten und Praktiken des Mensch-Welt-
Bezugs irritieren (Koller 2018) und verschiedene Deutungsmuster durch ein „Be-
kanntwerden mit Fremden als auch [ein] Fremdwerden von Bekanntem“ (Rau-
schenberger 2004, 83) zugänglich machen. Dies gelingt nur dann, wenn man
den subjektiven Vorerfahrungen, den Voraussetzungen und der Alltagssprache der
Schüler*innen zum einen gerecht wird, diese aber zum anderen gleichzeitig u.a.
durch Bezugnahme auf fachbereichsbezogene Konzepte irritiert.
Herstellen und Aufrechterhalten eines pädagogischen Bezugs
Die stellvertretende Zuständigkeit für die Bildungsprozesse der Schüler*innen
sowie eine erzieherische Verantwortlichkeit erfordern eine besonders gestalte-
te Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler*innen, die weder nur sachlich-
distanziert noch rein persönlich und weder rein fachlich noch ausschliesslich an
der Entwicklung der Schüler*innen orientiert sein kann. Lehrpersonen gestalten
Interaktionen, die sich primär daran orientieren, Bildungsprozesse anzuregen. Sie
sind sich dabei bewusst, dass es sich bei der Beziehung zwischen der Lehrperson
und den Kindern und Jugendlichen stets um ein asymmetrisches und machtför-
mig strukturiertes Verhältnis handelt. Die Daueraufgabe einer Lehrperson besteht
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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darin, die pädagogischen Bezüge zu (re)spezizieren und zu (re)universalisieren
(Helsper/Hummrich 2008). Professionalisiert wäre somit ein dierenzierender
Habitus, mit welchem die verschiedenen allgemeinen und partikularen Facetten
eines pädagogischen Bezugs situativ im eigenen pädagogischen Handeln verortet
werden können (Helsper 2002).
Grundlegende Reexionsbereitschaft und -fähigkeit
Lehrpersonen handeln in Situationen, in denen – anders als z.B. in technischen
Berufen – Ungewissheit im situativen Verlauf (z.B. von Unterricht) ein grundsätz-
liches Charakteristikum darstellt. Sie sind also täglich mit neuen und komplexen
Situationen konfrontiert, für die es weder standardisierte Antworten noch ein-
deutige Verhaltensregeln gibt. Der adaptive und situationsadäquate Umgang mit
solchen Situationen setzt ein exibles Handlungsrepertoire und geklärte fachliche
und pädagogische Orientierungen voraus, die situativ wirksam werden können.
Unter diesen Bedingungen kommt der Fähigkeit, sich systematisch der Bedin-
gungen des Handelns zu vergewissern, eine wesentliche Bedeutung zu. Derartige
Reexionen nehmen einerseits auf Erfahrungen und andererseits auf das zur Ver-
fügung stehende Wissen Bezug. Zu beidem aber wird im Prozess der Reexion
– ein Prozess, der nicht permanent erfolgt und auch nicht permanent möglich ist
– bei Anlässen wie Irritationen, Unklarheiten und normativen Dissonanzen eine
kritische Distanz aufgebaut. Die wiederholte vertiefte Auseinandersetzung mit
Fällen unter den verschiedenen, auch fachlichen Perspektiven, die ein Studium zu
bieten hat, leistet hierzu einen aussichtsreichen Beitrag (Bohnsack 2020; Ohlha-
ver/Wernet 1999; Pieper/Frei/Hauenschild/Schmidt-ieme 2014).
Anerkennung von egalitärer Dierenz
Professionell handelnde Lehrpersonen verfügen über ein elaboriertes Verständnis
der Komplexität im Umgang mit Dierenz als konstitutiver Ausgangsbedingung
pädagogischen Handelns in Institutionen. Als Sozialberuf ist der Lehrberuf insbe-
sondere im Zyklus 1 zu produktivem Arbeiten mit der ganzen Breite menschlicher
Dierenzkategorien aufgefordert, die sich in den etablierten Dierenzkategorien
Herkunft und Gender ebenso ausprägen wie in einzigartig konstellierten indivi-
duellen und familiären Ausgangslagen der Kinder. Auch und gerade weil es Schule
auf der Systemebene bisher nicht gelungen ist, den Zusammenhang von sozialer
Herkunft und Bildungserfolg massgeblich zu vermindern, ist dieser Anspruch
als Kennzeichen von Professionalität geltend zu machen. Zentrale Bezüge dieses
Kennzeichens sind sowohl das normative Konzept „egalitärer Dierenz“ (Prengel
2001, 93) als Figur der Anerkennung von Unterschieden ohne die implizite As-
soziation mit negativen oder positiven Zuschreibungen zu den Dierenzmerkma-
len als auch die unvermeidliche Paradoxie, dass jede Anerkennung von Dierenz
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S. Bachmann, F. Bertschy, C. Künzli David, T. Leonhard und R. Peyer
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immer auch eine Festlegung und damit eine Festigung der Dierenzkategorien
beinhaltet (Mecheril/Plößer 2009).
2.3 Professionalisierung unter der Perspektive von Fachlichkeit
Untersucht man die im vorhergehenden Abschnitt dargelegten Aspekte von
Professionalität unter der Frage, welche Rolle eine elaborierte Fachlichkeit der
Lehrer*innen diesbezüglich spielt, gelangt man zu unterschiedlich ausgeprägter
Bedeutsamkeit bei den einzelnen Aspekten. Bezogen auf die Initiierung und die
Begleitung von Bildungsprozessen stellt das strukturtheoretische Konzept der
Sachantinomie den zentralen Bezug zu den Fachbereichen und ihren Gegenstän-
den und damit auch zur Anforderung an die Fachlichkeit aller Lehrpersonen her:
Hier geht es um die interaktive Herstellung der Gegenstandsbedeutung, in die im-
mer die lebensweltlichen und biographischen Rahmungen, also die „inoziellen“
Gegenstandsbedeutungen konstitutiv einiessen und in der Lehrer sich sowohl an der
inoziellen Gegenstandsbedeutung wie an der oziellen fachsystematischen Gegen-
standsbedeutung zu orientieren haben, um Vermittlungen zwischen unterschiedlichen
Bedeutungsrahmungen zu ermöglichen. (Helsper 2004, 78)
Das Vorwissen der Schüler*innen zunächst zu explizieren, um es dann mit an-
deren Erfahrungen oder fachbereichsbezogenen Konzepten zu irritieren und
gegebenenfalls zu erweitern oder zu modizieren, kann dabei als fachbezogener
Anschluss z.B. des Sachunterrichts an die Sachantinomie gekennzeichnet werden.
Bonnet (2020, 33) bilanziert, „dass es zur Balancierung der Sachantinomie eines
reektierten Verständnisses des eigenen Faches bedarf, das Lehrerinnen und Leh-
rer in die Lage versetzt, den spezischen Modus des Weltzugris ihres Faches zu
erkennen“.
Für Lehrer*innen des Zyklus 1 stellt sich jedoch die Frage, wie es gelingen kann,
sowohl den Lebensweltbezug als auch die Fachlichkeit und die Fachverbindung
aufrechtzuerhalten und dabei in allen von ihnen unterrichteten Fächern Bildungs-
prozesse zu initiieren. Für diese Lehrer*innen kann der einzelne Fachbereich nicht
den primären „Handlungsrahmen“ (Rotter/Bressler 2020, 111) darstellen. Die
Herausforderung ist vielmehr eine doppelte: Es geht einerseits um eine ‚reek-
tierte Poly-Fachlichkeit‘, also ein elaboriertes Verständnis der spezischen Weltzu-
gänge (nahezu) aller schulischen Fachbereiche und ihres Verhältnisses zueinander.
Andererseits müssen Lehrpersonen die verschiedenen Handlungsrahmen, die die
Fachbereiche zur Verfügung stellen, (in der Interpretation oener Settings) exi-
bel handhaben, fachbereichsvorgreifend (de Sterke/Künzli David/Bertschy einge-
reicht) einsetzen und unterschiedlich kombinieren. Der Lehrperson im Zyklus 1
kommt damit die anspruchsvolle Aufgabe zu, einerseits lebensweltliche Bezüge
und Zusammenhänge zwischen den Fachbereichen herzustellen, andererseits in
zunehmender Dierenzierung aber auch die Unterschiede zwischen den verschie-
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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denen Fachbereichen sichtbar werden zu lassen und damit einer Bildungsvorstel-
lung Rechnung zu tragen, die auf die Entwicklung einer Subjektivität zielt, „die
in der Erschliessung der Welt das Inkompatible, das Ganze in seinen Dierenzen,
zusammenhalten kann“ (Dressler 2013, 185, Hervorhebung im Original).
Um solche Bildungsprozesse initiieren und begleiten zu können, müssen Lehrper-
sonen des ersten Zyklus über fundierte fachwissenschaftliche und fachdidaktische
Kompetenzen verfügen. Gerade weil sich der Unterricht im Zyklus 1 in der Regel
nicht anhand der Logik von Fachbereichen konstituiert, sind reektierte Fach-
lichkeit(en) sowie ein Bewusstsein für die Unterschiedlichkeit der Fachbereiche
in Bezug auf ihre „Wahrnehmungs-, Denk-, Wertungs- und Handlungsmuster“
(Liebau/Huber 1985, 315) und auf deren Zusammenspiel in der Bearbeitung le-
bensweltlich relevanter Fragestellungen für Lehrpersonen dieser Stufe unabding-
bar. Eine Stufe, die die Aufgabe übernimmt, die Schüler*innen in die Erkenntnis-
weisen der jeweiligen Fachbereiche einzuführen und ihnen zentrale Konzepte für
deren Welterschliessung zugänglich zu machen (Geiss/Issler 2016), kann hinter
diesen Anspruch nicht zurücktreten. Der damit verbundene Anspruch als regula-
tive Idee wird mit der folgenden Dierenzierung von Bonnet nochmals geschärft,
in der er drei fachliche Voraussetzungen für die Initiierung und die Begleitung
von Bildungsprozessen unterscheidet:
Erstens eine reektierte Kenntnis der Inhalte, Methoden und Denkstile der eigenen
Fächer, zweitens ein Verständnis typischer Aneignungsprobleme und Dierenzen zwi-
schen Fach- und Alltagswissen in den eigenen Fächern, und drittens ein adressaten- und
fachgerechtes Konzept fachlicher Bildung, um funktionale Ziel- und Leistungsbeschrei-
bungen entwickeln zu können. (Bonnet 2020, 44)
Auch die anderen drei oben ausgeführten Kennzeichen pädagogischer Professio-
nalität sind fachlich ‚aufgeladen‘. Das im vorliegenden Band als Anforderung zur
Gestaltung eines pädagogischen Bezugs formulierte Kennzeichen lässt sich neben
Fragen der Beziehungsgestaltung oder – als wiederholt replizierter Befund der
empirischen Bildungsforschung – der emotionalen Unterstützung auch fachlich
perspektivieren: Wo Lehrer*innen eben auch ‚Sachwalter*innen des Fachlichen‘
sind und Schüler*innen in fachlicher Hinsicht zu unterstützen wissen, entwi-
ckelt sich ein fachlich fundierter pädagogischer Bezug, der allerdings seitens der
Lehrer*innen wiederum hohe Ansprüche an deren fachliche Auseinandersetzung
stellt.
Dass Reexivität nicht nur generisch als Fähigkeit und Bereitschaft zu verstehen
ist, sich angesichts unvermeidlicher Ungewissheit über Verlauf und Wirkung des
eigenen Handelns regelmässig nachträglich mit beidem zu befassen, verdeutlicht
Bonnet unter Bezugnahme auf rekonstruktive Arbeiten aus der Sportdidaktik.
Professionalisierung erfordere „eben nicht irgendeinen, sondern einen reek-
tierten Bezug zur Fachlichkeit, um zu einer professionellen Identität zu kommen,
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die zu den fachlichen Bildungszielen passt“ (Bonnet 2020, 36). Auch hier erweist
es sich als durchaus ambitioniert, eine solche fachliche Reexivität für (nahezu)
alle Fachbereiche programmatisch zu fordern, zumal – wie Bonnet ebenfalls deut-
lich macht – Fachlichkeit auch als (berufs)biograsches Konzept zu denken ist.
Im Gegensatz zu Lehrpersonen der Sekundarstufe, die bei der Fächerwahl ihren
auf guten eigenen Schulerfahrungen basierenden Neigungen folgen könnten, sind
Generalistinnen und Generalisten aufgefordert, sich im Studium mit allen Fach-
bereichen zu befassen. Im Zusammenhang mit den fachlichen Implikationen des
vierten Kriteriums, das wir im vorliegenden Band mit der Anerkennung von Dif-
ferenz beschrieben haben, sei an dieser Stelle nur exemplarisch auf den Aspekt der
Mehrsprachigkeit verwiesen.
Bilanziert man die in Abschnitt 2.2 und 2.3 dargestellten Anforderungen, ist
feststellbar, dass sich die fachbezogenen Auseinandersetzungen des Studiums für
Generalistinnen und Generalisten in Art und Umfang wesentlich von denjenigen
unterscheiden müssen, die z.B. für Lehrpersonen des Gymnasiums gelten. Die
Beiträge im vorliegenden Band können daher (auch) als Versuch gelesen werden,
das scheinbar Unmögliche möglich zu machen:
Lehrpersonen des Zyklus 1 sind Spezialistinnen und Spezialisten für die Gestaltung
von Unterrichtssettings zur Anregung und Unterstützung entwicklungs- und
fachbereichsbezogener Bildungsprozesse von Kindern zwischen vier und acht
Jahren sowie für die Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten und anderen
pädagogischen Fachkräften. Als vorausdenkende, Zusammenhänge erkennende
und herstellende Lehrperson knüpft sie an die Lebenswelt der Schüler*innen an
und gestaltet Kontextbedingungen und Lehr-Lern-Prozesse unter Einbezug von
fachlichem und fachdidaktischem Wissen und Können.
3 Grundlagen und Herausforderungen der Gestaltung von
Studiengängen für Generalistinnen und Generalisten im
Zyklus 1
Die in Abschnitt 2 beschriebenen Kernaspekte der Professionalität von Lehrper-
sonen des Zyklus 1 können zugleich als normative Orientierung für die Gestal-
tung, Evaluation und Reexion von Studiengängen dienen. Sie erfordern jedoch
auch geklärte Vorstellungen darüber, was eine Hochschule zu leisten vermag,
deren Auftrag in der Vorbereitung auf bestimmte Berufsbilder besteht, und be-
züglich der Frage, wie diese Vorbereitung als Prozess tragfähig modelliert werden
kann. Beides wird im Folgenden in der gebotenen Kürze für eine Studiengang-
konzeption formuliert (Abschnitt 3.1). Daran schliesst sich die Darstellung der
antizipierbaren Herausforderungen an (Abschnitt 3.2).
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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3.1 Zur Charakteristik von Professionshochschulen und
Professionalisierung als Prozess
Die Ausgestaltung eines Studiengangs im Hinblick auf eine generalistische Profes-
sion wird von einem Hochschultypus gerahmt, dessen Aufgabe im Kern ein Stu-
dium und eine Ausbildung für Lehrpersonen umfasst. Die Funktionsbestimmung
von Professionshochschulen beinhaltet damit zwingend mindestens zwei Bezug-
nahmen: auf das jeweilige Berufsfeld, im vorliegenden Fall die beruiche Praxis von
Lehrpersonen des Zyklus 1, und gleichermassen auf die vielfältigen wissenschaft-
lichen Disziplinen, die eine Hochschule konstituieren. Statt der weitverbreiteten
Figur von ‚eorie und Praxis‘,5 beschreiben wir diese beiden Bezugnahmen als
zueinander in spezischer Beziehung stehende „Praxisformationen“ (Hillebrandt
2016, 72). Praxisformationen sind neben je spezischen und typischen Artefakten
und räumlichen Konstellationen ‚Bündel‘ unterscheidbarer Praktiken, deren Beo-
bachtung deutlich macht, dass an einer Hochschule in weiten Teilen anderes getan
wird als in Kindergärten und Primarschulen. Die Beziehung zwischen den Praxis-
formationen Hochschule und Schulfeld ist dabei auf unterschiedlichen Ebenen zu
beschreiben und wird durch bisweilen sehr diverse Erwartungen strukturiert (vgl.
dazu den Beitrag von Leonhard in diesem Band). Systematisch ist die pädagogische
Praxis in Bildungsinstitutionen die primäre und ‚ursprüngliche‘, gab es Bildungs-
institutionen doch schon lange, bevor sich eine darauf bezogene Wissenschaft als
Erziehungswissenschaft oder Fachdidaktik darauf bezog, die man deshalb als ‚se-
kundäre Praxis‘ bezeichnen kann, die ihren Gegenstand in der pädagogischen Pra-
xis ndet.6 Die Figur der beiden Praxisformationen, die Referenzfelder der Leh-
rer*innenbildung darstellen, erweist sich auch für die folgenden Ausführungen
zu Professionalisierung als Prozess als deutlich geeignetere Rahmung als die Rede
vom ‚eorie-Praxis-Problem‘.
Die nachfolgenden Überlegungen fassen Professionalisierung als berufsbezogenen
Subjektivierungsprozess, der durch die Teilnahme an den Praktiken der beiden
Praxisformationen Hochschule und Berufsfeld stattndet und sowohl intenti-
onale Formen der Einussnahme beinhaltet als auch Formen sozialisatorischen
‚Hineinwachsens‘. Das Konzept der Subjektivierung greift aktuelle Subjekttheo-
rien auf (Reckwitz 2008), die das Subjekt als a) relational konstituiert und b) in
ständigem, wenngleich nur selten fundamentalem Wandel begrien betrachtet
(Alkemeyer 2013; Ricken 2013a, 2013b):
Bedeutsam ist daran vor allem, dass man die Frage, wer ein Subjekt jeweils konkret
‚ist‘ – also als wer es sich versteht und als wer es von anderen verstanden wird bzw. wer-
5 Zur Untauglichkeit der eorie-Praxis-Figur vgl. Leonhard (2020).
6 Insofern ist die Perspektive einer wechselseitigen Bedürftigkeit, für die Hascher und de Zordo
(2020) argumentieren, infrage zu stellen. Die beruiche Praxis braucht eine darauf bezogene Wis-
senschaft nicht, die Wissenschaft die beruiche Praxis als Gegenstand hingegen schon.
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den will –, nicht als selbstverständliche (Denk )Voraussetzung behandelt und als bereits
beantwortet betrachtet, sondern ihrerseits als Prozess und Ergebnis sozialer Praktiken
versteht. (Rose/Ricken 2018, 16)
Sowohl Mitarbeitende der Hochschule als auch Praxislehrpersonen an den Schu-
len sind unter dieser Perspektive relevante ‚Andere‘, die Studierende während ihrer
Teilnahme in den Praxisformationen situativ zu ‚Bestimmten‘ machen und damit
als Instanzen berufsbezogener Subjektivierung beschrieben werden können (vgl.
dazu auch empirisch: Leonhard/Lüthi 2018; Leonhard/Lüthi/Betschart/Bühler
2019). Auch wenn Ausmass und Wirkung dieser unvermeidlichen Einussnahme
nur empirisch zu erheben sind, ist die Annahme einer (massgeblichen) Beeinus-
sung der Studierenden für eine Hochschule und ihre Studiengänge konstitutiv.
Intentional bestimmte Fähigkeiten, Kompetenzen oder Haltungen anzustreben
und gleichzeitig mit sozialisatorischen Wirkungen rechnen zu müssen, kann als
tragfähige und hinreichend breite Beschreibung des Subjektivierungsprozesses im
Rahmen eines Studiums beschrieben werden.
3.2 Herausforderungen im Hinblick auf die Professionalisierung von
Generalistinnen und Generalisten für den Zyklus 1
Aus den vorangegangenen Ausführungen wurde oensichtlich, welches die An-
forderungen sind, die sich im Hinblick auf die Professionalisierung von Genera-
listinnen und Generalisten des ersten Zyklus stellen. Nachfolgend werden – vor
dem Hintergrund der zuvor skizzierten Ansprüche und Positionen – drei zentrale
Herausforderungen und damit verbundene Anforderungen an eine Studiengang-
gestaltung, die sich zum Teil als Dilemmata beschreiben lassen, skizziert. Inte-
ressant ist die Feststellung, dass sich die meisten der nachfolgenden Herausfor-
derungen in den lehrer*innenbildenden Studiengängen anderer Zielstufen (z.B.
Sekundarstufe) im Grundsatz ähnlich stellen, sich für den Zyklus 1 aufgrund der
Spezik, die in Abschnitt 2.1 dargestellt wurde, aber besonders scharf konturie-
ren. ‚Lösungen‘, die für die hier bedeutsame Stufe tragfähig scheinen, könnten
also durchaus auch in anderen Schulstufen relevant sein.
Zugespitztes Kohärenz- bzw. Integrationsdilemma
Generell wird in Lehramtsstudiengängen (auch wenn nur wenige Fachbereiche
studiert werden) eine Vielfalt von wissenschaftlichen und oftmals auch künst-
lerischen Zugängen bearbeitet, welche in dieser Breite sonst wohl in keiner Pro-
fession anzutreen ist. Es wird eine „multiple Wissensbasis“ (Forneck/Düggeli/
Künzli David/Linneweber-Lammerskitten/Messner/Metz 2009, 85) vermittelt,
deren Integration oftmals den Studierenden selbst überlassen bleibt. Damit be-
steht die Gefahr, dass es den Studierenden nicht gelingt, einen Zusammenhang
zwischen den einzelnen Studienbereichen zu erkennen bzw. herzustellen (Mayer/
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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Ziepprecht/Meier 2018). Aus diesem Grund werden eine stärkere Zusammen-
arbeit und Kohärenz der Studienbereiche gefordert (Bonnet 2019). Dies wirft
des Weiteren „die Frage auf, wie sich die unterschiedlichen Fächer einer Lehr-
person auf der Ebene des Lehrer*innenhabitus zueinander verhalten. Obwohl es
sich hierbei um eine interessante und bedeutsame Frage handelt, ist sie empirisch
bislang unbeantwortet“ (Rotter/Bressler 2020, 118).
Was für Lehramtsstudiengänge generell diskutiert und gefordert wird, spitzt sich im
Hinblick auf den Professionalisierungsprozess von Elementar- und Grundschul-
lehrpersonen als Generalistinnen und Generalisten zu. Hier kommen potenzielle
Widersprüche und disparate Konzepte, Begriichkeiten und unterschiedliche
Modi der Erkenntnisgewinnung und -verarbeitung zwischen den unterschied-
lichen Fachwissenschaften und Fachdidaktiken hinzu (Burren/Lüscher/Künzli
David 2018; Reusser/Messner 2002), die die Studierenden selbst so zusammen-
führen müssen, dass sich die Kindergarten- und Primarschulwirklichkeit nicht
„zersetzt […] im Vielerlei des Fachunterrichts zum Mit- und Nebeneinander der
Einzeldisziplinen“ (Wyss/Reusser 1985, 76). Duncker und Popp betonten bereits
1997, dass an den Hochschulen „der einem fächerübergreifenden bzw. fächer-
verbindenden Unterricht notwendige vorauslaufende Ausbildungsprozess […]
hinter den Erfordernissen zurück[bleibe]“ (Dunker/Popp 1997, 10), und sie kri-
tisierten, dass die gesellschaftliche Bedeutung der interdisziplinären Forschung in
der Lehrer*innenbildung kaum Spuren hinterlassen habe und die Sozialisation
der Lehramtsstudierenden nach wie vor vorwiegend einzelfachlich erfolge und
komplementär zu verstehende interdisziplinäre Erweiterungen strukturell unbe-
rücksichtigt blieben. Die Situation hat sich seit 1997 nicht wesentlich verändert.
Dieses Kohärenz- bzw. Integrationsdilemma (das im Übrigen nicht mit dem Ver-
weis auf die Notwendigkeit gründlicher ‚Reexion‘ zu bearbeiten ist) ist auch be-
züglich der Frage nach einem beruichen Selbstkonzept von Lehrpersonen des
ersten Zyklus von erheblicher Bedeutung. Die Fächervielfalt der generalistischen
Ausbildung birgt die Gefahr der Entwicklung eines prekären Selbstverständnisses
der Lehramtsstudierenden: Angesichts der doch kurzen, beispielsweise in der
Deutschschweiz nur dreijährigen Studienzeit an den Pädagogischen Hochschulen
ist zu vermuten, dass die Breite der Fachbezüge in den verschiedenen Fachwissen-
schaften und Fachdidaktiken von den Studierenden eher als ein Mangel an Mög-
lichkeiten vertiefter Auseinandersetzung gerahmt wird denn als Potenzial einer
multi- und interdisziplinären Ausbildung. Dies verstärkt sich, wenn disziplinär
sozialisierte Dozierende der einzelnen Fachwissenschaften bzw. -didaktiken, die
unter Umständen nur ihr Fach im Fokus haben, die Fachlichkeit der Studieren-
den als Dezit rahmen und betonen, wie viel mehr Ausbildungszeit der jeweilige
Fachbereich benötigen würde (Klein 2020). Damit stellt sich für Lehrer*innenbil-
dungsinstitutionen die Frage, wie es gelingen kann, dass Studierende ein positives
Selbstverständnis als Generalist*in entwickeln.
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Das Bandbreiten-Fidelitäts-Dilemma
Das ursprünglich aus der Messtheorie stammende Konzept beschreibt hier analog
die Unmöglichkeit, eine fachliche Vertiefung mit der Breite der unterschiedlichen
fachlichen Anforderungen in den einzelnen Fachbereichen zu vereinbaren. Wäh-
rend die Frage der Fachlichkeit in der Sekundarstufe zu Diskussionen darüber
führt, wie viele Fächer ein solches Studium beinhalten kann, um einerseits dem
schulorganisatorisch begründeten Ruf nach breiter Einsetzbarkeit der Lehrper-
sonen zu entsprechen, andererseits aber auch das erforderliche fachliche Niveau
zu gewährleisten, spitzt sich diese Frage im Zyklus 1 aufgrund der Tatsache, dass
eine Ausbildung in allen Fachbereichen erfolgt bzw. erfolgen muss, enorm zu.
Es ist unmöglich, ein fachliches Studium im gleichen Ausmass für alle Fachbe-
reiche zu denken, wie es im Rahmen gymnasialer Lehrer*innenbildung betrieben
wird. Diese Feststellung erfordert daher Strategien und Umgangsweisen mit dem
Dilemma einer zwingenden Reduktion der Umfänge der Auseinandersetzung
bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung fachlicher Ansprüche. Die Studienbereiche
müssen daher Konzeptionen von Fachlichkeit für Lehrpersonen des ersten Zyklus
ausweisen, die sich nicht an Ausbildungsgängen für Fachlehrpersonen orientieren
und damit auch jenseits der Vorstellung, ‚Mini-Fachlehrpersonen‘ auszubilden,
operieren und die es dennoch erlauben, den zentralen Kern der Fachbereiche bzw.
deren Modus der Welterschliessung zu erkennen.
Diese Herausforderung wird noch gesteigert, da sich die Diskurse in den ein-
zelnen Fachbereichen in der Regel nicht homogen zeigen und sich auch wider-
sprechen. Geht man von der Prämisse eines generalistischen Anspruchs aus, zeigt
sich die Herausforderung, die durch die Diversität der Diskurse in jedem Fach-
bereich entsteht, erheblich gesteigert, denn sie besteht dann in jeder der jewei-
ligen Bezugsdisziplinen der Fächer, die den Unterricht im 1. Zyklus zwar nicht
strukturieren, diesen im Hintergrund jedoch zweifelsohne fundieren. Typische
Entwicklungen des Wissenschaftssystems wie die Entstehung von Diskurslinien
oder methodologischen Schulen steigern sich angesichts der ‚Poly-Fachlichkeit‘
erheblich und führen insgesamt zu einer Diversität, die Studierende des Zyklus 1
fast zwangsläug als „willkürliche Addition disparater Gegenstände“ (Bohnsack
2000, 65) erleben müssen. Als akademische Einheiten benötigen die Studienbe-
reiche daher Konzepte bzw. Überlegungen, die sich darauf beziehen, inwiefern
und wie sie die Studierenden auf die Diversität der Diskurse in den Fachbereichen
des Studiengangs aufmerksam machen und vorbereiten, um nicht einer ‚Unité de
doctrine‘ zu verfallen und um gegenüber den Studierenden in der Vielfalt und
Widersprüchlichkeit der Diskurse eine kohärente Vorstellung der Anforderungen
eines nicht in erster Linie fachlich konstituierten Unterrichts im Zyklus 1 nicht
aus den Augen zu verlieren.
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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Die ‚Unauälligkeit‘ fachlicher Ansprüche im Schulalltag des ersten Zyklus
Bezüglich Fragen der Fachlichkeit ist eine (eher empirisch fundierte) Herausfor-
derung zu kennzeichnen, die ihre besondere Bedeutung im Unterricht des Zyklus
1 entwickelt. Während die Fähigkeit zur Interaktionsgestaltung und zur Aufrecht-
erhaltung der erforderlichen Ordnung des Unterrichts (‚Klassenführung‘) für die
‚Sichtstruktur‘ von Unterricht hohe Relevanz hat, Dezite dort also unmittelbar
sichtbar und für die angehende Lehrperson als Problem erfahrbar werden, gilt dies
für fachliche Ansprüche nicht oder zumindest nicht in gleichem Ausmass. Sowohl
die Relevanz fachlicher Auseinandersetzung überhaupt als auch die möglichen
Konsequenzen dezitärer Fachlichkeit fallen deutlich weniger auf und interakti-
onspragmatisch weniger ins Gewicht, sind aber zugleich bildungstheoretisch von
enormer Bedeutung. Diese ‚Unauälligkeit‘ steigert sich im Zyklus 1 einerseits
dadurch, dass vordergründig nur teilweise Fächer unterrichtet werden und diszi-
plinär orientierte Fachlichkeit dann nur auf der Hinterbühne operiert. Sie steigert
sich andererseits dadurch, dass Schüler*innen auf dieser Stufe die fachliche Au-
torität der Lehrpersonen bei entsprechender Beziehungsgestaltung in der Regel
unkritisch bis bedingungslos anerkennen. Hier stellt sich umso mehr die Frage,
wie den Studierenden die Bedeutung von Fachlichkeit im Rahmen ihres Studiums
einsichtig gemacht werden kann, etwa um die ‚Freude am Basteln mit Kindern‘
als studentische Eingangsmotivation in eine dierenzierte Vorstellung ästhetischer
und technischer Bildung für die Zielstufe zu entwickeln – und die Freude daran
aufrechtzuerhalten.
4 Strategien der Studienganggestaltung
Nachfolgend werden mögliche curriculare Anforderungen und Strategien im
Umgang mit den in Abschnitt 3.2 aufgezeigten Herausforderungen diskutiert.
Es wird dargelegt, welche Strategien sich abzeichnen, um den Studierenden zum
einen eine fundierte Fachlichkeit zu ermöglichen und sie zum anderen gleichzei-
tig zu befähigen, diese Fachlichkeit in einen Zusammenhang zu bringen und im
Hinblick auf die Gestaltung eines nicht einzelfachlich konstituierten Unterrichts
fruchtbar zu machen. Die nachfolgenden skizzenhaften Überlegungen werden im
vorliegenden Band anschliessend in verschiedenen Beiträgen dierenziert ausge-
arbeitet.
4.1 Schärfung von Fachkonzepten
Aus den vorhergehenden Überlegungen ergibt sich der grundsätzliche Anspruch,
in allen Studienbereichen Überblick, Einblick und auch Vertiefung in Sachver-
halte zu ermöglichen. Der Fülle an zentralen Inhalten/Konzepten, empirischen
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Erkenntnissen und fachlichen Diskussionen in Verbindung mit dem Lehrberuf
steht eine begrenzte Studienzeit gegenüber (vgl. Abschnitt 3.2). Daraus resultiert
die folgende grundsätzliche didaktische Überlegung im Lehrberuf (auf allen Bil-
dungsstufen und nicht nur bezogen auf einen Studiengang): „Was ist es in meinen
(unseren) Augen wert, gelehrt und gelernt zu werden?“ Weil aber zu vieles für
den Lehrberuf von Wert ist, muss ausgewählt werden. Was kann bei der Auswahl
leitend sein?
Wenn wir davon ausgehen, dass Generalistinnen und Generalisten nicht über ein
allumfassendes Fachwissen der Fachbereiche verfügen können, sondern dass sie
insbesondere den ‚Kern‘, d.h. den spezischen Weltzugang und dessen Grenzen
der auf die Studienbereiche bezogenen Fachbereiche verstehen und die zentra-
len Spezika des Lernens und Lehrens im entsprechenden Fachbereich kennen
müssen (vgl. z.B. Baumert 2002; Dressler 2013, 2018), dann ist in Bezug auf
die einzelnen Studienbereiche (Fachwissenschaften und Fachdidaktiken) das
Folgende zu klären: Welches ist der Kern des Studienfachs zum jeweiligen Fach-
bereich, mit dem sich angehende Lehrpersonen auseinandersetzen müssen? Was
benötigen Studierende, damit sie den Gewinn der disziplinären Befassung für die
Schüler*innen fruchtbar machen können? Diese übergeordneten Fragen lassen
sich weiter dierenzieren und wie folgt präzisieren:
1. Welches sind die Bezugsdisziplinen der Fachbereiche? Was sind erkenntnis-
generierende Prozesse (Modi der Welterschliessung), grundlegende Ideen,
Ausdrucksweisen der dem Fachbereich zugrunde liegenden Disziplin(en)?
Was ist deren Bildungsrelevanz?
2. Was ist das Spezische am Lernen im entsprechenden Fachbereich?
3. Was ist das Spezische in der Gestaltung des Unterrichts im entsprechenden
Fachbereich?
Die Herausforderung für den hier thematisierten Zyklus besteht darin, dass die
Fachkonzepte (erkenntnisgenerierende Prozesse bzw. grundlegende Ideen des
Fachbereichs) oft auf einem Abstraktionsniveau operieren, das kaum tragfähig für
Vier- bis Achtjährige sein dürfte, und damit die Frage nach einer Adaption und
deren sach- und fachgerechter Umsetzung aufrufen. Im Studium zum Lehrberuf
des Zyklus 1 ist also zu klären, welches fachliche Niveau im Rahmen des Stu-
diums anzustreben ist und wie gleichzeitig die Frage der Plausibilisierung und
der Transformation der Konzepte sowie der erkenntnisgenerierenden Prozesse
für die Kinder der Altersstufe zu bewerkstelligen ist, ohne in der Metapher des
‚Herunterbrechens‘ Trivialisierungen vorzunehmen, in denen am Schluss ob der
‚kindgerechten‘, und ‚spielerischen‘ Vermittlung aus fachlicher Sicht gerade Fehl-
vorstellungen provoziert, statt Vorwissen und Herangehensweisen sachgerecht
modiziert werden. Im Anschluss an die Überlegungen zur Professionshochschu-
le mit zwei Praxisformationen als Referenzsystemen (vgl. Abschnitt 3.1) lassen
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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sich Prinzipien für die Gestaltung des Studiums formulieren, die die Spezik des
Studiums an einer Professionshochschule ausmachen: Statt z.B. unter der Leit idee
des „Pädagogischen Doppeldeckers“ (Wahl 2013, 291) eine weitgehende Paralle-
lisierung des didaktischen Vorgehens zwischen Hochschule und Schule zu versu-
chen und damit ‚Unterricht‘ als Form auch an der Hochschule zum Standard zu
erklären, bestünde ein Studium an einer Hochschule als spezischer Praxisforma-
tion in der studentischen Teilhabe an u.a. fachlichen Praxen, also am fachlichen
‚Mit-Tun‘ bei Expertinnen und Experten des jeweiligen Fachs. Deren Könner*in-
nenschaft bestünde aber neben der Beherrschung der fachspezischen Praktiken
und der Ermöglichung der Teilhabe daran in der Fähigkeit, die spezisch fachliche
Perspektivierung auch zu explizieren, wissend, dass keine Explikation die Reich-
haltigkeit der eigentlichen Praxis abbilden oder gar ersetzen kann. Damit wäre
eine Professionshochschule ein Ort der Explikation, sie böte aber auch die subjek-
tivierende Erfahrung der Teilnahme an unterscheidbaren fachlichen, ästhetischen
und wissenschaftlichen Praktiken als Bestimmungsmerkmal.
4.2 Ermöglichung von Kohärenz
Das im vorhergehenden Abschnitt dargestellte Prinzip der Teilnahme an einer be-
stimmten (Teil-)Praxis und der konzeptionelle Einbezug sozialisatorischer Eekte
derselben bieten einen ersten Hinweis auf ein ‚kohärenzstiftendes Prinzip‘, das an-
gesichts der Vielfalt an Studienbereichen für Lehrer*innen des Zyklus 1 besonders
bedeutsam sein könnte. Denn gerade im Hinblick auf die Konzeption eines Studi-
engangs für den Zyklus 1 ist zu klären, welche Anforderungen und Möglichkeiten
der Kohärenzstiftung es innerhalb der Studienbereiche (zwischen und innerhalb
der einzelnen Lehrveranstaltungen), zwischen den Studienbereichen (Fachdidak-
tik, Fachwissenschaft, Erziehungswissenschaft, Berufspraktische Studien) sowie
zwischen Hochschule und Professionsfeld geben kann und soll, wie die einzelnen
Studienbereiche für einen oftmals nicht nach Fachbereichen gegliederten Unter-
richt fruchtbar gemacht und wie darin die erwähnten Herausforderungen der Bil-
dung von Generalistinnen und Generalisten aufgefangen werden können.
Dressler (2013, 195) beschreibt ein solches auch für die Lehrer*innenbildung
des Zyklus 1 tragfähiges Prinzip als regelmässigen „Perspektivwechsel zwischen
Beobachtung und Teilnahme“. Dieses Prinzip besteht in der wie oben beschrie-
benen Teilnahme an einer z.B. fachlichen Praxis des Musizierens und der darauf
Bezug nehmenden Beobachtung. Analog zur neuwegschen Figur von „Distanz
und Einlassung“ (Neuweg 2011) besteht Professionalisierung für den Lehrberuf
dann im Prinzip kontinuierlichen Wechsels von sich einlassender Teilnahme an
einer Praxis und der distanzierten und distanzierenden Beobachtung derselben. In
diesem Wechselspiel werden dierente Modi der Welterschliessung einerseits ‚am
eigenen Leib erfahrbar‘ und andererseits dierenziert beschreib- und aufeinander
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beziehbar – und zwar innerhalb der Hochschule genauso wie bei der Teilnahme
an der beruichen Praxis.
Kohärenz auf einer zweiten Ebene könnte entstehen, wenn es gelänge, in der Zu-
sammenarbeit mit dem Berufsfeld ‚shared beliefs‘ zu entwickeln. Geht man davon
aus, dass die Hochschule und das Berufsfeld eigenlogisch operieren bzw. die-
renten regulativen Ideen folgen (Dewe/Ferchho/Radtke 1992, 82), bietet das
oben genannte Prinzip von Teilnahme und Beobachtung zwar ein durchgängig
tragfähiges Konzept der Bezugnahme auf jede Praxisformation und ermöglicht
(in der Beobachtung) die zunehmende Explikation der jeweiligen Rationalitäten.
Wenn sich das Verhältnis der beiden Referenzsysteme für Studierende in den je-
weiligen Relevanzsetzungen aber als inkommensurabel erweist und sich diese Re-
ferenzsysteme im Deutungsanspruch konkurrenzieren, entsteht eine Spannung
im Studium, der allein hochschulseitig nicht zu begegnen ist. Hier ist die regel-
mässige und breite Auseinandersetzung zumindest mit den Lehrpersonen zu su-
chen und zu führen, die im Auftrag der Hochschule ‚Ausbildungsverantwortung‘
übernehmen. Dass dies ein Programm ist, das im Arbeitskontext der Autorinnen
und Autoren seiner Realisierung in weiten Teilen harrt, sei angemerkt.
Ob eine auf ‚Poly-Fachlichkeit‘ und Interdisziplinarität aufbauende und in dieser
Form erst neu zu etablierende professionelle ‚Fachkultur‘ ein wesentliches Bestim-
mungsmoment von Professionalität im Elementar- und Grundschulbereich dar-
stellen kann, muss sich empirisch erweisen. Dass entsprechende Spezialistinnen
und Spezialisten benötigt werden, die in der Lage sind, Unterricht zu gestalten,
der das Erkennen von Zusammenhängen und die Bewusstmachung von Die-
renzen zwischen den Fachbereichen erlaubt, scheint hingegen unbestreitbar (Bur-
ren et al. 2018). Ziel der Hochschulsozialisation in einem generalistisch angelegten
Studiengang an einer Professionshochschule müsste demnach ein professioneller
Habitus, d.h. eine stufenspezische Fachlichkeit, sein, über den bzw. die die Ab-
solventinnen und Absolventen des Studiengangs verfügen. An Studiengänge des
Elementar- und Grundschulbereichs stellt sich unter dieser Perspektive die Frage,
wie der Professionalisierungsprozess in einem explizit angelegten Zusammenspiel
und im interdisziplinären Austausch aller Studienbereiche so gestaltet werden
könnte. Das genannte Ziel vor Augen wird im vorliegenden Band daher ein dop-
pelter Versuch unternommen: In fachlicher Hinsicht wird in Teil 2 des Bandes
unter der Überschrift „Fachliche Perspektiven auf generalistische Anforderungen“
versucht, einerseits den Kern des jeweiligen Fachbereichs zu bestimmen, um da-
mit die verschiedenen disziplinären Inhalte, Denk- und Handlungsweisen in ih-
rer Unterschiedlichkeit erkennbar zu machen. Andererseits stellen die Autorinnen
und Autoren der auf die Fachdidaktiken des Studiengangs bezogenen Beiträge
vor, wie auf dieser Grundlage Studium und Bildungsprozesse für Schüler*innen
zu gestalten sind.
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Die Bildung der Generalistinnen und Generalisten
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Die in Teil 2 überwiegend fachlich und fachdidaktisch ausgerichteten Perspek-
tiven sind notwendige Bedingungen einer ‚reektierten Poly-Fachlichkeit‘, doch
wie lassen sich diese Perspektiven im Hinblick auf den Unterricht im Zyklus 1
im Sinne einer interdisziplinären Fachsozialisation (Burren et al. 2018) schlüssig
miteinander verbinden und systematisch aufeinander beziehen? Drei mögliche
Verbindungsweisen werden in Teil 3 des Bandes ausgeführt: Transversales Unter-
richten, inklusive Bildung sowie Berufspraktische Studien. Der Band wird abge-
schlossen mit einer berufsbiographisch konnotierten Retrospektive auf die Ent-
wicklung der Lehrer*innenbildung für den Kindergarten und den Zyklus 1 und
die besonderen Herausforderungen derselben. Hier baten die Herausgebenden
die scheidende Institutsleiterin zum Gespräch.
Das übergeordete Ziel des Bandes besteht also darin, über die Studienbereiche
hinaus einen gemeinsamen bildungstheoretischen sowie didaktischen Rahmen
(Dressler 2013) zu skizzieren. Damit die Studienbereiche „untereinander bei aller
Verschiedenheit gesprächs- und kooperationsfähig sein können“ (Dressler 2013,
183), modellieren wir im Band einen Austausch darüber, „auf welche gemein-
samen Ziele im Bildungsprozess öentlicher Schulen die Fachdidaktiken gerichtet
sind“ (Dressler 2013, 183). Stellvertretend für Hochschulen, die Lehrpersonen des
Zyklus 1 ausbilden, bildet der vorliegende Band den Raum des interdisziplinären
Austauschs, in dem solche ‚shared beliefs‘ der Lehrenden der Hochschule gebildet
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