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Abstract

Philippe Wampfler plädiert für einen sinnvollen Einsatz von Sprachnachrichten. Der Lehrer und Experte für Lernen mit Neuen Medien zeigt an Beispielen auf, wie diese Form der digitalen Kommunikation Eingang finden kann in den Unterricht.
Schulblatt AG/SO · 8/2021
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Praxis
Analog – digital
Sprachnachrichten im Unterricht
Sprachnachrichten. Philippe Wampfler
plädiert für einen sinnvollen Einsatz
von Sprachnachrichten. Der Lehrer und
Experte für Lernen mit Neuen Medien
zeigt an Beispielen auf, wie diese Form
der digitalen Kommunikation Eingang
finden kann in den Unterricht.
Auf immer mehr digitalen Plattfor men ist
es möglich, Sprachnachrichten zu ver-
schicken. Assistenzsysteme von mobilen
Geräten oder Sprachsteuerung von Haus-
haltselektronik haben zu einer weiteren
Zunahme von Sprachnachr ichten gef ührt:
Gesprochene, digitale Sprachnachrichten
sind in den letzten Jahren zu einem wich-
tigen Medium geworden.
Aus diesem Grund gehören Sprachnach-
richten in die Schule. Erstens sind sie
eine sinnvolle Form der dig italen Kom-
munikation, die für schulische Zwecke
genutzt werden kann. Zweitens müssen
Kinder und Jugendliche lernen, Sprach-
nachr ichten kompetent zu nut zen. Und
drittens eröffnet sich mit Audio-Post ings
eine Lernumgebung, in der anspruchs-
volle und zeitgemässe Ler nprodukte ent-
stehen können.
Sprachnachrichten in der schulischen
Kommunikation
Sprachnachrichten sind weder Gespräche
noch Anrufe, weil sie asynchrones Abhö-
Sprachnachrichten erlauben Schülerinnen und Schülern, sich unabhängig von der teilweise mühsamen Schriftlichkeit zu äussern. Foto: AdobeStock.
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Praxis
ren und Aufnehmen zulassen. Sie werden
zwar oft in Chats geteilt, sind aber keine
schriftlichen Nachrichten, da sie von der
Stimme abhängen. Wir haben es also m it
einer hybriden Form z u tun, die Vorteile
von mündlicher und schrift licher Kom-
munikation verbinden kann.
Feedbacks und Gespräche
Dort, wo eine schr iftliche Nachricht zu
unpersönlich, ein Gespräch oder ein An-
ruf aber zu aufwändig wäre – dort sind
Sprachnachrichten das r ichtige Medium.
Zwei Beispiele können verdeutlichen, wie
Schulen im Rahmen der bereits genut zten
Infrastruktur Möglichkeiten für Kommu-
nikation mit Sprachnachrichten schaffen
können. Feedbacks auf Arbeiten von
Schüler innen und Schülern verschwinden
oft hinter der Note. Meist werden sie
schriftlich formuliert, wobei Lehrperso-
nen auch auf Formeln zurückgreifen, die
für Lernende nicht immer klar sind. Ein
Audiofeedback, also eine Rückmeldung in
Form einer Sprachnachricht, ist für Schü-
lerinnen und Schüler wirksamer. Sie er-
halten eine persönliche Rückmeldung auf
ihre A rbeit u nd werden direkt angespro-
chen. Die Lehrperson muss dennoch
nicht mit der gan zen Klasse Einzelgesprä-
che führen und nicht ei nma l etwas auf-
schreiben.
Das zweite Beispiel betriff t die andere Ge-
sprächsr ichtu ng: Wenn Schülerinnen
oder Schüler schul ische Probleme haben,
kann ein Gesprächstermin Druck und
7. - 12. Sept. 2021 im Tägi, Wettingen
Berufswelten
entdecken
Scham erzeugen. Die Möglichkeit,
Sprachnachrichten zu schicken, kann i h-
nen dabei helfen, auszudrücken, wo aus
ihrer Sicht Probleme l iegen, ohne dass sie
dafür das eigene Zimmer verlassen müs-
sen. «Schick mir doch ei ne Sprachnach-
richt» – diese auffordernde Einladung ist
eine Möglichkeit, um Gespräche unter der
Schulzimmert ür zu entlasten.
Gute Sprachnachrichten verschicken
Audiobotschaf ten sind meist in Intera ktio-
nen eingebunden: Sie sind eine Reaktion
auf eine vorherige Nachricht und verla n-
gen in der Regel nach einer Antwort. Da-
durch ergibt sich automatisch eine Stru k-
tur: Die Ein leitung besteht darin, kurz
aufzugreifen, worauf die Nachricht re-
agier t («Hallo Frau Demir, Sie haben mich
heute gefragt, warum ich die Hausaufga-
ben so oft nu r halb gemacht habe …»). Im
Hauptteil wird der Kern der Nachricht
knapp for muliert («Seit z wei Wochen bin
ich im kantonalen Basketball-Kader und
muss immer nach Zofingen fahren für
mein Training, deshalb …»). Und der
Schluss schildert eine Er wartung an das
Gegenüber («Könnten wir morgen ku rz
besprechen, ob ich einen Teil der Haus-
aufgaben jeweils übers Wochenende erle-
digen kann?»).
Neben dieser Struktur gibt es weitere Re-
geln, die i m Unterricht mit Kindern und
Jugendlichen sinnvoll diskut iert werden
können. Was sind angenehme Sprach-
nachr ichten, wan n stören sie? Wie lange
dauert eine gute Sprachnachricht, wann
sollte man sie aufteilen? Was sind No-
Gos? Falls Lehrpersonen Sprachnachrich-
ten gänzlich ablehnen, müssen Sie sich
hier ku rz bewusst machen, dass sie eine
kommun ikative Realität si nd. Sprach-
nachr ichten abzulehnen ist, wie Briefe ab-
zuleh nen: Es ä ndert nichts daran, dass
wir welche bekommen und darauf reagie-
ren müssen.
Sprachnachrichten als Lernprodukte
In jedem Fach können Lernende Sprach-
nachr ichten aufnehmen, verschicken und
auch längere Audiobeiträge produzieren –
daraus können Podcasts entstehen. Es
lohnt sich, im Unterricht immer wieder
Aufträge zu geben, deren Bestandteil eine
Sprachnachricht ist: «Mache eine Zeich-
nung, die deutl ich macht, w ie du dir dein
Traumhaus vorstellst. Erkläre in einer
kurzen Sprachnachr icht, was dir an dei-
ner Zeichnung besonders gefällt.»
Sprachnachrichten bereiten so erstens auf
eine Med ienwelt vor, in der Audio ein zu-
nehmend w ichtiger Kanal wird, und
zweitens erlauben sie Schüler innen und
Schüler n, sich unabhängig von der teil-
weise mühsamen Schrift lich keit zu äu-
ssern. Deshalb gehören Sprachnachrich-
ten ab der ersten Klasse in den Unterricht.
Philippe Wampfler, Lehrer, Fachdidaktiker,
Kulturwissenschaftler, Experte für Lernen mit
Sozialen Medien
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