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Peter Sinapius
Therapie, Kunst, Spiritualität
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Einleitung
Sie sehen hier ein Blatt aus einem Zyklus von Radierungen, die David Hockney 1961/62 in
Anlehnung an einen Radierzyklus von William Hogarth mit dem Titel „A Rake’s
Progress“ (übersetzt: Werdegang eines Wüstlings) hergestellt hat, um seine Erfahrungen in
New York festzuhalten (Baumstark & Hoffmann 2020). Die Radierung hat den Titel „The Gospel
Singing (Good People)“. Darauf zu sehen ist ein Gospel-Chor bestehend aus vier Gospel-
Sängern, auf deren Krawatten sich die Worte „God is love“ befinden. Über ihnen ist eine
Vorsängerin mit Heiligenschein abgebildet, die das Halleluja anstimmt und es in den
angedeuteten Himmel schickt. Im Vordergrund der Radierung ist Hockney selber als
Beobachter und Zeichner zu sehen.
Der Gospel-Gesang als eine besondere Form spiritueller Praxis (Rötting 2018) kann auf eine
lange Tradition zurückblicken (Doering 1999). Der Song „Oh happy day“ ist eines der
prominentesten Beispiele für die Kultur der Spirituals. Er schaffte es 1969 international in die
vordersten Plätze der Hitparaden.
In den Suchmaschinen des Internet ist er unter den Kategorien „Meditation“ und „New Age“
gelistet. Dass dieser Song so populär wurde, steht mit einer sozialen und spirituellen Bewegung
in einem Zusammenhang, die – später unter dem Namen „New Age“ bekannt (vgl. Höllinger &
Tripold 2012: 12) – sich als Gegenbewegung zu einer rationalistischen und bürgerlichen
Gesellschaft verstand und das Recht auf Selbstbestimmung und Selbstentfaltung auf ihre
Fahnen geschrieben hatte. Dazu gehörte die Liberalisierung der Sexualität ebenso wie
spirituelle und esoterische Praktiken oder alternative Lebensformen. In der Tradition dieser
Bewegung stehen holistische Therapiemethoden und Formen von Selbsterfahrung, die bis
heute in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen eine ungebrochene Popularität haben.
Die folgenden vier Merkmale lassen sich sowohl als Merkmale ästhetisch-spiritueller Praxis im
Gospel beobachten als auch als theoretisch-konzeptionelle Bestandteile therapeutischer
Praktiken:
- Das erste Merkmal ist die leibliche Erfahrung, mit der der Gospel-Song als spirituelle Praxis
verbunden ist. Sein Groove führt in das „Hier und Jetzt“ und in eine Art Tranceerleben.
Dieses Aufgehen des Erlebens in der Gegenwart hat als „Flow-Erleben“ Eingang in
Online-Vortrag an der MSH Medical School Hamburg am 06.05.2021. Der Vortrag beruht auf einem Beitrag in der
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Zeitschrift Spiritual Care: Sinapius, Peter. „The Gospel Singing (Good People)“ Spiritual Care, vol. , no. , 2021.
https://doi.org/10.1515/spircare-2021-0008
1
psychologische und philosophische Theorien der therapeutischen Praxis gefunden
(Csíkszentmihályi 2008).
- Das zweite Merkmal ist die soziale Verbundenheit, die sich in einem Gemeinschaftsgefühl
äußert, das getragen ist von Liebe oder zumindest von gegenseitiger Wertschätzung und
Akzeptanz – Begriffe, die im Zusammenhang mit psychotherapeutischen Ansätzen zu
zentralen Bezugspunkten humanistisch-psychologischer Konzeptionen geworden sind
(Rogers 1961).
- Das dritte Merkmal ist die emotionale Ergriffenheit, in der der Song vorgetragen wird, durch
die sich die beteiligten Individuen als Teil eines Großen und Ganzen erleben – ein Merkmal
ausdrucksorientierter Konzepte in Kunst und Therapie, die in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts entstanden sind (Müller & Stöckemann 1993) und in der Nachfolge der sog.
New-Age Bewegung Verbreitung fanden (Knill & Levine 2005).
- Das vierte Merkmal ist schließlich die spirituelle Verbundenheit, durch die die Beteiligten
sich mit „Höherem“ verbunden fühlen, etwas, das über das eigene Selbsterleben hinausgeht
und nicht von dieser Welt ist. In verschiedenen psychologischen Theorien der
therapeutischen Praxis – von der humanistischen Psychologie bis zur Existenzanalyse –
wurde das unter dem Begriff „Transzendenz“, mit allerdings deutlich unterschiedlichen
Akzentuierungen, konzeptualisiert (Frankl 1972; Maslow 2008).
Die Merkmale ästhetisch-spiritueller Praktiken (Schwaderer & Waldner 2020), die sich am
Beispiel des Gospels identifizieren lassen, korrespondieren mit Merkmalen alternativer
therapeutischer Praktiken und haben in der Folgezeit in psychologischen und holistischen
Theorien Eingang gefunden. Spirituelle Praktiken werden dabei nicht als Gegenstand ritueller
und religiöser Handlungen - wie im Gospel - verstanden, sondern in den Rang unhintergehbarer
Grundbedingungen menschlicher Existenz erhoben. Dazu zählt sowohl die Annahme eines
grundsätzlich schöpferischen Menschen, dessen Berufung es ist, seine individuelle
Persönlichkeit zu entfalten als auch die Annahme seiner Fähigkeit zur Transzendenz als ein
Übersteigen der sinnlich erfahrbaren Wirklichkeit, um den wahren Sinn des Daseins zu finden.
Ich möchte im Folgenden unter den Stichworten Gesundheit, Kunst und Spiritualität einen
kritischen Blick auf diese Entwicklung richten und skizzenhaft andeuten, wie die beschriebenen
Merkmale ästhetisch-spiritueller Praktiken als Spiritualisierung, Sakralisierung oder gar
Ideologisierung therapeutischer Praktiken in psychologischen Theorien ihren Niederschlag
gefunden haben, die sich als Alternative zu einer naturwissenschaftlich orientierten Medizin
verstanden.
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Stichwort Gesundheit
Wenn von Gesundheit die Rede ist, ist in irgendeiner Weise der Gegenbegriff „Krankheit“ mit im
Spiel: entweder als Negation von Gesundheit, indem Gesundheit als Abwesenheit von
Krankheit verstanden wird oder als ihr Bezugspunkt, indem sich zwischen Gesundheit und
Krankheit ein Kontinuum aufspannt, innerhalb dessen der Mensch sich bewegt (Lippke &
Renneberg 2006). Um der Gesundheit einen eigenständigen Status einzuräumen und sie nicht
nur als Abwesenheit oder als Gegenpart von Krankheit aufzufassen, wurde sie von der WHO
als „Well-being“ und ein „Zustand völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“
definiert (ebenda: 8). Selbst diese Definition kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es
kaum möglich ist, zu definieren, was Gesundheit ist (Hafen 2007: 12). Vielmehr taugt das sehr
bedeutungsoffene Konstrukt „Gesundheit“ als Platzhalter für ethische, weltanschauliche oder
spirituelle Überzeugungen, die sich mit dem körperlichen und seelischen Wohlbefinden
beschäftigen und vor allem in den letzten Jahrzehnten in unterschiedlichsten Praktiken ihren
Ausdruck gefunden haben.
Einer der politischen und soziologischen Anknüpfungspunkte jener breiten Gesundheits-
bewegung, die inzwischen vom Fitness-Studio über den Ausdruckstanz bis zur Thai-Massage
reicht und sich in den westlichen Gesellschaften fest etabliert hat, ist der Begriff
„Gesundheitsförderung“, mit dem im Rahmen der Ottawa-Charta der Weltgesundheits-
organisation (WHO) 1986 ein einschneidender Paradigmenwechsel vollzogen wurde. Durch
den Begriff Gesundheitsförderung wurde das Konzept der Pathogenese, also die Frage nach
den Entstehungsbedingungen der Krankheit, durch das Konzept der Salutogenese (Antonofsky
1997), der Frage nach den Entstehungsbedingungen von Gesundheit, abgelöst oder zumindest
ergänzt. Das hatte weitreichende Folgen für das Verständnis therapeutischer Praktiken, die
infolge dieses Paradigmenwechsels die individuelle Gesundheitsvorsorge und Leistungs-
steigerung in den Vordergrund rückten. Gesundheit galt als Recht, das allen Menschen zusteht,
aber zugleich von einzelnen Subjekten einer Gemeinschaft einzulösen war. Damit verlagerte
sich in den westlichen Gesellschaften das Gesundheitsverständnis von der Krankheits-
behandlung auf das Primat der Gesundheitsförderung, damit aber auch auf Konzepte und
Praktiken der Selbstoptimierung oder „Health Literacy“ bzw. „Gesundheitskompetenz“ (Abel &
Sommerhalder 2015).
Teil dieser Entwicklung war die Etablierung therapeutischer Verfahren, in denen sich
Spiritualität, das Streben nach Selbstverwirklichung und die Stärkung der individuellen
Gesundheitsvorsorge vereinigten. Dazu gehören psychotherapeutische Ansätze, die
bildnerische Erzeugnisse als „Bilder der Seele“ lesen (Jacobi 1997) ebenso wie ausdrucks-
orientierte Ansätze künstlerischer Therapien (Knill & Levine 2005) bei dem der Körper als
„Offenbarer der Seele“ galt. Dazu zählen auch Konzepte der Ausdrucksmalerei oder die zur
gleichen Zeit im deutschen Sprachraum sich entwickelnden Ansätze anthroposophischer
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Kunsttherapie, die ein bis in die Kunst ausstrahlendes Konzept des schöpferischen und mit den
geistigen Welten verbundenen Menschen entwarfen (Golombek et al. 2000).
Die zunehmende Verbreitung einer Kultur der individuellen Gesundheitspflege und
Selbstoptimierung wurde philosophisch kommentiert als „Therapeutisierung des
Sozialen“ (Graefe 2019: 26), als „Kolonialisierung der Lebenswelt“ (Habermas 1979: 28) oder
von dem französischen Philosophen Michel Foucault als Unterwerfung des Subjektes unter
Machtprinzipien liberaler Gesellschaften (vgl. Bröckling et al. 2000: 33).
Stichwort Kunst
Wenn es um den schöpferischen Menschen geht, der seine individuellen Ressourcen und
Potentiale zu mobilisieren versteht, geht es um Kreativität. Die Betonung der schöpferischen
Potentiale des Menschen in sozialen und individuellen Entwicklungsprozessen ist vor allem ein
Kennzeichen der Postmoderne und in der Soziologie als „Ästhetisierung des Sozialen“
charakterisiert worden (Reckwitz 2012). Dabei ist der Begriff „Kreativität“ zum Handlungs-
imperativ in den westlichen Gesellschaften aufgestiegen: Mit ihm treten Selbstverwirklichungs-
vorstellungen in den Vordergrund, durch die sich das Subjekt als unverwechselbares
Individuum begreifen soll. Selbstverwirklichung und Selbsterfahrung handeln von der Entfaltung
eines inneren Kerns der individuellen Persönlichkeit mit dem Ziel seine Potentiale zu
mobilisieren: „Kreativität“, so schreibt der Soziologe Andreas Reckwitz, „umfasst in
spätmodernen Zeiten dabei eine Dopplung von Kreativitätswunsch und Kreativitätsimperativ,
von subjektivem Begehren und sozialer Erwartung: Man will kreativ sein und soll es sein […]
Kreativität bezieht sich hier weniger auf das Herstellen von Dingen, sondern auf die Formung
des Individuums selbst.“ (Reckwitz 2012: 12)
Mit einer solchen Definition befinden wir uns in dem Geltungsbereich der humanistischen
Psychologie, die sich mit dem „Selbst“, der Entfaltung des Selbst und der Selbstverwirklichung
des Subjektes beschäftigt. Sie hat seit den 60er-Jahren die Kultur der „Selbsterschaffung“ des
Subjekts enorm befördert. Einer ihrer Begründer, Abraham Maslow (2008), hat die
Selbstverwirklichung und Transzendenz an der Spitze einer „Bedürfnispyramide“ angesiedelt,
die modellhaft die Abfolge von Lebensbedürfnissen abbildet. Selbstverwirklichung ist dabei mit
einer Haltung verbunden, durch die Individuen sich in die Lage versetzen sollen, sich nicht
zweckrational und sozial angepasst zu verhalten, sondern sich zweck- und wertfrei an den
eigenen Bedürfnissen zu orientieren und ganz in dem gegenwärtigen Sein aufzugehen – wobei
vorausgesetzt wird, dass es ein ursprüngliches Selbst gibt, dass es zu entdecken gilt.
Das Schöpferische und Kreative, das den Kern solcher therapeutischen Konzepte bildet,
verbindet sich mit Diskursen um den Kunstbegriff, der das Schöpferische zur anthropologischen
Grundvorraussetzung des Menschseins macht, wie die von Beuys formulierte Maxime „Jeder
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Mensch ist ein Künstler“. Der sich daraus ableitende Kreativitätsimperativ und die dazu
gehörigen psychologischen Konzepte der Selbsterschaffung und Selbstverwirklichung sind ein
kulturelles Produkt moderner Gesellschaften, die dem Individuum mehr und mehr die
Verpflichtung auferlegen, sich selbst zu optimieren und sein wahres Selbst zu verwirklichen.
Stichwort Spiritualität
Ein zentraler existential-ontologischer Begriff im Zusammenhang mit spirituellen
Herangehensweisen in der Therapie ist – mit Bezug auf Heidegger – die „Transzendenz“ als ein
„Übersteigen des Seienden im Ganzen auf „Welt" hin“ (Zundel & Fittkau 1989: 320). In der
Daseinsanalyse ist damit ein Übersteigen der sinnlichen Erfahrung gemeint, in der
Existenzanalyse bezeichnet er die Hingabe an eine Sache oder eine Person.
Im Zusammenhang mit künstlerisch-therapeutischen Praktiken kommt die Idee der
Transzendenz dann ins Spiel, wenn es um das sog. „Unsagbare“ und „Unaussprechliche“ geht
(Nitzschmann & Soldt 2013), das in den Künsten seine Verwirklichung finden soll. Kunst gilt
dann als Ausdruck dessen, was dem Unterbewussten angehört oder das sich dem
Unaussprechlichen verdankt. In manchen Theorien wird es als ein Übersteigen der sinnlichen
Wirklichkeit konzeptualisiert und als Grundbedingung von Erkenntnis und Selbstverwirklichung
in der Therapie geltend gemacht.
Wer in einem Gospel-Chor singt, findet darin einen Sinn, weil er an einen Gott glaubt und einer
Religionsgemeinschaft angehört. Das Gospel-Singen ist in diesem Rahmen eine kulturelle
Praxis, die einen spirituellen und religiösen Hintergrund hat und ihren Sinn in dieser Praxis
findet.
Eine therapeutische Praxis, die Gesundheit mit Konzepten der Selbstentfaltung oder
Transzendenz in Verbindung bringt, begreift das Streben nach Selbstentfaltung oder
Transzendenz als Bedingungen menschlicher Existenz. Sie geht davon aus, dass dieses
Streben zur Natur des Menschen dazugehört und unabhängig von subjektiven Glaubens-
systemen, ethischen Einstellungen oder Weltanschauungen existiert. Das Streben nach
Selbstverwirklichung wird dann als unhintergehbar, als Conditio sine qua non der menschlichen
Existenz eingestuft. Das ist aus mehreren Gründen problematisch.
Zum einen wird vorausgesetzt, dass Gesundheit und Selbstverwirklichung zusammenhängen
und dass die Bedingungen für Gesundheit in erster Linie in der individuellen Verantwortung der
Mitglieder einer Gesellschaft liegen, die von ihnen unterschiedslos erfüllt werden können.
Dieses Paradigma funktioniert zirkulär: Es verwendet einen hermetischen Gesundheitsbegriff,
der all jene ausschließt, die chronisch krank sind oder deren Dasein existentiell bedroht ist. Wer
gerade oder noch nicht einmal seine Grund- und Existenzbedürfnisse zu erfüllen vermag und so
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über die unteren Stufen der Maslowschen Bedürfnispyramide nicht hinaus gelangt, der kann
einem Gesundheitsideal nicht entsprechen, das auf Selbstverwirklichung beruht.
Zum anderen wird die therapeutische Praxis mit der Frage nach einem Sinn ausgestattet, der
sich in der Transzendenz zu etwas Höherem erfüllen soll. Sinn ist aber nicht etwas
voraussetzungslos Gegebenes. Sinn erfüllt sich in Handlungen, durch die Subjekte Situationen
des Mangels und der Aussichtslosigkeit ebenso miteinander teilen können, wie Situationen der
Entfaltung und des Wachstums. Wer dabei Halt und Orientierung in spirituellen Lebens-
konzepten findet, stellt Bedingungen her, unter denen es ihm möglich ist, in Übereinstimmung
mit ihnen zu leben. Dann wäre der Sinn nicht etwas voraussetzungslos Gegebenes, sondern
seine Voraussetzung wäre ein zu Grunde liegendes Glaubenssystem oder Welt- und
Menschenbild, das sich Menschen wählen können, um in ihrem Kontext eine Orientierung für
das eigene Leben zu finden.
Was folgt daraus?
In einer Therapie kann sich Sinn einstellen in der Art und Weise, wie die Beteiligten sich selber
und andere sehen, wie sie sich zu anderen und zu anderem in eine Beziehung bringen und in
dem Umfang, wie sie einen (kritischen) Blick auf ihre und andere Einstellungen und
Vorstellungen gewinnen (vgl. Sinapius 2010).
Eine Krankheit oder ein Leiden können nicht per se einen Sinn haben. Sie haben sowenig Sinn
wie die Sonne am Himmel oder ein Lottogewinn. Einen Sinn gewinnen sie erst im
Zusammenhang mit konkreten Situationen, in denen ethische Überzeugungen oder
Weltanschauungen sichtbar werden, innerhalb derer sich Menschen bewegen, handeln und
zueinander in Beziehung gelangen.
Der Religionsphilosoph Joachim Fischer spielt die Frage nach dem Sinn des Leidens am
Beispiel des Holocaust durch, um die Tragfähigkeit therapeutischer Konzepte zu prüfen, die
nach dem Sinn eines Leidens oder einer Krankheit fragen (Fischer 2011: 57). Der Holocaust, so
Fischer, kann für sich genommen keinen Sinn haben und ihn auch nachträglich nicht gewinnen:
„Die Frage nach dem Sinn des Holocausts ist ein zwar verständlicher, aber abgründiger
Versuch, das schlechthin Unbegreifliche in Verständlichkeit zu überführen und es in unsere
vertraute Sicht der Dinge zu integrieren.“ (ebd.) Allerdings können Handlungen auch unter
solchen Bedingungen, die „unbegreiflich“ sind, Sinn haben. So schreibt Victor Frankl: „Was ist
der Mensch? Er ist das Wesen, das immer entscheidet, was er ist. Er ist das Wesen, das die
Gaskammern erfunden hat; aber zugleich ist er das Wesen, das in die Gaskammern gegangen
ist, aufrecht und ein Gebet auf den Lippen.“ (Frankl 1977: 108)
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