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Abhandlungen Zool.-Bot. Ges. Österreich 38, 2012, 137–145
Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae)
aus einer Lawinenrinne am Tamischbachturm
im österreichischen Nationalpark Gesäuse
Wolfgang Paill, Jürgen TrauTner & Lando GeiGenmüller
Am GEO-Tag der Artenvielfalt 2010 im Nationalpark Gesäuse (Steiermark, Österreich)
wurden in einer Lawinenrinne am Südosthang des Tamischbachturms 27 Laufkäfer-
arten nachgewiesen. Mit Leistus montanus und Amara pulpani sind zwei Arten von
besonderem faunistischen Interesse. Bei dem offenbar disjunkt verbreiteten L. monta-
nus ist die intraspezische Taxonomie noch nicht ausreichend geklärt; als Beitrag zur
zukünftigen Klärung wird der Penis eines männlichen Exemplares aus dem Unter-
suchungsgebiet abgebildet. L. montanus ist ein typischer Bewohner von Block- und
Schutthalden der montanen bis alpinen Höhenstufe, während es sich bei A. pulpani um
eine Besiedlerin von mageren, trockenen Standorten handelt. Geeignete Lebensräume
dieser Arten wurden im Gebiet bislang durch die natürliche Prozessdynamik (Lawi-
nenereignisse) geschaffen bzw. gefördert.
Paill, W., TrauTn er, J. & GeiGenm üller, l., 2012: Ground beetles (Coleoptera:
Carabidae) from an avalanche corridor at the Tamischbachturm mountain in the
Gesäuse National Park, Austria.
Twenty-seven species of Carabidae were recorded during the “GEO-Day of Biodi-
versity 2010” in the Gesäuse National Park (Styria, Austria) in an southeast exposed
avalanche corridor of the Tamischbachturm mountain. From a faunistic point of view,
the records of Leistus montanus and Amara pulpani are of particular interest. The in-
traspecic taxonomy of L. montanus, a species showing a clearly disjunct distribution,
remains uncertain. As a contribution towards future clarication, the penis of a male
from the investigation area is depicted. L. montanus is a typical species of screes of
montane to alpine levels, whereas A. pulpani inhabits dry, nutrient-poor sites. Suitable
habitats for both species were created or improved by the natural dynamic processes
(avalanche events) in the area up to now.
Keywords: GEO-Tag der Artenvielfalt, Nationalpark Gesäuse, Lawinenrinne, ava-
lanche corridor, Carabidae.
Einleitung und Methode
Die Ennstaler Alpen zählen zu den laufkäferkundlich am intensivsten erforschten Ge-
birgsregionen Österreichs. Ein Großteil der historischen Daten geht auf den berühmten
Tiergeographen Herbert Franz zurück (siehe Franz 1970). Aktuelle Forschungsaktivi-
täten in dieser Region wurden überwiegend vom Erstautor im Rahmen faunistischer In-
ventarisierungen mit naturschutzfachlichen Fragestellungen durchgeführt. Die bisheri-
gen Kenntnisse zur Laufkäferfauna des Tamischbachturms, an dessen Südosthang das
Untersuchungsgebiet liegt, wurden von Paill & PabsT (2009) zusammengefasst. Dabei
erfolgte auch eine Überblicksdarstellung der lauf käferkundlichen Erforschungsgeschich-
te des Gebietes.
Die nun vorgelegten Daten stammen vom GEO-Tag der Artenvielfalt 2010 (28.5.–
29.5.2010) und wurden überwiegend von den Autoren im baumfreien Bereich einer La-
winenrinne (Kalktal) am Südosthang des Tamischbachturms in einer Höhenlage von 620
bis 700 m (Abb. 1) im Rahmen einer mehrstündigen abendlichen Begehung erhoben. Zu-
sätzliche Daten stellten dankenswerter Weise Thomas F
riess
, Herbert W
aGner
(ebenfalls
überwiegend aus baumfreien Bereichen), Christian K
omPosch
(blockverbautes Ennsufer)
sowie Peter h
oraK
(Mischwald) zur Verfügung. Sammeltechnisch standen Handfang
138 Paill W., TrauTner J. & GeiGenm üller l.
durch Wenden von Steinen und Baumstämmen sowie Durchsuchen der bodennahen Ve-
getation sowie akzessorischer Bodenfallenfang im Vordergrund.
Ergebnisse und Diskussion
Arteninventar
Basierend auf 57 gesammelten Individuen konnten 27 Laufkäferarten dokumentiert wer-
den. Sie sind in Tabelle 1 unter Anführung der Fangzahlen aufgelistet und den einzelnen
Untersuchungsräumen zugeordnet. Systematik und Reihung folgen mit wenigen Ausnah-
men müller-moTzFeld (2006).
Es wurden überwiegend weit verbreitete und ungefährdete Vertreter der heimischen Fau-
na registriert. Erwartungsgemäß fehlen trotz klimatisch günstiger Lage aufgrund der in-
neralpinen Lage Bewohner des ausgesprochenen Tieandes. Doch auch Arten der Subal-
pin- bis Alpinstufe konnten nicht gefunden werden, obgleich zeitweise Verdriftung aus
höher gelegenen Bereichen durch extreme Lawinenereignisse möglich erscheint. Ent-
sprechende kälteadaptierte Arten, auch wenn bei diesen eine solche Verdriftung auftritt,
dürften in den untersuchten Bereichen jedoch langfristig keine günstigen Überlebens-
bedingungen vornden.
Abb. 1: Baumfreie Charakteristik der Lawinenrinne am Tamischbachturm (Untersuchungsraum 2)
(Foto: W. Paill). – Fig. 1: Tree-less character formed by periodic avalanche events at the Tamisch-
bachturm (investigation area 2) (Photo: W. Paill).
Lauf käfer (Coleoptera: Carabidae) aus einer Lawinenrinne am Tamischbachturm
im öster reichischen Nationalpark Gesäuse 139
Abb. 2: Carabus intricatus, eine wärmeliebende Laubwaldart (Foto: W. Paill). – FiG. 2: Carabus
intricatus, a thermophilic species inhabiting deciduous forest (Photo: W. Paill).
Abb. 3: Bodenoffene Xerothermstellen sind Lebensraum von Cicindela sylvicola (Foto: J. TrauT-
ner). – Fig. 3: Cicindela sylvicola inhabits sparsely vegetated dry and warm habitats (Photo: J.
TrauTner).
140 Paill W., TrauTn er J. & GeiGenmü ller l.
Neben einigen unspezialisierten Arten setzt sich das Spektrum aus Waldarten (z. B. Ca-
rabus spp., Abax ovalis, Abb. 2), Waldsaumbewohnern (z. B. Harpalus marginellus),
xero- bis xerothermophilen Offenlandbewohnern (z. B. Cicindela sylvicola, Harpalus
honestus, Abb. 3) sowie Schotteruferspezialisten (z. B. Nebria spp., Bembidion tibiale,
Abb. 4) zusammen.
Im Rahmen einer im Vorfeld durchgeführten Untersuchung war Philorhizus notatus (Ste-
phens, 1827) als zusätzliche Art bereits aus dem Kalktal nachgewiesen worden (Paill
& PabsT 20 09).
Abb. 4: Nebria picicornis besiedelt Schotterbänke an Flussufern (Foto: W. Paill). – Fig. 4: Nebria
picicornis lives on gravel banks of rivers (Photo: W. Paill).
Tab. 1: Liste mit Fangzahlen der nachgewiesenen Lauf käfer. – Tab. 1: List of recorded ground bee-
tle species including number of caught individuals.
Untersuchungsraum 1 = offene Bereiche der Lawinenrinne auf 620 bis 700 m Seehöhe; Unter-
suchungsraum 2 = halboffene Bereiche der Lawinenrinne auf 500 bis 620 m Seehöhe; Untersu-
chungsraum 4 = Mischwald und blockverbautes Ufer der Enns am Fuß des Tamischbachturms in
480 bis 550 m Seehöhe.
Untersuchungsraum
Wissenschaftlicher Artname 124
Cicindela sylvicola (deJean, 1822) 1
Carabus intricatus (linné, 1761) 2
Carabus nemoralis (O.F. müller, 176 4) 2
Leistus montanus (sTePhens, 1827) 7
Nebria picicornis (Fabricius, 1801) 1
Lauf käfer (Coleoptera: Carabidae) aus einer Lawinenrinne am Tamischbachturm
im öster reichischen Nationalpark Gesäuse 141
Nebria g yllenhali (schönherr, 1806) 1
Clivina fossor (linné , 1758) 1
Trechus pilisensis csiKi, 1918 3
Tachyta nana (Gyllenhal , 1810) 2
Bembidion tibiale (duFTschmid, 1812) 1
Pterostichus burmeisteri heer, 1838 2
Pterostichus transversalis (duFTschmid, 1812) 1
Molops piceus austriacus GanGlbauer, 1889 1
Abax ovalis (duFTschmid, 1812) 2 1
Abax parallelepipedus (Piller & miTTer Pacher, 1783) 1 4
Abax parallelus (duFTschmi d, 1812) 1
Platynus scrobiculatus (Fabricius, 1801) 3
Synuchus vivalis (illiGer, 1798) 1
Amara convexior sTePhens, 1828 3
Amara curta deJean, 1828 1
Amara nitida sTur m, 1825 1
Amara pulpani KulT, 1949 1
Trichotichnus laevicollis (duFTschmid, 1812) 1 1
Harpalus atratus laTreille, 1804 312
Harpalus honestus (du FTschmid, 1812) 1
Harpalus marginellus Gyllenhal, 1827 2 1
Lebia chlorocephala (J.J. hoFFman n et al., 1803) 1
Faunistische Besonderheiten
Trotz des geringen Sammelaufwandes und des sehr eingeschränkten jahreszeitlichen Be-
arbeitungsfensters konnten im Gebiet zwei sowohl faunistisch wie auch naturschutzfach-
lich bedeutende Arten festgestellt werden. Grundlage für deren Vorkommen (s. u.) und
Fortbestand ist die natürliche Prozessdynamik des Standortes, welche die baumfreien,
bodenoffenen Verhältnisse des durch Katastrophenereignisse (Lawinen) bedingten und
geprägten Sukzessionsstadiums ermöglicht.
Leistus montanus (STePhenS, 1827) – Pechbrauner Bartläufer
Gesammeltes Material (in coll. Paill und coll. TrauTner): 5 ♂, 2 ♀, davon immatur: 3 ♂,
2 ♀.
Leistus montanus (Abb. 5) ist ein west-zentraleuropäisches Faunenelement, das von Ir-
land, Großbritannien und Nordspanien im Westen bis in die Ukraine im Osten verbreitet
ist. Die Vorkommen sind ausgesprochen disjunkt und gaben Anlass, das Taxon in meh-
rere Unterarten zu gliedern, deren taxonomischer Status jedoch nicht ausreichend ge-
klärt ist (a
ssmann
2006). So ist eine sichere Bestimmung unseres Materials mit Hilfe des
Schlüssels von Farkač & Fassati (1999) nicht möglich, obwohl Tiere aus den Ostalpen
in der Literatur übereinstimmend der Unterart rhaeticus Heer, 1837 zugeordnet werden
(z. B. assman n 2006). Als Beitrag zur zukünftigen Klärung der intraspezischen Taxo-
nomie wird der Penis eines männlichen Exemplares aus dem Kalktal abgebildet (Abb. 6).
Unklarheit besteht offenbar auch hinsichtlich der Ausbildung der häutigen Hinterügel
(vgl. FriTze & hanniG 2010). Da dieses Merkmal sowohl von taxonomischer Bedeutung
sein kann, als auch Schlüsse über die Ausbreitungsfähigkeit der Art erlaubt, wurden Ver-
142 Paill W., TrauTner J. & GeiGe nmülle r l.
messungen an einem Teil des aufgesammelten Materials durchgeführt (3 MM, 1 W). Die
dabei festgestellten Maße sind relativ konstant und zeigen 1,2-fache Länge (+/- 0,05) und
1,4-fache Breite (+/- 0,1) in Relation zu den sklerotisierten Elytren (vermessen wurden
jeweils die maximalen Längen bzw. Breiten). Sie bestätigen die von Farkač & Fassati
(1999) für drei neu beschriebene Unterarten dokumentierte makroptere Merkmalsaus-
prägung und liegen in ähnlichen Dimensionen, zumindest hinsichtlich der von den Au-
toren angegebenen relativen Flügelbreiten. Regelmäßig iegende Laufkäfer weisen meist
relative Flügellängen von über 1,3 auf, und gute Flieger zeigen Werte von über 1,5 (vgl.
z. B. drioli 1987). Auch die ermittelten relativen Flügelächen liegen – mit Werten zwi-
schen 1,5 und 2,0 – unterhalb jener in Fensterfallen gefangener Individuen zahlreicher
untersuchter Laufkäferarten (vgl. den boer et al. 1980). Im Hinblick auf eine potenziel-
le Flugfähigkeit spielt bei Laufkäfern zudem die Ausbildung der Flugmuskulatur eine
Rolle. Diese wurde im vorliegenden Fall nicht untersucht.
Dennoch kann bereits auf Basis der Flügelausbildung (s. o.) und der Tatsache, dass kein
einziger direkter oder indirekter Flugnachweis von Leistus montanus in der Literatur
dokumentiert ist, unterstellt werden, dass die Population des Untersuchungsgebietes
aus (zumindest weitgehend) ugunfähigen Individuen besteht und damit ausbreitungs-
schwach ist. Dies nährt die Hypothese, dass die diskontinuierliche Verbreitung von Leis-
tus montanus als Abbild isolierter, reliktärer Populationen zu interpretieren ist.
Als Lebensraum nutzt Leistus montanus überwiegend Block- und Schutthalden von der
montanen bis in die alpine Höhenstufe. Viele in der Literatur dokumentierte Beobach-
tungen (z. B. FriTze & hanniG 2010) weisen darauf hin, dass relativ kühle und feuchte
Kleinbiotope, die in trockenwarme Makro-Biotope eingebettet sind, bevorzugt besiedelt
werden. Auch der eigene – im Vergleich zu vielen bekannten relativ individuenreiche –
Fund stammt aus einer Karbonat-Regschutthalde (Abb. 7), die aufgrund ihrer Tiefgrün-
Abb. 5: Leistus montanus aus dem Kalktal/Tamischbachturm (Foto: W. Paill). – Fig. 5: Leistus
montanus from Kalktal/Tamischbachturm (Photo: W. Paill).
Lauf käfer (Coleoptera: Carabidae) aus einer Lawinenrinne am Tamischbachturm
im öster reichischen Nationalpark Gesäuse 143
digkeit und dem hohen Anteil an wasserspeicherfähigem Feinmaterial einen deutlichen
kleinklimatischen Gradienten zum umgebenen Xerothermbiotop bildet.
Hinsichtlich phänologischer Parameter besteht ebenfalls gute Übereinstimmung der
eigenen mit den in der Literatur dokumentierten Daten. Dies betrifft zum einen das
Aktivitätsmaximum, welches von FriTze & hanniG (2010) basierend auf deutschem
Sammlungsmaterial für den Monat Juni angegeben wird. Zum anderen decken sich
Abb. 6: Äußere Form und
Innensackstrukturen des
Penis eines männlichen
Leistus montanus aus
dem Kalktal/Tamisch-
bachturm (Maßstabsbal-
ken = 0,5 mm). – Fig. 6:
Penis outer shape and in-
ternal structures from a
male Leistus montanus
caught in the Kalktal/
Tamischbachturm (scale
bar = 0.5 mm).
Abb. 7: Karbonat-Regschutthalde im Kalktal/Tamischbachturm als Lebensraum von Leistus mon-
tanus (Foto: W. Paill). – Fig. 7: Dynamic scree as habitat of Leistus montanus in the Kalktal/Ta-
mischbachturm (Photo: W. Paill).
144 Paill W., TrauTn er J. & GeiGenmü ller l.
auch die Erscheinungszeiträume immaturer, d. h. frisch geschlüpfter und nicht gänz-
lich ausgehärteter Individuen. Dies lässt auf Überwinterung im Larvalstadium schlie-
ßen.
Wie im gesamten Areal zeigt Leistus montanus auch innerhalb Österreichs eine diskonti-
nuierliche Verbreitung. Der Schwerpunkt liegt in den Tiroler Zentralalpen, wo eine Reihe
historisch dokumentierter und aktueller Vorkommen besteht (z. B. heiss 1971, Wörndle
1950, Paill unpubl.), während aus dem östlichen Teil der Ostalpen nur sehr vereinzelte
und überwiegend alte Funde vorliegen. Steirische Nachweise wurden vom Zirbitzkogel
in den Seetaler Alpen, von Bösenstein und Stein am Mandl in den Rottenmanner Tauern,
vom Hochreichhart in den Seckauer Alpen (jeweils Zentralalpen) sowie von Sarstein und
Angerkogel im Toten Gebirge und von Schneealpe und Rax in den Mürzsteger Alpen (je-
weils Nordalpen) publiziert (zusammengefasst in Franz 1970). Ein bislang unveröffent-
lichtes Vorkommen vom Erzberg in den Eisenerzer Alpen (Nordalpen) wird ergänzend
mitgeteilt (1 W, 12.10.2000, 47°31´N, 14°55´E, ca. 1000 m, nordexponierte Bergwerks-
Blockhalde, Handfang, leg. C. KomPosch, det. & coll. Paill). Aus den Ennstaler Alpen
wird Leistus montanus hiermit erstmals gemeldet.
Amara pulpani KulT, 1949 – Pulpans Kamelläufer
Gesammeltes Material (in coll. Paill): 1 ♀
Das Verbreitungsgebiet von Amara pulpani ist noch unzureichend bekannt. Nach derzei-
tigem Kenntnisstand kann jedoch von einem zentral-südosteuropäischen Faunenelement
ausgegangen werden (Paill 2003). Das erst Mitte des 20. Jahrhunderts beschriebene Ta-
xon wurde lange Zeit widersprüchlich interpretiert, war von einigen Autoren mit Amara
communis synonymisiert (z. B. h
ieKe
1995), von anderen jedoch als distinkte Art geführt
worden (z. B. Hůrka & růžikova 1999), bis Paill (2003) den Artstatus anhand umfang-
reichen Materials untermauern konnte. Die Bedeutung der dabei als differenzialdiagnos-
tische Merkmale klassizierten relativen Maße der häutigen Hinterügel kann anhand
des aktuell gefundenen Exemplares bestätigt werden. So entsprechen der Quotient aus
Flügelbreite und Flügeldeckenbreite mit einem Wert von 1,2 und der Quotient aus Flü-
gellänge und Flügeldeckenlänge mit einem Wert von 1,0 exakt den von Paill (2003) und
Paill & holzer (2003) ermittelten Merkmalsausprägungen. Darauf basierend wird ver-
mutet, dass die Art (zumindest in den Ostalpen) keine Flugfähigkeit besitzt und daher
nur sehr beschränkt ausbreitungsfähig ist.
Hinsichtlich der Lebensraumumstände des Fundes aus dem Kalktal, der in einem von
Felsen durchsetzten Magerrasen erfolgte, besteht gute Übereinstimmung mit dem bis-
her im zentralen Mitteleuropa dokumentierten ökologischen Verhalten der Art. So bevor-
zugt Amara pulpani trockenwarme, skelettbodenreiche Standorte mit hohem Anteil an
vegetationsfreien Stellen, kann jedoch in recht unterschiedlichen Makro-Lebensräumen
wie Magerrasen, Schutthalden, Waldsteppen oder an Waldrändern vorkommen. Liegt
der Schwerpunkt der Vertikalverbreitung in der montan-subalpinen Stufe, so wurde die
Art zuletzt auch auf einem Dünenstandort an der ostdeutschen Küste gefunden (schmidT
2004).
Aus der Steiermark lagen bisher lediglich zwei Funde von Amara pulpani vor, vom
Kamm des Remschnigg bei Arnfels und aus Schönauberg bei Pöllau (Paill & holzer
2003); der nunmehr dokumentierte Fund ist der dritte Nachweis für das Bundesland.
Lauf käfer (Coleoptera: Carabidae) aus einer Lawinenrinne am Tamischbachturm
im öster reichischen Nationalpark Gesäuse 145
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Anschrift:
Mag. Wolfgang Paill, Universalmuseum Joanneum, Studienzentrum Naturkun-
de, Abteilung Zoologie, Weinzöttlstraße 16, A-8045 Graz. E-Mail: wolfgang.paill@
museum-joanneum.at bzw. Ökoteam – Institut für Tierökologie und Naturraumplanung,
Bergmanngasse 22, A-8010 Graz.
Jürgen TrauTner, Lando GeiGenmüller, Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung,
Johann-Strauß-Straße 22, D-70794 Filderstadt. E-Mail: info@tieroekologie.de.