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Den Wandel mitgestalten: das digitale Profil einer Schule

Authors:
Schütte, Online-PR in der Schule, 1. Auflage 2020
Autor: Wampfler
Titel: Online-PR in der Schule Herausgeber: Schütte
Auflage: 1. Auflage 2020 Autor: Wampfler
Abschnitt: Teil I: Die Grundlagen der
Online- PR- Arbeit in Schulen
(1) »Wenn pünktliches Erscheinen ein Indikator für Lernbereitschaft ist,
gehen die Schüler der Alemannenschule Wutöschingen glatt als
superwillig durch.«
(2)
4. Den Wandel mitgestalten: das digitale Profil einer Schule
4.1 Profile von Schulen und ihre digitale Ausprägung
4.2 Prinzipien der Öffentlichkeitsarbeit 2.0
4.3 Welche Kanäle sollte eine Schule im Netz bespielen – und wie?
Die Website als Basis
Weitere Profile
Wie betreibt eine Schule attraktive Profile?
4.4 Entwicklungsaufgaben einer digital präsenten Schule
Mit dem Leitmedienwechsel vom Buch zum Netz ist die Frage verbunden, wie
Schulen digital Öffentlichkeitsarbeit leisten können. Da sich das statische Internet
zum interaktiven Web 2.0 gewandelt hat, reicht eine Website mittlerweile nicht mehr
aus, um online wahrgenommen zu werden. Entscheidend für einen glaubwürdigen
Auftritt auf digitalen Plattformen ist für Schulen ihre Bereitschaft, kommunikative
Kontrolle abzugeben und agil zu werden.
4.1 Profile von Schulen und ihre digitale Ausprägung
Im Januar 2020 hat das Wirtschaftsmagazin brand eins die Alemannenschule
Wutöschingen porträtiert. Die Dorfschule war 2009 von der Schließung bedroht. Der
Schulleiter, Stefan Ruppaner, hat zusammen mit den politisch Verantwortlichen des
Dorfes sowie dem Bildungsberater Peter Fratton die Schule neu ausgerichtet. 2019
wurden diesen Anstrengungen mit dem Deutschen Schulpreis belohnt.
Im Magazin-Text von Harald Willenbrock (2020) wird deutlich, worin das Profil der
Schule besteht. Fünf kurze Zitate aus dem Text können das verdeutlichen:
»Der Neubau erinnert an einen modernen Campus mit Mensa, Meeting-
räumen und Bibliothek, in der allerdings komplett die Bücher fehlen. Die
braucht hier keiner. Die 650 Schüler und 70 Lehrer nutzen vielmehr
iPads und eine digitale Lernplattform.«
(3) »Bestnoten gibt es hingegen für das Wutöschinger Experiment. 2019
wurde die Dorfschule mit dem ›Deutschen Schulpreis‹ als eine der
besten Lehranstalten hierzulande ausgezeichnet. ›In Wutöschingen ist
ein öffentlich wahrnehmbarer Lernraum entstanden [...]‹, heißt es in der
Begründung der Robert Bosch Stiftung.«
(4) »Auf [dem] Bildschirm [des Rektors] ist jetzt eine Präsentation mit Fotos
von üppig gedeckten Tischen und Kleinkindern zu sehen, die sich
widerwillig füttern lassen. ›So funktioniert klassisches Lernen: Die
Schüler müssen auslöffeln, was man ihnen als Standardmenü vorsetzt.‹
Ein paar Klicks weiter sieht man ein Büfett mit unterschiedlichsten
Speisen. ›Das ist unser Ansatz: Wir eröffnen das Büfett und definieren
die Tischmanieren, aber essen muss natürlich jeder selbst. Es muss
auch jeder Lernpartner selbst dafür sorgen, sich das Essen so
zuzubereiten, dass es ihm schmeckt.‹«
(5) »Aus dem einstigen Sorgenkind ist so ein echter Anziehungspunkt
geworden. Längst kann die Alemannenschule nicht mehr alle Kinder
einschulen, die gern aufgenommen werden wollen; mehr als ein
Dutzend Familien sind in den vergangenen Jahren extra hergezogen,
um als Ortsansässige ihre Chancen bei der Schulplatzvergabe zu
erhöhen.«
Aus diesen Zitaten lässt sich ableiten, woraus sich das Profil der Alemannenschule
Wutöschingen zusammensetzt: Erstens aus bewussten Entscheidungen der
Schulleitung und des Schulträgers, die in (2) an der Architektur und an der
Lernplattform festgemacht werden können sowie in (5) an der Zuteilung der
Schülerinnen und Schüler. Generell gehört zu diesen Entscheidungen das Angebot
der Schule, ihre Gestaltung sowie die Menschen, welche das Schulleben prägen
(Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, andere Angestellte).
Ein Teil dieses Angebots, der nicht direkt auf politische Entscheidungen, sondern
eher auf Schulführung zurückgeht, ist zweitens die Schulkultur, die in (1) und (4)
sichtbar wird.
Drittens trägt die Kommunikation der Schule und ihrer Verantwortlichen zu dieser
Schulkultur und allgemein zum Profil bei. Mit den Bildern, die der Rektor in (4)
verwendet, um die Kultur der Schule zu beschreiben, gestaltet er nicht nur bewusst
eine Kultur, sondern vermag sie auch anschaulich zu vermitteln.
Viertens wird das Profil von der öffentlichen Wahrnehmung geprägt. Das wird in (3)
und (5) sichtbar, aber auch durch das Porträt an sich: Die Schule wird
ausgezeichnet und über ihr Dorf hinaus wahrgenommen.
Mit anderen Worten: Das Profil entsteht aus der Corporate Identity und zwar im
Zusammenspiel mit dem Selbstverständnis der Schule, das ihr die verantwortlichen
und bewusst handelnden Personen geben (Schulleitung, Schulträger, Lehrkräfte)
und der Wahrnehmung der Öffentlichkeit (Schülerinnen und Schüler, Eltern,
Gemeinde oder Quartier). Wenn also der Schulleiter behauptet, die Schule würde
ein »Büfett« eröffnen, an dem die Schülerinnen und Schüler selbstbestimmt lernen
könnten, dann muss dieser Eindruck auch von außen bestätigt werden.
Ursula Nold (2016, S. 137) hat der Corporate Identity drei Bereiche zugeordnet, in
denen sie sich manifestiert und aus denen sie auch abgeleitet wird:
Kommunikation, Kultur und Design. Während Nold unter Design lediglich »die
visuelle Erscheinung« versteht, dürfte mit einem umfassenderen Designbegriff
darunter alles subsumiert werden, was mit der Gestaltung der Schule
zusammenhängt: Also auch das Fächerangebot, nebenschulische Aktivitäten etc.
Abb. 1: Corporate Identity nach Nold (2016, S. 137)
Das Schulprofil entsteht also zusammengefasst aus der Gestaltung oder dem
Design der Schule, der Kommunikation und der Schulkultur und zwar in einem
Aushandlungsprozess zwischen dem Selbstverständnis der Schule und der
öffentlichen Wahrnehmung.
Die digitale Transformation oder der Leitmedienwechsel hat dazu geführt, dass
wichtige Informationen primär online publiziert werden. Was relevant ist, steht im
Netz. Menschen orientieren sich zunächst an digital publizierten Informationen. Das
Leitmedium Netz, als miteinander verlinkte Texte, hat sich nach 2000 gewandelt: An
die Stelle statischer Websites sind dynamische Feeds getreten, die auf digitalen
Plattformen interaktiv gefüllt werden.
Am Beispiel der Alemannenschule lässt sich das gut zeigen: Die Schule pflegt unter
www.alemannenschule-wutoeschingen.de (http://www.alemannenschule-
wutoeschingen.de) eine Webpräsenz. Dort finden sich Kontaktinformationen wie E-
Mail-Adressen oder Telefonnummern und für Schülerinnen und Schüler oder Eltern
relevante Informationen wie Ferienpläne oder Anleitungen. Auf der Webpräsenz
sind aber auch Konzepte wie etwa das Leitbild (Abb. 2) publiziert.
Abb. 2: Leitbild der Alemannenschule Wutöschingen auf der Website (Stand
20. Januar 2020)
Eine Website ist geeignet, um das Selbstverständnis der Schule oder die
Vorstellungen der Verantwortlichen zur Schule auszudrücken. Die
Alemannenschule betreibt aber weitere Profile: Unter dem Menüpunkt »Blog« ist
eine dynamische Unterseite abrufbar, auf der das Schulleben mit Blogbeiträgen
dokumentiert wird. Auch auf Instagram betreibt die Schule seit September 2019 ein
Profil (@alemannenschulewutoeschingen), auf dem Eindrücke von Schulaktivitäten
sowie Medienberichte geteilt werden. Blog und Instagram zeigen, wie
Selbstdarstellung und Fremdwahrnehmung im Netz verschmelzen: Die Schule teilt
oft Medienbeiträge, in denen sie vorkommt. Sie kommuniziert ihr Image über
Einschätzung von außen, gleicht ihre Arbeit und Wirkung mit Perspektiven von
außen ab.
Auf Instagram lässt sich nun noch eine weitere Eigenschaft des Web 2.0
beobachten: Die Schule kann ihr Profil auf digitalen Plattformen nicht bestimmen,
es kommt zu einem Kontrollverlust. Ein Beispiel zeigt Abb. 3: Ein Maler-
Unternehmen hat ein Video veröffentlicht, in dem zwei Mitarbeiter das neue Logo
der Schule anbringen. Mit Emojis und einem Kommentar lobt das Unternehmen die
Schulumgebung und bedankt sich für den Auftrag. Die Schule lobt mit ihrem
offiziellen Instagram-Account ein halbes Jahr später die ausgeführte Arbeit.
Das Profil des Malers verbindet den Beitrag mit dem Hashtag #alemannenschule
und der Geolokalisierung der Alemannenschule. Unter dem Hashtag und dem
Karteneintrag finden sich weitere Instagram-Beiträge, welche mit der Schule
verbunden sind.
Abb. 3: Instagram-Video des Malers Michael Schmidt, Juni 2019.
So entsteht ein digitales Profil der Schule, das die Corporate Communication nur
teilweise prägt. Sie wird durch andere Beiträge ergänzt, die aber mittelbar und
unmittelbar von der Schulkultur und dem Corporate Design beeinflusst sind: Das
(1) Aufmerksamkeit kostet – Geld oder Aufwand
Will eine Schule im Netz eine relevante Zielgruppe erreichen, so muss
sie dafür entweder Geld ausgeben oder einen hohen Aufwand
betreiben. Plattformen wie Facebook oder Instagram zeigen Beiträge
nur dann einem breiten Publikum an, wenn sie dafür Geld erhalten. Wer
Reichweite ohne erkauften Raum erzeugen will, muss das mit Beiträgen
tun, die Menschen ansprechen, die sie teilen und mit ihrer persönlichen
Darstellung im Netz verbinden wollen. Eine Einladung zu einem Tag der
offenen Tür muss also so gestaltet sein, dass im Netz nicht nur die
Information ankommt, sondern eine clevere Idee bestaunt oder eine
besondere Ästhetik wahrgenommen werden kann.
(2) Rauer Content wirkt stärker als glatter
Malergeschäft zeigt mit dem Logo ein Kernelement des Corporate Design und der
gegenseitige Dank bringt eine Kultur der Wertschätzung zum Ausdruck, die für
weitere Kooperationen bedeutsam werden könnte.
Sind Schulprofile (oder die Corporate Identity einer Schule) schon immer in der
Wechselwirkung zwischen Kultur, Kommunikation und Selbstverständnis
entstanden, so bietet das Netz Möglichkeiten, die Außenwahrnehmung dieses
Zusammenspiels sichtbar zu machen. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass es
auch aussagekräftig ist, wenn eine Schule auf Instagram beispielsweise nicht zu
finden ist: Das bedeutet 2020, dass weder Eltern noch Schülerinnen und Schüler
mit der Schule etwas verbinden, was sie ihren Kontakten mitteilen möchten.
4.2 Prinzipien der Öffentlichkeitsarbeit 2.0
Aus den Ausführungen des vorherigen Abschnitts lässt sich der Schluss ableiten,
dass eine bewusst gestaltete digitale Präsenz zu den Kommunikationsaufgaben
jeder Schule gehört. Der folgende Abschnitt stellt einige Prinzipien vor, welche
diese Arbeit prägen, während der übernächste konkrete Empfehlungen abgibt,
welche Kanäle eine Schule betreiben sollte.
Die kurz umrissenen Prinzipien der unten stehenden Liste leiten sich aus
praktischen Tipps und philosophischen Überlegungen zu dem ab, was Georg
Franck »Aufmerksamkeitsökonomie« genannt hat: Im Netz ist Aufmerksamkeit eine
beschränkte Ressource. Verschiedene Angebote treten diesbezüglich in eine
Konkurrenz. Aufmerksamkeit kann – meist durch eine Verbindung mit Werbung – in
vielen Fällen monetarisiert werden, hat also in der Privatwirtschaft auch eine
ökonomische Bedeutung.
Influencerinnen und Influencer, also Social-Media-Profile, welche
Aufmerksamkeit im Netz erzeugen und vermarkten können, bauen oft
bewusst Fehler in ihre Publikationen ein oder behaupten Dinge, von
denen sie wissen, dass sie Widerspruch oder Korrekturen erzeugen
werden. Diese Methode steigert das »Engagement«, also die Intensität
der Reaktionen. Dadurch werden Beiträge und Profil breiter sichtbar, die
Reichweite steigt. Verallgemeinert heißt das, nicht perfekte, makellose
Darstellungen zu produzieren, sondern auch Unfertiges ins Netz zu
stellen, um es in Zusammenarbeit mit einem Publikum zu verbessern.
Das ist für Schulen sicher schwierig, aber lässt sich etwa im Umgang
mit Corporate Design nutzen: Entwickelt eine Schule ein neues Logo,
dann könnte sie im Netz das fertige Produkt vorstellen. Oder in einer
Serie Entwürfe präsentieren und die Mitlesenden einladen, Feedback zu
geben und Verbesserungsvorschläge einzureichen. Die zweite Variante
passt besser zur Netzkommunikation als die erste.
(3) Kontrollverlust und Filtersouveränität
Das Netz hat viele Publikationsschwellen abgebaut oder reduziert. In
bestimmten Twitter-Kreisen hat sich etwa der Trend herausgebildet, aus
Elternabenden witzige Mitteilungen über deren Verläufe zu verschicken
(der Hashtag #elternabend verschafft einen Einblick). Es ist für Eltern
also möglich, mit ihrer Perspektive auf einen Elternabend ein Publikum
zu erreichen. Aus der Sicht der Schule ist damit ein Kontrollverlust
verbunden: Wie schulische Kommunikation oder Öffentlichkeitsarbeit
ankommt, kann nicht kontrolliert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob
die Schule digitale oder analoge Kanäle benutzt: Schülerinnen und
Schüler, Eltern oder andere Interessierte können mit einem Smartphone
jedes Dokument schnell digitalisieren, verändern und verbreiten. Was
Produzierende als Verlust der Kontrolle über Wahrnehmung und
Verbreitung ihrer Darstellungen erleben, erlaubt es den Rezipierenden,
Filter zu setzen: Sie können mit digitalen Mitteln entscheiden, wie und
was sie wahrnehmen wollen. Filter können (beispielsweise auf sozialen
Netzwerken) nicht nur Beiträge mit bestimmten Eigenschaften oder
Schlagwörtern ausblenden, sondern auch gezielt verändern, was
gesehen oder geteilt wird. Informationen bewegen sich so in einem
digitalen Ökosystem, in dem sie eine Form von Evolution durchlaufen:
Variation und Selektion über die Filter von Userinnen und User.
(4) Influencer-Marketing
Klassisches Marketing geht von Marken aus, die beispielsweise
Werbung kreieren und publizieren lassen. In den letzten Jahren hat sich
im Netz immer stärker die Idee von Influencer-Marketing durchgesetzt.
Gemeint ist damit die Vorstellung, dass Profile, welche einen Einfluss
auf die Meinungsbildung ausüben können, das Image einer Marke
direkter verbessern können als offizielle Kanäle. Auf Schulprofile
übertragen heißt das, dass sie von Influencerinnen und Influencern
stärker geprägt werden als durch offizielle Kanäle. Jede Lehrkraft ist
eine eigene Marke im Schulhaus, aber auch im Netz. Aus Sicht des
Marketings sind Lehrerinnen und Lehrer in einem herausragenden
Maße wirksam in der Profilbildung: Ihre Interaktionen mit Klassen und
Eltern prägen das Bild einer Schule im Netz wie auch im
Schulgebäude. Das Instagram-Beispiel der Alemannenschule zeigt
darüber hinaus, dass über den Ort und bestimmte Hashtags
insbesondere Schülerinnen und Schüler, aber auch Gäste der Schule,
Eltern und andere Bezugspersonen die digitale Kommunikation
mittragen, ohne einen offiziellen Auftrag dafür zu haben. Eine Schule
sollte also Anreize bieten, damit Menschen in ihren Profilen die Schule
positiv darstellen. Das bedeutet, Anlässe und Publikationen unter
diesem Aspekt vorzubereiten; das heißt Gelegenheiten zu bieten,
attraktive Inhalte verbreiten zu können. Gleichzeitig sollte jede Schule
Influencerinnen und Influencer identifizieren und sie als Community
pflegen.
(5) Interaktivität und Community-Pflege
Digitale Plattformen bestehen zu einem großen Teil aus Interaktionen,
also einer Form von schriftlichen Gesprächen. Wer im Netz ein
wirksames Profil aufbauen will, muss sich an diesen Gesprächen
beteiligen: Fragen stellen, auf Rückmeldungen antworten, Hilfe
anbieten. Dadurch entstehen Beziehungsnetzwerke, die zu einer
Community werden können, zu einer Gemeinschaft, die sich über
besondere Themen digital austauscht. Eine Schule könnte
beispielsweise eine Plattform anbieten, auf der sich ehemalige
Schülerinnen und Schüler unkompliziert für Klassentreffen verabreden
können. Begleitet die Schule verschiedene Communities, die mit der
Schule verbunden sind, ist das eine wirksame Maßnahme, um die
Außenwirkung positiv beeinflussen zu können.
(6) Authentizität
Das Ideal zeitgemäßer Social-Media-Kommunikation ist Echtheit: Die
Zeiten, in denen eine Fassade errichtet wurde, die mit der Realität nicht
übereinstimmt, sind vorbei. Benutzerinnen und Benutzer wissen, wie
einfach es ist, eine digitale Schokoladenseite vorzuzeigen. Gesucht sind
Verfahren, um professionell zu wirken, gleichwohl aber einen Blick
hinter die Bühne zuzulassen. Einige Schulen beteiligen deshalb
Schülerinnen und Schüler an der Öffentlichkeitsarbeit oder zeigen auf
ihren Profilen Ergebnisse von Arbeitsgruppen oder Projektwochen.
4.3 Welche Kanäle sollte eine Schule im Netz bespielen – und wie?
Öffentlichkeitsarbeit ist für Schulen unterschiedlich wichtig. Die Verwaltung und
Entwicklung einiger Schulen dürften nur minimal mit der externen Kommunikation
und dem Image in der Öffentlichkeit verbunden sein, während andere Schulen
direkt von Öffentlichkeitsarbeit abhängig sind. Entsprechend adaptiv müssen
Strategien und Empfehlungen für das Betreiben von Kanälen oder Profilen auf
digitalen Plattformen ausfallen.
Limitierender Faktor ist an vielen Schulen die zur Verfügung stehende Zeit für die
Betreuung eines Kanals. Ein attraktives Profil aufzubauen und zu pflegen, erfordert
viel Zeit, verteilt auf folgende Aufgaben:
Erstellen eines Redaktionsplans, der festlegt, wer wann welche Beiträge
veröffentlicht. Allgemein: Kommunikation und Abstimmung im Team, das einen
Kanal betreut.
Verfassen oder herstellen von attraktiven Inhalten, überarbeiten und
redigieren.
Interaktion auf dem Profil: beantworten von Kommentaren, reagieren auf
Erwähnungen etc.
Vernetzung mit anderen Profilen, insbesondere mit Communities und der
Zielgruppe.
Inspiration auf anderen Profilen suchen; Monitoring betreiben, um zu sehen,
wie die Schule oder für sie wichtige Themen im Netz diskutiert werden.
Sicherheit in Bezug auf rechtliche Fragen erwerben und behalten.
Wer diese Aufgaben mit der Vorstellung angeht, Teile klassischer Elternbriefe
einfach auf unterschiedlichen Kanälen zu verbreiten, blendet aus, welche Wirkung
das hat: Erstens wird allen, die mit den Gepflogenheiten auf einer Plattform vertraut
(1) Wie viel Zeit und Energie kann eine Schule in die Arbeit hinter dem
Kanal investieren?
(2) Welche Ziele sollen mit dem Kanal erreicht werden?
(3) Welche Erwartungen hat die mit den Zielen verbundene Zielgruppe in
Bezug auf Social-Media-Kommunikation?
(4)
sind, klar, dass die Schule den nötigen Aufwand dafür nicht zu leisten bereit ist.
Zweitens werden entsprechende Beiträge kaum geeignet sein, die gesetzten Ziele
zu erreichen. Eine reine Informationsstrategie taugt für eine Schule genauso wenig
wie eine Community-Strategie, welche eine Gemeinschaft animiert, selbst Inhalte
zu produzieren. Der Mittelweg heißt Interaktionsstrategie: Ein schulisches Profil
sollte darauf hin ausgerichtet sein, Interaktionen mit Zielgruppen zu ermöglichen.
Das bedeutet beispielsweise, Zeitungsartikel mit relevanten Themen zu teilen, eine
Diskussion dazu anzuregen, die Perspektive der Schule auf diese Themen
vorzustellen und Feedback einzuholen.
Die dabei adressierten Zielgruppen sind nicht extrem unterschiedlich, meist richten
sich Schulen an ähnliche Gruppierungen:
Eltern von Schülerinnen und Schülern
zukünftige Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern
ehemalige Schülerinnen und Schüler, die sich mit der Schule identifizieren
eine Öffentlichkeit, die in der Umgebung der Schule lebt und sich für ihre
Aktivitäten interessiert
die bildungspolitisch für die Schule verantwortlichen Personen.
Damit ist neben den zeitlichen Ressourcen eine zweite wichtige Dimension für die
Wahl der Strategie oder der Kanäle genannt: Die Ziele, die mit einem digitalen
Kanal erreicht werden sollen, sind für eine Auswahl ebenfalls entscheidend. Wer
zum Beispiel politische Diskussionen rund um die Schule positiv beeinflussen
möchte, entscheidet sich unter Umständen für Facebook als Kanal, obwohl junge
Menschen das Netzwerk nicht als primäre Plattform benutzen.
Vor der Wahl eines Kanals stellen sich also vier Fragen:
Was ist die Affordanz von Kanälen? Affordanz bedeutet, dass ein
technisches Hilfsmittel bestimmte Handlungen erleichtert und dafür
Anreize schafft. Die Affordanz eines Hammers besteht darin, Nägel
einzuschlagen. Wer einen Hammer zuhause hat, wird ihn primär dafür
benutzen. Die Affordanz von Social-Media-Kanälen unterscheidet sich.
Für Jugendliche war Tumblr ein Netzwerk, auf dem sie eher verletzliche,
negative Seiten von sich gezeigt haben. Instagram hingegen ist – wohl
aufgrund eines Schwerpunkts auf mobiler und bildbasierter Verwendung
– ein Netzwerk, wo tendenziell positive Emotionen dargestellt werden.
Die Website als Basis
Die Kaskade in Abb. 4 hilft bei der Auswahl eines Kanals. Basis für die Webpräsenz
einer Schule ist eine selbst betriebene Website. Diese schafft eine gewisse
Unabhängigkeit von Plattformen, die Kanäle willkürlich sperren, sanktionieren oder
den Betrieb gänzlich einstellen können, ohne dass das für Schulen vorhersehbar
ist.
Sobald eine Schule Öffentlichkeitsarbeit lebendig und dynamisch gestalten will,
bietet sich nach dem Vorbild der Alemannenschule ein Blog an, der direkt über die
Schul-Website erreichbar ist. Dort werden Ergebnisse von Schulprojekten
dokumentiert, Einladungen für Anlässe verbreitet, Lehrkräfte offerieren ihre
Expertise für die Abi-Vorbereitung oder Lerntechniken, die Schule informiert über
Neuerungen und Entscheidungen usw. Ein Blog belebt eine sonst statische
Website. Ideal ist, wenn pro Woche ungefähr ein Beitrag erscheint (denkbar sind
auch mehrere Blogs mit ganz spezifischen Profilen: etwa ein Schulleitungsblog, ein
Blog der ersten Klassen, ein Blog der Abschlussklassen, ein Blog von
korrigierenden Lehrkräften usw.).
Eine Website mit einem dynamischen Blog ist die ideale Basis für das Betreiben
weiterer Profile: Sie spielen dann die entsprechenden Beiträge aus und verlinken
oder verweisen auf sie. Was die Schule als Corporate Communication
veröffentlicht, steht im Blog auf verschiedenen Social-Web-Kanälen können
Ausschnitte daraus gezeigt, geteilt und zur Diskussion gestellt werden.
Eine zeitgemäße Website bindet bewegte Bilder ein. Deshalb bietet es sich an, in
einem zweiten Schritt einen Youtube-Kanal (oder eine andere Videoplattform) zu
eröffnen, auf dem schulbezogene Videos veröffentlicht werden können. Es
empfiehlt sich, Schulprojekte so anzulegen, dass dabei auch kurze, fürs Web
geeignete Videos entstehen, welche das Schulleben zeigen. Eine gute Orientierung
bietet der Kanal des Windeck-Gymnasiums Bühl auf Youtube.
Weitere Profile
Aktuell ist Instagram klar die dominierende Plattform für Jugendliche und junge
Erwachsene. Deshalb dürfte sie in Bezug auf Social Media auch für Schulen heute
erste Wahl sein. Instagram ist ein visuelles Medium, das aber auch die Publikation
von Texten erlaubt. Verantwortliche an Schulen müssen geeignetes Bildmaterial
finden, um ihr Corporate Design so umzusetzen, dass es zu Instagram passt,
gleichzeitig aber auch erkennbar die Schule und ihr Profil zeigt. Instagram erlaubt,
neben statischen und archivierten Beiträgen auch Stories zu posten, also Bilder, die
nach 24 Stunden nicht mehr angezeigt werden. Für die spontane Begleitung von
Anlässen kann das durchaus auch für Schulen eine sinnvolle Funktion sein.
An zweiter Stelle folgt Facebook. Für viele, insbesondere ältere Erwachsene ist
Facebook die primäre Diskussionsplattform im Netz. Aufgrund seiner breiten
Funktionalität können verschiedene Formate nebeneinander publiziert werden; so
erlaubt Facebook auch, die ganze Termin- und Anlassplanung einer Schule
abzubilden und so eine Art Chronologie und Dokumentation des Schullebens zu
erzeugen.
Weitere Kanäle sind durchaus denkbar. Im Moment sind bei Jugendlichen
besonders Snapchat und TikTok, bei digital affinen Lehrkräften eher Twitter
verbreitet. Doch das ändert sich recht schnell – hier scheint es sinnvoll zu sein,
dynamisch auf Trends zu reagieren. Schulen können sich mit solchen Kanälen als
innovativ und experimentierfreudig zeigen, müssen aber bereit sein, sich kurzfristig
und experimentell auf Innovationen einzulassen.
Abb. 4 Kaskade der Kanal-Module
Wie betreibt eine Schule attraktive Profile?
Kommunikation ist Sache der Schulleitung. Sie entscheidet über die Ziele, die
verfolgt werden, und legt auch Rahmenbedingungen für einen Redaktionsplan fest.
Die Umsetzung dieses Plans kann aber durchaus einer Redaktion übergeben
werden.
Schulen, die attraktive und innovative digitale Kanäle betreiben, beteiligen
Schülerinnen und Schüler an diesen Aufgaben. Ein Beispiel dafür ist der Youtube-
Kanal der Kantonsschule Wettingen, einem Gymnasium in der Schweiz. Dort
erscheinen News-Beiträge, welche von Gruppen aus Schülerinnen und Schülern
gestaltet, gefilmt und geschnitten werden. Die Schule gibt einen Teil der
Öffentlichkeitsarbeit an Jugendliche ab, die so auch ihre Arbeit und ihr Lernen an
der Schule sichtbar machen.
Ein erster Schritt hin zu einem attraktiven Profil wäre also die Einbindung einer
größeren, diversen Redaktion, die unterschiedliche Perspektiven auf die
Schule verbindet. In einem zweiten Schritt sollte das Bewusstsein entstehen,
dass Jugendliche gut abschätzen können, welche Erwartungen und medialen
Gewohnheiten eine jugendliche Zielgruppe prägen. Ein erfolgreicher Schul-
Kanal spielt mit betont jugendlichen Elementen und rahmt sie mit
professionellen Verfahren. Dadurch zeigt eine Schule, dass sie sich auf junge
Menschen einlassen kann, aber ihnen mit hohem Bewusstsein und
pädagogischer Qualität begegnet. Das heißt also zweitens, dass ein guter
Kanal die Balance zwischen Lockerheit und Seriosität, zwischen Anpassungen
an Erwartungen und konsequenter Darstellung des schulischen Profils finden
muss.
In einem dritten Schritt entwickelt eine digital präsente Schule einen eigenen
Stil. Eine Bild- und Textsprache prägen das Profil, sie erzeugen einen
Wiedererkennungseffekt. Das können einfache visuelle Tricks sein: bestimmte
Emojis, die immer wieder auftauchen; das Ziel, auf jedem Bild Blumen zu
zeigen; Gesichter auf Fotos auf eine originelle Art und Weise abzudecken etc.
Ein vierter Schritt besteht darin, sinnvolle Rhythmen zu finden, die beim
Publikum keinen Überdruss erzeugen, aber dennoch von einer gewissen
Konstanz zeugen. Jede Woche einen Beitrag zu publizieren, scheint ein
realistischer Ansatz zu sein; auch spezielle Momente im Schulleben (letzter
Schultag vor den Ferien, erster Schultag nach den Ferien etc.) können im Netz
angekündigt und dokumentiert werden.
In einem letzten Schritt muss die Arbeit evaluiert werden. Erhält die Redaktion
sinnvolles Feedback, kann sie die eigene Arbeit kritisch hinterfragen und neue
Wege und Formate finden, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Zeitgemäße Kommunikation im Netz besteht aus Design Thinking: Das bedeutet,
ohne lange Konzeptarbeit Ideen umzusetzen und zu testen. Die konkrete
Umsetzung entsteht über die Auswertung verschiedener Versuche und über
Anpassungen unter Integration vielfältiger Perspektiven nicht aus einer
einseitigen Planung, welche die Praxis nur erraten, nicht aber erproben kann (siehe
zu Design Thinking auch den Beitrag ab Seite 277).
4.4 Entwicklungsaufgaben einer digital präsenten Schule
Journalistische Projekte, die die digitale Transformation oder den
Leitmedienwechsel ernst genommen haben, orientieren sich an der Devise »online
first«. Die Aufgabe einer Schule, die digitale Kommunikation ernst nimmt, ist
ebenfalls »online first«. Was heißt das? Stellen wir uns ein Theaterprojekt vor, bei
dessen Premiere sich herausstellt, dass eine Gruppe Schülerinnen und Schüler
sensationelle Affenkostüme gebastelt hat und darin akrobatische Kunststücke
vorführt. Die Bilder davon sind über die Handys der Jugendlichen oder Eltern sofort,
quasi live, im Netz. Auf Instagram sieht das der Rest der Schule und alle mit der
Schule verbundenen Personen. Der Artikel in der Schülerzeitung oder auch der
Blogpost auf der Schul-Website sind sicher sorgfältig formuliert und interessant:
Aber sie zeigen allen Leserinnen und Lesern etwas, was sie schon via Social Media
gesehen haben.
Das heißt, eine Schule muss in Bezug auf ihre Corporate Identity Schnittstellen
schaffen. Die Verantwortlichen des Theaterprojekts hätten einen Live-Stream
anbieten können, weil sie erahnen konnten, dass diese Kostüm-Nummer begeistern
wird.
Öffentlichkeitsarbeit 2.0 bedeutet, dass alle Menschen an einer Schule darüber
nachdenken müssen, wie das Schulleben im Netz dargestellt werden kann und soll.
Diese Haltung resultiert aus der Einsicht, dass sich das Profil aus dem Schulleben
und den Interaktionen, die an einer Schule stattfinden, ergibt.
Eine zentrale Entwicklungsaufgabe besteht also darin, einen digitalen Auftritt für die
Schule zu definieren, der von möglichst vielen Personen getragen und gestaltet
wird. Das ist eine komplexe Führungsaufgabe, weil der Auftritt die Identität der
Schule nach außen tragen soll, also eine Art kommunikativen Kern braucht,
gleichzeitig aber auch offen sein soll für die Ideen der Lehrkräfte sowie
Schülerinnen und Schüler.
Das bedingt, dass möglichst viele Personen an der Schule das technische und
gestalterische Know-how haben. Eine Gefahr bei Öffentlichkeitsarbeit 2.0 ist, dass
eine speziell ausgebildete Person die Kanäle der Schule bespielt, alle anderen aber
weder wissen, wie das geht, noch dafür verantwortlich sind. So belasten die Schule
und ihre Schulleitung Verantwortliche nicht nur unnötig stark, sondern machen sich
auch von Einzelnen abhängig.
Eine letzte Aufgabe besteht darin, Design Thinking als Methode an der Schule zu
verankern. Digitale Kommunikation wandelt sich schnell. Es ist unmöglich, mit
starren Konzepten die Herausforderungen der digitalen Transformation zu
bewältigen, schon gar nicht kommunikativ. Die Wirkung von Kanälen, Botschaften,
Inhalten und Bildern kann sich schnell ändern, weil sie aus dem Zusammenspiel
unterschiedlicher Wahrnehmungen und Perspektiven entsteht. »Reagieren auf
Veränderungen ist wichtiger als das Befolgen eines Plans«, heißt es im Manifest zu
agiler Schulentwicklung von Matthias Förtsch und Friedemann Stöffler (2020,
S. 12). Eine Schule so aufzustellen, dass sie gut mit Veränderungen umgehen kann
und bereit ist, auch ihre Öffentlichkeitsarbeit agil zu bestreiten, ist eine zentrale
Voraussetzung, um ein wirksames digitales Profil einer Schule zu entwickeln.
Förtsch und Stöffler weisen darauf hin, dass »Begegnung auf Augenhöhe«, also ein
echter Austausch und ein Interesse an Einschätzungen und Wahrnehmungen
unterschiedlicher Menschen, eine Grundhaltung darstellt, welche Agilität ermöglicht
(ebd., S. 15 ff.). Diese Haltung kann im Web 2.0 gelernt werden: Wer bereit ist, mit
Interessierten über die Entwicklung und das Profil einer Schule im Netz Gespräche
zu führen, lernt dabei den Austausch auf Augenhöhe und kann daraus auch
Konsequenzen für die Schulentwicklung ableiten. Schulentwicklung ist also nicht
nur Voraussetzung für einen fokussierten Auftritt im Netz – sie ist auch Resultat aus
einer Bereitschaft, digitale Plattformen als Mittel zur Vernetzung und zum Austausch
einzusetzen.
Literatur
Förtsch, M. & Stöffler, F. (2020): Die agile Schule. Hamburg: AOL-Verlag.
Nold, U. (2016): Öffentlichkeitsarbeit in Schulen bewusste Kommunikation
unterstützt Imagebildung. In: Hofmann, H., Hellmüller, P. & Hostettler U. (2016):
Eine Schule leiten. Bern: HEP, S. 135–153.
Willenbrock, H. (2020): Schule machen. Alemannenschule Wutöschingen. In: brand
eins, Januar 2020. Online: https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-
wirtschaftsmagazin/2020/eigensinn/alemannenschule-wutoeschingen-schule-
machen (https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-
wirtschaftsmagazin/2020/eigensinn/alemannenschule-wutoeschingen-schule-
machen) (25.1.2020).
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