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D ie gegenwärtigen Probleme sind
gewaltig. Wir Menschen stehen vor
den Aufgaben, die Erderwärmung unter
1,5 °C zu halten, die massenhafte Auslö-
schung von Tierarten und Pflanzensor-
ten zu stoppen und stattdessen Vielfalt
zu fördern, die globale Pandemieanfäl-
ligkeit zu beseitigen und dabei globale
wie lokale Unterdrückung und Unge-
rechtigkeit aufzulösen sowie Solidari-
tät und Teilhabe zu stärken. Doch allein
Einsichten in diese Probleme zu gewin-
nen und sich auf basale Fakten zu eini-
gen, erweist sich als schwierig. Ungleich
schwieriger ist, wie sie friedlich und kon-
sequent angegangen werden können.
Wissenschaft sollte auch um die Befähi-
gung willen da sein, inmitten von Unsi-
cherheit und Komplexität dialogisch-visi-
onäre Schaffenskräfte zu bilden.
Wende zum Neuen und
Möglichen
Die Ernährungs-, Energie-, Wohn-
oder Verkehrswenden zeigen dabei, dass
es kaum einen Bereich gesellschaftlicher
Versorgung gibt, der nicht neu gestaltet
werden muss, um die Lebensgrundlagen
auf diesem Planeten zu schützen und
zu erhalten– im Norden wie im Süden,
heute wie morgen. Für diese Jahrhun-
dertaufgaben braucht es ökonomischen
Bildungs- und Ideenreichtum, Vorstel-
lungskräfte und Gestaltungswillen, um
Wirtschaft neu zu denken und abseits
ausgetrampelter Pfade echten Wandel
reflektiert und verantwortungsvoll auf
den Weg zu bringen.
All dies ist lange bekannt. Neu hinge-
gen ist der öffentliche Druck, auch wirk-
lich etwas zu ändern. Die vielen, vor al-
lem jungen Menschen von Fridays for
Future schaffen ihn, indem sie die Be-
weislast zunehmend umkehren. Bis zu-
letzt mussten sich plural und andersden-
kende Ökonom/innen für ihr Interesse
an Gemeinsinn und Nachhaltigkeit fach-
lich wie öffentlich rechtfertigen, wäh-
rend der Mainstream oftmals wie selbst-
verständlich oder gar blindlings Partei
ergreifen konnte für die Interessen ei-
ner Wirtschaft, die den Planeten zerstört.
Heute liegt ein Wandel in der Luft
für neues ökonomisches Denken und
Gestalten. Die Generation der Fridays
for Future wird es nicht länger akzeptie-
ren, wenn ihre Fragen nach Zukunfts-
fähigkeiten im Studium der Ökonomie
nicht beantwortet, wenn die Zerstörung
der Biosphäre gemäß Marginalkosten-
berechnung als ökonomisches Opti-
mum bezeichnet und lediglich als Kol-
lateralschaden abgetan oder die Vielfalt
an möglichen Wirtschaftsweisen non-
chalant auf geldvermittelten Opportu-
nismus reduziert werden.
Unternehmensvielfalt
denkbar machen
Dies bedeutet nicht, das Denken von
gestern ad acta zu legen. Es eignet sich
für eine umfassende Bestandsaufnahme
mit dem Ziel, Sinnvolles zu bewahren,
sowie für ein agnotologisches Verstehen,
wie Un- und Falschwissen durch Mani-
pulation, Vereinseitigung und andere
Formen epistemischer Gewalt geschaf-
fen und verteidigt wird. Erst diese Ausei-
nandersetzung ermöglicht die gebildete
Entscheidung, welche Denkstile tradiert
und welche geändert oder neu hinzuge-
wonnen werden sollten.
Während dies Zeit braucht, sind die
ökonomischen Praktiken schon heute
vielfältiger und innovativer als ihr Ruf.
Von solidarischer Produktion, Prosu-
ming, Repairing oder Unternehmen in
Verantwortungseigentum gibt es vielfäl-
tigen Aufbruch einer Wirtschaft, die dem
Leben dient, nicht andersherum. Diese
unternehmerischen Initiativen ermögli-
chen Teilhabe, bereiten das Neue im Al-
ten vor und ermöglichen so eine sichere
und souveräne Versorgung mit alledem,
was zu einem gelingenden Leben dazu-
gehört. Economists4future sollten ihnen
Stimme und Nachdruck geben, sie refle-
xiv und plural fundieren sowie als kriti-
sche Dialogpartner/innen fungieren.
Zukunft in gute Hände legen
Die Wirtschaft von morgen entsteht
nicht länger aus Begriffsidealen, die aus-
wendig gelernt und dann mühselig der
Praxis übergestülpt werden. Sie kommt
auf den Weg als Zusammenspiel aus
Reflexion und Tätigsein, das drängende
Zeitfragen bewältigen hilft. Versierte
Zukunftsgestalter/innen brauchen Bil-
dungsangebote, die nachhaltig, visionär
und verantwortungsstark machen. Diese
Könnerschaften resultieren aus einem
neuen ökonomischen Denken, das refle-
xiv, transparent, divers, partizipativ und
befähigend ist. Dies ist die Zeit der econo-
mists4future. Gemeinsam können wir die
Zukunft aller in gute Hände legen.
Economistsfuture
Neues Denken für die Wirtschaft
von morgen
Die globalen Klimastreiks und die Corona-Pandemie erzeugen
Druck zur Transformation der Wirtschaft. Economists4future
können ihn in neue Dialogformen, kreative Vorstellungskräfte
und friedlichen Gestaltungswillen wandeln.
Von Lars Hochmann und Silja Graupe
AUTOR/INNEN + KONTAKT
Lars Hochmann vertritt die Professur für
Plurale Ökonomie und Silja Graupe ist Profes-
sorin für Ökonomie und Philosophie an der
Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung.
Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung,
Bahnhofstraße , Bernkastel-Kues.
Tel.: +, Fax.: +,
E-Mail: lars.hochmann@cusanus-hochschule.de,
Silja.graupe@cusanus-hochschule.de, Website:
www.lars-hochmann.de, www.silja-graupe.de
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