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Überwachung in der Kultur - Kultur der Überwachung

Authors:
Werner Jung / Liane Schüller (Hgg.)
Orwells Enkel
Überwachungsnarrative
AISTHESIS VERLAG
Bielefeld 2019
Sonderdruck aus:
Martin Hennig
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
1. Einleitung
Die Konstitution der Surveillance Studies als wissenschaliche Disziplin
ging einher mit der Konzentration auf institutionelle Aspekte und einer
Fokussierung der Aktivitäten von Überwachungsstaaten. Die steigende
Macht von Digitalkonzernen sowie ein vielfach konstatierter normativer
Zwang zur Ausstellung des Privaten nicht nur, aber insbesondere innerhalb
digitaler Medien (vor allem im Zusammenhang mit Selbstdarstellungen auf
sozialen Netzwerken)1, veränderten jedoch die Dynamik und führten zu
einem zweiten Konzept, nämlich dem von Überwachungsgesellschaen und
-kulturen, bei dem sich die Aufmerksamkeit vom ‚Big Brother‘ auf die so-
genannten ‚Tiny Brothers‘2 verlagerte. Dabei werden die systematische (und
natürlich auch wiederum staatlich funktionalisierte) Überwachung durch
kommerzielle Anbieter, die alltägliche Interaktion von sozialen Akteuren in
(digitalen) Überwachungskonstellationen sowie die Einbettung von Über-
wachung in viele Aspekte des täglichen Lebens fokussiert.3 Folglich sind
Überwachungskulturen in erster Linie mit der Semantik einer Verschiebung
in quantitativer Hinsicht und einer Erweiterung der Anwendungs- und
Wirkungsfelder von Überwachung verbunden – aus dem einen großen
Bruder werden viele kleine, die im Sinne eines sozialen Ordnungsprozesses
wirksam werden. Wie vor diesem Hintergrund die langfristigen qualitativen
Folgen dieser Entwicklungen zu bewerten sind, ist Gegenstand vielfältiger
Diskussionen.4
1 Vgl. exemplarisch etwa Christian Schertz/Dominik Höch. Privat war gestern.
Wie Medien und Internet unsere Werte zerstören. Berlin: Ullstein, 2011.
2 Vgl. William Staples. Everyday Surveillance: Vigilance and Visibility in Postmo-
dern Life. Lanham, MD: Rowman & Littleeld, 2014.
3 Vgl. David Lyon. e Culture of Surveillance: Watching as a Way of Life. Cam-
bridge: Polity Press, 2018.
4 So lässt sich konstatieren, dass das Paradigma der Visualität auch in den Ver-
handlungen digitaler Überwachungskonstellationen nach wie vor eine zentrale
Rolle spielt und die qualitativen Unterschiede zwischen visueller Überwachung
und aktuellen datenbasierten Wissenspraktiken auf diese Weise aus dem Blick
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Einen Teil dieser Diskussionen bilden Verhandlungen von Überwachung
als kulturellem Paradigma in den ‚traditionellen‘ wie digitalen Erzählmedien,
wobei Folgen der geschilderten Prozesse für das kulturelle Selbstverständ-
nis in der medialen Reproduktion überhaupt erst verhandelbar gemacht
werden. Entsprechend möchte der folgende Beitrag ein Bild zeitgenössi-
scher Diskurse sowie historischer Wandlungsprozesse der Denkmodelle von
Überwachung skizzieren. Hierzu werden mit ‚Soziale Überwachung‘ und
‚Selbstüberwachung‘ zwei thematische Felder abseits vom Überwachungs-
staat fokussiert, in denen die bestimmenden Narrative von einer kulturellen
Normalisierung von Überwachung auf unterschiedlichen Ebenen zeugen.5
Weiter werden die primär anhand von Filmanalysen gewonnenen Modelle
mit Blick auf den digitalen Medienverbund breiter kontextualisiert und etwa
in Bezug zu den Selbstermächtigungsmodellen des Computerspiels oder zu
digitalen Medienpraxen wie der ‚Quantied Self-Bewegung‘ gesetzt. Dies ist
verbunden mit der ese, dass die anhand von digitalen Medien diagnosti-
zierbaren Beobachtungs- und Aufzeichnungskulturen sowie Wissenspraxen
sich in ihren kulturellen Bedeutungen in einem wechselseitigen Bezugs-
verhältnis mit ktionalen Modellen digitaler Überwachung benden und
beide Perspektiven unumgänglich sind, um sich der Semantik einer Überwa-
chungskultur angemessen zu nähern.6
Da sich längerfristige Verschiebungen in den Diskursen zu Überwachung
im Visuellen besonders eindrücklich dokumentieren, werden im Folgenden
vor allem Beispiele aus der Filmgeschichte herangezogen, um mentalitäts-
geschichtliche Entwicklungen nachzuzeichnen. Dabei wird ein Struktur-
wandel herausgearbeitet, der ein systeminternes Problem (=Voyeurismus)
in einem darauf folgenden Textsystem löst, dass seinerseits wieder neue und
geraten. Vgl. hierzu ausführlich Steve Anderson. Technologies of Vision. e War
Between Data and Images. Cambridge, London: MIT Press, 2017.
5 Vgl. zur Normalisierungsthese von Überwachung aus einer breiteren diskursiven
Perspektive, insbesondere mit Blick auf Big Data-Praktiken: Stefan Meier. „Über-
wachung als Bildpraxis. Gouvernementale Überlegungen zur ktionalen und
non-ktionalen Diskurswelt digitaler Beobachtung.Bildmacht/Machtbild. Zur
Deutungsmacht des Bildes. Wie Bilder glauben machen. Hg. Philipp Stoellger/
Martina Kumlehn. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2018, S.213-230.
6 Für einen Überblick darüber, inwiefern Semantiken von Überwachung in kti-
onalen wie nicht-ktionalen Bereichen wirksam sind, vgl. Lukas Edeler/Martin
Hennig/Miriam Piegsa. „Culture of Surveillance“. e SAGE Encyclopedia of
Surveillance, Security, and Privacy. Hg. Bruce A. Arrigo. ousand Oaks: SAGE,
2018, S.980-983.
Martin Hennig
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verwandte Probleme (Exhibitionismus/Selbstüberwachung) in den Vorder-
grund stellt.7
2 Formen kultureller Überwachung
2.1 Soziale Überwachung in der Filmgeschichte8
Bereits in Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof von 1954 wird soziale
Überwachung (das heißt horizontale Überwachung von privaten Akteu-
ren auf der gleichen Hierarchieebene)9 und die aus ihr entspringende ‚Lust‘
in ihren voyeuristischen und pathologischen Anteilen ausdierenziert.
Innerhalb der dargestellten Geschichte glaubt der Fotograf Jeerie, der
nach einem Unfall an einen Rollstuhl gefesselt ist, bei seiner heimlichen
Beobachtung der Nachbarscha Indizien für einen Mord beobachtet zu
haben. Schnell wird dabei der Verdacht, einem Verbrechen auf die Spur
zu kommen, zum Wunsch, tatsächlich Teil eines außergewöhnlichen
Ereignisses zu sein. Entsprechend geht es im Film weniger um die Auf-
klärung des vermeintlichen Mordfalls, dessen genauer Hergang am Ende
sowieso oen bleibt. Vielmehr wird der Voyeurismus des Protagonisten
dezidiert als selbstbezügliche Fantasietätigkeit dargestellt, in Zusam-
menhang mit einer Beziehungsangst gebracht und als Eskapismus bzw.
Ersatzbefriedigung gegenüber dem Wunsch seiner Freundin Lisa nach
7 Vgl. zu einer allgemeinen Denition des Medienwandels aus textanalytischer
Perspektive Jan-Oliver Decker. „Medienwandel“. Medien und Kommunikation.
Eine Einführung aus semiotischer Perspektive. Hg. Hans Krah/Michael Titzmann.
Passau: Ralf Schuster, 2017, S.423-446, hier S.425.
8 Die Überlegungen dieses Kapitels basieren auf Martin Hennig. „Big Brother is
watching you: hoentlich. Diachrone Transformationen in der lmischen Ver-
handlung von Überwachung in amerikanischer Kultur“. Räume und Kulturen des
Privaten. Hg. Eva Beyvers u. a. Wiesbaden: Springer VS, 2016, S.213-246. Für
den vorliegenden Artikel wurden diese jedoch gebündelt und mit Bezug auf das
Motiv der sozialen Überwachung weiterentwickelt.
9 Außen vor bleiben im Folgenden Beispiele wie die Serie Person of Interest (USA,
2011-2016, CBS). Hierbei geht es zwar streng genommen ebenfalls um die Über-
wachungstätigkeiten von Privatpersonen, die jedoch in der Serie als Quasi-Sys-
temrepräsentanten agieren, welche jene Verbrechen aulären oder verhindern,
die durch das Raster staatlicher Überwachung fallen. Damit bilden die Haupt-
guren letztlich staatliche Stellvertreter.
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einer Beziehungsintensivierung ausgelegt. Als dann allerdings auch Lisa
im Filmverlauf von den Überwachungsaktivitäten aziert wird, schließ-
lich sogar in der Wohnung des vermeintlichen Täters ermittelt, wird sie
ebenfalls Teil von Jeeries distanzierter Überwachung.10 Während der
Protagonist bei der Observation um Lisas Leben bangt, muss er erkennen,
wie viel ihm tatsächlich an seinem realen sozialen Leben liegt und ist kurz
darauf gezwungen, sich vom Fenster abzuwenden – also im übertragenen
Sinn von einem sozialen Leben lediglich aus der Distanz bzw. dessen rein
medialer Vermittlung –, um sich vor dem nun in seine eigene Wohnung
eindringenden, mutmaßlichen Mörder zu retten.
Das Detektivspiel bildet folglich eine einmalige Episode in Jeeries
Leben. Zwar protokollieren auch im Epilog des Films Kameraschwenks all-
tägliche Banalitäten des Nachbarhauses. Allerdings wird der Protagonist am
Endpunkt der Kamerabewegung gerade nicht mehr als Blickträger ausge-
wiesen, denn dieser schlä vom Fenster abgewandt. Hier wird deutlich, dass
die Filmkamera – anders als Jeerie – kein Ende der Observationen kennt.
Durch die letztendliche Rückkehr des Protagonisten in den semantischen
Raum der Nicht-Überwachung wird eine Grenze zwischen Kamera- und
Figurenperspektive gezogen, die den vorgeführten Überwachungs-Voyeuris-
mus als symptomatisch für einen medial vermittelten Weltzugang im Rah-
men des übergeordneten Dispositivs ‚Kino‘ verhandelt. Entsprechend macht
der einsetzende Abspann deutlich, bei dem eine heruntergelassene Jalousie
gleichzeitig das Logo der Produktionsrma einblendet, dass das Fenster zum
Hof gleichzeitig unser Fenster, das Fenster der Zuschauer zur dargestellten
Welt ist und der Voyeurismus der Hauptgur stellvertretend für allgemeine
Tendenzen des Kinos und der Kinogänger steht.
Dabei sind hinter den Fenstern der Nachbarwohnungen eigentlich
banale Alltagsepisoden zu beobachten, denen jedoch im Rahmen des
angedeuteten Kriminalfalls Ereignishaigkeit zugesprochen wird. Diese
Narrativierung von Alltag wird im Film insgesamt selbstreferenziell als
Leistung des Dispositivs Kino lesbar. Zu dieser Leistung gehört es zwangs-
läug, Realität als Ausgangsbasis von Erzählungen akribisch zu proto-
kollieren, weswegen sich die Kritik am Voyeurismus im Film primär auf
die Figurenebene und weniger auf das Medium an sich bezieht. Vielmehr
10 Mehrmals nden sich Szenen im Film, bei denen Lisas Versuche einer Domes-
tizierung ihres männlichen Partners mit seinen voyeuristischen Interessen kol-
lidieren. Damit wird ihr Verhalten auch als Versuch einer Domestizierung des
männlichen Blickes lesbar, der erst gelingt, als sie sich diesem selbst aussetzt.
Martin Hennig
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wird herausgestellt, dass gerade das Kino Möglichkeiten zur kathartischen
Kompensation natürlicher, jedoch sozial auf lange Sicht dysfunktionaler
voyeuristischer Triebe bereithält.
Viele spätere Verhandlungen von Voyeurismus in der Filmgeschichte tilgen
diese explizite selbst- und medienreexive Ebene. Sie beschränken sich auf
eine psychologische Ausdeutung ihres Sujets und verunsichtbaren damit
die eigene, voyeuristische Blicklenkung. So werden in Sliver (Phillip Noyce,
1993) stets Distanzierungen von der voyeuristischen Perspektive vorgenom-
men. Die Beobachteten – junge, erfolgreiche Frauen – werden als Opfer
des männlich-begehrenden Blickes in Szene gesetzt, der Täter dagegen wird
pathologisiert. Der Voyeur ist hier in gesteigertem Maße beziehungsunfä-
hig; der zu Hause arbeitende Spieleprogrammierer hat sich vollständig von
der Außenwelt zurückgezogen und nutzt heimlich das Kamerasystem des
Gebäudes als Ersatzbefriedigung und Kontrollprothese. Seine Überwa-
chung fungiert dabei als Erotikersatz einer eigentlich lebensunfähigen Per-
sönlichkeit. Die Lust am Überwachen führt dabei in eine perverse Abhän-
gigkeit – „Gier der Augen“, wie der deutsche Untertitel von Sliver lautet –,
die zusätzlich als Geschlechtertypologie entworfen wird. Die überwachte
Protagonistin bekommt vom Voyeur Zeke ein Fernrohr geschenkt, was in
eigene voyeuristische Experimente mündet. Dabei empndet sie zwar zeit-
weiliges Vergnügen, kurzfristig fungiert die Überwachung sogar als sexuelle
Stimulanz. Die positive Selbstndung der weiblichen Hauptgur setzt aller-
dings eine Rückkehr ins ‚reale‘ Leben und eine Vernichtung der männlich
konnotierten Überwachungsapparaturen voraus, was als symbolische Kast-
ration des Voyeurs inszeniert wird, der mit dem Verlust der Apparatur auch
jede Selbstsicherheit einbüßt.
Gleichzeitig funktionalisiert Sliver natürlich den mit Basic Instinct (Paul
Verhoefen, 1992) errungenen Status seiner Hauptdarstellerin Sharon Stone
als Sexsymbol und macht sich den voyeuristischen Blick seines Protagonisten
(nicht nur innerhalb ausgedehnter Erotiksequenzen) über fast die gesamte
Laufzeit zu eigen. In dieser Hinsicht ist es nur konsequent, dass mit der Zer-
störung der dargestellten intradiegetischen technischen Überwachungsap-
paratur auch der Film endet, wobei die Pathologisierung des Protagonisten
gleichzeitig eine klare Grenze zwischen Darstellung und Dargestelltem zieht.
Genau wie für die stellvertretende weibliche Hauptgur ist die Einnahme
der voyeuristischen Perspektive für die Zuschauer lediglich als zeitweiliges
Experiment angelegt, an dessen Ende die Sanktionierung des ‚Täters‘ eine
Versicherung der gewohnten Blickperspektive bildet.
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Während die Darstellung voyeuristischer Praktiken in den bislang behandel-
ten Beispielen immer auch für die Ästhetik der Darstellungsebene funktio-
nal ist, auf Handlungsebene jedoch mit Ambivalenz versehen (Das Fenster
zum Hof ) bzw. eindeutig abgewertet wird (Sliver), thematisiert der Film
Disturbia (D. J. Caruso), ein unautorisiertes Remake von Hitchcocks Das
Fenster zum Hof, im Jahr 2007 ein verändertes Werteverhältnis vor einem
gewandelten medialen und kulturellen Hintergrund. Die Produzenten wur-
den aufgrund der auälligen Ähnlichkeiten zum Original zwar verklagt, die
Klage wurde jedoch vom Gericht fallengelassen, da sich beide Filme nach
Auassung des Gerichts lediglich oberächlich ähnelten.11 Tatsächlich wird
Privatheit in Disturbia abweichend vom Original kaum mehr ein kulturel-
ler Wert zugesprochen, und Überwachung verliert in diesem Rahmen ihre
voyeuristische Konnotation.
Den Ausgangspunkt der Handlung bildet eine ganz ähnliche Überwa-
chungskonstellation wie im Filmklassiker der 1950er Jahre. Als Strafe für
einen tätlichen Angri auf seinen Lehrer ist der Jugendliche Kyle gezwun-
gen, während des Sommers sein Elternhaus nicht zu verlassen, da eine elek-
tronische Fußfessel jeden seiner Schritte protokolliert. Zusätzlich wird ihm
sein Internetzugang gesperrt, weswegen Kyle andere Formen der medienver-
mittelten Unterhaltung sucht. So beginnt Kyle ähnlichen Aktivitäten wie
sein lmischer Vorgänger Jeerie zu verfallen, er beobachtet mit Fernglas
und Camcorder das Treiben seiner Nachbarn, bis er schließlich einem frisch
ins Nachbarhaus eingezogenen Serienkiller auf die Schliche kommt.
Signikant ist dabei, was für ein Bild zeitgenössischer Jugendkultur
gezeichnet wird. Sämtliche Protagonisten agieren öentlichkeitsbezogen
und umfassend vernetzt, auallend häug werden im Film die Angebote
bekannter Online-Dienste ins Bild gerückt. Kyles voyeuristisches Treiben
ist damit lediglich als Fortführung seiner sonstigen medialen Aktivitäten zu
betrachten und wirkt sogar als der zentrale Katalysator einer Beziehungsan-
bahnung. Der Protagonist beobachtet heimlich das schöne Nachbarsmäd-
chen, das sich nach kurzer Irritation unmittelbar in ihren Stalker verliebt.
Entsprechend muss der Voyeurismus zum Filmende gerade nicht über-
wunden werden, selbst beim nalen Kuss des Pärchens in der letzten Szene
wird die Anwesenheit eines lmenden Freundes als launige Geste inszeniert
(„Schon bald das beliebteste Video auf YouTube“, TC: 01:34:55.).
11 Vgl. Digitalfernsehen.de (2010). US-Gericht: Spielberg hat nicht bei Hitchcock
abgekupfert. URL: http://www.digitalfernsehen.de/US-Gericht-Spielberg-hat-
nicht-bei-Hitchcock-abgekupfert.38356.0.html [02.11.2018].
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Diese Aufwertung von Sichtbarkeit zieht eine Abwertung von Privatheit
nach sich: Mehrere Male im Film werden Häuser ohne die Einwilligung der
Bewohner betreten, ihre Privaträume bieten den Opfern keinen Schutz. Auf
der anderen Seite zieht sich der Killer vor Kyles Anschuldigungen und den
Nachfragen der Polizei in sein privates Zuhause zurück, in dem er, vor allen
Augen geschützt, einen makabren Operationssaal versteckt.
Entsprechend will Kyle dem privaten Raum entiehen. Das Private wird
im Film durchgängig als Gefängnis ausgewiesen; der in Kyles Zimmer ins-
tallierte Bildschirmschoner der Hauptgur besteht aus den Worten „Let me
free“, welche einsam hinter Gittern kreisen. Dies spiegelt auch der drama-
turgische Höhepunkt des Filmes: Im Kampf mit dem Killer muss Kyle die
Grenze zum öentlichen Außenbereich überschreiten, um seine Fußfessel zu
aktivieren und auf diese Weise die Polizei herbeizurufen.
Bei der Beobachtung eines zentralen Mordes denkt Kyle dagegen keines-
wegs an das Alarmieren der Polizei, dies wird auch innerhalb der Inszenie-
rung ausgeblendet, von Interesse ist lediglich, die Tat auf Film festzuhalten.
Dies erklärt sich dadurch, dass die Polizei hier insgesamt als nicht-funktional
beschrieben wird. Obwohl Kyle mehrmals seinen Mordverdacht gegenüber
dem ermittelnden Beamten äußert, schenkt dieser ihm kein Vertrauen, son-
dern lässt sich von persönlichen Motiven leiten, da er sich als Angehöriger des
von Kyle geschlagenen Lehrers entpuppt. Als Konsequenz scheint die nach-
barschaliche Überwachung den einzig adäquaten Schutz zu gewährleisten.
Insgesamt indiziert der Film damit einen mentalitätsgeschichtlichen Wan-
del, in dessen Rahmen soziale Überwachung im Kontext von Sicherheits-
und Sichtbarkeitsdiskursen ihre negative voyeuristische Konnotation ver-
liert und umgekehrt auf den Exhibitionismus der Beobachteten bauen kann.
Dies verwundert nicht, hatte doch bereits knapp zehn Jahre zuvor, im Jahr
1999 die Show Big Brother ihren Siegeszug über unzählige Medienkulturen
der realen Welt angetreten und den Grundstein für jene Formate gelegt,
die den Alltag scheinbar ‚normaler‘ Menschen mit deren Einwilligung
dokumentieren.12
Bekanntermaßen wird im Film Die Truman Show von Peter Weir (1998)
genau ein solches mediales Überwachungsszenario als entwicklungshem-
mend und schädlich für die Identitätsbildung des Protagonisten Truman
12 Vgl. zur medialen Inszenierung und Funktionalisierung von Privatheit im TV:
Matthias Herz. Das Privat-Fernsehen. Reality TV als Trägerkonzept medienver-
mittelter Privatheit im deutschen Fernsehen. Marburg: Schüren, 2016.
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
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Burbank ausgewiesen. Folgerichtig muss dieser zum Schluss seinem Leben
in der Medienrealität entsagen, um seine Selbstndung zu einem positiven
Abschluss zu führen.
In der dargestellten Welt wird die Hauptgur rund um die Uhr und
ohne sein Wissen von Fernsehkameras beobachtet und sein Leben landes-
weit ‚versendet‘. Sämtliche sonstige Charaktere in Trumans Umgebung sind
Schauspieler, was auch seine vermeintlichen Freunde und die Ehefrau mit
einschließt. Dass Truman von alldem nichts weiß, wird von der intradiegeti-
schen Show als Voraussetzung für die Authentizität des Dargestellten insze-
niert. Der Name der Hauptgur konnotiert als Kurzform von ‚True Man‘
Echtheit, der Film Die Truman Show argumentiert jedoch, dass die Tatsa-
che, dass alles um Truman herum inszeniert ist, insgesamt zu einem unech-
ten Leben führt. Dies zeigt sich auch darin, dass Trumans Welt dem wie-
derum medial vor allem in amerikanischen Familienserien und Sitcoms ab
den 1950er Jahren tradierten Bild eines perfekten amerikanischen Vorortes
entspricht.13 Truman muss dieser mediatisierten Welt und ihrer historisch
rückwärtsgewandten Utopie entiehen, um tatsächlich zum ‚True Man‘ zu
transformieren.
Der intradiegetische Regisseur der Show, Christof, überwacht das Ge-
schehen als Auge Gottes von der topograsch höchsten Position, dem
künstlichen Mond, der sich im Laufe des Films als Regiezentrale entpuppt.
Christofs Verhältnis zu Truman entspricht dabei einer metaphorischen
Vater-Sohn-Beziehung, in der Christof seine Hände stets beschützend über
Truman hält.14 Doch Truman muss seiner kindlich-narzisstischen Rolle in
der inszenierten Medienwelt, in der sich alles um ihn dreht bzw. auf ihn aus-
gerichtet ist, entsagen und sich in eine ungewisse Zukun emanzipieren, um
seine Mannwerdung abzuschließen. Entsprechend wird Trumans Flucht als
Teil einer klassischen Heldenreise inszeniert, in der er nach einer letzten Prü-
fung in Form eines durch das zornige Gottesäquivalent Christof künstlich
erzeugten Gewittersturmes die (Studio-)Schwelle in die für Truman bis dato
unbekannte Außenwelt überschreitet – die Selbstndung ist folglich genau
in dem Moment abgeschlossen, in dem Truman das allgegenwärtige Objek-
tiv der intra- wie extradiegetischen Kamera verlässt.
13 Vgl. zur Kulturgeschichte dieses Topos Bärbel Harju. „Privatheit und Suburba-
nisierung in den USA der Nachkriegszeit“. Räume und Kulturen des Privaten.
Hg. Eva Beyvers u. a. Wiesbaden: Springer VS, 2016, S.189-212.
14 Was im Film mehrfach durch Berührungen von Bildschirmen mit Trumans
Antlitz durch seinen metaphorischen Vater unterstrichen wird.
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Da der Fokus von Die Truman Show eindeutig auf dem Verhältnis von
Beobachtet-werden und Subjektbildung liegt, verknüp der Film seine
Medienkritik lediglich noch punktuell mit Darstellungen von Zuschau-
ern, die selbst nach der Absetzung der Show nicht zum Abschalten befähigt
sind und unmittelbar zum nächsten Programm umschalten. Dabei wird dies
allerdings weniger als Indiz einer voyeuristischen Neigung, denn vielmehr
als generelle mediale Abstumpfung inszeniert. Als Antwort auf den Medien-
wandel und Selbstdarstellungstendenzen innerhalb digitaler Medien gehen
Überwachungslme und -serien generell verstärkt dazu über, die Perspek-
tive um 180 Grad zu drehen und soziale Überwachung vor allem unter dem
Gesichtspunkt der exhibitionistischen Selbstvermarktung von Akteuren
(und weniger als voyeuristische Pathologie der Zuschauer) zu diskutieren –
Voyeurismus scheint demgegenüber bereits als kultureller Normalfall ange-
sehen zu werden. Anschaulich wird dies im Film e Good Neighbour (USA,
2016, Kasra Farahani), wo selbst der hier noch eindeutig vorhandene Voyeu-
rismusdiskurs vor allem auf den Versuch einer medialen Kompensation eines
Aufmerksamkeitsdezits zurückgeführt wird.
Im Film wird der titelgebende Nachbar Grainey Opfer eines perden
Überwachungsspieles, bei dem die beiden Freunde Ethan und Sean ihr
Gegenüber durch etliche digitale Miniaturkameras lmen und aufzeichnen,
um herauszunden, ob der Rentner durch inszenierte Geistererscheinungen
an die Existenz übernatürlicher Phänomene zu glauben beginnt, wobei das
‚Experiment‘ von vornherein unter dem Vorzeichen seiner Vermarktung ini-
tiiert wird.
Der voyeuristische Akt wird dabei lmideologisch der Manipulationsab-
sicht der Protagonisten untergeordnet: Während der Zustand des Beobach-
tens im Filmverlauf konstant bleibt und nicht unmittelbar sanktioniert wird,
steigern sich die simulierten Poltergeist-Erscheinungen bzw. die Eingrie der
Jugendlichen in ihrer Intensität und führen schließlich zum Tod Graineys.15
Die beiden Hauptguren werden im darauolgenden Gerichtsprozess zwar
15 Als Ethan eine defekte Kamera im Haus des Nachbarn sicherstellen will, weckt
er Grainey versehentlich und verschiebt bei der Suche nach einem Versteck eine
Glocke. Als Grainey dies entdeckt, erschießt er sich selbst: Mit seiner verstor-
benen Frau hatte er im Rahmen ihrer tödlichen Erkrankung vereinbart, sie solle
mit der Glocke klingeln, sobald sie ihn brauche. Grainey missversteht die Bewe-
gung der Glocke als jenes Geisterzeichen, womit die Jugendlichen ungewollt
den endgültigen Beweis für ihre ese der Wirksamkeit überwachungsgesteu-
erter Manipulation erhalten.
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
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schuldig gesprochen, die zentrale Pointe ist jedoch, dass Ethan im Rahmen
der durch den Prozess bedingten medialen Berichterstattung genau die
Menge an medialer Aufmerksamkeit erhält, die er sich die ganze Zeit über
wünschte.
Neben seinem krankhaen Exhibitionismus wird im Filmverlauf zwar
auch eine generelle voyeuristische Neigung Ethans indiziert, da er auch Sean
heimlich bei erotischen Aktivitäten lmt. Allerdings scheint es sich bei bei-
den Verhaltensweisen um Symptome desselben Mangels an elterlicher Auf-
merksamkeit zu handeln. Ethan wohnt bei seiner alleinerziehenden Mutter,
sein Vater ist im Gefängnis, womit die Aktionen des Teenagers einerseits die
fehlende Aufmerksamkeit seines Vaters medial aufzuwiegen versuchen und
sein Voyeurismus andererseits ein Dezit an sexueller (elterlicher) Aulä-
rung zu kompensieren scheint. Beides deutet weniger in Richtung individu-
eller Dezite, sondern mit dem Verweis auf den Bedeutungsverlust traditi-
oneller elterlicher Sozialisationsinstanzen und deren medialer Substitution
auf gesamtgesellschaliche Zusammenhänge.
In diese Richtung zielt auch der Film Nerve (USA, 2016, Henry Joost, Ariel
Schulman). Dieser zeigt ebenfalls eine narzisstische und exhibitionistische
Jugendkultur, bei der das titelgebende Spiel als extreme Steigerungsform
der dort vorhandenen Ordnung fungiert. Im Spiel müssen die sogenannten
‚Player‘ vom Publikum (den ‚Watchern‘) ausgewählte Mutproben absolvie-
ren, sich dabei mittels Handykamera lmen lassen und um die Gunst der
Zuschauer konkurrieren.
Das digitale Spiel fungiert in der Darstellung als Verstärker des im Film
verhandelten Menschenbildes, insofern die mediale Selbstzurschaustellung
bei der Lösung der Spielaufgaben unmittelbar in Form von Geld- und öent-
lichen Aufmerksamkeitsgewinnen belohnt wird. Auf den Höhepunkten des
Zweifels der Akteure (‚Soll ich’s wirklich machen?‘) und seiner Überwin-
dung steigern sich die eingeblendeten Zuschauerzahlen jeweils unmittelbar
und exorbitant, wobei die in diesem Rahmen vorausgesetzte ‚Mundpropa-
ganda‘ scheinbar in Sekundenschnelle ihre Wirkung entfaltet und ein eng
begrenztes lokales Zuschauernetzwerk voraussetzt.16 Genauso werden die
16 Dies ist relativ typisch für die Darstellung der Resonanzeekte zwischen realem
und digitalem Raum, die als unmittelbar verschränkt inszeniert werden: Auch
in der Netix-Produktion Cam (USA, 2018, Daniel Goldhaber) führen beson-
ders gewagte Aktionen in einem Videochat-Kanal zu einer unmittelbaren, d. h.
nahezu zeitgleichen Steigerung der Zuschauerzahlen.
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angeblichen tausenden Watcher jedes einzelnen Players dadurch konterka-
riert, dass lokale Abstimmungen auf einer Party zu einer unmittelbaren Mut-
probe führen. Nerve betont also gerade nicht die Unwägbarkeiten innerhalb
eines Zehntausende Menschen beinhaltenden digitalen Netzwerks, sondern
inszeniert das Spiel als Verlängerung des unmittelbaren sozialen Umfelds
und des Sozialverhaltens der Protagonisten. Verstärkt wird dieses allerdings
dadurch, dass sich im Hintergrund scheinbar stets unendlich viele weitere
passive Zuschauer bzw. Voyeuristen sammeln, die den positiven Reaktionen
auf das exhibitionistische Verhalten der Player als anonyme ‚Masse‘ normati-
ves Gewicht verleihen.
Auf Figurenebene führt das Spiel schließlich zu einem positiv konno-
tierten Charakterwandel der Hauptgur Vee. Der zu Filmbeginn noch
zurückhaltende Teenager, der nicht in der Lage ist, nach seinen eigenen
Bedürfnissen zu handeln (im Kontext des Jugendlmes: ihr ‚love interest‘
anzusprechen), transformiert über die Mutproben zu einer überaus selbst-
bewussten Figur. Am Schluss hält sie dann sogar jener sich im Rahmen des
Spielverlaufs oenbarenden Jugendkultur den Spiegel vor und vertritt oen-
siv ihre eigenen moralischen Überzeugungen. Dabei werden die anonymen
Watcher mithilfe eines befreundeten Hackers zum Filmende entanonymi-
siert und Vee inszeniert ihren eigenen Tod, um die nun identizierbaren Per-
sonen mit ihrer jetzt auch justiziablen Mittäterscha (bzw. der unterlassenen
Hilfeleistung in einem Todesfall) zu konfrontieren.17
Dieser Charakterwandel ist dann auch uneingeschränkt positiv konno-
tiert. Abweichend ist demgegenüber vor allem eine Freundin von Vee, die
das Spiel als reine Selbstdarstellungsplattform ‚missbraucht‘ und Vee ihren
‚Erfolg‘ (also die Tausenden Watcher) missgönnt. Im Film sanktionierte
17 Auch der Internet-Krimi Anonym (Ursula Poznanski/Arno Strobel. Anonym.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2016) sowie eine Episode der Anthologieserie
Black Mirror (‚Hated in the Nation‘: Stael 3, Episode 6) schildern ein ähnli-
ches, jedoch weit drastischeres Szenario: Hier geht es jeweils um Morde, die im
Internet publiziert werden, wobei die Internetuser bezüglich der Auswahl der
Opfer ‚voten‘ können. Als Gegenmodell zur sozialen Enthemmung im schein-
bar anonymen digitalen Raum steht dann in beiden Fällen wie bei Nerve eine
Art Transparenzutopie, welche die Sehnsucht nach geordneten Verhältnissen
repräsentiert: Die Killer veröentlichen am Ende jeweils Listen mit den Namen
all derjenigen, die für ein Opfer gevotet haben und die damit juristisch verfolg-
bar (Anonym, Nerve) bzw. selbst zu Mordopfern (‚Hated in the Nation‘) wer-
den, womit ein Exempel statuiert und ein Honungsschimmer in der Tilgung
aller normverletzenden Personen aus dem Internet ausgemacht wird.
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Grenzen des Spiels betreen folglich hochrangige Normverstöße wie die
Gefährdung von Menschenleben sowie den Fall, dass die transformative
Kra des Spiels narzisstisch zweckentfremdet wird und damit gerade keine
persönliche Transformation stattndet, weil sich der Fokus beim Spiel dann
statt auf das Selbst nur auf andere richtet. Eben deswegen werden am Ende
des Filmes auch sämtliche Watcher sanktioniert, weil ihr passiver Voyeu-
rismus sich in Opposition zum propagierten Menschenbild bendet. Das
Spiel Nerve muss schlussendlich aufgrund seiner falschen Rollenverteilung
beendet werden, wobei Vee im Rahmen der Fremdbestimmung des Spiels
eine Selbstermächtigung vollzieht und als Beweis ihrer neu gewonnenen
Autonomie schließlich auch das Spiel selbst als fremdbestimmende Instanz
überwindet.
Dabei wird der exhibitionistische Spielrahmen jedoch durchaus als indi-
vidueller Selbsterfahrungs- und Transitionsraum inszeniert und in diesem
Kontext ideologisch aufgewertet. Rein passiver Voyeurismus dagegen wird
sanktioniert. In diesem Kontext wird die Lust am Zuschauen beim Gegen-
über zwar vorausgesetzt, jedoch nicht mehr individuell, sondern lediglich
noch auf kollektiver Ebene verhandelt. Insgesamt vermittelt wird eine
Ideologie des ‚Machens‘, die im ‚Angesehenwerden‘ das Potenzial zur akti-
ven Selbstoptimierung ausmacht. Dies führt zum thematischen Feld der
Selbstüberwachung.
2.2 Selbstüberwachung
Auch der Topos der Selbstüberwachung repräsentiert eine Normalisierung
von Überwachung auf unterschiedlichen Ebenen, wobei die entsprechenden
Praktiken weniger exhibitionistisch motiviert sind, sondern unmittelbar mit
politischen und kulturellen Entwicklungen korrelieren. Dies zeigt ein Bei-
spiel aus dem politischen Filmdiskurs, in dem das Individuum seine Norm-
konformität gegenüber einem autoritären Staat dokumentiert, der seine Bür-
ger unter Generalverdacht stellt.
2004, drei Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001, kommt
mit Freeze Frame (GB, 2004, John Simpson) ein britischer Film in die
Kinos, in dem der unschuldig des Mordes verdächtigte Sean Veil nach sei-
nem Freispruch dazu übergegangen ist, mit Hilfe von über 90 Kameras
jeden seiner Schritte zu dokumentieren, um nicht erneut in die Fänge der
Justiz zu geraten und ein lückenloses Alibi vorweisen zu können. Der Titel
Freeze Frame bezeichnet einen Eekt aus der Filmtechnik, bei dem ein
Martin Hennig
111
Einzelbild mehrfach hintereinander kopiert wird, sodass der Eindruck ent-
steht, das Filmbild würde eingefroren. Im Film zeigt der Titel den Wunsch
an, einzelne Momente zu konservieren und analog zur Filmdynamik auch
die Komplexität der dargestellten Welt zu reduzieren bzw. Sicherheit für
das Individuum zu produzieren. Als nun einige Videokassetten aus Veils
Selbstüberwachungsarchiv verschwinden, führt dies im Rahmen eines
zweiten Mordfalls tatsächlich zu erneuten Verdächtigungen, wobei die
wahren Täter wiederum nur durch eine Kameraaufnahme überführt wer-
den können – unabhängig von der recht konventionell geratenen Auf-
lösung des Kriminalfalls zum Film ende ist es signikant, dass die Praktik
der Selbstüberwachung in diesem Rahmen nachdrücklich bestätigt wird.
Entsprechend endet der Film mit einer vom Protagonisten aufgestellten
und im letzten Filmbild schrilich xierten Verhaltensregel: „Never stop
lming yourself. Ever.“ (TC: 01:32:15)
Dabei dokumentiert Freeze Frame einen Übergang zur digitalen Über-
wachungsgesellscha: Zuerst werden die Geschehnisse von Veil noch auf
analogen Bändern gespeichert, die jedoch als manipulierbar vorgeführt
werden und wie erwähnt abhandenkommen. Eine derart umfassende und
mobile Selbstüberwachung, wie sie die Hauptgur praktiziert, macht
demgegenüber (vom Produktionsjahr 2004 aus gesehen) ‚neue‘ Wege
der Datengewinnung und -speicherung notwendig, die der Film explizit
reektiert. Im Rahmen des dramaturgischen Höhepunkts legen mehrere
Tatbeteiligte in der Anwesenheit Veils ein umfassendes Geständnis ab,
allerdings erst, nachdem sie sämtliche xe Videokameras am Handlungs-
ort funktionsunfähig gemacht haben. Sie übersehen jedoch die Webcam
eines mobilen Laptops, durch dessen Festplattenaufzeichnung Veil schließ-
lich entlastet wird. Damit repräsentiert die Auösung der Handlung den
Wandel von noch begrenzter Überwachung mittels lokaler Videokameras
zu omnipräsenten digitalen Datenaufzeichnungen, vor denen es für die
Täter kein Entkommen gibt.
Dass derlei Konstellationen im Zusammenhang mit dem ‚Krieg gegen den
Terror‘ keine reinen Fiktionen mehr sind, dokumentieren zum Beispiel die
Projekte des Medienprofessors und Künstlers Hasan M. Elahi. Elahi wurde
einige Monate nach 9/11 angezeigt und verdächtigt, er würde in einem
angemieteten Lagerraum Sprengsto horten. In dem Raum lagerte er jedoch
lediglich seine Winterkleidung ein. Es dauerte allerdings ein halbes Jahr
und mehrere Befragungen, bis Elahi oziell vom Verdacht freigesprochen
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
112
wurde.18 Seither macht Elahi auf seiner Webseite19 jeden seiner Schritte öent-
lich, in der Regel in Form von Google Earth-Aufnahmen im Verbund mit einer
fotograschen Ansicht seines jeweiligen Aufenthaltsortes. Dabei veröent-
licht Elahi die Daten in der Regel nicht ungeltert: Er inszeniert, arrangiert
und publiziert auch Bildkompositionen, etwa eine Reihe von Fotograen, die
unter das Paradigma ‚Flugzeugessen‘ fallen.20 Seine Werke werden folgerichtig
zur Kunst erklärt und in namhaen Galerien ausgestellt. Signikant ist, dass
Elahi dabei niemals selbst im Bild zu sehen ist, jede Information über seinen
Aufenthaltsort hinaus muss interpretativ aus dem Bildmaterial abgeleitet wer-
den: „Elahi gibt den Nutzer/innen hier ganz eindeutig ‚too much information‘,
gleichzeitig bleibt relevante, nutzbare Information verborgen. Die Datenut
lässt sich nicht mehr re-kontextualisieren und sinnstiend interpretieren oder
gar zu einer kohärenten Identität von Elahi zusammenfügen.21
Entsprechend beschreibt der Künstler selbst seine Arbeit in einem Inter-
view folgendermaßen:
Natürlich können die Geheimdienste Milliarden und Abermilliarden Daten
scannen. Aber wie nden sie heraus, in welcher Stadt die Toilette mit dem
blauen Klodeckel stand? Sie benötigen einen Übersetzer, um zu verstehen, was
ich mache. Die Daten können sie bewältigen, die kulturelle Barriere nicht. Ich
will sie zu einem anderen kulturellen Verständnis zwingen. Es ist immer mög-
lich, innerhalb des Systems auf das System zu reagieren.22
Elahis Strategie besteht folglich darin, Überwachungsästhetiken für seine
eigenen Medienprojekte zu funktionalisieren, wobei die kulturelle Interpre-
tationsbedürigkeit von Daten inszenatorisch ausgestellt wird und die einzel-
nen Überwachungsbilder damit im Bereich der Kunst rekontextualisierbar
18 Vgl. Hasan M. Elahi. „You Want to Track Me? Here You Go, F. B. I.e New
York Times, 29.10.2011. URL: http://www.nytimes.com/2011/10/30/opi-
nion/sunday/giving-the-fbi-what-it-wants.html [26.11.2018].
19 Hasan M. Elahi (o. J.). Tracking Transience v2.2. URL: http://elahi.umd.edu/
track/ [02.11.2018].
20 Vgl. Christine Käppeler. „Gebt ihnen Daten!“ Der Freitag 33 (2013). URL:
https://www.freitag.de/autoren/christine-kaeppeler/gebt-ihnen-daten
[02.11.2018].
21 Bärbel Harju. „‚e Glass Room‘ – Privatheit in digitalen Kunstprojekten“.
Digitalität und Privatheit. Hg. Christian Aldenho u. a. Bielefeld: transcript
(im Erscheinen).
22 Käppeler. „Gebt ihnen Daten!“ (wie Anm. 20).
Martin Hennig
113
werden. Dennoch ist auch hier eine Normalisierung von Überwachungs-
praktiken und -ästhetiken zu konstatieren, was Elahi selbst im Interview aus-
drücklich betont:
Wir werden in naher Zukun unweigerlich mehr mit unseren Datenkörpern
als mit unseren physischen Körpern interagieren. Die Frage ist doch: Von wem
sollen diese Informationen stammen? Will ich, dass mir die NSA eines Tages
alles über mich erzählt – oder erzähle ich lieber selbst der NSA alles über
mich? Wenn wir uns gläsern machen, werden die Informationen der NSA
wertlos.23
Folgerichtig lässt sich das Werk Elahis als Versuch lesen, Datenhoheit
zurückzugewinnen, indem er seine Daten als Bilder reinszeniert und als
Künstler einem konventionellen Autorschaskonzept unterordnet, wobei
das aus der Überwachung entspringende (symbolische und ökonomische)
Kapital statt für fremde ökonomische oder politische Interessen wieder für
das Individuum selbst nutzbar wird.
Diese inszenierte Wiederaneignung der eigenen Daten führt zu einem zwei-
ten Bereich der Selbstüberwachung, der schon viel stärker im Alltag verwur-
zelt ist. Gemeint sind digitale Vermessungen des Körpers, wie man sie von
Fitnessarmbändern, Smartwatches usw. kennt. In Extremform werden derlei
Selbstverdatungen von der sogenannten ‚Quantied Self-Bewegung24 betrie-
ben. Der Begri Quantied Self meint Praktiken zur Aufzeichnung und
Analyse von körper- und verhaltensbezogenen Daten und dient zum Bei-
spiel dem Erkenntnisgewinn in Bezug auf physiologische Fragestellungen:
Wie steuere ich meine Koeinzufuhr über den Tag hinweg, um ein ideales
Leistungsniveau zu erreichen? Oder es geht um die Objektivierung eigener,
häug nicht bewusster Gewohnheiten: Was sind die unbewussten Aus löser
im Alltag, die mich zum Rauchen animieren? Wie hier schon anklingt, dient
diese Form der Selbstverdatung unmittelbar der Selbstoptimierung, wobei
die Überwachung die Sichtbarmachung nicht bewusster Gewohnheiten
und körperlicher Details bezweckt, die in der Folge als gezielt steuerbar
wahrgenommen werden. Entsprechend ist auf der Webseite der deutschen
23 Käppeler. „Gebt ihnen Daten!“ (wie Anm. 20).
24 Vgl. hierzu ausführlich: Nicole Zillien/Gerrit Fröhlich/Mareike Dötsch (2014):
„Zahlenkörper. Digitale Selbstvermessung als Verdinglichung des Körpers“.
Präsenzen 2.0. Körperinszenierung in Medienkulturen. Hg. Kornelia Hahn/
Martin Stempuber. Wiesbaden: Springer VS, 2014, S.77-96.
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
114
Quantied Self-Community zu lesen: „Ähnlich einem Spiegel liefern
die damit erfassten Daten über uns selbst, [sic!] eine Möglichkeit, uns zu
reektieren und zu erkennen, was bessere, informiertere Entscheidungen
erlaubt.25 Während Elahi sich dagegen wehrt, über seine Daten zum (passi-
ven) Objekt im System gemacht zu werden und in seinen Arbeiten die Sub-
jektivität von Datensammlungen und deren Auswertung ausstellt, gehen die
Praktiken der Quantied Self-Bewegung in die entgegengesetzte Richtung:
Das Subjekt überwacht sich selbst, um über scheinbar objektive Daten den
Zugri bzw. die Kontrolle über das eigene Selbst zu steigern – was natür-
lich zwangsläug auch mit einem Kontrollverlust einhergeht, insofern damit
(Selbst-)Verantwortung an technische Systeme der Datenerfassung und -aus-
wertung abgegeben wird.26
Überwachung durch die Mediennutzer selbst spielt auch im digitalen
Medium des Computerspiels eine zentrale Rolle. Auch hier rahmt der Topos
der Überwachung Szenarien der Selbstoptimierung und Kontrollfantasien.
So werden in den narrativen Rahmenhandlungen von Computerspielen
immer wieder Überwachungsdystopien konstruiert, die Weltentwürfe tota-
ler staatlicher oder institutioneller Kontrolle bemühen, um aus der Mani-
pulation und Zerstörung von Überwachungskameras ein wiederkehrendes
Spielziel abzuleiten.27 Umfassend überwachte Umwelten sind dabei nicht
nur als Einschränkungen, sondern auch als Voraussetzungen zur Entwicklung
der Spielgur zu verstehen – ohne Überwachung keine Erfahrungspunkte
für die Vermeidung bzw. Zerstörung visueller Überwachungsapparaturen.
Computerspiele beinhalten darüber hinaus häug auch spielergesteuerte
25 Quantied Self Deutschland (o. J.). Homepage. URL: http://qsdeutschland.
de/info/ [02.11.2018].
26 Nach Felix Stalder generieren Algorithmen Wissens- und Ordnungsstrukturen,
sie strukturieren Handlungen in sozio-technischen Systemen maßgeblich vor;
die technologischen Ressourcen schreiben sich deshalb bereits auf der Ebene
der Formulierung von Zielvorstellungen in das Handeln von Subjekten ein,
was im Beispielkontext schon an der Dominanz des mathematisch-technischen
Paradigmas der Quantizierung deutlich wird. Vgl. Felix Stalder. Kultur der
Digitalität. Berlin: Suhrkamp, 2016, S.164-202.
27 Vgl. die erfolgreichen Spieleserien Metal Gear Solid (Kojima Productions/Kon-
ami, seit 1998), Deus Ex (Ion Storm Austin/Eidos Interactive, seit 2000) oder
Bioshock (2K Games, seit 2007).
Martin Hennig
115
Überwachung als Gameplay-Element.28 In diesem Zusammenhang kontex-
tualisieren Referenzen auf traditionelle Überwachungsnarrative wie George
Orwells 1984 Spielszenarien, in denen Überwachung als Zeichen für Fremd-
kontrolle in Spielerkontrolle transformiert werden kann, indem man Über-
wachung bekämp oder Praktiken der Gegenüberwachung etabliert.
Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Computerspiel-Reihe Watch
Dogs (Ubiso, seit 2014) in der sich die Darstellung analoger wie digitaler
Überwachung nahtlos in das Computerspiel-Dispositiv einbettet. Tradi-
tionelle Schleich-Mechanismen werden hier ergänzt durch die körperlose
Inbesitznahme ganzer Gebiete mittels eines Computerzugangs zu Über-
wachungskameras. Während man sich dabei weiterhin der Ästhetik von
Videoüberwachung bedient, ist die Darstellung digitaler Vernetzung von
Computersystemen und Kameras direkt mit einer Zunahme spielerischer
Reichweite korreliert, die nicht mehr an eine physische Präsenz gebunden
ist. Türen können geönet, Detonationsfallen aktiviert und andere Com-
puter aus der Perspektive einer Überwachungskamera gehackt werden. O
muss ein Missionsgebiet nicht einmal physisch betreten werden, sondern
Spieler können von Kamera zu Kamera ‚springen‘, um die Mission erfolg-
reich abzuschließen. Die Simulation einer globalen spielergesteuerten Über-
wachbarkeit der Spielwelt ist dabei als konsequente dispositive Entwicklung
des Computerspiels zu verstehen: Über die vernetzten Überwachungskame-
ras wird eine Art ‚Gott-Perspektive‘ auf die Spielwelt simuliert. Sie ermög-
licht es Nutzern, die Umwelt zu manipulieren, Gegner ohne Gefahr für die
eigene Spielgur entkörperlicht zu liquidieren und große Teile der darge-
stellten Welt symbolisch in Besitz zu nehmen. Die digitale Überwachung ist
hier folglich gleichbedeutend mit der totalen räumlichen Verfügbarkeit der
Diegese für die Spieler.
Watch Dogs unterscheidet dabei auf seiner syntaktischen Ebene nicht zwi-
schen der funktionalen Zuordnung von Informationen im Interface (Mini-
Map, Missionsdarstellung, Anzeige von Interaktionspunkten in der Diegese)
und der Darstellung zusätzlicher intradiegetischer Datenpraktiken durch die
Spielgur. So ist es möglich, über jeden im Spiel aundbaren Passanten ein
Datenprol abzurufen, was sich auf derselben Interfaceebene bendet wie
die übrigen Anzeigen. Es ist deshalb kaum vorstellbar, dass hier eine kritische
Reexion derartiger Datenpraktiken stattndet – zumindest hätte dies auch
28 Vgl. die Spieleserien ief (Locking Glass Studios, Ion Storm Austin, Eidos
Montreal/Eidos Interactive, Square Enix, seit 1998), Assassin’s Creed (Ubiso,
seit 2007) oder Dishonored (Arkane Studios/Bethesda Soworks, seit 2012).
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
116
Konsequenzen für den regulären Informationsuss zwischen Programm und
Nutzern und wäre gleichbedeutend mit einer Störung des Spielprozesses.
Insofern Überwachung damit mehr oder weniger ‚unsichtbar‘ in die Spiel-
mechanik und die generelle Informationsdistribution des Computerspiels
eingebettet ist, nehmen Computerspiele meist eine ambivalente Perspektive
auf das ema ein. Dies kann innerhalb einer Dystopie behandelt werden,
aber auf spielmechanischer Ebene bleibt Überwachung für den Spielprozess
stets funktional.
Dementsprechend unterscheidet die Erzählung in Watch Dogs auf ideo-
logischer Ebene zwischen der Überwachung durch die Spieler und Fremd-
überwachung. Die Überwachungstechniken des Protagonisten sind funk-
tional, um ein korruptes politisches System zu bekämpfen, daher lediglich
als vor übergehend gekennzeichnet und positiv konnotiert. Ein negativer
Extrempol ist hingegen die langfristige Manipulation des Verhaltens der
Bevölkerung durch Überwachung zur Steigerung des Einussbereichs der
politischen Antagonisten (was letztlich jedoch nur die Motivation der Spie-
ler widerspiegelt, die ebenfalls darauf abzielen, die dargestellte Welt unter
ihre vollständige Kontrolle zu bringen).
Insgesamt fungiert Überwachung im Computerspiel als Rahmen für
Selbstermächtigungsszenarien und ist gleichbedeutend mit einem Kontroll-
zuwachs der Spielgur und deren Optimierung, wobei sich diese Tendenz in
der Darstellung delokalisierter digitaler Datenpraktiken wie in Watch Dogs
noch potenzieren kann.29
2.3 Verschränkungen der Diskurse
Überwachungsnarrative, die sich mit den omnipräsenten Überwachungs-
strukturen im Kontext sozialer Medien auseinandersetzen, lassen sich als
Synthese und Steigerungsform der bisher behandelten Modelle einordnen.
Die Topoi der sozialen Überwachung wie auch der Selbstüberwachung
29 Im Gegensatz hierzu benden sich Computerspiele, die sich inhaltlich dezidiert
mit Überwachung als Kontrollmechanismus befassen. Diese verhalten sich ten-
denziell selbstreexiv in Bezug auf ihre Eigenschaen als mediales Dispositiv
(in Hinblick auf die Notwendigkeit der Kontrolle von Spielern). Da eine derar-
tige Oenlegung von Spielmechaniken allerdings immer die Gefahr beinhaltet,
den Spielverlauf zu hemmen, ist ein solcher Ansatz auf dem Spielemarkt sehr
selten zu beobachten; die bekannteste Ausnahme ist e Stanley Parable (Galac-
tic Cafe, 2013).
Martin Hennig
117
bilden hier zwei Seiten einer Medaille und werden nicht mehr nur auf indi-
vidueller, sondern allgemein auf gesellschalicher Ebene verortet. Letztlich
stehen dabei wieder totalitäre Strukturen im Fokus – hier schließt sich der
Kreis von der Überwachungskultur zu Narrativen des Überwachungsstaates.
So geht es im amerikanischen Beststeller e Circle von Dave Eggers aus
dem Jahr 2013 und in der Verlmung von 2017 (USA, 2017, James Ponsoldt)
um ein Konzernmonopol – eben jenen namensgebenden Circle –, das sich
auf der Basis von Social Media-Anwendungen zu einer souveränen, staats-
äquivalenten Macht aufgeschwungen hat. „Privacy Is e“ und „Sharing is
Caring“30 lauten zwei der von dem Anbieter verbreiteten Mottos. Diese Leit-
sprüche setzen Paradigmen des digitalen Raumes (die ‚Sharing‘-Kultur und
Selbstpreisgaben auf sozialen Netzwerken) äquivalent mit positiven sozialen
Interaktionen des realen Raumes („Sharing is Caring“) und verweisen auf
einen damit einhergehenden Wertewandel („Privacy Is e“). Text und
Film problematisieren nun diese Grenzüberschreitungen und argumentie-
ren, dass Internet-Paradigmen wie soziale Vernetzung und personelle Trans-
parenz auf die reale Welt gewendet ihr ‚wahres‘ Gesicht zeigen, insofern sie
sich als repressive Mechanismen entpuppen, die nur die Macht des Konzerns
verstärken.
Das Modell der Transparenzgesellscha wird dabei dazu genutzt, eine
totalitäre Fiktion innerhalb eines demokratischen Umfelds zu konstruieren –
der Kreis als Sinnbild allseitiger Sichtbarkeit zieht gleichfalls eine Grenze,
aus der es kein Entkommen gibt. Allerdings ist die Errichtung des Überwa-
chungsstaates nun nicht länger politisch, sondern ökonomisch gesteuert. Die
historische Entwicklung der Überwachungsnarrative von 1984 bis hin zu
e Circle zeugt damit von der gestiegenen Macht wirtschalicher Akteure
und kennzeichnet auch den Übergang zwischen zwei kulturgeschichtlichen
Modellen, nämlich den Weg von der Disziplinargesellscha nach Michel
Foucault31 in die Kontrollgesellscha nach Gilles Deleuze.32 In Letzterer
zeigt sich Macht nicht mehr primär durch Strafe, deren Androhung und
schließlich die freiwillige Selbstunterwerfung wie im Überwachungsstaat
nach Foucault, sondern vor allem durch die Dominanz kapitalistischer Logi-
ken in allen gesellschalichen Bereichen, wobei die Individuen in prinzipiell
30 Dave Eggers. e Circle. London: Penguin, 2013, S.303.
31 Vgl. Michel Foucault. Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1990.
32 Vgl. Gilles Deleuze. „Postskriptum über die Kontrollgesellschaen“. Unter-
handlungen. 1972-1990. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1990, S.254-262.
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
118
oene Milieus, jedoch in permanente Rivalität zueinander gesetzt werden
(soziale Überwachung), was sie einer andauernden Selbstüberwachung,
-kontrolle und -optimierung unterwir.
Vorgeführt wird dies am durchgängig armativen Verhalten der neuen
Mitarbeiterin Mae gegenüber der Konzernideologie. Die Hauptgur
beschließt im Handlungsverlauf selbst ‚transparent‘ zu werden, das heißt ihr
Leben beim Circle rund um die Uhr von Kameras lmen zu lassen und mit
ihren Followern zu ‚teilen‘. Diese Entscheidung resultiert aus der Idee, ein
unbeobachtetes Leben führe zu gefährlichen Normverstößen (Mae stiehlt
ein Kajak und kommt dabei fast ums Leben), wobei Mae die Überwachung
für sich als Anreiz zur Selbstoptimierung interpretiert. Der Text folgt dabei
konsequent der Perspektive seiner Hauptgur, weswegen Voyeurismus auch
hier an kaum einer Stelle thematisch und lediglich der gesichtslosen Masse
zugeschrieben wird. Der verhandelte Exhibitionismus dagegen wird politi-
siert und damit zur Transparenz umkodiert.
Die Verlmung nimmt allerdings gegenüber dem Roman einige signi-
kante Bedeutungsverschiebungen vor, von denen im Folgenden zwei einge-
hender analysiert werden.
A) Während der Roman mit der Transparentwerdung Maes und ihrer
Einwilligung zur sozialen Überwachung die Verblendung seiner Hauptgur
deutlich macht, inszeniert der Film den digitalen Exhibitionismus seiner
Protagonistin als sozial funktional. Auf Ebene der Darstellung wird hier eine
Art Pseudo-Kommunikation zwischen Mae und ihrem digitalen Publikum
inszeniert. Zuerst werden stets Handlungen Maes gezeigt, auf welche die
im Folgenden eingeblendeten Kommentare ihrer Zuschauer unmittelbar
dialogisch zu reagieren scheinen. Auch sind es im Schwerpunkt kollektive
soziale Interaktionen in halböentlichen Kontexten, die von den Followern
begleitet werden, wobei sich die virtuellen Zuschauer innerhalb einer Büh-
nenvorführung oder eines Dialogs im Freundeskreis lediglich in das sowieso
realräumlich vorhandene Publikum eingliedern. Hinzu kommt, dass weit
weniger negative Rückwirkungen der Transparenz für Mae im Film themati-
siert werden, obwohl der völlige Verlust von Privatheit im Originaltext eine
wiederkehrende Rolle spielt, bspw. in Form der Suche nach einem letzten
ungelmten Rückzugsort auf der Firmentoilette.
B) Auf Histoire-Ebene wurde insbesondere das Ende des Romans dras-
tisch abgewandelt und in seinen Aussagen ins Gegenteil verkehrt. In Buch
und Film führt Maes Verblendung zwar zum Tod ihres Exfreundes Mercer,
allerdings läu Maes weitere Entwicklung im Film nicht auf eine soziale
Isolation wie im Originaltext hinaus. Dort führt die Konzentration auf ein
Martin Hennig
119
rein digitales Leben zum vollständigen Verlust aller realen sozialen Kontakte
der Protagonistin. Dies wird im Film vollständig zurückgenommen, denn
Maes Entwicklung führt hier lediglich zur zentralen Einsicht, dass Transpa-
renz nur solange problematisch ist, wie soziale Hierarchien existieren. Folge-
richtig macht Mae auch die Circle-Chefs zum Filmende gegen ihren Willen
transparent, wobei sich etliche Normverstöße oenbaren. Prinzipiell bleibt
die Transparenzutopie damit bestehen und belässt die semantische Verknüp-
fung der Werte Sichtbarkeit und Gerechtigkeit intakt.
Ein entpolitisiertes Modell ‚ökonomischer‘ Selbstdarstellung ndet sich
wiederum in oen kritisierter, dystopischer Form im letzten hier behandel-
ten Beispiel. Die Serie Black Mirror (GB, seit 2011, Channel 4/ab Stael 3
Netix) behandelt in jeder Folge ein anderes im Zusammenhang mit der
Digitalisierung stehendes Zukunsszenario. In der Episode Nosedive (Stael
3, Episode 1) wird ein umfassendes kulturelles Scoring-System auf der Basis
von Social Media-Anwendungen verhandelt. Auch hier werden Paradig-
men des digitalen Raums in die Realität der dargestellten Welt übertragen:
Jede soziale Interaktion wird mit einem bis fünf Sternen bewertet und zu
einem personalisierten Score addiert. Zusätzlich publizieren Bürger sämtli-
che Details ihres Tagesablaufs in retuschierter, optimierter Form33, um mög-
lichst hohe Bewertungen zu erzielen.34 Die Interaktion mit hochbewerteten
Personen lässt den Score steigen, Interaktionen mit Abweichlern führen zum
sozialen Abstieg. Entlang des hier verhandelten Zeitgeists sind folglich alle
33 In der Episode ndet sich etwa eine Parodie auf die Bildform des sogenannten
‚Food Porn‘, d. h. die ästhetisierte Zurschaustellung von Essen in der Werbung
oder auch auf sozialen Netzwerken. Die Protagonistin arrangiert umständlich
ihren Keks und Cappuccino, verzieht jedoch nach dem entsprechenden Posting
angewidert das Gesicht.
34 Hier wird auf den sog. positivity bias referiert, dem Zwang zur Positivität, der
sich auf sozialen Netzwerkplattformen etabliert hat. Nach der medienpsycho-
logischen Forschung kristallisiert sich darin die Anpassung des Nutzungsver-
haltens an soziale Feedbackstrukturen, wodurch dierenzierte Gefühls- und
Charakterzustände nicht mehr abgebildet werden können. Vgl. Leonard Rei-
necke/Sabine Trepte. „Authenticity and well-being on social network sites: A
two-wave longitudinal study on the eects of online authenticity and the posi-
tivity bias in SNS communication“. Computers in Human Behavior 30 (2014),
S.95-102.
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
120
Figuren gezwungen, durchgehend Selbstoptimierung und -vermarktung zu
betreiben.35
Dabei installiert die Episode auch eine medienreexive Ebene. Die warme
Farbgebung von Nosedive erinnert an konventionelle Farblter des Foto-
sharing-Dienstes Instagram. Die dominanten Pastelltöne, die Wohnraum-
architektur und Kleidungscodes der Figuren referieren darüber hinaus ähn-
lich wie in Die Truman Show auf medial tradierte Darstellungen der bürger-
lichen Mittelschicht der 1950er Jahre, genauer auf die Heile-Welt-Ordnung
amerikanischer Sitcoms und Familienserien aus diesem Zeitraum.
Die Hauptgur Lucy bendet sich zu Episodenbeginn kurz vor dem
sozia len Aufstieg in die High Society. Ihr solider Score von 4.2 Punkten steht
kurz vor einer rapiden Steigerung, als sie von einer ehemaligen Freundin als
Trauzeugin zu einer Hochzeit mit Gästen aus dem 5-Sterne-Bereich einge-
laden wird. Doch die Episode schildert eine Abwärtsspirale, die mit einem
Streit zwischen Lucy und ihrem niedrig bewerteten Bruder beginnt, der zu
Zeitverlust führt, was in eine Vielzahl weiterer Komplikationen mündet, die
jeweils eine Abwertung von Lucys Score bedingen. Ihrer leiblichen Familie
und den in der biologischen Abstammung angelegten sozialen Hierarchien
kann Lucy folglich trotz aller Selbstinszenierung und -optimierung nicht
entkommen und dies mündet schließlich in einem Score von 0 Punkten.
Lucy wird darauin verhaet und im (durch seine gläserne Architektur pan-
optisch gestalteten) Gefängnis von ihrer Scoring-Hardware befreit, wobei
die Techniktilgung zu einem Gefühl neu entdeckter Freiheit führt, die sie
ad hoc in Form einer Beleidigungskanonade mit einem Mithäling auslebt.
Ironischerweise ist es in diesem Fall also das Panopticon, welches wieder
freie Selbstentfaltung gewährt. Hier wird noch einmal zentral die bislang
angesprochene Verschiebung deutlich. Der normative Anpassungsdruck
des Staates (symbolisiert im überwachten Gefängnis) nimmt gegenüber der
internalisierten gesellschalichen Normierung eine nur marginale Rolle ein.
Denn im Gegensatz zum Panopticon, das Sanktionierung und tatsächliche
Überwachung langfristig überüssig machen soll, werden Abweichungen in
der dargestellten Gesellscha unmittelbar sozial sanktioniert und langfristig
ausgeschlossen. Dabei wird ‚Normalität‘ entlang von Konsumästhetik und
Strategien der idealisierten Selbstdarstellung ausbuchstabiert. Die Lust am
Beobachten, die sich vor allem gegenüber Normabweichungen ergibt, ist
35 Vgl. zu diesem Subjektmodell aus soziologischer Sicht: Ulrich Bröckling. Das
unternehmerische Selbst: Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt a . M.:
Suhrkamp, 2007.
Martin Hennig
121
hier vollständig dem Zwang zur permanenten Selbstdarstellung gewichen,
die sich von vornherein an den Normen des Systems orientiert. Abweichun-
gen kann es deshalb nur noch in gesellschalich separierten Räumen wie
dem Gefängnis geben, die das Individuum dem Zwang zur permanenten
Selbstkontrolle und dem damit verknüpen Leistungsdruck entheben.
3. Fazit
Die behandelten Beispiele sind aus Gründen der Anschaulichkeit gewählt
worden, ohne jeden Anspruch auf vollständige Repräsentativität in Bezug
auf den Überwachungsdiskurs insgesamt. Sie markieren allerdings durch-
aus Verschiebungen in der Diskursgeschichte, die im Vergleich zueinander
zutage treten.
Anknüpfend an den impliziten Mediendiskurs in Das Fenster zum Hof
verhandeln die neueren Beispiele sämtlich eine Normalisierung von Über-
wachung auf kultureller Ebene. Insofern Voyeurismus dabei zusehends auf
gesamtgesellschalicher Dimension verortet ist, bildet Exhibitionismus das
zentrale Paradigma in Subjektdiskursen und wird noch als verhandelbar aus-
gewiesen. Auch hier ist allerdings eine Perspektivverschiebung von der per-
sonalen auf die systemische Ebene zu beobachten; dann nämlich, wenn die
Selbstveröentlichung im Kontext sozialer Medien normativen Charakter
gewinnt und die Beispiele sie als Transparenzanforderung oder ökonomi-
schen Selbstoptimierungszwang ausweisen.
Während also der digitale Überwachungsstaat in aktuellen Beispielen
wie Snowden (USA, 2016, Oliver Stone) weiterhin in seine Schranken ver-
wiesen wird, nehmen die Diskurse zu sozialer Überwachung und Selbst-
überwachung hierzu einen Gegenpol ein und handeln von einer massiven
kulturellen Ausweitung von Überwachungspraktiken. Dem Überwachungs-
staat geht es um die Sanktionierung von Normverstößen, so wie die Prota-
gonisten von Voyeurismus-Diskursen normative Abweichungen in den Blick
nehmen (wollen), dabei jedoch klassisch selbst als normverletzend ausge-
wiesen werden. Genau wie der Voyeurismus-Film jedoch die voyeuristische
Perspektive auch immer selbst ästhetisch funktionalisiert, sind Sicherheits-
und Sichtbarkeitsdiskurse dafür verantwortlich, voyeuristische Praktiken zu
normalisieren. Vor diesem Hintergrund verschiebt sich der Fokus mehr und
mehr auf (medialen) Exhibi tionismus als zentrales ema bzw. als zentrale
Grenzüberschreitung. Angesichts umfassender Sichtbarkeit legen Verhand-
lungen digitaler Selbst- und Fremdüberwachung den Fokus dann primär auf
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung
122
die Normeinhaltung, welche die sozialen Akteure selbst sanktionieren und
Überwachung dabei als Mittel zur Selbstoptimierung einsetzen.
Als Gegenentwurf innerhalb der ktionalen Beispiele ist vor allem eine
aulärerische Didaktik auszumachen, die eine Abkehr vom digitalen Raum
und dessen Paradigmen proklamiert. Demgegenüber wird die Zurückge-
winnung von Handlungsmächtigkeit in den realen Selbstüberwachungsdis-
kursen wiederum nur medial vermittelt gedacht. Dort werden etwa Ideolo-
geme der Post Privacy-Debatte36 bemüht, insofern Selbstoptimierungs- und
Selbstermächtigungsmodelle in der Regel einen freien kulturellen Zugri
auf Daten als Lösungsstrategie angesichts unumkehrbarer technischer Ent-
wicklungen vorsehen.37 Eine solche Zugrisfreiheit kann wiederum in den
Simulationsszenarien des Computerspiels bereits praktiziert werden.
Im Wechselspiel dieser verschiedenen medialen Formen bildet sich ein
diskursives Feld, innerhalb dessen sich Kulturen mittels der Beobachtung des
Beobachtens bezüglich Formen, Praktiken und Normen von Kontrolle und
Überwachung verständigen. Und will man diese Diskurse wiederum beob-
achten, gilt es, Narrative der sozialen- und Selbstüberwachung in den Blick
zu nehmen, ohne dabei jedoch die übergeordneten Zusammenhänge zu ver-
lieren. Denn gerade die in den ktionalen ematisierungen digitaler Kultu-
ren konstruierten negativen anthropologischen Modelle und insbesondere
die jeweils ähnlichen Beschreibungen exhibitionistischer, unreektierter
Jugendkulturen tendieren getreu der Idee der Kontrollgesellscha dazu, den
Verantwortungsdiskurs abseits von (politischen, ökonomischen) Systemen
auf die sozialen Akteure selbst zu verlagern und horizontale gegenüber verti-
kalen Überwachungsstrukturen zu xieren (wie auch die realen Vertreter der
Selbstüberwachung vertikale Überwachungslogiken auf horizontaler Ebene
adaptieren). Eine zentrale Aufgabe kritischer Analysen kann vor diesem
Hintergrund nur sein, Narrative von kleinen und großen Brüdern auf ihre
familiäre Herkun zurückzuführen.
36 Vgl. hierzu im deutschsprachigen Raum Christian Heller. Post-Privacy: Prima
leben ohne Privatsphäre. München: C. H. Beck, 2011.
37 Wobei auch ktionale Texte alternative digitale Anwendungsszenarien als
Lösungen für Probleme der Digitalisierung entwerfen: So werden Open-
Source-Varianten von Überwachungstechnologien als positive Gegenmodelle
bemüht, da diese andere (egalitäre) soziale Ordnungen konnotieren. Vgl. etwa
die Roman-Enden von: Marc Elsberg. ZERO. Sie wissen, was du tust. München:
blanvalet, 2014 oder Tom Hillenbrand. Drohnenland. Köln: Kiepenheuer &
Witsch, 2014.
Martin Hennig
Inhaltsverzeichnis
Werner Jung / Liane Schüller
Vorwort .........................................................................................................
Liane Schüller / Rainer Schüller-Fengler
„Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los“.
Intelligente Systeme zur Überwachung in Alltag und Literatur .......
Simone Loleit
Salman und Morolf – ein mittelalterlicher Prototyp
des Spionageromans? .................................................................................
Peter Ellenbruch
Das Auge über allen.
Eine gesellschasreexive Traditionslinie der Science-Fiction .........
Sabrina Huber
Der überwachende Erzähler – Blick und Stimme
im gegenwärtigen Überwachungsroman.
Erzählperspektive und System-Diskurs in den Dystopien
Corpus Delicti und Fremdes Land ...........................................................
Martin Hennig
Überwachung in der Kultur – Kultur der Überwachung ..................
Matthias Kandziora
Erinnerte Überwachung?
Doppelte Überwachungsszenen in Christa Wolfs Stadt der Engel ...
Torsten Erdbrügger
Die Kunst, nicht dermaßen überwacht zu werden.
Zum Verhältnis von Überwachungsstaat, Kunst und Kritik
in Friedrich von Borries’ 1WTC ...............................................................
7
9
35
57
73
101
127
147
Wim Peeters
Literatur als Teil von Big Data.
Friedrich von Borries’ Romane 1WTC und RLF ...................................
Florian Gassner
Eginald Schlattners Rote Handschuhe.
Der rumänische Überwachungsstaat für deutsche Leser ...................
Corinna Schlicht
Die Vermessung des Körpers.
Zeitgenössische Techniken des Selbst und Optimierungsnarrative
am Beispiel von Angelika Meiers Roman Heimlich, heimlich
mich vergiss ...................................................................................................
Anika Humpert
Is Big Brother still watching?
Überwachung in der gegenwärtigen Jugendliteratur ..........................
Werner Jung
Kapitalismus und Überwachung.
Kein Nachwort ............................................................................................
Zu den Autorinnen und Autoren .................................................................
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195
225
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257
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