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Zum Einfluss des Stichproben-Designs auf die Ermittlung von
Wasservogelbeständen mittels luftbildgestützter Zählmethoden
Weidauer A1, Coppack T2, Steffen U3, Grenzdörffer G4
Einleitung
Die luftbildgestützte Vogelerfassung stellt heute eine sinnvolle Ergänzung zu der
bisherigen beobachterbasierten Kartierungspraxis im marinen Bereich dar.
Monatliche oder jährliche Bestandszählungen stellen allerdings
schnappschussartige Stichproben einer meist unbekannten Grundgesamtheit dar.
Die Güte lokaler Populationsschätzungen hängt daher wesentlich von dem Grad der
räumlichen und zeitlichen Abdeckung, sowie von der Verteilung des
Erfassungsaufwands relativ zur Verteilung der jeweiligen Art ab. Hier testen wir die
statistische Aussagekraft verschiedener Stichproben-Designs (Grid-Design:
äquidistante Erfassung an Knotenpunkten eines Rasters; Linientransekt-Design:
kontinuierliche Erfassung entlang getrennter Fluglinie) auf der Grundlage eines
lückenlosen Bilddatensatzes aus der südwestlichen Ostsee (Wismarbucht und
Untiefe „Hannibal“), der die vollflächigen Verteilungen individueller Eiderenten
Somateria mollissima
, Eisenten Clangula hyemalis
und Trauerenten Melanitta nigra
abbildete (siehe Abb. 1).
Eiderente Eisente Trauerente
Wassertiefe Wassertiefe Wassertiefe
Methoden
Das Untersuchungsgebiet (46,75 km²) lag in der Wismarbucht, westliche Ostsee
(SPA, UM M-V 2006), und umfasste einen Wassertiefengradienten von etwa 3 m im
Süden bis etwa 20 m im Norden. Am 12. März 2014 wurde das Gebiet innerhalb von
4 h mit einem zweimotorigen Flugzeug (Partenavia P68C) aus einer Höhe von ca.
420 m bei 180 km/h vollständig photogrammetrisch erfasst. Der Flugplan folgte 33
parallele Transekten von je 8,5 km Länge, die in nord-südlicher Orientierung
ausgerichtet waren und das gesamte Untersuchungsgebiet abdeckten. Eine im
Flugzeug montierte Kamera (PhaseOne iXA 180, 80 MPX; 100 mm Objektiv,
Schneider-Kreuznach LS) speicherte entlang der Flugbahn digitale Orthofotos mit
einer Grundfläche von 200 x 150 m und einer Bodenauflösung von 2 cm . Die
Position des Flugzeugs wurde synchron und kontinuierlich zur Bildauslösung über
ein GPS (Leica GPS1200) protokolliert. Die aufeinanderfolgenden Fotos wurden in
Flugrichtung mit einer Überlappung von 30 % aufgenommen. Die Bildüberlappung
benachbarter Transekten lag bei rund 20 %. Die Befliegung fand bei geeigneten
Wetterbedingungen (Windgeschwindigkeit < 5 m/s, Seastate < 3, Sicht > 5 km).
Die digitalen Bilddateien wurden anschließend georektifiziert, georeferenziert und
zur weiteren Bearbeitung in GIS überführt. Die Überlappungsbereiche und die
durch Lichtreflexionen stark betroffenen Bildbereiche wurden herausgeschnitten.
Das resultierende Bildmaterial wurde systematisch mit einer speziellen
Betrachtungssoftware nach Vögeln durchsucht. Jeder entdeckt Vogel wurde auf
Artniveau bestimmt und seine geographische Position wurde in einer GIS-basierten
Datenbank gespeichert.
Für die Simulationen der Ergebnisvariabilität der Abdeckungsgrade und Sampling-
Konzepte wurde das Untersuchungsgebiet in Rasterzellen mit 38 Zeilen und 49
Spalten in einer Ost-West-Konfiguration und mit 29 Zeilen und 59 Spalten in einer
Nord-Süd-Konfiguration gruppiert. Jede Zelle hatte eine Grundfläche von 200x 150
m und entsprach dem PhaseOne iXA180 Fußabdruck. Für einen gegebenen
Abdeckungsgrad wurden artenspezifisch Abundanzen der möglichen Grid- und
Transekt-konfigurationen (siehe Abb. 2) berechnet und nach Abdeckungsgrad
ausgewertet.
Abb.2 Beispielkonfiguration der 12 möglichen Transekt-
und Gridkonfigurationen bei 25% Abdeckung.
Abb.3: Bestimmungsgenauigkeit für Transekte bei richtungsabhängigen variierenden Abdeckungsgraden und
gegebener „wahrer“ Abundanz (100%) der Arten Trauer-, Eis- und Eiderente
Die Varianz der Abundanz steigt für die
nicht-randomisiert verteilten Wasser-
vogelarten überproportional an. Bereits
bei 25% Abdeckung variiert die Abundanz
um 10 - 40% ihres Basiswertes für
transektorientierte Erfassungen von
Trauer- und Eisente. Die Fehlerrate
korrespondiert mit dem von Nord nach
Süd verlaufenden Tiefengradienten
Vergleichbare Zählungen mit einem Grid-
Design zeigen hier geringere Fehlerraten
von 10 – 20% bei einem Viertel der
Abdeckung des Untersuchungsraums. Bei
der im StUK4 des BSH festgelegten
Abdeckung von 10% für Digitalflüge,
können die Messungen reale Abundanz-
verhältnisse nur noch qualitativ abbilden.
Die relativen Abweichungen erreichen
Fehleraten bis zu 50% und mehr.
Ergebnisse
Abb.4: Vergleich der Bestimmungsgenauigkeit und unterschidlicher Sampling-Methoden für die Abdeckungsgrade
25 und 11 % bei gegebener „wahrer“ Abundanz (100%) der Arten Trauer-, Eis- und Eiderente
Fazit
Bei nicht-randomisiert verteilten Wasservogelarten bietet eine Grid-basierte
Bilderfassung aus biologischer und statistischer Sicht Vorteile bei Abdeckungsraten
von <25%. Um Erfassungsfehlerraten von weniger als 50% zu gewährleisten, waren
mit Linientransekten Flächenabdeckungen von >25 % notwendig; beim Grid-Design
reichten hingegen 12 – 15% Flächenabdeckung aus. Der Extrapolationsfehler bei der
Hochrechnung einer Stichprobe auf die Grundgesamtheit war bei geringen
Individuendichten mit dem Linientransekt-Design sehr hoch.
Eine minimale 10%ige Abdeckung für ein Transektdesign, wie sie im StuUk4 des
Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) festgeschrieben ist, reicht
für eine qualitätsgesicherte quantitative Bestandserfassung rastender Meeresenten
nicht aus und sollte Gegenstand weitere wissenschaftlicher Untersuchungen sein,
die zu einer Verbesserung bestehender Untersuchungskonzepte führen.
Abb.1: Verteilung rastender Meeresenten in der Wismarbucht am 12. 3.2014 (Masterarbeit Steffen U.)
1 - weidauer@ifaoe.de 2 - t.coppack@apemltd.co.uk
3 - u.steffen@ifaoe.de 4 - goerres.grenzdoerffer@uni-rostock.de