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Kurzmitteilung über die 1993-er Befragung der Teilnehmer der 4. Stufe der "Olympiade Junger Mathematiker in der DDR" aus den Jahren 1963 bis 1971

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Aus: Weiss, Volkmar: Der erweiterte SächsArchReport: Eine Dokumentation des
Leiters der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig 1990-2007.
Neustadt an der Orla: Arnshaugk 2019, S. 141-147
Kurzmitteilung über die 1993-er Befragung der Teilnehmer der
4. Stufe der „Olympiade Junger Mathematiker in der DDR“
aus den Jahren 1963 bis 1971
Volkmar Weiss
Deutsche Zentralstelle für Genealogie
Leipzig, Februar 1994
Die folgende Mitteilung ist allein zur raschen Information für Kollegen und Freunde
bestimmt, die mit den Hypothesen und Ergebnissen meiner bisherigen Forschung
bereits vertraut sind.
1993 führten wir, nach der Erstbefragung 1970/71, eine erneute Befragung der
Mathematik-Hochbegabten durch. Sie sind inzwischen 38-48 Jahre alt, und die
meisten haben eine eigene Familie. Eine Befragung etwa 12 Jahre später wäre sicher
noch aussagekräftiger gewesen, da etwa die Hälfte ihrer Kinder die Schulbildung noch
nicht abgeschlossen hat, ebenso in den Familien der Geschwister. Da aber von 1963
bis 1971 in der Regel nur die 22-30 Jahre zurückliegenden Wohnanschriften der
Eltern bekannt waren, hatte der Marburger Psychologe Prof. Dr. Detlef H. Rost
dringend zu dieser Befragung geraten, da sonst ein Großteil der Probanden nicht
mehr auffindbar wäre. Wir hatten für 1225 der 1329 Probanden brauchbare
Postanschriften, bekamen aber 502 Sendungen als unzustellbar zurück. 408 kamen
ausgefüllt zurück (wenn auch nicht immer vollständig), 50 unausgefüllt zurück. 265
Sendungen blieben ohne Antwort. Wir gehen davon aus, daß es sich bei diesen nicht
bei allen um Verweigerer handelt, sondern ein Teil auch dieser Sendungen dürfte auf
dem Postweg verschollen sein. D. h. rund zwei Drittel derjenigen, die der Fragebogen
überhaupt erreicht hat, dürften ihn ausgefüllt zurückgeschickt haben.
30% derjenigen, die 1993 ausgefüllt hatten, waren bereits Probanden der Befragung
1970 (Dissertation V. Weiss) gewesen; 32% der Befragung 1971. 29% (zumeist die
von 1971, da deren Karteikarten was damals niemand wußte oder bemerkt hatte
noch in der „Zentralstelle für Genealogie in der DDR“ verblieben waren) waren 1983
nicht in die Befragung durch das Zentralinstitut für Jugendforschung in Leipzig
einbezogen gewesen.
97,4% (n=357) der männlichen und 89,8% (n=49) der weiblichen Probanden hatten
1993 Berufe der hochqualifizierten mathematisch-technischen Berufsgruppe
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, die für
den Phänotyp M1M1 charakteristisch ist. Von den männlichen Probanden waren 1993
1
Nach 2000 wurde dafür der Begriff MINT-Fächer und MINT-Berufe geprägt.
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2,5% arbeitslos, mit Umschulung und ABM insgesamt 5,0%, weitere 2 Personen
invalide. Aus der mathematisch-technischen Berufsgruppe arbeiteten durch die
wirtschaftliche Umstrukturierung weitere 22 Personen in für diese Berufsgruppe
untypischen Stellungen, vor allem in der Verwaltung. Die 9 Männer mit (schon vor
1989) für M1M1 untypischen Berufen (also phänotypisch M1M2) seien einmal
aufgeführt: 1 Facharbeiter für EDV (mit Studienverbot, jetzt Kirchensteuererheber), 1
Facharbeiter BMSR-Technik, 1 selbständiger KfZ-Elektromechanikermeister, 1
selbständiger Fernsehtechnikmeister, 2 Pfarrer (einer davon auch Funkmechaniker), 1
Fotograf und zugleich freier Schriftsteller, 1 Elektromonteur und Beleuchtungsmeister
beim Theater (der ein Studium Mathe/Physik abgebrochen hatte, um seinen
Neigungen zu folgen; er ist ledig), 1 Diplom-Biologe. Diesen 9 stehen 348 mit
Phänotyp M1M1 gegenüber: 190 Diplom-Mathematiker, 46 Diplom-Physiker, 79
Diplom-Ingenieure, 11 Diplom-Lehrer Mathe/Physik, 6 Diplom-Chemiker und
Biochemiker, 10 Ingenieure (Maschinenbau usw.), 4 Diplom-Ökonomen in statistischer
Richtung, 1 Diplom-Kriminalist. Davon sind 194 promoviert (83 Dr. rer. nat. plus 52 Dr.
rer. nat. habil.; 44 Dr.-Ing. plus 5 Dr.-Ing. habil.; 1 Dr. sc. oek. (für
Wirtschaftsmathematik), nur 1 Dr. phil., 2 Dr. paed. (für Mathematik-Didaktik), 2 Dr.
med. (für Biochemie), 2 Dr. rer. silv., 1 Dr. jur. und 1 Dr. sc. pol. (der aber auch
Diplom-Mathematiker ist). Nach der Dienststellung sind 20 Professoren für
Mathematik, 3 für Physik, 1 für Biochemie, 2 für Technik und 1 Dr. rer. nat und Diplom-
Mathematiker für Kirchenmusik (sic), weitere 13 Dozenten für Mathematik und 2 für
Technik. Bei den Frauen seien als untypisch für M1M1 2 Krankenschwestern, 1
Krippenerzieherin und 1 freiberufliche Diplom-Künstlerin genannt. Der Prozentsatz
der 99% mit abgeschlossenem Studium deckt sich mit den Ergebnisssen der
Befragung von 1983 durch das Zentralinstitut für Jugendforschung.
Möglicherweise ist es bei der Beantwortung zu einer gewissen Selbstselektion
gekommen (die aber für die folgenden Statistiken über die Verwandten und eigenen
Kinder ohne Belang ist); auch hatte Prof. W. Engel, Rostock, einige ihm bekannte
neuere Adressen freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Während 97% (n=357) der männlichen Probanden, die für diese Hochbegabtengruppe
typischen Berufe mit einem IQ über 123 ausüben, sind es bei den Söhnen 55%
(n=77), bei den Brüdern der Probanden 49% (n=220), bei den Neffen 22% (n=76) und
waren bekanntlich (Ergebnisse der Dissertation Weiss 1972 und der
Wiederholungsuntersuchung 1971; Weiss 1973) bei den Vätern 40% (n=346), den
Onkel 14% (n=615), den Cousins der Eltern 11% (n=2250), den Großvätern 9%
(n=1996), den Onkel der Eltern 5% (n=1996) und den Urgroßvätern 4% (n=1290)
gewesen. 9% der Brüder der Probanden gehören zur Berufsgruppe M2M2 (IQ
unter 105), 16% der Neffen.
Für die Untersuchung von Mendelschen Spaltungsverhältnissen allein auf der
Grundlage der Anforderungen an die Denkkraft durch die Berufe erwies sich jedoch
das neue Material als nicht ausreichend aussagekräftig. Viele der Kinder der
Probanden und ihrer Geschwister sind einfach noch zu jung, die statistische Masse
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derjenigen mit Berufen zu klein. Bei Studenten waren häufig nicht die Fachrichtungen
angegeben. Darüber hinaus befindet sich das Land in einer Phase der wirtschaftlichen
Umstrukturierung, in der es für manchen als ein Zeichen besonderer Intelligenz gelten
dürfte, gar nicht oder bestimmte Fächer nicht zu studieren. Jura,
Betriebswirtschaftslehre und andere mehr sind Fächer, deren Anforderungen sich so
verändert haben, daß eine Aussage über „genotypische Intelligenz“ nur auf der
Grundlage solcher Angaben eine Art Hellsehen wäre, die ohne psychometrische
Untersuchungen nicht über die 1971 erreichten Ergebnisse hinausführt.
Das einzige objektive Kriterium über die Kinder war die Frage, ob Abitur oder Besuch
einer zum Abitur führenden Schule oder nicht, wobei alle vor 1980 geborenen
leiblichen Kinder der Probanden und ihrer Geschwister berücksichtigt wurden. Von
den Kindern der Probanden hatten 85,5% (n=440) Abitur oder stehen vor dem Abitur,
von den Kindern der Geschwister 60,4% (n=351).
Die wenigen ohne Angaben sind hier ausgeklammert. Auch war in Einzelfällen nicht
auszuschließen, daß die Frage falsch verstanden worden war. D. h., es wurde mit
„Nein“ geantwortet, wenn das Abitur zwar angestrebt, aber noch nicht abgelegt worden
war, aber auch in diesem Falle ein „Ja“ als Antwort verlangt war. Die eben genannten
Prozentzahlen für das Abitur sind also eher Untergrenzen.
Zum Vergleich: In der DDR wurden 12% aller Schüler zum Abitur geführt, in der alten
Bundesrepublik besuchten 1988 30% ein Gymnasium. Eine genaue Vergleichszahl
läßt sich jetzt, noch dazu bei den Unterschieden zwischen den Bundesländern, in
dieser Übergangszeit unmöglich angeben. Auch in den neuen Bundesländern ist der
Anteil der Abiturienten kräftig angestiegen. Schätzen wir einmal der Einfachheit halber
und vermutlich ziemlich realistisch, daß in den Geburtsjahrgängen der
Probandenkinder im Mittel rund 19% aller Schüler das Abitur ablegen, d. h. alle M1M1
(IQ über 123; Bevölkerungsanteil 5%) und die Hälfte der M1M2 (IQ über 104;
Bevölkerungsanteil 27%). Mit anderen Worten: Abiturienten sollten in der Regel einen
IQ über 112 und zusammen einen Median um IQ 120. Da damit etwa die Hälfte des
Phänotyps M1M2 Abitur hat, die andere Hälfte nicht, führt das nach den Mendelschen
Gesetzen zu klaren Erwartungswerten bei den Kindern. Die Medizinische Genetik
bietet uns für diesen Fall für das um den IQ-Median 120 normalverteilte „Risiko“ am
Abitur zu „erkranken“ eine einfaches Schwellenwertmodell (Schwelle um IQ 112;
nebenbei bemerkt auch etwa die mögliche IQ-Obergrenze für M2M2) an, daß wir in
den folgenden beiden Tabellen testen. In die folgenden Tabellen gingen alle Kinder
ein, von denen wir für beide Eltern ausreichende Berufs- und Qualifikationsangaben
hatten.
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Tabelle 1: Abitur (oder Besuch einer zum Abitur führenden Schule) bei den Kindern von
hochintelligenten Probanden M1M1. Kursiv die sich aus den Mendelschen Gesetzen
ergebenden statistischen Erwartungswerte.
Proband und Ehepartner Kinder
Heiratskombination mit Abitur ohne Abitur
beide Ehepartner 93,4 % 6,6 % n = 242
mit IQ 124 und höher
M1M1 x M1M1 100 % 0 %
Ehepartner des Hochbegabten 74,5 % 25,5 % n = 184
mit IQ unter 124
M1M1 x M1M2 75 %* 25 %
* Die Kinder der Heiratskombination M1M1 x M1M2 spalten nach den Mendelschen Gesetzen
zu 50 % M1M1 und 50 % M1M2 auf. Da die M1M2 bei einem IQ-Median aller Abiturienten von
120 zur Hälfte Abitur erwerben, zur Hälfte nicht, ergibt sich für diese Heiratsgruppe ein
Erwartungswert für das Abitur von insgesamt 75 %.
Schauen wir uns einmal die 16 Personen (die 6,6%) an, von denen man eigentlich
hätte erwarten können, daß sie ein Abitur ablegen: 1 Schwerstbehinderter ohne jede
Schulbildung; 1 Lokführer und 1 Maler, beide aus Ehen, die kurze Zeit nach der
Geburt dieser Kinder geschieden worden sind; 1 BMSR-Techniker, 1 Schlosser, 1
Facharbeiter Datenverarbeitung, 1 Elektroniker, 1 Herrenmaßschneiderin (jetzt
Krankenkassenangestellte); 2 Hebammen und 2 Krankenschwestern; dazu noch 3
„Schüler“ (mit der Möglichkeit, daß es sich bei ihnen um Gymnasiasten handeln kann).
Daß alle M1M1 mit 100% ein Abitur erwerben, ist in der sozialen Wirklichkeit nicht
vollständig zu erwarten. Es gibt immer wieder Ausnahmen: Männer in anspruchsvollen
selbständigen Handwerksberufen und Frauen vor allem in Pflegeberufen gehen ihren
Weg manchmal auch ohne Abitur. Auch muß man berücksichtigen, daß bei der
Einstufung des Ehepartners, ob M1M1 oder M1M2, und das nur auf der Grundlage
von Beruf, Tätigkeit und Qualifikation, ein gewisser subjektiver Faktor und Fehler
niemals auszuschließen ist, 100%-ige Übereinstimmungen zwischen Theorie und
Empirie nicht zu erwarten sind.
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Tabelle 2: Abitur (oder Besuch einer zum Abitur führenden Schule) bei den Neffen
und Nichten von Hochintelligenten M1M1. Kursiv die sich aus den Mendelschen
Gesetzen ergebenden statistischen Erwartungswerte.
Geschwister der Probanden Neffen und Nichten
und deren Ehepartner mit Abitur ohne Abitur
beide Partner 91,4 % 8,6 % n = 70
mit IQ 124 und höher
M1M1 x M1M1 100 % 0 %
nur ein Partner 71,5 % 28,5 % n = 130
mit IQ 124 und höher
M1M1 x M1M2 75 %* 25 %
beide Partner 52,3 % 47,7 % n = 107
mit IQ zwischen 104 und 124
M1M2 x M1M2 50 % 50 %
ein Partner 6,9 % 93,1 % n = 29
mit IQ unter 105
M1M2 x M2M2 25 % 75 %
beide Partner 0 % 100 % n = 12
mit IQ unter 105
M2M2 x M2M2 0 % 100 %
* Die Kinder der Heiratskombination M1M1 x M1M2 spalten nach den Mendelschen Gesetzen
zu 50 % M1M1 und 50 % M1M2 auf. Da die M1M2 bei einem IQ-Median aller Abiturienten von
120 zur Hälfte Abitur erwerben, zur Hälfte nicht, ergibt sich für diese Heiratsgruppe ein
Erwartungswert für das Abitur von insgesamt 75 %.
Eine deutliche Abweichung von der Erwartung gibt es nur bei den Ehepaaren M1M2 x
M2M2, angesichts der Kleinheit der Gesamt-Kinderzahl in dieser Gruppe aber noch im
Zufallsbereich. Allerdings stände auch die inhaltliche Interpretation, daß sobald eine
Ehepartner M2M2 ist, dann das Bildungsstreben auch für M1M2-Nachwuchs deutlich
sinkt, durchaus mit der Sozial- und Bildungsstatistik in Einklang. Man muß hierbei
auch berücksichtigen, daß bei den Probanden selbst (in Tabelle 1) die Einstufung
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stets M1M1 war, bei den Geschwistern der Probanden (in Tabelle 2) aber bei beiden
Ehepartnern eine Fehlzuordnung möglich war.
Der Gesamteindruck der Tabellen 1 und 2 läßt sich kaum anders zusammenfassen:
Zur Erklärung der IQ-Verteilungen und der Abiturhäufigkeit bei den Kindern und den
Verwandten von Hochbegabten bzw. Hochintelligenten reicht ein einfaches Ein-
Genlocus-Modell mit zwei Allelen oder zwei additiven Allelserien vollständig aus.
Die Verteilung der „Merkmalshäufigkeit“ Hochbegabung bzw. M1M1 unter den
Verwandten (und unsere Gesamtuntersuchung hat ja über 20 000 Personen erfaßt) ist
eine so hohe und derart eindrucksvoll mit dem Blutverwandschaftsgrad abnehmend
(vgl. die Häufigkeiten vorn für Brüder, Väter, Cousins, Onkel usw.), daß man keine
Hilfsannahmen wie Antizipation oder ähnliche Phänomene braucht, die in den
allerletzten Jahren in der Psychiatrischen Genetik nachgewiesen worden sind. Bei
hohem IQ ist es schlichte einfache Spaltung nach Mendel bei einer Penetranz (mit der
bisher mir verfügbaren Klassifikation allein nach Berufen und Bildung) von über 90%.
Nebengene (die Antizipation aufweisen können) und vor allem solche, die mit
Persönlichkeitseigenschaften zusammenhängen, und soziale Faktoren spielen ganz
sicher eine Rolle. Welche, wird man am besten herausfinden, wenn man nicht länger
schwätzt, sondern mit molekulargenetischen und psychometrischen Methoden das
Wesen des Hauptgenlocus herausfindet und einengt. Die Zeit ist dafür reif. In den
Fragebogen wurde von uns ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Befragung der
Vorbereitung tiefergehender wissenschaftlicher Forschungen dienen soll. In vielen
Fragebögen ist die ausdrückliche Bereitschaft zur weiteren Kooperation erklärt
worden. Das gesamte in der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig
archivierte Adressenmaterial steht somit zur seriösen, d. h. vertraulichen und rein
wissenschaftlichen Nachnutzung zur Verfügung.
Bei der Vererbung der Allgemeinen Intelligenz, der Denkkraft, dürfte es sich um die
offenkundigste Tatsache handeln, die von einer Mehrheit offenkundig nicht zur
Kenntnis genommen werden kann. Wer Wesen und Mechanismus dieses
offenkundigen Unvermögens begriffen hat (vielleicht, weil er sich seit 25 Jahren damit
befaßt hat), hat einiges vom Spiel der sozialen Kräfte verstanden. Welcher
Molekulargenetiker durchschaut als erster das ritualisierte Blindekuhspiel der
multifaktoriellen Ignoranz, an dem fast alle teilnehmen, und handelt?
Nachbemerkung (7.2.1994)
Soeben ist die erste Nummer von „Forschung und Lehre“, Mitteilungen des Deutschen
Hochschulverbandes 1/2 (1994) auf meinen Tisch gelangt, und auf S. 48 entdecke ich unter der
Überschrift „Soziale Herkunft von Studienanfängern“ zwei Grafiken, deren Inhalt auf den
ersten Blick verblüffend erscheinen mag: Die „egalitäre kommunistische“ Gesellschaft der
DDR hat die Abiturienten und damit Studenten stärker aus der sozialen Leistungsschicht
herausgesiebt als die demokratische „Leistungsgesellschaft“ des Westens! Wer die
vorangegangenen Seiten begriffen hat, dem wundert es aber gar nicht. Die soziale Herkunft der
Studenten ist eine reine Funktion der Leistungssiebung unter den Abiturienten bzw. des
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prozentualen Anteils der Abiturienten am jeweiligen Geburtsjahrgang. Und dieser Anteil betrug
in der DDR nun mal nur 12% und war vorwiegend leistungsorientiert. Es läßt sich auf der
Grundlage der hier mitgeteilten statistisch-genetischen Abhängigkeiten mühelos ausrechnen,
wie sich die Zahlen der sozialen Herkunft verändern, wenn dieser Anteil 33% (wie in den alten
Ländern), 50% oder 100% beträgt. Die letzte Möglichkeit dürfte für viele Bildungspolitiker
(wenn es ihnen nicht gelingen sollte, den Zugang zum Abitur nur vom Los abhängig zu machen)
der Idealfall sein, denn diese HIS-Studie stellt im ersten Satz bedauernd fest: „Die soziale
Herkunft übt noch immer einen starken Einfluß auf die Entscheidung für oder gegen eine
akademische Bildungslaufbahn aus.“ Noch immer, und dabei hat doch MARX sein Manifest
schon vor 150 Jahren geschrieben. Nur hatte man in der DDR schon seit langem begriffen, daß
mit egalitärer Politik von Bildungsökonomie keine Rede sein konnte. „Eine Beziehung besteht
auch zwischen (sozialer) Herkunft und Fachrichtungswahl“, stellt die Studie ferner fest. Das ist
nach allem Gesagtem logisch. Und vor allem in den „Geisteswissenschaften“ hat sich in der
Ein-Drittel-Abiturienten-Gesellschaft ein Intelligenz-Proletariat angesammelt, das fortan die
öffentliche Meinung bestimmt und festlegt, was Intelligenz ist und was man darüber sagen und
forschen darf. Widerspruch ist aber gefragt.
Chapter
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In: Weiss, Volkmar: Der erweiterte SächsArchReport: Eine Dokumentation des Leiters der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig 1990-2007. Neustadt an der Orla: Arnshaugk 2019, pp. 13-51.-Machine translation by DeepL Please, look for the untranslated original German titles of papers and journals into the German original version of this chapter, also available here in researchgate Volkmar Weiss: Annotated Bibliography of Publications 1 1971-2018 as a contribution to an autobiography Weiss, V.: No winter losses of partridges in the Upper Ore Mountains. Beiträge zur Vogelkunde 17 (1971) 176-177 When I was five years old, I often sat at my grandmother's window in Reinsdorf during bad weather. I had an unobstructed view of the long-distance road from Zwickau to the autobahn exit one kilometer away. There was little traffic there in 1949. In a tally sheet for cars, trucks and trucks with trailers I could not enter too much there even in several hours. But what five-year-old keeps himself busy in such a strange way? In the winters 1958/59 and 1959/60 I was, if the weather allowed it and almost always alone, on the fields between Kleinrückerswalde, Cunersdorf and Königswalde on skis. There was not much to see, but some partridge colonies. I regularly tracked and counted them and kept a diary. Only years later I realized that these counting results were not common. The small publication, my first, was quoted several times in the international literature. Today there are no partridges in the area, not a single one in the whole Ore Mountains. In 1993, Dieter P. visited me at the Central Office and I invited him to have dinner at our house. He had pitched his tent near the floodplain forest and refused to spend the night with us. I hadn't heard from him in decades. The last news was of a shoplifting incident in Friedrichsgrün near Zwickau, where he had been caught and held by the jacket, but had taken off his jacket and run away.-When I was 13, 14, 15 years old, I spent many vacation weeks, in summer and winter, with my Heyn grandparents in Reinsdorf. From early morning until late at night, I roamed the countryside with my peers Dieter and Hartmut D., up to 20 and 30 kilometers away from home, i.e. twice the distance there and back, without ever using any means of transportation or visiting a snack bar. "Wild fellows blown by the storm wind, princes in rags and loden,. ." People called us "the three Stülpners." Hartmut was the illegitimate son of the former mayor of Reinsdorf, who never returned to Reinsdorf after 1945. Hartmut grew up with his maternal grandparents. He wanted to become a professional hunter. Dieter was the son of a bargeman who only came to Friedrichsgrün, where his family lived, once in very long intervals. Dieter's mother sometimes ran out of money to buy food. My Weiss grandparents in Friedrichsgrün, themselves very poor people, sometimes gave Dieter something to eat. I admired Dieter because he was able to judge from a great distance when we were sitting on a plum tree and someone approached whether we could remain seated or had better flee. That he would wring the neck of a chicken in some farmhouse and take it away, that did not take place in my presence. Not yet. Was only considered.-Dieter and Hartmut belonged to the regular staff as drivers at battue hunts. In the Christmas vacations they took me to a big drive hunt in the forest near Ortsmannsdorf. We crawled for hours through the forest, the deer tried to break through the cages of the hunters, the shotguns crackled, very little was hit and there was nothing to eat or anything else. Only the adventure. 1 Preliminary note: Initially, the bibliography was only a list, but provided with comments and notes, how it came to this or that work at all, it might have become a contribution to a biography. Therefore, the purely calendrical sequence of publications was subordinated to a grouping according to content.
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