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Den Fokus neu denken – Skizze eines
Pandemiemanagements auf Grundlage
der Bedürfnisse und Lern- und
Entwicklungserfordernissen von
Kindern, Jugendlichen und Familien
Menno Baumann, Andree Berghäuser,
Tijs Bolz, Thomas Martens
veröffentlicht unter den socialnet Materialien
Publikationsdatum: 01.02.2021
URL: https://www.socialnet.de/materialien/29164.php
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Discussion-Paper
Den Fokus neu denken – Skizze eines
Pandemiemanagements auf Grundlage der
Bedürfnisse und Lern- und Entwicklungs-
erfordernissen von Kindern, Jugendlichen und
Familien
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
Jan. 2021
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
3
Inhalt
Abstract ................................................................................................................ 4
Abstract ................................................................................................................ 4
Einleitung.............................................................................................................. 5
Kindliche Bedürfnisse und Entwicklungsphasen ................................................ 11
Prä-Verbale Entwicklung: 0–2 Jahre ............................................................... 11
Vorschulalter: 3–6 Jahre ................................................................................. 15
Mittlere Kindheit: 6–11 Jahre ......................................................................... 17
Vorpubertät: 12–14 Jahre .............................................................................. 21
Adoleszenz: älter als 14 Jahre ........................................................................ 23
Familien in besonderen Lebenslagen (“special needs”) .................................... 28
Von chronischer Erkrankung oder Behinderung betroffene Familien ........... 28
Familien mit erhöhtem Gewaltrisiko .............................................................. 34
Familien in Armut und sozialer Randständigkeit ............................................ 38
Lernprozesse und Lernarrangements ................................................................ 44
Die didaktische Tiefenstruktur von Lehr-Lernprozessen ............................... 45
Berücksichtigung der Bedeutung von pädagogischen Institutionen für sozial-
emotionales Lernens ...................................................................................... 50
Zielperspektiven als Bestandteil eines bedürfnisorientierten
Pandemiemanagements .................................................................................... 58
Zusammenfassung ............................................................................................. 59
Literatur .............................................................................................................. 61
Autoren .............................................................................................................. 75
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
4
Abstract
Im Rahmen der Sars-CoV-2 Pandemie, die sich im Frühjahr 2020 global ausbreitete,
wurden in fast allen Ländern der Erde Non-Pharmaceutical-Interventions implementiert,
um den Verlauf der Pandemie abzubremsen. Nach einer ersten Phase mit deutlich
invasiven Eingriffen in das Alltagsleben der Bevölkerung, in Deutschland im Laufe des
Monats März in drei Schritten vollzogen (vgl. Dehning, Zierenberg, Spitzner et al. 2020),
wurden diese Maßnahmen im Laufe des Sommers wieder weitgehend gelockert. Aktuell
stehen wir wieder mitten in sehr tiefgreifenden Maßnahmen, da die Inzidenzwerte von
Infektionen und Erkrankungen rapide gestiegen sind.
Das Thema, welche Rolle Kinder und Jugendliche bei der Ausbreitung der Pandemie dabei
spielen und unter welchen Bedingungen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen
verantwortungsvoll geführt werden können und welche Konsequenzen ihre Schließung
für die Gesellschaft habe, wird seitdem heftig diskutiert (vgl. Baumann 2020a, 2020b,
Munro & Faust 2020a). Diese Diskussion scheint politisch, wissenschaftlich und
gesellschaftlich festgefahren. Die Autoren versuchen, den Blick und die Fragestellung mit
diesem Beitrag einmal umzukehren und die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und
Familien sowie die Lern- und Entwicklungserfordernisse in den Fokus eines möglichen
Pandemiemanagements zu stellen. Diese Perspektive erweitert den Blick insofern, als
dass sie einen wissenschaftlichen Diskurs über Abwägungsprozesse und Kriterien
ermöglicht.
Abstract
In the context of the Sars-CoV-2 pandemic, which spread globally in the spring of 2020,
non-pharmaceutical interventions were implemented in almost all countries of the world
to slow down the spreading of the pandemic. After a first phase with clearly invasive
interventions in the everyday life of the population, completed in three steps in Germany
during March (cf. Dehning, Zierenberg, Spitzner et al 2020), these measures were largely
withdrawn during the summer. Currently, we are again in the midst of very profound
interventions, as incidence levels of COVID-19 infection and disease have been increased
rapidly.
The issue of what role children and youth play in the spread of the pandemic in this regard
and under what conditions educational and childcare facilities can be managed
responsibly, and what consequences their closure would have for society, has been
debated in very contradictory terms ever since (cf. Baumann 2020a, 2020b, Munro &
Faust 2020). And the discussion seems politically, scientifically, and socially deadlocked.
In this article, the authors try to reverse the view and the question and to put the needs
of children, adolescents and families as well as the learning and developmental
requirements into the focus of a possible pandemic management. This perspective
broadens the view insofar as it enables a scientific discourse about consideration
processes and criteria.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Einleitung
Die Anerkennung der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen so wie die Frage
nach der Bedeutung von Kitas und Schulen (in Form von Präsenzunterricht und
verlässlicher Betreuung) für Kinder und Jugendliche (und für ihre Eltern bzw.
Erziehungsberechtigten) ist im Rahmen des Pandemieverlaufs sowie der
Steuerung der Non-Pharmaceutical Interventions umstritten. Vor allem scheint sie
zunehmend auf die Frage reduziert, ob Kinder und Jugendliche nun “Treiber der
Pandemie” sind, oder nicht. Je nachdem, welche Ebene dann in den Blick der
jeweiligen Studien genommen wurde, weisen die Studien erhebliche Unterschiede
in den Ergebnissen auf (die dann auch noch nach Alter erheblich zu variieren
scheinen), was eine eindeutige Interpretation erschwert. So zeigt sich auf der
untersten Ebene, dem Blick auf ein mit SARS-CoV-2 infiziertes Kind, dass zwar
infizierte Kinder in den allermeisten Fällen einen asymptomatischen oder milden
Verlauf nehmen (Munro & Faust 2020b), der sogenannte “Viral Load” im
Rachenbereich aber vergleichbar scheint und somit eine hohe Infektiösität von
Kindern zu erwarten ist (Jones, Mühlemann, Veith et al 2020; Heald-Sargent,
Muller, Zheng et al. 2020). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind sich mit dem
SARS-CoV-2 Virus infiziert, ist statistischen Analysen zufolge etwas geringer als bei
Jugendlichen oder Erwachsenen (Viner, Mytton, Bonell et al. 2020; Munro & Faust
2020a). Dennoch unzweifelhaft ist: Kinder können sich mit SARS-CoV-2 infizieren.
Und es gibt vereinzelt auch schwere Verläufe bei Kindern mit erheblichen
Folgeschädigungen (Davis, Evans, Kanthimathinathan et al. 2020, Diorio,
McNerney, Lambert et al 2020). Aber schon eine Ebene darüber, in den
unmittelbaren Sozialräumen, zeigt sich, dass bisher in Settings der
Bildungseinrichtungen wenig Infektionsgeschehen und Sekundärinfektionen
nachweisbar waren und auch in Familien wohl selten das Kind der Ausgangspunkt
einer Ansteckung war (Hoehl, Kreutzer, Schenk et al. 2020; Yung, Kam, Nadua et
al. 2020; Munro & Faust 2020a; Jing, Liu, Fang et al. 2020; eine aktuelle Studie aus
Hamburg, die aber zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Beitrages noch nicht
veröffentlicht ist, deutet dabei allerdings in eine andere Richtung; auch die
Bedeutung der erstmals in England entdeckten Mutation B117 kann hier noch
nicht eingeschätzt werden). Dennoch zeigen Studien, die retrospektiv den Effekt
von unterschiedlichen Non-Pharmaceutical Interventions berechnet oder in
Modellierungsstudien dargestellt haben eine klare Evidenz dafür, dass z.B.
Schulschließungen einen sehr hohen Einfluss auf das Infektionsgeschehen in einer
Gesellschaft haben (Dehning et al. 2020; Haug, Geyrhofer, Londei et al. 2020).
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
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Es zeigt sich also, dass die Ergebnisse bezüglich Kinder und Corona auf
unterschiedlichen Ebenen auch unterschiedliche Hypothesen zulassen, sodass die
Debatte hierüber wohl in absehbarer Zeit kaum zu einem eindeutig klärenden
Ergebnis kommen wird. Es ist auch nicht das Ansinnen der Autoren, diesbezüglich
eine Wertung des Diskurses abzugeben. Darüber hinaus stellt sich bei
Jugendlichen die Situation noch komplexer dar. Wissenschaftlich betrachtet wäre
es auch nicht erwartbar, dass es für alle unterschiedlichen Phasen einer Pandemie
nur eine richtige Antwort oder Strategie geben könne. Insofern liegen unseren
Überlegungen eben nicht genau diese augenscheinlich in einer Sackgasse
steckenden Fragen zugrunde. Ein funktionales Pandemiemanagement, so unsere
Hypothese, verfügt über ein differenziertes Instrumentarium, dass in
verschiedenen Phasen der Pandemie zu angemessenen Handlungen befähigt.
Denn auf der anderen Seite werden neben der Rolle von Kindern und Jugendlichen
am Infektionsgeschehen vor allem auch die Folgen der Pandemiemaßnahmen für
Kinder, Jugendliche und Familien diskutiert. Schul- und Kitaschließungen wie auch
die allgemeinen Kontaktbeschränkungen haben zweifelsfrei eine Wirkung auf das
Phänomen familiärer Gewalt (Baumann 2020b), auf das psychische Wohlbefinden
von Kindern und Jugendlichen (Lingenhöhl 2020; Ravens-Sieberer, Kaman, Otto et
al. 2020) und verschärfen die Bildungsungerechtigkeit in Bezug auf soziale
Faktoren (Lancker & Parolin 2020; Agostinelli, Doepke, Sorrenti & Zilibotti 2020).
Auch auf Familien in unterschiedlichsten Konstellationen entfaltet die Pandemie
und die damit einhergehenden Maßnahmen ihren “familiendynamischen
Fußabdruck” (Baumann 2020b; Möhring, Naumann, Reifenscheid et al. 2020;
Baumann 2020c). Es gilt also jeweils zu entscheiden, ob die erwarteten
epidemiologischen Nutzen einer Maßnahme und ihr sozialer sowie gesell-
schaftlich/ wirtschaftlicher Impact in einem vernünftigen Verhältnis stehen
(Morris & Mintz 2020). Diese Entscheidungen sind dabei äußerst komplex, da auch
die Nicht-Nutzung einer Non-Pharmaceutical Intervention psychologisch gesehen
nicht nur eine “Nichtwirkung” hat, sondern mehrere, z.T. noch viel gravierendere
aktive Wirkungen. So würde beispielsweise Präsenzpflicht in den Schulen während
hoher Inzidenzen eine Welle von Quarantäne-Maßnahmen auslösen (Baumann
2020a), die wiederum äußerst negative Folgen für einen erheblichen Teil der
Familien und Kinder haben. Diese Folgen sind gravierender einzuschätzen als ein
strukturierter und zeitlich absehbarer Lockdown (Brooks et al. 2020; Graber et al.
in press; Henseler et al. 2020).
Diese Aspekte wären im Rahmen einer “balanced Strategie” (Baumann 2020a)
sorgfältig gegeneinander abzuwägen, aber statt einer Abwägung, scheint die
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Frage, welche politische Strategie das Wohl “der” Kinder, Jugendlichen und
Familien (als würde es sich hier um eine einheitliche Gruppe handeln) eher eine
Glaubensfrage mit extrem verfestigten Positionen geworden zu sein. Besonders
interessant ist dabei, dass in der Debatte offenbar “zur Schule gehen”, also
Präsenzunterricht, als eine Art Garantie des Kindeswohls und des Bildungserfolges
gesehen wird, während Distanzunterricht linear-kausal zu Gewalteskalationen
und Armutsverschärfung führt. Formulierungen wie “verlorene Generation” oder
“Generation Corona” sowie Sprachbilder vom “Oma töten” lassen die Debatte
weiter emotionalisieren und vor allem polarisieren. Ein differenzierter Diskurs, wie
er dringend notwendig wäre, ist aktuell wenig in Sicht. “Schulen” und “Kitas” sind
zu einem Symbolbild für sehr starke, emotional eingefärbte Diskussionsextreme
geworden.
Eine Analyse der Pandemiemaßnahmen aus einer familiendynamischen- und
entwicklungsbezogenen Sichtweise bezieht dabei verschiedene Zielperspektiven in
den Diskurs mit ein, die bestmöglich miteinander abgewogen und in ein
Gleichgewicht gebracht werden müssen (vgl. Abbildung 1). Dabei stehen sich die
aktuellen epidemiologischen Ziele (Priesmann, Brinkmann, Ciesek et al. 2020;
Baumann Beier, Brinkmann et al. 2020) wie auch Ziele des Kinderschutzes und der
Sicherung von Familien sowie der Bildungsgerechtigkeit als vermeintliche
Herausforderung gegenüber. Viele dieser Faktoren, die in Pandemiezeiten
Familien be- und entlasten, konnten aber mittlerweile sehr viel differenzierter
beschrieben werden (Baumann 2020b, 2020c; Brooks, Webster, Smith et al. 2020;
Henssler, Stock, Boheme et al. 2020; Kohlenrausch & Zucco 2020; Andresen, Lips,
Möller et al. 2020; siehe auch weiteren Verlauf dieses Beitrages). Ziel eines
Pandmiemanagements muss es aus Sicht der Autoren dieses Beitrages sein, diese
Faktoren nicht als Gegensätze zu betrachten (wie in der “Schule auf/ zu”-
Diskussion künstlich konstruiert), sondern als durch gezielte und differenzierte
Maßnahmen miteinander in ein Fließgleichgewicht zu bringende Aspekte, die uns
die notwendige Handlungsfähigkeit verleihen, um auf unterschiedliche Szenarien
reagieren zu können.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
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Abbildung 1: Ein Modell zur Reflexion von Pandemiemaßnahmen
Denn während man für die erste sogenannte Lockdown-Phase im März–Mai 2020
noch attestieren kann, dass die ergriffenen Maßnahmen wenigstens die
medizinisch-epidemiologischen Ziele noch ganz gut erreichen konnten (Dehning
et al. 2020), muss für den Herbst und die dort verhängten Maßnahmen sowie den
immer wieder gerade im schulischen Kontext aufgetretenen Quarantäne-
Anordnungen festgehalten werden, dass hier weder die Infektionszahlen, noch
der Schutz von Risiko-Gruppen noch die Sicherung des intensivmedizinischen
Systems wirklich effektiv gewährleistet werden konnte, während umgekehrt nach
wie vor keine erkennbaren Konzepte zum Schutz der Situation von Kindern und
Familien implementiert zu sein scheinen. Im Gegenteil zeigte sich eher eine große
Unbeholfenheit, wenn z.B. Familien mit kleinen Kindern die gleichen
Quarantäneanordnungen erhielten wie Erwachsene oder wenn für Familien, die
von einer chronischen Erkrankung oder Behinderung betroffen sind, nur kleine
Entscheidungsspielräume zur Bewertung der eigenen Situation eingeräumt
wurden (Baumann 2020c). Ziel eines Pandemiemanagements muss es aber
unserer Überzeugung nach sein, Strategien und Maßnahmen so zu gestalten, dass
ein möglichst “breites Feld” in den einzelnen Bewertungsdimensionen entsteht
(das die Sterne bei “Kinderschutz” und “Bildung” in der Grafik einen Punkt
niedriger liegen als die Anderen hat nichts damit zu tun, dass den Autoren diese
Punkte weniger wichtig wären – aber sie sind auch außerhalb von Corona nur
schwer justierbar, sodass eine Zielformulierung im Maximum unter
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Pandemiebedingungen wünschenswert, aber zwangsweise utopisch anmuten
würde):
Abbildung 2: Mindest-Zielformulierung für ein balanciertes
Pandemiemanagemet
In dieser Situation haben wir einmal das Experiment gewagt, die Situation um die
– formulieren wir es mal allgemein – “Rolle von Kindern, Jugendlichen und
Familien in der Pandemie” andersherum zu denken. Wir stellen in diesem Beitrag
konsequent nicht die Frage der Infektiosität von Kindern und Jugendlichen und
auch nicht die Frage, ob Schulen und Kitas pauschal geöffnet bleiben müssen oder
besser geschlossen werden sollten. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass es in
unterschiedlichen Phasen auch unterschiedliche Instrumente braucht, die dann
aber auch schnell und unkompliziert zum Einsatz kommen können. Dieser Beitrag
stellt explizit keine Kritik an zur Anwendung kommenden Non-Pharmaceutical
Interventions dar, sondern beleuchtet die Bedeutung von Non-Pharmaceutical
Interventions und der Pandemiesituation allgemein vor dem Hintergrund
kindlicher Bedürfnisse und versucht, daraus Handlungsfähigkeit abzuleiten. Es
reicht eben nicht, nur sogenannte “Lockdown”-Maßnahmen zu verhängen – ein
proaktiver Umgang mit der Pandemie wäre mindestens genauso entscheidend.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
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Unsere Fragestellung lautet also:
Welche Bedürfnisse und welche Lernvoraussetzungen haben Kinder, Jugendliche
und Familien, die berücksichtigt werden müssen, um ein am Kindeswohl
orientiertes und ausdifferenziertes Pandemiemanagement in unterschiedlichen
Pandemiephasen zu gewährleisten?
Dabei gehen wir in drei Schritten, die als Schwerpunkte dieses Beitrages zu
verstehen sind, vor:
1.Welche Bedürfnisse unterschiedlicher kindlicher Entwicklungsphasen
werden durch die Pandemie beeinträchtigt und welche Interventionen
könnten hier die Familien und die kindliche Entwicklung unterstützen?
2.Welche besonderen Aspekte sind für Familien mit “special needs” zu
berücksichtigen?
3.Welche Lernvoraussetzungen sind für kognitive wie auch sozial-
emotionale Lernprozesse notwendig, damit Kinder und Jugendliche sich
gut entwickeln können?
Wichtig ist dabei zuvor noch zu betonen, dass alle von uns entwickelten
Handlungspotenziale in der Praxis niedrigschwellig und unbürokratisch verfügbar
gehandhabt werden müssen. Es darf nicht durch komplizierte Beantragungen oder
Ähnlichem zu einem “neuen Stigma” werden, sondern ein familienorientiertes
Pandemiemanagement ist eine Aufgabe des Gemeinwohls und der Gesellschaft –
jede Form der Verstärkung von institutioneller Abhängigkeit von Familien (Beck &
Beck-Gernsheim 1990), nur um Grundbedürfnisse zu erhalten, birgt die Gefahr,
dass die Unterstützung gerade in den Familien nicht ankommt, wo sie am
dringendsten gebraucht wird und dort zu neuer Ausgrenzung und Abhängigkeit
führt, wo eigentlich Partizipation, Inklusion und Empowerment möglich scheinen.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Kindliche Bedürfnisse und Entwicklungsphasen
Im ersten Schritt haben wir die zentralsten kindlichen Bedürfnisse unter-
schiedlicher Entwicklungsphasen zusammengestellt, über die in den Entwicklungs-
wissenschaften weitgehend Konsens besteht. Diese haben wir dann bezüglich
ihrer Rolle in der Pandemie reflektiert. Grundlegend waren dabei die wesentlichen
Konzepte der aktuellen Entwicklungsforschung, allen voran der Bindungstheorie
inklusive ihrer neueren empirischen und dynamischen Ansätze (Bowlby 1969;
Bolz, Wittrock & Koglin 2019; Bolz & Koglin 2020; Mikulincer & Shaver 2007,
Köckeritz & Nowacki 2020), die Theorien im Kontext der Selbst-Psychologie und
Mentalisierung (Dornes 2001; Fonagy, Gergely, Jurist & Target 2015), die Theorie
der Entwicklungsaufgaben (Havighurst 1953; Hurrelmann & Quenzel 2016),
evolutionstheoretische Ansätze der Ontogenese (Damasio 2017; Tomasello 2018)
sowie die Forschungsansätze zu kindlichen Grundbedürfnissen (Brazelton &
Grenspan 2002; Maslow, Geiger & Maslow 1993). Dabei haben wir Kindheit und
Jugend in idealtypische Altersgruppen unterteilt, wohlwissend, dass Alters-
einteilungen in der Entwicklungswissenschaft nie mehr sein können als Grob-
schätzungen, da sich die individuelle Entwicklung sehr differenziert darstellt. Auch
beschränken wir uns hier auf recht allgemeingültige Bedürfnisse der jeweiligen
Entwicklungsphasen, während wir die individuellen, kulturell und erzieherisch
überformten Ausprägungen psychischer Bedürfnisse größtenteils ausklammern
müssen und lediglich auf einige Besonderheiten von Familien in besonderen
Lebenslagen eingehen können. Diagnostische Instrumente für die Ermittlung
subjektiver Bedürfnislagen sind hinreichend in Pädagogik und Psychologie
entwickelt und etabliert (Baumann, Bolz & Albers 2021; Alber, Kaiser & Schulze
2018), können aber im hier skizzierten Ansatz nur eine Randrolle spielen.
Eine Ergebnisübersicht ist in Abbildung 3 dargestellt.
Prä-Verbale Entwicklung: 0–2 Jahre
Die zentralen Bedürfnisse der präverbalen Entwicklungsphase sind sehr fokussiert
auf den unmittelbaren Kontakt zu Bezugspersonen sowie die Regulation
physiologischer Bedürfnisse. Hunger, Schlaf und Körperkontakt, vermittelt über
Versorgung, Schutz und Körperpflege, die das Kind noch nicht selbst gewährleisten
kann, müssen durch das unmittelbare soziale Umfeld, allen voran die Eltern bzw.
die primären Bezugspersonen, gestaltet werden. Sind diese Bedürfnisse nicht
ausreichend bedient, kommt es zu negativen emotionalen Spannungszuständen
(Maslow, Geiger & Maslow 1993; Dornes 2001). Dabei erweitert das Kind
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
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schrittweise seine eigenen kommunikativen Fähigkeiten, um die Versorgung durch
die Bezugspersonen aktiv mit zu gestalten. Dieser Prozess spielt sich im Rahmen
unmittelbarer Face-to-Face-Interaktion ab, in welcher das Kind durch emotionales
Spiegeln und gegenseitige Regulation lernt, die Aufmerksamkeit des Gegenübers
wahrzunehmen und zu lenken (Dornes 2001; Tomasello 2018; Fonagy et al. 2015).
Eine Tagesstruktur, die dem Kind wahrnehmbar Kontinuität vermittelt sowie die
Möglichkeit, erste gemeinsame Tätigkeiten zu vollziehen (Brazelton & Greenspan
2002; Tomasello 2018), scheint dabei hilfreich, wenn nicht sogar erforderlich.
Das zentrale, verbindende Glied ist dabei das Bindungs- sowie Explorationssystem
des Kindes. Ausgehend von der Verfüggbarkeit der primären Bezugspersonen und
der frühen Bindungserfahrungen, entwickelt sich in dieser frühen
Entwicklungsphase zunächst ein internales Arbeitsmodell (internale
Repräsentationen) das im Verlauf der Zeit in Bindungsrepräsentationen mündet
(Bretherton 1990; Bretherton & Munholland 2018). Diese individuell
ausgebildeten Repräsentationen beinhalten sowohl affektive als auch kognitive
Komponenten und übernehmen im weiteren Entwicklungsverlauf zunehmend die
Verhaltenssteuerung bei emotionalen Belastungen (Bowlby 1969; Bretherton
1985). Bindungsrepräsentationen stellen eine Art “erfahrungsabhängige
Interpretationsschablonen” dar, auf deren Grundlage neue Bindungserfahrungen
interpretiert werden (Bolz, Wittrock & Koglin 2019; Baumann, Bolz & Albers 2021).
Frühe Bindungserfahrungen beeinflussen die Regulation von Emotionen, die
Prozesse der Selbst- und Fremdwahrnehmung und die Gestaltung von engen
Beziehungen (Verschueren, Marcoen & Schoefs 1996; Zimmermann 1999) und
nehmen somit auch Einfluss auf die Bewältigung schulischer Anforderungen (z.B.
O’Connor & McCartney 2006; Verschueren & Koomen 2012).
Dabei zeigt der Stand der Forschung, dass diese Bindungserfahrungen nicht an die
biologischen Eltern gekoppelt oder auf eine eng umgrenzte Personenzahl
beschränkt sind, sondern bei hoher Fürsorgequalität der Familie bzw. der
primären Bezugspersonen auch eine gut gestaltete und auf die
Bindungsbedürfnisse des Kindes ausgerichtete stundenweise Fremdbetreuung
der kindlichen Entwicklung keinen Nachteil zu bringen scheint (Laewen 1989).
Oberflächlich betrachtet scheint diese Gruppe der Säuglinge und Kleinstkinder von
der Pandemie noch am wenigsten betroffen zu sein, da sie vor allem die
Verfügbarkeit und Feinfühligkeit ihrer unmittelbaren Bezugspersonen benötigen
und von gesamtgesellschaftlichen Veränderungen weniger betroffen scheinen.
Dennoch gibt es eine Reihe von Aspekten, die hier offensichtlich Einfluss nehmen.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Eine italienische Studie mit Müttern und Vorschulkindern beispielsweise konnte
bereits im Frühjahr 2020 einen deutlichen Zusammenhang des Belastungs-
empfindens und auch des Verhaltens von Kindern im Zusammenhang mit der
Lockdown-bedingten Verschiebung des Schlaf-Wach-Rhythmus zeigen. Dieser
Effekt zeigte sich sehr deutlich gerade bei den noch sehr jungen Kindern
(DiGirogio, DiRiso, Mioni & Cellini 2020).
Auch zeigen Untersuchungen aus dem Bereich der Quarantäneforschung, dass vor
allem ungeklärte wirtschaftliche Sicherheit (Einkommensverlust, nicht genug
Urlaub, um Kinderbetreuung ohne Gefährdung des Arbeitsplatzes zu
gewährleisten) sowie die Frage nach der materiellen Grundversorgung (bei
Ausgangssperre, vor allem mit Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln) einen
starken Druckfaktor auf Familien mit kleineren Kindern ausüben (Brooks, Webster,
Smith et al. 2020; Henssler, Stock, Boheme et al. 2020). Diese Probleme können
sowohl durch eine Quarantäne, aber auch durch nicht verfügbare Betreuungs-
möglichkeiten (Verbote für Tagesmütter, Krippen-Schließungen, Haushalts-
Kontaktbeschränkungen) extrem verschärft werden.
Ein weiterer Faktor für Familien auch mit sehr kleinen Kindern sind
Überlastungssituationen, die durch die Gleichzeitigkeit von Home-Office und
Kinderbetreuung entstehen (Völter-Mahlknecht 2020). Arbeiten und gleichzeitig,
quasi “nebenbei” Kinder zu betreuen, erzeugt Druck und deutliche psychosoma-
tische Symptome bei den betroffenen Elternteilen, was sich wiederum auf die
Versorgungs- und Bindungsqualität gegenüber ihren Kindern auswirken kann.
Und schließlich ist Angst, wie sie für Pandemiesituationen spezifisch ist, ein
wichtiger Aspekt und ein tiefgreifender Einflussfaktor vor allem auf die emotionale
Face-to-Face-Interaktion und damit die Grundlage des Bedürfnisses nach
Emotionsregulation (Fonagy et al. 2015; Damasio 2001). Steven Taylor (2020) zählt
unterschiedliche angst-assoziierte Symptome in Epidemie- und Pandemie-
szenarien auf, zu denen unter anderem die allgemeine Angst vor Infektionen
gehört, aber auch Zukunftsängste, Ängste vor Fremdkontrolle sowie eine
generelle Unsicherheitsintoleranz.
Diese Stressfaktoren, wie sie in Pandemiezeiten sehr häufig von Eltern gerade
kleiner Kinder empfunden werden, wirken sich einer Studie aus Singapur folgend
auch direkt negativ auf die Eltern-Kind-Beziehung aus und erhöhen die
Wahrscheinlichkeit eines Erziehungsstils, der durch autoritäre Strenge geprägt ist
– auch im unmittelbaren Vergleich zum elterlichen Erziehungsstil vor der
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
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Pandemie (Chung, Lanier & Wong 2020). Auch die aktuelle Studienlage zum
Zusammenhang von elterlichem Fürsorgeverhalten und Bindungsentwicklung des
Kindes weist stärker als die traditionelle Bindungsforschung darauf hin, dass die
Beziehung zwischen primären Bezugspersonen und Kleinstkindern neben den
eigenen Bindungserfahrungen der Erwachsenen und einigen wenigen
kindbezogenen Faktoren auch im erheblichen Maße von situativen Faktoren
abhängen, wozu schwierige sozioökonomische Bedingungen sowie Ängste direkt
nachweisbar zählen, ebenso wie der eher diffuse Faktor der “komplexen
familiären Belastungssituation” (Köckeritz & Nowacki 2020). Insofern stellt die
Pandemie hier einen erheblichen Kontextfaktor kindlicher Entwicklung dar.
Eine Betrachtung der kindlichen Bedürfnisse des präverbalen Entwicklungsalters
und eine Reflexion des Drucks, den die Pandemie und unterschiedliche Non-
Pharmaceutical-Interventions auf diese ausüben, führt für diese Altersgruppe zu
folgenden wichtigen Aspekten eines Pandemiemanagements:
-Aufklärungsangebote (auch ggf. in unterschiedlichen Muttersprachen
sowie in sogenannter “einfacher Sprache” verfügbar) über die Be-
deutsamkeit fester Tagesstrukturen sowie anderer Risikofaktoren werden
aktiv an Familien herangetragen und medial entsprechend verbreitet/
beworben.
-Entlastungsangebote wie niedrigschwellige kostenlose Beratungs-
möglichkeiten (z.B. auch über Videoformate) und Netzwerkangebote
gehören zum Grundangebot.
-Familien haben eine finanzielle, wirtschaftliche und arbeitsrechtliche
Sicherheit für alle Phasen der Pandemie. Dies betrifft sowohl Situationen,
in denen das eigene Berufsfeld von Pandemiemaßnahmen betroffen ist,
wie auch Situationen, in denen Quarantäne-Maßnahmen oder die
Verhinderung von Betreuungsmöglichkeiten (z.B. Kita-Schließungen) die
Arbeitsmöglichkeiten beeinträchtigen. Auch wenn die Möglichkeit zum
Home-Office vom Tätigkeitsfeld her gegeben ist, besteht ein Grundrecht
auf Teilzeit bei voller wirtschaftlicher Absicherung im Falle von Betreuungs-
lücken.
-Familien mit wenig verfügbarem sozialem Netzwerk können im Falle von
Quarantäne-Maßnahmen durch Lieferdienste mit Nahrungsmitteln,
Hygieneartikeln und anderen Notwendigkeiten versorgt werden.
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Vorschulalter: 3–6 Jahre
Im Grunde gilt für diese zweite Gruppe, die Kinder im Vorschul- bzw.
Kindergartenalter, fast alles, was für die Altersgruppe der 0–2-Jährigen auch gilt.
Schutz, Bindung, Versorgung spielen nach wie vor eine zentrale Rolle in der
Bedürfniswelt der Kinder. Es kommen aber altersspezifisch einige Aspekte hinzu:
So zeigen Kinder ab ca. zweieinhalb bis drei Jahren deutliche Tendenzen hin zu
einem Autonomiebestreben. Zunächst spielt dabei die psychologische Kontrolle
über physiologische Bedürfnisse und Vorgänge (Hunger, Durst, Schlaf,
Körperkontakt, Körperausscheidungen) eine zentrale Rolle der Selbstregulation
(Lichtenberg, Lachmann & Fosshage 2017). Aber auch die Emotionsregulation
gewinnt zunehmend einen autonomeren Charakter (Fonagy et al. 2015). Für beide
Schritte der Autonomieentwicklung benötigt das Kind ein gewisses Maß an
Struktur, Regelmäßigkeit und Kontinuität im Alltag, was den Eltern teils viel Zeit
abverlangt.
Auch im Bereich der sozialen Kontakte verändern sich die Bedürfnisse des Kindes.
Ist der Säugling noch wesentlich auf die zentralen Bezugspersonen ausgerichtet
(in der Phase des sogenannten “Fremdelns” sogar fast ausschließlich; Lichtenberg,
Lachmann & Fosshage 2017), werden nun trianguläre Interaktionen sowie
exklusive dialogische Beziehungen zu Gleichaltrigen interessant. Diese
Interaktionen haben einen stark explorativen Charakter und dienen primär der
Auseinandersetzung mit der Umwelt, während in Stresssituationen noch der
eindeutige Rückbezug auf die primären Bindungspersonen gilt.
Untersuchungen zu geschlechterspezifischem Bindungsverhalten haben in west-
lichen Kulturkreisen, wo nach wie vor eine gewisse Rollenaufteilung zwischen den
Eltern etabliert ist, zeigen können, dass das kindliche Bindungsverhalten zum
Vater tendenziell weniger der Versorgung als mehr dem explorativen Spiel
zugewandt ist. Allerdings zeigt sich, dass diese Aufteilung nur bei entsprechender
Rolleninszenierung besteht – auch Väter oder sogar nicht verwandte
Bezugspersonen können zur primären Bezugsperson mit klarer Ver-
sorgungsfunktion werden, wenn dem Kind diese “traditionelle” Rollenaufteilung
nicht angeboten wird und der Vater entsprechend viel Zeit mit dem Kind verbringt
(Köckeritz & Nowacki 2020). Diese Befunde zeigen aber, dass Kinder in dieser
Phase bereits in der Lage sind, Beziehungen zu differenzieren.
Durch die unterschiedlichen Erfahrungen mit unterschiedlichen Erwachsenen und
auch anderen Kindern lernt das Kind nach und nach in dieser Phase, regelmäßige
Muster im Verhalten anderer Menschen zu erkennen, die eigene Wirkung des
Verhaltens auf die Umwelt und auf Interaktionspartner einzuschätzen (und das
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
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eigene Verhalten an der erwarteten Wirkung abzuschätzen) und Kontinuität in der
Umwelt zu erwarten (Fonagy et al. 2015; Köckeritz & Nowacki 2020). Zum Erlernen
dieser Kontinuität gehört auch, bestimmte Rituale wie Familienfeiern (vor allem
den eigenen Geburtstag) zu erleben und selbst als Akteur mit zu gestalten.
Diese Altersgruppe ist von der Pandemie und den mit ihr einhergehenden
Stressoren und Veränderungen des Alltagslebens komplex betroffen. Eine Studie
des Deutschen Jugendinstitutes München (DJI) konnte deutliche Veränderungen
in der Tagesstruktur und Freizeitgestaltung während der ersten Pandemiephase
bis Mai 2020 registrieren. Dazu gehört sicherlich eine Steigerung der Medienzeiten
(vom Hörspiel bis zu den sogenannten “Neuen Medien”), und gleichzeitig für 30%
der Kinder eine deutliche Reduktion der Spielzeit draußen. Gerade auch die
fehlenden Freispielmöglichkeiten (z.B. Spielplätze, Kindergarten) konnten in einer
Review-Studie als entscheidend beeinträchtigender Faktor kindlicher Spiel-
entwicklung (und damit entwicklungswissenschaftlich gesehen der gesamten
kognitiven Entwicklung) ermittelt werden (Graber, Byrne, Goodacre et al. in
press).
31% der vom deutschen Jugendinstitut befragten Eltern von Kindergartenkindern
gaben an, ihr Kind habe sich während des ersten Lockdowns einsam oder
ausgeschlossen gefühlt (Langmeyer, Guglhör-Rudan, Naab et al. 2020). Die
fehlenden Spielkontakte schlagen sich also für diese Altersgruppe erstmalig
deutlich nieder. Kinder im Vorschulalter sind also eindeutig schon schwer von den
Veränderungen des Alltagslebens betroffen.
Auch ist in dieser Gruppe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine noch
größere Herausforderung als bei den ganz Kleinen. Einerseits, weil noch mehr
Eltern hier schon wieder einer regelmäßigen, auf eine kontinuierliche institu-
tionelle Betreuung angewiesenen Beschäftigung nachgehen als bei Kleinstkindern,
und zweitens, weil diese Kinder sich in der Interaktion auch nicht mehr mit reinem
Körperkontakt “zufrieden” geben, was bedeutet, was auch in Kombination mit
Home-Office als deutlich anstrengender empfunden wird.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
17
Für den Bereich eines an den Bedürfnissen von Familien mit Kindern dieser
Altersgruppe orientierten Pandemiemanagements ergeben sich folgende
Eckpfeiler:
-Alle für die Altersgruppe 0–2 Jahre beschriebenen Aspekte gelten
uneingeschränkt auch für diese Gruppe. Gerade in dieser Altersgruppe
müssen Familien in besonderen Lebenslagen in den Blick genommen und
unterstützt werden (siehe unten).
-Betreuungseinrichtungen machen Angebote der Tagesstrukturierung (im
Falle von Schließungen auch virtuell) und bleiben – auch im Falle von
Schließungen – mit den Kindern im Kontakt (“virtueller Morgenkreis”).
-Gesetzliche Regelungen und Kontaktbeschränkungen berücksichtigen die
Bedürfnisse dieser Kinder und ermöglichen Kindern dieser Altersgruppe
1:1-Spielkontakte in geschützten Settings, z.B. im Freien (z.B. Spielplätze,
Gärten). Für besondere Anlässe (z.B. der eigene Geburtstag) werden
Settings entwickelt, in denen Kindern in einer kleinen Runde feiern können
(z.B. Outdoor-Spielanlagen, Indoor-Spielhallen, die ansonsten geschlossen
wären, dürfen für Geburtstage Kleinstgruppen unter Einhaltung von
altersentsprechenden Hygienevorkehrungen einlassen). Diese Angebote
stehen Familien kostenlos zur Verfügung.
Mittlere Kindheit: 6–11 Jahre
Die mittlere Kindheit ist weniger durch neue “Meilensteine” der Entwicklung
geprägt als vielmehr durch das festigen motorischer, sprachlicher und sozialer
Fähigkeiten und den Erwerb von “kulturellen Werkzeugen” (Vygotzky 1978) und
einer erheblichen Zunahme an Autonomie.
Auf der Ebene der körpernahen Bedürfnisse ist hier nach wie vor eine sichere
Versorgung unabdingbar. Aber diese Altersphase prägt auch besonders das
Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit. Dieses Bedürfnis ist sicherlich ein
lebenslanges Grundbedürfnis (Brazelton & Greenspan 2002; Maslow, Geiger &
Maslow 1993), aber in dieser Entwicklungsphase bekommt es insofern eine
besondere Bedeutung, als dass durch den deutlich erweiterten Aktionsradius des
Kindes das Risiko, sich selbst aufgrund einer unzutreffenden Risikoeinschätzung in
Gefahr zu bringen, besonders erhöht ist. Die Eltern als zentrale Bindungs- und
Schutzpersonen müssen also immer die Balance finden zwischen “machen lassen”,
damit das Kind seinen Aktionsradius nach und nach erweitern und sein Bedürfnis
nach Exploration stillen kann, und “schützend eingreifen”, um das Kind vor
Gefahren zu bewahren. Hierzu muss die Erfahrungswelt auch ein Stück weit
gestaltet werden, aber gleichzeitig müssen die Eltern bereit sein, loszulassen und
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
18
Autonomie zuzulassen. Sicherheit wird somit zu einem Balanceakt von Autonomie
und Abhängigkeit und in der Eltern-Kind-Beziehung zur gegenseitigen
Vertrauensfrage, welche letztlich darüber bestimmt, wie viel Struktur Kind und
Bezugspersonen benötigen, und auf wieviel Prozessdynamik sie sich sicher
einlassen können (Reiser 1995).
Gelingt dieser Balanceakt kann die Bezugsperson als “sichere Basis” vom Kind
genutzt werden, um von dort aus explorieren zu können. Besonders bei
Unsicherheit oder Gefahr stellt die Bezugsperson einen “sicheren Hafen” dar, zu
dem das Kind zurückkehren kann (Ainsworth 1967). Durch eine Reihe von
Interaktionen, die von dieser Sicherheit geprägt sind, integriert das Kind diese in
das internale Arbeitsmodell und somit auch in zukünftige Beziehungen mit
weiteren Interaktionspartner*innen. Im Bereich der Bindungsbedürfnisse ist diese
Altersphase ebenfalls durch eine Festigung geprägt. Das Kind hat ein hohes
Bedürfnis nach Kontinuität. Besonders durch die immer weiter gespannten
Lebensräume, in denen es sich jetzt mit immer größerer Autonomie bewegt
(Schule, erste Hobbys, festerer Freundeskreis), profitiert das Kind von Stabilität
und Beziehungsangeboten durch die jeweiligen Interaktionspartner*innen ihres
Umfeldes, welche die primär-familiären Beziehungen keinesfalls ersetzen, aber
auch nicht im krassen Widerspruch zu ihnen stehen sollten, weil eine zunehmende
Entwicklungsaufgabe dieser Altersphase die Orientierung ist.
Zum Erlernen der kulturellen Techniken (unterschiedliche, kontextabhängige
Sprachkodizes, Schriftsprache und Mathematik, soziale Umgangsformen,
Gepflogenheiten und Rituale, die Art, wie “man” Dinge in dieser Kultur “so tut”,
zusammenfassend als “behavioral literacy” bezeichnet; Schmitz & Wittrock 2010)
gehören sowohl das Ausprobieren, das Beobachten, die direkte Instruktion als
auch das gemeinsame Handeln mit anderen Menschen (Tomasello 2018). Kinder
in diesem Alter sind kleine “Lernmaschinen”, die begierig versuchen zu begreifen,
wie ihre Umwelt strukturiert ist und wie man sich sicher in ihr bewegt. Hierfür
brauchen Kinder Erfahrungsräume und Feedback (v.a. Anerkennung), um sich in
die Welt einfinden zu können.
Auch für die Bedürfnisse dieser Altersgruppe hat die Pandemie erhebliche Folgen.
Nach wie vor stellen z.B. Schul- und Kita-Schließungen sowie oft plötzlich
verhängte Quarantänemaßnahmen die Eltern vor große Herausforderungen. Der
paradoxe Effekt kann sogar darin liegen, dass in Phasen hoher Inzidenz Schule und
Kita in Präsenz nicht zwingend der Entlastung dienen, da pro festgestellter
Infektion eines Kindes im Schulalter mit SARS-CoV-2 im Schnitt 30 Menschen in
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
19
Quarantäne gehen, was zu einer absoluten Unberechenbarkeit führen kann (vgl.
Baumann, Beier, Brinkmann et al 2021).
Jetzt ist es aber nicht mehr “nur” das Betreuungsproblem bezüglich der
Vereinbarkeit von (Home-Office) Beruf und Familie, Schule erfüllt auch ganz zen-
trale soziale und bestenfalls auch kognitive Bedürfnisse des Kindes.
Kulturtechniken werden in unsere Gesellschaft nun einmal (auch) in der Schule
gelernt. Hierfür bedarf es speziell (didaktisch) vorbereiteter Lernumgebungen und
einer gewissen Struktur des Lerngegenstandes (siehe 3. Schwerpunkt dieses
Beitrages; Reiser 1995). Auch benötigt das Kind unterschiedliche soziale
Erfahrungsräume, um sich auszuprobieren und um überhaupt zu lernen, das
unterschiedliche Lebenswelten auch unterschiedliche strukturiert sind. Dies gilt
insbesondere für Kinder, deren Familien insgesamt über wenig soziale Netzwerke
verfügen (siehe 2. Schwerpunkt dieses Beitrags).
Besonders belastend zeigt sich für diese Altersgruppe auch die mit der unsicheren
Schulsituation immer drohende Verhängung von Quarantänemaßnahmen. Die
negativen Folgen, von Langeweile und Einsamkeitsgefühl bis hin zu ernsthaften
Symptomen wie Depressionen, Ängsten und psychosomatischen Beschwerden
(Brooks et al. 2020; Henssler et al. 2020) hemmen die kindliche Entwicklung.
Hobbys wie z.B. Sportaktivitäten und andere soziale Betätigungen fallen über
Monate aus. Im Falle von Quarantäne- bzw. Lockdown-Anordnungen entfällt also
der für diese Kinder so wichtige Aktionsradius und die Lebenswelt wird wieder auf
den engsten Familienkreis reduziert. Auch außerhalb von sogenannten Lockdown-
Zeiten sind die Möglichkeiten sozialer Interaktion außerhalb des Elternhauses
durch Kontaktbeschränkungen extrem reduziert. Und vor allem: Der Aktionsradius
des Kindes hängt unmittelbar davon ab, wie die primären Bezugspersonen die
Pandemiesituation einschätzen und wie viele Ängste vor Infektion die Eltern
haben. Völlig unabhängig davon, ob es dem Kind in seinem Zuhause gut geht oder
nicht, die altersentsprechende Erweiterung des sozialen Rollenhandelns und die
Möglichkeiten der Exploration und Aneignung zentraler Kulturtechniken wird
extrem eingeschränkt.
Im Falle von Distanzunterricht aufgrund von Schulschließungen oder dem
sogenannten “Wechselmodell” kommt auf die Familien nicht nur die Koordination
von Kinderbetreuung und Arbeit/ Home-Office zu, sondern viele Kinder, auch
leistungsstarke Schüler*innen, benötigen viel Unterstützung bei der Erledigung der
Aufgaben. Dies kann nicht nur inhaltlich, sondern auch didaktisch und vor allem
von der Koordination her eine große Belastung sein. Auch sind die technischen
Voraussetzungen für erfolgreiches Home-Schooling längst nicht Teil der
Standardausrüstung aller Familien. Auch räumliche Enge wird bei wegfallenden
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
20
Betätigungsmöglichkeiten und Outdoor-Aktivitäten zu einem noch größeren
Problem.
Im Bereich der Bindungskontinuität sind diese Situationen obendrein oft
gleichbedeutend mit einem Kontaktabbruch zu den Lehrkräften, und selbst in der
Schule kann es vermehrt zu Vertretungssituationen kommen, da Lehrkräfte
erkrankt (jeder Infekt wird laut Empfehlung zu einer Krankschreibung führen) oder
selbst im Zuge der Kinderbetreuung ausfallen.
Für ein an den kindlichen Bedürfnissen dieser Altersgruppe orientiertes
Pandemiemanagement bedeutet dies:
-Alle für die ersten beiden Entwicklungsphasen formulierten Aspekte gelten
uneingeschränkt weiter.
-Sichernde Maßnahmen zum Infektionsschutz an Schulen werden
konsequent umgesetzt (vgl. entsprechende Empfehlungen der
Gesellschaft für Virologie, des Robert-Koch-Instituts; Simon, Huebner,
Berner et al. 2020; oder aus pädagogischer Sicht Baumann 2020a),
insbesondere Abstands- und Hygieneregeln sowie das Kohortierungs-
prinzip in feste Kleingruppen, um großflächige Quarantänemaßnahmen zu
vermeiden.
-Bei hoher oder sichtbar steigender Inzidenz in einer Region frühzeitig und
gestalteter Übergang in Kleinstgruppenbeschulung (Wechselmodell, ggf. In
drei Kohorten) mit gut strukturiertem digitalen Lernangebot (inklusive
Tagesstrukturierung durch Lernangebote). Das schulische Angebot muss
didaktisch durchleuchtet werden auf Aspekte, die gut im Home-Schooling
umsetzbar sind (z.B. üben, recherchieren) und Inhalten, die deutlich besser
in Präsenz erfolgen können.
-Digitale Lernangebote sowie die notwendigen Internetressourcen stehen
kostenfrei zur Verfügung, technische Voraussetzungen werden gestellt und
Möglichkeiten des technischen Supports sind niedrigschwellig erreichbar.
-Sehr genaue Abwägung, ob und welche Hobbys in Phasen niedriger
Inzidenz wieder gesichert angeboten werden können.
-Pädagogische Angebote bleiben mit jungen Menschen über Medien im
Kontakt, erstellen “Challenges” und Kontaktmöglichkeiten für Austausch,
gemeinsames Spiel und andere soziale Aktivitäten.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
21
Vorpubertät: 12–14 Jahre
Diese Zeit ist durch massive körperliche und psychische Veränderungen geprägt,
die einerseits durch die hormonellen Veränderungen ausgelöst werden. Auf der
anderen Seite konnte die moderne Hirnforschung aber auch massive neuronale
Restrukturierungsprozesse nachweisen, die von ihrer Komplexität und Dynamik
her durchaus Parallelen zur frühkindlichen Entwicklung aufweisen (Steinberg
2010; Giedd, Jeffreys, Blumenthal et al. 1999). Diese Veränderungen bringen auch
eine massive soziale Restrukturierung bestehender Beziehungen und sozialer
Bezüge mit sich. Interessanterweise gehen diese Veränderungen auch mit
Veränderungen und Verunsicherungen des sozialen Verhaltens einher. So können
12-Jährige im Schnitt emotionale Gesichtsausdrücke ihres Gegenübers schwieriger
identifizieren als es 8-Jährige können. Es scheint sich also um komplexe neuronale
Reorganisationsprozesse zu handeln, die das Sozialverhalten im Laufe der
weiteren Adoleszenz auf ein völlig neues Niveau heben (Baumann 2007).
Dementsprechend verändern sich in diesem Alter die kindlich/jugendlichen
Bedürfnisse erheblich. Zwar ist die Kernfamilie immer noch die “sichere Basis”, auf
deren Grundlage die Umwelt exploriert wird (Bolz, Wittrock & Koglin 2019), aber
es dominiert zunehmend das Bedürfnis nach Peer-Kontakten. Dabei spielt in der
Neustrukturierung der Beziehung zu den Eltern nicht nur die eigene Entwicklung
und die Auseinandersetzung mit den Peers eine Rolle. Vielmehr legt eine
empirische Studie des Entwicklungspsychologen Laurence Steinberg nahe, dass es
besonders die Reibung der sich entwickelnden jugendlichen Identität mit der
eigenen Verarbeitung des Älterwerdens (sogenannten “Midlife-Crisis”) der
erwachsenen Bezugspersonen ist, die über die neue Bindungsstruktur entscheidet
und über die Pubertät hinweg prägend sein wird (vgl. Steinberg 2000). Hierfür
bedarf es ausreichend Raum – Sowohl Rückzugsraum als auch Räume außerhalb
des direkten familiären Umfeldes als “soziale Explorationsfelder” zum Spiel mit
neuen Rollen und Identitäten.
Zunehmend werden Freundschaften, soziales Feedback durch Gleichaltrige,
Anerkennung für eigene Kompetenzen und die ersten Versuche der Selbst-
Inszenierung sowie Erfahrungen in der Gruppe bedeutsam. Positive Vorbilder und
positive Peer-Erfahrungen bergen hier ein großes Entwicklungspotential, während
umgekehrt delinquente Peer-Kontakte und gesellschaftsferne Idole schwierige
Entwicklungen begünstigen (Chung & Steinberg 2006).
Bei den körpernahen Bedürfnissen muss ein neues Körper-Selbstbild so wie eine
Geschlechteridentität aufgebaut werden (Havighurst 1953; Hurrelmann &
Quenzel 2016). Diese Phase ist aufgrund einer mangelnden Gefährdungsein-
schätzung insbesondere vulnerabel für Irritationen durch Grenzverletzungen von
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
22
außen, sodass geschützte Räume zur Verfügung stehen müssen, in denen der
junge Mensch sicher vor Übergriffen und Grenzverletzungen ist (gilt natürlich in
jeder Entwicklungsphase, ist in der Phase, wo die erste Auseinandersetzung mit
der eigenen sexuellen Seite der Körperlichkeit bei gleichzeitig erheblicher Aus-
weitung des Explorationsverhaltens auftritt, aber besonders hoher Verletzlichkeit
ausgesetzt). Dies gilt gerade unter den Pandemiebedingungen auch für digitale
Lebenswelten, in welchen der Anteil gerade von Mobbing und Gewalt laut einer
aktuellen Studie seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich angestiegen ist
(Beitzinger, Leest & Schneider 2020).
Für diese Altersgruppe – die sich in ihrem Entwicklungsstand äußerst heterogen
darstellt – greift die Pandemie und alle mit ihr einhergehenden Maßnahmen
weniger von außen in die Familie ein, als vielmehr durch die unmittelbare
Beschränkung der Vielfalt von Lebensräumen und sozialen Interaktionsmög-
lichkeiten in zentrale Entwicklungsprozesse der Identitätsbildung. Das heißt,
fehlende soziale Interaktionen in der Gruppe, schon die Veränderung der Kontakte
durch Distanzregeln und Maskenpflicht, führen dazu, dass Kinder in einer
sensiblen Phase ihrer sozialen Entwicklung vollkommen veränderte Erfahrungen
machen (z.B. wichtiges mimisches Lernen von Emotions-Enkodierung (vgl. Merten
2003) sowie von kontextgebundenen Nähe-Distanz-Regeln innerhalb der
Peergroup, zwischen den Geschlechtern etc.; “emotionale Ansteckung” zwischen
Lehrpersonen und Schüler*innen; vgl. Spitzer 2020). Auch die noch stärker als
sowieso schon ausgeprägte Verlagerung der sozialen Interaktion mit Lehrkräften
und Peers in virtuelle Welten führt zu einer Veränderung – wie sich diese
auswirken wird, wissen wir heute noch nicht.
Ein Pandemiemanagement, dass auf die Bedürfnisse dieser Altersgruppe
fokussiert, nimmt also folgende Herausforderungen und Rahmenbedingungen in
den Blick:
-Sichernde Maßnahmen an Schulen werden konsequent umgesetzt,
insbesondere Abstands- und Hygieneregeln sowie das Kohortierungs-
prinzip in feste Kleingruppen, um großflächige Quarantänemaßnahmen zu
vermeiden. (s.o.).
-Bei dynamischen Inzidenzen wechseln Schulen schneller in den Klein-
gruppenmodus, um Quarantäne-Maßnahmen weitestgehend zu ver-
hindern.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
23
-Digitale Angebote wie Lernplattformen, aber auch geschützte Räume für
Sozialkontakte stehen technisch wie vom Datenvolumen her kostenfrei zur
Verfügung. Diese bieten insbesondere Schutz vor Cyber-Grooming, Cyber-
Mobbing und sexueller Belästigung.
-Auch im Falle strenger Kontaktbeschränkungen oder Schulschließungen
werden Kontaktmöglichkeiten in festen Kleinstgruppen für Jugendliche
ermöglicht. Hierfür werden von Kommunen gesicherte Räume (Abstands-
und Hygieneregeln möglich; idealerweise im Freien) bereitgehalten,
sodass Ausweichräume von Zuhause verfügbar sind.
-Bei Hobbys wird sehr individuell differenziert, was bei aktueller Inzidenz
verantwortet werden kann, und was eher nicht. Vereine halten über
Online-Plattformen Kontakt zu den jungen Menschen – Sportvereine bieten
z.B. kostenlose Zugänge zu E-Sports-Plattformen an und teilen körperliche
Fitness-Übungen in der entsprechenden Sportart, Musikschulen bieten die
Möglichkeit über entsprechende digitale Aufnahmesoftware Stücke in
verschiedenen Ensembles einzuspielen und in den sozialen Netzwerken
der Jugendlichen zu teilen (ohne Bilder und Namen). Gemeinsame
Tätigkeiten werden so gehalten und soziale Kontakte zu Jugendlichen mit
ähnlichen Hobbys ermöglicht.
-Es stehen für diese Altersgruppe sprachlich und medial gut aufbereitete
Informationen zur Krankheit und zum Pandemiegeschehen zur Verfügung,
damit eine eigenständige Auseinandersetzung mit der Situation erfolgen
kann.
Adoleszenz: älter als 14 Jahre
Spätestens in der voll ausgeprägten Pubertät und mit Erreichen der Geschlechts-
reife (was bei vielen Jugendlichen, insbesondere bei Mädchen auch schon deutlich
vor dem 14. Geburtstag eintreten kann) verändert sich der Fokus der Bedürfnisse
des jungen Menschen grundlegend. Es ist nicht so, dass die Eltern/Kernfamilie
nicht mehr wichtig für den jungen Menschen wären – sie bleiben als Bindungs-
personen, als Identitätsgrundlage und als sichere Basis für Explorationsverhalten,
welches in diesem Alter ein völlig neues Niveau erreicht, erhalten. Gerade in der
Beziehung zu den Eltern kommt es zu gravierenden Veränderungen durch Krisen
und Konflikte hindurch (Steinberg 2000). Die Abgrenzung von den Eltern, eine
zunehmende Selbstständigkeit und das Gefühl, in der eigenen Meinung ernst
genommen zu werden, sind zentrale Motive der Beziehungsgestaltung zu
Erwachsenen. Die jungen Menschen haben zunehmend das Bedürfnis, eigene
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
24
Entscheidungen zu treffen und diese auch umsetzen zu dürfen (Hurrelmann &
Quenzel 2016; Havighurst 1953).
Aber der Fokus der erlebten Bedürfnisse verschiebt sich – wenn die Entwicklungs-
phasen zuvor unproblematisch durchlaufen und die Entwicklungsaufgaben
gemeistert wurden – zunehmend aus der Familie heraus in die erweiterte Umwelt
und in immer komplexere Sozialräume. Zentral für diese Phase ist die Festigung
einer Körperidentität, welche durch Erfahrungen mit dem eigenen Körper
erworben wird. Der junge Mensch experimentiert mit unterschiedlichen
Strategien der Emotionsregulation und entwickelt ein deutliches Bedürfnis nach
Intimität – sowohl für sich (auch in Bezug auf Scham), als auch in der körperlichen
Nähe zu gleichaltrigen Partner*innen. Diese Phase hat auch einen starken
experimentellen Charakter und schließt das Spiel mit dem eigenen Körper als
Selbstausdruck mit ein. Das Bedürfnis nach Sexualität und exklusiven Beziehungen
prägt sich zunehmend aus.
Im Sozialen stehen sowohl neue Bindungsbeziehungen zu Gleichaltrigen (“Beste
Freund*in”, Beziehungspartner*innen) wie auch Gruppenbeziehungen im Fokus.
Junge Menschen sind extrem fokussiert auf diese Form der Erfahrungen, die nicht
mehr durch innerfamiliäre Beziehungen zu ersetzen sind. Prägend für diese Phase
ist auch die in der Gruppe verstärkt auftretende Risikobereitschaft, die auch einen
hohen Aufforderungscharakter hat, der sich bis zu suchtartigem Risikoverhalten
ausprägen kann (vgl. Gardner & Steinberg 2005; Roberti 2004). Auch andere
gruppenbezogene Verhaltensweisen spielen für diese Altersgruppe eine große
Rolle, da der junge Mensch lernen muss, in unterschiedlichen Situationen und
Kontexten unterschiedliche Rollen einzunehmen.
In dieser Phase zwischen dem 14. Lebensjahr und dem Übergang zum
Erwachsenwerden mit ca. 18–21 Jahren laufen die Pandemiemaßnahmen extrem
gegenläufig zu den jugendlichen Bedürfnissen. Zwar zeigt eine Umfrage unter
Jugendlichen und Heranwachsenden, dass sich ein Großteil junger Menschen an
die Pandemie-Regeln grundlegend zu halten scheint – und das bei allgemein eher
niedriger Angst, selbst zu erkranken (Schnetzer & Hurrelmann 2020). Auf der
anderen Seite ändert dies aber nichts daran, dass die Pandemie die jugendlichen
Entwicklungsbedürfnisse massiv einschränkt und dieser Zustand wohl nicht über
Monate hinweg aufrechterhalten werden kann. So bezweifelte der Jugend- und
Entwicklungsforscher Laurence Steinberg schon früh in der Pandemie die
Annahme, Teenager und junge Erwachsene könnten zur Schule und zum College
gehen, und dabei problemlos die Abstands- und Kontaktregeln einhalten, und er
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
25
nannte dies eine “Fantasie” (Steinberg 2020). Ebenfalls sind die Diskrepanzen im
Umgang mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen ein Faktor, den die junge
Generation natürlich versteht und hinterfragt – so z.B. die teilweise empfindlichen
Ordnungsgelder während der Kontaktbeschränkungen im März/ April, wenn drei
Jugendliche auf einem Spielplatz mit Abstand ein Gespräch führten und
gleichzeitig die zumindest im ersten Schritt folgenlosen Demonstrationen von
sogenannten “Querdenkern” gemeinsam mit z.T. rechtsradikalen Gruppierungen
und Corona-Leugnern. Und natürlich beantwortet diese Generation die
Widersprüchlichkeit auch mit einem gewissen Trotz (“Ich feiere meinen
Geburtstag in der U-Bahn, da darf ich einladen, so viele ich will ...”).
Durch die Pandemie wurden viele soziale Kontakte in die sozialen Netzwerke
verlegt, die sich aber noch stärker als sonst als ein völlig schutzloser Raum
herausgestellt haben (Pressemeldung von Europol vom 28.12.2020; Beitzinger,
Leest & Schneider 2020). Gleichzeitig kann wohl eher nicht davon ausgegangen
werden, dass alle sozialen und emotionalen Erfahrungen, die das Jugendalter
prägen, auch völlig unproblematisch digital durchlebt werden können. Die
Kontaktbeschränkungen sind also für diese Altersgruppe eine direkte
Entwicklungsbeeinträchtigung, was auch die massiven Folgen für die (psychische)
Gesundheit und das emotionale Erleben und Verhalten junger Menschen in dieser
Generation widerspiegeln dürfte (Lingenhöhl 2020; Ravens-Sieberer, Otto, Kaman
et al. 2020).
Hinzu kommen noch gerade in dieser Altersspanne die entscheidenden
Auswirkungen der Pandemie auf die Faktoren des Bildungserfolgs und der
Bildungsgerechtigkeit (Agostinelli, Doepke, Sorrenti & Zilibotti 2020; Van Lancker
& Parolin 2020). So zeigte sich, dass gerade für diese Generation gilt, dass der
soziale Status der Familie wesentlich mitentscheidend Einfluss nimmt auf die
Frage, ob die Pandemie bewältigt werden kann oder ob langfristige, vielleicht
sogar lebenslängliche Folgen für den Bildungserfolg und damit für die gesell-
schaftlichen Zukunftschancen entstehen. Diese Effekte konnten gerade auch an
höheren Schulformen und bezogen auf höhere Bildungsabschlüsse nachgewiesen
werden (Agostinelli et al. 2020).
Ein Pandemiemanagement, welches die Entwicklungsbedürfnisse und die
Zukunftschancen dieser Altersgruppe in den Fokus nimmt, würde demnach fol-
gende Facetten berücksichtigen:
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
26
-Infektiologisch gesehen besteht bei allen Diskussionen um Kinder in der
Pandemie bezüglich dieser Altersgruppe weitestgehende Einigkeit, dass es
keine gravierenden Unterschiede mehr zu Erwachsenen bezüglich der
Bedeutung in der Infektionsverbreitung gibt. Insofern liegt die besondere
Leistung eines Pandemiemanagements darin, die Diskrepanz zwischen der
Ausbreitung des Virus und den Entwicklungsbedürfnissen dieser Alters-
gruppe zu kommunizieren und als Gesellschaft zu akzeptieren, dass
Jugendlichen und Heranwachsenden gewisse Freiräume zugestanden und
durch entsprechende Strategien (z.B. Teststrategien) abgesichert werden
müssen, die sich im Gegenzug Erwachsene in schwierigen Pandemie-
phasen mit hohen Fallzahlen und Inzidenzwerten nicht erlauben können.
-Alle Maßnahmen, die für die Altersgruppe der Vorpubertät benannt
wurden, gelten uneingeschränkt weiter.
-Es werden Möglichkeiten für junge Menschen geschaffen, sich an hierfür
bereitgestellten Räumen (am besten im Freien) in kleineren konstanten
Gruppen zu treffen und außerhalb unmittelbarer erwachsener Kontrolle zu
bewegen.
-Kontaktbeschränkungen werden dementsprechend differenziert, sodass
für unter 21-Jährige gesonderte Regeln gelten.
-Virtuelle Plattformen für sozialen Austausch stehen kostenfrei (auch
Internetvolumen) zur Verfügung. Konzepte für einen stärkeren Schutz vor
Cybermobbing und Cybergrooming müssen dabei deutlich stärker in den
Blick genommen werden.
-Gerade Angebote der offenen Jugendarbeit und Stadtteilarbeit entwickeln
regionale Konzepte zur Aufrechterhaltung und Implementierung
jugendspezifischer Angebotsformate.
-Institutionen, die wichtige jugendspezifische Tätigkeits- und
Kompetenzfelder abdecken, wie z.B. Tanzschulen, Musikschulen, Fitness-
Studios und Fahrschulen entwickeln besonders geförderte Konzepte und
Angebote, um diese Tätigkeiten speziell für diese Altersgruppe zu
ermöglichen und dennoch das Infektionsrisiko gering zu halten.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
27
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
28
F
Familien in besonderen Lebenslagen (“special needs”)
Neben den allgemeinen altersspezifischen Entwicklungsbedürfnissen und den
Voraussetzungen für Lernen im kognitiven wie auch sozial-emotionalen Bereich,
die auch unter Pandemiebedingungen gehalten werden müssen, gleichzeitig aber
nicht mit “Präsenzunterricht” verwechselt werden sollten, gibt es aber auch sehr
spezielle Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Familien, die sich in
besonderen Lebenslagen befinden und deshalb durch die Pandemie besonders
beeinträchtigt werden. Hierzu zählen als besonders durch zusätzliche
Unterstützung zu berücksichtigende Settings (Sammlung ohne Anspruch auf
Vollständigkeit):
-Familien, die von chronischer Erkrankung und/oder Behinderung be-
troffenen sind – und zwar sowohl, wenn es ein Kind betrifft, als auch auf
der Erwachsenenebene.
-Familien, die durch die bekannten Risikofaktoren häuslicher Gewalt oder
psychischer Instabilität verletzlich erscheinen.
-Familien in Armut und sozialer Randständigkeit/Isolation.
-Familien mit Kindern mit sprachlichem Förder- und Unterstützungsbedarf,
sowohl auf Grund von Sprachentwicklungsstörungen als auch migrations-
bedingter fehlender Spracherfahrungen im Deutschen.
Für diese Familien gelten grundlegend die oben genannten altersspezifischen
Faktoren. Aber es gibt einige Besonderheiten, die oft nicht einmal für die unter
diesen Überschriften subsumierten, in ihrer speziellen Lebenssituation aber
höchst individuell und different zu betrachtenden Familien verallgemeinerbar
sind. An vielen Stellen geht es also vor allem um die Schaffung von Strukturen für
die individuelle Prüfung und Ausgestaltung und weniger um allgemeingültige
Maßnahmen.
Von chronischer Erkrankung oder Behinderung betroffene Familien
Auch ohne die Bedingung einer Pandemie mit einem Virus, dessen Effekt auf die
menschliche Gesundheit durch Vorerkrankungen wesentlich beeinflusst zu
werden scheint (vgl. Schilling, Diercke, Altmann et al 2020), ist die Komplexität der
Lebensbedingungen von Eltern, die mit einer chronischen Erkrankung oder einer
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
29
Behinderung bei einem ihrer Kinder oder einem anderen Familienmitglied
konfrontiert werden, eine Besondere. Erstens wächst durch ein von Krankheit
oder Behinderung betroffenes Familienmitglied quasi unausweichlich die
Abhängigkeit von Expert*innen (Ärzt*innen, Therapeut*innen,
Sonderpädagog*innen). Zweitens verändern solche Phänomene die
Lebenssituation radikal, weil neben einer vielleicht realen Bedrohung durch die
Krankheit auch eine Art “Neuerfindung” und “Re-Definition” der Elternrolle
vorgenommen werden muss. Mittelschichtsorientierte Förderparadigmen (z.B.
der ständige Vergleich, wessen Kind wann was kann) greifen z.B. nicht, was zu
einer Isolation innerhalb der Elterngruppe führen kann (Speck 2008; Wilken 1999;
Bachmann 2014). Dies geschieht in einem soziologischen Umfeld moderner gesell-
schaftlicher Strukturen, die dazu neigen, Probleme einerseits zu individualisieren
und andererseits zu institutionalisieren, während die soziale Gemeinschaft als
Gemeinschaft von menschlichen Individuen dagegen wenig Verantwortung trägt
(Beck & Beck-Gernsheim 1990).
Historisch betrachtet hat das Verhältnis zwischen Fachleuten (Expert*innen) und
Eltern/ Familien mit einem chronisch erkrankten oder von einer Behinderung be-
troffenen Familienmitglied dabei unterschiedliche Stufen durchlaufen, die sich
rückblickend in drei prototypische Phasen aufteilen lassen (Speck 2008, Leube
1989), die natürlich in der Realität nie so scharf voneinander getrennt waren:
- Eltern als Laien
- Eltern als Ko-Therapeuten
- Eltern als Kooperationspartner
In der ersten Phase (bedingt auch gerade durch den medizinischen Fortschritt) galt
der Förderbedarf von Kindern mit Entwicklungs- und Gesundheitsproblematiken
als alleine durch Fachkräfte zu bedienendes Artefakt. Eltern sollten sich bestenfalls
ganz aus Pflege und Versorgung heraushalten. Der Umgang mit Eltern war dabei
gängelnd und restriktiv. Diese im Rahmen der Fürsorgegeschichte wohl längste
Phase wurde dann in der Entdeckung eines neuen Förderoptimismus (Speck 2008;
Wilken 1999) abgelöst durch die Einstellung, Eltern könnten die Förderung ihres
Kindes durchaus vorantreiben, solange sie sich nur minutiös an die Vorgaben der
Fachleute halten würden. Eltern wurden zu “Erfüllungsgehilfen” des Therapie-
plans und hatten wie selbstverständlich ihre eigenen familiären Bedürfnisse und
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
30
elterliche Intuition abzustellen. Erst gegen Ende der 1980’er Jahre, ausgeprägt
dann in den 1990’ern, entwickelte sich ein neues Verhältnis, dass als Ziel die
“Augenhöhe” zwischen Expert*innen – verstanden als Experten für die Krankheit
oder Behinderung – und Eltern – verstanden als Experten für dieses individuelle
Kind, dass betroffen ist – formulierte (Speck 2008; Leube 1989). Letztere Position
wurde wissenschaftlich breit unterstützt (Speck 2008; Wilken 1999; Eckert 2007),
nicht nur im Falle betroffener Kinder (Kutscher 2010) und konnte sich akademisch
durchsetzen, wenn auch die gelebte Praxis stellenweise noch Jahre hinter diesem
Anspruch zurückbleibt. Untermauert wurde das Kooperationsparadigma
zusätzlich durch den aufkeimenden Ansatz des “Empowerments” (Selbster-
mächtigung; Wilken 1999) sowie den Forderungen nach Partizipation, die auch
gesetzlich verankert wurden (z.B. SGB VIII, UN-Konvention für die Rechte von
Menschen mit Behinderung etc.).
Im Kontext der SARS-CoV-2 Pandemie sind nun Familien mit chronisch erkrankten
oder von einer Behinderung betroffenen Familienmitgliedern in eine neue
Situation gebracht. Neben der durch die Erkrankung oder Beeinträchtigung eh
schon gegebenen und täglich neu auszubalancierenden Aspekte wie z.B. die
“optimale” Versorgung und den familiären Bedürfnissen sowie auch der
Abhängigkeit von Expert*innen vs. einer hohen elterlichen Autonomie und
Kompetenz (Eckert 2007) tritt nun noch eine neue Abhängigkeit hinzu: Die
Abhängigkeit von Expert*innen bezüglich der Pandemie und des Infektions-
geschehens.
Die Fragen, welche Bedeutung die Pandemiebeschränkungen für die eigene
Familie unter diesen besonderen Bedingungen haben, treten dabei noch fast in
den Hintergrund bezüglich der Frage, welche Gefahr von der Epidemie für die
eigene Familie ausgeht. Denn das, was diese Eltern im Zusammenleben mit
dem/der Erkrankten erlebt haben, ist eben nicht, dass eine medizinische Diagnose
oder ein Syndrom Entwicklung etwa berechenbarer machen würde, sondern dass
dadurch die potenzielle Vielfalt der Möglichkeiten und der Unabwägbarkeiten
wächst (Stengel-Rutkowski 2002; Bachmann 2014). Eine Erfahrung, die nahezu alle
Eltern von Kindern mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung teilen
(oder zumindest über ihr soziales Netzwerk innerhalb dieser Szene kennen), ist,
dass sie persönlich ein Gefühl hatten, dass der Expert*innenprognose oder einem
fachlichen Ratschlag widersprach und sich am Ende als folgerichtig herausgestellt
hat. Und auch die Tatsache, dass der Wissensstand bezüglich des Virus und vor
allem der COVID-19 Erkrankung stetig wächst und immer wieder neue
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
31
Erkenntnisse bisher als gewusst Geglaubtes ablösen, macht die Verunsicherung
nicht kleiner.
Besondere Herausforderungen stellen dabei z.B. Fragen des Schulbesuches dar,
der vielerorts nur durch eine Vorlage eines ärztlichen Attestes und auch nur
betreffend des konkret erkrankten Kindes, nicht im Falle eines anderen
Angehörigen im Haushalt (z.B. Geschwister) – also in vollkommener Abhängigkeit
– zu umgehen scheint. Dabei ist die Erfahrung vieler Eltern, dass unter den
besonderen Pandemiebedingungen aber nicht das ausführliche Beratungs-
gespräch erfolgt, sondern solche Entscheidungen vielerorts gemäß von Fach-
gesellschaften herausgegebenen Handlungsempfehlungen (z.B. bzgl. der
Einschätzung der Rolle von Schulen im Pandemiegeschehen; bei welchen
Vorerkrankungen ein Attest ausgestellt werden soll etc.) und/ oder nur telefonisch
getroffen werden.
In dieser Situation wird das Verhältnis von Eltern und Expert*innen wieder
zurückgeworfen in die Phase der “Eltern als Laien”, die sich der Entscheidung von
Expert*innen trotz größter eigener Bedenken und berechtigter Zweifel bezüglich
der gesundheitlichen Sicherheit ihrer Kinder ausgeliefert sehen. Und klar ist doch:
Erstens, der aktuelle Wissensstand bzgl. Komorbiditäten oder negativen Aus-
wirkungen einer COVID-19 Erkrankung auf den Gesundheitszustand ver-
schiedenster Vorerkrankungen oder Behinderungen ist keinesfalls ausreichend
gesichert, als dass Fachexpert*innen wirklich zuverlässige und einheitliche
Beurteilungen abgeben könnten. Und zweitens: Selbst die von Fachgremien
empfohlenen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens in Schulen
werden nicht flächendeckend umgesetzt.
Aus dieser kurzen Voranalyse heraus lassen sich nun zwei Hypothesen ableiten:
Erstens, das Verhältnis von Eltern in Familien mit einem chronisch erkrankten oder
von Behinderung betroffenen Familienmitglied darf nicht durch die Corona-
Pandemie um Jahrzehnte zurückgeworfen werden, in dem die Eltern einfach als
“Laien” den Entscheidungen der Fachexpert*innen unterworfen werden. Die
Balance zwischen Fachkraft als Expert*in für Krankheiten, Behinderungen und
dem wissenschaftlichen Forschungsstand und Eltern als Expert*innen für ihr ganz
individuelles Kind muss auch in dieser Phase gehalten werden.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
32
Zweitens, die aktuelle Situation besonders um Fragen der Inklusion des Kindes ins
Bildungssystem (Schule, KiTa, Werkstätten) bedarf eines dieser Situation
angepassten Partizipationskonzeptes, das zwischen den Aspekten “Kinderschutz/
Recht des Kindes auf Bildung”, “Elternrecht/ -Sorge” und “Empowerment”
vermitteln kann.
Dabei ist es natürlich kein Weg, die Entscheidung z.B. für den Schulbesuch einfach
den Eltern freizustellen. Denn hierbei gibt es einige zu berücksichtigende Aspekte:
Der erste Aspekt ist natürlich die in Deutschland geltende Schulpflicht. Diese ist
auch gebunden an die Präsenz, da zumindest in der jetzigen Situation, wo nicht
flächendeckend didaktische und technische Voraussetzungen für digitales Home-
Schooling geschaffen sind, Präsenzunterricht dem Bildungsanspruch (Recht des
Kindes auf Bildung) besser gerecht werden kann, als ein unter schlechten
Bedingungen durchgeführtes Home-Schooling (siehe oben), noch dazu, da die
Lehrkräfte ja mit dem Präsenzunterricht der Klasse befasst sind und nur wenig
zusätzliche Zeitressourcen für die didaktische Gestaltung der Einzelbeschulung des
betroffenen Kindes haben.
Ein zweiter Aspekt ist die Rolle der Schulen und KiTas für das Kindeswohl sowie
das Recht des Kindes auf Inklusion. Nun ist “glückliche Kindheit” sicherlich nicht
gleichzusetzen mit “institutionalisierte Kindheit”, aber dennoch gibt es Faktoren
wie die verlässliche Tagesstruktur, die Gewährleistung von Sozialkontakten sowie
die große Rolle, die KiTas und Schulen für die Entdeckungswahrscheinlichkeit
häuslicher Gewalt spielen, die nicht außer Acht gelassen werden können. Es liegen
mittlerweile vielfache Hinweise vor, dass der sogenannte “Lockdown” von März
bis Mai 2020 in Deutschland für viele Kinder die Situation verschlechtert und zu
einem Anstieg psychischer und psychosomatischer Problemlagen geführt hat
(Baumann 2020b).
Schließlich der dritte zu berücksichtigende Aspekt ist das natürliche Elternrecht,
über den Gesundheitszustand des Kindes zu urteilen und daraus Konsequenzen
für den Schulbesuch abzuleiten. Das Recht, das eigene Kind aus Sorge um den
Gesundheitszustand vom Schulbesuch zu befreien und somit rechtswirksam “zu
entschuldigen”, ist ein natürlicher Bestandteil der elterlichen Sorge, der nur im
begründeten Verdachtsfall (z.B. Zurückhaltung vom Schulbesuch durch die Eltern,
Verdacht auf Münchhausen-Proxy-Syndrom etc.; Herz & Haertel 2018, Rothen-
burg 2018) außer Kraft gesetzt werden darf. Dieses Spannungsverhältnis, Zurück-
haltung und psychische Erkrankung auf Seiten der Eltern auszuschließen und
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
33
gleichzeitig die Verantwortung der Eltern für ihr Kind nicht pauschal zu negieren,
muss Teil eines umfassenden Partizipationskonzeptes sein.
Ein Pandemiemanagement, dass die Lebenssituation von Familien mit einem
chronisch erkrankten und/ oder von Behinderung betroffenen Familienmitglied
berücksichtigt, enthält also folgende – zusätzlich zu den schon genannten –
Aspekte:
-Ein ausführliches Partizipationskonzept, welches die Balance zwischen
Expert*innen und Familien “auf Augenhöhe” ist implementiert. Besondere
Bedeutung kommt dabei der Frage nach einer Verpflichtung zum
Schulbesuch zu, die z.B. in einem Gremium, bestehend aus Schulleitung,
Klassenlehrkraft, einer medizinischen Fachkraft (Pädiater*in oder Mitar-
beiter*in des Gesundheitsamtes), beiden Eltern und dem/ der Eltern-
vertreter*in der Klasse oder Schule gemeinsam beraten und entschieden
wird (Baumann 2020c).
-Auch außerhalb von schulischen Maßnahmen wie “Wechselmodell” oder
“Home-Schooling” werden für Risikofamilien gut strukturierte und eng
betreute E-Learning-Formate bereitgestellt, um Entscheidungsräume zu
eröffnen. Diese können auch überregional organisiert sein, Ergebnisse
fließen aber grundsätzlich in die Stammschule zurück.
-Die wirtschaftliche Situation der Familien ist gesondert gesichert, wenn ein
Schulbesuch als nicht zu ermöglichen eingeschätzt wird.
-Die Eltern werden durch das Gesundheitsamt regelmäßig und verständlich
(ggf. Muttersprache berücksichtigen) über aktuelle Entwicklungen und
Erkenntnisse der Pandemie informiert.
-Unter Berücksichtigung der sozialen Inklusion werden Formate geschaffen,
wo auch Kinder, deren soziales Leben auf Grund einer Risikokonstellation
noch einmal deutlicher eingeschränkt wird, Möglichkeiten für
Begegnungen mit Gleichaltrigen haben.
-Wenn Schule oder Kita als Betreuungs- und Entlastungsort wegfallen, wird
den Familien niedrigschwellig und schnell zusätzliche Pflege- oder
Assistenzleistung genehmigt, um eine akute Überlastung der Eltern als
“ehrenamtlicher Pflegedienst” präventiv vorzubeugen und den zusätz-
lichen Betreuungs- und Pflegeaufwand aufgrund der Pandemiesituation
unbürokratisch aufzufangen.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
34
Familien mit erhöhtem Gewaltrisiko
Die Dynamik familiärer Gewalt ist komplex – der Einfluss der Pandemie und den
mit ihr einhergehenden Maßnahmen noch komplexer (Baumann 2020b; Steinert
& Ebert 2020; Usher, Bhullar, Durkin, Gyamfi & Jackson 2020). Es gibt Hinweise
darauf, dass durch die Pandemie die Gewalt in Familien gestiegen ist, das genaue
Ausmaß erscheint aber noch schwer abzuschätzen. Aber sicherlich ist die Dynamik
zwischen familiärer Gewalt und Pandemiegeschehen nicht einfach auf die Frage
zu reduzieren, ob sie gestiegen ist oder nicht. Denn dies würde bedeuten, vor der
Ja-oder-Nein-Entscheidung zu stehen, ob Maßnahmen überhaupt ergriffen
werden sollten oder nicht. Wenn Maßnahmen, die unter dem Begriff “Lockdown”
gefasst werden, oder Schul- und Kita-Schließungen linear-kausal zu einem Anstieg
der Gewalt führen würden, dann hieße das tatsächlich, dass ein
Abwägungsprozess notwendig wäre, ob man diese in Kauf nehmen will oder nicht
– und diese Frage wäre weder zielführend noch der Realität der SARS-CoV-2-
Ausbreitung entsprechend (Priesmann, Brinkmann, Ciesek et al. 2020).
Es ist wichtig, sich mit den Faktoren und Zusammenhängen im Detail auseinander-
zusetzen, um durch spezifische Maßnahmen und Unterstützungsangebote
gegenzusteuern (vgl. Abbildung 4). Grundlegend ist seit langem bekannt, dass
familiäre Gewalt verschiedene familiendynamische Aspekte hat, die ungünstig
zusammenwirken. Hierzu zählt zunächst psychische Stabilität der Erwachsenen –
wobei ein psychisch labiler Elternteil nicht automatisch der/die Aggressor*in sein
muss. Die Gewalt kann sich genauso gut auch gegen ihn/sie richten. Aber sicherlich
lassen sich bei einer Betrachtung der einzelnen Studien und Theorien zur
Entstehung von Gewalt auf der individuellen Ebene eine Reihe prototypischer
Risikofaktoren aus dem Bereich der psychischen Verfassung des Täters be-
schreiben, sie erklären Gewalttaten und Eskalationen aber niemals allein (vgl.
Baumann 2020d). Ein weiterer familiendynamischer Faktor, der Gewalt grund-
legend begünstigt, ist die Inszenierung einer traditionalistischen Rollenverteilung
zwischen den Geschlechtern, wobei Männlichkeit idealisierende Wertesysteme
besonders problematisch zu sein scheinen (Baumann 2020b, 2020d; Sutterlüty
2003). Dies gilt sogar für Familien, in denen es zu Gewalt durch Kinder und
Jugendliche gegen Eltern oder andere Familienangehörige (v.a. Geschwister)
kommt (Conterras & Cario 2016). Statistische Faktoren, die ebenfalls das Risiko
familiärer Gewalt erhöhen, sind das Alter des Kindes (je jünger, desto höher das
Risiko), die Impulsivität des Kindes, die Konfliktdichte und -intensität und der
Alkoholkonsum in der Familie (sowohl als grundlegender Risikofaktor als auch als
situativer Bedingungsfaktor für Eskalationen). Ein weiterer sehr wichtiger Be-
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
35
dingungsfaktor ist die Entdeckungswahrscheinlichkeit, die vor allem auch die
Wahrscheinlichkeit einer Chronifizierung bedingt (Baumann 2020b).
Diese Faktoren werden durch die Pandemie und die damit zusammenhängenden
Maßnahmen massiv beeinflusst. Ein erstes Faktorenbündel, das Einfluss nimmt,
sind die pandemiespezifischen Ängste (Taylor 2020). Ängste gehören zu den
stärksten bekannten Gewaltauslösern, vor allem, weil sie die psychische Stabilität
der Erwachsenen schwächen.
Kita- und Schulschließungen – oder durch Quarantäne bedingte Aussetzungen –
zeigen vor allem zwei direkte Einwirkungen: Einerseits wächst das Risiko einer
Traditionalisierung der Geschlechterrollen durch eine Ungleichverteilung der
zusätzlichen Betreuungszeit (Kohlenrausch & Zucco 2020; Baumann 2020b). Auf
der anderen Seite sinkt die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung von familiärer
Gewalt, wodurch das Risiko sowohl für Gewalt als solche, vor allem aber für eine
Chronifizierung wächst (Baumann 2020b). Mittelbar wirken Schul- und
Kitaschließungen auch auf die erlebte Isolation, den Schlaf-Wach-Rhythmus sowie
die Impulsivität der Kinder (Baumann 2020b).
Erlebte Isolation, Quarantäne und Kurzarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit sind
weitere Effekte der Pandemie, die auf verschiedene familiendynamische Prozesse
drücken. Sie schwächen die psychische Stabilität der Erwachsenen. Ebenso
besteht ein enger Zusammenhang zwischen Ängsten und Isolation. Welchen
Einfluss diese Faktoren dagegen auf den Alkoholkonsum und auf die
Geschlechterinszenierungen nehmen, ist durchaus differenziert zu betrachten.
Dort, wo die Mehr-Zeit zuhause zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führt, kann
dies sogar eine Schutzwirkung entwickeln – im gegenteiligen Falle aber auch hoch
problematische Dynamiken auslösen (Baumann 2020b). Wichtig ist auch der
Einfluss dieser Faktoren auf die Konfliktdichte und -intensität. Der Soziologe Jan
Philipp Reemtsma unterscheidet in seiner Theorie körperbezogener Gewalt drei
Funktionen, die auch für die Betrachtung familiärer Gewalt und familiärer
Konflikte bedeutsam sind: Erstens, die “lozierende Gewalt”, der es darum geht, für
ein übergeordnetes Ziel den Körper des anderen “aus dem Weg” zu schaffen – sei
es durch physisch-räumliche Veränderung oder durch Brechung des
Widerstandes. Die zweite Form der Gewalt, die Reemtsma als “raptive Gewalt”
bezeichnet, ist durch das primäre Ziel der Verfügung über den anderen Körper,
z.B. durch Missbrauch oder Versklavung, gekennzeichnet. Ziel ist die Aneignung
des Körpers des Anderen. Die dritte Gewaltform schließlich ist nach Reemtsmas
Systematik die “autotelische Gewalt”, bei welcher die zerstörerische Gewalt als
solche im Fokus der Handlung steht und einen Selbstzweck erfüllt (Reemtsma
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
36
2008). Diese Unterscheidung der Gewaltformen ist auch bei der Betrachtung
familiärer Gewalt während der Corona-Pandemie bedeutsam. So deuten die
Befunde internationaler Studien (Usher et al. 2020) wie auch die Befragung
während der ersten Pandemiephase im März-Mai 2020 in Deutschland (Steinert &
Ebert 2020) darauf hin, dass einerseits Gewalt als Überforderungsreaktion
aufgetreten ist – dies wäre dann der lozierenden Gewalt nach Reemtsma zuzu-
ordnen – und auf der anderen Seite aber auch ein erschreckend hohes Maß an
“raptiver Gewalt”, also der Ermächtigung gegen den Anderen stattgefunden hat.
Dies hat offenbar vor allem Frauen betroffen, die durch ihren Partner eng
kontrolliert und sexuell bedrängt worden sind. Es scheint plausibel, dass die Enge
in den Familien gerade diese beiden Formen der Gewalt provoziert, während eine
autotelische Gewalt, also die “Lust” an der Zerstörung als Selbstzweck (vgl. auch
die “intrinsische Motivation” des “Gewaltrausches” in der Systematik bei
Sutterlüty 2003) eher nicht zugenommen haben dürfte.
Der oben bereits benannte Faktor der Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus
auf die Eltern-Kind-Dynamik und damit auch auf den Faktor Gewalt ist dabei ein
zusätzlicher Aspekt, der durch nahezu alle bisher benannten Dynamiken
beeinflusst wird (DiGiorgio et al. 2020; Baumann 2020b).
Als unspezifische Wirkfaktoren können noch die Veränderungen des
Lebenswandels, z.B. durch abgesagte Feiern, fehlende Freizeitangebote und
Hobbys, entfallenden Stützfunktionen durch Vereine und Kirchen u. ä. betrachtet
werden. Einen wesentlichen Einfluss nimmt auch die Verfügbarkeit von Beratungs-
und Hilfeangeboten (Baumann 2020b), vor allem, weil sie die Chronifizierung von
Gewaltdynamiken und damit auch die voranschreitende Eskalation begünstigen.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
37
Abbildung 4: Ein Pfadmodell familiärer Gewalt und Pandemiefaktoren
Maßnahmen, die eine schützende oder unterstützende Wirkung für Familien mit
erhöhtem Eskalations- und Gewaltrisiko bieten können, sähen im Rahmen eines
familienorientierten Pandemiemanagements wie folgt aus:
-Es besteht ein regelmäßiger Kontakt von Fachkräften zu den Kindern und
Jugendlichen in Familien, die Risikofaktoren und -konstellationen
aufweisen.
-Beratungsstellen und Therapeut*innen, die über Kontakt zu psychisch
gefährdeten Eltern verfügen, weisen diese aktiv auf
Unterstützungsangebote hin und vermitteln diese aktiv.
-Beratungsstellen halten Online-Angebote vor, die einerseits durch
Jugendämter und Schulsozialarbeit direkt vermittelt werden, andererseits
durch Medien aktiv beworben.
-Familien werden regelmäßig und in einfacher Sprache über Risiken auf-
geklärt, die mit einer Steigerung des Alkoholkonsums, mit einer ungleichen
Verteilung von zusätzlichem Betreuungsaufwand u. ä. einhergehen.
-Unterstützungsangebote durch Jugendämter und andere soziale
Institutionen werden aufrechterhalten, notfalls auf Videoformate umge-
stellt. Jugendhilfeangebote dürfen nicht durch einen Lockdown geschlos-
sen werden.
-Pädagogische Angebote bieten den Familien tagesstrukturierende
Elemente und Angebote an.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
38
-Familiäre Dynamiken, die auf ein Gewaltrisiko schließen lassen, sind ein
vorrangiger Grund für Betreuungsangebote auch im Falle von Schul- und
Kitaschließungen. Im sogenannten “Wechselmodell” wird diesen Kindern
ermöglicht, die Einrichtungen/Schulen täglich zu besuchen. Bei weit-
reichenden Maßnahmen in privaten und beruflichen Bereichen aber
dennoch geöffneten Schulen/Kitas werden Kinder aus Risikofamilien
verstärkt in Ganztagsangebote oder Freizeitangebote aufgenommen.
-E-Learning-Formate werden sorgfältig vorbereitet und engmaschig betreut
(wenn Kapazitäten der Lehrkräfte nicht ausreichen durch studentische
Aushilfen), sodass keine Überforderungsmomente entstehen. Die Schul-
sozialarbeit hat hier ein genaues Augenmerk auf risikobelastete
Schüler*innen und unterstützt. Schulen bauen in diesen Phasen keinen
Leistungsdruck auf.
-Während Pandemiephasen mit weitreichenden Einschränkungen stehen
für Familien niedrigschwellig Möglichkeiten zur räumlichen Entzerrung zur
Verfügung (z.B. in Hotels oder Ferienwohnungen). Kurzfristig können diese
auch ohne Begründung wahrgenommen werden – sollten Kapazitäten
nicht ausreichen oder ein längerfristiger Aufenthalt notwendig werden,
können Sozialarbeiter*innen der örtlichen Frauenhäuser steuernd
unterstützen. Im Falle von Notrufen oder Telefonberatungen werden diese
Angebote aktiv angeboten.
-Im Falle von Schul- und Kitaschließungen bieten die Kommunen stunden-
weise Betreuungsangebote in geschützten Settings an, wenn Kinder nicht
durch die Notbetreuung der Schulen und Kitas erfasst werden.
Familien in Armut und sozialer Randständigkeit
Armut ist isoliert betrachtet kein einzelner Risikofaktor, aber sie erhöht die
Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens vielfältiger Problemlagen, die dann
zusammengenommen zu einem der größten Entwicklungsrisiken für Kinder und
Jugendliche überhaupt werden (Groos & Jehles 2015). Das “Pentagon der Armut”,
das Peter Tschümperlin 1988 auf einer Konferenz vorgestellt und Gerd Iben in
seinen Publikationen veröffentlicht hat (Iben 1996) macht die unterschiedlichen
Dimensionen von Armut, welche das Spannungsfeld kindlicher Entwicklungs-
risiken darstellen, deutlich (vgl. Abbildung 5).
Armut und soziale Randständigkeit sind (vor allem in westlichen Industrieländern,
wo armutsbedingte Hungersnöte eher unwahrscheinlich sind) mehr als nur ein
Mangel an finanziellen Ressourcen. In der individualisierten Gesellschaft, in der
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
39
Familie und Beziehung mehr und mehr zu einem zu planenden Projekt der
Biografiegestaltung wird (Beck & Beck-Gernsheim 1990), ist die Toleranz für
Erfahrungen des Scheiterns gesellschaftlich enorm gesunken, sodass Armut ein
komplexes Netzwerk von Ausgrenzungsfaktoren geworden ist, welches häufig in
die soziale Randständigkeit hineinführen.
Abbildung 5: Das Pentagon der Armut
Alle verfügbaren Erkenntnisse aus der bisherigen Pandemie zeigen nun deutlich,
dass Armut einer der größten Risikofaktoren für Familien ist, um durch den
sozialen Impact der Pandemiemaßnahmen besonders getroffen zu werden.
Erstens deuten die vorliegenden Daten einer internationalen Review-Studie
darauf hin, dass das Risiko, sich mit dem SARS-CoV-2 Virus zu infizieren und auch
das Risiko, einen schweren Krankheitsverlauf zu durchleben, für Menschen in
Armut und sozialer Randständigkeit signifikant erhöht ist. Selbst in Bezug auf eine
virale Infektionskrankheit scheint diese Gruppe also besonders vulnerabel zu sein
(Wachtler, Michalski, Nowossadeck et al. 2020). Gleichzeitig verschärft diese Tat-
sache die Armutslagen der Familien natürlich umso mehr. Darüber hinaus ist es
besonders auch der Niedriglohnsektor und die prekären Arbeitsverhältnisse, die
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
40
im Falle von Pandemiebeschränkungen stark betroffen sind und über wenig
soziale Absicherung oder Rücklagen verfügen. Besonders gravierend wirkt sich der
Faktor Armut aber offenbar auf das Bildungssystem aus: Durch die Pandemie und
den die Bildungssysteme betreffenden Maßnahmen ist allen voran die “soziale
Schere” weiter auseinandergegangen und die schulischen Leistungen insbe-
sondere von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher deutlich herabgesetzt
worden (Van Lancker & Parolin 2020; Kohlenrausch & Zucco 2020; Agostinelli,
Doepke, Sorrenti & Zilibotti 2020).
Insofern muss ein familienorientiertes Pandemiemanagement insbesondere
Maßnahmen enthalten, die geeignet sind, Familien in Armut und sozialer
Randständigkeit zu unterstützen:
-Alle Beratungs- und Entlastungsangebote, die unter dem Faktor “familiäre
Gewalt” diskutiert wurden sind auch für diese Gruppe unterstützend.
-Die technische Ausstattung zur Teilnahme an E-Learning-Formaten und
auch für soziale Konversation ist gewährleistet. Ein technischer Support
unterstützt die zielgerichtete Nutzung von Endgeräten. Die zweckdienliche
Nutzung wird durch den technischen Support kontrolliert und unterstützt
(z.B. Verdienen von “Freiminuten” für Spielen durch Nutzung von Ler n- und
Kommunikationsangeboten, Sperrung bei missbräuchlicher Nutzung oder
fehlender Nutzung für Bildungsangebote).
-Studentische Hilfskräfte werden als individuelle Coaches eingesetzt, um
das selbstständige Lernen und die Übergänge zwischen E-Learning und
Präsenzlehre zu unterstützen.
-Wirtschaftliche und sozialversicherungstechnische Absicherung der
Familien, damit sich die Armut durch die Pandemie nicht verschärft.
-Zusätzliche räumliche Ressourcen zur Entspannung beengter Wohn-
situationen werden durch die Kommunen bereitgestellt.
-Hygiene- und Schutzmaßnahmen in Großraumsiedlungen (Fahrstühle,
Treppenhäuser, Belüftungsanlagen etc.) werden implementiert um die
Ausbreitung in Wohnanlagen einzudämmen.
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Eine vierte, als besonders vulnerabel zu bezeichnende Gruppe bezüglich der Aus-
wirkungen der Pandemie, sind Kinder und Jugendliche mit einem sprachlichen
Förderbedarf. Sei es aufgrund einer Sprachentwicklungsverzögerung oder
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
41
Sprach(entwicklungs)störung oder sei es, dass im familiären Umfeld nicht Deutsch
gesprochen und somit der Erwerb der deutschen Sprache in der Kita oder im
schulischen Kontext erfolgen muss. Fakt ist: Sprache und Sprechen setzen voraus,
in einer sprachlich vielfältigen Umwelt aufzuwachsen (Szagun 2016). Und Fakt ist
auch: Sprachentwicklung hat gewisse sensible Phasen, in denen sie besonders
leicht gelingt. Dies zeigt sich z.B. bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern, denen
dies in der Regel problemlos gelingt, was bei Erwachsenen intensives und
angestrengtes Lernen bedeutet (Wagner 2014).
Sprache ist eine komplexe kognitive und kommunikative Leistung, welche sich in
verschiedenen Entwicklungsstufen aufbaut. Dieser Prozess vollzieht sich von einer
Art Proto-Interaktion über die mimische Emotionsspiegelung des Säuglings
(Dornes 2001; Fonagy et al. 2015) über kommunikative Zeigegesten und geteilte
Aufmerksamkeitsprozesse (Tomasello 2018) zu ersten Wörtern, schließlich der
Wortschatzexplosion und Zwei- und Dreiwortsätzen (Szagun 2016) zu einem
grammatikalisch komplexen Gebilde wird, mittels dessen der Mensch innere
Monologe und Denkprozesse strukturieren und mitteilen kann. Dabei umfasst der
kommunikative Akt immer mehrere, aufeinander aufbauende Ebenen (vgl.
Abbildung 6).
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Abbildung 6: Modell der Sprachganzheit (modifiziert nach Bindel 2006)
Betrachtet man Sprache in diesem Zusammenhang, zeigt sich, dass die Pandemie
für Kinder mit einem sprachlichen Förderbedarf verschiedene Herausforderungen
beinhaltet. Ein diese Gruppe berücksichtigendes Pandemiemanagement enthält
demnach folgende Aspekte:
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
42
-Face-to-Face-Kontakte im Einzelkontakt mit sprachlichen Vorbildern (bei
Mehrsprachigkeit) oder in therapeutisch-logopädischen Settings (Sprach-
entwicklungsstörungen) bleiben weitgehend erhalten oder werden
frühzeitig wieder aufgenommen. Dabei ist das Setting so zu gestalten, dass
durch Einhaltung von Schutzmaßnahmen auf das Tragen einer Mund-Nase-
Bedeckung/ Maske verzichtet oder eine transparente Gesichtsmaske
eingesetzt werden kann.
-Computergestützte Förderangebote (Übungssoftware, Sprachlernsoft-
ware, technische therapeutische Hilfen wie Neuro-Feedback oder andere
Hilfsmittel z.B. für die Zeitwahrnehmung, verbales Gedächtnis etc.) stehen
kostenlos zur Verfügung und werden online begleitet (inklusive tech-
nischem Support).
-Unterstützung von Home-Schooling auch in der Muttersprache der Eltern,
damit diese trotz Sprachbarriere unterstützen können – gleichzeitig An-
regung der Eltern zu online-Sprachkursen in Deutsch.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Abbildung 7: Zusammenfassung “Familien in besonderen Lebenslagen”
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
44
Lernprozesse und Lernarrangements
Die Strukturen der schulischen Bildung verändern sich in der Regel nur langsam.
Diese Systemträgheit hat verschiedene Ursachen, weil etwa die Akteure im
Bildungssystem einen höheren Entscheidungsspielraum haben (und haben
müssen). Es resultiert ein “lose-gekoppeltes System” (vgl. Weick 2009). Diese
Systemeigenschaften des Bildungsapparates führen dazu, dass die Reaktion auf
die Notwendigkeiten der Pandemie nur träge erfolgen kann. Technische
Vorbedingungen für einen Distanzunterricht (Server, Lernplattform,
Internetverbindung) sind zum Teil nur lückenhaft erfüllt und können aufgrund von
fehlendem Fachpersonal an Schulen auch mittels ausreichender Finanzmittel nur
schwer kompensiert werden. Der Einsatz von zentralen (landesweiten)
Servicestrukturen erscheint deswegen als probates Mittel würde aber ggf. mit
bereits bestehenden schulischen Lösungen konfligieren. Insgesamt liegt
Deutschland hier deutlichen hinter anderen europäischen Ländern zurück (vgl.
etwa Beblavý, Baiocco, Kilhoffer, Akgüç & Jacquot 2019).
Auch bei der Erfüllung von optimalen technischen Voraussetzungen ist ein guter
Distanz- oder Hybridunterricht keinesfalls garantiert. Dies liegt vor allem an
Tiefenstrukturen (vgl. Klieme & Rakoczy 2008), die bei einer oberflächlichen
Sichtung des Präsenzunterrichts übersehen werden können. Scheinbar folgt der
Unterricht dem von Andreas Helmke kritisierten 7G-Unterricht: “Alle
gleichaltrigen Schüler haben zum gleichen Zeitpunkt beim gleichen Lehrer im
gleichen Raum mit den gleichen Mitteln das gleiche Ziel gut zu erreichen” (nach
Helmke 2013). Dabei hat ein anspruchsvoller Frontalunterricht (“Direkt
Instruction”) – vor allem in anglo-amerikanischen Kulturbereich – beachtliche
Erfolge aufzuweisen (vgl. Hattie 2013). Allerdings zeigen etwa die Ergebnisse der
gerade veröffentlichten TALIS-Studie, dass Tiefenstrukturen des
Frontalunterrichts sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können: japanische
Lehrpersonen der Mathematik legen einen viel größeren Wert auf individuelle
Lösungswege der Schülerinnen und Schüler als etwa deutsche Lehrkräfte (Klieme
2020; vgl. Leuders & Prediger 2017). Es kann also davon ausgegangen werden,
dass der praktizierte 7G-Unterricht nur dann gut funktioniert, wenn die
Lehrperson im Präsenzunterricht intuitiv nachsteuert und auf die
wahrgenommenen individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler
eingeht. Der Wechsel zu pandemiebedingten Formen, die eine höhere Flexibilität
erfordern zwischen Präsenzphasen, sogenannten Wechselmodellen und
vollständigem Distanzunterricht, offenbart nun die Schwächen eines solchen
intuitiven Vergehens. Ein spontanes und intuitives Nachsteuern wird in digitalen
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
45
Lehr-Lernarrangements oft nicht ausreichend realisiert. Der digitale Unterricht
muss deshalb sowohl technisch als auch strukturell besser vorbereitet werden als
der “normale” und über Jahre eingeübte Präsenzunterricht.
Die didaktische Tiefenstruktur von Lehr-Lernprozessen
Welche Anforderungen sind nur an flexibleres Lehr-Lernarrangements auch und
gerade unter Pandemiebedingungen zu stellen? Im Grunde lassen sich sieben
grundlegend notwendige Aspekte skizzieren:
1. Zeitliche Rhythmisierung.
Eine ausreichende Lernzeit ist eine notwendige Voraussetzung für das Lernen (vgl.
etwa Seidel & Shavelson, 2007). Gerade auch bei scheinbar attraktiveren
Handlungsalternativen kann es schwierig sein, die nötige Lernzeit aufzubringen.
Während im Präsenzunterricht feste Anfangszeiten und ein Ortswechsel den
Unterrichtsbeginn anzeigen, wird dieses zu Hause nicht automatisch deutlich.
Insbesondere dann, wenn die Lernzeiten wegen eingeschränkter Ressourcen oder
eingeschränkter Betreuungszeiten mit den anderen Mitgliedern im Haushalt
synchronisiert werden müssen.
Bei größeren Kindern (etwa ab 12 Jahre) sollte die Lehrkraft durch gemeinsame
Rituale den Beginn und das Ende der Lernzeit signalisieren und so die
Voraussetzungen für eine ausreichende Lernzeit zu schaffen. Unter
Pandemiebedingung wird die Betreuungsfunktion der Lehrkraft im Klassenraum
situativ abgespalten und an eine dritte Person – oft die familiären Bezugspersonen
oder die Notbetreuung – übertragen. Gerade bei jüngeren Kindern (< 12 Jahre)
sollte dann die Unterrichtsbegleitung und die Betreuungsfunktion zeitlich
synchronisiert werden.
An dieser Stelle zeigt sich eine große Diskrepanz im individuellen
Unterstützungsbedarf einzelner Schülerinnen und Schüler. Flexible Lernkonzepte
benötigen hier auch die Möglichkeit, die Betreuung durch Kontakt (auch online)
individueller zu gestalten und im Falle erheblicher Schwierigkeiten durch z.B.
studentische Hilfskräfte zu unterstützen. In der Regel werden Klassenlehrkräfte
diesen Unterstützungsbedarf einschätzen können, da sich hier lediglich die auch
sonst im schulischen Alltag zeigenden Unterschiede im Lern- und Arbeitsverhalten
verstärken.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
46
2. Eigener Lernraum
Ein störungsfreier Lernraum und eine hinreichende Ausstattung mit Lernmitteln
sind ebenfalls Voraussetzungen für gelingende Lehr-Lernprozesse. Intrusionen in
den Lernraum insbesondere durch Ablenkung können zu einem
Konzentrationsverlust und ggf. zu einem vollständigen Abbruch der
entsprechenden Lernhandlung führen. Während in der Schule – zumindest unter
der Maßgabe eines guten “Classroom-Managements“ (vgl. Evertson & Emmer 2012)
– ein weitgehend störungsfreier Lernraum geschaffen werden kann, ist dies im
Haushalt der Bezugspersonen unter Pandemiebedingungen nicht immer möglich.
Fehlende Rückzugsräume im Haushalt, fehlende technische Ausstattung etwa mit
internetfähigen Endgeräten, fehlendes technisches Wissen oder eine zu niedrige
Verbindungsgeschwindigkeit können fehlende Grundvoraussetzungen sein.
Ungünstige Interaktionsmuster in der familiären Umgebung können die Lehr-
Lernprozesse stören und damit die Lernzeit systematisch verkleinern.
Zusätzliche Orte, die durch Pandemierestriktionen nicht genutzt werden können,
etwa Büchereien, könnten hier als zusätzliche Lernorte eine Entlastung schaffen.
Rechtliche und finanzielle Implikationen von solchen zusätzlichen Lernorten
müssten entsprechend geklärt werden.
3. Kognitive Aktivierung
Das Potenzial zur Kognitiven Aktivierung ist eine Tiefenstruktur von Lehr-
Lernprozessen und zielt darauf, die Lernenden zu einer möglichst aktiven
Auseinandersetzung mit dem Lernstoff anzuregen (Klieme & Racokzy 2008).
Entsprechende Lehr-Lernprozesse berücksichtigen individuelles Vorwissen und
individuelle Interessen so, dass der Lerngegenstand transformiert und dann
nachfolgend passend verknüpft werden kann. Diese Transformation hängt eng mit
Unter- und Überforderung zusammen: ist gar keine Transformation nötig, so sind
die Lernenden unterfordert. Kann die Transformation nicht bewältigt werden, so
sind die Lernenden überfordert. Aus Sicht der “zone of proximal development“
(Vygotsky 1978) kommt der Lehrperson hier eine entscheidende Rolle zu: mit ihrer
Hilfe kann der Lernende genau diesen nächsten Transformationsschritt
bewältigen.
Unter Pandemiebedingung muss die Lehrperson schauen, wie Sie diese
Lernbegleitung auch im Fernunterricht organisieren kann. Eine
selbstverständliche Lernbegleitung durch die Bezugspersonen benachteiligt
bildungsferne Familien systematisch. Hier bedarf es einer individuelleren und
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
47
differenzierenden Betreuung und neuer didaktischer Strategien, wie die Lehrkraft
ein Feedback über die kognitive Aktivierung und die inhaltliche Tiefe der
Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand bekommen kann.
4. Soziale Eingebundenheit
Die soziale Eingebundenheit ist gemäß der Selbstbestimmungstheorie (Ryan &
Decy 2000) ein wichtiges Grundbedürfnis für die Ausprägung der intrinsischen
Motivation und sollte in schulischen Bildungsprozessen konsequent berücksichtigt
werden. Eine gute Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden verbessert etwa
das Klassenklima und führt zu geringerem Störverhalten im Klassenraum (vgl.
Cornelius-White 2007; Bolz, Wittrock & Koglin 2019).
Unter Pandemiebedingungen wird die soziale Beziehung zwischen Lehrenden und
Lernenden auf die Probe gestellt. Allein schon durch die Seltenheit von
Begegnungen fühlen sich die Lernenden möglicherweise nicht mehr gesehen und
ernst genommen. Allerdings kann angenommen werden, dass hierbei nicht die
Gesamtzeit die entscheidende Rolle spielt. Viel wichtiger sind eine gewisse
Regelmäßigkeit und die Frequenz der Begegnung zwischen Lehrenden und
Lernenden. Für das Gefühl der sozialen Eingebundenheit sind kurze regelmäßige
Begegnungen wichtiger als seltene aber dafür längere Treffen (vgl. Martens 2019).
Eine besondere Herausforderung unter den pandemischen Bedingungen sind
neue Kennenlernphasen sowohl für die Lehrenden-Lernenden-Beziehung als auch
für das Kennenlernen von Peers untereinander (vergleiche nächster Abschnitt).
Hierfür muss unter Pandemiebedingungen mehr Zeit investiert werden als üblich
und das Kennenlernen sollte durch zwanglose Begegnungen ergänzt werden, die
nicht unter einem leistungsthematischen Primat stehen. Selbst in vollständigen
Home-Schooling-Phasen kann hierbei das Gespräch (in Kleingruppen-Chats) und
das gemeinsame Spiel eine wichtige Funktion übernehmen. Eine besondere Rolle
kommt der wahrgenommenen sozial-emotionalen Unterstützung zu,
insbesondere bei der Bewältigung von Misserfolgen und anderen emotionalen
Krisensituationen (vgl. Sommer & Fydrich 1989). Vermutlich werden soziale
Unterstützungsprozesse unter Pandemiebedingungen enorm erschwert,
insbesondere, weil emotionale Notlagen von Schülerinnen und Schülern nicht
mehr direkt in der Schule erkannt werden können.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
48
5. Feedback geben
Die Fokussierung auf die eigentlichen Ziele von Lehr-Lernprozessen wird optimal
durch das formative Assessment (Black & Wiliam 1998, 2009) unterstützt. Die
Lehrperson gibt den Lernenden ein lernbegleitendes, qualitatives Feedback zum
Lernfortschritt und schafft damit die Grundlage für das eigenverantwortliche
Lernen und ermöglicht die Fokussierung der Lernenden auf die Erfolgskriterien des
Lehr-Lernprozesses. Vor allem ein prozessorientiertes Feedback zum
Lernfortschritt erweist sich als besonders effektiv (vgl. etwa Harks, Rakoczy,
Hattie, Besser & Klieme 2014). Im praktischen Schulalltag ist besonders wichtig,
dass das Feedback zeitnah zu den eigentlichen Lernprozessen und kontinuierlich
erfolgt. Die durch die Lehrkraft gesammelten Informationen können gleichzeitig
genutzt werden, die Lehr-Lernprozesse adaptiv anzupassen (vgl. Klieme & Warwas
2011).
Ist das Formative Assessment bereits im Präsenzunterricht etabliert, lassen sich
entsprechende Formen auch in den Distanzunterricht übertragen, etwa kann aus
der Portfolio-Arbeit ein E-Portfolio werden.
6. Feedback holen
Für eine angemessene und vor allem adaptive Steuerung der Lehr-Lernprozesse
ist es wichtig sich an den Lernenden zu orientieren: sich beispielsweise ein
Feedback darüber zu holen, ob ein Arbeitsauftrag verstanden wurde, welche
Verständnisprobleme auftreten, wie schnell das Arbeitstempo ist und wann die
entsprechenden Arbeitsziele erreicht werden.
Im Präsenzunterricht reicht der versierten Lehrkraft oft ein Blick in die Gesichter
der Schülerinnen und Schüler, um eine grobe Orientierung zu erlangen. Im
digitalen Unterricht muss das Einholen von Feedback systematischer und vor
allem kleinschrittiger organisiert werden. Alle Phasen des Lehr-Lernprozesses
müssen der Lehrperson transparent sein.
Im besten Falle sind solche Möglichkeiten, sich die entsprechenden Informationen
zu holen, in die digitale Lernplattform eingebaut. Dies können sowohl
Verhaltensdaten (Learning Analytics) sein als auch Feedback durch die
Lernenden. Alternativ sollten additive Services genutzt werden, um die
entsprechenden Informationen einzuholen
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
49
7. Selbstreguliertes Lernen unterstützen.
Sind die Anforderungen 1–6 erfüllt, dann werden individualisierte Lernprozesse
ermöglicht, die auch im digitalen Unterricht erfolgen können. Gleichzeitig ist dann
damit die Grundlage für das selbstregulierte Lernen gelegt. Die Verantwortung für
den eigenen Lernprozess (vgl. Martens 2012; Metzger, Schulmeister & Martens,
2012; Martens & Metzger, 2017) wirkt dann motivierend für eine nachfolgende
Selbststeuerung von Lernprozessen durch die Lernenden. Diese Selbststeuerung
kann durch ein motivationales Design weiter unterstützt werden, dass z.B. eine
Auswahl an Lernthemen und Lernmethoden zulässt. Systematische
Reflexionsangebote, etwa durch Lerntagebücher, können die Selbstregulation
weiter verbessern (vgl. nächsten Abschnitt dieses Beitrages).
Zwischenfazit zu den Lehr-Lernprozessen
Nach dieser Aufschlüsselung der relevanten Lehr-Lernprozesse aus Sicht der
Bildungsforschung wird deutlich, dass es in dieser Pandemie nicht darum gehen
kann, ob Schulen offen oder geschlossen sind, ob Schulen im Wechsel- oder
Hybrid-Betrieb betrieben werden. Es geht darum, ob schulische Bildung so
organisiert werden kann, dass Lehr-Lernprozesse gut gelingen. können. Für viele
Prozesse gibt es etwa auch im Distanzunterricht gute und praktikable
Möglichkeiten, viele dieser Prozesse werden unter Pandemiebedingungen auch
im Präsenzunterricht beeinträchtigt und setzten sich nicht ganz normal fort.
Gerade auch Quarantänephasen, viele Krankheitsfehltage bei Schülerinnen und
Schülern wie auch Lehrkräften (weil jede kleine Symptombildung sofort einen
Fehltag erzeugt) sowie eine Reihe der notwendigen Maßnahmen zur
Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebes wie z.B. ein strenges
Kohortierungsprinzip, das im Prinzip mit einem Fachlehrersystem kaum vereinbar
erscheint (vgl. Baumann 2020a) stören die Tiefenstruktur von Lehr-Lernprozessen
empfindlich. Insofern stellt die Pandemie das Schulsystem vor technische,
organisatorische und vor allem vor didaktische Herausforderungen.
Technische und organisatorische Schwierigkeiten lassen sich mit Kreativität und
gutem Willen überwinden. Die Trägheit des Bildungssystems scheint also vor allem
eine gewisse Trägheit der Köpfe zu sein. Handlungsroutinen und lieb gewonnene
Gewohnheiten müssen neu gedacht werden. Als Belohnung für die
Gedankenanstrengung winkt eine schulische Bildung, die den Anforderungen der
Pandemie gerecht wird und aus dieser eine neue Flexibilität des Schulsystems
insgesamt ableiten könnte.
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
50
Berücksichtigung der Bedeutung von pädagogischen Institutionen für sozial-
emotionales Lernens
Neben dem fachlichen Lernen und der Förderung kognitiven Kompetenzen finden
im schulischen Setting sowohl explizit als auch implizit Prozesse sozial-emo-
tionalen Lernens (SEL) statt (vgl. KMK 2005).
Um diese Prozesse genauer zu beleuchten, liegt mit dem Konzept des sozial-
emotionalen Lernens der Collaborative for Academic, Social, and Emotional
Learning (CASEL; Zins, Bloodworth, Weissberg & Walberg 2004) ein theoretisch
fundiertes Rahmenmodell vor, das im wissenschaftlichen Diskurs der letzten 20
Jahre weite Verbreitung gefunden hat (Durlak, Domitrovich, Weissberg & Gullotta
2015; Leidig, Hennemann & Hillenbrand, 2020). Des Weiteren deuten vereinzelte
Ergebnisse empirischer Studien aus dem deutschen Sprachraum auf die Pote nzia le
des Ansatzes für die Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen hin (Übersicht
z.B. bei Reicher & Matischek-Jauk 2018).
Sozial-emotionales Lernen kann als “process of gaining competencies and intrinsic
motivation for emotional self-awareness and self-regulation, for safe and
responsible behavior and for assertive, empathic, and skillful social interaction”
(Schwab & Elias, 2015, S. 95) beschrieben werden. Sozial-emotionales Lernen stellt
somit einen aktiven, partizipativen Lernprozess dar, in dem Schülerinnen und
Schüler Wissen und Kompetenzen entwickeln, die grundlegend für eine Ausein-
andersetzung mit und Bearbeitung von Emotionen in sozialen Situationen sind.
Dieser Prozess wird von den Schüler*innen in vielfältigen impliziten und expliziten
Lerngelegenheiten aktiv mitgestaltet (Reicher & Matischek-Jauk 2018). Sie sind
Mitgestalter*innen ihrer Lernerfahrungen.
Eingebettet sind die Prozesse des sozial-emotionalen Lernens dabei in formelle,
informelle und non-formale Kontexte, die sowohl einer personen- als auch kon-
textorientierten Perspektive bei der Förderung bedürfen (Reicher & Matischek-
Jauk 2018).
Im Rahmen des sozial-emotionalen Lernens kann zwischen den folgenden fünf
zentralen Kompetenzbereichen unterschieden werden (Durlak et al. 2015; Leidig,
et al., 2020; Reicher et al. 2018; Schwab & Elias 2015; Zins et al. 2004):
-Selbstwahrnehmung (self-awareness) beinhaltet z.B. das Kennen und
Wahrnehmen eigener Emotionen, Stärken, Bedarfe und Werte, positive
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
51
Selbstwahrnehmung, Selbstwirksamkeitserleben sowie das Kennen des
Einflusses der eigenen Gedanken und Gefühlen auf das eigene Handeln.
-Selbstregulation (self-management) umfasst die Regulation von Emo-
tionen, Gedanken und Handeln (z.B. Emotionsregulation und Stress-
management, Selbstmotivation, das Setzen von Zielen und die Regulation
von Arbeitsprozesse).
-Fremdwahrnehmung (social awareness) beinhaltet z.B. Perspektiv-
übernahme, Empathie, das Schätzen von Vielfalt sowie das Respektieren
anderer.
-Beziehungsfertigkeiten (relationship skills) umfassen Fertigkeiten im
Bereich der Kommunikation und Beziehungsgestaltung (z. B. Kooperations-
fähigkeit, konstruktive Konfliktbewältigung, Umgang mit Ablehnung, das
Suchen und Anbieten von Hilfe).
-verantwortliche Problemlösekompetenz (responsible decision-making)
ermöglicht das Treffen verantwortlicher Entscheidungen und beinhaltet
Fähigkeiten zur Erkennung von Problemen und Situationsanalyse,
Problemlösefähigkeiten, persönliche, moralische sowie ethische Verant-
wortlichkeiten.
Diese Kompetenzbereiche sind eng verknüpft bzw. stimmen überein mit den
zentralen Entwicklungsaufgaben im Kindes- und Jugendalter (s.O.). Sozial-emo-
tionale Lernprozesse erfolgen primär informell, nebenbei und in der Regel
unbeabsichtigt ohne gezielte (pädagogische) Intention. In ihrer Entwicklung
gewinnen im weiteren Verlauf Bildungsinstitutionen wie z.B. Kindergarten und
Schule sowohl aufgrund ihrer gesellschaftlichen Funktion (Fend 2006) aber vor
allem aufgrund ihrer zeitlichen Dimension in diesem Zusammenhang zunehmend
an Bedeutung (Leidig, et al. 2020). Auch wenn die Prozesse sozial-emotionalen
Lernens in Bildungsinstitutionen nicht immer explizit und systematisch
berücksichtigt werden, findet sozial-emotionales Lernen permanent statt (Kiper &
Mischke 2008).
Im Rahmen der Pandemie stellt sich die Frage, wie dieser Erwerb bzw. die (Weiter-
)Entwicklung sozial-emotionaler Schlüsselkompetenzen auch in den unter-
schiedlichen Szenarien (Home-Schooling, Quarantäne, Hybridmodelle, Präsenz-
unterricht unter strengen Hygieneauflagen etc.) weiterhin unterstützt und
gefördert werden können. Kitas und Schulen kommt vor dem Hintergrund der
vorab aufgeführten Erläuterungen dabei eine besondere Aufgabe zu. Bildungs-
institutionen unterstützen die Kompetenzentwicklung sowohl durch die Gestal-
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
52
tung der Lernumgebung sowie durch die individuelle Förderung der dargestellten
Kompetenzen (Reicher & Matischek-Jauk 2018; Zins et al. 2004).
Insbesondere bei Kindern, die in schwierigen Lebenslagen aufwachsen und
“ungünstige” Entwicklungsbedingungen (siehe nachfolgend Absatz zu Familien in
besonderen Lebenslagen) erfahren, könnten Bildungsinstitutionen (wie z. B.
Kindergarten oder Schule) eine wichtige kompensatorische Funktion – nicht nur in
Zeiten der Pandemie – einnehmen.
Die Basis einer gelingenden Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen von
Kindern und Jugendlichen im schulischen Setting ist eine sichere, fürsorgliche,
kooperative sowie partizipativ ausgerichtete Lernumgebung (Zins et al., 2004;
Leidig et al. 2020). Diese wird wiederum durch die individuellen sozial-
emotionalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler bedingt (Weissberg et
al. 2015; Zins et al. 2004). Das Ziel muss es sein, diese Basis auch im Rahmen der
Pandemiebedingungen anzustreben.
Nachfolgend werden erste Ideen für Strategien abgeleitet, wie sozial-emotionales
Lernen unter Pandemiebedingungen durch die Bildungsinstitutionen direkt unter-
stützt werden kann. Dabei liegt der Fokus auf der Gestaltung expliziter Lern-
prozesse und der Ableitung von Strategien, die gezielt sozial-emotionales Lernen
fokussieren. Da sie die Basis für akademische und kognitive Lernprozesse bieten,
werden sich ebenfalls einzelne Aspekte mit vorangegangenen Ausführungen zu
den Lernprozessen und Lernarrangements überschneiden.
Als grundlegende Strategie gilt es zunächst Anlässe für sozial-emotionale Lern-
prozesse in “Fernunterrichtsstrukturen” wie z. B. Onlineunterricht unabhängig
vom Unterrichtsfach zu integrieren. Dabei stellt eine grundlegende Flexibilisierung
von Unterricht innerhalb klaren Rahmenstruktur und somit auf der Basis einer
guten Klassenführung (Classroom-Management) auch in digitalen Unterrichts-
formaten (z.B. Tages- und Wochenpläne transparent absprechen sowie
regelmäßige virtuelle Treffen zwischen Lehrkraft und Klasse) eine Basis dar. Die
transparente Herleitung klare Zielvorgabe, didaktisch-methodische Strukturierung
und eine gute Organisation der Lernaktivitäten nach den oben benannten
Tiefenstrukturelementen ist insbesondere für Schülerinnen und Schülern mit
schwächeren Lernausgangslagen bedeutsam.
Neben der grundlegenden Berücksichtigung der Fokussierung sozial-emotionaler
Lernprozesse bietet insbesondere die explizite Verknüpfung von sozial-
emotionalen Lernprozessen und den verschiedenen Unterrichtsfächern (z.B.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
53
Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Sport) besondere Chancen der Gestaltung
ganzheitlicher Unterrichtseinheiten. Dies kann über die jeweiligen Inhalte und
Methoden des Unterrichts gelingen (siehe weiterführend Themenheft Leidig et al.
2020). So sollten beispielsweise Selbstregulationsstrategien wie Selbstbeo-
bachtung, Selbstinstruktion, Selbsteinschätzung und “Ziele setzen können”
sinnvoll im Fachunterricht (online sowie in Präsenz) anhand konkreter Inhalte
erarbeitet und eingeübt werden.
Varianten kooperativen Lernens (z.B. peer learning/ tutoring, Gruppenpuzzle,
Bildung homogener und heterogener Lerngruppen) sind unabhängig von den aktu-
ellen schulischen Bedingungen essenzielle schulische Interaktionsformate und
nehmen einen signifikanten Einfluss auf Lernerfolg sowie sozial-emotionale
Kompetenzen (z.B. Bowman-Perrot, Davis, Vannest & Williams 2013; Kaya, Blake
& Chan 2015; Slavin 1995; 2009).
Auch oder vielleicht gerade bei der Gestaltung des “Fernunterrichts” oder im
Kontext des sogenannten Wechselmodells sollten und können kooperative
Lernformate (sowohl synchron als auch asynchron) geschaffen werden. Dies kann
entweder digital in Kleingruppen/ Tandems oder in Präsenz in Tandems zwischen
den Mitschülern erfolgen. Einzelne Elemente des Konzeptes “Collaborative
Classroom” (Tinzmann, Jones, Fennimore et al. 1990), dass sich u.a. durch
Interaktion und selbstbestimmten Lernen auszeichnet, könnten einen
Orientierungsrahmen für die Ausgestaltung kooperativer Lernstrukturen bieten.
Prozesse sozial-emotionalen Lernens sind sowohl implizit als auch explizit in unter-
schiedlichen Spielsituationen verortbar. Unter Berücksichtigung der Rahmenbe-
dingungen des “Fern- bzw. Onlineunterrichts” bieten Ansätze wie Gamification
bzw. Elemente des gamebased learning (z.B. Barth & Ganguin 2018; Gerlicher &
Jordine 2018; Deterding, Khaled, Nacke & Dixon 2011; sowie eigenständige
Methode zum spielerischen Lernen die Chance, die Gestaltung sozial-emotionale
Lernprozesse in unterschiedliche Unterrichtsformate zu implementieren. Neben
der “klassischen” integration in den Unterrichtsverlauf in synchroner Form könnte
im Rahmen asynchroner Lernformate Apps ergänzend hinzugezogen werden.
Auch didaktische Elemente eines inverted bzw. flipped Classroom (“Konzept des
umgedrehten Unterrichts”; Hoa 2016; Kim et al. 2014) können unter Pandemie-
bedingungen hilfreiche Aspekte der Unterrichtsgestaltung darstellen und zum
selbstbestimmten Lernen beitragen (siehe ausführlich z.B. Werner, Ebel,
Spannagel & Bayer 2018). In der Grundkonzeption wird die traditionelle
Vermittlung von Lerninhalten durch die Lehrkraft zu Beginn eines
Unterrichtsthemas mit der Übungs- und Vertiefungsphase vertauscht und so mehr
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
54
Raum für interaktive Zusammenarbeit gegeben. In diesem Lern-Lehr-Konzept
erfolgt die Wissensaneignung im Rahmen des Zur-Verfügungs-Stellens multi-
medialen Online-Materials und der individuellen Bearbeitung und somit
selbstständig durch die Schülerinnen und Schüler (Out-of Class; vgl. Baumann
2020a). Die zeitlich darauf aufbauende Unterrichtsphase erfolgt dann gemeinsam
mit der Lehrkraft (entweder in Präsenz bei Mischmodellen oder Online gemeinsam
mit der ganzen Klasse) um eine gemeinsame, vertiefende und interaktive
Auseinandersetzung mit den Inhalten zu ermöglichen (Werner et al. 2018).
Darüber hinaus sollten Möglichkeiten zur Projektarbeit in den digitalen Formaten
geschaffen werde (siehe dazu ausführlich Fischer, Fischer-Ontrup & Schuster
2020) und digitale Tools für die Planung und Erarbeitung der einzelnen
Projektphasen genutzt werden (z.B. Podcasts, Videoclips).
Grundsätzlich gilt bei allen Formaten die individuellen Bedürfnisse und Interessen
der Schülerinnen und Schülern Raum zu geben, um die psychosoziale Entwicklung
zu unterstützen und Motivation und das Selbstkonzept zu fördern.
Die Planung, Implementation, Gestaltung und Reflexion der dargestellten Impulse
in den schulischen Alltag hängen u.a. von den zur Verfügung stehenden
Ressourcen sowie den Kompetenzen des pädagogischen Personals ab. Somit muss
das Wissen über und die Implementation von handlungs- und
entwicklungsorientierten Ansätzen (wie z.B. SEL) in den Unterricht unter
Pandemiebedingungen in die Fort- und Weiterbildung und somit
Professionalisierung von pädagogischen Fachkräften Berücksichtigung finden.
Unabhängig von den dargestellten Aspekten sollte ein enger Wechsel zwischen
“Distance-Learning“ und Präsenzunterricht gegenüber langgestreckten Präsenz-
und häuslichen Phasen fokussiert werden, u.a. um den Bezug zur Lerngruppe
kontinuierlich aufrechterhalten. Dies gilt insbesondere für den Primarbereich.
Die dargestellten Strategien stellen einen ersten übergeordneten Impuls dar, der
sicher durch weiterführende Aspekte ergänzt werden kann. Des Weiteren müssen
die jeweiligen Aspekte an die jeweilige Alters- bzw. Entwicklungsstufe des jungen
Menschen angepasst werden. Es geht darüber hinaus auch nicht darum alle
Möglichkeiten in voller Breite auszuschöpfen, sondern – wie auch im “normalen”
Präsenzunterricht in – individuell vor dem Hintergrund der jeweiligen Lerngruppe
den Unterricht zu gestalten. Neben diesen ist den Autoren bewusst, dass die
Bearbeitung von schulischen Aufgaben im häuslichen Umfeld in den meisten
Fällen von der elterlichen Unterstützung abhängt. So sind es nicht nur die
Hausaufgaben, die im Zuge der Pandemie und der damit im Zusammenhang
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
55
stehenden Schulschließungen, bei denen es elterliche Unterstützung bedarf
(obwohl diese im klassischen Sinne so angelegt sein sollte, dass Schüler*innen sie
selbstständig bearbeiten können), sondern ebenfalls schulische Aufgaben die
darüber hinausgehen. Eltern bzw. Erziehungsberechtigte sehen sich nicht nur
aufgrund der eigenen Belastungen durch die Pandemie (z.B. Vereinbarung von
Home-Office und Home-Schooling) vor besondere Herausforderung gestellt. Auch
hier möchten wir den Einfluss sowie die Möglichkeiten schulischen Bildungs-
institutionen unterstreichen. Somit gilt es die schulischen Aufgaben didaktisch-
pädagogisch so aufzubereiten und zu begleiten, dass sie bewältigbar sind (siehe
dazu ausführlich Köller, Fleckenstein, Guill & Meyer 2020)
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
56
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
57
Abbildung 8: Lehr-Lernprozesse unter Pandemiebedingungen
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
58
Z
Zielperspektiven als Bestandteil eines bedürfnisorientierten
Pandemiemanagements
Ein wesentlicher, innovativer und den Bedürfnissystemen des Menschen ent-
sprechender Aspekt ist das Setzen positiver Ziele zur Steigerung der Resilienz und
positiven Kohärenz (Schmitz 2010). So erscheint es wesentlich, neben all den
Einschränkungen, Regelungen und immer wiederkehrenden Eingriffen in das
Alltagsleben auch positive Ziele und Anreize zu setzen, auf welche sich Betroffene
einerseits freuen können und die andererseits, eben auch der Erholung und
Regeneration dienen. Die Kommunikation des Pandemiemanagements bedarf
dringend eines positiv besetzten Narrativs (Baumann, Beier, Brinkmann et al.
2021). Hierzu scheinen folgende Schritte bedeutsam zu sein:
-Stecken klarer Ziele, verbunden mit einer deutlichen und transparenten
Kommunikation, wie dann erreichte Zielzustände auch gehalten werden
können (Teststrategie, Ausbruchsmanagement etc.). Dies kann zu mehr
Sicherheit führen.
-Positive Berichterstattung sowohl in den Medien als auch in Stellung-
nahmen und Erklärungen von Politiker*innen über Regionen und Orte, die
niedrige Inzidenzen halten oder besondere Projekte oder besonderes
Engagement zum Pandemiemanagement aufbringen.
-Regionale Anreizsysteme (nicht nur “Lockerungen”, sondern auch aktive
Bonus-Systeme), wenn die Inzidenz in einer bestimmten Region durch
besonderes Engagement der Bürger*innen gehalten wird. Hierbei sind
besonders auch Kinder und Jugendliche mit zu berücksichtigen (z.B. durch
Preise für besondere Projekte in Kitas und Schulen, um Infektionen zu
verhindern).
-Partizipation gerade von Familien an Entscheidungen, welche Lockerungen
bei Erreichen niedriger Inzidenzen besondere Priorität haben (es kann
regional sehr unterschiedlich sein, ob Eltern und Kinder die Präsenz in der
Schule oder z.B. bestimmte Freizeit- oder Einkaufsmöglichkeiten
bevorzugen würden). Hierbei sind die bekannten Evidenzen und
Modellierungen bezüglich unterschiedlicher Maßnahmen natürlich zu
berücksichtigen und abzuwägen (Haug et al 2020).
-Lehrkräfte können mit Schüler*innen individuelle Lernziele (gemeinsame
Ziele! Partizipativ!) vereinbaren für Zeiten, die nicht im vollen Präsenz-
unterricht abgehalten werden oder in denen außerhalb des Unterrichts-
geschehens starke Einschränkungen gelten. Nach dieser Phase wird unter
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
59
allen Schüler*innen, die ihre Ziele erreicht haben, eine Verlosung mit
attraktiven Preisen oder Gutscheinen veranstaltet.
-Positive Ziele und Anreize für die Zeit, wenn die Pandemie durch die
Kombination aus Impfstrategie (und/ oder neuer Medikamente?) und dem
Einsatz der Non-Pharmaceutical Interventions soweit in den Griff
bekommen wurde, dass soziale Events wieder möglich sind. Dabei können
direkt in unterschiedlichen Altersgruppen Wettbewerbe und Aus-
schreibungen für gute Ideen veranstaltet werden, sodass die Bürger*innen
und insbesondere Kinder und Jugendliche schon während der Phasen
empfindlicher Einschnitte aktiv auf diese positiven Ziele hinarbeiten.
-Möglichkeiten zusätzlichen Entlastungsurlaubs nach den harten Phasen
der Pandemie, um wieder Kraft zu schöpfen. Zur Stärkung der besonders
belasteten Branchen können auch Restaurantbesuche, Theater- und
Kinoveranstaltungen oder Konzerte gesponsert werden, die für bestimmte
Zielgruppen dann bereitgestellt werden (z.B. über Gutscheinsysteme).
Es scheint wichtig, dass Pandemiemanagement nicht immer nur als akutes Krisen-
management zu begreifen, sondern mit positiven Aspekten zu verknüpfen und zu
gestalten.
Zusammenfassung
Was unsere Analyse kindlicher Entwicklung, Bedürfnisse und Lernvoraus-
setzungen mehr als deutlich gezeigt hat: Ein Pandemiemanagement, dass sich an
diesen Faktoren priorisierend orientiert, beschränkt sich nicht auf die Frage, ob
Schulen und Kitas geöffnet bleiben oder nicht. Im Gegenteil ist mehr Flexibilität in
den Maßnahmen abhängig vom konkreten Pandemieverlauf und den Em-
pfehlungen medizinischer Experten zu fordern.
Gleichzeitig ist es die Aufgabe der Erwachsenen-Generation, eigene Bedürfnisse
zurückzustellen, um der jungen Generation der Kinder und Jugendlichen eine
unbeschadete Entwicklung trotz der Pandemie zu ermöglichen. Hierfür werden die
Erwachsenen stärkere Einschränkungen hinnehmen müssen, um diese Spielräume
für Kinder und Jugendliche zu erhalten. Aus einer entwicklungswissenschaftlichen
Perspektive heraus sind bestimmte Faktoren aber unabdingbar für das
Den Fokus neu denken - Pandemiemanagements auf Grundlage der Entwicklungserfordernisse
60
Aufwachsen auch während einer Pandemie, und diese Aspekte wären – so hat es
dieser Beitrag gezeigt – gesellschaftlich wie auch politisch herstellbar, wenn
wirklich eine Priorität auf dem Schutz und dem Wohle von Kindern und
Jugendlichen liegen würde. “Glaubenskriege”, “Ideologien”, “Wahlkampf” und
“Datenschlachten” sollten dabei keinen Platz haben. Stattdessen müssen
Konzepte – und wir meinen wirklich: Konzepte – entwickelt werden, wie in unter-
schiedlichen Pandemieszenarien Kindeswohl, Kinderschutz und Partizipation/
Inklusion in allen gesellschaftlichen Kernbereichen hergestellt werden können.
Zum Abschluss betonten wir ausdrücklich: Ein an diesen Kriterien orientiertes
Pandemiemanagement deckt einen Teilbereich des komplexen Phänomens ab.
Selbstverständlich schließen wir uns Forderungen nach besseren Konzepten zum
Schutz von Risikogruppen, allen voran der älteren Generation, an. Auch hier gibt
es einige psychosoziale Aspekte zu berücksichtigen, z.B. das Einsamkeit für diese
Gruppe ein extrem hohes Risiko darstellt und das die Vorstellung, dass Menschen
in lebensbedrohlichen Gesundheitszuständen in manchen Phasen der Pandemie
keinen Besuch empfangen durften/dürfen, schier unerträglich scheint. Da dies
aber nicht unserer Expertise entspricht, werden wir uns dazu nicht äußern und
bleiben dabei, einen neuen Fokus für das Pandemiemanagement zu fordern, der
die Bedürfnisse junger Menschen in den Blick nimmt.
Menno Baumann, Martin Berghäuser, Tijs Bolz, Thomas Martens
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Autoren
Professor Dr. phil. habil. Menno Baumann, Professor für
Intensivpädagogik, Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf, Referent,
Berater und zertifizierter Sachverständiger für pädagogisch-
psychologische Fragestellungen des Familienrechts, Mitglied der
COVID-19 Forschungsgruppe „EviPan” des Netzwerkes Universitäts-
medizin in der Arbeitsgruppe „Interdisziplinäre Konzepte und Maßnahme-
Strategien” sowie des interdisziplinären Arbeitskreises „NoCovid”
Dr. Martin Andree Berghäuser, Facharzt für Kinder- und
Jugendmedizin, Neonatologie, Diabetologie und Ernährungsmedizin,
Chefarzt der Klinik für Kinderheilkunde des Florence-Nightingale-
Krankenhaus Düsseldorf
Tijs Bolz, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Carl von Ossietzky
Universität Oldenburg, Institut für Sonder- und Rehabilitations-
pädagogik, Fachgruppe Sonder- und Rehabilitationspädagogische
Psychologie und Pädagogik bei Verhaltensstörungen/ emotionale und
soziale Entwicklung
Professor Dr. Thomas Martens, Professor für Pädagogische
Psychologie an der Medical School Hamburg. Er leitet das
Motivationsforschungsprojekt „Motdesign“ und ist Editor-in-Chief
der Frontline Learning Research. Seine Expertise liegt in den
Bereichen Motivationsforschung, e-Learning, Testentwicklung
sowie Evaluation.
(alphabetische Reihenfolge)