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124
Franz
Bockrath
Klös,
H.-P.
(2006).
Bildungsarmut
und
Humankapitalschwäche
in
Deutschland.
Vorstellung
eines
Gutachtens
für
den
Gemeinschaftsausschuss
der
Deutschen
Gewerblichen
Wirtschaft
e.V.
Zugriff
am
7.3.2008
unter
http://www.ggg-
nrw.de/BildStat/IW2006-06-26.Bildungsarmut_Statement.pdf
,
KMK
/
Kultusministerkonferenz
der
Länder
(Hrsg.).
(2004).
Perspektiven
des
Schulsports
vor
dem
Hintergrund
der
allgemeinen
Schulentwicklung.
Be
schluss
der
Kultusministerkonferenz
vom
16.09.2004.
Ohne
Ort
und
Verlag.
KMK
/
Kultusministerkonferenz
der
Länder
(Hrsg.).
(2005).
Bildungsstandards
der
Kultusministerkonferenz.
Erläuterungen
zur
Konzeption
und
Entwick
lung.
München,
Neuwied:
Luchterhand.
Koch,
L.
(1995).
Bildung
und
Negativität.
Grundzüge
einer
negativen
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Weinheim:
Deutscher
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Körper
-
Wissen
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Macht.
Studien
zur
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Anthropologie
des
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Berhn:
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Luhmann,
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Reflexionsprobleme
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Frankfurt
am
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Suhrkamp.
Müller,
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(i997).Ästhesiologie
der
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Bildungstheoretische
Rückblicke
auf
die
Anthropologie
der
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18.
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Würzburg:
Königshausen
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Neumann.
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Einführung
in
die
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Weinheim,
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Oser,
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Spychiger,
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(2005).
Lernen
ist
schmerzhaft.
Zur
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Negativen
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Weinheim,
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Platon
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Menon
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über
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In
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Hildebrandt,
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Schneider
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Sämtliche
Dialoge
mit
Einleitungen,
Literaturü
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Anmerkungen
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Implizites
Wissen.
Frankfurt
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Radke,
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Die
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Aussichten
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PeHoimanz-Kultm.
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Polanyi,
Popper
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A
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The
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22
(2),
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Geschichte
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Eisenbahnreise.
Zur
Industrialisierung
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Raum
und
Zeit
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19.
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Frankfurt
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Main:
Fischer.
Tenorth,
H.-E.
(1994).
»Alle
alles
zu
lehren.«
Möglichkeiten
und
Perspektiven
allge
meiner
Bildung.
Darmstadt:
Wissenschaftliche
Buchgesellschaft.
Willke,
H.
(2005).
Symbolische
Systeme.
Grundriss
einer
soziologischen
Theorie.
Weilerswist:
Velbrück
Wissenschaft.
Reflexive
Bildung,
Antinomien
und
die
Offenheit
für
Erfahrung
Völker
Schürmann
Der
Beitrag
soll
einige
Aspekte
erfahrungsbasierter
Bildung
klären.
Nach
einer
Bestimmung,
was
hier
unter
reflexiver
Bildung
verstanden
werden
soll,
geht
es
darum,
wie
sich
solcherart
Reflexion
bildet
(herausbildet
und
entwickelt)
-
nicht
im
empirisch-faktischen
Sinne,
sondern
im
Sinne
der
begrifflichen
Vorausset
zungen,
konkrete
Bildungsprozesse
als
reflexive
beschreiben
zu
können.
Genauer
gesagt
geht
es
um
einen
zentralen
Aspekt
solcherart
gebildeter
Reflexion,
und
die
zentrale
These
ist
zweischrittig:
i)
ist
>Negation<
für
reflexive
erfahrungsbasierte
Bildung
konstitutiv,
und
ii)
ist
die
Edahmngsojfenheit
in
einem
strikten
Sinne
an
einen
besonderen
Fall
von
Negationen
gebunden,
nämlich
den
der
Antinomie.
Nur
antinomisch
strukturierte
Situationen
ermöglichen
Entwicklung.
Antino
misch
strukturierte
Situationen
gestalten
sich,
bei
Durchlauf
wiederholter
Se
quenzen,
manchmal
glücklich,
manchmal
pathologisch,
meistens
normal,
immer
offen.
1
Reflexive
Bildung
Man
kann
und
muss
einen
transitiven
von
einem
reflexiven
Bildungsbegriff
un
terscheiden.
In
vielen
und
in
relevanten
Kontexten
heißt
bilden
zunächst
pinm
al
etwas-bilden.
Prototypisch
steht
dafür
die
Bildhauerei
(Liebsch,
2001);
bilden
ist
in
solchen
Fällen
eine
zweistellige
Relation
>x-bildet-y<.
Reflexive
Bildung
deutet
sich
dann
in
der
Rede
von
sich-bilden
an.
126
Volker
Schürmann
Jedoch
ist
diese
Rede
wesentlich
doppeldeutig.
Nicht
jedes
sich-bilden
ist
be
reits
ein
reflexiver
Prozess.
Naheliegend
und
oft
ist
mit
der
Rede
»sich-bilden«
vielmehr
ein
Spezialfall
transitiver
Bildung
gemeint.
Zugrunde
liegt
dann
diesel
be
zweistellige
Relation,
und
ausgedrückt
werden
soll
der
Spezialfall,
dass
y=x
ist.
Das
ist
analog
dazu,
dass
ein
Barbier
gewöhnlich
andere
Männer
rasiert,
aber
ge
legentlich
auch
sich
selber.
Wenn
wir
sagen:
»er
rasiert
sich
selber«,
dann
ist
da
mit
keine
Bedeutungsverschiebung
von
rasieren
verbunden.
Hier
gibt
es
zwei
Rollen
und
eine
klare
Rollenverteilung:
einer
bildet/rasiert
(aktiv),
der
andere
wird
gebildet/rasiert
(passiv).
Bei
der
Selbstrasur
des
Barbiers
generell:
bei
transi
tiv
verstandenem
sich-bilden
fallen
beide
Rollen
in
eine
Person,
aber
es
sind
und
bleiben
zwei
Rollen,
d.
h.
zwei
verschiedene
Hinsichten,
die
an
der
Person
unter
schieden
werden
können
und
müssen.
Das
ist
nicht
nur
nicht
kompliziert,
son
dern
vor
allem
völlig
a-dialektisch,
wie
man
bereits
an
Platons
Parmenides
lernen
kann:
Dass
ein
Eines
auch
Vieles
sein
kann
und
Vieles
Eines
-
dass
ein
Mensch
eine
Vielheit
von
Gliedern
ist,
und
viele
Menschen
eine
Gruppe
sind
-,
das
sei
nicht
wundersam;
wundern
würde
ihn,
Sokrates,
wenn
jemand
dartun
würde,
dass
das Eine
Vieles
sei
und
das
Viele
Eines.
Kants
Aufruf
zum
Selbstdenken
(hier
stellvertretend
für
sich-bilden
genom
men)
bemüht
keinen
reflexiven,
sondern
einen
transitiven
Begriff
von
Selbster
ziehung.
Die
Unmündigkeit
gilt
ihm
als
selbstverschuldet;
und
an
einer
anderen,
aber
für
sein
Denken
bezeichnenden
Stelle
(KrV,
B
805)
findet
man
die
Parole,
dass
>wir
den
Gegner
jederzeit
in
uns
selbst
suchen
müssem.
Selbstdenken
heißt
bei
Kant,
Erzieher
seiner
selbst
zu
sein.
Beide
Rollen
-
die
des
Erziehers
und
die
des
Erzogenen
-
fallen
hier
in
eine
Person,
aber
es
sind
und
bleiben
zwei
Rollen.
Dass
ein
transitiver
(Selbst-)Erziehungsbegriff
Probleme
mit
sich
bringt,
ha
ben
Rousseau
und
Marx
in
einem
zentralen
Aspekt
formuliert:
Der
Erzieher
müsse
selbst
erzogen
werden.
In
dieser
Parole
steckt
die
schlichte
Frage,
ob
nicht
der
Erzieher
gerade
auch
dann,
wenn
er
die
Rolle
des
Erziehers
spielt,
erzogen
wird
oder
werden
muss;
oder
ob
es
tatsächlich
nur
so
ist,
dass
Erzieher
die
Rolle
wechseln
müssen,
um
selbst
einmal
Objekt
der
Erziehung
zu
sein.
Sind
Erzieher
in
ihrer
Rolle
als
Erziehende
zu
erziehen,
oder
nur
dann,
wenn
sie
eine
Weiter-
Bildung
machen!?
Ein
anderer
Aspekt
des
gleichen
Problemfeldes:
Transitiv
ver
standene
Erziehung/Bildung
ist
gedacht
als
ein
nützliches
Geschäft,
d.
h.
als
Mit
tel
zu
einem
anderen
Zweck
(als
den
Zweck
des
Bildens
selber).
Das Ergebnis
sol
chen
Bildens
-
Bildung
resp.
gebildet-sein
-
wird
im
Prinzip
als
herstellbar,
als
machbar
unterstellt,
und
zwar
gerade
auch
dort,
wo
solcherart
Bildung
auf
die
unabschließbare
Reise
der
unendlichen
Annäherung
-
Perfektibilität
-
geschickt
wird.
Reflexive
Bildung,
Antinomien
und
die
Offenheit
für
Erfahrung
127
Genau
in
dieser
Hinsicht
ist
Herder
der
große
Gegenspieler
zu
Kant.
Damit
gibt
es
eine
dritte
Variante
im
Bildungsbegriff
der
Aufklärung
-
transitives
etwas
bilden,
transitives
sich-bilden
und
reflexives
sich-bilden
-,
die
allerdings
bis
heu
te
kaum
wirksam
geworden
ist.
Herder
formuliert
den
Bildungsbegriff
als
ein
Entwicklungsprmzfp,
das
einen
deutlichen
Vorrang
des
Prozesses
des
sich-Bil-
dens
vor
dem
Produkt
>(Selbst-)Bildung<
formuliert.
Das
Ergebnis
von
Bildungs
prozessen
wird
von
Herder
radikal
als
nicht
herstellbar
gedacht.
1
Herders
Konzeption
ist
singulär
geblieben.
Müller
(1997,
S.
i43f.)
konstatiert,
dass
schon
wenige
Jahrzehnte
später
der
Grundgedanke
Herders
verloren
war
bzw.
besser
gesagt:
umgebogen
war
-
nicht
mehr
als
Bildungs-Prinzip,
sondern
als
Bildungs-JdeflZ.
Der
Grundgedanke
Herders
wird
zwar
aufgegriffen
(bzw.
war
auch
schon
für
Kant
ganz selbstverständlich),
dass
man
das
Produkt
des
sich-Bil-
dens
nicht
im
gleichen
Sinne
planbar
herstellen
kann,
wie
man
einen
Tisch
oder
Stuhl
herstellen
kann.
Aber
Herder
insistiert
darauf,
dass
es
dann
widersinnig
sei,
so
zu
tun
als
sei
das
Produkt
des
Bildens
idealerweise
klar,
aber
leider
unerreich
bar.
Das
Modell
als
solches
sei
falsch,
denn
reflexives
sich-bilden
solle
nicht
zu
ei
nem
transitiven
sich-bilden
umgebogen
werden.
Z.B.
sei
überhaupt
gar
nicht
klar,
wer
jenes
Ideal
von
Bildung
fesüegt.
-
Die
Problemlage
der
Reflexivität
kommt
somit
in
einer
typisch
reflexiven
Sprachfigur
zum
Ausdruck,
hier:
Erziehung
der
Erzieher,
die
doppeldeutig
lesbar
ist.
2
Gebildete
Reflexion
In
einem
gewissen
Sinne,
der
klar
und
gut
verständlich
ist,
unterscheiden
wir
Grade
und
Stufen
von
Reflektiertheit,
und
niemand
von
uns
würde
sagen,
dass
ein
Kleinkind
in
derselben
Weise
Distanz
zu
seiner
Situation
nimmt
wie
ein
Er
wachsener.
In
diesem
Sinne
können,
sollen
und
müssen
wir
unsere
Reflektiert
heit
bilden,
denn
sonst
wäre
alles
Sammeln
von
Erfahrungen
und
alles
Lernen
überflüssig.
Solcherart
Bildung
nimmt
u.
a.
und
typischerweise
die
Form
von
Ite
rationen
von
Reflexionen
an
-
also
z.
B.
eine
Erfahrung
nicht
nur
gemacht
zu
ha
ben,
sondern
auch
noch
darum
zu
wissen,
sie
gemacht
zu
haben.
-
>Wir
sind
dem
Aufwachen
nah,
wenn
wir
träumen,
dass
wir
träumen.<
(Novalis)
1
Weil
und
insofern
Herder
damit
meint, ein
generelles
Prinzip
von
Entwicklung
formuliert
zu
haben,
konnte
er
so
verstandene
>Bildung<
weit
über
die
Pädagogik
hinaus
ausdehnen;
geschichtliche
Entwicklung
generell
funktioniere
so
(also
so,
dass
sich
das
Ergebnis
der
Entwicklung
ergibt
und
nicht
herstellbar
ist);
die
Produktion
von
Kunstwerken
geschieht
so
-
und
manches
mehr.
Vgl.
Müller
(1997,
insbes.
S.
206
ff.);
zu
Herders
Bildungskonzept
auch
Liebsch
(2001,
S.
91
ff.).
128
Volker
Schürmann
Der
Begriff
der
Reflexion
ist
zunächst
weiter
als
der
der
Reflexivität,
wie
er
in
der
Rede
von
»reflexiver
Bildung«
in
Anspruch
genommen
wird.
In
Fällen
von
Reflexivität
ist
der
Selbstbezug
bereits
als
solcher
thematisch
(sfch-bilden
im
Un
terschied
zum
etwas-bilden);
im
allgemeinen
Fall
einer
Reflexion
ist
er
das
gera
de
nicht.
Reflexivität
ist
bereits
eine
Reflexion
2.
Stufe:
die
Reflexion
einer
fungie
renden
unthematischen
Reflexion.
Der
logische
Kerngehalt
von
>Reflexion<
ist
der
einer
Distanzierung.
Dieses
charakteristische
Strukturmoment
ist
historisch
unter
verschiedenen
Namen
the
matisiert
worden,
u.
a.
als
Staunen,
epoche,
Innehalten.
Reflexion
ist
ein
Bruch
bzw.
ein
Riss
im
Fluss
einer
Kontinuität.
Wenn
wir
x,
y,
z
usw.
tun,
wahrnehmen,
denken,
dann
setzt
Reflexion
eine
Grenze
derart,
dass
jenes
»usw.«
zusammen
mit
x,
y
und
z
zu
Einem
Etwas
zusammengefasst
wird
und
derart
als
Ein
Ganzes
genommen
wird.
Bei
Humboldt
(1795/69,
S.
75)
liest
sich
das
wie
folgt:
»Um
zu
reflectiren,
muss
der
Geist
in
seiner
fortschreitenden
Thätigkeit
einen
Augen-
blick
still
stehn,
das
eben
Vorgestellte
in
eine
Einheit
fassen,
und
auf
diese
Weise,
als
Gegenstand,
sich
selbst
entgegenstellen.«
Herder
(1772,
S.
32)
hatte
dasselbe
in
ein
Bild
gefasst;
Der
Mensch
»beweiset
Reflexion,
wenn
er
aus
dem
ganzen
schwebenden
Traum
der
Bilder,
die
seine
Sinne
vorbeistreichen,
sich
in
ein
Mo
ment
des
Wachens
sammeln,
auf
Einem
Bilde
freiwillig
verweilen,
es
in
helle
ru
higere
Obacht
nehmen
und
sich
Merkmale
absondern
kann,
daß
dies
der
Gegen
stand
und
kein
anderer
ist.«
Aus
beiden
Formulierungen
wird
ersichtlich,
dass
ein
Selbst
in
der
Reflexion
ein
Etwas
als
ein
Etwas
genommen
und
insofern
von
sich
unterschieden
hat;
aber
ein
Etwas
als
ein
Etwas
nehmen,
geschieht
auch
dann,
wenn
die
Abgrenzung
vom
Selbst
unthematisch
bleibt.
Primär
bedeutet
jene
Grenzziehung,
>dass
dies
der
Gegenstand
ist
und
nicht
jenes<.
Ausführlich
müsste
es
zwar
heißen:
>dass
dies
der
Gegenstand
für
mich
ist
und
nicht
jenes<,
aber
dieses
>
(dieses
und
nicht
jenes),
nicht
aber
ich<
ist
für
die
Grundbedeutung
von
Reflexion
lediglich
beglei
tend.
»Lediglich
begleitend«
zu
sein
heißt:
ohne
ein
solches,
»nicht
aber
ich«
wäre
es
keine
Reflexion,
denn
der
Riss
in
der
Kontinuität
ist
eine
Entgegenstellung
von
Selbst
und
Etwas;
aber
um
Reflexion
zu
sein,
muss
diese
Abgrenzung
Selbst-Etwas
nicht
als
solche
(auch
noch)
reflektiert
werden.
Oder
anders;
In
der
Grundbedeu
tung
ist
das
dem
Selbst
entgegengestellte
Etwas
noch
kein
Gegen-Stand.
Subjekt-
Objekt-Verhältnisse
können
und
müssen
von
fungierenden
Reflexionen
unter
schieden
werden.
Herder
nennt
>Reflexion<
auch
»Besonnenheit«;
der
(sehr
oft
gegebene)
Spezialfall,
dass
die
für
eine
Reflexion
konstitutive
Unterscheidung
Selbst-Etwas
ihrerseits
noch
reflektiert
ist,
nennt
Herder
»Besinnung«.
Und
seine
Pointe
liegt
darin
-
und
Plessner
wird
ihm
darin
folgen,
dass
menschliches
Tun,
Wahrnehmen,
Denken
nicht
nicht-besonnen
sein
kann
-
was
noch
lange
nicht
Reflexive
Bildung,
Antinomien
und
die
Offenheit
für
Erfahrung
129
heißt,
dass
es
immer
schon
im
Modus
der
Besinnung
vollzogen
wird.
Und
das
wiederum
heißt,
dass
(menschliche
resp.
exzentrische)
Reflexion
nicht
als
ein
Übergehen
von
einer
vorreflexiven
Kontinuität
zu
einer
reflexiv
gleichsam
herge
stellten
Unterschiedenheit
gilt,
sondern
dass
das
Tun
von
Exzentrikern
je
schon
und
logisch
minimal
ein
Tun
in-dieser-und-nicht-jener-Situation
ist,
ein
Indivi-
duieren
von
Situationen
(vgl.
Schürmann,
1999,
269
ff.).
Exzentrizität
meint
eine
prinzipielle,
also
nicht
optionale,
Abständigkeit
der
Person
im
Vollzug
ihres
Tuns
zu
diesem
Tun
(vgl.
Schürmann,
2006).
Exzentrizität
ist
keine
Fähigkeit,
keine
Disposition,
überhaupt
keine
noch
zu
realisierende
Möglichkeit,
sondern
in
»un
festgestellten«
(Nietzsche)
Optionen
je
schon
irgend-wie
realisiert.
Exzentrizität
-
darin
kommt
es
mit
»Dasein«
überein
-
»ist
nie
>zunächst<
ein
gleichsam«
bloß
zentrisches
Positioniert-sein,
das
»zuweilen
die
Laune
hat«,
sich
exzentrisch
auf
zuspielen
(vgl.
Heidegger,
1927,
S.
57).
Exzentrizität
ist
eine
»notwendige
Möglich
keit«
(J.
König;
vgl.
Schürmann,
1999,
S.
3i6ff.).
Da
es
den
Situationen
nicht
auf
der
Stirn
geschrieben
steht,
ob
bzw.
wie
sie
in-
dividuiert
sein
wollen,
ist
solcherart
Individuieren
nur
als
mitweltlicher
Prozess
zu
begreifen.
Wir
leben
je
schon
in
einer
Welt
sozial
konstituierter
Bedeutungen
-
bzw.
werden
»in
eine
solche
Welt
hineingeboren«
und
d.
h.:
in
eine
Welt
je
schon
sinnhafter
Situationen.
Wie
bereits
Herder
ausdrücklich
hervorhebt,
ist
eine
Reflexion
-
>dass
dies
der
Gegenstand
sei
und
nicht
ein
anderen
-
ein
Akt
des
Anerkennens,
denn
jene
Grenzziehung
(die
das
>usw.<
gleichsam
beendet),
hätte
immer
auch
anders
verlaufen
können.
Das
wiederum
heißt
freilich
nicht,
dass
solche
Grenzziehungen
Akte
purer
Willkür
sind.
Dass
dem
gerade
nicht
so
ist,
dafür
steht
>Erfahrung<
als
Postulat
der
>Welt<haltigkeit
unseres
Tuns,
Wahrnehmens,
Denkens.
Erfahrung
ist
der
Ge
genbegriff
zu
»bloß
ausgedacht«
und
zieht
damit
mindestens
die
drei
Register
i)
der
sein
sollenden
Konsistenz
gegenüber
eigener
vorhergehender
Erfahrung,
ii)
der
intersubjektiven
Stabilisierung
resp.
Angemessenheit
und
iii)
der
gegenständ
lichen
Sachhaltigkeit.
Oder
zusammengefasst:
Erfahren
ist,
trotz
Gumbrecht,
im
strukturellen
Kern
ein
mimetischer
Prozess
(vgl.
Ritzer,
2004;
Schürmann
1999,
Kap.
4).
In
diesem
Sinne
ist
>Reflexion<
ein
Doppeltes
(ein
in
sich
differenziertes
Ei
nes)
von
Erkennen
und
Anerkennen.
Während
das
Moment
des
Anerkennens
für
das
Moment
der
Distanzierung
steht
-
wir
würden
nicht
davon
reden,
eine
»Er
fahrung
gemacht«
zu
haben,
wenn
wir
uns
nicht
jenen
Riss
im
Fluss
der
Konti
nuitäten
zugezogen
hätten
-,
so
steht
das
Moment
des
Erkennens
für
das
Mo
ment
der
Welthaltigkeit
-
wir
würden
nicht
davon
reden,
eine
»Erfahrung
ge
macht«
zu
haben,
wenn
jene
Individuierung
von
Situationen
und
von
Dingen
in
solchen
Situationen
rein
nach
eigenem
Bilde
oder
Gusto
erfolgt
ist.
130
Volker
Schürmarm
Im
Sinne
dieses
anti-idealistischen
bzw.
anti-willkürhaften
Moments
von
Er
fahrung
korrespondiert
der
Doppelheit
von
Erkennen
und
Anerkennen
eine
ei
gentümliche