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1
Thomas Alkemeyer
Die Vergesellschaftung des Körpers und die Verkörperung der
Gesellschaft. Ansätze zu einer Historischen Anthropologie des
Körpers und des Sports in modernen Gesellschaften
Erschienen in: Moegling, K. (Hg.): Integrative Bewegungslehre, Bd. 1. Kassel 2001,
S. 132-178.
.
1 Einleitung
Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird dem Körper in modernen Gesellschaften große
Aufmerksamkeit zuteil. Parallel zum alltäglichen Körperkult hat die Körperthematik
auch die Geistes- und Sozialwissenschaften erreicht, nicht zuletzt natürlich die
Sportwissenschaft, die ja gleichsam an der Quelle sitzt und sich seit jeher bemüht,
Verantwortung für die Körperlichkeit des Menschen zu tragen.
1
Zwar wäre es
übertrieben, von einer „somatischen Wende“ zu sprechen, immerhin deutet das
Eindringen des Körperthemas in Randbereiche von Philosophie, Soziologie und
Pädagogik, von Literatur- und Geschichtswissenschaft aber auf eine gewisse
wissenschaftlich-kulturelle Neubewertung des Körpers hin. Für sie stehen die
Wiederentdeckung von Norbert ELIAS und Marcel MAUSS ebenso wie etwa die
Namen Michel FOUCAULT, Pierre BOURDIEU oder auch das BERLINER
FORSCHUNGSZENTRUM FÜR HISTORISCHE ANTHROPOLOGIE.
2
Die Geistes- und
Sozialwissenschaften werden allmählich, so scheint es, von ihrem materialen
Fundament eingeholt, dessen hartnäckige Leugnung lange Zeit die conditio sine qua
non ihres eigenen Selbstverständnisses auszumachen schien.
3
Seit jeher vertraute
der zivilisierte Mensch des Abendlandes den vermeintlich immateriellen Höhenflügen
des Geistes weit mehr als der Banalität und Schwerfälligkeit des Körpers. So ist der
Körper zumindest in weiten Teilen abendländischer Philosophie überwiegend als
„Inbegriff menschlicher Animalitas“ und damit als „bedrohlicher Gegenpol für das
Selbstverständnis der Humanitas“ wahrgenommen worden. (KÖNIG 2000) Noch „die
Höherbewertung einer jeden geistigen über die körperliche Arbeit legt“, wie
1
Wichtige Anregungen zur Einleitung dieses Textes stammen von BOSCHERT 1999.
2
Vgl. dazu die programmatische Veröffentlichung von GEBAUER u.a. 1989.
3
Einen umfassenden, mitunter freilich arg verkürzenden Überblick über jene Ansätze in
Geschichtswissenschaft, Soziologie, Ethnologie, Volkskunde, Philosophie, Kunstgeschichte,
Psychoanalyse und Literaturwissenschaft, die den Körper als Grundlage menschlichen Denkens,
Handelns und Empfindens in den Blick bringen, gibt LORENZ 2000.
2
BOSCHERT (1999) schreibt, „beredtes Zeugnis davon ab, dass der Körper auch in der
Moderne das Stigma des Minderwertigen, des Rohen, Tierischen, nicht hat
abschütteln können“. Er gilt, zum Teil bis in unsere Tage, im Unterschied zum
gesellschaftlich und kulturell bestimmten Geist als der natürliche, der triebhafte Teil
des Menschen und wird dafür entweder gefeiert oder als Bedrohung der Humanitas
gefürchtet. (vgl. auch M. KLEIN 1984) So scheint die gesamte moderne Geschichte
des Körpers von Ambivalenz und Spaltung durchzogen: von einer „Hassliebe“, wie
es HORKHEIMER und ADORNO in der „Dialektik der Aufklärung“ in dem kleinen
Abschnitt über das „Interesse am Körper“ ausgedrückt haben: Versklavt, verhöhnt
und gestoßen sei der Körper, so ihre berühmte Formulierung, „zugleich als das
Verbotene, Verdinglichte, Entfremdete begehrt“ worden. (HORKHEIMER und ADORNO
1969, 246ff.)
Die tief in der abendländischen Zivilisationsgeschichte verankerte Hierarchisierung
von Körper und Geist hat auch in den modernen Geistes- und Sozialwissenschaften
zu Erkenntnisblockaden geführt und verhindert, dass dem Körper und den Sinnen
der ihnen angemessene Platz eingeräumt wurde. LOENHOFF und FISCHER haben der
Soziologie zu Beginn ihrer Fachgeschichte entsprechend „Sinnenvergessenheit“
attestiert:
4
Cartesianisch seien wichtige Leitkategorien soziologischer Theorie – die
„Norm“ bei DURKHEIM, die „Sinn“- und „Wert“-bezogenheit sozialen Handelns oder die
„Formen“ sozialer Wechselwirkung bei M. WEBER und SIMMEL – ohne Bezug zur
Körperlichkeit des Menschen gebildet worden: eine Abschottung, die sich modifiziert
noch in der Theorie des sprachkommunikativen Handelns oder der Theorie sozialer
Sinn-Systeme fortsetze und ihre Entsprechung „in der philosophischen Übereignung
des Materiell-Stofflichen, der Sinne, an die Naturwissenschaft“ habe. Insofern die
Naturwissenschaften die Sinne primär in einer naturalistischen und naturalisierenden
Perspektive thematisieren, seien diese „gleichsam aus der Rekonstruktion
menschlicher Vergesellschaftung herausgefallen“. Auf die Rückwirkungen der
Naturalisierung des Körpers und der Sinne auf das soziologische Denken hat Bryan
S. TURNER aufmerksam gemacht: Die meisten Soziologen, schreibt er in der
Einleitung zu seinem Buch „The Body and Society“ (1984, 1), reduzierten
„Körperliches" auf „Natürlich-Biologisches", so dass „jede Bezugnahme auf die
körperliche Natur der menschlichen Existenz“ in ihrer Vorstellung „die Gespenster
des Sozialdarwinismus, des biologischen Reduktionismus oder der Soziobiologie“
wachrufe: analytische Sackgassen, „die der Entwicklung einer eigenständigen
4
In ihrer Einführung zur Tagung „Soziologie und Anthropologie der Sinne“ der Sektion
Kultursoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am 11. und 12. Juni 1999. Die
folgenden Zitate stammen aus dem Tagungsbericht in „Soziologie. Forum der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie 3/2000“, 92-96.
3
Soziologie des Körpers“ entgegenstünden. Gleichzeitig habe die „soziologische
Feindseligkeit dem Biologismus gegenüber" zu „einer gewissen vergeistigten
Konzeptualisierung unseres Seins in der Welt“ innerhalb der Soziologie geführt, ein
Ergebnis, das angesichts der Bedeutung des Körperlichen als Grundlage
menschlich-sozialer Existenz höchst unbefriedigend sei. (ebd.)
Wenn der Körper in den Sozialwissenschaften überhaupt einmal in den Blick
genommen wurde, dann ist er vornehmlich so konstruiert worden,
5
dass die
Vorstellung seiner untergeordneten Stellung mehr zementiert als dass seine
Bedeutung in ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Prozessen anerkannt
und erhellt wurde. Zwar spielen Körper und Sinne in den konkreten
Handlungssituationen sozialer Praxis, in den Interaktionen der Menschen wie als
Angriffspunkt von Sozialisation und Erziehung eine wichtige Rolle, im
sozialwissenschaftlichen Diskursuniversum taucht der Mensch jedoch vornehmlich
als ein theoretisches Abstraktum auf.
Allerdings gab es in der Soziologie von Beginn an auch andere, die körperliche
Verfasstheit des Mensch stärker berücksichtigende Strömungen und Ansatzpunkte,
zum Teil sogar bei denselben Soziologen, denen FISCHER und LOENHOFF eine rein
bewusstseinsphilosophische, cartesianische Orientierung vorgeworfen haben wie
DURKHEIM oder Max WEBER. Selbst wenn die klassische Soziologie die Implikationen
der körperlich-sinnlichen Existenz des Menschen für Vergesellschaftung und
Individuierung nicht explizit und genügend reflektiert hat, so hat sie sich doch in
Teilen immerhin implizit mit dem Körper befasst und dem Faktum der Körperlichkeit
des Menschen unter anderem in der Art der Theoriebildung und der Konstruktion der
Fragestellungen Rechnung getragen. (vgl. SHILLING 1993, 8ff.) So hat bereits MARX
eine bahnbrechende Analyse der Assimilation des Körpers in den (industrie-)
kapitalistischen Produktionsprozess vorgelegt,
6
zeigen Max WEBERS Arbeiten ein
ausgeprägtes Interesse für die Rationalisierung des Körpers im Prozess der
Moderne, entwickelt DURKHEIM ein Konzept „kollektiver Repräsentationen“, das im
Unterschied zu vielen späteren Repräsentationsmodellen deren Materialität und
Bildlichkeit, ihre Bedeutung für die Hervorbringung, Gestaltung, Bündelung und
Erneuerung von körperlichen Zuständen, sinnlichen Eindrücken und sozialen
5
Jede wissenschaftliche Betrachtung ist ja eine Konstruktion des Gegenstandes vermittels eines
bestimmten wissenschaftlichen Instrumentariums aus Fragestellungen, Begriffen, Methoden usw.
6
Vgl. insbesondere die Kapitel 11, 12 und 13 im ersten Band von „Das Kapital“ (=MEW, Bd. 23) über
„Kooperation“, „Teilung der Arbeit und Manufaktur“ sowie „Maschinerie und große Industrie“. Vgl.
auch KÖNIGS (1989, 63ff.) Analysen dieser Kapitel.
4
Gefühlen hervorhebt
7
, und zeigt SIMMEL sogar explizit, vor allem in seinem „Exkurs
zu einer Soziologie der Sinne“ (1992, 722ff.), die „soziologische Leistung“ der Sinne
für die verschiedenen Formen der „Verknüpfung und Wechselwirkung der Individuen“
(ebd., 723) auf. Ohne die Arbeiten dieser und anderer Autoren wären auch die
Werke von Wissenschaftlern wie ELIAS, FOUCAULT oder BOURDIEU undenkbar
gewesen, die den Körper mehr oder minder ausdrücklich ins Zentrum ihrer
Soziologie rücken und diese so auf historisch-anthropologische Grundlagen stellen.
Zentrale Gegenstände der Soziologie sind das Zusammenleben der Menschen, die
Formen der Vergemeinschaftung (Familie/Verwandtschaft/Sippe, Nachbarschaft,
soziale Gruppe) und der Vergesellschaftung (Organisation, Gesellschaft, Staat).
Über die Bedingungen und Formen des Miteinanderverbundenseins der Menschen
lässt sich aber nur unzureichend reflektieren, wenn der Mensch ausschließlich als
„reiner Geist“ begriffen wird und nicht auch als ein körperliches Wesen, das sich
sinnlich-praktisch mit der empirisch gegebenen Welt, den Anderen und den Dingen
auseinandersetzt.
8
Die Soziologie muss also, um ihren Gegenstand angemessen
untersuchen zu können, ein Körper- und Sinnenbewusstsein entwickeln. Ansatzpunkt
dafür sind u.a. phänomenologische Konzeptionen (PLESSNER, BUYTENDIJK, MERLEAU-
PONTY usw.), die den Körper und die Sinne als materiales Apriori in den Blick und
damit in eine für die Soziologie anschlussfähige Form bringen. Es käme aber darauf
an, die subjektivistischen Beschränkungen dieser Ansätze zu überwinden und die
Leiblichkeit des Menschen als historisch wandelbare und gesellschaftlich konstruierte
Größe zu erforschen. Denn der Körper des Menschen ist keineswegs bloß seine
überzeitliche Natur, sondern gehört ebenfalls zur historischen und gesellschaftlichen
Welt. Zwar wird es, zum Beispiel aus reformpädagogischen Perspektiven sowie in
dem mit diesen verbundenen Konzept der „Körpererfahrung“
9
, oft so dargestellt, als
sei das Soziale etwas, das sich einem passiv erleidenden Individuum von außen
aufzwingt und es von seiner natürlich-leiblichen Natur entfremdet, jedoch zeigen sich
Körper und Körperverhältnis immer nur in bestimmten sozialen und kulturellen
7
Zu Durkheims Konzept vgl. ausführlicher ALKEMEYER 2000a, 137ff.
8
Gegen die Vernachlässigung der sinnlich-körperlichen Seite des sozialen Handelns in gängigen
sozialwissenschaftlichen Entwürfen und das Konstrukt des verstandesgeleiteten autonomen
Subjekt, das aus seinem Denken heraus kreativ handelt, setzen GEBAUER und WULF (1998) das
Konzept mimetischen Handelns. Zu diesem Konzept siehe auch den Abschnitt 2.5 des
vorliegenden Beitrags.
9
Frühe Ausformulierungen des Konzepts der „Körpererfahrung“ finden sich in FUNKE 1983.
5
Formen.
10
Zu keinem Zeitpunkt und nirgendwo handeln die Menschen in amorphen
Bewegungswelten freier Beliebigkeit, sondern stets in bereits kulturell (vor-)
geformten, von besonderen Kulturtechniken geprägten und von Machtbeziehungen
durchzogenen Sozialwelten. Die Soziologie wäre mithin aufgerufen, einerseits auf die
fundamentalen körperlich-sinnlichen Dimensionen der Auseinandersetzung des
Menschen mit der Welt einzugehen und ihre Bedeutung für die miteinander
verzahnten Prozesse der Vergesellschaftung, der Vergemeinschaftung und der
Individuierung zu reflektieren; und sie hätte andererseits darzulegen, wie die
körperlich-sinnlichen Seiten der menschlichen Existenz in den Austauschprozessen
zwischen Mensch und Welt ihrerseits gesellschaftlich geformt und gestaltet –
konstruiert – werden.
11
Gerade an den überschaubaren Wirklichkeiten des Sports
12
lassen sich die
Prozesse der sozialen Formung, Regelung, Schematisierung und Konstruktion, die
das handelnde Subjekt stellvertretend für gesellschaftliche Instanzen im Umgang mit
Raum-Zeit-Strukturen, Organisationsformen, Geräten, Regeln, Kodifizierungen,
Bewertungsmaßstäben usw. aktiv an sich selbst vornimmt, wie durch ein Brennglas
hindurch beobachten. Hier erzeugen die Akteure gemeinsam unter mehr oder minder
stark institutionalisierten Rahmenbedingungen konkrete soziale
Handlungssituationen, in denen sie unter eigener Mitwirkung in vorgeprägte
Bewegungen eingeübt werden und zugleich innere Haltungen entwickeln. Diese
prozesshaften Handlungssituationen des Sports verfügen zwar über eine gewisse
Eigenständigkeit , sie sind jedoch nicht vollkommen autonom und selbstreferentiell,
sondern nehmen auf vorgängige soziale Praxen Bezug, die sie in den vor-
diskursiven Medien der Körperlichkeit praktisch (um-)gestalten, kodifizieren,
verdichten und darstellen.
13
Weil es die Sozialwissenschaften ebenso wie die Erziehungswissenschaft – und mit
ihnen Sportsoziologie und Sportpädagogik – mit konkreten Handlungssituationen und
10
GRUPE (1984, 148) hatte dies bereits in seinen „Grundlagen der Sportpädagogik“ betont, ohne
dann jedoch die sozialen und kulturellen Formen des Körperverhältnisse explizit zu thematisieren
und die Formung des Körpers im Sport mit der Analyse gesellschaftlicher Wandlungs- und
Reproduktionsprozesse zu vermitteln. Er fasst körperliche Bewegungen in erster Linie als
intentional gewollte und gewählte, schöpferische Leistungen eines „ursprünglichen“ Ich auf.
11
Die soziologischen (Re-)Konstruktionen der gesellschaftlichen Formung des Körpers und der Sinne
wären damit, im Sinne von Alfred SCHÜTZ (1971, 7), „Konstruktionen zweiten Grades“, nämlich
„Konstruktionen jener Konstruktionen, die im Sozialfeld von den Handelnden gebildet werden“.
12
Wirklichkeit wird hier wie im Folgenden als (beobachtungsabhängig) erzeugt aufgefasst, nicht als
(beobachtungsunabhängige) objektive Realität.
13
Dies wird ausführlicher gezeigt von GEBAUER 1995 und ALKEMEYER 1997.
6
wirklichen Menschen und nicht nur mit theoretischen Abstraktionen zu tun haben, ist
ihre Reflexion auf die körperlich-sinnliche Seite des sozialen, auf Andere und die
dingliche (technische) Umwelt bezogenen Verhaltens und Handelns unabdingbar.
Und weil diese Seite zwar biologische und natürliche Bedingungen voraussetzt, aber
doch von Anfang an zur gesellschaftlichen Welt gehört, kann diese Reflexion nur
durch eine Historische Anthropologie geleistet werden. Diese richtet sich auf das
Besondere und das Allgemeine gleichermaßen: Ihr Gegenstand ist die zweite,
historisch-gesellschaftliche Natur des Menschen, die seine erste, natürlich-
biologische dialektisch in sich aufhebt. (vgl. KÖNIG 1992, 46)
Im Folgenden sollen, auf der Basis einer knappen Kritik bisheriger
sportanthropologischer Konzeptionen, zunächst einige historisch-anthropologische
Ansätze skizziert werden, die zeigen, dass Körper und Bewegung in der praktischen
Auseinandersetzung des Menschen mit der Welt nicht nur sozial geformt, sondern
auch selbst zu Existenzweisen des Sozialen werden. In einem weiteren Schritt
werden aktuelle, die Körperlichkeit des Menschen betreffende gesellschaftliche
Wandlungsprozesse behandelt, die den Praxen des Sports und – weiter gefasst –
der „körperthematischen“ Spiele einen neuen Stellenwert im Ensemble aller sozialen
Felder zuweisen. Am Schluss werden dann aus historisch-anthropologischer und
körpersoziologischer Perspektive einige Anregungen für eine integrative
Bewegungswissenschaft und Bewegungslehre gegeben.
2 Körper, Bewegung, Gesellschaft – Ansätze zu einer Historischen
Anthropologie des Körpers
Bisherige anthropologisch orientierte Ansätze in der Sportwissenschaft,
vorzugsweise in der Sportpädagogik
14
, überwinden zwar die theoretische Trennung
zwischen Geist, Körper und Welt und betonen die Funktion von Bewegung, zwischen
Ich und Welt zu vermitteln, das heißt als ein Medium nicht nur der Selbsterfahrung,
sondern auch des lernenden Weltaufschlusses zu fungieren, sie vernachlässigen
jedoch die gesellschaftliche Formung und Konstruktion der triadischen „Ich-Leib-
Welt“-Beziehung. Mit Einschränkungen gilt dies auch noch für neuere pädagogisch-
anthropologische Arbeiten wie diejenigen von THIELE (1990, 1996) – er bezieht sich
vornehmlich auf MERLEAU-PONTY – oder das in der deutschen Sportpädagogik in der
Hauptsache von TREBELS (1992) rezipierte „dialogische“ Bewegungskonzept des
14
Den bis dahin avanciertesten anthropologisch begründeten Ansatz hat GRUPE (19843)mit seinen
„Grundlagen der Sportpädagogik“ vorgelegt. Er bezieht sich darin unter anderem auf die
französische Phänomenologie (MERLEAU-PONTY, MARCEL, SARTRE) und die deutsche
Philosophische Anthropologie (PLESSNER, GEHLEN).
7
Niederländers GORDIJN. (vgl. auch TAMBOER 1979)
15
Zwar reflektiert THIELE mit
MERLEAU-PONTY durchaus auf die präreflexive Intersubjektivität des Körpers, die
fundamentale fleischliche Verschlingung des Menschen mit der Welt,
16
jedoch lässt
er die je besonderen gesellschaftlichen Formbestimmungen dieses Chiasmus im
Rahmen historisch konkreter Wirklichkeiten des Sports weitgehend im Dunkeln. Das
von TREBELS aufgegriffene und weiterentwickelte „dialogische“ Bewegungskonzept
ist hingegen schon deshalb problematisch, weil es suggeriert, beide Seiten des
„Bewegungsdialogs“ existierten bereits unabhängig von diesem als selbständige
Einheiten. Die Bewegungshandlung ist in dieser Perspektive nichts weiter als das
Überschreiten einer angeblich ursprünglichen Entgegensetzung von Mensch und
Welt. (vgl. TREBELS 1992, 24) Überdies gibt der Term „Dialog“ vor, der Austausch
zwischen Subjekt und Umwelt sei ein macht- und herrschaftsfreier, in dem es in
„Rede“ und „Gegenrede“ darum ginge, die Ansprüche beider Seiten partnerschaftlich
auszutarieren. Damit wird eine Interaktionsharmonie vorgespiegelt, die es so nicht
gibt, weil in konkreten Interaktionen stets soziale Macht-, Herrschafts- und
Gewaltverhältnisse zum Ausdruck kommen, die ebenfalls über eine fundamentale
körperliche Dimension verfügen.
Weiterführende, auch die soziologischen und damit die Macht- und
Herrschaftsdimensionen der physischen Bewegungspraxis reflektierende Ansätze
sind in der Vergangenheit vornehmlich außerhalb der Sportpädagogik in (Sport-)
Soziologie, -Geschichte oder -Philosophie entwickelt worden, etwa von RITTNER
(1976, 1983), der bereits in den siebziger Jahren ausdrücklich eine neue historische
„Anthropologie des Körpers“ gefordert hat, von ZUR LIPPE (1974), der zur selben Zeit
eine „Kritische Anthropologie des Leibes“ postulierte, oder auch von EICHBERG
(1978), der unter dem Etikett Historische Verhaltenswissenschaft in zahlreichen
Materialanalysen Homologien zwischen Gesellschaftsgeschichte und
Körpergeschichte aufgezeigt hat.
17
Ein wichtiger Bezugspunkt war bereits in diesen
Arbeiten der Begriff der „Körpertechniken“ des Soziologen, Kulturanthropologen und
15
Einen guten Überblick über die phänomenologischen Ansätze der Leiblichkeit und des Sich-
Bewegens in der Sportpädagogik, das dialogische Bewegungskonzept und die Konzeption des
Bewegungslernens als „Einverleiben“ der Umwelt gibt PROHL 1999, 218ff. und 258ff.
16
Vgl. dazu vor allem MERLEAU PONTYs Ausführungen über den Chiasmus in „Das Sichtbare und das
Unsichtbare“ (1986).
17
Vgl. auch HEINEMANNS (1998, 137ff.) Überblicksdarstellung „Der Körper als soziales Gebilde“, in der
vor allem Theorien skizziert werden, welche die soziale Prägung des Körpers thematisieren. Im
vorliegenden Aufsatz geht es weitergehend darum, erstens, zumindest ansatzweise darzustellen,
wie dies in der sozialen Praxis geschieht, und, zweitens, Eckpunkte nicht nur für eine Soziologie
des Körpers, sondern auch eine darüber hinausgehende ‚Soziologie vom Körper aus’ zu
erarbeiten. Beschränkungen auf einige wenige zentrale Ansätze sind unvermeidlich.
8
Ethnologen Marcel MAUSS (1872-1950), der hier auch deshalb nochmals knapp
skizziert werden soll, weil MAUSS bereits in seiner 1947 publizierten Vorlesung über
die „Techniken des Körpers“ (1989, 199-220) zahlreiche Themen angesprochen hat,
die für eine Historische Anthropologie des Körpers insgesamt von zentraler
Bedeutung sind.
2.1 „Körpertechniken“ (MAUSS)
Unter „Körpertechniken“ versteht MAUSS (1989) die Weisen, sich seines Körpers zu
bedienen, um einen bestimmten Zweck zu realisieren. Selbst elementare, scheinbar
überall und zu jeder Zeit identische Körpertechniken wie Gehen, Stehen, Schlafen
oder Sitzen sind jedoch, so seine Schlussfolgerung aus eigenen ethnographischen
Beobachtungen, keineswegs überhistorische Produkte der „Natur“, sondern genuin
„soziale Phänomene“, die von Kultur zu Kultur variieren. (ebd., 199f. und 205) Für
ihre Tradierung sorgt vornehmlich die Erziehung – und zwar sowohl eine
institutionalisierte, bewusst und planvoll betriebene Erziehung – MAUSS bezeichnet
sie als „Schulung“ oder „Dressur“ –, als auch eine unbewusst sich vollziehende,
stumme Pädagogik des Alltags. In den Körpertechniken zeigen sich soziale
Eigenheiten, ein je kulturspezifisches Können, eine „individuelle und kollektive
praktische Vernunft", die MAUSS als Habitus bezeichnet (ebd., 202f.), ein Konzept,
das BOURDIEU aufgreifen und weiterentwickeln wird.
MAUSS’ Augenmerk gilt besonders den Wechselbeziehungen zwischen
gesellschaftlicher Technikentwicklung und individuellen Körpertechniken. Unter
anderem am Graben mit dem Spaten zeigt er, dass und wie die Körper und die
Dinge in jeder Gesellschaft in ein Anpassungsverhältnis zueinander gebracht
werden. Andernfalls kommt es zu Störungen, welche die eigene, normalerweise
unbewusste Körperlichkeit zu Bewusstsein kommen lassen.
18
MAUSS macht so an
einfachen Beispielen deutlich, dass und wie die technischen Artefakte einer
Gesellschaft die Verhaltensweisen der Menschen bis in die kleinen Konventionen
und Erlaubtheiten des Alltags vorgeben, wie sehr die Formen der Motorik, der Gestik,
der Mimik und des Sprechens, des Verhaltens im Privaten und im Öffentlichen, von
technischen Apparaturen in einem technischen Sinne modelliert werden.
19
Zu diesen
Apparaturen gehören Produktionsgeräte ebenso wie Transportmittel und
Kommunikationsapparate, heute beispielsweise Telefon, Computer oder Fernsehen.
18
Leicht ließen sich andere Beispiele hinzufügen, etwa die Formung eines dann als typisch weiblich
geltenden Gehens und Sitzens durch Stöckelschuhe und enge Röcke oder auch jener von RUSSO
(1998, 168ff.) beschriebene, durch besondere Sportschuhe, die Sneakers, ermöglichte Gang
junger Schwarzer in den USA: der aus der Hüfte heraus schwingende „pimp roll".
19
Dieser Gedanke spielt auch bei ANDERS (19927) eine entscheidende Rolle.
9
Jedoch führt nicht nur der Umgang mit den materiellen technischen Artefakten einer
Kultur zur Ausprägung spezieller Körpertechniken, sondern auch der Gebrauch
immaterieller Schöpfungen wie Körperbilder und -ideale. Als Beispiele führt MAUSS
die Orientierung seiner eigenen, veralteten Schwimmtechnik am Modell des
Dampfschiffes oder auch jene amerikanischen Krankenschwestern an, an denen er
bereits in den zwanziger Jahren registrieren zu können glaubt, sie hätten sich die
Gangart von Kinostars zueigen gemacht (MAUSS 1989, 202f.): Den empirisch zu
beobachtenden Körpertechniken der Menschen gehen in einer von den visuellen
Massenmedien dominierten Kultur ihre Bilder voraus, die jenen zugleich eine
besondere symbolische Bedeutung verleihen, indem sie sie in narrative Strukturen
und imaginäre Räume einbinden.
20
Einmal erworbene Körpertechniken sind, wie MAUSS betont, nur schwer zu verändern
oder gar abzulegen. Insbesondere dann, wenn sich die Werkzeuge und
Technologien einer Gesellschaft rasch verändern, kommt es zu einer
Ungleichzeitigkeit und damit Unangepasstheit zwischen gesellschaftlichen
Technologien und individuellen Körpertechniken, zu einer Art Antiquiertheit des
Körpers. BOURDIEU (1987, 116f.) wird später von einem „Hysteresis-Effekt“ sprechen.
Zugleich zeigt MAUSS, dass die gesellschaftliche Ausbildung besonderer
Körpertechniken nicht nur mit der Prägung der menschlichen Physis, seiner
Anatomie und Physiologie einhergeht, sondern auch mit der Entwicklung spezieller
innerer (moralischer, ästhetischer usw.) Haltungen. So entwickelt beispielsweise das
Kind, wie es im Abschnitt über die „Techniken der Kindheit“ heißt, „das direkt an der
Haut der Mutter getragen wird, (...) eine ganz andere Einstellung zu seiner Mutter als
ein Kind, das nicht getragen wurde“. Gleichzeitig sei das rittlings auf den Hüften
Sitzen des Kindes „eine bemerkenswerte Gymnastik, die für sein ganzes Leben
bedeutsam ist“: „Ursprung für verschwundene psychische Zustände unserer
Kindheit“, wie „die Kontakte der Geschlechter und der Haut usw.“ (ebd., 210f.).
Soziales, Physisches und Psychisches stehen demnach in komplexen
Wechselbeziehungen, in „physisch-psychisch-soziologischen Verbindungen“ (ebd.,
218).
20
Zur Sinngebung des Sports durch Texte und andere, vor allem visuelle Inszenierungen vgl.
GEBAUER 1983; BOSCHERT und GEBAUER 1996; BOSCHERT 1999a.
10
2.2 Körperformung durch Anpassung an sachlich-soziale
Bedeutungsstrukturen (Kritische Psychologie)
Der von MAUSS als Technisierung beschriebene Prozess der praktischen Anpassung
des Körpers an die Welt der kulturellen Artefakte ist auch in der sowjetischen
Tätigkeitspsychologie sowie im Anschluss an diese in der Kritischen Psychologie von
Klaus HOLZKAMP beobachtet, beschrieben und theoretisiert worden.
21
Im Mittelpunkt
der Reflexion steht hier die Interaktion des Menschen mit Werkzeugen. Werkzeuge
können als „empfindungsbegabte Verlängerungen unseres Körpers“ aufgefasst
werden, wie POLANYI (1985, 23) es ausgedrückt hat; sie wirken als solche in ihrem
Gebrauch aber auch formgebend auf den Körper zurück. Exemplarisch hat LEONTJEW
(1973) die von Erwachsenen angeleiteten Interaktionen zwischen dem lernenden
Individuum und den Dingen am Gebrauch von Tasse und Löffel dargestellt. Zum
Gebrauch des Löffels schreibt er: „Der Gegenstand, den (das Kind) in die Hand
nimmt, wird zunächst ohne weitere Umstände in das System der natürlichen
Bewegungen einbezogen. (....) Durch das unmittelbare Eingreifen des Erwachsenen
werden die Handbewegungen des Kindes beim Gebrauch des Löffels allmählich
grundlegend umgestaltet und ordnen sich der objektiven Logik des Umgangs mit
diesem Gerät unter. (....) Das Kind erwirbt ein System funktionaler Bewegungen, ein
System von Handlungen mit Werkzeugcharakter, das topologischen Beziehungen
untergeordnet ist.“ So entsteht nach und nach ein dauerhafter „Verhaltenstyp“. Aus
zunächst „unbedingt-reflektorischen“, natürlichen Bewegungen werden auf das
Objekt abgestimmte Könnensbewegungen: ein „funktionales Bewegungssystem“,
das im Vergleich zu den natürlichen Bewegungen vielfältige „neue Elemente
umfasst.“ (ebd., 239f.)
Auf einen weiteren Aspekt dieser Umgestaltung natürlicher in funktionale,
werkzeugangepasste Könnensbewegungen hat SIMMEL (1910) aufmerksam
gemacht. Das Benutzen von Essgeräten, das historisch zunächst bei den oberen
Schichten auftritt, impliziert, wie er zeigt, eine soziale Normierung und Regulierung
des Körpers und seiner Bewegungen, eine „Fixierung der Essgebärden“ (188).
Indem sich ihre Bewegungen den Esswerkzeugen anpassen und damit zugleich eine
soziale Form und einen ästhetischen Wert erhalten, werden sich die Essenden in der
Haltung und Gestik des Essens ähnlich: Praktisch bilden sie eine sinnlich erkennbare
Gemeinschaftlichkeit aus, die in dieser Weise beim Essen ohne Essgeräte mit der
Hand nicht zustande kommt, weil in diesem Fall die „überpersönliche Reguliertheit“
(ebd.) durch die Geräte fehlt.
21
Diese Forschungsrichtung ist in der Sportwissenschaft kaum rezipiert worden. Ausnahmen sind die
allerdings unsoziologischen Arbeiten von RAMME 1984 und 1988. Für die Erziehungswissenschaft
vgl. auch die Rezeption durch PAZZINI 1983.
11
Im Anschluss an LEONTJEW begreift auch HOLZKAMP (1995, 282) kulturelle Artefakte
wie Werkzeuge als Vergegenständlichungen historisch entstandener,
gesellschaftlicher Erfahrungen: als Objektivationen „verallgemeinerter
Handlungsmöglichkeiten, die durch gesellschaftliche Arbeit dazu geschaffen werden,
sie in bestimmte Herstellungs- und Gebrauchsaktivitäten umzusetzen.“ Solche
Vergegenständlichungen setzen einerseits natürliche Bewegungsmöglichkeiten
voraus und tragen andererseits im Gebrauch zur Vergesellschaftung und kulturellen
Kodierung von Bewegungen bei. Die Bewegungen erhalten durch das „praktische
Eindringen“ in die Objekte, das heißt dadurch, dass die sachlich-sozialen
Bedeutungsstrukturen der Gegenstände „durch ihnen adäquate Körperbewegungen“
realisiert werden, eine gesellschaftliche Form und praktische Bedeutung. (ebd.,
283f.) Im Aneignungs- und Lernprozess entsteht gleichzeitig ein immer
gegenstandsadäquateres, tieferes Bewegungswissen: Die Bewegungen werden
durch ihre wachsende Gegenstandsadäquatheit immer stärker mit einer speziellen
Wissensform, einem impliziten praktischen Weltwissen angereichert, das nur schwer
oder gar nicht verbalisiert werden kann.
Dabei entgeht HOLZKAMP nicht, dass die Gegenstände von den Akteuren durchaus
auch anders benutzt werden können als vorgesehen. Die Transformation der
sachlich-sozialen Gegenstandsbedeutungen in sinnlich-wirkliche Körperbewegungen
hängt stets, wie er betont, von der „personalen Situiertheit“ des Individuums ab:
seiner körperlichen Beschaffenheit, seinem Könnensstand, seiner (Ein-)Stellung zu
den Gegenständen, letztlich seinen Interessen, die durch Kultur, Klasse und
Geschlecht mitbestimmt werden. (ebd., 283) Überdies differenziert HOLZKAMP
Artefakte hinsichtlich der in ihnen objektiv angelegten Gebrauchsmöglichkeiten: „Die
bedeutungsadäquate Bewegung kann durch die Struktur der jeweiligen
Bedeutungseinheit weitgehend festgelegt, aber auch im Lernprozess erst zu finden
sein.“ (ebd., 285)
22
Die Transformation sachlich-sozialer Bedeutungsstrukturen in Bewegungspraxis hat,
nach HOLZKAMP, stets mit dem empirischen Körper zu kämpfen, seiner
Schwerfälligkeit, der Unwilligkeit der Gliedmaßen, der Langsamkeit der Reflexe.
Jeder Erwerb bedeutungsadäquater Bewegungen verlangt demnach eine
Neutralisierung dieses „Eigensinns“ des Körpers. Das Individuum erfährt die
Widerständigkeit der Gegenstände mitunter schmerzlich am eigenen Leib. Ein
22
Ein fruchtbares praxistheoretisches Konzept des sozialen Gebrauchs von Technik in den
kulturellen Alltagspraxen entwickelt BECK 1997. Allerdings thematisiert er die Ansätze HOLZKAMPS
überhaupt nicht und macht die Ethnologie MAUSS’ im Gegensatz zu den hier vorgestellten
Überlegungen gar für „die Vernachlässigung der (materiellen) Gebrauchsdimension im Umgang mit
den Dingen“ (ebd., 290, Fußnote 332) mitverantwortlich.
12
exzellentes Beispiel dafür mögen Turngeräte sein. Seit der Institutionalisierung
moderner Leibesübungen durch die Philanthropen am Ende des 18. Jahrhunderts
tragen eigens geschaffene Geräte gemeinsam mit normierten Bewegungsräumen
zur Ausbildung, Formung und Rationalisierung von Bewegungen im Sport bei.
Aufgrund ihrer Beschaffenheit verlangen Turngeräte wie Reck oder Barren eine
durchgehende Straffung und Härtung des Körpers, das heißt eine lange als typisch
männlich geltende Körperform; ein schlaffer, weicher Körper tut sich an diesen
Geräten unweigerlich weh. So können bereits über die Gerätewelt Inhalte der
Vergesellschaftung und des Lernens definiert sowie spezielle Körpernormen und
Genderideale
23
tradiert werden. Auch in Sportgeräten sind, so ließe sich in
Anlehnung an das Konzept der Gegenstandsbedeutung sagen, gesellschaftlich
tradierte Bewegungsmöglichkeiten und Bewegungserfahrungen fixiert.
Schon damit wird auf einer elementaren Ebene deutlich, dass es sich beim Erlernen
sportlicher Bewegungen keineswegs um eine unhistorische und ungesellschaftliche,
nur einen angeblich natürlichen Bewegungsdrang befriedigende Aktivität handelt,
sondern um eine genuin gesellschaftliche Veranstaltung. Die „Reproduktion“ der in
Sportgeräten und normierten Bewegungsräumen vergegenständlichten
Bewegungserfahrungen ist eine Praxis der Vergesellschaftung des Körpers, der
Inkorporierung gesellschaftlicher Bedeutungen, Erfahrungen, Werte und
Körperideale sowie des Erwerbs vor-diskursiver Wissensformen.
In neueren Sportarten und Körper-Spielen
24
wie Inlineskating, Biking, Carving oder
Paragliding zeigen sich allerdings charakteristische Veränderungen im Verhältnis von
Körper und Gerät. Hochtechnische Artefakte des Sportreibens wie Skates, Carving-
Ski, Bikes, Surfboards oder Gleitschirme wirken als vielseitig zu nutzende
Erweiterungen des Körpers, die ein Spiel mit der jeweiligen Umgebung gestatten: mit
der materiellen Beschaffenheit des Untergrunds wie beim Inlineskaten, mit
Thermiken wie beim Paragliden oder mit Wind und Wellen wie beim Surfen. Die
Geräte dienen insgesamt der Intensivierung affektiver Zustände. Die mit dem Körper
verschmolzene Technik hat im Grunde gar nicht mehr den Status von Geräten,
23
Darunter verstehe ich hier kulturelle Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit.
24
Tatsächlich ist fraglich, ob für diese neuen, Sport mit anderen Tätigkeiten und Elementen z.B. der
Popkultur vermischenden Spiele der Terminus „Sport“ überhaupt noch zutrifft. Siehe dazu auch
den Abschnitt 3 des vorliegenden Aufsatzes.
13
sondern wird, von Affekten und Emotionen durchdrungen, zu einem Eigenen des
Subjekts gemacht und fast als Körperteil empfunden.
25
Zurück aber zu HOLZKAMP: Die Vergesellschaftung des Körpers und das
Bewegungslernen, verstanden als ein immer tieferes praktisches Eindringen in die
Zusammenhangsstrukturen des Lerngegenstands, sind grundsätzlich ambivalent:
Auf der einen Seite werden die Individuen in dem Maße von der Kontrolle der
Einzelbewegungen entlastet, wie sie die in den jeweiligen materialen Anordnungen
vergegenständlichten sachlich-sozialen Bedeutungszusammenhänge realisieren –
ein Vorgang, der oft unzureichend als Automatisierung bezeichnet wird (vgl.
HOLZKAMP 1995, 290f.) –, bis die gekonnten Bewegungen schließlich die neue
Erfahrungsqualität eines Überschreitens sowohl der „Erdenschwere“ des eigenen
Körpers wie auch der widerständig-stofflichen Außenwelt erlangen (die sogenannten
„peak-experiences“, die zustande kommen, wenn Körper, Bewegung und Außenwelt
optimal zueinander passen); auf der anderen Seite ist diese Anpassung aber auch
ein durchaus schmerzhafter Prozess der Rationalisierung, Technisierung und
Disziplinierung des Körpers, der seine Opfer verlangt. Diese zweite Dimension tritt
bei HOLZKAMP allerdings in den Hintergrund. Man spürt bei der Lektüre seiner Texte,
dass er den Körper im Grunde fürchtet, weil er der optimalen Verschmelzung mit
dem Lerngegenstand im Wege steht, weil etwa die Finger beim Klavierspielen trotz
jahrelanger Übung nicht so wollen, wie der Geist es gerne hätte. Hier setzen andere
Autoren wie Norbert ELIAS mit seiner Zivilisationstheorie oder Michel FOUCAULT mit
seinem Konzept der Disziplinierung deutlich andere Akzente.
2.3 Zivilisierung (ELIAS)
ELIAS (1979) zeigt in seiner bekannten Zivilisationstheorie grundlegende
Zusammenhänge zwischen der wachsenden Komplexität gesellschaftlicher
Zusammenhänge, der Zivilisierung des Körpers und der Affekte, der Differenzierung
des psychischen Innenlebens und der Verfeinerung der Emotionen auf. Er
verdeutlicht an zahlreichen Beispielen, wie über die immer feinere soziale Formung
des Körpers und der Bewegungen in den Individuen eine innere Form aufgebaut
wird, die im Verlauf des historischen Prozesses zunehmend die Steuerung über
Motorik, Gestik und Mimik übernimmt. (vgl. auch GEBAUER und WULF 1998, 40)
„Zwischenmenschlicher Fremdzwänge“ werden, so ELIAS (1979, Bd. 1, LXVI), „in
einzelmenschliche Selbstzwänge“ transformiert. Die „derart im Zusammenleben
25
Die Personalität dieser Objekte tritt in der Welt des sportlichen Spiels an die Stelle vom Menschen
unbeherrschbarer, monströser technischer Apparate. So wird im Spiel unter anderem die Illusion
genährt und beglaubigt, der Mensch könne seine Souveränität und Freiheit gegenüber den
Geräten behalten und diese zu selbstgesetzten Zwecken einsetzen. (vgl. auch LIESSMANN 2001)
14
erzeugten selbsttätigen, individuellen Selbstkontrollen“ schieben sich, so heißt es
weiter, zwischen die „Trieb- und Gefühlsimpulse auf der einen Seite und die
Skelettmuskeln auf der anderen Seite“. So werden die Triebimpulse mit immer
„größerer Strenge“ daran gehindert, die Skelettmuskeln „direkt, also ohne Zulassung
durch diese Kontrollapparaturen“, für deren Bezeichnung Elias den
psychoanalytischen Begriff des „Über-Ich“ adaptiert, zu steuern. Es ist nach dieser
Konzeption ein „höheres“, psychisches Selbst, das beständig ein „niederes“,
körperliches Selbst überprüft und überwacht.
2.4 Disziplinierung (FOUCAULT)
Mit dem zivilisationstheoretischen Ansatz von ELIAS teilt FOUCAULTS
Disziplinierungstheorie das Interesse für die sozialhistorische Formung des
Körperverhaltens sowie die stumme Weitergabe von Verhaltensstandards in
zwischenmenschlichen Prozessen. Allerdings verhält sich FOUCAULTS, besonders in
„Überwachen und Strafen“ (1983) entwickelter Disziplinierungsbegriff auch kritisch
dem Zivilisationskonzept gegenüber. So teilt FOUCAULT das der Zivilisationstheorie –
trotz aller Einschränkungen letztlich – immanente Fortschrittsdenken nicht,
26
sondern
betrachtet den Prozess der Moderne als einen Vorgang zunehmender Unterwerfung
des Körpers unter die Mächte der reglementierenden Vernunft. Er möchte zeigen,
dass die modernen Disziplinen, indem sie auf den menschlichen Körper zielen,
keineswegs nur repressiv, sondern auch produktiv wirken:
27
Sie bringen unauffällig
funktionierende, sich selbsttätig in vorgegebene Ordnungen fügende Subjekte
hervor; sie steigern die individuellen Kräfte, anstatt sie „zu hemmen, zu beugen oder
zu vernichten“ (FOUCAULT 1983, 163); und sie vermögen sich auf reflexivem Weg
ständig selbst zu optimieren.
Disziplinieren im Foucaultschen Sinne ist eine sozial organisierte Form der
wissenschaftlich angeleiteten und methodisch durchgeführten Technisierung,
Verbesserung und Unterwerfung des Körpers. FOUCAULTS Untersuchungen beziehen
sich vornehmlich auf Institutionen wie das Gefängnis, die Kaserne, das Hospital, die
Fabrik und die Schule, die ausdrücklich für die Verhaltensformung und
26
Am Ende seines zweibändigen Werkes, in seinem „Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation“,
thematisiert ELIAS (1978, Bd. 2, 312ff.) allerdings durchaus auch Opfer und Kosten des
zivilisatorischen Fortschritts, etwa die Zwangsneurose, die entsteht, wenn sich die Selbstkontrolle
vollständig von jedweder Außenkontrolle abkoppelt.
27
„Man muss aufhören, die Wirkungen der Macht immer negativ zu beschreiben, als ob sie nur
‚ausschließen’, ‚unterdrücken’, ‚verdrängen’, ‚zensieren’, ‚abstrahieren’, ‚maskieren’, ‚verschleiern’
würde. In Wirklichkeit ist die Macht produktiv; und sie produziert Wirkliches.“ (FOUCAULT 1983,
250).
15
Disziplinierung bestimmter sozialer Gruppen vorgesehen sind. Diese Institutionen
nutzen die grundsätzliche Gelehrigkeit des Körpers, seine Bereitschaft, sich zugleich
umformen, unterwerfen und vervollkommnen zu lassen, durch organisierte Übungen
aus. (vgl. FOUCAULT 1983, 175) Am Beispiel der philanthropischen Gymnastik hat
KÖNIG (1989, 68ff.) gezeigt, wie der menschliche Körper mittels räumlicher
Anordnung, minuziöser Zeitgestaltung, analytisch-synthetischer Übung,
meritokratischer Rangzuweisung, Ritualisierung, Konditionierung und panoptischer
Überwachung neu erzeugt und maschinellen Prinzipien unterworfen werden sollte.
Der Turnplatz der Philanthropen diente, KÖNIGS an FOUCAULT orientierter Studie
zufolge, der Einverleibung und Darstellung einer Maschinenideologie des
menschlichen Körpers, des Körpers also, der die Präzision und Effizienz einer
Maschine erreicht. Prüfungen machen die Körperbewegungen hier zum Gegenstand
wissenschaftlicher Beobachtungen, Beschreibungen, Untersuchungen und
Theoriebildungen. Gerade in der rationalen Erhebung und Steigerung eines
naturwissenschaftlichen, anatomischen und physiologischen Wissens über den
Körper sieht Foucault die entscheidende Entwicklungsrichtung der verschiedenen
Disziplinierungsvorgänge. Denn auf der Grundlage dieses Wissens können
Techniken und Methoden praktischer Körperkontrolle und Leistungsverbesserung
entwickelt und eingesetzt werden, die ihrerseits die Informationsbasis über die
Bewegungsgesetzte des Körpers erweitern usw. usf.
Insgesamt etablieren die modernen Disziplinen eine politische Ökonomie der Körper,
die deshalb ungeheuer stabil und effizient ist, weil die Individuen die
Überwachungsfunktionen, die zuvor von der jeweiligen Institution übernommen
wurden, am Ende selbst übernehmen und damit zu Subjekten der Ordnung werden:
zu „freiwillig“ sich Unterwerfenden.
28
Aus dem Panoptismus (FOUCAULT 1983, 251ff.)
wird ein Panoptismus des Selbst, aus Fremdkontrolle – ähnlich wie bei ELIAS –
Selbstkontrolle. Im Unterschied zu ELIAS gibt es jedoch in FOUCAULTS Modell keine
zentrale psychische Instanz der Affekt- und Körperkontrolle, kein „Über-Ich“. Die
moderne Macht verteilt sich vielmehr über den ganzen Körper, sie wirkt bis in seine
feinsten Verästelungen hinein, ist omnipräsent. In diesem Modell einer vollständigen
Kolonisierung des Körpers breitet sich der Macht-Wissen-Kompex allmählich sowohl
über den individuellen als auch über den Gesellschafts-Körper aus. Ausgehend vom
Kloster als Keimzelle dringt die Macht nach und nach bis in die unauffälligen
28
Dieser Subjekt-Begriff geht auf ALTHUSSER (1977, 148) zurück, demzufolge Subjekte in Form der
Freiwilligkeit Unterworfene sind, die sich als autonome Urheber ihrer Handlungen imaginieren. Im
französischen „sujet“ ist diese Doppelbedeutung noch enthalten: „Sujet“ ist das Subjekt im Sinn
eines Verantwortlichen seiner Handlungen und erkennenden Wesens, aber auch Objekt: Patient,
Versuchsperson oder – in politischer Hinsicht – Untertan. Zur „Dezentrierung“ des Subjekts im
französischen (Post-)Strukturalismus vgl. ALKEMEYER 2000a, 67ff.
16
Lebensvollzüge des Alltags ein und berührt die Individuen über solche
„Mikropraktiken“ grundlegender als alle Systeme von Überzeugungen und
Ideologien.
29
Allerdings hat FOUCAULT diese „Mikrophysik der Macht“ (1976) nicht systematisch
untersucht. Seine Forschungen beschränken sich auf Disziplinierungsprozesse
30
in
dafür vorgesehenen Einrichtungen.
31
Es bleibt aber offen, wie normierte
Bewegungsweisen und, in Zusammenhang damit, Gewohnheiten des Handelns und
Verhaltens in solchen Institutionen und sozialen Zusammenhängen erzeugt werden,
die nicht ausdrücklich und intentional auf eine Disziplinierung von Menschen
abzielen, wie also die, stets mit Machtprozessen verbundene soziale Formung von
Körper und Bewegung und die Inkorporierung von Verhaltensanforderungen in
Kernbereichen des Alltagslebens, beispielsweise in der Familie oder auch in solchen
Sportarten und Spielen erfolgt, die gerade außerhalb der Institutionen des etablierten
Sports entstanden sind. FOUCAULTS Untersuchungen zeigen, mit welchen Mitteln und
Methoden spezielle Disziplinaranstalten auf die Körper und darüber das Innere der
Subjekte einwirken. Und sie heben – unter anderem im Rekurs auf ALTHUSSERS
Pascal-Lektüre
32
– hervor, dass in den Individuen innere Haltungen erzeugt werden,
wenn die einzelnen in präskriptiven, institutionalisierten Ritualen handeln. Allerdings
hat dieses Modell einen mechanistischen Grundzug. Es beschränkt sich weitgehend
auf die Analyse der objektiven, materiellen, stets mit Diskursen verbundenen
29
Die moderne Macht ist also für FOUCAULT insgesamt durch folgende Merkmale gekennzeichnet: sie
ist, erstens, eher produktiv als repressiv; sie ist, zweitens, fein verästelt in den Praxen des Alltags
wirksam; und sie ist damit, drittens, „radikal dezentriert“ und wird „strikt relational gefasst“; es
handelt sich um eine flüssige, noch nicht zu Herrschaft verfestigte soziale Beziehung. (vgl.
HÖRNING 1995, 140f.)
30
In späteren Schriften unterscheidet FOUCAULT analytisch die „Disziplin“ von der „Biopolitik der
Bevölkerung“. Haben die Disziplinen primär den Individualkörper zum Gegenstand und bezwecken
„seine Dressur, die Steigerung seiner Fähigkeiten, die Ausnutzung seiner Kräfte, das parallele
Anwachsen seiner Nützlichkeit und seiner Gelehrigkeit“ (FOUCAULT 1983, 166), so zielen die
Strategien der Bio-Politik auf den „Gattungskörper“, den Körper der „Bevölkerung“, wie zum
Beispiel alle „Volksgesundheits“-Kampagnen. Am Schnittpunkt zwischen der auf den einzelnen
Körper bezogenen „Anatomo-Politik“ und der auf die Bevölkerung gerichteten „Bio-Politik“ steht,
nach FOUCAULT, die Sexualität. (vgl. auch FOUCAULT 1986a und b, FOUCAULT 1995).
31
Vgl. auch die Kritik von HONNETH (1985, 196ff.) an FOUCAULT.
32
ALTHUSSER (1977, 138) zitiert PASCAL mit den Worten: „Knie nieder, falte die Hände, bewege die
Lippen zum Gebet, und du wirst glauben!“ Der Glaube, die innere Einstellung des Individuums, ist
danach das Resultat seines körperlichen Handelns, einer im Ritual erzeugten äußeren, physischen
Haltung.
17
Anordnungen bzw. Dispositive
33
von Institutionen sowie die – repressiven und
produktiven – Wirkungen, die diese (vermeintlich) hervorbringen. Die vom Subjekt
aktiv geleistete Aneignung, der spezielle Gebrauch, die praktische Ausdeutung und -
gestaltung der äußeren Arrangements, Zwänge, Rituale und Anforderungen, kurz,
die tätige Umwandlung gesellschaftlich gegebener Bedingungen in die subjektive
Praxis und individuelle Biographie, werden jedoch nicht thematisiert.
Hier setzen Ansätze aus dem Umkreis der Cultural Studies, zum Teil in expliziter
Kritik an FOUCAULT, andere Akzente, indem sie das konstruktive und kreative
Potential subjektiver Handlungsvollzüge hervorheben. Eine entscheidende Frage
dieser Studien betrifft das Verhältnis zwischen objektiven gesellschaftlichen
Strukturvorgaben, Techniken und „kulturindustriellen“ Angeboten einerseits sowie
ihrer subjektiven Rezeption, Nutzung und (Um-)Deutung in (alltags-)praktischen
Prozessen der Selbsthervorbringung andererseits.
34
Diese Frage verbindet die
Cultural-Studies-Ansätze – trotz aller Differenzen – mit den Forschungen BOURDIEUS,
der allerdings stärker als die meisten Vertreter der Cultural Studies die körperliche
Dimension
35
der Aneignung, des Gebrauchs und der praktischen Interpretation von
sozialen Strukturen, technischen Artefakten und kulturellen Objekten durch die
Subjekte reflektiert.
2.5 Einverleibung der Strukturen, Habitus und Praktischer Sinn (Bourdieu)
Auch BOURDIEUs Interesse gilt zunächst der „Bildungsarbeit“ der „sozialen Welt“ am
Körper der Subjekte. (vgl. so BOURDIEU 1997, 166ff.) Während sich FOUCAULT
allerdings damit begnügt hat zu zeigen, wie der Körper in speziellen Institutionen von
außen nach innen „durchorganisiert“ wird, bezieht BOURDIEU viel stärker die Arbeit
der Subjekte ein, mit der sie sich soziale Strukturen, Mythologien und Normen aktiv
33
Dispositive der Macht sind laut FOUCAULT (1978) komplexe Aggregate aus äußeren materiellen
Anordnungen, Disziplinarmethoden und -techniken, Können, Wissen, Diskursen, Strategien,
Kräfteverhältnissen, Regeln usw.
34
Diese Frage wird unter anderem bei HALL 1980, DE CERTEAU 1988, FISKE 1989, JOHNSON 1999
aufgeworfen. Wie BECK (1997, 146ff.) zeigt, steht sie seit den siebziger Jahren auch in den US-
amerikanischen „Performance“-Konzepten der Folklore Studies und der französischen Ethnologie
im Zentrum.
35
Eine Ausnahme ist FRITH (1998; 1999), der sich nicht bloß nach außen gut sichtbaren Lebensstil-
Elementen wie Kleidung oder Haarschnitt, sondern auch den Ebenen der Körperlichkeit, der
gemeinsamen Bewegung und des Erfindens neuer Körpertechniken zuwendet. So zeigt er am
Beispiel zeitgenössischer Popmusik, dass und wie durch einen die Körper und die Sinne
beteiligenden Gebrauch bereitstehender Musikangebote (z.B. vermittels von Cut-Ups, Scratches,
Breaks und Samples) neuartige Formen entstehen, welche „die Herstellung von Bedeutung als
Performanz“ gestalten (FRITH 1999, 161).
18
einverleiben und in eigene subjektive Konstruktionen umwandeln.
36
Diese
subjektiven Konstruktionen sind auch weit mehr als die von ELIAS postulierten
Reaktionen eines psychischen Apparats, sondern spezielle Synthetisierungen der
sinnlichen Eindrücke von der Welt. Diese erzeugt das Individuum vermittels
erworbener, also nicht anthropologisch invarianter, sondern selbst historisch
gewordener, gesellschaftlich geprägter und biographisch angeeigneter Schemata.
Sie erlauben es dem Individuum, „und zwar durch eine praktische, gleichsam
körperliche Antizipationsleistung, die Situation als eine sinnhafte Totalität zu
konstruieren und eine adäquate Antwort hervorzubringen, die sich, ohne jemals die
einfache Ausführung eines Modells oder Plans zu sein, als ein integriertes und
unmittelbar verständliches Ganzes präsentiert“ (BOURDIEU 1997, 167). Das heißt, der
Synthetisierungsprozess ist laut BOURDIEU nicht ein nur geistiger Vorgang, sondern
auch ein sozialer und praktischer, an dem Körper und Bewegung wesentlich beteiligt
sind.
BOURDIEU zufolge erwerben die Individuen die wesentlichen „Spielregeln“ ihres
jeweiligen gesellschaftlichen Umfeldes in der Praxis selbst. Physisches und Ideelles,
Körperliches und Geistiges, sind hier untrennbar miteinander verwoben. In konkreten
sozialen Situationen existieren Bedeutungen, Werte und Weltvorstellungen –
BOURDIEU bezeichnet sie als Mythologien – nicht unabhängig von typischen
Haltungen, Gesten und Bewegungsmustern. Sie werden deshalb, zum Beispiel von
den heranwachsenden Kindern, auch nicht losgelöst von dieser konkreten körperlich-
sinnlichen Ebene erfahren und angeeignet. (vgl. auch FRITSCH 1990, 60)
Körperhaltungen, Bewegungen und Gesten symbolisieren sozialen Sinn nicht bloß,
sondern realisieren ihn auch; sie repräsentieren ihn nicht nur, sondern er ist in ihnen
unmittelbar präsent. Im mimetischen Lernen, also etwa dadurch, dass sich die Kinder
den aus ihrer Sicht starken und handlungsfähigen Erwachsenen körperlich-sinnlich
ähnlich machen, spielen sie sich regelrecht in die motorischen Schemata und damit
zugleich in die soziale und kulturelle Ordnung der Erwachsenenwelt hinein. „In allen
Gesellschaften“, schreibt BOURDIEU (1979, 60), „zeigen die Kinder für die Gesten und
Posituren, die in ihren Augen den richtigen Erwachsenen ausmachen,
außerordentliche Aufmerksamkeit: also für ein bestimmtes Gehen, eine spezifische
Kopfhaltung, ein Verziehen des Gesichts, für die jeweiligen Arten, sich zu setzen
(....), dies alles in Verbindung mit einem jeweiligen Ton der Stimme, einer Redeweise
und – wie könnte es anders sein – mit einem spezifischen Bewusstseinsinhalt.“
36
Die folgende BOURDIEU-Interpretation ist maßgeblich angeregt durch GEBAUER und WULF 1998,
45ff.
19
Da die vielfältigen sozialen Praxen selbst eine gesellschaftlich eingerichtete,
systematische Organisation besitzen, die sich empirisch beschreiben lässt, eignen
sich die Kinder im Mittun, Wiederholen, Nachahmen oder Üben genau die raum-
zeitlichen Schemata, Handlungsprinzipien, Verhaltensweisen und
Konstruktionsregeln der Welt an, die innerhalb ihrer sozialen Umgebung
gebräuchlich sind. Handelnd entwickeln sie nach und nach subjektive
Entsprechungen zu den objektiven Strukturen der sozialen Welt, ohne dass ihnen
dies bewusst wäre. Es kommt, mit POLANYI (1985, 34) zu sprechen, zu einer
„strukturellen Verwandtschaft zwischen Subjekt und Objekt“ bzw., wie BOURDIEU
(1997, 160f.) schreibt, zu einer „prästabilierte(n) Harmonie“ zwischen den objektiven
Einteilungen, „Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen“ der sozialen Welt und
den Dispositionen der Subjekte. Gemeinsam mit Körperhaltungen,
Bewegungsmustern und Gesten werden soziale Fertigkeiten und Fähigkeiten
ausgebildet: ein praktisches Wissen, Dispositionen, Schemata der Wahrnehmung
und des Denkens, des Fühlens, Bewertens, Sprechens und Handelns, die Bourdieu
insgesamt als Habitus bezeichnet. Als einverleibte Sozialstruktur strukturiert der
Habitus seinerseits alle praktischen, expressiven und verbalen Äußerungen der
Individuen und lässt sie damit all jenen anderen Personen ähnlich werden, die unter
vergleichbaren Existenzbedingungen aufwachsen und leben. Der Gleichartigkeit der
objektiven Existenzbedingungen entspricht also eine gewisse Homogenität der
subjektiven Habitus, aus der wiederum eine objektive Übereinstimmung der
Praktiken und Werke der entsprechenden Personen entspringt, eine Regelmäßigkeit
ihrer sozialen Praxis.
37
Ein vorher und ein nachher gibt es in diesem Modell nicht:
Die Subjekte werden von ihren sozialen Existenzbedingungen geformt, und sie sind
zugleich deren Mitkonstrukteure. Die sozialen Strukturen werden im mimetischen,
körperlich-sinnlich auf andere Personen bezogenen Handeln aktiv angeeignet, und
sie existieren nur in der und durch die Praxis der Subjekte. Sie sind gleichzeitig
Voraussetzung und Folge subjektiven Handelns: Die Subjekte bringen hervor, was
sie hervorbringt.
37
BOURDIEU (19945, 125ff.) verdeutlicht dies (in Anlehnung an Ausführungen des Kunsthistorikers
Erwin PANOFSKY) unter anderem an einem Beispiel aus der Kunstgeschichte: der Homologie
zwischen der Struktur der scholastischen Schriften und der Struktur der Chorarchitektur der
gotischen Kathedralen. Er erklärt diese Homologie damit, dass Schreiber und Architekten
dieselben Schulen durchlaufen und deshalb einen ähnlichen Habitus ausgebildet hätten. In seiner
Ethnologie der französischen Gesellschaft (BOURDIEU 19936) beschreibt er das Phänomen der
Homologie anhand zahlreicher empirischer Untersuchungen von Alltagsgewohnheiten und
kulturellen Praktiken der verschiedenen Klassen und Klassenfraktionen. Er zeigt, dass
Essgewohnheiten, Wohnungseinrichtungen, das Verhältnis zu Alkohol, Kunst, Politik, Frisur,
Gestik, Musikgeschmack usw. einem Grundmuster folgen, das den Mitgliedern einer sozialen
Klasse – und nur diesen – im Unterschied zu allen anderen gemeinsam ist.
20
Neben materiellen Voraussetzungen gehören auch die ideellen Ordnungsschemata
einer Kultur, ihre Repräsentationen, Bilder, Mythologien und symbolischen Netze, die
dem sozialen Leben eine Ordnung verleihen, indem sie es deuten, zu den
gesellschaftlichen Existenzbedingungen.
38
Wie BOURDIEU (1979, 155) zeigt,
vollziehen sich gesellschaftliche Kämpfe um Macht und Anerkennung immer auch als
Auseinandersetzungen um die legitime Definition, Darstellung und Deutung von
Realität; sie sind - mehr oder weniger offen - auf die Erfüllung spezifischer
Gruppeninteressen orientiert. (vgl. auch BOURDIEU und WACQUANT 1996, 30ff.) Nach
BOURDIEU verfügen diese gruppenspezifischen Bilder und Mythologien in
gesellschaftlichen Praxisformen wie Ritualen über eine spezifische Materialität.
BOURDIEU unterscheidet in diesem Zusammenhang auch verschiedene Pädagogiken
unter dem Aspekt, wie sie den sozialen Repräsentationen und ideellen Ordnungen
der Kultur über die Formung und (Aus-)Bildung von Körperhaltungen und
motorischen Schemata empirisch nachvollziehbar Geltung verschaffen.
Insbesondere die „Primärerziehung“ geht, wie er (1979, 199) schreibt, „mit dem
Körper wie mit einer Gedächtnisstütze um“. Sie zieht „größtmöglichen Gewinn aus
der ‚Konditionabilität’“ des Körpers, das heißt aus der Eigenschaft der menschlichen
Natur, die Einverleibung von Kultur möglich zu machen und physiologische in
symbolische Vorgänge zu verwandeln. Durch die „klandestine Überredung einer
impliziten Pädagogik“ würde den Kindern von Geburt an mittels gänzlich
unscheinbarer Befehle wie „Halte dich gerade!“ oder „Halte das Messer nicht in der
linken Hand!“ eine „ganze Kosmologie, Ethik, Metaphysik und Politik“ eingepflanzt.
„Die ganze List der pädagogischen Vernunft“ bestünde „gerade darin, unter dem
Deckmantel, das Bedeutungslose zu fordern, das Wesentliche zu entreißen ...“. Jede
einzelne Körpertechnik ist damit pars totalis, Teil einer umfassenden sozialen,
moralischen, politischen und symbolischen Ordnung. Und sie beschwört,
entsprechend dem Paralogismus des pars pro toto, zugleich das gesamte System,
dessen Teil sie ist. Dies verleiht selbst „den scheinbar beschränktesten und
zufälligsten Regelbefolgungen allgemeine Bedeutung“ (BOURDIEU 1997, 128).
Zwischen dem Lernen als einem mimetischen Eingewöhnen in eine „symbolisch
strukturierte Welt“ (ebd., 166) einerseits und der ausdrücklichen Weitergabe von
38
In ALKEMEYER 2000a wird zu zeigen versucht, dass auch in modernen Gesellschaften solche
symbolischen Netze, Mythen und Riten zentrale Elemente der Wirklichkeitskonstruktion sind und
damit eine wichtige Funktion für den sozialen Zusammenhalt und die soziale Reproduktion haben.
Das Hauptaugenmerk wird dabei auf solchen Repräsentationen gerichtet, die nicht durch Wort
oder Schrift als Texte, sondern in den Medien der Körperlichkeit performativ als Aufführungen
produziert und rezipiert werden, wie die mannigfaltigen Wirklichkeiten des Sports. Zum
sogenannten performative turn in den Kulturwissenschaften vgl. auch FISCHER-LICHTE und KOLESCH
1998.
21
Regeln, Vorschriften, Inhalten, und Werten in pädagogischen Institutionen
andererseits sieht jede Gesellschaft zusätzlich „strukturale Übungen“ wie Rituale,
Spiele, Gesänge, Tänze oder auch Massenfeierlichkeiten vor, in denen „die eine
oder andere Form praktischer Beherrschung“ weitergegeben wird. (BOURDIEU 1979,
192). Besonders in diesen strukturalen Übungen verleiben sich die Individuen
kollektive Repräsentationen, politische Mythologien oder kulturelle Muster von
Männlichkeit und Weiblichkeit ein. In unserer Gesellschaft sehen beispielsweise
Militär, Tanzschule oder auch Sport mit ihren Appellen oder gar Zwängen zum Üben,
Wiederholen und Nachahmen solche strukturalen Übungen vor. Die implizite
Pädagogik der sozialen Praxis, strukturale Übungen und explizite Erziehung führen
gemeinsam zur einer „dauerhaften Transformation des Körpers und der üblichen
Umgangsweise mit ihm“ (BOURDIEU 1997, 166) und damit zum Aufbau dauerhafter
Dispositionen, in denen Innen (Wissen, Erinnerungen usw.) und Außen
(Körperhaltung, Gestik usw.) untrennbar miteinander verbunden sind.
39
Die habituell generierten Ordnungsschemata, welche die spezifischen
Umgangsweisen mit dem Körper anleiten, bezeichnet BOURDIEU auch als „körperliche
Hexis“. Sie ist „die realisierte, einverleibte, .... zur stabilen Art und Weise der
Körperhaltung, des Redens, Gehens und damit des Fühlens und Denkens
gewordene politische Mythologie“ (BOURDIEU 1987, 129) und sitzt als solche fest: Das
Einverleibte „findet sich jenseits des Bewusstseinsprozesses angesiedelt, also
geschützt vor absichtlichen und überlegten Transformationen, geschützt selbst noch
davor, explizit gemacht zu werden: Nichts erscheint unaussprechlicher,
unkommunizierbarer (....) als die einverleibten, zu Körpern gemachten Werte.“
(BOURDIEU 1979, 200) In ihrem unbewussten, selbstverständlichen, zur körperlichen
Natur gewordenen und damit ihre eigene Geschichte verleugnenden Charakter (vgl.
BOURDIEU 1987, 105 sowie 1997, 166ff.) unterdrücken die einverleibten Werte alle
„Nebenmöglichkeiten“, „d.h. die Akte, die die Alltagssprache als ‚Verrücktheiten’
bezeichnet“ (BOURDIEU 1979, 200f.): Der Habitus hält das Individuum in der Ordnung
jener sozialen Felder, deren Regeln es praktisch beherrscht, weil es in ihm
regelmäßig handelt. Die Dichotomie von Zwang und Freiheit greift in diesem
39
Die verschiedenen Typen der „Bildungs- und Formungsarbeit“ reduzieren sich, wie BOURDIEU
(1997, 166) schreibt, „nicht auf die Einprägung von Wissen und Erinnerungen. Vom Habitus reden
heißt einen Modus des Festhaltens und des Hervorrufens der Vergangenheit erfassen, den die alte
Bergsonsche Alternative von Bildgedächtnis und Gewohnheitsgedächtnis, ‚geistig’ das eine,
‚mechanisch’ das andere, schlicht und einfach nicht zu denken erlaubt. Der Boxer, der einem
Schlag ausweicht, der Pianist oder der Redner, der improvisiert, oder ganz einfach der Mann oder
die Frau, die gehen, sich setzen, die ihr Messen (in der rechten Hand ...) halten, ihren Hut lüften
oder den Kopf zum Gruß neigen, rufen nicht eine Erinnerung wach, ein geistiges Bild [....]; und
genauso wenig setzen sie lediglich materielle Mechanismen, physische oder chemische, in Gang.“
22
theoretischen Modell nicht: „Als Spontaneität ohne Willen und Bewusstsein steht der
Habitus zur mechanischen Notwendigkeit nicht weniger im Gegensatz als zur
Freiheit der Reflexion.“ (BOURDIEU 1987, 105).
Habitualisierte Haltungen und Bewegungen sind weder Ergebnis eines
Denkprozesses, noch Gegenstand rationaler Entscheidung; sie werden weder
reflektiert noch bewusst intendiert. Sie resultieren vielmehr aus einem speziellen
Sinn für das, was jeweils zu tun ist und in einer sozialen Situation als angemessen
gilt. (vgl. GEBAUER und WULF 1998, 48) BOURDIEU bezeichnet diesen Sinn als
„praktischen Sinn“ und hebt damit hervor, dass er nicht explizit gelehrt und gelernt,
sondern in zahllosen Wiederholungen in der Praxis selbst erworben, geübt, gefestigt
und angewendet wird. Dieser „Spielsinn“, wie BOURDIEU ihn auch nennt, ist direkt in
den Haltungen und Bewegungen des Körpers gegenwärtig.
Die Inkorporierung des Sozialen verfügt demzufolge nicht nur über die Dimensionen
der Technisierung, der Zivilisierung und der Disziplinierung des Körpers, sondern
führt darüber hinaus auch zur Ausbildung eines praktischen Wissens in Form von
Handlungserwartungen, praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es dem
Individuum nach und nach gestatten, ohne zu zögern und zu überlegen
situationsadäquat zu handeln. Vorsprachlich konstituiert bereits der praktische Sinn
„die Welt als signifikant, indem er spontan ihre immanenten Tendenzen antizipiert“,
vergleichbar dem intuitiven Erfassen einer Spielkonstellation durch einen
Fußballspieler, der die Handlungen seiner Partner und Gegner schon im
Entstehungszustand vorwegnimmt (BOURDIEU 1987, 147f.), einem Weitspringer, der
exakt den Balken trifft, einem Billardspieler, der wie im Schlaf die Kugel im Loch
versenkt, oder auch einem Geiger, der ohne Überlegung ein geschliffenes Stakkato
spielt. Stets ist es eine, über das Sagbare hinausgehende, unbewusste Intelligenz
des Leibes, eine motorische Klugheit, die Regie führt und Tempo, Rhythmus,
Dynamik, Muskelspannung und Ausdruck hervorbringt. Der Spielsinn weiß voraus; er
„liest“ instinktiv auf der Grundlage bereits erworbener Erfahrungen künftige mögliche
Zustände aus dem gegenwärtigen Zustand eines Feldes heraus und sorgt für ein
entsprechendes Verhalten.
Mit dem Begriff des „Spielsinns“ als einer Dimension des theoretischen Habitus-
Konstrukts überwindet BOURDIEU auch die falsche Entgegensetzung von
Reproduktion und Konstruktion: Die Hereinnahme der sozialen Strukturen in mich
begrenzt meine Handlungsmöglichkeiten, befähigt mich aber auch erst dazu, in der
sozialen Welt angemessen zu handeln und sie – der ich von ihr begriffen bin –
meinerseits zu begreifen. Je besser mein Spielsinn entwickelt ist, umso größer sind
meine Chancen, die Vorgaben der sozialen Lebenswelten auf der
23
Erzeugungsgrundlage von Habitus und praktischem Sinn umzuordnen, umzudeuten
und aus ihnen kreativ auch neue Wirklichkeiten zu erzeugen.
Als vergesellschaftete Weisen des Handelns haben die Bewegungen des Körpers
zugleich vergesellschaftende Wirkungen. Indem ich ohne nachzudenken in den
unterschiedlichen Lebensvollzügen des Alltags die Bewegungsschemata anderer
Personen (um-)gestaltend nachvollziehe und auf diese Weise in eigene
Konstruktionen umwandle, werde ich diesen Personen ähnlich. Aus solchen
stummen Kommunikationen von Körper zu Körper entstehen einfache Formen der
Gemeinsamkeit: gemeinsame Bewegungswelten, die – insofern als dass ja in den
Formen und Weisen des Umgangs mit dem Körper stets sozialer Sinn, (Kultur-,
Klassen- und Geschlechter-)Geschichte usw. enthalten sind – gleichzeitig Räume
gemeinsamer Gefühle, Erfahrungen, Erinnerungen, Vorstellungen und Werte sind.
Solche Formen der Gemeinschaftsbildung sind unter anderem für die Spielkulturen
von Inlineskatern oder Streetballspielern charakteristisch, wie sie sich seit Jahren,
zum Teil in bewusster Konfrontation zum etablierten Vereinssport, in den
Großstädten moderner Gesellschaften entwickeln.
40
Fassen wir an dieser Stelle zusammen: Alle skizzierten Ansätze beschreiben und
analysieren Prozesse der sozialen Formung des Körpers, seiner Haltungen und
Bewegungen. Zwar basieren diese auf den natürlichen Voraussetzungen des
menschlichen Organismus, aber sie werden durch Formung, Strukturierung,
Technisierung und kulturelle Kodierung zu Ausprägungen einer über-individuellen
sozialen Motorik gemacht. So deuten die individuell besonderen Umgangsweisen mit
dem Körper stets auch über das Individuum hinaus auf den Zustand, die Haltungen,
Einstellungen und Werte der Kultur, Gesellschaft und Gruppe, zu der das Individuum
40
Wir untersuchen derartige Prozesse der Gemeinschaftsbildung im Sport zur Zeit theoretisch und
empirisch im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Kulturen des Performativen“ an der Freien
Universität Berlin im Teilprojekt „Die Aufführung der Gesellschaft in Spielen“ (Leitung: Gunter
GEBAUER; Leiter des empirischen Unterprojekts: Uwe FLICK; Verbindung von Theorie und Empirie:
Thomas ALKEMEYER). Erste Untersuchungsergebnisse sind publiziert in GEBAUER und ALKEMEYER
2001; ALKEMEYER, GEBAUER und WIEDENHÖFT 2001; GEBAUER 2001.
24
gehört.
41
Denn auch darin sind sich alle skizzierten Ansätze einig, dass mit der
sozialen Formung des Körpers Wirkungen im Innern der Personen verbunden sind:
MAUSS betont die Kulturspezifik der Körpertechniken und die mit diesen verbundenen
Formen individueller und kollektiver Vernunft. HOLZKAMP rückt, im Anschluss an
LEONTJEW, in subjektwissenschaftlicher Perspektive die Interaktionen zwischen den
objektiven, sachlich-sozialen Bedeutungsstrukturen und den subjektiven
Bewegungshandlungen in den Mittelpunkt und postuliert, in dieser Interaktion
erwerbe das Subjekt ein praktisches Weltwissen. ELIAS stellt den Körper als
Ansatzpunkt und Medium der Zivilisierung des Menschen dar und behauptet das
allmähliche Entstehen einer zentralen psychischen Instanz im Menschen, der dann
die Steuerung des Körpers obliege. Während der Körper selbst im Modell von ELIAS
jedoch uneinsichtig bleibt, wird er, FOUCAULT zufolge, durch immer ausgefeiltere
Disziplinierungstechniken von der instrumentellen Vernunft kolonisiert und schließlich
selbst „vernünftig“ gemacht. Die Macht verteilt sich über den gesamten Körper und
unterwirft sich ihn. Demgegenüber ist der durch vielfältige Prozesse der
Technisierung, Gestaltung, Erziehung und mimetisches Handeln vergesellschaftete
Körper für BOURDIEU kein bloßes Objekt, sondern in mehrfacher Funktion aktiv an
seiner Vergesellschaftung beteiligt: Er wird im Verlauf der Erzeugung eines
gesellschaftlichen Habitus nicht nur zum Zeichen, an dem sich die objektive Position
seines Besitzers im sozialen Raum
42
ablesen lässt, sondern ist auch Agens der
sozialen Praxis, Reproduzent der sozialen Strukturen, Medium des symbolischen
Austauschs und der Vergemeinschaftung, Speicher der einverleibten Erfahrungen
einer gemeinsamen Klassen- und Geschlechtergeschichte, schließlich Träger einer
spezifischen Intelligenz, einer generativ-kreativen Verstehensfähigkeit und eines
„kinetischen Wissens“, das selbst strukturierende Kraft besitzt. (vgl. BOURDIEU und
WACQUANT 1996, 41f.) Der Körper erhält in dieser Perspektive in der stets sozial-
41
In mehr oder minder stark institutionalisierten Spiel-Rahmen wie denen des Sports werden kultur-,
gesellschafts- und gruppenspezifische Bewegungsweisen, -stile und –figurationen in einem
Vorgang einverleibt und aufgeführt. Solche planvoll gestalteten kulturellen Aufführungen von
Bewegungen gestatten es den Beteiligten (Aktiven und Zuschauern), gleichzeitig an bedeutsamen,
körperlich präsentierten Grundmustern ihres sozialen Lebens teilzuhaben und sich so vor-
sprachlich ihrer Gemeinsamkeiten zu versichern. Sie beinhalten und bewirken zwei komplementäre
Prozesse: zum einen die von außen nach innen verlaufende Hereinnahme der sozialen Strukturen
und der mit diesen zusammenhängenden kulturellen Bedeutungen, Werte, Mythologien usw. in die
Individuen; zum anderen die von innen nach außen verlaufende szenische Darstellung des
Inkorporierten vor sich und anderen. In beiden Richtungen sind Körper und Bewegung
Gelenkstellen: Scharnier der Einverleibung äußerer sozialer Konstruktionen (Interiorisierung) sowie
Medium der Darstellung des Verinnerlichten nach außen (Exteriorisierung). (vgl. ausführlicher
ALKEMEYER 2000a)
42
Zum Konzept des sozialen Raumes siehe BOURDIEU 19912.
25
strukturell, institutionell und technisch „gehärteten“ sozialen Praxis eine spezifische
Form; gleichzeitig trägt die Praxis der Subjekte aber zur (verändernden)
Reproduktion der objektiven Strukturen bei. Die falsche Dichotomie von
Objektivismus und Subjektivismus wird so überwunden. BOURDIEU löst das Problem,
dass auf der einen Seite ein Rückfall hinter die (post-) strukturalistische Einsicht in
die „Dezentrierung“ des Subjekts nicht möglich ist, es auf der anderen Seite aber
auch zu kurz greift, das Subjekt als bloßen Effekt sozialer Strukturen und diskursiver
Anordnungen aufzufassen, wie es ein kruder Strukturalismus und theoretischer Anti-
Humanismus á la ALTHUSSER tut. Wenn man dagegen betont, dass die Subjekte sich
innerhalb der gesellschaftlichen Ordnungen aktiv selbst herstellen und dabei
ihrerseits auf die Ordnungen einwirken, dann kann dies auch bedeuten, dass sie mit
diesen in Konflikt geraten und die fraglose „Komplizenschaft“ von Habitus und Feld in
die Krise gerät – Voraussetzung für die Bewusstwerdung und Veränderung sonst
vor-bewusster, dauerhaft einverleibter und damit „naturalisierter“ Routinen und
Dispositionen.
43
In der Konsequenz der skizzierten Fluchtlinien einer Historischen Anthropologie des
Körpers wird schließlich auch die, für große Teile bisheriger Sportanthropologie
maßgebliche Konzeption des Körpers und der Bewegung als bloßen Medien
zwischen Mensch und Welt fragwürdig. Medien sind vermittelnde Instanzen. Als
solche setzen sie eine Trennung zwischen den Bereichen voraus, zwischen denen
sie zu vermitteln scheinen. Zwar sind Körper und Bewegung insoweit Medien, als
über ihre praktische Formung und Gestaltung in den Individuen innere Formen,
Vorstellungen, Haltungen und Gefühle erzeugt, bekräftigt oder organisiert werden,
aber sie werden in diesem Prozess auch selbst zu fundamentalen „materiellen“
Existenzweisen des Sozialen. Die mit dem Konzept des Mediums verbundene
Vorstellung einer vermittelten Trennung zwischen Ich und Welt, Körper und
Gesellschaft ist kaum aufrecht zu erhalten. Vielmehr kommt es in der sozialen Praxis
zu einer „ontologischen Komplizität“ (WACQUANT 1996, 42) beider Seiten: „Der Leib
43
Dennoch hat BOURDIEUS Habitus-Konzept noch ein strukturdeterministisches Übergewicht, das
unter einem stärker praxistheoretischen Blickwinkel abgeschwächt werden könnte. (vgl. auch die
Kritik von BECK 1997, 269ff.) Insbesondere die körperliche Dimension des Habitus kommt bei
BOURDIEU vornehmlich dann ins Spiel, wenn es um Beharrung, Reproduktion u.ä. bzw. um das
geht, was er selbst (1987, 116f.) den „Effekt der Hysteresis“ nennt. Das heißt, gerade mit der
körperlichen Dimension des Habitus kommt ein statisches, unflexibles Element in BOURDIEUS
Praxistheorie hinein. Als Agens eines praktischen Um- und Neuschaffens von Wirklichkeit, einer
vor-bewussten, sinnlich-praktischen (Selbst-)Reflexivität wird die körperliche Praxis hingegen
allenfalls ansatzweise in den Blick gebracht. Wirkliche Veränderung und Innovation setzen bei
BOURDIEU stets Bewusstwerdung und Versprachlichung voraus. In ALKEMEYER und SCHMIDT (2001)
versuchen wir, diese Grenzen des Habitus-Konzepts ausführlicher herauszuarbeiten. Zum Problem
einer vor-diskursiven Reflexivität des Körpers vgl. auch FRANKE 1998.
26
ist Teil der Sozialwelt – wie die Sozialwelt Teil des Leibes“, so BOURDIEU (19912, 69)
in Anlehnung an MERLEAU-PONTYS Konzept des Chiasmus (s.o.), das er jedoch
soziologisch reartikuliert: Der Körper ist mitnichten das Andere der Gesellschaft,
sondern hat selbst ein gesellschaftliches Sein – genau so, wie die Gesellschaft, nach
einer Formulierung von GEBAUER und WULF (1998, 54), ein körperliches Sein hat.
Körper und Gesellschaft verschlingen sich praktisch: Indem ich körperlich in der Welt
bin, werde ich zu einem Teil dieser Welt und diese Welt zu einem Teil von mir.
3 Ausblick: „Formlosigkeit“ der Körper in der neuen Arbeitswelt
und Körperformung in Sport und Spiel
44
Das Verhältnis von Arbeit und Freizeit, Ernst und Spiel, und damit auch von Körper
und Gesellschaft ändert sich gegenwärtig tiefgreifend. Die umfassende, durch die
Entwicklung immer neuer hochtechnologischer Produktions-, Kommunikations- und
Transportmittel ermöglichte und vorangetriebene „Informatisierung der Arbeitswelt“
(DOSTAL 1995) in nahezu allen Wirtschaftssektoren führt unter anderem zur Erosion
der körperlichen Prägekraft der konkreten Arbeitstätigkeiten. Eine ausdrückliche
Formung oder gar Disziplinierung des Körpers, wie sie im Rahmen der modernen
industriekapitalistischen (Disziplinar-)Gesellschaft
45
vom Standpunkt der Ökonomie
und der (Arbeits-)Moral ebenso erwünscht wie notwendig waren, findet unter den
neuen Produktionsbedingungen kaum mehr statt. Unter den Konditionen
industriekapitalistischer Produktion wurden die menschlichen Körper als eine beliebig
zu formende und zu manipulierende Materie behandelt und zum Zwecke der
Steigerung von Produktivität und Disziplin
46
einem gemeinsamen, durch die
Produktionsmaschinerie vorgegebenen Arbeitsrhythmus unterworfen.
47
Aber auch in
44
Die folgenden Gedanken sind das Resultat gemeinsamer Diskussionen und Forschungen vor allem
mit Gunter GEBAUER, Robert SCHMIDT und Martin STERN im Rahmen des bereits erwähnten DFG-
Forschungsprojekts „Die Aufführung der Gesellschaft im Spiel“.
45
Insbesondere die Theorien Max WEBERS und Michel FOUCAULTS zeigen, dass die moderne
Gesellschaft ohne eine Disziplinierung der in ihr lebenden Individuen nicht denkbar ist. Einen
Überblick über die Theorie der Disziplinargesellschaft gibt HILLEBRANDT 1997. Siehe auch den
Abschnitt 2.4 des vorliegenden Beitrags.
46
Dass ein gemeinsamer körperlicher Bewegungsrhythmus ganz unterschiedlichen Zwecken – der
Bekräftigung von Solidarität in Sub- und Gegenkulturen ebenso wie der Erhöhung der
Arbeitsleistung – dienen kann, zeigt MCNEILL 1995.
47
Rhythmus ist bereits von dem Nationalökonomen Karl BÜCHER in seiner vor über einhundert Jahren
geschriebenen Studie „Arbeit und Rhythmus“ (1899) als Mittel von Uniformierung,
Vereinheitlichung und Produktivitätssteigerung in den Blick gebracht worden. Vgl. auch die
Analysen zum Zusammenhang von Arbeit, Rhythmus und Erziehung von HOPSTER und NASSEN
(1983, 87ff.).
27
anderen Arbeitsbereichen des traditionellen Dienstleistungssektors, beispielsweise
im Bankgewerbe oder in der Wissenschaft, haben sich im Laufe der Zeit klar
erkennbare Berufshabitus mit spezifischen Routinen des Körperverhaltens, der
Haltung, Mimik und Gestik herausgebildet.
48
Derartige „gewachsene“ Berufshabitus
gibt es in den neuen, traditionslosen, überdurchschnittlich stark wachsenden
Tätigkeitsbereichen des Kommunikations-, Informations-, Gesundheits- und
Bildungssektors nicht.
49
Mittlerweile ist die Informatisierung bis in die industriellen
Kernbereiche der Arbeitswelt eingedrungen und hat dort zu einem Wandel der
Tätigkeitsformen geführt – mit einschneidenden Auswirkungen auf die Bedeutung
von Beruflichkeit: Der körperliche Habitus, der bei einer langfristigen Integration in
einen materiellen Arbeitsprozess wie bei einem physischen Trainingsprozess
herausgebildet wird, verliert unter den neuen Bedingungen an Kontur und wird diffus.
Körperhaltungen und -rhythmen, Bewegungen und Gesten werden durch die
hochtechnologischen Geräte der neuen Arbeitsplätze nicht mehr klar bestimmt und
geformt. Die Körper scheinen in den neuen Tätigkeitsbereichen weitaus
„unbeschäftigter“ als in den traditionellen. (vgl. GEBAUER 2001) Und sie inszenieren
sich auch demonstrativ als unbeschäftigt, um auf diese Weise zu signalisieren, dass
sie sich nicht von der Apparatewelt beherrschen lassen, sondern diese umgekehrt
souverän und „cool“ unter Kontrolle haben.
50
Komplementär zur Erosion der den körperlichen Habitus prägenden Aspekte der
Erwerbsarbeit (und der Wandlungen in der Erziehung) scheinen diese Bereiche ihre
Funktionen der Körperformung mehr und mehr an die gesellschaftlichen
Nichtarbeitsbereiche abzutreten, die in klassischen soziologischen Theorien
48
Zu Erzeugung eines akademischen Berufshabitus vgl. KRAIS 1996 und ENGLER 1999.
49
VESTER u.a. (1993) betrachten in ihren Forschungen zum sozialstrukturellen Wandel und zur
Herausbildung neuer, traditionsloser sozialer Milieus auch die Transformation der Erwerbsarbeit.
Sie identifizieren in diesem Zusammenhang überdurchschnittliche Wachstumsraten bei all jenen
Beschäftigungen, die im weiteren Sinne mit Kommunikation, Information, Gesundheit und Bildung
zu tun haben (ebd., 278ff.) und bezeichnen diese neuen Tätigkeitsbereiche in Anlehnung an
BOURDIEUS Analysen zur Sozialstruktur der französischen Gesellschaft als „neue Berufe“ (ebd.,
248).
50
Homologe Entwicklungen lassen sich in der Erziehung beobachten. Zumindest in den „gehobenen“
gesellschaftlichen Milieus wird auf eine ausdrückliche Formung und Disziplinierung des kindlichen
Körpers zunehmend verzichtet. Ein rigides „Herumerziehen“ an Körperhaltungen, das explizite
Modellieren und Manipulieren der Körper und ihrer Gesten weicht anderen Methoden, welche die
äußere Erscheinung stärker dem Selbstmanagement der Heranwachsenden überlassen. Dies wird
nun maßgeblich durch massenmedial konstruierte und verbreitete (Körper-)Bilder angeleitet.
28
vornehmlich in die Restkategorie „Freizeit“ eingeordnet werden.
51
Hier sind die
Angebote zur Formung des Körpers - und damit des Selbst – in den letzten Jahren
explosionsartig angewachsen. Ein expandierender Markt für Hygiene- und
Schönheitsartikel, die vielfältigen Expertenkulturen für körperbezogene Fragen der
Therapie, Ernährung, Fitness und Mode, neu emergierende Sportarten und
körperbezogene Spiele (Fitness, Inlineskating, Mountainbiking usw.), die
Körperimages aus Werbung, Warenästhetik, Lifestyle-Zeitschriften, Fernsehen und
Popkultur
52
, all dies stellt einen Raum vielseitiger Körperform- und
Körperformungsangebote bereit, der die sozialen Geschmackspräferenzen der
verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu bedienen vermag. Aus den Angeboten
dieser Körpermärkte können die Subjekte scheinbar frei auswählen, sich in
Eigenregie eine stabile körperliche Form – einen körperlichen Habitus – aneignen
und sich in den Praktiken des self-fashioning zugleich den modernen Mythos der
Selbstbestimmung beglaubigen.
Als Hypothese für weitere Forschung ließe sich formulieren: Während in der
„modernen“ Industriegesellschaft die so genannte Freizeitsphäre der Bereich war, in
dem die Körper temporär ihre Form aufgeben durften, in dem es ihnen gestattet war,
sich gehen zu lassen, unbeschäftigt, faul und haltungslos zu sein, scheint sich das
Verhältnis in den „spätmodernen“ Gesellschaften der Gegenwart umzukehren.
„Unbeschäftigte“ Körper, Körper ohne eine klar definierte Form und einen
„gewachsenen“ Berufshabitus, finden sich nun nicht mehr nur in den Randbereichen
der Gesellschaft, in der Privatsphäre oder in der „Freizeit“
53
, sondern auch und
gerade in den wichtigen, sich ausbreitenden Branchen des Wirtschafts- und
Erwerbslebens. Auf der anderen Seite entwickeln sich die Spielwelten der „Freizeit“
zu den Feldern, in denen die Individuen ihre Körper formen und sich einen
körperlichen Habitus aufbauen, um damit sich und ihrem Leben Form, Gestalt und
Haltung zu geben – und zwar auf eine Weise, die zwar noch mit ihrer Position im
51
Genauer zu diskutieren wäre der Zusammenhang unserer Thesen und Arbeitsergebnisse mit
BETTES (1989) Diagnose einer paradoxen Gleichzeitigkeit von Körperverdrängung und
Körperaufwertung in modernen Gesellschaften.
52
Zur „Konvergenz von Sport- und Popkultur“ (SCHMIDT 1999), das heißt zur Herausbildung ganz
neuer, nur schwach institutionalisierter, stark körperbezogener kultureller Räume und Praxen aus
Musik, Mode, Gruppensprache, Gestik, Bewegungsstil usw., in denen „Sport“ nur noch ein – wenn
auch wichtiges – Attribut unter anderen ist, vgl. auch ALKEMEYER, GEBAUER und WIEDENHÖFT 2001
sowie GEBAUER und ALKEMEYER 2001. Mit den gängigen Begriffen der „Ausdifferenzierung“ und
„Pluralisierung“ oder der Diagnose einer „Entsportlichung des Sports“ (DIETRICH und HEINEMANN
1999) wird die Emergenz dieser neuen kulturellen Räume nur unzureichend beschrieben.
53
Bekanntlich kann diese auf zynische Weise auch durch Arbeitslosigkeit erzwungen sein.
29
sozialen Raum und ihrer beruflichen Situation zusammenhängt, jedoch in keinem
direkten Verhältnis zu ihrer Berufspraxis mehr steht.
Aufgrund der gestiegenen Bedeutung, die der körperliche Habitus in den
„spätmodernen“ Gegenwartsgesellschaften sowohl für die Formung der Person als
auch für die Gemeinschaftsbildung und Differenzierung (Distinktion) hat, rücken
Angebot und Nachfrage von Körperformen von der Peripherie zunehmend ins
Zentrum der Gesellschaft - und damit einer zeitgemäßen Gesellschaftsanalyse.
4 Anregungen für eine integrative Bewegungswissenschaft
Spezialisierte Betrachtungsweisen in der Bewegungswissenschaft wie die
Biomechanik (vgl. WILLIMCZIK 1999) abstrahieren von der praktischen Verflechtung
des Körpers mit der Gesellschaft. Sie erklären die „Erscheinungen und Ursachen von
Bewegungen im Sport“ mechanisch „unter Zugrundelegung der Bedingungen des
menschlichen Organismus.“ (ebd., 21) Notwendige und hinreichende
Konstitutionsbedingungen der Erscheinungen von Bewegungen sind in dieser
Perspektive Raum und Zeit, ihre Ursachen die physikalischen Kräfte. Körper und
Bewegung werden so als a-kulturelle, un-gesellschaftliche und un-historische
Phänomene konstruiert; Kultur, Gesellschaft und Geschichte tauchen allenfalls als
Randbedingungen auf, nicht jedoch als Größen, die auch den „menschlichen
Organismus“ selbst durchziehen, seine Biologie, Anatomie, Physiologie usw. ebenso
wie die motorischen, affektiven, kognitiven und evaluativen Tiefenschichten der
Personen.
54
Die Einsicht in die unhintergehbare Geschichtlichkeit, Gesellschaftlichkeit und
kulturelle Prägung des beobachtbaren Körperverhaltens wie auch der inneren
(körperinternen, psychischen) Instanzen, Repräsentationen und
Wahrnehmungsprozesse hat tiefgreifende Konsequenzen für
Bewegungswissenschaft und Bewegungslehre. Sie macht zunächst deutlich, dass
die Anwendung scheinbar universaler (natur-) wissenschaftlicher Konzepte und
Methoden sowohl in der Bewegungsanalyse als auch in der Praxis des Lernens,
Übens und Trainierens von Bewegungen eine ethnozentrische Normierung des
Körpers bedeutet, die über die historische, kulturelle und gesellschaftliche
54
Diese Auffassung einer grundsätzlichen Verschlingung von Körper und Gesellschaft lässt auch alle
Versuche als vergeblich erscheinen, durch wie auch immer geartete Technologien der Selbstsuche
und der Selbsterfahrung die „Zensur“ des gesellschaftlich bestimmten (und sprachlich
organisierten) Bewusstseins zu unterlaufen, um so zu angeblich ursprünglicheren
Erfahrungsebenen vorzustoßen. Solche Versuche verkennen, dass das Soziale eben nicht nur auf
der Ebene von Geist und Bewusstsein wirksam ist, sondern sich auch tief in die Körper eingräbt,
dass es auch die Sinne, die Gefühle, die Assoziationen und die Träume ergreift.
30
Heterogenität der Körperverhältnisse hinweggeht. Ein solcher impliziter
Ethnozentrismus von Bewegungsforschung und -lehre kann nur durch
bewegungswissenschaftliche Betrachtungsweisen vermieden werden, die auf die
Geschichtlichkeit und Gesellschaftlichkeit ihres Gegenstandes ebenso reflektieren
wie auf die Geschichtlichkeit und Gesellschaftlichkeit der eigenen Perspektiven,
Begriffe und Methoden, um dann beide Dimensionen aufeinander zu beziehen. Zu
postulieren wäre eine Bewegungswissenschaft, welche die soziale und
wissenschaftliche Konstruktion und Konstruiertheit des Gegenstands (Körper,
Bewegung, Motorik) transparent macht und sich permanent selbstkritisch überprüft.
Eine derartige (selbst-)reflexive Bewegungswissenschaft hätte die Ergebnisse und
Methoden der verschiedenen kultur- und naturwissenschaftlichen Ansätze in den
Humanwissenschaften zusammenzufassen, ohne jedoch deren spezifische
Betrachtungsweisen aufzugeben. Denn erst aufgrund der elaborierten Sichtweisen,
Begriffe und Verfahren der Spezialdisziplinen wird eine „Ausdifferenzierung von
Erkenntnisgewinn“ (LUHMANN) als Ziel wissenschaftlicher Forschung möglich.
Allerdings wären die diversen Disziplinen und Theoriekonstruktionen in einen
fruchtbaren Austausch zu bringen, der zu neuartigen, paradigmatischen
Fragestellungen führt: zu Fragestellungen, die darauf abzielen, das komplexe
Wechselspiel von Natur und Kultur, von natürlicher und sozialer Motorik
wissenschaftlich zu analysieren und aus diesen Analysen Konsequenzen für die
Praxis all derer zu skizzieren, die professionell mit menschlicher Bewegung zu tun
haben.
Die erste Aufgabe einer so verstandenen integrativen und reflexiven
Bewegungswissenschaft bestünde darin, im Rahmen geeigneter theoretischer
Konzepte die Vernetzung von (sportlichen) Bewegungspraxen mit sozialen
Strukturen, Geschlechterverhältnissen, kulturellen Bedeutungssystemen,
technischen Dingwelten, lebensweltlichen Sinnbezügen usw. empirisch zu
erforschen.
55
Methodisch wären dazu ethnographische Verfahren der Feldforschung
wie (teilnehmende) Beobachtung, „dichte Beschreibung“ und narratives Interview
geeignet. Über die Methoden der Beobachtung und der Fixierung des Beobachteten
im ethnologischen Schreiben könnte aus der Außenperspektive des Forschenden
rekonstruiert werden: a) wie im Medium von Bewegungen eine Interaktion zwischen
dem Akteur und seiner (personalen, dinglichen, natürlichen usw.) Umwelt stattfindet,
b) wie und inwieweit in diesen Interaktionen einerseits das Körperverhalten und die
55
Ein allerdings noch zu wenig theoretisch fundierter Ansatz zu einer solchen qualitativen
Bewegungsforschung findet sich bei SCHIERZ (1995). Er möchte Bewegungswissenschaft als eine
Kulturwissenschaft betrieben sehen, die mit den Methoden „dichter Beschreibung“ (GEERTZ 1994)
die kulturellen Bedeutungen von Bewegungen transparent macht.
31
Bewegungen der Akteure sozial geformt, strukturiert, diszipliniert und mit kultureller
Bedeutung „imprägniert“ werden, wie aber andererseits auch die Akteure durch ihr
Bewegungshandeln formend, strukturierend und bedeutungsgebend auf die Umwelt
einwirken, schließlich c) welche gruppenspezifischen und individuellen habituellen
Dispositionen und kulturellen Bedeutungsstrukturen in der Bewegungspraxis
szenisch zum Ausdruck gebracht werden, wobei der Ausdruck das Ausgedrückte
durchaus modifizieren kann. Die besondere Qualität der „dichten Beschreibung“
besteht ja gerade darin, in mikroskopischen Untersuchungen an besonderen, örtlich
und zeitlich begrenzten Ereignissen und beobachtbaren Praktiken anzusetzen, um
von ihnen interpretativ auf weiterreichende kulturelle Sinnbezüge zu schließen.
„Dichte“ erhält die Beschreibung dadurch, dass sie durch die Oberflächen hindurch
tiefere, vielschichtigere Bedeutungsstrukturen sichtbar macht. In Bezug auf den hier
interessierenden Gegenstand heißt dies: Dicht wäre die Beschreibung von
Bewegungen bzw. komplexen Bewegungsfigurationen und -inszenierungen dann,
wenn sie – unter Berücksichtigung sporttechnischer Gesichtspunkte sowie bio-
mechanischer und funktioneller Bewegungsprinzipien – die vielfältig ineinander
verwobenen gruppen- und feldspezifischen Habitus, Vorstellungen, Werte,
Sinnstrukturen, Lebensentwürfe usw. transparent werden lässt, die mit den
beobachtbaren Motoriken und Bewegungsfigurationen verbunden sind, das heißt,
wenn sie die „vergänglichen Beispiele(n) geformten Verhaltens“ (GEERTZ 1994, 15),
die in Sport, Spiel oder Ritual zu beobachten sind, deutet, wobei das Deuten darin
besteht, das in der gemeinsamen Bewegungspraxis Ausgedrückte „dem
vergänglichen Augenblick zu entreißen“ (ebd., 30).
56
Narrative Interviews mit den Akteuren hätten in diesem Zusammenhang die Aufgabe,
die Bewegungswahrnehmungen der Akteure sowie jene Bedeutungen, Werte und
Vorstellungen zu rekonstruieren, die diese ihren Bewegungspraxen selber
zumessen. Mit den Interviews ginge es also vorwiegend darum, die zugleich
integrativen und distinktiven, gruppenspezifischen sozialen Repräsentationen und
Selbstbilder zu ermitteln, die die Akteure entwickeln und in ihrer Bewegungspraxis
zum Ausdruck bringen (wollen). Zudem lässt sich erst durch Interviews herausfinden,
welche subjektive Bedeutung die jeweiligen Bewegungshandlungen im Hinblick auf
die praktische Erschließung der die Akteure umgebenden Sozialwelt haben.
Außen- und Innenperspektive wären schließlich im gesamten Forschungsprozess
miteinander in Beziehung zu setzen: erstens, um beide Seiten – die Beobachtungen
56
Zu den methodologischen Problemen der „dichten Beschreibung“ vgl. FUCHS und BERG 1993,
AMANN und HIRSCHAUER 1997, KASCHUBA 1999, 252ff. Mustergültig sind die qualitativen
Beschreibungen und Deutungen, die Robert SCHMIDT (2001) in seiner Dissertation von
popkulturellen und sportlichen Bewegungspraxen in Tanz und Streetball gibt.
32
und Texte des Forschers einerseits und die Narrationen der Erforschten andererseits
– zu konfrontieren und so deutlich werden zu lassen, dass sich im Feld stets
unterschiedliche kulturelle Deutungen und Blickwinkel begegnen, also prinzipiell
Mehrdeutigkeit und Mehrstimmigkeit herrscht, und zweitens, um die schriftlich
fixierten Beobachtungen im Sinne der Triangulation an den Interviewaussagen zu
überprüfen und umgekehrt.
Insbesondere für die pädagogische Praxis könnte eine nicht nur
naturwissenschaftlich, sondern auch historisch-anthropologisch und
sozialwissenschaftlich ausgerichtete Bewegungsforschung (bewegungs-)ethische
Empfehlungen aussprechen und entsprechende Handlungsperspektiven aufzeigen.
Von zentraler Bedeutung wäre dabei Folgendes:
Ausgehend von der grundlegenden Einsicht darin, dass Bewegung eine
fundamentale vor-diskursive Form der praktischen Auseinandersetzung des
Menschen mit der Welt ist, die in einer vom Paradigma der Schriftlichkeit (Literalität)
geprägten (schulischen) Kultur weitgehend vernachlässigt wird, könnte eine
historisch-anthropologisch orientierte Bewegungsforschung das Verständnis dafür
schärfen, dass über die Formung von Körper und Bewegung immer auch eine
Formung der Person stattfindet, sie sich deshalb aber auch besonders gut als Mittel
einer subtilen, von den Subjekten kaum zu durchschauenden und zu
verbalisierenden Machtausübung eignet.
57
In subjekttheoretischer Perspektive wäre
darauf zu insistieren, dass den Lernenden in der pädagogischen Praxis prinzipiell die
Möglichkeit eingeräumt wird, diesen stummen Formungsprozessen zu widerstehen.
Es ginge also nicht nur darum, sportpädagogische Situationen so einzurichten, dass
sich die Akteure „willensmäßig“ auch gegen ihre erste Natur im Sinne der
„organischen Gegebenheiten“ ihres Körpers bewegen können (DIETRICH und LANDAU
1990, 170f.), sondern ebenso darum, ihnen die Gelegenheit zu geben, sich gegen
ihre zweite, einverleibte historische und soziale Natur zu bewegen bzw. vorsichtiger:
ihre zur körperlichen Natur gewordene, zu habituellen Dispositionen und Routinen
geronnene Geschichtlichkeit und Gesellschaftlichkeit zu erkennen, und zwar nicht
57
BOURDIEU (1992, 206) hebt gerade diesen Aspekt hervor: „Dass die meisten Organisationen – ob
Kirche, Armee, Parteien, Industrieunternehmen usw. – so großen Platz den körperlichen
Disziplinen einräumen, liegt daran, dass Gehorsam zum größten Teil Glauben ist und Glauben
das, wozu der Körper dann noch ‚Ja’ sagt, wenn der Geist ‚Nein’ sagt. [...] Indem man darüber
nachdenkt, worin das Spezifikum des Sports besteht, das heißt die geregelte Manipulation des
Körpers, darüber, dass der Sport, wie alle totalen oder totalitären Institutionen – Kloster, Armee,
Gefängnis, Irrenhaus, Partei usw. – eine bestimmte Art und Weise darstellt, vom Körper jene
Zustimmung zu bekommen, die der Geist verweigern könnte – wenn man darüber reflektiert,
versteht man vielleicht auch besser, wozu die meisten autoritären Regime den Sport benutzen.“
Zum selben Zusammenhang vgl. auch BOURDIEU 1987, 128.
33
allein durch aufklärerische Akte verbal-sprachlicher Bewusstmachung, sondern vor-
diskursiv im ästhetischen Spiel mit den von Kultur zu Kultur, sozialer Klasse zu
sozialer Klasse und bei Jungen und Mädchen unterschiedlichen Körpertechniken und
Bewegungsformen selbst.
Statt also alle Lernenden unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft, ihrer Position im
sozialen Raum und ihrem Geschlecht identischen Körper- und Bewegungsnormen zu
unterwerfen und denselben Lern- und Übungsmethoden zu unterziehen, wäre die
Vielfalt aller Körpertechniken, Sport-, Spiel- und Bewegungsformen aufzugreifen, die
in ökonomisch, kulturell und ethnisch ausdifferenzierten Gesellschaften vorzufinden
sind: traditionelle Sportformen ebenso wie die bei den Mittelschichten beliebten
Praktiken des Fitnesssports, die virtuosen Bewegungen von Inlineskating und
Streetball ebenso wie die gerade von männlichen Migrantenjugendlichen
bevorzugten Körperkünste des „Streetdance“, Jungenspiele ebenso wie
Mädchenspiele. Eine so inszenierte Bewegungspraxis wäre ein ideales Feld für die
Performanz, die experimentelle Vermittlung und den stummen Austausch all dieser
körpergebundenen Kulturtechniken. Im mimetischen Spiel mit ihnen, im Nach- und
Noch-einmal-Machen der Bewegungen Anderer, ließen sich nicht nur lustvolle
Gefühle vergegenwärtigen, intensivieren und modellieren, sondern auch ungewohnte
Erfahrungen hervorrufen. Es wäre auf diese Weise ein Verständnis für das Eigene
und das Fremde zu befördern und sinnlich erkennbar zu machen, dass keine
Körpertechnik natürlich und unwandelbar ist. Gerade im Lehren und Lernen des
spielerischen und gestischen Umgangs mit Körpertechniken und Bewegungsformen:
realistisch, nicht konventionalistisch oder theatralisch, sondern als eine ästhetische
Praxis, die es ermöglicht, die soziale Praxis neu kennen zu lernen, die Geschichte
des eigenen Körpers zu begreifen und verfestigte Habitualisierungen und Routinen
zu verflüssigen, fände die Bewegungspädagogik eine ihrer vornehmsten Aufgaben.
Auf der Basis einer Historischen Anthropologie und Soziologie des Körpers wäre
mithin nach Lern- und Erkenntnisformen zu suchen, die berücksichtigen, dass es
eine Art der Bewusstwerdung gibt, die, wie BRÖSKAMP (1994, 192) schreibt, „von den
Theorien der kognitiven Entwicklung vergessen wird, weil sie auf einem Verstehen
des Körpers beruht.“ Im Unterschied zu platten reformpädagogischen Konzeptionen,
die im Leib die von den Zwängen der Zivilisation zu befreiende, ungesellschaftliche
Natur des Menschen sehen, käme es mithin darauf an, die Verstehensfähigkeit des
Körpers im Sinne einer „zweiten“, nicht mehr rationalistisch verengten Aufklärung zu
nutzen und praktisch-sinnliche Erkenntnisse der eigenen gesellschaftlichen Natur zu
ermöglichen. Denn nur dann, wenn die Subjekte ihre eigenen Körper- und
Bewegungsgeschichten kennen lernen, wenn sie die Vielfalt der kulturellen Räume
erkunden, in denen sich ihre eigene Stimme und Identität konstituiert, ist die
34
Voraussetzung dafür gegeben, die Prozesse der Inkorporierung des Sozialen nicht
länger bewusstlos hinzunehmen, sondern die Grenzen der eigenen Kultur, die auch
die Grenzen des Selbst sind, auszuloten, und sich so weit als ein eigenes Maß und
eigene Form zu geben bzw. bescheidener: eigenverantwortlich mit dem Körper
umzugehen und „die komplexe Beziehung von Selbst- und Fremdbestimmung
mündig mitzubestimmen.“ (MEYER-DRAWE 1996, 57).
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