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Thomas Winkler
Zeit/Wahrnehmung/Kunst
Versuch einer Diagnose der Zeit in der
Malerei der Gegenwart am Beispiel der
Arbeiten von Raimer Jochims
Alles, was wir wahmehmen, alle Welt -Entste-
hen, Bleiben und Vergehen -geschieht in Zeit.
Die Kunst heute ist der Wahrnehmung am näch-
sten, sie verweist nicht.
Einmal angenommen, „Zweck" des menschlichen
Nervensystems sei das bloße Funktionieren und
Bewußtsein die Kontrolle des Funktionierens.
„Zweck" des Bewußtseins wäre, ein Modell der
„Welt" zu erkennen und damit durch Antizipa-
tion, durch die Vorstellung möglicher Folgen ver-
schiedenen Vehaltens, uns vor realem Schaden zu
bewahren -also, noch nicht gelebte, grundsätzlich
verschiedene Umweltbedingungen in den Lebens-
raum des Menschen einzubauen. Mit Funktionie-
ren ist eine fortschreitende Veränderung der
Strukturen des Bewußtseins und der Verhaltens-
weisen der Menschen gemeint. Die Zeit wäre so
eine notwendige Vorstellung, um planvolles Han-
deln aus Erfahrung zu ermöglichen.
1. Zeit
Philosophiegeschichtlich versuchte sich das
menschliche Denken vor allem auf zwei Wegen
dem Rätsel der Zeit zu nähern:
Zum einen richtete sich die Aufmer.ksamkeit auf
das Naturphänomen der Bewegung von Körpern
im Raum. Zeit wird als Mßfl der Bewcgz/mg ver-
standen, wie z. 8. im Buch „Delta`` der „Physik"
von Aristoteles. Die moderne Physik hat lange
bestehende Vorstellungen revolutioniert. Sie
lehrt, daß es eine „objektive" Zeit nicht gibt: was
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so genannt wird, ist in „Wirklichkeit" nur eine
Koordinate im vierdimensionalen Kontinuum.
Das heutige physikalische Weltbild, geprägt durch
die Formel „E = m.c2", beansprucht Zeit jedoch
nach wie vor als Maß der Bewegung, hier in der
Definition von „c = 300 000 km/s. Die Verkürzung
der Zeitvorstellung auf die Formel, die Zeit zwar
relativ, doch als außerhalb unseres Bewußtseins
seiend vorstellt, in der keine erlebbare Kom-
ponente mehr mitspielt, ermöglicht heute bei-
spielsweise Kerntechnologie. Ob solcherlei Wis-
sen allerdings dazu beiträgt, uns vor realem
Schaden zu bewahren, darf wohl mit Recht be-
zweifelt werden.
Der andere philosophische Denkweg nähert sich
dem Problem über die lntrospektion und faßt Zeit
aiLs eine Eigenschaft der menschlichen Seele und
dere# Vorsfe//zt73gst;crmögc# . Für Augustinus ist
die zeitliche Erstreckung („destensio animi``) die
wesentliche Eigenschaft des menschlichen Gei-
stes, der, ausgestoßen aus der Teilhabe an
Gottes ewiger Anwesenheit, dennoch den Ablauf
seines eigenen wechselvollen Lebens zu über-
schauen vermag. Bei heutigen psychologistischen
Denkern steht, im Gegensatz zur Vorstellung
einer von der Wissenschaft zu messenden Zeit,
die Vorstellung einer „subjektiven" Zeit, welche
auf dem erlebten Zeitbewußtsein beruht. Die
Vorstellung bezieht sich auf die Zeitempfindung,
auf die besondere Art, wie Zeit, abhängig von der
allgemeinen und individuellen seelischen und ge-
samtpersönlichen Beschaffenheit eines Menschen ,
empfunden wird.
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-esnz}sqies Jeq3!iJeuu! uezueJO e!p sieis iei!eJtps
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[9s u!es}onMe8 `siJessnH sunid"2tiea Jep ui
ist auf seiten der Quelle, die Zeit kommt nicht aus
der Vergangenheit her. Mit der Strömung aber
fließt der Beobachter seiner Zukunft entgegen,
doch ist der Lauf der Zeit nicht die Strömung
selbst, sondern das Ufer. Zeit ist kein realer Pro-
zeß, keine tatsächliche Folge, die wir bloß zu regi-
strieren hätte.n. Sie entspringt unserem Verhältnis
zu den Dingen. Das, was für uns je vergangen oder
zukünftig ist, ist in der Welt gegenwärtig.
Doch darf auch nicht der lrrtum begapgen wer-
den, die Zeit aus den Dingen iri uns selbst zu verle-
gen. Weder darf Zeit „objektiv" als ein Nachein-
ander von Jetztpunkten gedacht werden, da sie ja
erst für jemanden gegenwärtig sein müssen, noch
gibt es ein Nacheinander von Jetztpunkten im Be-
wußtsein.
Würden wir das Bewußtsein der Vergangenheit
aus der Erinnerung erklären und das Bewußtsein
der Zukunft aus einer Projektion dieser Erinne-
rung ins Bevorstehende, dann wäre die Zeit in
uns. Dem jedoch widerspricht, daß keinerlei psy-
chologische oder psychische Spz# der Vergangen-
heit das Bewußtsein der Vergangenheit verständ-
lich zu machen vermag. Sehen wir in einem Ge-
genstand Spuren der Vergangenheit, so weisen
diese spuren von sich aus gar nicht auf die vergan-
genheit zurück, sie sind gegenwärtig. Erst ein Sinn
von Vergangenheit, den wir woanders herhaben,
läßt uns die Spur als Vergangenheit erkennen.
Ebensowenig können wir Zukunft als Bewußt-
seinsinhalt deuten, denn Zukunft konnte im Be-
wußtsein ja noch gar keine Spur hinterlassen. Was
bleibt, ist, Zeit als ein Gedachtes vorzustellen.
Zeit ist also dem Bewußtsein nicht gegeben, son-
dern wird allererst von ihm konstituiert. Doch
dürfen wir uns dies nicht als Leistung aus der ln-
nerlichkeit eines Subjektes kommend vorstellen.
Die Zeitverhältnisse, die erst die „Geschehnisse"
in der Zeit ermöglichen, erleben wir in der Gegen-
wart, hier, wo uns Zeit erscheint. Doch das Hz.cr
stellen wir uns nicht vor, unser Heute stellen wir
uns nicht vor, es z.s/ d¢. Auch der ,vorherige Ab-
schnitt dieses Textes, den wir eben lasen` oder ,der
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kommende Abend`, wir müssen nicht an sie den-
ken, sie sind da, wie der Raum hinter mir oder der
Untergrund unter einer Figur. Gegenwart ist nicht
gesetzt, sie ist da, auch ohne daß wir sie ausdrück-
lich wahrnehmen. So sind Protention und Reten-
tion (also das Bewußtsein des „Auf-zu-kom-
mens", der Erwartung und das Bewußtsein des
„Verfließens von Jetzt in die Vergangenheit", ih
ein Retentionskontinuum, das dem jetzt präsent
ist) keine intentionalen Akte. Durch Protention
und Retention wird Bewußtsein von Dauer mög-
lich, Bewußtsein, das über das punktuelle Jetzt
hinausreicht. Jeder Augenblick erfährt zwar durch
den folgenden eine Modifikation, doch bleibt er
bestehen, hört nicht auf zu se!.J¢. Auch haben wir
die Gewißheit des kommenden Augenblicks, wir
sind immer schon auf etwas „Anderes`` gefaßt, wir
erwarten es als scz.#-so//encz. Um Vergangenheit
oder Zukunft zu haben, bedürfen wir keines intel-
lektuellen Aktes. „Die Zeitigung bedeutet kei.n
Nßc¢ez.#a#czer der Extasen. Die Zukunft ist #i.cbf
späfer als die Gewesenheit und diese #!.cß//rüßer
als die Gegenwart. Zeitlichkeit zeitigt sich als ge-
wesene-gegenwärtigendeZukunft."
3. Zeit/Wahrnehmung/Kunst
Alles, was wir wahrnehmen, geschieht in Zeit. Die
Kunst ist der Wahrnehmung am nächsten.
Wenden wir uns einem konkreten Akt der Wahr-
nehmung zu. Ziel der Diagnose ist, über die
Subjekt-Objekt-Korrelation, jenen schroffen
Dualismus, der eine prinzipielle Unabhängigkeit
des Beobachters voraussetzt, hinauszugehen.
Zeitlichkeit soll weder subjektiv noch objektiv
festgemacht werden, obwohl Rationalität den
Dualismus als methodologische Hypothese for-
dert. Die noetische und die noemati.sche Analyse
müssen getrennt durchgeführt, dabei jedoch ge-
meinsam bedacht werden. Denn „die Analyse des
Sehenden setzt die Untersuchung des Sichtbaren
voraus, und umgekehrt setzt die Untersuchung
44
uio €6 X 80i `S86T ` .idut!ds-iÄi®V `aJJzufv
des Sichtbaren die Untersuchung der Sichtweise
und das Bewußtsein der gewählten Einstellung
voraus."
Im folgenden soll eine konkrete Analyse einer Re-
zeption von neueren Farbarbeiten, den „Spanplat-
tenbildern`` des Malers R¢!.mer JocÄ!.J7ar durchge-
führt werden. Nach der Beschreibung des Wahr-
nehmungsaktes selber soll eine philosophische
Auswertung erfolgen.
Beim ersten Hinsehen, einem sehr bewegten Blik-
ken, das alles schnell erfassen will und auf Über-
sicht und ldentifizierung aus ist, erkennen wir
nichts AUßerbildliches wieder. Wir sehen lediglich
eine amorphe Farbfläche. Bei diesem nur schein-
bar unvoreingenommenen Gerichtetsein auf das
Objekt als Ganzes läuft unsere Gestaltwahmeh-
mung ins Leere. Eine feste Bedeutung stellt sich
nicht ein. Alle Bestimmtheit, jeglicher Verweis im
Sinne eines zu lesenden visuellen Textes ist nicht
vorhanden. Auch läßt sich nichts Konstruktives
finden.
Was uns bleibt, ist, unsere Aufmerksamkeit wei-
terhin bei dem Farbobjekt zu belassen und war-
ten, daß sich etwas ereignet. Dabei ändert sich die
Qualität des Hinsehens. Das Auge tastet mit fixie-
rendem,extrembinocularem,SehenBmchkanten
und Spachtelkanten auf der Oberfläche des Ob-
jekts ab. An den Bruchkanten erkennen wir die
Stärke der Spanplatte, die zufällige Struktur des
Materials des Farbträgers, knapp oder locker
gebrochene Passagen. An den Spachtelkanten er-
kennen wir die geplant-spontane Art des Auftra-
gens der Farbschichtung. Es werden Spuren ver-
schiedenster Farben sichtbar, dünne Spachtelstel-
len lassen darunter liegende Farbe durchscheinen.
Gleichzeitig ist uns präsent, daß uns die Farbe zu-
nächst homogen, einfarbig erschien.
Dann schlägt das Sehen um. Wir beginnen das
Farbobjekt wieder als Ganzes zu sehen. die mate-
rielle Oberfläche verschwindet, die Farbe beginnt
zu schwingen, flutet, läßt sich nicht mehr fixieren.
WirbeginnendasBetrachtenderFarbealseinGe-
schehen sein zu lassen. Bei den „einfarbigen"
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chromatischen Spanplattenobj ekten entfaltet sich
eine Farbe „für sich", steht im Ausgleich zu „sei-
ner Form". Sehen wir beispielsweise auf ein chro-
matisches Schwarz, bei dessen Betrachtung das
Auge ruhige und langsame Bewegungen vollzieht,
so finden wir es auf oval ähnlich geformten Span-
platten, die, wenn eine erkennbare Spitze, eine
„stumpfe" aufweisen, die das Auge zum Anhalten
auffordert. Farbe und Form, im Sinn der begren-
zenden Form, gleichen sich an. Bei „mehrfarbi-
gen" Objekten kommt noch der Ausgleich von
Farben zueinander hinzu. Sehen wir beispiels-
weise auf ein „zweifarbiges`` , „blau/oranges" Ob-
jekt. (Abb. 5.) Wendet sich der Blick dem Orange
zu, so „wächst" es, es entbindet rasch seine Ener-
gie, erscheint gesättigter, aktiver, schneller als das
Blau. Wechselt der Blick zum Blau, das eine um
ca. ein Viertel größere Fläche einnimmt, dann er-
scheint das Blau zunächst als kleiner. Bleibt der
Blick auf dem Blau, entbindet es seine Energie,
doch langsamer, und erscheint gleich groß. Wen-
det sich das Auge zurück zum Orange, erscheint
nun wieder das Orange zu klein, usw.
Kunst heute geht es um das Verhältnis zu den Din-
gen - hier der Farbe. Es geht darum, wahrneh-
mend, den Phänomenen die ihnen eigene Zeit zu-
zugestehen. Die Farb-Spanplattenobjekte von
Raimer Jochims fordern eine Betrachtung ohne
Ende. Dem figurativen Gefängnis entkommen,
bar jeder lllusion, verweist seine Arbeit, im Sinne
eines Zeichens, auf sich selber; auf die Reihe der
einzelnen Objekte, die „Serie``, auf den räumli-
chen Kontext als Teil ihres materiellen Seins
selbst. Beim Rezipienten wird das Körpergefühl
mittels der Materialität des Zeichens aktiviert,
aber auch die Einstellung des Rezipienten dem
Objekt/Zeichen gegenüber mitthematisiert. Das
Zeichen wird in seiner Seinsweise, als Zeichen,
zur Erscheinung gebracht. Form und Struktur des
Zeichens werden erhalten, doch es hat kein tradi-
tionelles Signifikat (Inhalt) mehr. Es verweist
nicht, es zeigt. Es geht um das visuelle Ereignis4,
um das „Zugleich`` des „Sich-ein-lassens" auf „et-
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-]nv Jep X!]*9ie!G `OuopV .M iopo3u| Pun Jou!9q]JOH Xt!N -i8^ c
•t?t!^!Xaüeio]nv SH3 .e .n Heu3S]08 euos!l9q}S? 9!P iuiu!isoq o®E[
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sep Jpi ]s[ `s!u}utieHJH Joiie sunzi3ssmJOA pun
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stzp uin iug8 sH .98t?ipunJssueqe'i euesie eigsun
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