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Transidentität in Jugend und Adoleszenz: Zur Veränderung der Sexratio und der Prävalenz in den letzten eineinhalb Jahrzehnten: Eine Auswertung von 1434 Gutachten nach dem Transsexuellengesetz (TSG)

Authors:

Abstract

Zusammenfassung. Die Auswertung von 1434 Gutachten (darunter 420 unter 20-jährige Begutachtete) zur Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG) aus den Jahren 2005 bis 2019 zeigt im Untersuchungszeitraum (1) bei Jugendlichen und Adoleszenten eine erhebliche Veränderung der Sexratio zugunsten transidenter Jungen/junger Männer (geburtsgeschlechtlicher Mädchen/Frauen) von 2:1 auf 10:1; (2) bezogen auf die Population aller Begutachteten eine deutliche Zunahme der Prävalenz jugendlicher/adoleszenter Transmänner (geburtsgeschlechtlicher Frauen), wohingegen die Prävalenz der Transfrauen (geburtsgeschlechtlicher Männer), die den juristischen Geschlechtswechsel noch als „Teenager“ vollziehen, im Untersuchungszeitraum praktisch unverändert bleibt. Transidentität im Jugendalter kommt nach unseren Daten heute vor allem bei den als Mädchen Geborenen vor, sie ist ein extrem geschlechtsabhängiges Merkmal. Klinische und soziokulturelle Aspekte dieser Veränderungen werden diskutiert.
Bernd Meyenburg, Karin Renter-Schmidt und Gunter Schmidt
Transidentität in Jugend und Adoleszenz: Zur Veränderung der Sexratio
und der Prävalenz in den letzten eineinhalb Jahrzehnten
Eine Auswertung von 1434 Gutachten nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
Dr. med. Bernd Meyenburg, ehem. Wiss. Mitarb. Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie des Kindes und Jugendalters, Universitätsklinikum Frankfurt a. M.
(Direktorin: Prof. Dr. C. Freitag) (Bernd.Meyenburg@kgu.de)
Dr. med. Karin Renter-Schmidt, Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in eigener Praxis,
Hamburg (praxis@renter-schmidt.de)
Prof. a. D. Dr. phil. Gunter Schmidt, ehemals Institut für Sexualforschung und Forensische
Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg – Eppendorf (schmidt.gunter@superkabel.de)
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Bernd Meyenburg, Karin Renter-Schmidt und Gunter Schmidt
Transidentität in Jugend und Adoleszenz: Zur Veränderung der Sexratio
und der Prävalenz in den letzten eineinhalb Jahrzehnten
Eine Auswertung von 1434 Gutachten nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
Changed sex ratio and prevalence in transgender teenagers during the past 15
years
Evaluation of 1434 expert opinions on applicants for legal change of name and gender
Bernd Meyenburg, Karin Renter-Schmidt und Gunter Schmidt
Zusammenfassung. Die Auswertung von 1434 Gutachten (darunter 420 unter 20-jährige
Begutachtete) zur Vornamens- und Personenstandsänderung nach TSG aus den Jahren 2005
bis 2019 zeigt im Untersuchungszeitraum: (1) bei Jugendlichen und Adoleszenten eine
erhebliche Veränderung der Sexratio zu Gunsten transidenter Jungen/ junger Männer
(geburtsgeschlechtlicher Mädchen/ Frauen) von 2:1 auf 10:1; (2) bezogen auf die Population
aller Begutachteten eine deutliche Zunahme der Prävalenz jugendlicher/ adoleszenter
Transmänner (geburtsgeschlechtlicher Frauen), wohingegen die Prävalenz der Transfrauen
(geburtsgeschlechtlicher Männer), die den juristischen Geschlechtswechsel noch als
„Teenager“ vollziehen, im Untersuchungszeitraum praktisch unverändert bleibt. Transidentität
im Jugendalter kommt nach unseren Daten heute vor allem bei den als Mädchen Geborenen
vor, sie ist ein extrem geschlechtsabhängiges Merkmal. Klinische und soziokulturelle Aspekte
dieser Veränderungen werden diskutiert.
Schlüsselwörter: Transidentität, Transsexuellengesetz (TSG), juristischer
Geschlechtswechsel, Sex Ratio, Prävalenz transidenter Jugendlicher und Adoleszenter,
sozialer Wandel und Trans
Abstract. Evaluation of authors' 1434 expert opinions from 2005 – 2019 on transgender
applicants (420 younger than 20 years old) for legal change of name and gender according to
German “Law on Transsexuality" showed: (1) in teenage applicants substantial changes of sex
ratio from 2:1 to 10:1 in favour of transmales; (2) while prevalence of teenage transfemales
during this period remained unchanged, prevalence of transmales rose significantly.
According to our data, transgender teenagers are nowadays primarily natal females. Clinical
and sociocultural aspects of these changes are discussed.
Keywords: Transgender, legal change of name and gender, sex ratio in transgender teenagers,
prevalence of transgender teenagers, social changes and transgenderism
Einleitung
Die innere Gewissheit, nicht dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht, sondern dem anderen
Geschlecht anzugehören, wird als Transidentität (früher Transsexualität) bezeichnet. Ein
anhaltendes und starkes Unbehagen und Leiden am eigenen biologischen Geschlecht wird
heute als Geschlechtsdysphorie (gender dysphoria) bezeichnet; dieser Begriff wird auch im
3
Klassifikationssystem DSM-5 der American Psychiatric Association (APA, 2013) verwendet.
Die Weltgesundheitsorganisation führte in ihrem neuen Klassifikationssystem für Krankheiten
ICD-11 (WHO, 2018) den Begriff Geschlechtsinkongruenz (gender incongruence) ein.
Geburtsgeschlechtliche Mädchen und Frauen, die sich als dem männlichen Geschlecht
zugehörig empfinden, bezeichnen wir als Transjungen bzw. als Transmänner,
geburtsgeschlechtliche Jungen und Männer, die sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig
empfinden, als Transmädchen bzw. als Transfrauen.
In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Anzahl transidenter Kinder und Jugendlicher, die in
hierauf spezialisierten Sprechstunden vorgestellt wurden, stark gestiegen (vgl. u. a. Gilligan,
2018; Wiepjes et al., 2018). Nichtklinische Untersuchungen von Jugendlichen oder Eltern
zeigen einen Anteil von etwa 1 bis knapp 3 % von Schüler*innen, die sich selbst als
„transgender and gender-nonconforming" bezeichneten oder so eingeschätzt wurden (vgl.
zusammenfassend Meyenburg, 2020: 47 - 49). Diese hohen Prävalenzraten sind wohl so
einzuschätzen, dass viele Schüler*innen aufgrund ihres jungen Alters noch unsicher
hinsichtlich ihres Geschlechtsempfindens waren, oder aber sich als gender-nonbinär
einschätzten, und somit ein breiteres Spektrum des Geschlechtsempfindens abbilden.
In einer Analyse der in den vorliegenden Studien angegebenen Prävalenzraten und weiterer
Felddaten kommen Olyslager und Conway (2007) zu einer Mindestprävalenzrate transidenter
Menschen von 1:500 in allen Altersgruppen; das ist eine wesentlich höhere Zahl als zuvor
geschätzt wurde. Nach diesen Berechnungen gäbe es in Deutschland mindestens 160 000
transidente Menschen, eine Zahl, die realitätsangemessen erscheint. Hochgerechnet auf unter
18-Jährige, die nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2018 etwa 16,6% der
Bevölkerung ausmachen, gäbe es in dieser Altersgruppe etwa 26 500 Transidente.
Sicher nachweisbar ist eine weltweit stark ansteigende Zahl behandlungssuchender
transidenter Menschen. Dies spiegelt sich in den deutlich höheren Prävalenzraten im
Vergleich zu Schätzungen in früheren Jahrzehnten wider (vgl. Meyenburg, 2020; Strittmatter
und Holtmann, 2020). In früheren Jahren wagten es Betroffene oft nicht, professionelle Hilfe
zu suchen, diese war zudem nicht hinreichend vorhanden. Die zunehmende Präsenz der
Thematik in den Medien und im Internet hat sicherlich dazu geführt, dass viele Betroffene
heute ihr Problem offenlegen und nach Hilfe suchen.
Der Altersgipfel bei Behandlung suchenden Transkindern, Transjugendlichen und
Transadoleszenten liegt zwischen 15 und 19 Jahren. Dies ist bedingt durch das Leiden an den
pubertären Veränderungen. Transjungen suchen nur selten vor Pubertätseintritt eine
Behandlung, da sie oftmals zuvor problemlos als burschikose Mädchen leben können und
trotz ihres jungenhaften Auftretens keine Ablehnung erfahren. Transmädchen werden
hingegen früher auffällig und werden daher häufiger als Transjungen schon im Kindesalter
vorgestellt. Die Geschlechtsverteilung transidenter Jugendlicher und Adoleszenter hat sich in
den letzten 20 Jahren weltweit stark verändert. Während zuvor in der Mehrzahl Transmädchen
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in Spezialsprechstunden für Jugendliche vorgestellt wurden, dominieren heute Transjungen
(vgl. Aitken et al., 2015; Zucker und Aitken, 2019). Auch in den deutschen Gender-Kliniken
für Kinder und Jugendliche in Frankfurt, Hamburg, Jena, Münster und München werden heute
in auffallend hoher Zahl mehr Transjungen als Transmädchen vorgestellt (vgl. Meyenburg,
2020).
In der vorliegenden Studie werden 1434 Gutachten aus den Jahren 2005 bis 2019 ausgewertet,
die die Autor*innen zu Anträgen von Transfrauen und Transmännern im Alter von 9 bis 59
Jahren auf Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
erstellten. In diesen Gutachten soll festgestellt werden, ob sich die Antragsteller*innen seit
mindestens drei Jahren dem Gegengeschlecht als zugehörig empfinden und ob dieses
Zugehörigkeitsempfinden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird. Die
Auswertung der Daten erfolgte unter der Fragestellung, ob sich auch in dieser Stichprobe die
oben beschriebenen Entwicklungen zeigen, denen zufolge (1) Transidentität im Jugendalter in
den letzten Jahren erheblich zugenommen hat und (2) diese Zunahme vor allem bei den
geburtsgeschlechtlichen Mädchen, also den Transmännern, zu beobachten ist. Die Stichprobe
ist im strengen Sinne nicht repräsentativ für Deutschland, da die in Hamburg und Frankfurt
am Main tätigen Autorin und Autoren vorwiegend Gutachtenaufträge von Amtsgerichten in
Nordwestdeutschland bzw. in Südwestdeutschland erhielten, und weil in diese Studie die
Daten von nur 3 Gutachtenden eingehen. Das Besondere unserer Stichprobe liegt darin, dass
wir Jugendliche untersuchen, die nicht am Anfang einer möglichen Transentwicklung stehen,
sondern sich schon länger (auch psychotherapeutisch) mit Transgender und Transition
auseinandergesetzt haben, schon in allen Belangen offen im Wunschgeschlecht leben und mit
der Körperangleichung (gegengeschlechtliche Hormonbehandlung) begonnen haben.
Weiterhin sind die hier untersuchten Jugendlichen und Adoleszenten mit großer Sicherheit
persistierend transident, denn von den Gutachter*innen ist festgestellt worden, dass es sich
mit hoher Wahrscheinlichkeit um nicht umkehrbare Verläufe handelt.
Stichproben und Methodik
Die Datenbasis unserer Studie bilden 1434 Gutachten zur Vornamens- bzw. (ab 2011) zur
Vornamens- plus Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG), die Autorin
und Autoren im 15-Jahreszeitraum von 2005 bis 2019 für 420 jugendliche und adoleszente
(unter 20-Jährige) und 1014 erwachsene (20- bis 60-Jährige) Antragsteller*innen erstellt
haben (Tab. 1). Die Daten der Gutachten wurden posthoc oder unmittelbar nach der
Begutachtung anhand eines kurzen Dokumentationsbogens anonymisiert vercodet. Erhoben
wurden: Formale Daten zur Begutachtung (Jahr der Begutachtung, beauftragendes Gericht),
demografische Daten der Antragsteller*innen (u. a. Geburtsgeschlecht, Geburtsjahr, Alter,
Schulbildung), Transformationsstatus zum Zeitpunkt der Begutachtung (Comingout,
körperangleichende Maßnahmen) und die Gutachterempfehlung.
Stichprobe transidenter Jugendlicher und Adoleszenter (n=420). Im Zentrum dieser Studie
steht die Stichprobe der transidenten Jugendlichen und Adoleszenten. Eine knappe Hälfte der
Jugendlichen/ Adoleszenten wurden vom Frankfurter Kollegen (BM), etwas mehr als die
Hälfte von der/dem Hamburger Kollegen*in (KRS, GS) erstellt. Die Einzugsgebiete der
beiden Gutachterstandorte unterscheiden sich selbstredend stark: Die in Hamburg
5
Begutachteten kommen zu über 90% aus nordwestdeutschen Bundesländern (Schleswig-
Holstein, Hamburg, Niedersachsen), die in Frankfurt Begutachteten zu fast 90% aus west- und
süddeutschen Bundesländern (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-
Württemberg, Bayern). Tabelle 2 beschreibt Hintergrunddaten der Jugendlichen und
Adoleszenten. Zu erwähnen ist, dass unter den Begutachteten 12 (3%) Kinder (unter 14-
Jährige) und jeweils eine (knappe) Hälfte Jugendliche (14- bis17-Jährige) bzw. Adoleszente
(18- bis 19-Jährige) sind. Die überwiegende Mehrheit der begutachteten Jugendlichen und
Adoleszenten sind transmännlich, auf diese schiefe Geschlechtsverteilung kommen wir unten
ausführlich zurück. Ein Fünftel besucht oder besuchte die Hauptschule, jeweils zwei Fünftel
haben den Realschulabschluss bzw. das Fachabitur/Abitur oder streben diese Abschlüsse an.
Dies entspricht in etwa der Verteilung in der Population heutiger Jugendlicher, eine
Korrelation des Vorkommens von Transidentität in Jugend/Adoleszenz und Bildungsschicht
ist nicht erkennbar. Bezogen auf ihr gewünschtes Geschlecht bezeichnet sich eine deutliche
Mehrheit, nämlich 70%, als heterosexuell, knapp 20% als homosexuell oder geschlechtsoffen,
gut ein Zehntel ist sich noch unklar über die sexuelle Präferenz.
Stichprobe transidenter Erwachsener (n=1014). Die Daten der erwachsenen Begutachteten
werden bei besonderen Fragestellungen zum Vergleich herangezogen. Zur Stichprobe der
transidenten Erwachsenen soll hier lediglich angemerkt werden, dass eine knappe Hälfte 20 -
29 Jahre, und jeweils etwa ein Viertel 30 - 39 bzw. 40 - 59 Jahre alt ist. Die
Geschlechterrelation ist in dieser Gruppe ausgeglichen.
Ergebnisse
Coming out- und Behandlungsstatus zum Zeitpunkt der Begutachtung
Jugendliche und Adoleszente, die Vornamens- und Personenstandsänderung nach TSG
beantragen (sog. „juristisches Coming out“), haben weder einen „rapid onset“ noch ein
„sudden outcome“ wie neuerdings häufig diskutiert wird (Littmann, 2018; zur Kritik vgl.
Zucker, 2019); sie setzen sich vielmehr seit längerem mit ihrer Transidentität auseinander und
haben bereits eine beträchtlicher Strecke der sozialen und körperlichen Transition hinter sich
(Tab. 3). Drei Viertel haben bisher 20 – 50 Psychotherapiesitzungen wahrgenommen; fast alle
leben in allen Lebensbereichen offen im empfundenen Geschlecht und mit gewünschtem
Vornamen (70 % mehr als 1 Jahr); 70% werden schon mit gegengeschlechtlichen Hormonen
behandelt (50% der Proband*innen wurden jemals pubertätshemmend behandelt);
weitergehende körperangleichende Maßnahmen (Oberkörperangleichung;
Genitalangleichung) sind nur bei einigen wenigen erfolgt. Die Daten für Jugendliche und
Adoleszente, für Transmänner und Transfrauen, sowie für in Hamburg und in Frankfurt a. M.
Begutachtete (norddeutsches vs. west- und süddeutsches Einzugsgebiet) unterscheiden sich
hinsichtlich des Verlaufs des Transitionsprozesses nur geringfügig (Tab. 3). Daraus lässt sich
schließen, dass der Transitionsprozess der verschiedenen Transgruppen einem informellen
einheitlichen Regime folgt, das man so zusammenfassen kann: Nach dem abgeschlossenen
6
sozialen Geschlechtswechsel (Outing in allen Bereichen des sozialen Lebens) und im engen
zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung
erfolgt der juristische Geschlechtswechsel; chirurgische körperangleichende Maßnahmen
finden vor dem juristischen Geschlechtswechsel nur sehr selten statt. Der Transitionsprozess
bis zum juristischen Geschlechtswechsel wird fast immer, zumindest mittelfrequent,
psychotherapeutisch begleitet.
Lediglich 3 der 420 Anträge auf Vornamens- und Personenstandsänderung wurden von den
Gutachtenden nicht befürwortet (3 Transmädchen, eine 9- und zwei 17-jährig). Die hohe
Zustimmungsquote entspricht derjenigen, die wir in einer früheren Untersuchung in einer
Stichprobe überwiegend erwachsener Transidenter (Meyenburg et al., 2015) gefunden haben.
Schon damals haben wir dafür plädiert, aus dieser hohen Zustimmungsrate Konsequenzen für
die Begutachtungen im Rahmen der Verfahren nach TSG zu ziehen (a. a. O., S. 118 ff.
Veränderungen der Sexratio bei transidenten Jugendlichen und Adoleszenten
Von den 420 untersuchten jungen Transidenten sind 86 (20%) transweiblich (MzF) und 334
(80%) transmännlich (FzM), die Sexratio MzF: FzM beträgt in der Gesamtstichprobe 1:4 (vgl.
Tab. 2 und Tab. 4). Im Untersuchungszeitraum, also in den letzten 15 Jahren, nimmt der
Anteil junger Transmänner überproportional zu, wodurch sich die Sexratio von etwa 1:2 für
die Erhebungsjahre 2005 – 2013 auf 1:10 für die Erhebungsjahre 2018 und 2019 verändert
(Tab. 4). Transidentität in Jugend und Adoleszenz ist heute also vor allem ein Phänomen bei
den als Mädchen Geborenen. Diese schiefe Geschlechtsverteilung ist jugendtypisch: Nach den
Daten unserer Erwachsenenstichprobe (Tab. 5) nimmt der Anteil der Transmänner bei den
erwachsenen Antragsteller*innen mit dem Alter deutlich ab; bei denen, die ihr (juristisches)
Coming out erst im höheren Erwachsenenalter haben (40 – 59-Jährige), dominieren
schließlich eindeutig Transfrauen. Eine für alle Transgruppen gültige Sexratio gibt es nicht,
diese variiert mit dem Alter und - wie die Geschlechtsverteilung im Untersuchungszeitraum
bei den Jugendlichen zeigt – mit den Zeitumständen.
Veränderungen des Anteils jugendlicher und adoleszenter Transidenter in der
Transpopulation
Tabelle 6 zeigt, wie sich der Anteil (die Prävalenz) junger Transfrauen bzw. junger
Transmänner in der Stichprobe Transidenter aller Altersgruppen, die im
Untersuchungszeitraum einen Antrag nach TSG stellten, verändert hat. Der Anteil der
transweiblichen Jugendlichen/Adoleszenten von allen Begutachteten ist mit 2 - 4% in den
letzten 15 Jahren gleich niedrig geblieben; der Anteil der jungen Transmänner ist hingegen
signifikant und deutlich gestiegen, er hat sich von 9% auf 28% etwa verdreifacht. Diese
Zahlen beziehen sich auf die Transidentenpopulation (die das TSG in Anspruch nimmt). Sie
dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Prävalenz junger Transmänner bezogen auf die
gesamte Gruppe der als Mädchen geborenen Jugendlichen und Adoleszenten zwar deutliche
7
Veränderungen aufweist, die aber auf niedrigem Niveau (im unteren einstelligen
Promillebereich) bleiben (vgl. S. xx).
Fazit
Unsere Daten über das Alter beim juristischen Coming out zeigen in den letzten 10 – 15
Jahren eine deutlich zunehmende Anzahl jugendlicher und adoleszenter Transmänner. Die
Zunahme von jugendlichen und adoleszenten Transfrauen ist demgegenüber gering.
Transidentität im Jugendalter kommt nach unseren Daten heute vor allem bei den als
Mädchen Geborenen vor, sie ist, mit anderen Worten, ein extrem gegendertes Merkmal.
Die beschrieben Tendenzen sind in der Fachwelt (vgl. u. a. Aitken et al., 2018; Littmann,
2018; Zucker, 2017, 2019; Zucker und Aitken, 2019) sowie in Aktivisten- und
Betroffenengruppen allgemein bekannt, sie werden in diesem Bericht nur noch einmal für
eine Passage des Transitionsprozesses, nämlich den juristischen Geschlechtswechsel,
exemplifiziert.
Zur Diskussion
Zwei Narrative
In der Diskussion über die Zunahme transidenter Jugendlicher/ Adoleszenter kommt es zu
heftigen gesellschaftlichen und fachlichen Auseinandersetzungen, in denen zwei kontroverse
Narrative aufeinandertreffen, die man „Befreiungsnarrativ“ bzw. „Verführungsnarrativ“
nennen und zugespitzt so beschreiben könnte:
Dem „Befreiungsnarrativ“ (es findet sich vor allem bei Aktivisten, Betroffenen sowie bei
manchen Genderforscher*innen und Kliniker*innen, exemplarisch bei Temple-Newhook et
al., 2018) zufolge können die „im falschen Körper gefangenen männlichen bzw. weiblichen
Seelen“ dank der Sichtbarkeit von Trans-Lebensformen in der virtuellen und realen
Öffentlichkeit, dank der Aufklärung in den Medien, im Netz oder durch Transgruppen und
dank der gegenüber Vielfalt offenen und genderpermissiven Gesellschaft (präsentiert durch
Peergruppe, Familie, Schul- bzw. Arbeitsumfeld und medizinisch-psychotherapeutischem
Komplex) früh und ohne allzu großes Leiden (Stigmatisierung, Pathologisierung) aus dem
falschen Leben „befreit“ werden.
Das „Verführungsnarrativ“ (es findet sich bei Genderforscher*innnen und bei
Kliniker*innen, von Psychiater*innen, Psychotherapeut*innen bis hin zu feministischen
Psychoanalytiker*innen (exemplarisch bei Ponseti und Stirn, 2019) geht davon aus, dass pro-
trans Aufklärung, Agitation und Versprechen im Netz oder in Transgruppen Jugendliche in der
Pubertät dazu verleiten, komplexe und gravierende psychische Probleme und Krisen, z. B. im
Hinblick auf Körperakzeptanz und Identität, mit Geschlechtswechsel ebenso radikal wie
illusionär zu lösen versuchen. Diese dystopische Auffassung geht davon aus, dass später
zahlreiche Rückwandler vor den irreversiblen Folgen der Körperangleichung stehen werden.
8
Die hier idealtypisch zugespitzt beschriebenen Narrative sind in ihrer reinen Form uniform,
militant und ideologisch. Beide können den multiplen Faktoren - gesellschaftlich,
psycho(patho)logisch, biologisch - und der sich daraus ergebenden großen Diversität von
transgender Entwicklungen und Verläufen nicht gerecht werden. Bei trans-erfahrenen
Kliniker*innen kommen die Narrative deshalb vermutlich vor allem in vermischter Form,
koexistent und gemäßigt vor (exemplarisch Zucker, 2019). Nur dann können die
Behandelnden beides: Die Erleichterung von transgender Jugendlichen über die Möglichkeit
einer frühen Transition nachvollziehen und beunruhigt und irritiert sein angesichts der in
kurzer Zeit stark gewachsenen Zahl gebürtiger Mädchen, die noch im Jugendalter junge
Männer werden wollen.
Die Frage, welche Ursachen es für das Gendering jugendlicher Transidentität in
postfeministischen westlichen Gesellschaften gibt, wird von beiden Narrativen nicht erklärt.
Einen Denkansatz böte die Tatsache, dass die Pubertät bei Mädchen früher einsetzt und
körperlich wie sozial genderkonfrontativer und gendermarkanter ist als bei Jungen, und dass
deshalb die Auseinandersetzung mit einem Geschlechtsidentitätskonflikt/einer
Transgenderkondition bei den gebürtigen Mädchen früher aktualisiert wird als bei den
gebürtigen Jungen. Doch diese Überlegung ist allenfalls partiell gültig, da sich die Sexratio in
der Transpopulation generell verändert hat: heute überwiegen deutlich die Transmänner,
wohingegen in den 1970er bis in die Nullerjahre dieses Jahrhunderts hinein die Transfrauen
deutlich überwogen (vgl. u. a. Garrels et al., 2000; Meyenburg et al., 2015).
Zudem erklärt sich hieraus nicht die extreme Zunahme von jugendlichen
geburtsgeschlechtlichen Mädchen, die in vielen Ländern (zumindest in Europa und
Nordamerika) beobachtet wird. Eine mögliche Erklärung hierfür wären biologische Faktoren.
Bekannt und vielfach untersucht wurden vor allem Töchter von Frauen mit einem
adrenogenitalen Syndrom (congenital adrenal hyperplasia, CAH), bei dem vermehrt
Androgene gebildet werden. Untersuchungen dieser Töchter zeigten eine deutlich höhere Rate
geschlechtsvarianter Entwicklungen im Vergleich zu Prävalenzraten transidenter
Entwicklungen in der Gesamtbevölkerung (Überblick bei Rosenthal, 2014). Abweichende
pränatale Geschlechtshormonwirkungen werden insgesamt häufiger bei
geburtsgeschlechtlichen Mädchen als bei Jungen beschrieben. Dieses könnte eine mögliche
Ursache der Zunahme der Zahl jugendlicher Transjungen sein, die nun durch die heute
wesentlich leichtere Möglichkeit einer geschlechtsangleichenden Behandlung diese anstreben
und durchführen können ("Befreiungsnarrativ").
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Where are all the tomboys gone?
War diesen geburtsgeschlechtlichen Mädchen in der Vergangenheit eine
geschlechtsangleichende Behandlung nicht möglich, so blieb nur der Weg, als sehr maskulin
auftretendes Mädchen bzw. Frau zu leben, als "Tomboy" oder als "butch". Schon seit 20
Jahren diskutieren Gender- und Queerforscher*innen, dass die „kerlige Lesbe“, die „butch“
als weibliche Identitätsform zu Gunsten der Transmänner „verschwindet“ (u. a. Moody,
2011). „Trans as the new tomboy?“ fragen Zucker und Aitken (2019).
Festzustellen ist jedoch, dass solche Überlegungen vorläufig und spekulativ sind. Am
wahrscheinlichsten führt der Weg zu einem transidenten Empfinden und zu der auch in dieser
Untersuchung gefundenen Zunahme von Transjungen über ein Zusammenwirken
biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren. Zucker (2019: 1983), einer der weltweit
führenden Forscher auf dem Gebiet transidenter Entwicklungen im Kindes- und Jugendalter,
fasst den Stand der Diskussion über die zunehmende Zahl der transmännlichen Jugendlichen
so zusammen: Was hier gerade geschieht, wird noch nicht verstanden.
Binär und nonbinär
Die in dieser Arbeit präsentierten Daten aus Gutachten nach dem TSG beziehen sich nur auf
jugendliche und adoleszente Transidente, die ihren Personenstand ändern, also eindeutig
(„binär“) dem anderen als dem Geburtsgeschlecht angehören wollen. Bei den jungen
Transmännern unserer Stichprobe ist in der Tat ein ausgeprägtes binäres Verständnis von
Mann-/Frausein verbreitet. Eine „queere“ Identität als Transmann, bi-gender, ambigender etc.
lehnen sie ab, sie wollen „cis“ sein. Sie wollen die Kategorie „Transmann“ nicht auf sich
beziehen, allenfalls verstehen sie sich als Männer mit besonderer (trans) Vorgeschichte, sie
wünschen nach der Transition ein unauffälliger Cismann zu sein. Transmann zu sein ist (für
die Mehrheit) kein bisschen „nonbinär“. Fragt man sie, wie sie sich entscheiden würden,
wenn das Personenstandsrecht neben „männlich“ und „weiblich“ Kategorien wie „divers“,
„beides“, „fluid“, „nongender“ usw. zuließe, ist die klare Antwort „männlich“. Eine Zunahme
nonbinärer transidenter Erscheinungsformen kann offenbar nicht die Ursache für die
beschriebene zunehmende Anzahl junger Transmänner sein. Die binäre Eindeutigkeit des
Transmannseins und die Verleugnung des Illusionären dieses Empowerments (solange man
sich mit den Grenzen des Möglichen nicht auseinandergesetzt hat) sind auffällig. Die
Begeisterung mancher Transforscher und Transaktivisten über die Zunahme nonbinärer
Transformen erscheint uns mehr (queer)normativ als faktenbasiert zu sein. Es ist allerdings
nicht auszuschließen, dass das TSG mit seiner strikt binären Vorgabe die Entwicklung strikt
binärer Haltungen bei den Inanspruchnehmer*innen befördert und damit eine Neigung für
diversifizierten Lösungen (im Hinblick auf Identität und körperangleichende Maßnahmen)
verhindert. Dies wäre ein weiteres Argument für die Abschaffung des Gesetzes in seiner
jetzigen Form, wie wir sie in einer früheren Arbeit vorgeschlagen haben (vgl. Meyenburg u.
a., 2015: 118 ff).
10
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11
Tabellen
Tabelle 1. Übersicht über die Stichproben
Erhebungsort
Jugendliche und Adoleszente
(13 – 19 Jahre)
Erwachsene
(20 – 60 Jahre)
Hamburg A n = 239 B n = 1014
Frankfurt a. M. C n = 181 entfällt
A + C: Stichprobe „Jugendliche und adoleszente Begutachtete“ (Hamburg und Frankfurt a.M.), n=420
B: Stichprobe „Erwachsene Begutachtete“ (Hamburg), n=1014
A + B: Stichprobe „Begutachtete aller Altersgruppen“ (Hamburg), n=1253
A + B + C: „Gesamtstichprobe der Begutachteten“, n=1434
12
Tabelle 2. Hintergrunddaten transidenter Jugendlicher und Adoleszenter (n= 420)
Merkmal Anzahl (%)
Geschlecht
Transfrauen (MzF)
Transmänner (FzM)
86 (20%)
334 (80%)
Geburtsjahr
1980er
1990er
2000er
11 ( 3%)
272 (65%)
137 (33%)
Alter bei Begutachtung
Kinder (9 – 13 Jahre)*
Jugendliche (14 – 17 Jahre)
Adoleszente (18 – 19 Jahre)
12 ( 3%)
211 (50%)
197 (47%)
Schulbesuch
Hauptschule oder weniger
Realschule/ Gesamtschule
Gymnasium/ gymnasialer Zweig
80 (19%)
164 (39%)
176 (42%)
Sexuelle Orientierung**
heterosexuell
homosexuell
geschlechtsoffen (bi-, pansexuell)
noch unklar
290 (70%)
38 ( 9%)
36 ( 9%)
52 (12%)
Jahr der Begutachtung***
2005 – 2013
2014 – 2015
2016 – 2017
2018 – 2019
109 (26%)
82 (20%)
97 (23%)
132 (31%)
Ort der Begutachtung
Frankfurt a. M. (BM)
Hamburg (KRS, GS)
181 (43%)
239 (57%)
* davon sechs 9- bis 10-Jährige und sechs 12- bis 13-Jährige
** bezogen auf das empfundene Geschlecht
*** Die Zunahme der Fälle im Untersuchungszeitraum von durchschnittlich etwa 10 (2005 – 2013) auf etwa 65
(2018 – 2019) im Jahr ist nicht ausschließlich auf die Zunahme jugendlicher Antragsteller*innen
zurückzuführen, sondern auch auf eine höhere Bereitschaft der Gutachter*innen, Aufträge zu übernehmen.
13
Tabelle 3. Behandlungs- und Comingout Status transidenter Jugendlicher und Adoleszenter bei der Begutachtung
und Gutachtenergebnis (n=420)*
Gesamt
(n=420)
17 Jahre 18 – 19
und jünger Jahre
(n=223) (n=197) Sign.
Psychotherapie 20 Stunden und mehr
... davon mehr als 50 Stunden
Lebt in allen Lebensbereichen im
Wunschgeschlecht
,,, davon mehr als 1 Jahr
Nimmt schon gegengeschlechtliche Hormone**
... davon mehr als 1 Jahr
Brustkorrigierende Eingriffe schon erfolgt
Genitalkorrigierende Eingriffe schon erfolgt
75%
14%
97%
71%
69%
28%
5%
<1%
81% 68% .003
12% 16% ns
98% 96% ns
72% 70% ns
66% 73% ns
22% 35% .003
3% 7% .10
1% 0% --
Gutachtenantrag befürwortet 99,3% 98,7% 100 % --
Signifikanz nach chi-Quadrat
* Die Tabelle schlüsselt die Daten nur nach Altersgruppen auf. Die Unterschiede zwischen transmännlichen und
transweiblichen Antragsteller*innen sind allesamt ns; Unterschiede zwischen Antragsteller*innen, die in
Hamburg bzw. Frankfurt begutachtet wurden: längere Psychotherapiezeiten bei den in Frankfurt Begutachteten
(p<.001), alle anderen Merkmale ns.
** 50% der Antragsteller*innen wurden jemals pubertätshemmend behandelt.
14
Tabelle 4. Anteil der Transfrauen (MzF) und Transmänner (FzM) bei jugendlichen und adoleszenten
Begutachteten, nach Jahr der Begutachtung (n=420)
Gesamt
(n=420)
Jahr der Begutachtung
2005-13 2014-15 2016-17 2018-2019
(n=109) (n=82) (n=97) (n=132)
Transfrauen (MzF)
Transmänner (FzM)
20%
80%
34% 22% 20% 9%
66% 78% 80% 91%
Signifikanz der Unterschiede in der Geschlechtsverteilung zwischen den Jahrgangsgruppen, nach chi-Quadrat:
p<.001
15
Tabelle 5 Anteil der Transfrauen (MzF) und Transmänner (FzM), nach Alter bei der Begutachtung
Jugendliche und Adoleszente*
13-17 Jahre 18-19 Jahre
(n=223) (n=197)
Erwachsene**
20-29 Jahre 30-39 Jahre 40-59Jahre
(n=461) (n=246) (n=307)
Transfrauen (MzF)
Transmänner (FzM)
22% 19%
78% 81%
34% 46% 74%
66% 54% 26%
* Stichprobe: Jugendliche und adoleszente Begutachtete, Hamburg und Frankfurt (n=420), vgl. Tab. 1
** Stichprobe: Erwachsene Begutachtete, Hamburg (n=1014), vgl. Tab. 1
Signifikanz der Unterschiede in der Geschlechtsverteilung zwischen den Altersgruppen, nach chi-Quadrat:
p<.001
16
Tabelle 6. Anteil der Transfrauen (MzF) und Transmänner (FzM) bei jugendlichen/ adoleszenten (19 Jahre und
jünger) und erwachsenen (20 – 59 Jahre alt) Begutachteten, nach Jahr der Begutachtung*
Jahr der Begutachtung
2005-13 2014-15 2016-17 2019-2019
(n=461) (n=253) (n=283) (n=256)
Transfrauen (MzF), 19 Jahre und jünger
Transmänner (FzM), 19 Jahre und jünger
Transfrauen (MzF), 20 – 59 Jahre
Transmänner (FzM), 20 – 59 Jahre
2% 4% 4% 2%
9% 16% 18% 28%
48% 35% 36% 33%
41% 45% 42% 37%
* Stichprobe: Begutachtete aller Altersgruppen, Hamburg (n=1253), vgl. Tab. 1
Signifikanz der Unterschiede des Anteils jugendlicher/ adoleszenter Transfrauen, nach Jahr der Begutachtung,
nach chi-Quadrat: ns
Signifikanz der Unterschiede des Anteils jugendlicher/ adoleszenter Transmänner, nach Jahr der Begutachtung,
nach chi-Quadrat: p<.001
17
Originalitätserklärung
Die Daten aus den Erhebungsjahren 2005 bis 2014 waren Teil einer Arbeit zur Kritik des
Transsexuellengesetzes in seiner jetzigen Form (Meyenburg et al., 2015). Eine Auswertung
der im gesamten Erhebungszeitraum (2005 bis 2019) erhobenen Daten unter
epidemiologischer Fragestellung, wie sie in dieser Arbeit vorgenommen wird, ist bis jetzt
nicht erfolgt.
... Another future direction is to move beyond the regular categorization of potential versus employed people to investigate what signals and activities might attract other meaningful groups and labor demographics such as transgender, non-binary talent, or individuals with special conditions like ADHD, dyslexia. The past 15 years have witnessed major changes in sex ratio, prevalence of transgender teenagers (Meyenburg et al., 2020) and increase in ADHD cases (Brown & Corner, 2022). Hence, modern employers have to prepare well in advance to attract and include these growing demographic groups. ...
Thesis
In today’s age of increased competition, a strong employer brand is critical to attract and retain talented people. To understand the organization’s employer brand and learn about its impact, prior research has mostly taken a content-oriented approach. This means that most prior studies have operationalized employer brand or image as a combination of instrumental (e.g., salary, job security) and symbolic attributes (e.g., sincerity, competence) and examined which of these predict the various reactions directed towards the employer, such as employer attractiveness, organizational attachment, employee ambassadorship. As a result, the employer branding strategies of most organizations revolve around employer brand content and tend to promote attributes that are relatively similar and common among organizations and industries. However, we believe that apart from content attributes, there could be other characteristics or contextual factors that might impact an organization’s evaluation as an employer. Especially, considering the present fast-paced communication, one might not solely rely on attributes like pay, working conditions to assess an employer. Hence, the purpose of this dissertation is to look beyond the content of employer brand and explore other interesting phenomena (spillovers) and employer-related features (process attributes) that could impact employer impressions and reactions. Specifically, the dissertation examines 1) the spillover effects of organizational crisis response and other organizational images, and 2) the role and added value of employer brand process attributes versus content attributes, via three empirical chapters. The first empirical chapter addresses the first research theme and examines the role of organizational crisis (COVID-19) response to understand employer attractiveness. Using signaling theory and employer brand personality literature, it tests whether providing a COVID-19 response and signaling it in terms of organizational warmth and competence could attract potential applicants. Results of two experimental studies indicate that communicating a COVID-19 response in a warm way leads to the highest employer attractiveness and job pursuit intentions, although a competent response was still more attractive than no response. Moreover, developing the response in terms of warmth and competence helps build positive perceptions about the organization’s employer brand personality, and enhances applicants’ trust. Overall, this chapter suggests employers to pay attention to the context, e.g., implications of the recent pandemic and apply innovative employer branding strategies such as designing attractive crisis responses to manage their attractiveness during negative events. The second empirical chapter examines the spillover effects of other organizational images (corporate, product/service, financial performance, corporate social performance image) in relation to the organization’s employer image to understand its employer attractiveness. Based on interviews with employees from five luxury hotels, this study shows that inconsistencies perceived between the organization’s external images and internal employer image has an impact on employees’ attraction towards their employer. Moreover, this external-internal image inconsistency also influences employees’ attachment (intentions to quit) and recommendation behavior. The study also found that employees use three distinct ways i.e. reactive, tactful, and adaptive strategies to deal with image inconsistencies. The chapter ends with a theoretical model that presents how employees perceive, react, and deal with inconsistent organizational images. Addressing both research themes, this chapter suggests organizations to consider the spillover effects of other organizational images and ensure employer brand consistency to stimulate positive employee reactions. The third empirical chapter addresses the second research theme and investigates the role of other employer-related features (process attributes), in addition to content attributes to understand employee reactions (employer attractiveness, organizational identification, employee ambassadorship). Using Kelley’s attribution principle and HRM system strength theory, the study conceptualized and examined three process attributes: employer brand distinctiveness, consistency, and consensus. The findings show that employees were more attracted to their employer and displayed positive ambassadorship (recommendation behavior) when they considered the employer brand as high on distinctiveness and consistency. Moreover, employees identified more with their employer when the employer brand was perceived high on all three process attributes. Results also demonstrate the additional value and unique contribution of process attributes over the content attributes in explaining employees’ reactions. Overall, the chapter demonstrates the importance of features that typically highlight the process of employer branding to create a distinctive, consistent, and clear image of the organization as an employer. The dissertation suggests both organizations and researchers to adopt a contextual and holistic (content plus process) approach to realize the true benefits of employer branding. In this regard, researchers could further extend this integrated thinking perspective to investigate what other factors or variables beyond the regularly investigated content attributes could add value and help understand organizations as employers. Similarly, organizations could employ more evidence-based employer branding practices that emphasize its process attributes, alignment with other organizational images, and enhanced warmth especially during crises, besides advertising a set of attractive functional and symbolic benefits.
... Beide Fragen sind klinisch und wissenschaftlich fraglos relevant (vgl. hierzu auch Meyenburg et al. 2020). Fraglos ist aber auch, dass die genannten Fragestellungen zur Zunahme der Prävalenz und zur Veränderung der Geschlechterverhältnisse komplex sind. ...
Article
Zusammenfassung Aus einer teils persönlich argumentierten, teils zeitgeschichtlichen Perspektive von mehreren Jahrzehnten setzt sich Düring in ihrem Beitrag (2021, in diesem Heft) mit der zunehmenden Prävalenz von trans* Personen vor allem im Jugendalter und mit den sich für diese Lebensphase verändernden Geschlechterverhältnissen auseinander. Der vorliegende Kommentar erkennt die wissenschaftlich wie klinisch fraglos relevante Fragestellung an und kritisiert die tendenziöse Ausrichtung des Textes. Im Mittelpunkt der Kritik stehen die fehlende Abgrenzung unterschiedlicher Konzepte und der Umgang mit der vorhandenen Empirie. So argumentiert der Kommentar sowohl für eine empirisch informierte und damit ausgewogenere Diskussion zu diesen komplexen Fragestellungen als auch für ein dialektisches Vorgehen in Forschung und Therapie, das weder das Gender-Spektrum idealisiert noch die zunehmenden Prävalenzen im Kontext von Trans* dämonisiert.
Article
Zusammenfassung: Fragestellung: In den letzten Jahren hat die Inanspruchnahme gesundheitlicher Leistungen durch Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsdysphorie stetig zugenommen. Lange Wartezeiten weisen auf Schwierigkeiten in der fachgerechten Versorgung dieser vulnerablen Patient_innengruppe hin. Ziel der Studie ist die Analyse der Versorgungssituation im deutschsprachigen Raum aus Sicht von Expert_innen, die ärztlich und/oder therapeutisch in der speziellen Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie schwerpunktmäßig tätig sind. Methodik: Durchführung von 41 leitfadengestützten Interviews mit Expert_innen und anschließende qualitative Inhaltsanalyse. Ergebnisse: Ein über die letzten 10 Jahre zunehmender Bedarf wird bestätigt. Patient_innen haben mittlerweile konkretere Vorstellungen und scheinen zunehmend besser vorinformiert. Expert_innen führen den veränderten Bedarf auf vermehrte Präsenz von geschlechtlicher Vielfalt in der Öffentlichkeit, zunehmende Toleranz und Akzeptanz und erleichterten Informationszugang zurück. Die Versorgungssituation wird als unzureichend eingeschätzt, insbesondere ist die Versorgungskapazität nicht ausreichend und Vorerfahrungen Behandlungssuchender im Gesundheitswesen sind häufig negativ. Das junge Alter der Patient_innen, koinzidente psychische Störungen und Forschungslücken stellen Herausforderungen bei der Indikationsstellung für körpermodifizierende medizinische Maßnahmen dar. Die Patient_innenzufriedenheit mit durchgeführten somatomedizinischen Maßnahmen wird als eher hoch eingeschätzt und Erfahrungen mit Detransitionen sind selten. Schlussfolgerung: Der Versorgungsbedarf ist aus Expert_innensicht hoch und neben Schulungen für Fachkräfte im sozialen/pädagogischen und medizinischen/psychologischen/therapeutischen Bereich wird vor allem mehr Forschung gefordert.
Article
Background International studies have reported an increase in referrals to gender identity units, a shift in the assigned sex ratio of adolescents, a decrease in the age at first visit, and a growing presence of individuals with nonbinary gender identities. Aim To investigate whether these trends are present in a Spanish sample of individuals referred to a gender identity unit over the last 10 years. Methods We conducted a retrospective chart review of 913 consecutive referrals to a gender identity unit between 2012 and 2021 and retrieved information regarding sex assigned at birth, age at first visit, and expressed gender identity. We stratified the patients into 5 age categories: children (<12 years), adolescents (12-17 years), young adults (18-25 years), adults (26-45 years), and older adults (>45 years). The data were analyzed via descriptive and regression analyses. Outcomes Outcomes included the number of annual referrals, age at first visit, assigned sex ratio, and individuals with nonbinary gender identities. Results The number of referrals increased 10-fold, from 18 in 2012 to 189 in 2021. The rates of increase over time were significantly more pronounced for adolescents and young adults and significantly greater for those assigned female at birth (AFAB). The age of referrals at first visit decreased, and AFAB individuals were, on average, younger than individuals assigned male at birth. The assigned sex ratio favored AFAB patients among adolescents (2.4:1) and young adults (1.75:1). Logistic regression showed that the odds of a new referral being AFAB increased by 9% per calendar year and that adolescent and young adult new referrals were significantly more likely to be AFAB. There were 21 referrals of nonbinary individuals starting in 2017, making up 6.4% of applications in 2021 and 2.9% during the last 5 years. Clinical Implications The evolution and trends observed in this study highlight the need for expanded resources, competent care, and careful reflection about implications for best practice. Strengths and Limitations This investigation involves a large sample of patients and is the first in our country to include people of all ages. However, the findings might not be generalizable to other gender identity units or the broader population of gender-diverse individuals. Conclusion Overall, our findings were consistent with previous international reports. We observed a marked increase in referrals, particularly among AFAB adolescents and young adults, a decreased age at first visit, and a growing presence of nonbinary individuals.
Article
The number of adolescents who present themselves to the healthcare system due to the aspect of trans* is rising internationally as well as nationally. Studies, especially from the international area, point next to appropriate treatment situations increasingly to aversively experienced situations.These are characterized by lack of knowledge of the professionals, incorrect naming and pronoun naming as well as inappropriate questions and comments. In order to shed light on the situation in Germany, semi-structured interviews were conducted with ten adolescents and evaluated using qualitative content analysis. Overall, a balanced ratio of positive, appropriate and negative, aversive experiences emerged. Themes were gender-sensitive language, ways of interacting, support/networking and knowledge. The adolescents named parental support and connection to self-help groups as supportive instances in dealing with the healthcare system, but also mentioned structural hurdles such as long waiting times. Overall, the adolescents had a positive outlook on the future and would like to see a sensitization of healthcare workers. Educationalmeasures and further training should be implemented in order to meet these wishes and to ensure needs-based care for trans* adolescents.
Article
Even though treatment with sexual steroids during adolescence is rare, many different indications exist. Possible indications for hormone therapy in children and adolescents include puberty induction and long-term replacement therapy in children with hypogonadism, hormonal treatment of premature ovarian failure, suppression of premature precocious puberty, treatment of menstrual and bleeding disorders, antiandrogenic therapy, and endocrine treatment of transgender adolescents. Endocrine treatment is indicated after an interdisciplinary diagnostic process, coordination, and consensus regarding treatment. Interdisciplinary cooperation of physicians in pediatric endocrinology as well as in gynecology or gynecological endocrinology is recommended.
Article
Past research has identified shifts in the demographics and co-occurring mental health issues of youth referred to certain gender dysphoria services. The present study examined shifts in demographics (age, sex and social transition status), social adversity (bullying experiences and abuse) and psychological functioning (mood, anxiety, suicidality and autism spectrum disorder) at time of referral (of both children and adolescents) to the Gender Identity Development Service, London between the years of 2012 and 2015. Patients were 782 children and adolescents (M = 13.94, SD = 2.94, range 4–17; 63.8% assigned female at birth). Little change in sex ratio or age was observed between these two time points. However, we observed greater rates of depression and anxiety of birth-assigned females (but not birth-assigned males) in the more recent cohort, at the same time that reported social adversity (bullying and abuse) was falling. Also, of interest, the proportion of young people who had partially or fully socially transitioned prior to contact with the service had increased overtime. We discuss potential factors driving these shifts and their implications for supporting recent cohorts of gender diverse young people.
Article
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This article provides an overview of five contemporary clinical and research issues pertaining to adolescents with a diagnosis of gender dysphoria: (1) increased referrals to specialized gender identity clinics; (2) alteration in the sex ratio; (3) suicidality; (4) “rapid-onset gender dysphoria” (ROGD) as a new developmental pathway; (5) and best practice clinical care for adolescents who may have ROGD.
Article
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Purpose In on-line forums, parents have reported that their children seemed to experience a sudden or rapid onset of gender dysphoria, appearing for the first time during puberty or even after its completion. Parents describe that the onset of gender dysphoria seemed to occur in the context of belonging to a peer group where one, multiple, or even all of the friends have become gender dysphoric and transgender-identified during the same timeframe. Parents also report that their children exhibited an increase in social media/internet use prior to disclosure of a transgender identity. Recently, clinicians have reported that post-puberty presentations of gender dysphoria in natal females that appear to be rapid in onset is a phenomenon that they are seeing more and more in their clinic. Academics have raised questions about the role of social media in the development of gender dysphoria. The purpose of this study was to collect data about parents’ observations, experiences, and perspectives about their adolescent and young adult (AYA) children showing signs of an apparent sudden or rapid onset of gender dysphoria that began during or after puberty, and develop hypotheses about factors that may contribute to the onset and/or expression of gender dysphoria among this demographic group. Methods For this descriptive, exploratory study, recruitment information with a link to a 90-question survey, consisting of multiple-choice, Likert-type and open-ended questions was placed on three websites where parents had reported sudden or rapid onsets of gender dysphoria occurring in their teen or young adult children. The study’s eligibility criteria included parental response that their child had a sudden or rapid onset of gender dysphoria and parental indication that their child’s gender dysphoria began during or after puberty. To maximize the chances of finding cases meeting eligibility criteria, the three websites (4thwavenow, transgender trend, and youthtranscriticalprofessionals) were selected for targeted recruitment. Website moderators and potential participants were encouraged to share the recruitment information and link to the survey with any individuals or communities that they thought might include eligible participants to expand the reach of the project through snowball sampling techniques. Data were collected anonymously via SurveyMonkey. Quantitative findings are presented as frequencies, percentages, ranges, means and/or medians. Open-ended responses from two questions were targeted for qualitative analysis of themes. Results There were 256 parent-completed surveys that met study criteria. The AYA children described were predominantly natal female (82.8%) with a mean age of 16.4 years at the time of survey completion and a mean age of 15.2 when they announced a transgender-identification. Per parent report, 41% of the AYAs had expressed a non-heterosexual sexual orientation before identifying as transgender. Many (62.5%) of the AYAs had reportedly been diagnosed with at least one mental health disorder or neurodevelopmental disability prior to the onset of their gender dysphoria (range of the number of pre-existing diagnoses 0–7). In 36.8% of the friendship groups described, parent participants indicated that the majority of the members became transgender-identified. Parents reported subjective declines in their AYAs’ mental health (47.2%) and in parent-child relationships (57.3%) since the AYA “came out” and that AYAs expressed a range of behaviors that included: expressing distrust of non-transgender people (22.7%); stopping spending time with non-transgender friends (25.0%); trying to isolate themselves from their families (49.4%), and only trusting information about gender dysphoria from transgender sources (46.6%). Most (86.7%) of the parents reported that, along with the sudden or rapid onset of gender dysphoria, their child either had an increase in their social media/internet use, belonged to a friend group in which one or multiple friends became transgender-identified during a similar timeframe, or both Conclusion This descriptive, exploratory study of parent reports provides valuable detailed information that allows for the generation of hypotheses about factors that may contribute to the onset and/or expression of gender dysphoria among AYAs. Emerging hypotheses include the possibility of a potential new subcategory of gender dysphoria (referred to as rapid-onset gender dysphoria) that has not yet been clinically validated and the possibility of social influences and maladaptive coping mechanisms. Parent-child conflict may also explain some of the findings. More research that includes data collection from AYAs, parents, clinicians and third party informants is needed to further explore the roles of social influence, maladaptive coping mechanisms, parental approaches, and family dynamics in the development and duration of gender dysphoria in adolescents and young adults.
Article
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This review provides an update on the epidemiology of gender dysphoria and transgender identity in children, adolescents and adults. Although the prevalence of gender dysphoria, as it is operationalised in the fifth edtion of the Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5), remains a relatively 'rare' or 'uncommon' diagnosis, there is evidence that it has increased in the past couple of decades, perhaps reflected in the large increase in referral rates to specialised gender identity clinics. In childhood, the sex ratio continues to favour birth-assigned males, but in adolescents, there has been a recent inversion in the sex ratio from one favouring birth-assigned males to one favouring birth-assigned females. In both adolescents and adults, patterns of sexual orientation vary as a function of birth-assigned sex. Recent studies suggest that the prevalence of a self-reported transgender identity in children, adolescents and adults ranges from 0.5 to 1.3%, markedly higher than prevalence rates based on clinic-referred samples of adults. The stability of a self-reported transgender identity or a gender identity that departs from the traditional male-female binary among non-clinic-based populations remains unknown and requires further study.
Article
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Anhand von 670 Gutachten aus den Jahren 2005 bis 2014 zur Vornamensanderung bzw. zur Vornamens- plus Personenstandsanderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG) beschreiben Autorin und Autoren zunachst demographische und Merkmale des Coming out der AntragstellerInnen. Im Vergleich zu fruheren Studien hat der Anteil der transsexuellen Manner (Frau-zu-Mann Transsexuelle) sowie der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener deutlich zugenommen. Der juristische Geschlechtswechsel erfolgt heute etwa gleichzeitig mit der begleitenden Psychotherapie, dem sozialen Geschlechtswechsel in allen Lebensbereichen sowie der Hormonbehandlung. Dann untersuchen die Autoren die Ergebnisse der Gutachten. In nur 1 % der Falle wird dem Gericht die Ablehnung des Antrags empfohlen. Sie schliesen daraus, dass der Anteil der gerichtlich abgelehnten Verfahren von unter 5 % der Antrage in den 1990er-Jahren weiter deutlich gesunken sein durfte. Dies und die seit der Einfuhrung des TSG geringe Quote der Ruckumwandlungsbegehren (1 % oder weniger) veranlasst sie zu ihrem Vorschlag, das TSG in seiner jetzigen Fassung aufzuheben und durch eine sogenannte „Karenzlosung“ zu ersetzen, die die kostenreiche Begutachtung uberflussig macht.
Article
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The number of adolescents referred to specialized gender identity clinics for gender dysphoria appears to be increasing and there also appears to be a corresponding shift in the sex ratio, from one favoring natal males to one favoring natal females. We conducted two quantitative studies to ascertain whether there has been a recent inversion of the sex ratio of adolescents referred for gender dysphoria. The sex ratio of adolescents from two specialized gender identity clinics was examined as a function of two cohort periods (2006-2013 vs. prior years). Study 1 was conducted on patients from a clinic in Toronto, and Study 2 was conducted on patients from a clinic in Amsterdam. Across both clinics, the total sample size was 748. In both clinics, there was a significant change in the sex ratio of referred adolescents between the two cohort periods: between 2006 and 2013, the sex ratio favored natal females, but in the prior years, the sex ratio favored natal males. In Study 1 from Toronto, there was no corresponding change in the sex ratio of 6,592 adolescents referred for other clinical problems. Sociological and sociocultural explanations are offered to account for this recent inversion in the sex ratio of adolescents with gender dysphoria. Aitken M, Steensma TD, Blanchard R, VanderLaan DP, Wood H, Fuentes A, Spegg C, Wasserman L, Ames M, Fitzsimmons CL, Leef JH, Lishak V, Reim E, Takagi A, Vinik J, Wreford J, Cohen-Kettenis PT, de Vries ALC, Kreukels BPC, and Zucker KJ. Evidence for an altered sex ratio in clinic-referred adolescents with gender dysphoria. J Sex Med **;**:**-**. © 2015 International Society for Sexual Medicine.
Article
Gender identities in transition Abstract. In recent years, the healthcare system has been confronted with an increasing number of children and adolescents with gender nonconformity, gender incongruence, and gender dysphoria. Medical professionals are still debating how to interpret this phenomenon and how best to meet the healthcare needs of this diverse group of young people. Meanwhile, the transgender and gender nonconforming youths themselves face enormous challenges in finding appropriate support and treatment in the mental healthcare system. This article reviews the available epidemiological data, the paradigm shift in the social, legal, and medical systems, the developments in diagnostic classifications (DSM-5, ICD-11) as well as important aspects of the AWMF S3 guideline for adults with gender incongruence and gender dysphoria. In addition, it describes the complexity of working with transgender, gender nonconforming, and gender-questioning youth in the context of the current discourse and the underlying ethical dilemmas. In conclusion, this article outlines the challenges facing child and adolescent psychiatry and psychotherapy in this complex environment.
Article
Zusammenfassung Die Aufteilung des Menschen in zwei Geschlechter wurde in jüngerer Vergangenheit kritisiert, da es keine genaue Grenze zwischen beiden Geschlechtern gebe und weil die Vorstellung von der Existenz zweier Geschlechter selbst das Ergebnis eines sozialen Konstruktionsprozesses sei. Daher sei Geschlecht etwas, was eine Person nur für sich bestimmen könne, folglich Transsexualität/Geschlechtsdysphorie keine psychische Störung und die Ansprüche der Betroffenen nach selbstbestimmter Wahl geschlechtsangleichender Maßnahmen legitim. In der vorliegenden Arbeit wird die klassische Auffassung der Zweigeschlechtlichkeit durch die Fortpflanzungsfunktion begründet. Die Unterschiedlichkeit von Samen- und Eizelle (Anisogamie) hat weitreichende Konsequenzen für die Lebenswirklichkeit des Menschen und begründet geschlechtstypische Verhaltensneigungen und Geschlechtsrollen. Der aktuelle Begriff Geschlechtsidentität wird kritisiert und einem anderen Identitätskonzept, das therapeutische Anknüpfungspunkte bietet, gegenübergestellt. Ferner wird erläutert, wie sich die Kritik am klassischen Geschlechtsbegriff nachteilig für die Sexualwissenschaft sowie auch für die Therapie geschlechtsdysphorischer Menschen auswirkt. Die Annahme, dass eine Psychotherapie der Geschlechtsdysphorie unethisch ist, wird diskutiert und den Ergebnissen neuerer Katamnesestudien gegenübergestellt. Unter Berücksichtigung neurowissenschaftlicher Studien werden Vorschläge für eine neue psychotherapeutische Strategie gemacht.
Article
Background: It has been widely suggested that over 80% of transgender children will come to identify as cisgender (i.e., desist) as they mature, with the assumption that for this 80%, the trans identity was a temporary “phase.” This statistic is used as the scientific rationale for discouraging social transition for pre-pubertal children. This article is a critical commentary on the limitations of this research and a caution against using these studies to develop care recommendations for gender-nonconforming children. Methods: A critical review methodology is employed to systematically interpret four frequently-cited studies that sought to document identity outcomes for gender-nonconforming children (often referred to as “desistance” research). Results: Methodological, theoretical, ethical, and interpretive concerns regarding four “desistance” studies are presented. The authors clarify the historical and clinical contexts within which these studies were conducted to deconstruct assumptions in interpretations of the results. The discussion makes distinctions between the specific evidence provided by these studies versus the assumptions that have shaped recommendations for care. The affirmative model is presented as a way to move away from the question of, “How should children's gender identities develop over time?” toward a more useful question: “How should children best be supported as their gender identity develops?” Conclusion: The tethering of childhood gender diversity to the framework of “desistance” or “persistence” has stifled advancements in our understanding of children's gender in all its complexity. These follow-up studies fall short in helping us understand what children need. As work begins on the 8th version of the Standards of Care by the World Professional Association for Transgender Health, we call for a more inclusive conceptual framework that takes children's voices seriously. Listening to children's experiences will enable a more comprehensive understanding of the needs of gender-nonconforming children and provide guidance to scientific and lay communities.
Article
Background: Over the past decade, the number of people referred to gender identity clinics has rapidly increased. This raises several questions, especially concerning the frequency of performing gender-affirming treatments with irreversible effects and regret from such interventions. Aim: To study the current prevalence of gender dysphoria, how frequently gender-affirming treatments are performed, and the number of people experiencing regret of this treatment. Methods: The medical files of all people who attended our gender identity clinic from 1972 to 2015 were reviewed retrospectively. Outcomes: The number of (and change in) people who applied for transgender health care, the percentage of people starting with gender-affirming hormonal treatment (HT), the estimated prevalence of transgender people receiving gender-affirming treatment, the percentage of people who underwent gonadectomy, and the percentage of people who regretted gonadectomy, specified separately for each year. Results: 6,793 people (4,432 birth-assigned male, 2,361 birth-assigned female) visited our gender identity clinic from 1972 through 2015. The number of people assessed per year increased 20-fold from 34 in 1980 to 686 in 2015. The estimated prevalence in the Netherlands in 2015 was 1:3,800 for men (transwomen) and 1:5,200 for women (transmen). The percentage of people who started HT within 5 years after the 1st visit decreased over time, with almost 90% in 1980 to 65% in 2010. The percentage of people who underwent gonadectomy within 5 years after starting HT remained stable over time (74.7% of transwomen and 83.8% of transmen). Only 0.6% of transwomen and 0.3% of transmen who underwent gonadectomy were identified as experiencing regret. Clinical implications: Because the transgender population is growing, a larger availability of transgender health care is needed. Other health care providers should familiarize themselves with transgender health care, because HT can influence diseases and interact with medication. Because not all people apply for the classic treatment approach, special attention should be given to those who choose less common forms of treatment. Strengths and limitations: This study was performed in the largest Dutch gender identity clinic, which treats more than 95% of the transgender population in the Netherlands. Because of the retrospective design, some data could be missing. Conclusion: The number of people with gender identity issues seeking professional help increased dramatically in recent decades. The percentage of people who regretted gonadectomy remained small and did not show a tendency to increase. Wiepjes CM, Nota NM, de Blok CJM, et al. The Amsterdam Cohort of Gender Dysphoria Study (1972-2015): Trends in Prevalence, Treatment, and Regrets. J Sex Med 2018;XX:XXX-XXX.