Content uploaded by Bernd Meyenburg
Author content
All content in this area was uploaded by Bernd Meyenburg on Jul 20, 2021
Content may be subject to copyright.
Bernd Meyenburg, Karin Renter-Schmidt und Gunter Schmidt
Transidentität in Jugend und Adoleszenz: Zur Veränderung der Sexratio
und der Prävalenz in den letzten eineinhalb Jahrzehnten
Eine Auswertung von 1434 Gutachten nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
Dr. med. Bernd Meyenburg, ehem. Wiss. Mitarb. Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie des Kindes und Jugendalters, Universitätsklinikum Frankfurt a. M.
(Direktorin: Prof. Dr. C. Freitag) (Bernd.Meyenburg@kgu.de)
Dr. med. Karin Renter-Schmidt, Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in eigener Praxis,
Hamburg (praxis@renter-schmidt.de)
Prof. a. D. Dr. phil. Gunter Schmidt, ehemals Institut für Sexualforschung und Forensische
Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg – Eppendorf (schmidt.gunter@superkabel.de)
2
Bernd Meyenburg, Karin Renter-Schmidt und Gunter Schmidt
Transidentität in Jugend und Adoleszenz: Zur Veränderung der Sexratio
und der Prävalenz in den letzten eineinhalb Jahrzehnten
Eine Auswertung von 1434 Gutachten nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
Changed sex ratio and prevalence in transgender teenagers during the past 15
years
Evaluation of 1434 expert opinions on applicants for legal change of name and gender
Bernd Meyenburg, Karin Renter-Schmidt und Gunter Schmidt
Zusammenfassung. Die Auswertung von 1434 Gutachten (darunter 420 unter 20-jährige
Begutachtete) zur Vornamens- und Personenstandsänderung nach TSG aus den Jahren 2005
bis 2019 zeigt im Untersuchungszeitraum: (1) bei Jugendlichen und Adoleszenten eine
erhebliche Veränderung der Sexratio zu Gunsten transidenter Jungen/ junger Männer
(geburtsgeschlechtlicher Mädchen/ Frauen) von 2:1 auf 10:1; (2) bezogen auf die Population
aller Begutachteten eine deutliche Zunahme der Prävalenz jugendlicher/ adoleszenter
Transmänner (geburtsgeschlechtlicher Frauen), wohingegen die Prävalenz der Transfrauen
(geburtsgeschlechtlicher Männer), die den juristischen Geschlechtswechsel noch als
„Teenager“ vollziehen, im Untersuchungszeitraum praktisch unverändert bleibt. Transidentität
im Jugendalter kommt nach unseren Daten heute vor allem bei den als Mädchen Geborenen
vor, sie ist ein extrem geschlechtsabhängiges Merkmal. Klinische und soziokulturelle Aspekte
dieser Veränderungen werden diskutiert.
Schlüsselwörter: Transidentität, Transsexuellengesetz (TSG), juristischer
Geschlechtswechsel, Sex Ratio, Prävalenz transidenter Jugendlicher und Adoleszenter,
sozialer Wandel und Trans
Abstract. Evaluation of authors' 1434 expert opinions from 2005 – 2019 on transgender
applicants (420 younger than 20 years old) for legal change of name and gender according to
German “Law on Transsexuality" showed: (1) in teenage applicants substantial changes of sex
ratio from 2:1 to 10:1 in favour of transmales; (2) while prevalence of teenage transfemales
during this period remained unchanged, prevalence of transmales rose significantly.
According to our data, transgender teenagers are nowadays primarily natal females. Clinical
and sociocultural aspects of these changes are discussed.
Keywords: Transgender, legal change of name and gender, sex ratio in transgender teenagers,
prevalence of transgender teenagers, social changes and transgenderism
Einleitung
Die innere Gewissheit, nicht dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht, sondern dem anderen
Geschlecht anzugehören, wird als Transidentität (früher Transsexualität) bezeichnet. Ein
anhaltendes und starkes Unbehagen und Leiden am eigenen biologischen Geschlecht wird
heute als Geschlechtsdysphorie (gender dysphoria) bezeichnet; dieser Begriff wird auch im
3
Klassifikationssystem DSM-5 der American Psychiatric Association (APA, 2013) verwendet.
Die Weltgesundheitsorganisation führte in ihrem neuen Klassifikationssystem für Krankheiten
ICD-11 (WHO, 2018) den Begriff Geschlechtsinkongruenz (gender incongruence) ein.
Geburtsgeschlechtliche Mädchen und Frauen, die sich als dem männlichen Geschlecht
zugehörig empfinden, bezeichnen wir als Transjungen bzw. als Transmänner,
geburtsgeschlechtliche Jungen und Männer, die sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig
empfinden, als Transmädchen bzw. als Transfrauen.
In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Anzahl transidenter Kinder und Jugendlicher, die in
hierauf spezialisierten Sprechstunden vorgestellt wurden, stark gestiegen (vgl. u. a. Gilligan,
2018; Wiepjes et al., 2018). Nichtklinische Untersuchungen von Jugendlichen oder Eltern
zeigen einen Anteil von etwa 1 bis knapp 3 % von Schüler*innen, die sich selbst als
„transgender and gender-nonconforming" bezeichneten oder so eingeschätzt wurden (vgl.
zusammenfassend Meyenburg, 2020: 47 - 49). Diese hohen Prävalenzraten sind wohl so
einzuschätzen, dass viele Schüler*innen aufgrund ihres jungen Alters noch unsicher
hinsichtlich ihres Geschlechtsempfindens waren, oder aber sich als gender-nonbinär
einschätzten, und somit ein breiteres Spektrum des Geschlechtsempfindens abbilden.
In einer Analyse der in den vorliegenden Studien angegebenen Prävalenzraten und weiterer
Felddaten kommen Olyslager und Conway (2007) zu einer Mindestprävalenzrate transidenter
Menschen von 1:500 in allen Altersgruppen; das ist eine wesentlich höhere Zahl als zuvor
geschätzt wurde. Nach diesen Berechnungen gäbe es in Deutschland mindestens 160 000
transidente Menschen, eine Zahl, die realitätsangemessen erscheint. Hochgerechnet auf unter
18-Jährige, die nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2018 etwa 16,6% der
Bevölkerung ausmachen, gäbe es in dieser Altersgruppe etwa 26 500 Transidente.
Sicher nachweisbar ist eine weltweit stark ansteigende Zahl behandlungssuchender
transidenter Menschen. Dies spiegelt sich in den deutlich höheren Prävalenzraten im
Vergleich zu Schätzungen in früheren Jahrzehnten wider (vgl. Meyenburg, 2020; Strittmatter
und Holtmann, 2020). In früheren Jahren wagten es Betroffene oft nicht, professionelle Hilfe
zu suchen, diese war zudem nicht hinreichend vorhanden. Die zunehmende Präsenz der
Thematik in den Medien und im Internet hat sicherlich dazu geführt, dass viele Betroffene
heute ihr Problem offenlegen und nach Hilfe suchen.
Der Altersgipfel bei Behandlung suchenden Transkindern, Transjugendlichen und
Transadoleszenten liegt zwischen 15 und 19 Jahren. Dies ist bedingt durch das Leiden an den
pubertären Veränderungen. Transjungen suchen nur selten vor Pubertätseintritt eine
Behandlung, da sie oftmals zuvor problemlos als burschikose Mädchen leben können und
trotz ihres jungenhaften Auftretens keine Ablehnung erfahren. Transmädchen werden
hingegen früher auffällig und werden daher häufiger als Transjungen schon im Kindesalter
vorgestellt. Die Geschlechtsverteilung transidenter Jugendlicher und Adoleszenter hat sich in
den letzten 20 Jahren weltweit stark verändert. Während zuvor in der Mehrzahl Transmädchen
4
in Spezialsprechstunden für Jugendliche vorgestellt wurden, dominieren heute Transjungen
(vgl. Aitken et al., 2015; Zucker und Aitken, 2019). Auch in den deutschen Gender-Kliniken
für Kinder und Jugendliche in Frankfurt, Hamburg, Jena, Münster und München werden heute
in auffallend hoher Zahl mehr Transjungen als Transmädchen vorgestellt (vgl. Meyenburg,
2020).
In der vorliegenden Studie werden 1434 Gutachten aus den Jahren 2005 bis 2019 ausgewertet,
die die Autor*innen zu Anträgen von Transfrauen und Transmännern im Alter von 9 bis 59
Jahren auf Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG)
erstellten. In diesen Gutachten soll festgestellt werden, ob sich die Antragsteller*innen seit
mindestens drei Jahren dem Gegengeschlecht als zugehörig empfinden und ob dieses
Zugehörigkeitsempfinden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird. Die
Auswertung der Daten erfolgte unter der Fragestellung, ob sich auch in dieser Stichprobe die
oben beschriebenen Entwicklungen zeigen, denen zufolge (1) Transidentität im Jugendalter in
den letzten Jahren erheblich zugenommen hat und (2) diese Zunahme vor allem bei den
geburtsgeschlechtlichen Mädchen, also den Transmännern, zu beobachten ist. Die Stichprobe
ist im strengen Sinne nicht repräsentativ für Deutschland, da die in Hamburg und Frankfurt
am Main tätigen Autorin und Autoren vorwiegend Gutachtenaufträge von Amtsgerichten in
Nordwestdeutschland bzw. in Südwestdeutschland erhielten, und weil in diese Studie die
Daten von nur 3 Gutachtenden eingehen. Das Besondere unserer Stichprobe liegt darin, dass
wir Jugendliche untersuchen, die nicht am Anfang einer möglichen Transentwicklung stehen,
sondern sich schon länger (auch psychotherapeutisch) mit Transgender und Transition
auseinandergesetzt haben, schon in allen Belangen offen im Wunschgeschlecht leben und mit
der Körperangleichung (gegengeschlechtliche Hormonbehandlung) begonnen haben.
Weiterhin sind die hier untersuchten Jugendlichen und Adoleszenten mit großer Sicherheit
persistierend transident, denn von den Gutachter*innen ist festgestellt worden, dass es sich
mit hoher Wahrscheinlichkeit um nicht umkehrbare Verläufe handelt.
Stichproben und Methodik
Die Datenbasis unserer Studie bilden 1434 Gutachten zur Vornamens- bzw. (ab 2011) zur
Vornamens- plus Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG), die Autorin
und Autoren im 15-Jahreszeitraum von 2005 bis 2019 für 420 jugendliche und adoleszente
(unter 20-Jährige) und 1014 erwachsene (20- bis 60-Jährige) Antragsteller*innen erstellt
haben (Tab. 1). Die Daten der Gutachten wurden posthoc oder unmittelbar nach der
Begutachtung anhand eines kurzen Dokumentationsbogens anonymisiert vercodet. Erhoben
wurden: Formale Daten zur Begutachtung (Jahr der Begutachtung, beauftragendes Gericht),
demografische Daten der Antragsteller*innen (u. a. Geburtsgeschlecht, Geburtsjahr, Alter,
Schulbildung), Transformationsstatus zum Zeitpunkt der Begutachtung (Comingout,
körperangleichende Maßnahmen) und die Gutachterempfehlung.
Stichprobe transidenter Jugendlicher und Adoleszenter (n=420). Im Zentrum dieser Studie
steht die Stichprobe der transidenten Jugendlichen und Adoleszenten. Eine knappe Hälfte der
Jugendlichen/ Adoleszenten wurden vom Frankfurter Kollegen (BM), etwas mehr als die
Hälfte von der/dem Hamburger Kollegen*in (KRS, GS) erstellt. Die Einzugsgebiete der
beiden Gutachterstandorte unterscheiden sich selbstredend stark: Die in Hamburg
5
Begutachteten kommen zu über 90% aus nordwestdeutschen Bundesländern (Schleswig-
Holstein, Hamburg, Niedersachsen), die in Frankfurt Begutachteten zu fast 90% aus west- und
süddeutschen Bundesländern (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-
Württemberg, Bayern). Tabelle 2 beschreibt Hintergrunddaten der Jugendlichen und
Adoleszenten. Zu erwähnen ist, dass unter den Begutachteten 12 (3%) Kinder (unter 14-
Jährige) und jeweils eine (knappe) Hälfte Jugendliche (14- bis17-Jährige) bzw. Adoleszente
(18- bis 19-Jährige) sind. Die überwiegende Mehrheit der begutachteten Jugendlichen und
Adoleszenten sind transmännlich, auf diese schiefe Geschlechtsverteilung kommen wir unten
ausführlich zurück. Ein Fünftel besucht oder besuchte die Hauptschule, jeweils zwei Fünftel
haben den Realschulabschluss bzw. das Fachabitur/Abitur oder streben diese Abschlüsse an.
Dies entspricht in etwa der Verteilung in der Population heutiger Jugendlicher, eine
Korrelation des Vorkommens von Transidentität in Jugend/Adoleszenz und Bildungsschicht
ist nicht erkennbar. Bezogen auf ihr gewünschtes Geschlecht bezeichnet sich eine deutliche
Mehrheit, nämlich 70%, als heterosexuell, knapp 20% als homosexuell oder geschlechtsoffen,
gut ein Zehntel ist sich noch unklar über die sexuelle Präferenz.
Stichprobe transidenter Erwachsener (n=1014). Die Daten der erwachsenen Begutachteten
werden bei besonderen Fragestellungen zum Vergleich herangezogen. Zur Stichprobe der
transidenten Erwachsenen soll hier lediglich angemerkt werden, dass eine knappe Hälfte 20 -
29 Jahre, und jeweils etwa ein Viertel 30 - 39 bzw. 40 - 59 Jahre alt ist. Die
Geschlechterrelation ist in dieser Gruppe ausgeglichen.
Ergebnisse
Coming out- und Behandlungsstatus zum Zeitpunkt der Begutachtung
Jugendliche und Adoleszente, die Vornamens- und Personenstandsänderung nach TSG
beantragen (sog. „juristisches Coming out“), haben weder einen „rapid onset“ noch ein
„sudden outcome“ wie neuerdings häufig diskutiert wird (Littmann, 2018; zur Kritik vgl.
Zucker, 2019); sie setzen sich vielmehr seit längerem mit ihrer Transidentität auseinander und
haben bereits eine beträchtlicher Strecke der sozialen und körperlichen Transition hinter sich
(Tab. 3). Drei Viertel haben bisher 20 – 50 Psychotherapiesitzungen wahrgenommen; fast alle
leben in allen Lebensbereichen offen im empfundenen Geschlecht und mit gewünschtem
Vornamen (70 % mehr als 1 Jahr); 70% werden schon mit gegengeschlechtlichen Hormonen
behandelt (50% der Proband*innen wurden jemals pubertätshemmend behandelt);
weitergehende körperangleichende Maßnahmen (Oberkörperangleichung;
Genitalangleichung) sind nur bei einigen wenigen erfolgt. Die Daten für Jugendliche und
Adoleszente, für Transmänner und Transfrauen, sowie für in Hamburg und in Frankfurt a. M.
Begutachtete (norddeutsches vs. west- und süddeutsches Einzugsgebiet) unterscheiden sich
hinsichtlich des Verlaufs des Transitionsprozesses nur geringfügig (Tab. 3). Daraus lässt sich
schließen, dass der Transitionsprozess der verschiedenen Transgruppen einem informellen
einheitlichen Regime folgt, das man so zusammenfassen kann: Nach dem abgeschlossenen
6
sozialen Geschlechtswechsel (Outing in allen Bereichen des sozialen Lebens) und im engen
zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung
erfolgt der juristische Geschlechtswechsel; chirurgische körperangleichende Maßnahmen
finden vor dem juristischen Geschlechtswechsel nur sehr selten statt. Der Transitionsprozess
bis zum juristischen Geschlechtswechsel wird fast immer, zumindest mittelfrequent,
psychotherapeutisch begleitet.
Lediglich 3 der 420 Anträge auf Vornamens- und Personenstandsänderung wurden von den
Gutachtenden nicht befürwortet (3 Transmädchen, eine 9- und zwei 17-jährig). Die hohe
Zustimmungsquote entspricht derjenigen, die wir in einer früheren Untersuchung in einer
Stichprobe überwiegend erwachsener Transidenter (Meyenburg et al., 2015) gefunden haben.
Schon damals haben wir dafür plädiert, aus dieser hohen Zustimmungsrate Konsequenzen für
die Begutachtungen im Rahmen der Verfahren nach TSG zu ziehen (a. a. O., S. 118 ff.
Veränderungen der Sexratio bei transidenten Jugendlichen und Adoleszenten
Von den 420 untersuchten jungen Transidenten sind 86 (20%) transweiblich (MzF) und 334
(80%) transmännlich (FzM), die Sexratio MzF: FzM beträgt in der Gesamtstichprobe 1:4 (vgl.
Tab. 2 und Tab. 4). Im Untersuchungszeitraum, also in den letzten 15 Jahren, nimmt der
Anteil junger Transmänner überproportional zu, wodurch sich die Sexratio von etwa 1:2 für
die Erhebungsjahre 2005 – 2013 auf 1:10 für die Erhebungsjahre 2018 und 2019 verändert
(Tab. 4). Transidentität in Jugend und Adoleszenz ist heute also vor allem ein Phänomen bei
den als Mädchen Geborenen. Diese schiefe Geschlechtsverteilung ist jugendtypisch: Nach den
Daten unserer Erwachsenenstichprobe (Tab. 5) nimmt der Anteil der Transmänner bei den
erwachsenen Antragsteller*innen mit dem Alter deutlich ab; bei denen, die ihr (juristisches)
Coming out erst im höheren Erwachsenenalter haben (40 – 59-Jährige), dominieren
schließlich eindeutig Transfrauen. Eine für alle Transgruppen gültige Sexratio gibt es nicht,
diese variiert mit dem Alter und - wie die Geschlechtsverteilung im Untersuchungszeitraum
bei den Jugendlichen zeigt – mit den Zeitumständen.
Veränderungen des Anteils jugendlicher und adoleszenter Transidenter in der
Transpopulation
Tabelle 6 zeigt, wie sich der Anteil (die Prävalenz) junger Transfrauen bzw. junger
Transmänner in der Stichprobe Transidenter aller Altersgruppen, die im
Untersuchungszeitraum einen Antrag nach TSG stellten, verändert hat. Der Anteil der
transweiblichen Jugendlichen/Adoleszenten von allen Begutachteten ist mit 2 - 4% in den
letzten 15 Jahren gleich niedrig geblieben; der Anteil der jungen Transmänner ist hingegen
signifikant und deutlich gestiegen, er hat sich von 9% auf 28% etwa verdreifacht. Diese
Zahlen beziehen sich auf die Transidentenpopulation (die das TSG in Anspruch nimmt). Sie
dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Prävalenz junger Transmänner bezogen auf die
gesamte Gruppe der als Mädchen geborenen Jugendlichen und Adoleszenten zwar deutliche
7
Veränderungen aufweist, die aber auf niedrigem Niveau (im unteren einstelligen
Promillebereich) bleiben (vgl. S. xx).
Fazit
Unsere Daten über das Alter beim juristischen Coming out zeigen in den letzten 10 – 15
Jahren eine deutlich zunehmende Anzahl jugendlicher und adoleszenter Transmänner. Die
Zunahme von jugendlichen und adoleszenten Transfrauen ist demgegenüber gering.
Transidentität im Jugendalter kommt nach unseren Daten heute vor allem bei den als
Mädchen Geborenen vor, sie ist, mit anderen Worten, ein extrem gegendertes Merkmal.
Die beschrieben Tendenzen sind in der Fachwelt (vgl. u. a. Aitken et al., 2018; Littmann,
2018; Zucker, 2017, 2019; Zucker und Aitken, 2019) sowie in Aktivisten- und
Betroffenengruppen allgemein bekannt, sie werden in diesem Bericht nur noch einmal für
eine Passage des Transitionsprozesses, nämlich den juristischen Geschlechtswechsel,
exemplifiziert.
Zur Diskussion
Zwei Narrative
In der Diskussion über die Zunahme transidenter Jugendlicher/ Adoleszenter kommt es zu
heftigen gesellschaftlichen und fachlichen Auseinandersetzungen, in denen zwei kontroverse
Narrative aufeinandertreffen, die man „Befreiungsnarrativ“ bzw. „Verführungsnarrativ“
nennen und zugespitzt so beschreiben könnte:
Dem „Befreiungsnarrativ“ (es findet sich vor allem bei Aktivisten, Betroffenen sowie bei
manchen Genderforscher*innen und Kliniker*innen, exemplarisch bei Temple-Newhook et
al., 2018) zufolge können die „im falschen Körper gefangenen männlichen bzw. weiblichen
Seelen“ dank der Sichtbarkeit von Trans-Lebensformen in der virtuellen und realen
Öffentlichkeit, dank der Aufklärung in den Medien, im Netz oder durch Transgruppen und
dank der gegenüber Vielfalt offenen und genderpermissiven Gesellschaft (präsentiert durch
Peergruppe, Familie, Schul- bzw. Arbeitsumfeld und medizinisch-psychotherapeutischem
Komplex) früh und ohne allzu großes Leiden (Stigmatisierung, Pathologisierung) aus dem
falschen Leben „befreit“ werden.
Das „Verführungsnarrativ“ (es findet sich bei Genderforscher*innnen und bei
Kliniker*innen, von Psychiater*innen, Psychotherapeut*innen bis hin zu feministischen
Psychoanalytiker*innen (exemplarisch bei Ponseti und Stirn, 2019) geht davon aus, dass pro-
trans Aufklärung, Agitation und Versprechen im Netz oder in Transgruppen Jugendliche in der
Pubertät dazu verleiten, komplexe und gravierende psychische Probleme und Krisen, z. B. im
Hinblick auf Körperakzeptanz und Identität, mit Geschlechtswechsel ebenso radikal wie
illusionär zu lösen versuchen. Diese dystopische Auffassung geht davon aus, dass später
zahlreiche Rückwandler vor den irreversiblen Folgen der Körperangleichung stehen werden.
8
Die hier idealtypisch zugespitzt beschriebenen Narrative sind in ihrer reinen Form uniform,
militant und ideologisch. Beide können den multiplen Faktoren - gesellschaftlich,
psycho(patho)logisch, biologisch - und der sich daraus ergebenden großen Diversität von
transgender Entwicklungen und Verläufen nicht gerecht werden. Bei trans-erfahrenen
Kliniker*innen kommen die Narrative deshalb vermutlich vor allem in vermischter Form,
koexistent und gemäßigt vor (exemplarisch Zucker, 2019). Nur dann können die
Behandelnden beides: Die Erleichterung von transgender Jugendlichen über die Möglichkeit
einer frühen Transition nachvollziehen und beunruhigt und irritiert sein angesichts der in
kurzer Zeit stark gewachsenen Zahl gebürtiger Mädchen, die noch im Jugendalter junge
Männer werden wollen.
Die Frage, welche Ursachen es für das Gendering jugendlicher Transidentität in
postfeministischen westlichen Gesellschaften gibt, wird von beiden Narrativen nicht erklärt.
Einen Denkansatz böte die Tatsache, dass die Pubertät bei Mädchen früher einsetzt und
körperlich wie sozial genderkonfrontativer und gendermarkanter ist als bei Jungen, und dass
deshalb die Auseinandersetzung mit einem Geschlechtsidentitätskonflikt/einer
Transgenderkondition bei den gebürtigen Mädchen früher aktualisiert wird als bei den
gebürtigen Jungen. Doch diese Überlegung ist allenfalls partiell gültig, da sich die Sexratio in
der Transpopulation generell verändert hat: heute überwiegen deutlich die Transmänner,
wohingegen in den 1970er bis in die Nullerjahre dieses Jahrhunderts hinein die Transfrauen
deutlich überwogen (vgl. u. a. Garrels et al., 2000; Meyenburg et al., 2015).
Zudem erklärt sich hieraus nicht die extreme Zunahme von jugendlichen
geburtsgeschlechtlichen Mädchen, die in vielen Ländern (zumindest in Europa und
Nordamerika) beobachtet wird. Eine mögliche Erklärung hierfür wären biologische Faktoren.
Bekannt und vielfach untersucht wurden vor allem Töchter von Frauen mit einem
adrenogenitalen Syndrom (congenital adrenal hyperplasia, CAH), bei dem vermehrt
Androgene gebildet werden. Untersuchungen dieser Töchter zeigten eine deutlich höhere Rate
geschlechtsvarianter Entwicklungen im Vergleich zu Prävalenzraten transidenter
Entwicklungen in der Gesamtbevölkerung (Überblick bei Rosenthal, 2014). Abweichende
pränatale Geschlechtshormonwirkungen werden insgesamt häufiger bei
geburtsgeschlechtlichen Mädchen als bei Jungen beschrieben. Dieses könnte eine mögliche
Ursache der Zunahme der Zahl jugendlicher Transjungen sein, die nun durch die heute
wesentlich leichtere Möglichkeit einer geschlechtsangleichenden Behandlung diese anstreben
und durchführen können ("Befreiungsnarrativ").
9
Where are all the tomboys gone?
War diesen geburtsgeschlechtlichen Mädchen in der Vergangenheit eine
geschlechtsangleichende Behandlung nicht möglich, so blieb nur der Weg, als sehr maskulin
auftretendes Mädchen bzw. Frau zu leben, als "Tomboy" oder als "butch". Schon seit 20
Jahren diskutieren Gender- und Queerforscher*innen, dass die „kerlige Lesbe“, die „butch“
als weibliche Identitätsform zu Gunsten der Transmänner „verschwindet“ (u. a. Moody,
2011). „Trans as the new tomboy?“ fragen Zucker und Aitken (2019).
Festzustellen ist jedoch, dass solche Überlegungen vorläufig und spekulativ sind. Am
wahrscheinlichsten führt der Weg zu einem transidenten Empfinden und zu der auch in dieser
Untersuchung gefundenen Zunahme von Transjungen über ein Zusammenwirken
biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren. Zucker (2019: 1983), einer der weltweit
führenden Forscher auf dem Gebiet transidenter Entwicklungen im Kindes- und Jugendalter,
fasst den Stand der Diskussion über die zunehmende Zahl der transmännlichen Jugendlichen
so zusammen: Was hier gerade geschieht, wird noch nicht verstanden.
Binär und nonbinär
Die in dieser Arbeit präsentierten Daten aus Gutachten nach dem TSG beziehen sich nur auf
jugendliche und adoleszente Transidente, die ihren Personenstand ändern, also eindeutig
(„binär“) dem anderen als dem Geburtsgeschlecht angehören wollen. Bei den jungen
Transmännern unserer Stichprobe ist in der Tat ein ausgeprägtes binäres Verständnis von
Mann-/Frausein verbreitet. Eine „queere“ Identität als Transmann, bi-gender, ambigender etc.
lehnen sie ab, sie wollen „cis“ sein. Sie wollen die Kategorie „Transmann“ nicht auf sich
beziehen, allenfalls verstehen sie sich als Männer mit besonderer (trans) Vorgeschichte, sie
wünschen nach der Transition ein unauffälliger Cismann zu sein. Transmann zu sein ist (für
die Mehrheit) kein bisschen „nonbinär“. Fragt man sie, wie sie sich entscheiden würden,
wenn das Personenstandsrecht neben „männlich“ und „weiblich“ Kategorien wie „divers“,
„beides“, „fluid“, „nongender“ usw. zuließe, ist die klare Antwort „männlich“. Eine Zunahme
nonbinärer transidenter Erscheinungsformen kann offenbar nicht die Ursache für die
beschriebene zunehmende Anzahl junger Transmänner sein. Die binäre Eindeutigkeit des
Transmannseins und die Verleugnung des Illusionären dieses Empowerments (solange man
sich mit den Grenzen des Möglichen nicht auseinandergesetzt hat) sind auffällig. Die
Begeisterung mancher Transforscher und Transaktivisten über die Zunahme nonbinärer
Transformen erscheint uns mehr (queer)normativ als faktenbasiert zu sein. Es ist allerdings
nicht auszuschließen, dass das TSG mit seiner strikt binären Vorgabe die Entwicklung strikt
binärer Haltungen bei den Inanspruchnehmer*innen befördert und damit eine Neigung für
diversifizierten Lösungen (im Hinblick auf Identität und körperangleichende Maßnahmen)
verhindert. Dies wäre ein weiteres Argument für die Abschaffung des Gesetzes in seiner
jetzigen Form, wie wir sie in einer früheren Arbeit vorgeschlagen haben (vgl. Meyenburg u.
a., 2015: 118 ff).
10
Literatur
Aitken M, Steensma TD, Blanchard B, VanderLaan DP et al. (2015). Evidence of an altered sex ratio in clinical-
referred adolescents with gender dyphoria. Jornal of Sexual Medicine 12: 756 – 763
American Psychiatric Association (APA) (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders
(5th edition). Washington, DC: American Psychiatric Publishing
Garrels L, Kockott G, Michael N, Preuss W, Renter K, Schmidt G, Sigusch V, Windgassen K (2000). Sex ratio of
transsexuals in Germany: the development over three decades. Acta Psychiatrica Scandinavica 102: 445 – 448
Gilligan A (2018). Trans groups under fire for huge rise in child referrals. The Sunday Times.
https://www.thetimes.co.uk/article/trans-groups-under-fire-for-huge-rise-in-child-referrals-2ttm8c0fr
Littman L (2018). Rapid-onset gender dysphoria in adolescents and young adults: A study of parental reports.
PLoS ONE 13(8): e0202330. https://doi.org/10.1371/journal. pone.0202330
Meyenburg (2020) Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter. Stuttgart: Kohlhammer (im Druck)
Meyenburg B, Renter-Schmidt K, Schmidt G (2015). Begutachtung nach dem Transsexuellengesetz. Auswertung
von Gutachten dreier Sachverständiger 2005 – 2014. Zeitschrift für Sexualforschung 28: 107 – 120
Moody CD (2011). The diappearing butch. Discursively disciplining queer subjectivities. Master Thesis,
University of Victoria (Canada)
Olyslager F, Conway L (2007). On the calculation of the prevalence of transsexualism. Paper presented at the
WPATH 20th International Symposium, Chicago, Il
Ponseti G, Stirn A (2019). Wie viele Geschlechter gibt es und kann man sie wechseln? Zeitschrift für
Sexualforschung 32: 131-147
Rosenthal SM (2014). Approach to the patient: Transgender youth: Endocrine considerations. The Journal of
Clinical Endocrinology & Metabolism 99: 4379 - 4389
Selin Davis L (2020). Bring back the tomboys. NY Times February 15: SR 4-5
Strittmatter E, Holtmann M (2020). Geschlechtsidentitäten im Wandel. Zeitschrift für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 48, 93-102
Temple-Newhook J, Pyne J, Winters K, Feder S et al. (2018). A critical commentary on follow-up studies and
“desistance” theories about transgender and gender-nonconforming children. International Journal of
Transgenderism, doi.org/10.1080/15532739.2018.1456390
World Health Organization (WHO) (2018). International statistical classification of diseases and related health
problems. 11th revision (ICD-11). https://icd.who.int/browse11/l-m/en
Wiepjes CM, Nota NM, de Blok CJM et al. (2018). The Amsterdam cohort of gender dysphoria study (1972-
2015): Trends in prevalence, treatment, and regrets. Journal of Sexual Medicine 15: 582–590
Zucker KJ (2017). Epidemiology of gender dysphoria and transgender identity. Sexual Health 14: 404-411
Zucker KJ (2019). Adolescents with gender dysphoria: Reflections on some contemporary clinical and research
isssues. Archives of Sexual Behavior 48: 1983–1992
Zucker KJ, Aitken M (2019). Sex ratio of transgender adolescents: A meta analysis. Paper presented at the
meeting of the European Association of Transgender Health, Rome, Italy
11
Tabellen
Tabelle 1. Übersicht über die Stichproben
Erhebungsort
Jugendliche und Adoleszente
(13 – 19 Jahre)
Erwachsene
(20 – 60 Jahre)
Hamburg A n = 239 B n = 1014
Frankfurt a. M. C n = 181 entfällt
A + C: Stichprobe „Jugendliche und adoleszente Begutachtete“ (Hamburg und Frankfurt a.M.), n=420
B: Stichprobe „Erwachsene Begutachtete“ (Hamburg), n=1014
A + B: Stichprobe „Begutachtete aller Altersgruppen“ (Hamburg), n=1253
A + B + C: „Gesamtstichprobe der Begutachteten“, n=1434
12
Tabelle 2. Hintergrunddaten transidenter Jugendlicher und Adoleszenter (n= 420)
Merkmal Anzahl (%)
Geschlecht
Transfrauen (MzF)
Transmänner (FzM)
86 (20%)
334 (80%)
Geburtsjahr
1980er
1990er
2000er
11 ( 3%)
272 (65%)
137 (33%)
Alter bei Begutachtung
Kinder (9 – 13 Jahre)*
Jugendliche (14 – 17 Jahre)
Adoleszente (18 – 19 Jahre)
12 ( 3%)
211 (50%)
197 (47%)
Schulbesuch
Hauptschule oder weniger
Realschule/ Gesamtschule
Gymnasium/ gymnasialer Zweig
80 (19%)
164 (39%)
176 (42%)
Sexuelle Orientierung**
heterosexuell
homosexuell
geschlechtsoffen (bi-, pansexuell)
noch unklar
290 (70%)
38 ( 9%)
36 ( 9%)
52 (12%)
Jahr der Begutachtung***
2005 – 2013
2014 – 2015
2016 – 2017
2018 – 2019
109 (26%)
82 (20%)
97 (23%)
132 (31%)
Ort der Begutachtung
Frankfurt a. M. (BM)
Hamburg (KRS, GS)
181 (43%)
239 (57%)
* davon sechs 9- bis 10-Jährige und sechs 12- bis 13-Jährige
** bezogen auf das empfundene Geschlecht
*** Die Zunahme der Fälle im Untersuchungszeitraum von durchschnittlich etwa 10 (2005 – 2013) auf etwa 65
(2018 – 2019) im Jahr ist nicht ausschließlich auf die Zunahme jugendlicher Antragsteller*innen
zurückzuführen, sondern auch auf eine höhere Bereitschaft der Gutachter*innen, Aufträge zu übernehmen.
13
Tabelle 3. Behandlungs- und Comingout Status transidenter Jugendlicher und Adoleszenter bei der Begutachtung
und Gutachtenergebnis (n=420)*
Gesamt
(n=420)
17 Jahre 18 – 19
und jünger Jahre
(n=223) (n=197) Sign.
Psychotherapie 20 Stunden und mehr
... davon mehr als 50 Stunden
Lebt in allen Lebensbereichen im
Wunschgeschlecht
,,, davon mehr als 1 Jahr
Nimmt schon gegengeschlechtliche Hormone**
... davon mehr als 1 Jahr
Brustkorrigierende Eingriffe schon erfolgt
Genitalkorrigierende Eingriffe schon erfolgt
75%
14%
97%
71%
69%
28%
5%
<1%
81% 68% .003
12% 16% ns
98% 96% ns
72% 70% ns
66% 73% ns
22% 35% .003
3% 7% .10
1% 0% --
Gutachtenantrag befürwortet 99,3% 98,7% 100 % --
Signifikanz nach chi-Quadrat
* Die Tabelle schlüsselt die Daten nur nach Altersgruppen auf. Die Unterschiede zwischen transmännlichen und
transweiblichen Antragsteller*innen sind allesamt ns; Unterschiede zwischen Antragsteller*innen, die in
Hamburg bzw. Frankfurt begutachtet wurden: längere Psychotherapiezeiten bei den in Frankfurt Begutachteten
(p<.001), alle anderen Merkmale ns.
** 50% der Antragsteller*innen wurden jemals pubertätshemmend behandelt.
14
Tabelle 4. Anteil der Transfrauen (MzF) und Transmänner (FzM) bei jugendlichen und adoleszenten
Begutachteten, nach Jahr der Begutachtung (n=420)
Gesamt
(n=420)
Jahr der Begutachtung
2005-13 2014-15 2016-17 2018-2019
(n=109) (n=82) (n=97) (n=132)
Transfrauen (MzF)
Transmänner (FzM)
20%
80%
34% 22% 20% 9%
66% 78% 80% 91%
Signifikanz der Unterschiede in der Geschlechtsverteilung zwischen den Jahrgangsgruppen, nach chi-Quadrat:
p<.001
15
Tabelle 5 Anteil der Transfrauen (MzF) und Transmänner (FzM), nach Alter bei der Begutachtung
Jugendliche und Adoleszente*
13-17 Jahre 18-19 Jahre
(n=223) (n=197)
Erwachsene**
20-29 Jahre 30-39 Jahre 40-59Jahre
(n=461) (n=246) (n=307)
Transfrauen (MzF)
Transmänner (FzM)
22% 19%
78% 81%
34% 46% 74%
66% 54% 26%
* Stichprobe: Jugendliche und adoleszente Begutachtete, Hamburg und Frankfurt (n=420), vgl. Tab. 1
** Stichprobe: Erwachsene Begutachtete, Hamburg (n=1014), vgl. Tab. 1
Signifikanz der Unterschiede in der Geschlechtsverteilung zwischen den Altersgruppen, nach chi-Quadrat:
p<.001
16
Tabelle 6. Anteil der Transfrauen (MzF) und Transmänner (FzM) bei jugendlichen/ adoleszenten (19 Jahre und
jünger) und erwachsenen (20 – 59 Jahre alt) Begutachteten, nach Jahr der Begutachtung*
Jahr der Begutachtung
2005-13 2014-15 2016-17 2019-2019
(n=461) (n=253) (n=283) (n=256)
Transfrauen (MzF), 19 Jahre und jünger
Transmänner (FzM), 19 Jahre und jünger
Transfrauen (MzF), 20 – 59 Jahre
Transmänner (FzM), 20 – 59 Jahre
2% 4% 4% 2%
9% 16% 18% 28%
48% 35% 36% 33%
41% 45% 42% 37%
* Stichprobe: Begutachtete aller Altersgruppen, Hamburg (n=1253), vgl. Tab. 1
Signifikanz der Unterschiede des Anteils jugendlicher/ adoleszenter Transfrauen, nach Jahr der Begutachtung,
nach chi-Quadrat: ns
Signifikanz der Unterschiede des Anteils jugendlicher/ adoleszenter Transmänner, nach Jahr der Begutachtung,
nach chi-Quadrat: p<.001
17
Originalitätserklärung
Die Daten aus den Erhebungsjahren 2005 bis 2014 waren Teil einer Arbeit zur Kritik des
Transsexuellengesetzes in seiner jetzigen Form (Meyenburg et al., 2015). Eine Auswertung
der im gesamten Erhebungszeitraum (2005 bis 2019) erhobenen Daten unter
epidemiologischer Fragestellung, wie sie in dieser Arbeit vorgenommen wird, ist bis jetzt
nicht erfolgt.