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Mario
Müller,
Mirko
Schmidt
8
Achim
Conzelmann
Shavelson,
R„
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15,
553-580.
40
Spectrum
24
(2012)
Heft
1
Volker
Schürmann
b Ernst-Joachim
Hossner
Interdisziplinäre
Sportwissenschaft:
Vom
Umgang
mit
Perspektivität
/NTERD/SC/PUNARYSPORTSCIENCE:
ON
HANDLING
OF
PERSPECTIVITY
Zusammenfassung
Unser
Anliegen
ist
es,
einen
Beitrag
zum
Gelingen
von
Interdisziplinarilät
in
der
Sportwissen
schaft
zu
leisten.
Unsere
zentrale
These
lautet,
dass
wissenschaftliches
Erkennen
perspekti
visch
ist.
Deshalb
sind
die
Gegenstände
der
unterschiedlichen
wissenschaftlichen
Erklärungen
grundsätzlich
verschieden,
sodass
gewünschte
Inlerdisziplinarität
die
gemeinsam
kontrollierte
Konstruktion
eines
gemeinsamen
Gegenstandes
voraussetzt.
Nach
der
Erläuterung
dieser
Diese
wägen
wir
am
Ende
die
Konsequenzen
dieser
These
ah.
Schlagworte:
Sportwissenschaft
-
Wissenschaftstheorie
-
interdisziplinäre
Wissenschaft
Abstract
Our
concern
is
to
make
a
contribution
to
the
success
of
interdisciplinarity
in
Sport
Science.
Our
central
proposition
is
that
scientific
reasoning
is
based
on
perspectives.
Hence,
the
objects
of
different
scientific
explanations
are
fimdamentally
diverse.
For
this
reason,
striving
for
interdisciplinarity
requires
the
jointly
controlled
construction
of
a
Joint
scientific
ohject.
After
elaborating
on
the
argument,
we
finally
lake
into
consideration
the
consequences
ofour
proposition.
Key
words:
spart
Science
-
theory
of
Science
-
interdiscipiinary
Science
1
Die
Perspektivität
wissenschaftlicher
Analysen
Eine
Biomechanikerin
und
ein
Erziehungswissenschaftler
können
dieselbe
sportliche
Bewegung
analysieren
-
z.
B.
einen
Salto
vom
3-m-Brett.
Sie
werden
dabei
ver
schiedene
Aspekte
thematisieren.
Für
den
Fall
etwa,
dass
der
Sprung
misslungen
ist
und
die
Springerin
auf
dem
Rücken
landete,
wird
die
Biomechanikerin
zur
Erklärung
auf
so
etwas
wie
Gelenkwinkel
zu
sprechen
kommen,
der
Erziehungswissenschaft
ler
dagegen
auf
so
etwas
wie
Überforderung.
Dieses
Beispiel
kann
grundsätzlich
genommen
werden.
Die
Verschiedenheit
der
Aspekte
liegt
dabei
nicht
darin
begründet,
dass
die
Biomechanik
den
Naturwissen
schaften
zuzurechnen
ist,
die
Erziehungswissenschaft
aber
nicht.
Auch
in
der
Moto
rikforschung
werden
andere
Aspekte
jenes
Saltos
analysiert
als
in
der
Biomechanik.
Mehr
noch:
Die
Verschiedenheit
der
Aspekte
ist
nicht
einmal
dem
Umstand
ge
schuldet,
dass
in
dem
Beispiel
von
wissenschaftlichen
Analysen
die
Rede
ist.
Auch
in
nicht-wissenschaftlichen
Kontexten
begegnet
diese
Verschiedenheit.
Auf
die
41
Volker
Schürmann
B
Ernst-Joachim
Hossner
Frage
des
Tatort-Kommissars,
woran
jemand
gestorben
ist,
kann
man,
je
nach
Perspektive,
antworten
„an
einem
Unfall"
oder
„an
inneren
Blutungen".
Wir
begren
zen
uns
im
Folgenden
auf
wissenschaftliche
Analysen.
Wir
gehen
davon
aus,
dass
es
sich
bei
jener
Verschiedenheit
der
Aspekte
um
eine
Verschiedenheit
der
Perspektive
handelt,
nicht
aber
um
eine
Verschiedenheit
der
jeweils
thematisierten
Teile
der
Gesamtbewegung
.Salto'.
Diese
Unterscheidung
ist
keine
Spitzfindigkeit,
sondern
entscheidet
darüber,
was
wir
unter
„(nterdisziplinari-
tät"
verstehen.
Wir
stellen
in
Rechnung,
dass
es
zunächst
naheliegend
ist,
in
jener
Verschiedenheit
gerade
nicht
eine
Verschiedenheit
der
Perspektive
zu
sehen
und
stattdessen
etwa
wie
folgt
zu
erläutern;
Dass
die
Biomechanik
Ober
Gelenkwinkel,
die
Erziehungswis
senschaft
dagegen
über
Lernschwierigkeiten
redet,
das
sei
ganz
einfach
eine
Ar
beitsteilung
in
dem
Sinne,
dass
beiden
Disziplinen
die
Gesamtbewegung
gleichsam
„eine
Nummer
zu
groß"
sei,
und
dass
sie
sich
deshalb
klugerweise
auf
je
ausge
wählte
Teilaspekte
des
Ganzen
beschränken.
Wer
etwas
über
die
Gesamtbewegung
wissen
wolle,
müsse
dann
eben
interdisziplinär
die
verschiedenen
Spezialuntersu
chungen
zusammenführen,
und
genau
deshalb
sei
Interdisziplinarität
unverzichtbar
-
Interdisziplinarität
heißt
dort:
Zusammenführung
der
Ergebnisse
der
disziplinären
Analysen.
Perspektivität
meint
demgegenüber
etwas
anderes.
Verschiedenheit
der
Aspekte
meint
hier
nicht
einen
Unterschied
der
Teilaspekte,
sondern
eine
verschiedene
Sicht
des
Gesamtphänomens.
Perspektivität
meint,
dass
jeweils
die
Gesamt-Bewegung
.Salto'
in
den
Blick
genommen
wird,
aber
dies
in
verschiedener
Perspektive,
nämlich
einmal
im
Lichte
der
Biomechanik,
einmal
im
Lichte
der
Erziehungswissenschaft
-
Interdisziplinarität
setzt
hier
die
gemeinsame
Konstruktion
des
gemeinsamen
Ge
genstandes
voraus.
Ein
bloßer
Vergleich
von
Ergebnissen
kommt
hier
gleichsam
zu
spät.
Dieser
Unterschied
von
Teilanalysen
und
perspektivischen
Analysen
ist
nicht
von
uns
erfunden
{vgl.
Plümacher,
2010).
Eine
besonders
schöne
Metapher
für
Perspek
tivität
begegnet
bei
Leibniz:
Wenn
ein
Wanderer
auf
einer
Anhöhe
um
eine
unter
ihm
liegende
Stadt
wandert,
dann
sieht
er
jeweils
die
ganze
Stadt,
aber
er
sieht
sie
jeweils
ganz
anders.
Das
ist
eine
grundsätzlich
andere
Situation
als
diejenige,
in
der
dieser
Wanderer
der
Stadt
sozusagen
„auf
Augenhöhe"
begegnet,
indem
er
um
die
Stadtmauer
herum
oder
durch
die
einzelnen
Stadtviertel
geht.
Nie
sieht
er
dabei
die
ganze
Stadt,
sondern
immer
nur
Ausschnitte,
die
sich
allmählich
in
seiner
Vorstel
lung
zu
einem
Gesamtbild
zusammensetzen
mögen.
Plessner
(1928/1975,
S.
83)
hat
diesen
Unterschied
mit
(seinerseits
exemplarischem)
Verweis
auf
Kant,
Hegel
und
Husserl
ausdrücklich
festgehalten:
Die
für
das
Erkennen,
und
insbesondere
für
wissenschaftliches
Erkennen,
unaufhebbare
„Einseitigkeit
der
Erscheinung"
sei
als
„Aspektivität",
nicht
aber
als
„Subjektivität",
zu
begreifen
-
oder
in
heutiger
Termino
logie:
Es
ist
ein
Selbst-
oder
ein
Fremdmissverständnis,
wenn
konstruktivistische
Wissenschaftstheorien
mit
Subjektivismus
oder
Relativismus
konnotiert
werden,
denn
sie
machen
lediglich
die
unaufhebbare
Perspektivität
unseres
Erkennens
explizit.
42
Interdisziplinäre
Sportwissenschaft
2
Die
Umkehrung
der
Problemlage
Geht
man
von
diesem
Unterschied
von
Teilanalysen
und
perspektivischen
Analysen
aus,
und
damit
von
zwei
verschiedenen
Konzepten
von
Interdisziplinarität,
dann
kommen
zwei
gänzlich
verschiedene
Folgeprobleme
in
den
Blick.
Nimmt
man
den
Ausgang
von
Teilanalysen
und
begreift
Interdisziplinarität
entsprechend
als
Zusam
menfügung
der
Ergebnisse
dieser
Teilanalysen,
dann
ist
der
gemeinsame
Gegen
stand
als
problemlos
vorausgesetzt.
Wer
Teile
herausgreift,
setzt
explizit
oder
impli
zit
ein
Ganzes
voraus:
hier:
Es
handelt
sich
um
wissenschaftliche
Teilanalysen
jenes
vorwissenschaftlich-lebensweltlich
vorgegebenen
Saltos.
Geht
man
demgegenüber
vom
Konzept
der
Perspektivität
aus,
dann
ist
die
Gemein
samkeit
des
Gegenstandes
nicht
mehr
fraglos,
sondern
wesentlich
ein
Problem,
denn
es
gibt
jetzt
keinen
Bezugspunkt
mehr
vor
allen
perspektivischen
Analysen.
Um
in
Leibniz
’
Metapher
zu
bleiben:
Es
gibt
keine
Perspektive,
in
der
der
Wanderer
die
Stadt
.eigentlich'
sieht,
um
dann
sagen
zu
können,
dass
er
lediglich
Perspektiven
dieser
selben
Stadt
sieht.
Die
Stadt,
die
er
sieht,
sieht
er
nur
im
Wechsel
der
per
spektivischen
Sichten.
Das
macht
die
Stadt
nicht
zu
einem
Luftschloss,
denn
seine
Sichten
konstruieren
das
Gesehene
nicht,
aber
es
ist
dem
Konzept
der
Perspektivität
wesentlich,
dass
der
Wanderer
sich
gelegentlich
wundem
kann,
ob
er
denn
jetzt
tatsächlich
dieselbe
Stadt
sieht,
die
er
von
dort
drüben
gesehen
hat.
In
der
Praxis
interdisziplinärer
Arbeit
sind
unsere
Biomechanikerin
und
unser
Erzie
hungswissenschaftler
exakt
in
dieser
Situation.
Die
Verschiedenheit
ihrer
Analysen
ist
offenkundig;
Sie
geben
Antworten
auf
verschiedene
Fragen,
sie
geben
diese
Antworten
vermittels
anderer
Theorien,
Methodologien
und
Methoden,
und
die
praktischen
Anlässe,
in
denen
sich
jene
Fragen
gestellt
haben,
mögen
auch
ganz
andere
gewesen
sein.
Sie
sind
damit
wesentlich
in
der
Situation,
dass
nicht
fraglos
klar
ist,
ob
sie
dieselbe
Bewegung
in
anderem
Licht
sehen
oder
ob
sie
eine
andere
Bewegung
sehen.
Interdisziplinarität
setzt
hier
voraus,
sich
aktiv
über
die
Gemein
samkeit
des
Gegenstandes
zu
verständigen,
um
kontrollieren
zu
können,
ob
eine
Sache
verschieden
betrachtet
wird
oder
ob
zwei
verschiedene
Sachen
betrachtet
werden.
Unter
der
Maßgabe,
verschiedene
Analysen
des
gleichen
Phänomens
als
Unter
schied
der
Perspektive,
nicht
aber
als
Verschiedenheit
der
Teilaspekte,
zu
begreifen,
besteht
die
Aufgabe
also
darin,
unter
Wahrung
der
Verschiedenheit
der
Gegenstän
de
die
Möglichkeit
von
kontrollierten
Übersetzungen
zwischen
den
verschieden
perspektivierten
Analysen
aufzuweisen.'
1
1
Einen
guten
Vergleich
und
lohnende
Orientierung
bietet
das
Konzept
des
,ou-topischen
Gegen
über'
von
Lindemann
(2002).
Anlass
und
Thema
ist
dort
das
Hirntodkonzept.
Die
grundsätzliche
Schwierigkeit
liegt
darin,
dass
in
diesem
Konzept
zur
Todesfeststellung
maßgeblich
zwei
ver
schiedene
Wissenschaften
beteiligt
waren,
nämlich
die
Medizin
und
die
Rechtswissenschaft.
Deshalb
stellt
sich
dort,
und
in
interdisziplinären
Kontexten
generell,
die
grundsätzliche
Frage,
„wie
buchstäblich
ein-
und
derselbe
Körper
so
grundverschieden
sein
kann,
dass
er
zu
einem
integralen
Bestandteil
sowohl
eines
strafrechtlichen
Tatbestandes
als
auch
eines
komplexen
apparativ
gestützten
Messverfahrens
werden
kann.
Die
Verschiedenheit
des
Körpers
wäre
relativ
leicht
zu
begreifen,
aber
wie
kann
die
Identität
des
Körpers
aufrechterhalten
werden?"
(S.
74)
43
Volker
Schürmann
8
Ernst-Joachim
Hossner
Dazu
gehen
wir
von
dem
aus,
was
in
der
Bewegungswissenschaft
bereits
eingeführt
ist,
nämlich
vom
Modell
der
zu
unterscheidenden
Ebenen
bewegungswissenschaft
licher
Erklärungen.
Dort
ist
entschieden
die
Verschiedenheit
der
Perspektiven
her
ausgestellt-
zunächst
schlicht
aus
Gründen
der
Klarheit
des
Denkens.
3
Ebenen
des
Erklärens
Gehen
wir
aus
von
einer
festen,
aber
beliebigen
sportlichen
Bewegung
-
z.
B.
von
jenem
Salto
in
der
Schwimmhalle.
Man
kann
daran
mancherlei
fraglich
finden.
Aus
bewegungswissenschaftlicher
Sicht
richten
sich
typische
Fragen
auf
die
zugrunde
liegenden
Wirkungsketten
(physikalischer
Aspekt),
die
biologischen
Substrate
(implementationaler
Aspekt)
und
die
Organisation
des
sichtbaren
Verhaltens
(funktionaler
Aspekt)
(vgl.
Hossner,
2005,
2008).
Erweitert
man
den
Blickwinkel
auf
die
nicht
unmittelbar
bewegungserklärenden
Sichtweisen
innerhalb
der
Sportwis
senschaft,
lässt
sich
diese
Aufzählung
um
weitere
typische
Fragestellungen
fort
setzen,
beispielsweise
nach
zugrunde
liegenden
Motivstrukturen
(psychologischer
Aspekt),
nach
gesellschaftlichen
Bedingungen
(soziologischer
Aspekt),
nach
dem
kulturellen
Kontext
(kulturwissenschaftlicherZ-geschichtlicher
Aspekt)
oder
nach
den
erzieherischen
Absichten,
mit
denen
die
Bewegung
gelehrt
wird
(pädagogi
scher
Aspekt).
All
diese
Fragen
zielen
darauf,
dass
sie
durch
Empirie,
das
heißt
durch
wissenschaft
liche
Erfahrung,
beantwortet
werden.
Der
praktische
Anlass
könnte
pure
Neugier
sein
oder,
dass
Alltags-
oder
Expertenerfahrung
unsicher
geworden
sind.
So
oder
so
ist
Empirie
reflektierte
lebensweltliche
Erfahrung.
Was
es
daher
zur
wissenschaftli
chen
Beantwortung
jener
Fragen
braucht,
sind
bestimmte,
durchaus
auch
konkurrie
rende,
explizite
Theorien/Modelle
und
Methoden.
Das
werden
im
konkreten
Einzel
fall
auch
persönliche
Theorien
sein
können,
aber
es
werden
keine
rein
privaten
Theorien
sein
können.
Wissenschaftliche
Erfahrung
sichert
die
Güte
ihrer
Antworten
auf
jene
Fragen
wesentlich
durch
die
Kontrolle
der
theoretischen,
methodologischen
und
methodischen
Mittel
ihrer
Beantwortung.
Lebensweltliche
Erfahrung
verlässt
sich
demgegenüber
wesentlich
darauf,
dass
diese
Mittel
bis
dato
gut
brauchbar
waren.
Die
Konsequenz
dieser
Differenz
lebensweltlicher
und
wissenschaftlicher
Erfahrung
ist
die
Perspektivität
von
Empirie.
Es
ist
für
wissenschaftliche
Erfahrung
kein
Luxus,
sondern
konstitutiv,
dass
sie
durch
intersubjektiv
kontrollierte
Theorien,
Methodolo
gien
und
Methoden
zustande
gekommen
ist;
deshalb
ist
der
Gegenstand
dieser
Empirie
nicht
das
lebensweltliche
Phänomen
als
solches,
sondern
der
durch
jene
konstitutiven
Theorien,
Methodologien
und
Methoden
in
eine
wissenschaftliche
Analyse
versetzte
Gegenstand.
Um
es
möglichst
eindeutig
zu
sagen;
Ein
Atom,
ein
Elektron,
ein
schwarzes
Loch
sind
keine
physischen
Objekte,
sondern
sie
gibt
es
nur
als
Gegenstände
der
Physik,
weil
und
insofern
es
sie
nur
im
Kontext
einer
bestimm
ten
physikalischen
Theorie,
in
mathematischer
Sprache
formuliert,
im
Rahmen
bestimmter
experimenteller
Designs
geprüft
gibt.
Wahsner
(2002)
spricht,
zugege
ben
etwas
spitz,
von
physikalischen
Gegenständen
als
„Gedankendingen",
um
deren
theoretische
Konstituiertheit
möglichst
deutlich
von
den
naturalen
Tatbeständen
zu
44
Interdisziplinäre
Sportwissenschaft
unterscheiden,
die
die
physikalische
Theoriebildung
in
ihren
Rahmen
übersetzt
hat.
2
Und
analog
sind
weder
der
biomechanisch
noch
der
erziehungswissenschaftlich
analysierte
Salto
ein
passend
ausgeschnittener
Teil
des
lebensweltlichen
Saltos
in
der
Schwimmhalle,
sondern
ein
von
dort
ins
jeweilige
wissenschaftliche
.Labor'
hineingeholtes
Gedankending
.Salto'.
Das
Modell
der
zu
unterscheidenden
Ebenen
bewegungswissenschaftlicher
Erklä
rungen
macht
nichts
weiter
geltend
als
diese
Perspektivität
-
mit
der
dann
zwingen
den
Konsequenz,
dass
der
Salto
im
Labor
der
Biomechanik
ein
anderer
Salto
ist
als
in
den
.Laboren'
der
Neurowissenschaften,
der
Biochemie,
der
Motorikwissenschaft,
der
Psychologie,
der
Soziologie,
der
Geschichte,
der
Erziehungswissenschaft
etc.
Weil
dort
typischerweise
je
andere
Fragen
gestellt
werden
und
weil
diese
Fragen
mittels
unterschiedlicher
Theorien,
Methodologien
und
Methoden
beantwortet
werden,
deshalb
sind
die
dort
verschieden
konstituierten
.Salti'
wechselseitig
nicht
aufeinander
reduzierbar.
Diese
wechselseitige
Nichtreduzierbarkeit
begründet
unseren
obigen
Appell
an
die
Klarheit
des
Denkens:
Wer
nach
internen
Funktionszusammenhängen
von
sichtba
rem
Bewegungsverhalten
fragt,
hat
sich
oder
die
Frage
falsch
verstanden,
wenn
er
mit
einem
Verweis
auf
Gehirnströme
antwortet.
Wer
etwas
über
physikalische
Wirkungsketten
eines
Saltos
liest,
hat
sich
oder
das
Gelesene
falsch
verstanden,
wenn
er
beklagt,
dass
dort
nichts
von
den
pädagogischen
Absichten
oder
von
den
Lernhindernissen
der
Beteiligten
zu
lesen
ist.
Oder
um
ein
weniger
harmloses
Bei
spiel
zu
geben:
Wer
nach
der
Verantwortung
einer
Person
für
eine
von
ihr
begange
ne
Straftat
gefragt
wird,
der
verwirrt
das
Denken
und
wird
im
schlechten
Sinne
ideologisch,
wenn
er
diese
Frage
durch
einen
Verweis
auf
eine
neurowissenschaftli
che
Befundlage
beantwortet,
denn
juridische
Handlungsfreiheit
und
neuronale
Indeterminiertheit
sind
nicht
nur
nicht
dasselbe,
sondern
wechselseitig
unreduzier
bar
verschieden.
Im
besseren
Fall
sind
die
verschiedenen
Gegenstände
ineinander
übersetzbar,
aber
dazu
muss
die
Gemeinsamkeit
des
Bezugspunktes
aktiv
ausge
wiesen
sein
-
sie
kann
nicht
mehr
durch
Verweis
auf
die
Gemeinsamkeit
des
le
bensweltlichen
Anlasses
fraglos
vorausgesetzt
werden.
3
4
Unreduzierbarkeit
und
Disziplinarität
Die
oben
vorgenommene
Unterscheidung
von
Erklärungsebenen
ist
eine
Heuristik.
Es
ist
nicht
so,
dass
diese
Ebenen
aufeinander
unreduzierbar
sind,
sondern,
dass
die
Gegenstände
der
verschiedenen
wissenschaftlichen
Erklärungen
aufeinander
unre
2
Nimmt
man
die
Wissenschaften
als
Praktiken,
dann
kann
man
gar
sagen,
dass
ein
Elektron
kein
physischer,
sondern
ein
sozialer
Tatbestand
respektive
eine
kulturelle
Tatsache
ist.
3
Wir
gehen
davon
aus,
dass
die
Perspektivität
von
Empirie
eine
Perspektivität
zweiter
Stufe
ist,
das
heißt,
wir
unterstellen
nicht,
dass
es
in
lebensweltlicher
Erfahrung
subjektiv
und
erst
in
wissenschaftlicher
Erfahrung
perspektivisch
zugeht.
Aber
der
hier
verfolgte
Gedanken
gang
ist
neutral
gegenüber
diesem
Unterschied.
Wir
wollen
sagen,
dass
Empirie
kiarer-
weise
eine
perspektivische
Betrachtung
ist,
aber
damit
ist
weder
bestritten
noch
behauptet,
dass
lebensweltliche
Erfahrung
eine
Betrachtung
von
Teilaspekten
ist.
45
Volker
Schümann
B
Ernst-Joachim
Hossner
duzierbar
sind.
Die
Ebenen
werden
durch
typische
Fragen
generiert,
aber
diese
unterschiedlichen
Fragen
sind
nur
ein
Moment
der
Verschiedenheit
von
Erklärungen.
Hinzu
kommen
(mindestens)
unterschiedliche
praktische
Anlässe,
diese
Fragen
zu
stellen,
sowie
unterschiedliche
Theorien,
Methodologien
und
Methoden,
vermittels
derer
diese
Fragen
in
verschiedenen
Erklärungen
beantwortet
sind.
Welche
Ebenen
hier
sinnvoll
zu
unterscheiden
sind,
ist
historisch
variabel,
bleibt
ein
wenig
willkürlich
und
ist
nicht
zuletzt
eine
Frage
der
Wertung.
Ebenso
historisch
gewachsen
-
aber
veränderlich
-
geht
die
Typizität
der
Fragen
mit
bestimmten
Disziplinen
einher:
Typischerweise
fragt
eine
Sportsoziologin
nicht
nach
den
physikalischen
Wirkungsketten
einer
Bewegung,
und
wo
sie
es
doch
tut,
ist
sie
entweder
krude
Sozialdarwinistin
oder
aber
sie
muss
die
Rede
von
physikalischen
Wirkungen
in
soziologische
Terminologie
übe