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Soziale Medien als digitale Räume in der Erinnerung an den Holocaust: Eine Vorstudie zur Twitter-Nutzung von Holocaust-Museen und Gedenkstätten

Authors:

Abstract

Nur wenige Studien haben bis dato untersucht, wie Holocaust-Organisationen Soziale Medien in ihrer Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit einsetzen. Diese Studie präsentiert die Resultate einer Literaturrecherche zur Nutzung von sozialen Medien für die Holocaust-Gedenkarbeit und -Erziehung sowie die Ergebnisse einer quantitativen Vorstudie zur Twitter-Nutzung von sechs Holocaust-Museen und -Organisationen in Deutschland und Italien. To date, few studies have investigated social media use in Holocaust organizations to engage general public and to help expand their knowledge of the Holocaust. We present an overview of the literature about the usage of social media for Holocaust memorialisation and education and a preliminary study on the usage of Twitter in a sample of six Holocaust museums or organisations in Germany and Italy. Along with the results of a first quantitative analysis, we also provide indications for future research.
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geworden, welches Versuche zur Integration von
Erfahrungen und zur Schaffung einer kohärenten
Grundlage für individuelle und kollektive Identi-
täten verkörpert (O‘Connor 2019). Dementspre-
chend können die Rahmenbedingungen zur Ent-
stehung des kollektiven Gedächtnisses in diesem
Zusammenhang als „cadres mediaux“, als vermit-
telnder Rahmen, bezeichnet werden (Erll 2005).
Darüber hinaus ist die Erinnerungskultur häufig
mit konkreten Orten verbunden, beispielsweise
mit Gedenkstätten wie der Holocaust-Gedenk-
stätte in Berlin (Deutschland) oder Yad Vashem in
Jerusalem (Israel). Hier können Bezüge zu Noras
„lieux de memoire“ oder Orte der Erinnerung
hergestellt werden (François/Schulze 2009), die
Artefakte und Erinnerungsstätten sammeln, an
1 Einführung
Die Vermittlung von Memoria stellt einen wichti-
gen Part zur Herstellung und Wahrung kultureller
Identität dar. In diesem Zusammenhang kann
das kollektive Gedächtnis als ein Wissens- und
Informationsspeicher in den Erinnerungen sozialer
Gruppen definiert werden (Assmann/Czaplicka
1995). Jede Generation hat dabei ihre eigene Art
sich zu erinnern und es herrscht ein fortwährender
Diskurs darüber, in welcher Form erinnert werden
sollte. Durch die zunehmende Speicherung von
Erinnerungen in Medien spielen diese eine be-
deutsame Rolle, insbesondere zur Sicherung des
kulturellen Erbes. Diese mediatisierte Speicherung
ist zu einer Form des kollektiven Gedächtnisses
Soziale Medien als digitale Räume in
der Erinnerung an den Holocaust
Eine Vorstudie zur Twitter-Nutzung von
Holocaust-Museen und Gedenkstätten
Rehm • Manca • Haake
Martin Rehm, Stefania Manca und Susanne Haake
Nur wenige Studien haben bis dato untersucht, wie Holocaust-Orga-
nisationen soziale Medien in ihrer Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit
einsetzen. Diese Studie präsentiert die Resultate einer Literaturrecher-
che zur Nutzung von sozialen Medien für die Holocaust-Gedenkarbeit
und -Erziehung sowie die Ergebnisse einer quantitativen Vorstudie zur
Twitter-Nutzung von sechs Holocaust-Museen und -Organisationen in
Deutschland und Italien.
To date, few studies have investigated social media use in Holocaust or-
ganizations to engage general public and to help expand their knowledge
of the Holocaust. We present an overview of the literature about the
usage of social media for Holocaust memorialisation and education and a
preliminary study on the usage of Twitter in a sample of six Holocaust mu-
seums or organisations in Germany and Italy. Along with the results of a
first quantitative analysis, we also provide indications for future research.
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Rehm • Manca • Haake
denen sich das kollektive Gedächtnis kristallisiert
und akkumuliert.
Trotz nationaler Unterschiede in der Holocaust-
Erinnerungsarbeit, die „unweigerlich mit na-
tionalen Vorstellungen über Staat, Staatsbür-
gerschaft, Moral und Geschichte verbunden
sind“ (Schweber 2011, S. 462), wie auch der
unterschiedlichen Art und Weise, wie diese die
Geschichte, Kultur und Identität einer Nation
und damit auch die Konstruktion des Holocaust-
Gedächtnisses beeinflussen (Stevick/Michaels
2012), kann heute die Tendenz festgestellt wer-
den, dass die Aufarbeitung der Gräueltaten des
Holocausts als Teil der Entwicklung einer kollek-
tiven, transnationalen europäischen Erinnerungs-
kultur betrachtet wird (Levy/Sznaider 2006).
Globale Repräsentationen von Medien tragen
dazu bei, neue „kosmopolitische“ Erinnerungen
zu schaffen, die neue erkenntnistheoretische
Blickwinkel und neue moralisch-politische Inter-
dependenzen bieten (Levy/Sznaider 2006). So
wurde der Umgang mit dem Thema Holocaust
auch als eine Säule des Gedächtnisses hervor-
gehoben, die ethnische und nationale Grenzen
überschreitet (Assman 2010; Macdonald 2008).
Allerdings muss ebenso betont werden, dass das
transnationale Gedächtnis zwei miteinander ver-
knüpfte Dimensionen aufweist: i) eine politische
und ii) eine kulturelle Dimension. Im Kontext der
politischen Dimension wird das Gedächtnis als
„multi-actor commemoration field“ (Bell 2009)
gesehen, welches von verschiedenen politischen
Akteuren mit eigenen Erinnerungsvisionen be-
einflusst wird. Die kulturelle Dimension bezieht
sich auf die Stärke der emotionalen Präsenz
der Geschichten und Erinnerungen von Erin-
nerungsträgern. Eine Auseinandersetzung mit
diesen Erinnerungsträgern, insbesondere ihrer
Handlungen, Ressourcen und zugrundeliegen-
den Motivationen, ermöglicht es wiederum,
Schlussfolgerungen auf die politische Dimension
der transnationalen Erinnerung zu erfassen.
Die beiden Dimensionen werden zudem zum
Beispiel in sogenannten “memory wars“ (Stone
2013) gegeneinander ausgespielt. Während bis
vor kurzer Zeit die zentrale Rolle des Holocausts
in der westeuropäischen Identität und Erinne-
rung gesichert schien, werden heute Anzeichen
einer Erinnerungskrise betont (Levy/Sznaider
2006), die aus widersprüchlichen Wahrnehmun-
gen des Holocausts in verschiedenen Regionen
Europas resultiert. So wird in osteuropäischen
Ländern der Prozess der Globalisierung des
Holocaust-Diskurses oft kritisch und als Teil
eines Mechanismus zur weiteren Stärkung der
kulturellen Dominanz des Westens gesehen
(Van der Poel 2019). Zudem kann die osteuro-
päische Erinnerung an den Holocaust als ein Fall
von „multidirektionalem Gedächtnis“ (Rothberg
2009) bezeichnet werden. Kovács (2018) stellt
fest, dass die Erinnerung an den Holocaust als
Archetyp des Völkermords und die Verbrechen
des Kommunismus als rivalisierendes Erinne-
rungsgerüst in Osteuropa gesehen werden. Au-
ßerdem konnten zum Teil scharfe Auseinander-
setzungen in sozialen Medien nachgewiesen
werden, bei denen dasselbe historische Ereignis
von verschiedenen nationalen und ethnischen
Gruppen unterschiedlich erinnert wurde (De
Smale 2020). Es ist somit festzuhalten, dass
Erinnern in sozialen Medien kein homogener
Prozess ist. Stattdessen ist es ein Konzept mit
vielen Facetten, die in der inhaltlichen Ausei-
nandersetzung differenziert betrachtet werden
müssen. Dieser Diskurs steht jedoch nicht im
Fokus dieses Beitrags.
Vielmehr geht es hier um die Fortschritte in der
Kommunikationstechnologie, die neue Formen
der Holocaust-Erziehung und -Erinnerung er-
möglichen. Wie vor kurzem von der International
Holocaust Remembrance Alliance in den neuen
Empfehlungen für das Lehren und Lernen über
den Holocaust (IHRA 2019) betont wurde, kön-
nen soziale Medien einen wichtigen Faktor in der
heutigen Holocaust-Bildungsarbeit einnehmen.
Als Teil eines stärker informellen Unterrichts über
den Holocaust bieten sie Chancen einer anderen
Form der Diskussion über sensible und komplexe
Themen (Gross 2010). Holocaust-Museen mit
ihren pädagogischen Abteilungen, die wertvolle
und reichhaltige Ressourcen für Erinnerungsar-
beit und historisches Wissen anbieten, gewin-
nen in diesem Zusammenhang an Bedeutung
(Polgar 2019). Trotz einer vielfältigen Agen-
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da des Gedenkens sowie der Sensibilisierung
und Einbeziehung ihrer Besucher*innen können
Museen das Verständnis der Öffentlichkeit für
die Vergangenheit prägen und eine Tradierung
von Geschichte schaffen, stärken oder disku-
tieren (Eberle 2015; Agentur der Europäischen
Union für Grundrechte 2011; Gerstenfeld 2009).
In diesem Beitrag wird ein Überblick über die
Literatur zur Nutzung sozialer Medien zur Erin-
nerung und zum Gedenken an den Holocaust
gegeben, zusammen mit einer Vorstudie, die
Twitter-Profile einer Stichprobe italienischer und
deutscher Holocaust-Museen oder Institutionen
untersucht.1
2 Ein Überblick über die Literatur
Holocaust-Gedenkstätten und weitere Institu-
tionen des Gedenkens sind seit geraumer Zeit
im Internet präsent und kuratieren Websites,
Mailinglisten und soziale Medien (Brown/Wa-
terhouse-Watson 2014). Museen nutzen und
produzieren vielfältige Medien zur Vermittlung
und Kommunikation von Gedenkinhalten. Fran-
ken-Wendelstorf, Greisinger und Gries (2019)
erläutern den Wandel des „Lernortes Muse-
um“ und erweitern ihn in den digitalen Raum.
In dieser neuen Erinnerungslandschaft erweisen
sich soziale Medien als immer wertvollere Ins-
trumente, um Gedenkstätten den öffentlichen
Diskurs mit ihrer Zielgruppe zu ermöglichen
und die Kontakte zu vergangenen und zukünfti-
gen Besucher*innen zu pflegen. Facebook-Seiten,
Twitter-Accounts, Instagram-Profile und YouTu-
be-Kanäle stellen heute wichtige Bestandtei-
le des Kommunikationsportfolios verschiedener
Gedenk-Institutionen dar (Gray 2014; Pfanzelter
2016; Wong 2011). Darüber hinaus haben Mu-
seen, Bibliotheken und verwandte Kultureinrich-
tungen begonnen, soziale Medien zum Aufbau
von digital-sozialen Archiven zu nutzen (Bernsen/
Kerber 2017). Folglich sind soziale Medien zu ei-
nem gängigen Kommunikationskanal geworden,
die Museen, Gedenkstätten und Institutionen
zur Wissensverbreitung und Öffentlichkeitsarbeit
nutzen (Burkhardt 2015). Wie Pfanzelter (2016)
in ihrem Beitrag konstatiert: „Das Internet und im
Besonderen die sozialen Netzwerke prägen den
Diskurs entscheidend mit: Die Präsentation, Re-
präsentation und der Diskurs über die Geschichte
des und die Erinnerung an den Holocaust im
Internet ist ein Musterbeispiel für den transkul-
turellen Mediationsprozess zwischen Geschichte
und Erinnerung, zwischen Gedächtnis, Technik
und Kultur” (S. 213).
Trotz der Empfehlungen einiger Wissen-
schaftler*innen, die dazu auffordern, pädagogi-
sche Vorkehrungen im Zusammenhang mit der
Nutzung von Internettechnologien und sozialen
Medien zu treffen (Gray 2014; Pohl/Schwabe
2018), haben bisher nur wenige Studien die
Nutzung sozialer Medien für das Lehren und
Lernen über den Holocaust untersucht. So „gibt
es [immer noch] einen deutlichen Mangel an
Forschung darüber, wie das Internet und ins-
besondere Social Media das Wissen und Ver-
ständnis von [Jugendlichen] über den Holocaust
beeinflussen und wie sie das Thema in Bezug
auf seine Relevanz und Bedeutung wahrneh-
men“ (Gray 2014, S. 105). Während einige
bewährte Praktiken der Nutzung neuer Medien
im Gedenkkontext im Bereich der Holocaust-
Erziehung zu finden sind (Short/Reed 2017),
in denen Gedenkstätten-Websites, Formen des
Gedenkens in sozialen Medien und Anwendun-
gen im Gedenkstättenkontext für Unterrichtsas-
pekte in schulischen Kontexten beschrieben
werden, gibt es derzeit immer noch wenige
Darstellungen bewährter Praktiken in einem
nicht-pädagogischen Kontext oder in informel-
len Lernsettings (Assmann 2010).
Lazar und Hirsch (2015) analysierten die Inter-
aktionen innerhalb der Yahoo! answers-Gemein-
schaft anhand von Fragen, die von Schüler*innen
gestellt wurden, die Hilfe bei ihren Hausauf-
gaben suchten. Sie stellten fest, dass die hohe
Popularität dieser Internet-Gemeinschaften
Pädagog*innen und Wissenschaftler*innen, die
sich mit der Erziehung zum Gedenken an den
Holocaust beschäftigen, dazu aufforderte, sich
selbst enger mit diesem Medium zu beschäftigen,
da diese Form der Vermittlung eine beträchtliche
Rolle bei der Gestaltung der Art und Weise
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Rehm • Manca • Haake
spielen könnte, wie Schüler*innen an Fragen im
Zusammenhang mit dem Holocaust herangehen.
In einer weiteren Studie über den Einsatz von
Social-Media-Sites wie Facebook und Twitter für
das Lehren und Lernen von Geschichte betont
Burkhardt (2015), dass die Gestaltung eines
kompetenzorientierten Geschichtsunterrichts
unter Verwendung von Inhalten und Input aus
dem Social Web Konstruktionsprozesse von teil-
weise mediatisierten, historischen Erzählungen
erfordert. Im konkreten Fall des Museums und
der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau wurde
berichtet, dass die Aktivitäten ihres Twitter-
Profils zwar eine leichte Tendenz zur „Amerika-
nisierung des Holocausts“ in den Reaktionen der
Nutzer*innen zeigen, das Museum aber auch auf
antisemitische und neonazistische Kommentare
reagiert und historisch falsche Daten korrigiert
(Burkhardt 2017). Aus dieser Perspektive scheint
Twitter ein wirksames Medium für die Dekons-
truktion historischer Mythen zu sein, insbeson-
dere, wenn es ein breites Publikum anspricht
und historische Institutionen anzieht, die mit his-
torischen Fakten und Erkenntnissen zur Debatte
beitragen (Burkhardt 2018).
Allerdings berichten Studien in diesem Kontext
ebenso von gegensätzlichen Ergebnissen. So
zeigt eine vorläufige Analyse der Facebook- und
Twitter-Profile von Gedenkstätten ehemaliger
Konzentrations- und Vernichtungslager im All-
gemeinen eine eingeschränkte Aktivität oder ein
geringes Engagement (Manca 2019). Auch Wong
(2011) widmet sich der Frage, wie Holocaust-
Gedenkstätten und Museen soziale Medien
für ihre Zwecke nutzen und Mitarbeiter*innen
hierfür professionalisieren können. Hier werden
Spannungen und Synergien zwischen traditio-
neller und moderner Museumspraxis in der Per-
spektive der Auseinandersetzung mit ethischen
Fragen der Transparenz, Zensur, des Respekts
für die Menschen und des Kontrollverlustes der
Medieninhalte von Museen analysiert. Pfanzelter
(2015) stellt Beispiele aus Facebook und Wikipe-
dia vor und erörtert, wie soziale Medientechno-
logien, digitales Gedächtnis und ihre Darstellun-
gen in den neuen Medien fließend miteinander
verbunden sind und kontroverse Formen des
Holocaust-Gedenkens bieten können. In einer
Folgestudie zeigt Pfanzelter (2016), wie das In-
ternet nicht nur als Mittel der Beschleunigung
den Diskurs beeinflusst, sondern auch ein zen-
trales Instrument der öffentlichen Geschichte ist,
das in Zukunft die Erinnerung an den Holocaust
schrittweise vermitteln, prägen und fortführen
wird. Eine kürzlich erschienene Studie (Manca
2019) liefert schließlich eine erste Analyse darü-
ber, wie eine Auswahl von Gedenkstätten Face-
book und Twitter nutzen, um ihre Öffentlichkeit
sowohl auf inhaltlicher als auch auf relationaler
Ebene einzubinden. Die Ergebnisse zeigen, dass
es große Unterschiede bei der Nutzung der ver-
schiedenen sozialen Mediendienste gibt, wobei
viele von ihnen ein unterschiedliches Maß an
Engagement ihrer Öffentlichkeit in Bezug auf
generierte Inhalte, Interaktivität und Popularität
aufweisen.
Die oben berichteten Studien liefern unterschied-
liche Ergebnisse hinsichtlich des Potenzials und
der Herausforderungen bei der Nutzung sozialer
Medien, um die Nutzer*innen zum Thema Wis-
sensvermittlung über den Holocaust zu befähi-
gen. Sie zeigen ebenso die Notwendigkeit auf,
eine größere Vielfalt von Informationsquellen zu
berücksichtigen, die die digitalen Gewohnheiten
junger Menschen widerspiegeln, wie zum Bei-
spiel soziale Medien, die zu einem „Mainstream“-
Kommunikationskanal geworden sind. Vor diesem
Hintergrund ist weitere Forschung erforderlich,
um zu untersuchen, wie Holocaust-Gedenkstätten
und Museen soziale Medien nutzen, um das Wis-
sen über den Holocaust zu erweitern und das Be-
wusstsein über die vielen Formen der Holocaust-
Verzerrung zu schärfen (Gerstenfeld 2009).
3 Fallstudie: Twitter-Nutzung
von Holocaust-Institutionen in
Deutschland und Italien
In einer Fallstudie wird untersucht, wie sechs Holo-
caust-Institutionen in zwei Ländern, Deutschland
und Italien, über Twitter mit ihrer Öffentlichkeit in
Kontakt treten. Obwohl heute sowohl Deutsch-
land als auch Italien ein gewisses gemeinsames
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Verständnis des Holocausts teilen und zu einer
kollektiven transnationalen europäischen Erin-
nerungskultur beigetragen haben (Levy/Sznaider
2006), gibt es auch Unterschiede. Nach einer lang
anhaltenden kollektiven Amnesie, die bis in die
60er Jahre andauerte, nimmt Deutschland heute
auf offizieller Seite eine klare Haltung zu seiner
Verantwortung gegenüber der dunkelsten Periode
seiner Geschichte ein (Echikson 2019) und hat
sich in einem Prozess des Gedenkens engagiert,
in dessen Verlauf Dutzende von Gedenkstätten
und Museen in ehemaligen Konzentrationslagern
und an anderen Orten im ganzen Land errichtet
wurden. Was die Holocaust-Erziehung anbelangt,
so ist die Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit
in den Bildungsplänen der Schulen verankert und
die meisten Schüler*innen sind mit dem Holo-
caust durch einen öffentlich geführten Diskurs
vertraut (Pingel 2014).
Im Gegensatz hierzu ist die Haltung Italiens zur
Verantwortung, die der italienische Faschismus
für die antijüdischen Gesetze von 1938 hat,
ebenso wie zur Rolle, die Italiener*innen bei
den Verhaftungen und Deportationen der jüdi-
schen Bevölkerung Italiens nach 1943 gespielt
haben, noch nicht so klar (Sarfatti 2018; Sierp
2012). Dies hat einen tiefgreifenden Einfluss
darauf gehabt, wie das italienische kollektive
Gedächtnis an den Zweiten Weltkrieg und den
Holocaust nach dem Krieg konstruiert wurde
(Clifford 2013). So scheint ein Fokus auf der
italienischen Widerstandsbewegung und den
zahlreichen Massakern an Zivilisten, die von den
Deutschen verübt wurden, zu liegen (Echikson
2019). Obwohl das Studium des Holocaust in
allen italienischen Schulen obligatorisch ist, be-
steht nach wie vor ein starker Kontrast zwischen
„Erinnerung“ und „Geschichte“, wobei „Erinne-
rung“ als Alternative zu „Geschichte“ dargestellt
wird, die in Spannung zu ihr steht, anstatt ein
Kernaspekt von ihr zu sein (Eckmann/Stevick/
Ambrosewicz-Jacobs 2017).
Um zu untersuchen, wie die Erinnerungskultur in
sozialen Medien in beiden Ländern sich äußert
und welche Verbindungen hier bestehen, haben
wir in dieser Fallstudie, basierend auf einem
Forschungsprojekt für die International Holocaust
Remembrance Alliance (IHRA), sechs Holocaust-
Institutionen in Deutschland und Italien ausge-
wählt und untersucht, wie diese Twitter für ihre
Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit nutzen. Zu
diesem Zweck haben wir jeweils drei Gedenk-
stätten oder Institutionen aus beiden Ländern
auf Grundlage ihrer Social-Media-Aktivitäten auf
Twitter ausgewählt. Die drei Holocaust-Erinne-
rungsstätten für Italien sind die Fondazione Mu-
seo della Shoah, die Fondazione Fossoli und das
Museo Nazionale dell‘Ebraismo Italiano e della
Shoah; für Deutschland wurden die Gedenkstätte
Bergen-Belsen, das Max Mannheimer Studienzen-
trum Dachau und die KZ-Gedenkstätte Neuen-
gamme ausgewählt. Diese Auswahl dient dabei
als Grundlage für eine erste Erkundung und ein
besseres Verständnis davon, wie soziale Medi-
en herangezogen werden können, um online
Netzwerkstrukturen für die Erinnerungsarbeit zu
erschließen. Des Weiteren können so möglicher-
weise Überschneidungen und Berührungspunkte
zwischen den Aktivitäten dieser Einrichtungen
aufgezeigt werden. Folglich kann diese Arbeit
den ausgewählten Akteur*innen und anderen
Einrichtungen dabei helfen, ihr Bewusstsein für
die Reichweite und die Möglichkeiten von so-
zialen Medien zu erhöhen und somit ihre Fä-
higkeiten fördern, mit ihren Strategien für die
Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit insbesondere
jüngere Generationen anzusprechen.
3.1 Methoden
Im Rahmen dieser Studie wurden Twitter-Daten
von den ausgewählten Einrichtungen in einem
Zeitraum von April 2012 bis April 2020 er-
fasst. Mit Hilfe der Statistiksoftware R und der
Bibliothek rtweet wurden somit 5.604 Tweets
gesammelt.
Für die Auswertung wurde ein Mixed-Methods-
Ansatz verfolgt. Hierbei wurden sowohl soziale
Netzwerkanalysen (SNA) als auch bibliometri-
sche Analysen verwendet. Somit konnte eine
ökologische Perspektive eingenommen werden
(Bronfenbrenner 1979; Bronfenbrenner/Morris
1998). Basierend auf diesem bioökologischen
Entwicklungsmodell wird die menschliche Ent-
wicklung durch die Interaktion zwischen einem
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Individuum und seiner Umwelt geprägt. In die-
sem Modell ist es wichtig, die bidirektionalen
Einflüsse zwischen der Entwicklung des Indivi-
duums und den umgebenden Umweltkontexten
zu verstehen. Im Gegensatz zum traditionellen
„konfirmatorischen“ Ansatz der Hypothesen-
prüfung fordert das bioökologische Modell im
Hinblick auf Forschungsimplikationen „primär
generative“ Forschungsdesigns, die Wechsel-
wirkungen zwischen proximalen Prozessen und
der sich entwickelnden Person, der Umwelt,
der Zeit und dem Entwicklungsergebnis unter-
suchen. Als Weiterentwicklung der Studien von
Bronfenbrenner (1979) haben in jüngerer Zeit
Autor*innen wie Johnson und Puplampu (2008)
das Konzept des „ecological techno-subsystems“
vorgeschlagen. Hierbei wird sowohl die Interak-
tion des Menschen mit lebenden als auch mit
nicht lebenden (z. B. Hardware, Geräte) Elemen-
ten der Kommunikations-, Informations- und
Erholungstechnologien in unmittelbarer oder
direkter Umgebung in Verbindung gebracht.
Im Kontext dieses Artikels werden natürliche
Alltagssituationen beobachtet, bei denen der
wechselseitige interaktionistische Prozess zwi-
schen Akteuren und ihrer (sozialen) Umwelt
analysiert werden kann (Epp 2018). Dieser
Prozess wiederum kann einen Einfluss darauf
haben, wie individuelle Nutzer*innen mit öf-
fentlichen Einrichtungen in Verbindung treten
(McHale/Dotterer/Kim 2009). In diesem Zusam-
menhang bieten SNA eine Perspektive auf die
Makroebene, welche die zugrundeliegenden so-
zialen Netzwerkstrukturen aufzeigen kann (z. B.
Rehm/Notten 2016; Rehm/Cornelissen/Daly
2020; Buccafurri et al. 2015). In dieser Studie
liegt dabei der Schwerpunkt auf der Kartierung
der Netzwerkstrukturen. Als Grundlage hierfür
dienen die Follower (Profile der Nutzer*innen,
die den ausgewählten Einrichtungen auf Twitter
folgen) und Followees (Profile der Nutzer*innen,
denen von den ausgewählten Einrichtungen auf
Twitter gefolgt wird). Darüber hinaus wurde die
Reichweite der Twitter-Profile über geografische
Grenzen hinweg betrachtet. Hierzu wurden die
Profile der Nutzer*Innen untersucht, bei denen
mindestens vier der sechs gewählten Einrich-
tungen entweder als Follower auftauchten oder
gemeinsam einem anderen Profil folgten. Falls
eine solche Überschneidung bestand, wurde
diese qualitativ kodiert in: i) andere Holocaust-
Gedenkstätte, ii) jüdische Organisation, iii) pri-
vates Profil, iv) Weitere. Darüber hinaus wurde
das Herkunftsland der entsprechenden Profile
erfasst.
Die bibliometrischen Analysen bildeten eine
Meso-Ebene und verwendeten die SNA-Ergeb-
nisse als eine Art Filter, um eine fundiertere,
zweite Analyse durchzuführen. Bibliometrische
Analysen ermöglichen es uns, mit großen Text-
mengen umzugehen, welche, unter anderem,
in sozialen Medien produziert werden. Dieser
Ansatz wird dabei zunehmend als wertvoller
methodischer Ansatz angesehen, um darstellen
zu können, welche Beiträge und Informationen
von Nutzer*innen in sozialen Medien geteilt
werden (Alsumait et al. 2010). Um möglicher-
weise einen Teil der Gründe erklären zu können,
warum es vielleicht Überschneidungen zwischen
den Aktivitäten der gewählten Einrichtungen
über geografische Grenzen hinweg gab, wurde
außerdem die verwendete Sprache der gesam-
melten Tweets qualitativ kodiert. Wir verwende-
ten zudem latente semantische Analysen (LSA)
(Deerwester et al. 1990). LSA ist eine Tech-
nik der natürlichen Sprachverarbeitung, welche
Beziehungen zwischen Wörtern analysiert. Im
Rahmen dieser Arbeit wurde die Methode ge-
nutzt, um festzustellen, welche Hashtags in den
gesammelten Tweets am häufigsten verwendet
wurden, um die thematische Struktur der Kom-
munikation zu bestimmen.
3.2 Resultate
3.2.1 Demografische Angaben zu den Profilen der
Nutzer*Innen der ausgewählten Einrichtungen
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die grund-
legenden Informationen zu den sechs unter-
suchten Twitter-Profilen. Wie zu sehen ist, gibt
es eine beträchtliche Varianz in der Anzahl der
Follower und Followees, sowie im Verhältnis
Followee/Followers zwischen den sechs Pro-
filen. Die durchschnittliche Anzahl Followers
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liegt bei 2.325,8 (StAbw = 1.823,6), während
die durchschnittliche Anzahl der Followees 438
(StAbw = 357,1) beträgt. Betrachtet man die Un-
terschiede zwischen den beiden Ländern, so be-
trägt die durchschnittliche Zahl der Follower für
die deutschen Profile 3.319,3 (StAbw = 2.146,4)
und die durchschnittliche Zahl der Followees
510,3 (StAbw=492,6), während die Zahlen für
die italienischen Profile 1.332,3 (SD=863,4)
bzw. 365,7 (SD=246,1) betragen.
Während für alle Einrichtungen das Verhältnis
Followee/Followers unter 1 liegt, was für diese
Art von Konten typisch ist (Zafiropoulos/Vrana/
Antoniadis 2015), gibt es zudem eine beträcht-
liche Varianz in dieser Variable, mit einem
Maximum von 0,05 für die Gedenkstätte Bergen-
Belsen und einem Maximum von 0,30 für die
Fondazione Museo della Shoah.
3.2.2 Soziale Netzwerkanalyse
Abbildung 1 zeigt ein Soziogramm der Twitter-
Netzwerkstrukturen für die ausgewählten Ein-
richtungen. Während die Einrichtungen inner-
halb ihres Herkunftslandes gut vernetzt waren,
suggeriert Abbildung 1 auch, dass die deutschen
Einrichtungen anscheinend eine größere Anzahl
von Followern, dargestellt durch die größer wir-
kenden Punkt-Wolken um die entsprechenden
Twitter-Profile, angezogen haben als die italieni-
schen Institutionen.
Zudem ist zu erkennen, dass es auch eine Reihe
von Nutzer*innen gibt, die über die geogra-
fischen Grenzen hinweg bestimmten Einrich-
tungen folgen oder denen gefolgt wird. Diese
Nutzer*innen befinden sich in der Mitte von
Abbildung 1. Um nuancierte Informationen über
diese Konten zu bekommen, wurden die Art
des Kontos und ihr Herkunftsland kodiert. Im
Kontext der Follower waren die meisten Konten
entweder private Profile (43,33 %) oder andere
Holocaust-Institutionen (36,67 %). Beispielhaft
in der Kategorie der anderen Holocaust-Insti-
tutionen sind das Staatliche Museum Auschwitz-
Birkenau, das United States Holocaust Memorial
Museum – USHMM, das Mémorial de la Shoah,
Yad Vashem und die International Holocaust Re-
membrance Alliance. Mit Blick auf die möglichen
Herkunftsländer kamen die meisten Follower
Tabelle 1: Demografische Angaben zu den sechs ausgewählten Profilen der Nutzer*Innen
Abbildung 1: Soziogramm der Twitter-Netzwerk-
strukturen
Name Twitter Name Grün-
dungs-
datum
Follo-
wers Follo-
wees
Follo-
wee/
Follo-
wer
Anzahl
Tweets
(Allge-
mein)
analysierte
Tweets
Total in %
Gedenkstätte Bergen-Belsen belsenmemorial Nov 17 3202 163 0,05 7053 1000 14,18
Max Mannheimer Studienzentrum
Dachau MMSZ_Dachau Jun 13 1234 294 0,24 1146 998 87,09
KZ-Gedenkstätte Neuengamme MGedenkstaet-
teNG Okt 14 5522 1074 0,19 618 998 161,49
Fondazione Museo della Shoah MuseodellaShoah Feb 12 878 339 0,39 628 608 96,82
Fondazione Fossoli excampofossoli Jan 11 791 134 0,17 1527 1572 102,95
Museo Nazionale dell`Ebraismo
Italiano e della Shoah meis_museum Jan 10 2328 624 0,27 3118 1000 32,07
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entweder aus Deutschland (33,33 %) oder
Frankreich (16,67 %).
Betrachtet man die Kategorie der Followees, also
wem die Einrichtungen folgten, so waren die meis-
ten dieser Profile andere Holocaust-Institutionen
(78,13 %) oder jüdische Organisationen (15,63 %).
Zu den wohl bekanntesten dieser Profile gehören
das Anne Frank Haus, das Staatliche Museum
Auschwitz-Birkenau, das United States Holocaust
Memorial Museum – USHMM, das Mémorial de la
Shoah, die USC Shoah Foundation und Yad Vashem.
Die Herkunftsländer sind überwiegend europäi-
sche Länder (34,38 %), Nordamerika (31,25 %)
oder das Vereinigte Königreich (25,00 %).
Die Symbole der Knoten basieren auf dem Her-
kunftsland der Einrichtungen (Dreieck: Italien;
Kreis: Deutschland). Die Größe der Knoten-
punkte und die Größe der Beschriftung richtet
sich nach dem Grad ihrer Zentralität. Das Layout
wurde mit Hilfe des ForceAtlas2 Algorithmus
(Jacomy et al., 2011) erstellt.
3.3 Bibliometrische Analyse
Die Verteilung der verwendeten Sprachen in den
gesammelten Tweets wird in Tabelle 2 zusam-
mengefasst. Wie zu erwarten, wurde bei den
italienischen Profilen hauptsächlich Italienisch und
bei den deutschen Profilen Deutsch verwendet.
Die Verwendung englischsprachiger Tweets war
in fast allen Profilen weit verbreitet. Allerdings fällt
in diesem Rahmen insbesondere die Gedenkstätte
Bergen-Belsen auf, da sowohl Niederländisch,
Französisch als auch Spanisch, wenn auch in ei-
nem weit geringeren Maß, verwendet wurden.
Abbildung 2 zeigt eine Wortwolke der am
häufigsten verwendeten Hashtags in den ge-
sammelten Tweets. Neben kontextspezifischen
Hashtags, wie zum Beispiel #meis, #fondazione-
fossoli, #dachau und #bergenbelsen, fanden sich
auch Hashtags, die sich auf andere Holocaust-
Institutionen (z. B. #auschwitz) bezogen. Darü-
ber hinaus wurden von den sechs untersuchten
Einrichtungen auch Hashtags wie #weremember
und #memorialwalk verwendet, die auf inter-
nationale Initiativen zu verschiedenen Aspekten
des Holocaust-Gedenkens hinweisen.
4 Zusammenfassung
Diese Studie präsentierte die Resultate einer
Literaturrecherche zur Nutzung von sozialen
Medien für die Holocaust-Gedenkarbeit und
-Erziehung sowie die Ergebnisse einer quan-
titativen Vorstudie zur Twitter-Nutzung von
sechs Holocaust-Museen und Institutionen in
Tabelle 2: Verteilung der verwendeten Sprachen
Abbildung 2: Wortwolke der häufigsten Hashtags
Twitter Name Deutsch Italienisch Englisch Nieder-
ländisch Französisch Spanisch Polnisch
Total in % Total in % Total in % Total in % Total in % Total in % Total in %
belsenmemorial 505 50,50 0 0,00 476 47,60 16 1,60 3 0,30 0 0,00 0 0,00
MMSZ_Dachau 942 94,39 0 0,00 53 5,31 0 0,00 0 0,00 3 0,30 0 0,00
MGedenk-
staetteNG 637 63,83 1 0,10 303 30,36 15 1,50 17 1,70 22 2,20 3 0,30
MuseodellaShoah 0 0,00 571 93,91 36 5,92 0 0,00 0 0,00 1 0,16 0 0,00
excampofossoli 0 0,00 957 60,88 41 2,61 0 0,00 1 0,06 1 0,06 0 0,00
meis_museum 0 0,00 899 89,90 96 9,60 0 0,00 1 0,10 4 0,40 0 0,00
Total 2084 37,19 2428 43,33 1005 17,93 31 0,55 22 0,39 31 0,55 3 0,05
merz wissenschaft
70
Deutschland und Italien. Wir konnten zeigen,
dass die sechs ausgewählten Holocaust-Museen
und -Institutionen auf Twitter recht aktiv sind,
wenn auch in unterschiedlichem Maße, um
andere Twitter-Nutzer*innen als Follower zu
gewinnen und mit ihnen in Kontakt zu treten.
Das Gründungsdatum der Twitter-Profile scheint
dabei keinen Einfluss auf die Fähigkeit gehabt
zu haben, Follower anzuziehen oder Inhalte
zu produzieren. Insgesamt scheinen die deut-
schen Profile eher in der Lage zu sein, höhere
Reichweiten und Aktivitätsniveaus zu erreichen.
Im Allgemeinen zeigen alle Profile eine länder-
spezifische Struktur ihrer Follower, was wahr-
scheinlich mit der verwendeten Sprache der
Tweets zusammenhängt. Dieses Ergebnis steht
im Einklang mit früheren Studien, die eine Prä-
valenz von Nationalsprachen auf Facebook- und
Twitter-Profilen (Manca 2019) und eine globale
Tendenz zur Kultivierung einer Atmosphäre der
„nationalen Intimität“ (de Bruyn 2010; Imre
2009) aufgezeigt haben. Die Analyse der Profile,
die eine „Brücke“ zwischen den beiden Ländern
bilden, hat gezeigt, dass ihnen hauptsächlich
private Nutzer*innen und andere Holocaust-In-
stitutionen folgen. Des Weiteren konnte gezeigt
werden, dass die Einrichtungen alle einer Reihe
von internationalen Holocaust-Institutionen fol-
gen. Eine mögliche Begründung hierfür könnte
sein, dass sie auf dem Laufenden bleiben,
Querverweise herstellen und ein Netzwerk von
Holocaust-Institutionen aufbauen wollen. Diese
letztgenannte Erkenntnis legt nahe, dass die Ge-
meinschaftsbildung und Kooperation zwischen
Holocaust-Institutionen über soziale Medien
bereits genutzt wird und Potenzial zur weiteren
Kultivierung und Aktivierung bietet. So könnte
zum Beispiel angeregt werden, verstärkt über
solche Kanäle zu kooperieren und gemeinschaft-
liche Strategien zu entwickeln. Dies wiederum
könnte die Ziele der Institutionen unterstützen,
um Holocaust-Gedenkveranstaltungen anzubie-
ten und einer Verzerrung des Holocaust entge-
genzuwirken (Gerstenfeld 2009).
Die Studie lässt aber natürlich noch Fragen
offen, die künftig angegangen werden sollten,
um Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, wie
soziale Medien verschiedene Erinnerungskultu-
ren unterstützen. So sollte beispielsweise un-
tersucht werden, inwiefern es (grundlegende)
Unterschiede in der Konzeption und Umsetzung
von Holocaust-Gedenkstätten und Museen in
Italien und Deutschland gibt (z. B. Dekel 2013).
Dies würde erlauben, mögliche Differenzen zu
evaluieren und Relationen zur entsprechenden
Erinnerungskultur aufzuzeigen (Minerbi/Sarfatti
2007). Da diese Studie darüber hinaus nur eine
erste quantitative Analyse der sozialen Medien
als Kommunikationsmittel liefert, ist eine einge-
hende Untersuchung der inhaltlichen Aspekte
erforderlich, um zu verstehen, wie und warum
die Gedenkstätten mit ihrer Öffentlichkeit in
Kontakt treten und wie sich dieses Engagement
auf Erinnerungskulturen, den Umgang mit der
NS-Geschichte und Bildungsansätze auswirkt.
Ein weiterer Anhaltspunkt für weiterführende
Studien ist die unterstrichene Zentralität des
Begriffs Auschwitz sowohl als Schreckensbild der
ehemaligen NS-Vernichtungslager, als auch als
breiteres Thema im Holocaust-Diskurs. Dieses
Ergebnis sollte weiter erforscht werden, um
seine Rolle weiter zu beleuchten (Pettigrew/Ka-
rayianni 2019). Zudem könnte der Frage nach-
gegangen werden, inwieweit das Holocaust-
Gedächtnis ein multidirektionales Gedächtnis
(Rothberg 2009) und ein globalisiertes Gedächt-
nis (Levy/Sznaider 2006) im Hinblick auf die in
sozialen Medien umgesetzten Erinnerungspoliti-
ken der beiden Länder darstellt.
Zukünftige Studien sollten sich zudem dezi-
dierter mit den Implikationen solcher Untersu-
chungen für die Bildungsarbeit auseinanderset-
zen. So hat auch Gray (2014) festgestellt, dass
„es [immer noch] einen deutlichen Mangel an
Forschung darüber gibt, wie das Internet und
insbesondere die sozialen Medien das Wissen
und Verständnis der Schüler*innen über den
Holocaust beeinflussen und wie sie das Thema
im Hinblick auf seine Relevanz und Bedeutung
wahrnehmen“ (S. 105). Hierzu bedarf es noch
mehr empirischer Belege, um die Potenziale von
sozialen Medien für die Holocaust-Erziehung
noch besser zu eruieren. (Demantowsky/Pallas-
ke 2014; Manfra/Stoddard 2008).
merz wissenschaft
71
Rehm • Manca • Haake
Schließlich ist im Hinblick auf mögliche nächste
Schritte in der Erforschung der Thematik zu
betonen, dass der Fokus dieser Studie auf Twit-
ter zwar eine erste explorative Analyse erlaubt,
die Untersuchung des digitalen Gedächtnisses
des Holocaust allerdings eine größere Vielfalt an
plattformspezifischen Formaten und Praktiken
erfordert, da sie durch spezifische Bedingungen,
Regeln und Besonderheiten gekennzeichnet
sind (Makhortykh 2019). Sie bestimmen, wie
digitale Erinnerungsstücke veröffentlicht und ge-
speichert werden und wie mit ihnen interagiert
wird. Zukünftige Forschung sollte deswegen
eine breitere Palette von sozialen Medien, wie
zum Beispiel Facebook oder Instagram, mit ein-
beziehen, um zu untersuchen, wie das kulturelle
Gedächtnis in den verschiedenen Medien umge-
setzt wird (van Dijck 2004).
Anmerkung
1 Die Studie ist Teil des Forschungsprojekts von Stefania
Manca: “Teaching and learning about the Holocaust with
social media: A learning ecologies perspective” – Doctoral
programme in “Education and ICT (e-learning)”, Universat
Oberta de Catalunya, Spain. Zudem wurde die Arbeit
möglich gemacht durch den IHRA-Grant Nr. 2020-792
“Countering Holocaust Distortion on Social Media. Pro-
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teaching and learning about the Holocaust”.
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... For the most part, much critical debate about social media use has focused on so-called dark tourism at Holocaust memorial sites [21], namely visitors taking selfies and other tourist photographs and subsequently sharing them on social media with hashtags [22][23][24]. By contrast, little research has focused on proactive social media use by Holocaust institutions, such as memorials and museums [21,[25][26][27]. In today's digital age, Holocaust museums act both as physical monuments and as mediated and virtual spaces and are thus located at the intersection between commemorative memory and mediated memory [12]. ...
... This demonstrates that the Polish museum's Twitter profile acts as a "bridge" among other Holocaust organisations' profiles, thus contributing to cross-referencing and network-building among Holocaust commemoration bodies. Further research might investigate how social media is used for community building among Holocaust organisations, with opportunities for the development of cooperation strategies and experiences [27]. As for content media typology, AMM and YV have a stronger tendency to publish Twitter content that contains images and/or links to external resources, while USHMM seems to prefer textual information. ...
Article
Full-text available
With the passing of the last testimonies, Holocaust remembrance and Holocaust education progressively rely on digital technologies to engage people in immersive, simulative, and even counterfactual memories of the Holocaust. This preliminary study investigates how three prominent Holocaust museums use social media to enhance the general public’s knowledge and understanding of historical and remembrance events. A mixed-method approach based on a combination of social media analytics and latent semantic analysis was used to investigate the Facebook, Twitter, Instagram, and YouTube profiles of Yad Vashem, the United States Holocaust Memorial Museum, and the Auschwitz–Birkenau Memorial and Museum. This social media analysis adopted a combination of metrics and was focused on how these social media profiles engage the public at both the page-content and relational levels, while their communication strategies were analysed in terms of generated content, interactivity, and popularity. Latent semantic analysis was used to analyse the most frequently used hashtags and words to investigate what topics and phrases appear most often in the content posted by the three museums. Overall, the results show that the three organisations are more active on Twitter than on Facebook and Instagram, with the Auschwitz–Birkenau Museum and Memorial occupying a prominent position in Twitter discourse while Yad Vashem and the United States Holocaust Memorial Museum had stronger presences on YouTube. Although the United States Holocaust Memorial Museum exhibits some interactivity with its Facebook fan community, there is a general tendency to use social media as a one-way broadcast mode of communication. Finally, the analysis of terms and hashtags revealed the centrality of “Auschwitz” as a broad topic of Holocaust discourse, overshadowing other topics, especially those related to recent events.
... Research has shown that museums already follow each other (Manca, 2021b;Rehm, Manca, & Haake, 2020), but stronger cooperation, e.g., in the context of commemorative days or joint actions, would open up further opportunities. Working with larger museums would allow "smaller" museums to attract attention and reach more users. ...
Technical Report
Full-text available
Executive summary The context. Abuse, excuse, misrepresentation and manipulation of the history of the Holocaust are far from a fringe phenomenon. They have an international dimension and considerable weight (e.g., governments that seek to minimize their historical responsibility, conspiracy theorists who accuse Jews of exaggerating their suffering for financial gain, and online users who make use of imagery and language associated with the Holocaust for political, ideological, or commercial purposes unrelated to its history). As for social media, while their rise has enabled individuals and groups to connect on a global level and to gain instant access to information and knowledge, they have also allowed dissemination and spread of hateful content, including antisemitism and Holocaust denial and distortion, at an unprecedented rate. The problem. Although agencies and institutions concerned with Holocaust education and remembrance are well aware of the growing role of digital communication, there is little understanding of how small- and medium-sized Holocaust museums and memorials use social media to disseminate knowledge and memory of the Holocaust to the general public and to counter manipulation and distortion of Holocaust history. Both academic research and stakeholders have so far focused on the mission and practices of major Holocaust agencies, while neglecting to investigate the potential and critical issues that small and medium-sized museums and memorials face in both disseminating historical content and dealing with the phenomenon of distortion on social media. The contribution. This project focuses on a group of Holocaust museums and memorials located in two countries – Italy and Germany – in order to investigate their use of the main social media - Facebook, Twitter, Instagram and YouTube - for the purposes of disseminating historical content, carrying out commemorative practices and countering the spread of Holocaust distortion. The project adopts an approach that conceives social media as a positive technology both for detecting good practices and for exploring critical issues in the very use of social media themselves. The approach is based on an investigative method that employs a range of quantitative and qualitative research tools. The idea is to analyse how museums and memorials use social media to expand Holocaust knowledge and memory, especially among the younger generations, and to activate groups of users and co-creators involved in user-generated content to protect the facts about the Holocaust and mitigate the challenges of distortion. The results. The various analyses carried out in the project have revealed a number of good practices and limitations that can currently be found in the social media profiles of the surveyed museums and memorials. Furthermore, although Holocaust remembrance has become a global, transcultural phenomenon, especially within European countries, national differences also exist between different local environments. The results achieved have made it possible to identify a number of current limitations, such as a mismatch between scholarly debates and public knowledge, limited bi-directional interaction with social media users, and the provision of materials that are not generally suitable for younger generations. A number of recommendations and guidelines have also been produced, such as further expanding historical knowledge of the Holocaust, investigating users’ preconceptions and biases, promoting the digital culture of remembrance, actively involving the follower/fan communities, and networking between entities with limited resources to share good practices and plan joint activities. These are all measures that Holocaust museums and memorials may adopt to encourage the development of forms of Holocaust knowledge and remembrance that are participatory, innovative and critical.
... COLLABORARE E LAVORARE INSIEME PER AUMENTARE L'IMPATTO E sCaMBiarsi inForMaZioni la ricerca ha dimostrato che i musei si seguono già a vicenda sui social (Manca, 2021b;rehm, Manca, & haake, 2020), ma una cooperazione più forte, ad esempio nel contesto di giornate commemorative o azioni congiunte, aprirebbe ulteriori opportunità. la collaborazione con i musei più grandi permetterebbe ai musei più "piccoli" di attirare l'attenzione e raggiungere un maggior numero di utenti. ...
Technical Report
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Abusi, scuse, travisamenti e manipolazioni della storia della Shoah si possono riscontrare a tutti i livelli della società. Si tratta di un fenomeno tutt'altro che marginale: se ne possono trovare esempi nei governi che cercano di minimizzare la loro responsabilità storica, nei teorici della cospirazione che accusano gli ebrei di esagerare le loro sofferenze a scopo di lucro e negli utenti online che fanno uso di immagini e linguaggio associati alla Shoah per scopi politici, ideologici o commerciali che non hanno legami con la sua storia. Indipendentemente dalla sua forma, la distorsione della Shoah e i suoi potenziali effetti diretti o indiretti - antisemitismo, negazione della Shoah, miti cospirativi e nazionalismo estremo - hanno una dimensione e una rilevanza internazionale e pertanto richiedono una risposta internazionale. Per quanto riguarda i social media, se da un lato la loro ascesa ha permesso a individui e gruppi di connettersi a livello globale e di avere accesso istantaneo a informazioni e conoscenze, dall'altro hanno consentito l’esponenziale diffusione e la divulgazione di contenuti carichi d’odio, tra cui l'antisemitismo e la negazione e distorsione della Shoah. Il presente rapporto intende fornire ai musei e ai memoriali della Shoah una serie di linee guida e raccomandazioni per contrastare il fenomeno della distorsione della Shoah sui canali dei social media. Poiché queste istituzioni si configurano come pilastri sempre più importanti contro la distorsione della Shoah, esse non solo hanno molteplici opportunità di salvaguardare la documentazione storica ma hanno anche bisogno di aiuto per affrontare le sfide poste da coloro che distorcono la verità. In quest'ottica, il rapporto evidenzia diverse azioni che i memoriali e i musei della Shoah possono intraprendere per contribuire a ridurre l'impatto delle diverse forme di distorsione della Shoah sui social media. A differenza della negazione della Shoah, cioè il tentativo di cancellare la Shoah dalla storia, la distorsione della Shoah giustifica, minimizza o travisa la Shoah in una varietà di modi utilizzando vari mezzi di comunicazione non sempre facilmente identificabili. Mentre vi è un ampio consenso sul fatto che la negazione della Shoah sia alimentata dall'antisemitismo, la distorsione della Shoah è considerata una forma di antisemitismo secondario o una manipolazione della storia della Shoah e della sua memoria per vari scopi. Sebbene la narrazione storica irresponsabile e abusiva possa riguardare qualsiasi evento storico, oggi il numero di mutazioni e distorsioni della storia della Shoah sta crescendo e sta progressivamente assumendo diverse forme dilaganti. Poiché non esistono misure uniche e generali contro tutte le forme di distorsione, dovranno essere attuate diverse azioni specifiche a seconda del contesto geografico o sociale.
... Research has shown that museums already follow each other (Manca, 2021b;Rehm, Manca, & Haake, 2020), but stronger cooperation, e.g., in the context of commemorative days or joint actions, would open up further opportunities. Working with larger museums would allow "smaller" museums to attract attention and reach more users. ...
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Abuse, excuse, misrepresentation and manipulation of the history of the Holocaust can be found at all levels of society. This is far from a fringe phenomenon: examples may be found in governments that seek to minimize their historical responsibility, conspiracy theorists who accuse Jews of exaggerating their suffering for financial gain, and online users who make use of imagery and language associated with the Holocaust for political, ideological, or commercial purposes unrelated to its history. Regardless of its form, Holocaust distortion and its potential direct or indirect effects – antisemitism, Holocaust denial, conspiracy myths and extreme nationalism – have an international dimension and relevance, and require an international response. As for social media, while their rise has enabled individuals and groups to connect on a global level and to have instant access to information and knowledge, they have also allowed spread and dissemination of hateful content, including antisemitism and Holocaust denial and distortion at an unprecedented rate. This report aims to provide Holocaust museums and memorials with a set of guidelines and recommendations to counter the phenomenon of Holocaust distortion on social media channels. As these institutions are increasingly important bulwarks against Holocaust distortion, they have manifold opportunities for safeguarding the historical record and need help to face the challenges posed by those who distort the truth. In this light, the report highlights several actions that Holocaust memorials and museums can take to help reduce the impact of different forms of Holocaust distortion on social media. Unlike Holocaust denial – the attempt to erase the Holocaust from history – Holocaust distortion excuses, minimizes, or misrepresents the Holocaust in a variety of ways and through various media which are not always readily identifiable. While there is broad agreement that Holocaust denial is fuelled by antisemitism, Holocaust distortion is either considered a form of secondary antisemitism or manipulation of Holocaust history and its memory for various purposes. Although irresponsible and abusive history may affect any historical event, today the number of mutations and distortions of Holocaust history are growing and are progressively assuming diverse rampant forms. As there are no single, general measures against all forms of distortion, several specific actions will have to be implemented depending on the geographical or social context.
... While existing research has yielded interesting results on remarkable individual institutions (Dalziel, 2016;Lundrigan, 2020;Manca, 2021b;Manikowska, 2020;Wight, 2020;Zalewska, 2017), or on small samples of Holocaust entities (Manca, 2019;Rehm, Manca, & Haake, 2020), there is a need to investigate how a broader sample of Holocaust museums and memorials of different size engage in social media. ...
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In this report, we present the findings of a survey which was aimed at investigating if and how a large sample of Holocaust museums and memorials use Social Media (SM) in their communication channels. The findings reported in this study reflect the responses of 69 Holocaust museums and memorials from across the world. The most representative countries are Germany (36.2%), the United States of America (13.0%), Italy (10.1%), Austria (5.8%) and Poland (5.8%). The institutions vary widely in age, ranging from the Auschwitz-Birkenau State Museum and Památník Terezín, established in 1947, to the most recent KL Plaszow Museum and Memorial in Krakow, opened in 2021. In terms of type, they are mostly Memorial Sites (54%), Holocaust Museums (38%) and Former Concentration Camps (41%), but War and Military and Virtual museums are also included in the sample. Almost all the institutions have a website (99%) and 61 out of 69 (88%) reported using SM as a communication channel. Key Findings • Attitudes towards social media are globally positive, with 96% of respondents that consider SM beneficial for the museum/memorial and an important means for outreach (91%). While respondents consider SM a worthwhile investment (83%), they also expressed a need for dedicated resources to be set aside for SM (72%), with 54% reporting that SM require more resources than the museum can currently afford. • 59% of the institutions using SM have been doing so for over three years. • The Museums/memorials that use SM tend to concentrate on a few platforms. Facebook is the most frequently used (87% use it daily or weekly), followed by Instagram (62%, daily and weekly use) and Twitter (45%, daily and weekly use). • 48% of the institutions have an internal SM manager, while only 10% use an external SM Manager. In 31% of cases, the Director is in charge of social media profiles. Persons in charge of SM profiles have specific expertise in SM management or marketing only in 38% of cases. . • In terms of SM content, the institutions tend to publish mainly educational material (80%), to use SM for sharing information about activities and initiatives (74%) and to organise educational events (70%) often or very often. • 90% of the respondents reported that their institution follows the SM profile of other museums/memorials and 67% declared that they draw inspiration from those profiles. • Only 30% reported the intention to change their SM policies and strategies, mostly to diversify content according to the nature of the different platforms, to develop specific content for SM, to increase the number of platforms used, and to improve strategies and interaction with followers/fans. • As for changes induced by the COVID-19 pandemic, 89% reported pandemic-induced changes in various activities. Most institutions have increased the number of online events (79%), the frequency of posting (75%), and the variety of contents (74%). Other activities such as fundraising campaigns (80%) and contests/competitions (79%) have remained constant, while training on SM marketing has only increased in 25% of cases.
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FÜR WEN SIND DIESE LEITLINIEN UND EMPFEHLUNGEN GEDACHT? Dieser Bericht soll Holocaust-Museen und -Gedenkstätten eine Reihe von Leitlinien und Empfehlungen an die Hand geben, um dem Phänomen der Holocaust-Verzerrung auf Social-Media- Kanälen zu begegnen. Da diese Einrichtungen zunehmend wichtige Eckpfeiler gegen die Verzerrung des Holocausts darstellen, haben sie vielfältige Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten, die historische Überlieferung zu schützen, und benötigen Unterstützung, um den Herausforderungen, die von denjenigen ausgehen, die die Wahrheit verzerren, zu begegnen. Vor diesem Hintergrund hebt der Bericht mehrere Maßnahmen hervor, die Gedenkstätten und Museen ergreifen können, um die Auswirkungen der verschiedenen Formen der Holocaust-Verzerrung in den sozialen Medien zu verringern. WARUM IST DIE VERZERRUNG DES HOLOCAUSTS EIN ANLIEGEN DER ZIVILGESELLSCHAFT? Missbrauch, Ausreden, falsche Darstellungen und Manipulationen der Geschichte des Holocausts sind auf allen Ebenen der Gesellschaft zu finden. Dabei handelt es sich keineswegs um ein Randphänomen: Beispiele finden sich bei Regierungen, die versuchen, ihre historische Verantwortung zu minimieren, bei Verschwörungstheoretikern, welche jüdische Gemeinschaften mit Anschuldigungen konfrontieren ihr Leid zu ihrem Vorteil zu übertreiben, und bei Online-NutzerInnen, welche die mit dem Holocaust assoziierte Bilder und Sprache für politische, ideologische oder kommerzielle Zwecke verwenden, die nichts mit der Geschichte zu tun haben. Unabhängig von ihrer Form haben die Verzerrung des Holocausts und ihre potenziellen direkten oder indirekten Auswirkungen - Antisemitismus, Holocaust-Leugnung, Verschwörungsmythen und extremer Nationalismus - eine internationale Dimension und Relevanz, welche eine internationale Reaktion erfordern. Was die sozialen Medien anbelangt, so haben diese zwar Einzelpersonen und Gruppen die Möglichkeit gegeben, sich auf globaler Ebene zu vernetzen und sofortigen Zugang zu Informationen und Wissen zu erhalten, aber sie haben auch die Verbreitung von hasserfüllten Inhalten, einschließlich Antisemitismus, Holocaust-Leugnung und -Verzerrung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß ermöglicht. WAS SIND DIE HERAUSFORDERUNGEN BEI DER BEKÄMPFUNG DER HOLOCAUST-VERZERRUNG? Im Gegensatz zur Holocaust-Leugnung - dem Versuch, den Holocaust aus der Geschichte zu löschen - wird bei der Holocaust-Verzerrung, welche nicht immer leicht zu identifizieren ist, der Holocaust auf unterschiedliche Weise in Medien entschuldigt, verharmlost oder falsch dargestellt. Während weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass die Leugnung des Holocausts durch Antisemitismus genährt wird, wird die Verzerrung des Holocausts entweder als eine Form des “sekundären Antisemitismus” oder als Manipulation der Geschichte des Holocausts und seiner Erinnerung zu unterschiedlichen Zwecken betrachtet. Obwohl missbräuchliche Geschichtsdarstellungen jedes historische Ereignis betreffen können, nimmt die Zahl Verzerrungen der Geschichte des Holocausts heute zu, wobei verschiedene Formen der Verzerrungen identifiziert werden können. Da es keine einzelne, generelle Maßnahme gegen alle Formen der Verzerrung gibt, müssen je nach geografischem oder sozialem Kontext verschiedene, spezifische Maßnahmen ergriffen werden. WAS KÖNNEN GEDENKSTÄTTEN UND MUSEEN TUN, UM DER VERZERRUNG DES HOLOCAUSTS IN DEN SOZIALEN MEDIEN ENTGEGENZUWIRKEN? Die Frage nach den Maßnahmen, mit denen Museen und Materialien zu diesem Zweck ausgestattet werden können, erfordert einen komplexen, ganzheitlichen Ansatz. Obwohl keine der Maßnahmen das Problem in Gänze lösen oder eingrenzen kann, ist es wichtig zu betonen, dass Museen und Gedenkstätten mehrere Maßnahmen zur Verfügung haben: Sie können dazu beitragen, das Wissen über den Holocaust vor allem bei jungen Menschen zu erweitern, indem sie Inhalte bereitstellen, welche den sprachlichen und medialen Gewohnheiten Jugendlicher entsprechen; sie können die Gemeinschaft der Social Media Fans und FollowerInnen aktiv einbeziehen, indem sie in die Schaffung eines ein sicheren und kooperativen Umfelds einbeziehen; sie können sich auf nationale oder lokale Besonderheiten der Verzerrung des Holocausts konzentrieren; sie können den Unterschied zwischen absichtlicher Verzerrung und Verzerrung aufgrund mangelnden Wissens erkennen; sie können in die berufliche Entwicklung und Weiterbildung des Personals investieren und sie können die internationale Zusammenarbeit und den Austausch durch den Aufbau von Netzwerken zwischen Gedenkstätten und Museen sowie mit anderen Holocaust-Einrichtungen, stärken.
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Die Kultusministerkonferenz fordert die systematische Integration digitaler Lernszenarien in die Gestaltung der Unterrichts- und Lernprozesse sowie Medienbildung als integralen Bestandteil aller Unterrichtsfächer. Das von Daniel Bernsen und Ulf Kerber herausgegebene Praxishandbuch „Historisches Lernen und historische Medienbildung im digitalen Zeitalter“ zeigt auf, wie dies für den Geschichtsunterricht gelingen kann. Auf der theoretischen Grundlage einer „historischen Medienbildung“ zeigen die Autoren digitale Lernszenarien an zahlreichen Beispielen für die Praxis des Geschichtsunterrichts auf. Mit einem transdisziplinären Zugriff werden Geschichtsdidaktik und Medienbildung verbunden. Der Brückenschlag von theoretischer Diskussion zu vorhandenen Praxisansätzen bietet eine fundierte Einführung und einen aktuellen Überblick über historisches Lernen mit digitalen Medien in und außerhalb der Schule. Die Grundlage dafür bildet die Definition einer historischen Medienbildung mit eigenen kompetenzorientierten Aufgaben- und Handlungsbereichen, die Medienbildung im Sinne der Kultusministerkonferenz als integrativen Teil schulischen Geschichtsunterrichts begreift. Digitale Medien sind allgegenwärtig und finden in zunehmendem Maße Eingang in Schule und Unterricht. Bei richtiger Auswahl und Anwendung bieten sie innovative und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten – gerade für historisches Lernen, das mit Quellen und Darstellungen schon immer medial basiert ist und daher wichtige Grundlagen für eine allgemeine Medienkompetenz vermittelt. Das Praxishandbuch stellt Unterrichtstechnologien, Werkzeuge und Einsatzszenarien zur Arbeit mit digitalen Medien im Geschichtsunterricht vor. Erkenntnisse des computervermittelten Arbeiten und Lernens, der Visual History, der Zeitgeschichte, der Medientheorie und -pädagogik haben den Blick auf digitale Materialien als Quellen historischer Erkenntnis erweitert und verändert. Visuelle Darstellungen und Bilder haben dadurch gegenüber einer traditionell starken Textorientierung an Bedeutung für die Geschichtswissenschaft (iconic turn) und den Unterricht gewonnen. Die AutorInnen wägen die besonderen medienspezifischen Chancen ab und thematisieren die unterrichtlichen Herausforderungen, die sich bei der Planung und Durchführung von digital gestütztem historischem Lernen inner- und außerhalb der Schule stellen. Das Buch liefert eine Einführung in die Thematik und gibt Hilfestellung im Sinne einer unterrichtspraktisch orientierten Geschichtsdidaktik im digitalen Zeitalter bzw. einer „digitalen Geschichtsdidaktik“.
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Background/Context: Teachers and educational professionals can draw on (informal) networks to foster their professional development. Moreover, a growing number of studies have shown that teachers use social networking sites (SNSs), such as Twitter, to keep up to date with the latest news on education and share resources with colleagues. Additionally, social capital can help to explain potential benefits of networking and has already been used to better understand professional development. Purpose/Objective/Research Question/Focus of Study: The aim of this study is to contribute to a better understanding of the informal networking of educators in SNSs. To achieve this goal, we first indicate how the concept of social capital can be used to assess communication flows within SNSs. Then, we consider social networking metrics and question whether they are as relevant in an online realm. Next, we argue for an adjusted brokerage index, namely the social brokerage index (SBI), which can help to shed light on how brokerage positions are shaped by different people within SNSs. Finally, we provide empirical data from six educational hashtag conversations on Twitter to test the relevance and applicability of the SBI. Research Design: Using Twitter data from six (international) hashtag conversations between teachers and educational professionals, we apply social network analysis methods to assess the potential formation of social capital. In applying this method to the Twitter conversations in question, we first collected data on the Twitter users who contributed to the applicable hashtag conversation. Subsequently, we built directed unweighted one-mode networks based on mentions, and replies matrices. Second, we computed the in-degree, out-degree, and overall degree centrality metrics of all users (nodes) taking part in the applicable hashtag discussions. Additionally, we also determined users’ brokerage positions, which is another indicator for social capital formation within networks. Questioning the relevance of these metrics in the context of SNSs, we propose the SBI, which departs from previous work that has largely been framed by considerations around general account characteristics (follower/following ratio), general communication patterns (retweet/mention ratio), or in-degree metrics. Conclusions/Recommendations: Based on our findings, we believe that our proposed SBI has added value to the analyses of network behavior beyond the scope of Twitter. More specifically, the SBI could help to understand what type of discussions draw what type of participants and thereby shed more light on how SNSs contribute to social capital formation among teachers and educational professionals.
Article
All forms of collective memory embody attempts at meaning-making - efforts to integrate experience and provide a coherent foundation for individual and collective identities. However, different modes of collective memory have different meaning-making potentials. In this article, I will assess three modes of remembering, namely folk, commemorative and mediatised memory, from the perspective of how they generate integrative meaning. Each of these modes of remembrance will be examined through the prism of a case study examining the nature of the memories associated with a specific lieux de memoire. I will suggest that over time, memory becomes progressively ‘unanchored’ from localised contexts due to its increasing technological and institutional mediation and that this has important implications for the depth and kind of meaning it provides.