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Hampe & manz: Interessante Cortinarius-Funde 111
© 2020 – Boletus e. V.
Felix Hampe & CatHrin manz
Interessante Cortinarius-Funde
während der ThAM/Boletus-Tagung in Bad Blankenburg 2019
Hampe F, manz C (2020): Noteworthy records of Cortinarius species during the ThAM/Boletus-congress in Bad
Blankenburg 2019. – Boletus 41(2): 111-118.
Keywords: Biodiversity, Hotspot, Basidiomycota, Ektomykorrhiza, Nature preserve.
Zusammenfassung: Einige interessante Cortinarius-Funde während der ThAM/Boletus-Tagung 2019 in Bad
Blankenburg werden kurz vorgestellt und abgebildet. Die Funde stammen nahezu ausschließlich aus dem NSG
„Dissau und Steinberg“.
Abstract: Some interesting Cortinarius records during the ThAM/Boletus congress 2019 in Bad Blankenburg
are briey presented and illustrated. Most of the nds were collected inside the nature reserve “Dissau and
Steinberg”.
Abb. 1: Nährstoarmer Buchenwald mit eingestreuten Eiben im NSG „Dissau und Steinberg.“
Foto: JoCHen Girwert
Autoren:
Felix Hampe, Wetzlarer Straße 1, D-35510 Butzbach, E-Mail: felix.hampe@email.de
Cathrin Manz, Goethe Universität, Fachbereich Biowissenschaften, Institut für Ökologie, Evolution und
Diversität, Arbeitskreis Mykologie, Max-von-Laue-Str. 13, D-60438 Frankfurt am Main, E-Mail: c.manz@em.uni-
frankfurt.de
112 Boletus 41(2), 2020
© 2020 – Boletus e. V.
Einleitung
Anschließend an bereits in vorangegangener Ausgabe erschienene Berichte zur Boletus
Tagung 2019 in Thüringen (Vesper et al. 2020, stamms & rödel 2020) soll hier kurz über einige
interessante Cortinarius-Funde berichtet werden.
Bis auf Cortinarius a. croceocaeruleus stammen alle hier vorgestellten Funde von einer
Exkursion im NSG „Dissau und Steinberg“ bei Keilhau. Das gesamte Gebiet gehört zur
Muschelkalk-Landschaft westlich von Rudolstadt. Wertgebend für das NSG sind vor allem
Kalkbuchenwälder mit alten Eibenbeständen (vgl. Abb. 1; wenzel et al. 2012).
An einem Hang mit Picea abies, Pinus sylvestris und Fagus sylvatica auf einer Fläche von wenigen
Quadratmetern konnte eine Vielzahl zum Teil bemerkenswerter Schleierlinge nachgewiesen
werden. Diese sollen im Folgenden bebildert und kurz vorgestellt werden.
Kommentierte Artenliste
Fundangaben für alle nachfolgenden Kollektionen:
NSG „Dissau und Steinberg“, Keilhau (MTB 5233/433), Mischwald über Muschelkalk mit Picea
abies, Pinus sylvestris und Fagus sylvatica, 12.10.2019, leg. & det. F. Hampe & C. Manz.
Cortinarius caerulescens (Schae.) Fr. – Blauer Klumpfuß
(Abb. 2A; Herbar Hampe: CORT 19101206)
Es handelt es sich um eine zumindest bei mikroskopischer Prüfung gut kenntliche, blaugrau
gefärbte Laubwaldart mit üppigem Velum aus der Subsektion Caerulescentes (R. Henry) ex
Moënne-Loccoz & Reumaux. Die Kollektion stand direkt unter einer alten Buche.
Cortinarius caesiocanescens M. M. Moser – Grauer Klumpfuß
(Abb. 3; Herbar Hampe: CORT 19101204)
Die blass grau(blau) gefärbte Art aus der Subsektion Caerulescentes war an diesem Hang
vermutlich mit mehreren Myzelien vertreten. Sie unterscheidet sich durch das Vorkommen im
Nadelwald, auf dem Hut allenfalls spärliche Velumreste und/oder die Sporenform und -maße
von anderen Vertretern der Subsektion. Den Autoren sind bislang keine weiteren Nachweise
aus Thüringen bekannt.
Cortinarius caesiostramineus Rob. Henry – Bitterlicher Klumpfuß
(Abb. 2B; Herbar Hampe: CORT 19101213)
Diese meist kleine, durch helle Hutfarben und zumindest in der Huthaut bitteren Geschmack
gekennzeichnete Art aus der Subsektion Caerulescentes, bei der die blassen Blautöne an
Lamellen, Stiel und im Fleisch zuweilen auch völlig fehlen, ist in den thüringer Muschelkalk-
Nadelwäldern verbreitet bis häug. Dokumentierte Funde liegen auch aus der Erfurter
Umgebung (Riechheimer Berg, MTB 5132/22) (DGFM 2020) und aus Südthüringen bei Schalkau
(MTB 5632/11) (SCHmidt-StoHn 2019) vor.
Hampe & manz: Interessante Cortinarius-Funde 113
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Abb. 2: Funde aus dem NSG “Dissau und Steinberg” (A-E) und von der Burg Greifenstein (F). – A: Cortinarius
caerulescens – B: Cortinarius caesiostramineus – C: Cortinarius corrosus – D: Cortinarius subgracilis – E: Cortinarius
varius – F: Cortinarius a. croceocaeruleus Fotos: F. Hampe & Foto (Abb. D): C. manz
Cortinarius corrosus Fr. – Vergrabener Klumpfuß
(Abb. 2C; Herbar Hampe: CORT19101210)
Die Art ist in den Kalknadelwäldern Thüringens verbreitet und relativ häug (DGFM 2020), oft
vergesellschaftet mit C. fraudulosus Britzelm. und C. varius (Schae.) Fr.
114 Boletus 41(2), 2020
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Abb. 3: Cortinarius caesiocanescens Foto: F. Hampe
Abb. 4: Cortinarius foetens Foto: F. Hampe
Hampe & manz: Interessante Cortinarius-Funde 115
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Cortinarius foetens M. M. Moser – Stinkender Klumpfuß
(Abb. 4; Herbar Hampe: CORT 19101212)
Es handelt sich um eine auällige kräftige blaugraue Art mit üppigen Velumresten auf dem Hut
und einer im Schnitt gelben Stielknolle. Nach unserer Kenntnis dürfte dies der zweite Nachweis
für Thüringen sein. Die Art wurde erstmals bei Schalkau für den Freistaat nachgewiesen (MTB
5632/11) (SCHmidt-StoHn 2019). Das Taxon ist auch unter dem Namen C. aurantiobasalis Bidaud
bekannt (soop et al. 2019a).
Cortinarius fraudulosus Britzelm. – Trügerischer Schleimkopf
(Abb. 5; Herbar Hampe: CORT 19101209)
Die Sporen dieser Kollektion maßen 12,5-14 x 7,9-8,7 µm. Aufgrund der entfernt stehenden
Lamellen und einer Sporenbreite bis 8,7 µm ist der Fund nach liimatainen et al. (2014) als C.
fraudulosus anzusprechen. Die Nachbararten aus der Sektion Arguti (Kühner & Romagn. ex
Brandrud & Melot) Liimat., Ammirati, Niskanen, Dima & C. L. Cripps, C. subfraudulosus Kytöv.,
Liimat. & Niskanen (= C. argutus ssp. fraudulosus (Britzelm.) Brandr. & Melot ss. Brandrud et
al.) mit schmaleren Sporen sowie C. inamoenus (J. Favre) Quadr. (= C. rosargutus Chevassut
& Rob. Henry) mit nur bis 12 µm langen Sporen und weniger entfernt stehenden Lamellen,
sind makroskopisch kaum zu unterscheiden. Für C. fraudulosus liegen zwar eine Reihe von
Fundmeldungen aus den thüringer Kalkgebieten vor (DGFM 2020), jedoch müssten diese,
soweit überhaupt belegt, unter Beachtung des aktuellen taxonomischen Stands (s. o.)
überprüft werden.
Abb. 5: Cortinarius fraudulosus Foto: F. Hampe
116 Boletus 41(2), 2020
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Cortinarius piceae Frøslev, T. S. Jeppesen & Brandrud
(Herbar Hampe: CORT 19101207). Laut Pilze-Deutschland (DGFM 2020) wurde Cortinarius
piceae bereits 1995 und 1998 von Udo Luhmann im Gebiet um Saalfeld/Rudolstadt kartiert.
Cortinarius pseudoglaucopus (M. M. Moser) Quadr. – Violettgerandeter Klumpfuß
(vgl. Titelbild Boletus 41/1) (Herbar Hampe: CORT 19101208)
Die Art ist durch ihre grünlichen Hutfarben, den vom violetten Velum gesäumten Knollenrand
und den Standort im Nadelwald gut gekennzeichnet. Belegte Funde liegen auch aus der
Erfurter Umgebung (Riechheimer Berg, MTB 5132/22) (DGFM 2020) und aus Südthüringen bei
Schalkau (MTB 5632/11) vor (SCHmidt-StoHn 2019).
Cortinarius subgracilis Moënne-Locc.
(Abb. 2D; Herbar Hampe: CORT 19101202)
Eine Art der Sektion Calochroi M. M. Moser & Horak (Brandrud et al. 2019) mit weißem Velum,
rosa KOH-Reaktion auf dem Basallz und rosabrauner bis roter KOH-Reaktion auf der Huthaut,
sowie mandelförmigen, 10-11,5 x 6-7 µm großen Sporen. Unter dem Namen Cortinarius
subarquatus (M. M. Moser) M. M. Moser sind auf Pilze-Deutschland (dGFm 2020) bislang
fünf möglicherweise hierher gehörige thüringer Funde verzeichnet. Ob es sich bei diesen
allerdings tatsächlich um die hier beschriebene Art handelt, ist fraglich, insofern die Sektion
erst in jüngerer Vergangenheit taxonomisch und nomenklatorisch geklärt werden konnte
(FrøsleV et al. 2007, GarniCa 2009, Saar 2013, BellanGer 2015, Saar 2015, GarniCa 2016).
Cortinarius varius (Schae.) Fr. – Semmelgelber Schleimkopf
(Abb. 2E; Herbar Hampe: CORT 19101201)
Diese in Form und Größe sehr variable Art ist in den Kalknadelwäldern Thüringens verbreitet
und häug (dGFm 2020), auch an diesem Tag war sie im gesamten Exkursionsgebiet bei Picea
abies zu nden.
Abb. 6: Cortinarius xanthoochraceus Foto: F. Hampe
Hampe & manz: Interessante Cortinarius-Funde 117
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Cortinarius venetus (Fr.) Fr.
Dieser Raukopf ist in Thüringen weit verbreitet (dGFm 2020).
Cortinarius xanthoochraceus P. D. Orton
(Abb. 6; Herbar Hampe: CORT 19101211)
Dieser Fund gehört zur Untergattung Phlegmacium (Fr.) Wünsche Sektion Aureocistophili
Fernàndez-Brime ex Soop, B. Oertel & Dima und wurde mit dem Schlüssel und dem
Artenportrait in soop et al. (2019b) bestimmt. Den Autoren sind bislang keine weiteren Funde
dieser Art aus Thüringen bekannt.
Cortinarius spec.
(Abb. 7; Herbar Hampe: CORT 19101205)
Diese auallende Telamonia-Art scheint durch ihr rosafarbenes Basalmyzel und das stark
bräunende Fleisch gut charakterisiert und wird dem Formenkreis um C. erubescens M. M.
Moser zugeordnet. Da er mit der verfügbaren Literatur nicht sicher bestimmt werden konnte,
wurde dieser Fund zur Sequenzierung gegeben.
Abb. 7: Standort- (A) und Studioaufnahme (B) von Cortinarius spec. Fotos: C. manz
Cortinarius a. croceocaeruleus (Pers.) Fr.
(Abb. 2F; Herbar Hampe: CORT 19101101)
Burg Greifenstein, Bad Blankenburg (MTB 5333/211), unter Picea abies und Fagus sylvatica auf
Muschelkalk, 11.10.2019, leg. & det. F. Hampe & C. Manz.
Die Arten der Untergattung Myxacium (Fr.) Trog Sektion Vibratiles Bidaud, Moënne-Locc.
& Reumaux sind noch ungenügend geklärt. Unser Fund war typisch bitter und nur in ganz
jungen Fruchtkörpern zeigten sich blaue Farbtöne auf dem Hut.
Abschließende Betrachtung
Es konnten mindestens 13, bisweilen seltene, Cortinarius-Arten auf wenigen Quadratmetern
nachgewiesen werden. Weitere erwähnenswerte Arten im Exkursionsgebiet waren
der Orangerote Ritterling - Tricholoma aurantium (Schae.) Ricken und der Große
Kiefernschneckling - Hygrophorus latitabundus Britzelm. (vgl. Titelbild).
118 Boletus 41(2), 2020
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Danksagung
Für wertvolle Hinweise und Hilfe bei der Bestimmung danken wir Gunnar Hensel (Merseburg)
und Günter Saar (Lahr-Sulz). Danke auch an Jesko Kleine (Leipzig) für die Durchsicht des
Manuskripts.
Literatur
BellanGer JM (2015): Les cortinaires calochroïdes: une mise au point taxinomique. – Documents Mycologiques
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Brandrud te, sCHmidt-stoHn G, dima B (2019): Cortinarius hildegardiae and C. mariekristinae spp. nov., two new
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FrøsleV TG, Jeppesen TS, laessøe T, KJøller R (2007): Molecular phylogenetics and delimitation of species in Corti-
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GarniCa S, Weiss M, Oertel B, Ammirati J, OBerwinkler F (2009): Phylogenetic relationships in Cortinarius, section
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liimatainen k, Niskanen T, Dima B, kytöVuori i, ammirati J, FrøsleV TG (2014): The largest type study of Agaricales
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– Persoonia 33: 98-140.
soop k, dima B, Cooper Ja, park d, oertel B (2019a): A phylogenetic approach to a global supraspecic taxonomy
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soop k, sCHmidt-stoHn G, dima B, saar G, Brandrud TE (2019b): Cortinarius subgenus Phlegmacium section Aureo-
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Saar G (2013): Vorläuger Bestimmungsschlüssel der Sektion Calochroi (im molekulargenetischen Sinn) für
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Saar G (2015): Vorläuger Bestimmungsschlüssel der Sektion Calochroi (Arten mit weißem Fleisch inkl. Blautö-
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SCHmidt-StoHn G (2019): 37. Mykologische Arbeitswoche in Oberhof/Thüringer Wald vom 30.09. bis 08.10.2017,
Exkursionsprotokolle und Farbfotos ausgewählter Arten. – Arbeitsgruppe Mykologie im Botanischen Ver-
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wenzel H, westHus w, Fritzlar F, Haupt r, Hiekel W (2012): Die Naturschutzgebiete Thüringens. – Weissdorn-Verlag
Jena. 944 S.
Internetquellen
myCoBank (2020): http://www.mycobank.org, (abgerufen am 14.08.2020)
dGFm (2020): http://thueringen.pilze-deutschland.de, (abgerufen am 14.08.2020)