Für das Deutsche wird gemeinhin eine strikte V2-Beschränkung angenommen, die für deklarative Hauptsätze besagt, dass sich vor dem finiten Verb genau eine Konstituente befinden muss. In der Literatur werden häufig Beispiele angeführt, in denen sich zwei Konstituenten vor dem finiten Verb befinden und die somit gegen die V2-Beschränkung verstoßen. Diese syntaktische Konfiguration, so das Argument, führt zu Ungrammatikalität: (1) *Gestern Johann hat getanzt. (Roberts & Roussou 2002:137) Die Bewertung in (1) fußt jedoch nicht auf empirischer Evidenz, sondern spiegelt ein introspektives Urteil der Autor*innen wider. Daten zum tatsächlichen Sprachgebrauch zeigen, dass Sätze wie in (2) im Deutschen durchaus verwendet werden: (2) Aber immer alle sagen das. [BSa-OB, #16] Die Dissertation beschäftigt sich mit dem Status dieser V3-Deklarativsätze im Deutschen. Der Status wird aus drei einander ergänzenden Perspektiven auf Sprache untersucht: Sprachverwendung, Akzeptabilität und Verarbeitung. Hierzu werden Daten, die in einer Korpus-, einer Akzeptabilitäts- und einer Lesezeitstudie erhoben wurden, ausgewertet. Basierend auf den empirischen Befunden diskutiere ich V3-Modellierungen aus generativer Sicht und entwickle einen Modellierungsvorschlag aus konstruktionsgrammatischer Sicht. Die Arbeit zeigt, dass die Einbeziehung von nicht-standardsprachlichen Mustern wichtige Einblicke in die sprachliche Architektur gibt. Insbesondere psycholinguistisch gewonnene Daten als empirische Basis sind essenziell, um mentale sprachliche Prozesse zu verstehen und abbilden zu können. Die Analyse von V3 zeigt, dass solche Ansätze möglich und nötig sind, um Grammatikmodelle zu prüfen und weiterzuentwickeln. Untersuchungen dieser Art stellen Grammatikmodelle in Frage, die oft einer standardsprachlichen Tradition heraus erwachsen sind und nur einen Ausschnitt der sprachlichen Realität erfassen. V3-Sätze entpuppen sich nach dieser Analyse als Strukturen, die fester Bestandteil der Grammatik sind.