ArticlePDF Available

Geflüchtete, Familien und ihre Kinder. Warum der Blick auf die Familien und die Kindertagesbetreuung entscheidend ist

Authors:
  • Federal Institute for Population Research (BIB)

Abstract and Figures

Zusammenfassung Seit 2015 viele Menschen mit Fluchthintergrund nach Deutschland gezogen sind, stand häufig deren Arbeitsmarktintegration im Zentrum des gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Interesses. Lebenslagen und Lebensformen der geflüchteten Familien wurden hingegen viel weniger thematisiert. Dieser Beitrag präsentiert familiendemografische Daten für Geflüchtete der Herkunftsländer Syrien, Afghanistan, Irak und Eritrea und verdeutlicht den großen Anteil von Familien mit kleinen Kindern unter den nach Deutschland Geflüchteten. Daten zur Nutzung von Kinderbetreuungseinrichtungen von Kindern geflüchteter Familien zeigen, dass institutionelle Kinderbetreuung wesentlich zur Integration und Bildung beitragen kann. Der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen des BMFSFJ versucht, diesen für die Integration zentralen Aspekt in den Diskurs zu Flüchtlingen einzubringen und evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zu geben. Abstract: Refugees, Families and Their Children Since 2015, many refugees have moved to Germany. So far, scholarly and political interests have focused on the possibilities of their labour market integration. However, the well-being and living arrangements of refugee families have been less investigated. This paper provides family-demographic data on refugees from Syria, Afghanistan, Iraq and Eritrea, and illustrates the high proportion of families with young children among them. The literature review of refugee families’ usage of public funded day care demonstrates the potential of positive effects of early childhood education and care services on the integration and education of refugee children. The Scientific Advisory Board of the German Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth aims to bring this important issue for integration into the discourse on refugees and to provide evidence-based policy advice.
Content may be subject to copyright.
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Sozialer Fortschritt, 69 (2020), 561 – 577
Duncker & Humblot, 12165 Berlin
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder.
Warum der Blick auf die Familien und die
Kindertagesbetreuung entscheidend ist1
Martin Bujard*, Claudia Diehl**, Michaela Kreyenfeld***,
Birgit Leyendecker**** und C. Katharina Spieß*****
Zusammenfassung
Seit 2015 viele Menschen mit Fluchthintergrund nach Deutschland gezogen
sind, stand häufig deren Arbeitsmarktintegration im Zentrum des gesellschaft-
lichen, politischen und wissenschaftlichen Interesses. Lebenslagen und Lebens-
formen der geflüchteten Familien wurden hingegen viel weniger thematisiert.
Dieser Beitrag präsentiert familiendemografische Daten für Geflüchtete der
Herkunftsländer Syrien, Afghanistan, Irak und Eritrea und verdeutlicht den
großen Anteil von Familien mit kleinen Kindern unter den nach Deutschland
Geflüchteten. Daten zur Nutzung von Kinderbetreuungseinrichtungen von
Kindern geflüchteter Familien zeigen, dass institutionelle Kinderbetreuung we-
sentlich zur Integration und Bildung beitragen kann. Der Wissenschaftliche
Beirat für Familienfragen des BMFSFJ versucht, diesen für die Integration zen-
tralen Aspekt in den Diskurs zu Flüchtlingen einzubringen und evidenzbasierte
Handlungsempfehlungen zu geben.
*
Bujard, PD Dr. Martin, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)/Forschungs-
bereich Familie und Fertilität, Friedrich-Ebert-Allee4, 65185 Wiesbaden, martin.bujard@
bib.bund.de.
** Diehl, Prof. Dr. Claudia, Universität Konstanz, Universitätsstraße 10, 78464 Kon-
stanz, claudia.diehl@uni-konstanz.de.
*** Kreyenfeld, Prof. Dr. Michaela, Hertie School Berlin, Friedrichstraße 180, 10117
Berlin, kreyenfeld@hertie-school.org.
**** Leyendecker, Prof. Dr. Birgit, Ruhr Universität Bochum, Fakultät für Psychologie,
GAFO 04/611, 44780 Bochum, birgit.leyendecker@rub.de.
***** Spieß, Prof. Dr. C. Katharina, DIW Berlin und Freie Universität Berlin, Mohren-
straße 58, 10117 Berlin, kspiess@diw.de.
1 Ein Teildieses Beitrags beruht auf dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für
Familienfragen zu Familien mit Fluchthintergrund (siehe: Bujard etal. 2019).
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
562 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Abstract: Refugees, Families and Their Children
Since 2015, many refugees have moved to Germany. So far, scholarly and po-
litical interests have focused on the possibilities of their labour market integra-
tion. However, the well-being and living arrangements of refugee families have
been less investigated. This paper provides family-demographic data on refu-
gees from Syria, Afghanistan, Iraq and Eritrea, and illustrates the high propor-
tion of families with young children among them. The literature review of refu-
gee families’ usage of public funded day care demonstrates the potential of pos-
itive effects of early childhood education and care services on the integration
and education of refugee children. The Scientific Advisory Board of the Ger-
man Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth
aims to bring this important issue for integration into the discourse on refugees
and to provide evidence-based policy advice.
JEL-Klassifizierung: D1, H75, I2, J1
1. Einleitung
In den Jahren 2015 2017 sind mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Flucht-
hintergrund nach Deutschland gezogen. Dieser immense Zuzug hat zu einer
breiten gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Debatte geführt,
in der Fragen nach der Begrenzung des Zuzugs von Geflüchteten, der Aufnah-
mekapazitäten der Aufnahmegesellschaft sowie der Kosten und des Nutzens der
Flüchtlingsmigration besondere Aufmerksamkeit erfahren haben. Im Zentrum
der Diskussion stand dabei vor allem die Frage, wie und unter welchen Bedin-
gungen eine Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten gelingen kann. Wissen-
schaftliche Studien, die vorgelegt worden sind, waren dabei vor allem auf die
Arbeitsmarktintegration von Männern gerichtet und thematisierten, wenn
überhaupt, nur am Rande die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen mit Flucht-
hintergrund (z. B. Brücker etal. 2015; Gürtzgen etal. 2017). Diese Orientierung
auf männliche Geflüchtete ist teilweise dem Fokus der Forschung auf „allein
Geflüchtete geschuldet, unter denen tatsächlich ein hoher Anteil männlichen
Geschlechts ist. Angesichts dieses Sachverhalts geraten der familiale Kontext
und die unterschiedlichen familiären Konstellationen, in denen Geflüchtete mi-
griert sind und derzeit in Deutschland leben, leicht aus dem Blickfeld (siehe je-
doch: Brücker 2017; Kraus/Sauer 2019; Kraus et al. 2019). Der Wissenschaftli-
che Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (im Folgenden kurz „Beirat für Familienfragen“) hat sich in
seinen vielfachen Aktivitäten– in Form von Gutachten, internen und öffentli-
chen Diskussionen, auch unter Beteiligung des Bundesfamilienministeriums–
darum bemüht, die Perspektive zu erweitern und hervorzuheben, wie wichtig es
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 563
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
ist, Geflüchtete stärker im Familienkontext zu betrachten (siehe Wissenschaft-
licher Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ 2016a, 2016b, 2017; Bujard etal.
2019; Gambaro et al. 2018). „Migration ist eine Familienangelegenheit“ ist die
Maxime, die der Beirat für Familienfragen in seinen Stellungnahmen und Poli-
tikempfehlungen versucht hat, konsequent zu verfolgen.2
Ein weiteres Anliegen des Beirats für Familienfragen ist es, an der Prämisse
der evidenzbasierten Politikberatung festzuhalten. Die sogenannte „Flüchtlings-
krise“ offenbarte nicht nur gravierende Mängel in der amtlichen Migrationssta-
tistik.3 Zugleich wurde schnell klar, dass belastbare quantitative Daten von Ge-
flüchteten fehlten. Forschung zu Geflüchteten bzw. Asylbewerbern basierte an-
fangs überwiegend auf ethnographisch angelegten, qualitativen Forschungsdaten
(Castles 2003). Quantitativ wurde das Thema weniger beforscht, sieht man von
den groß angelegten Befragungen zu Einstellungen der Mehrheitsbevölkerung
zu Flucht und Asyl ab. Mit der IAB-BAMF-SOEP-Flüchtlingsstichprobe wurde
versucht, die Datenlücke zu schließen (Brücker et al. 2013).4 Während IAB-
BAMF-SOEP-Daten wertvolle Informationen zu Migrationsbiographie und In-
tegrationsprozessen in Bereichen wie Bildung, Arbeits- und Wohnungsmarkt,
soziale Kontakte und Einstellungen zu Deutschland liefern, ermöglichen aktu-
elle Mikrozensusdaten die Sozial- und Familienstruktur von Geflüchteten auf
Basis relativ großer Fallzahlen abzubilden.5
Der Beirat für Familienfragen hatte es sich vor diesem Hintergrund zur Aufga-
be gemacht, der Öffentlichkeit und den politischen Akteuren möglichst zeitnah
2 „Migration is a family matter“ ist ein Zitat, das an Rumbaut (1997) angelehnt ist.
3 Das Ausländerzentralregister (AZR) erfasst den Zuzug von Ausländern nach
Deutschland. Die amtliche Wanderungsstatistik basiert hingegen auf der Einwohnermel-
destatistik. Zudem wird im EASY-System (Erstverteilung der Asylbegehrenden) der Zu-
zug von Asylsuchenden (ohne unbegleitete Minderjährige) erfasst. Der Mikrozensus ist
eine zentrale Datenquelle, mit der der Bevölkerungsbestand nach Migrationshintergrund
erhoben wird. Zwischen den unterschiedlichen Datenquellen haben sich bereits in der
Vergangenheit erhebliche Diskrepanzen ergeben, die in den Jahren der Flüchtlingsmigra-
tion 2015/16 noch deutlicher hervortraten. Insbesondere wurden Mängel in der EASY-
Statistik aufgedeckt. Ziel des Datenaustauschverbesserungsgesetzes aus den Jahren 2016
und 2019 war, u. a. durch einen besseren Austausch der Daten zwischen den Systemen,
die Datenbasis zu verbessern. Zudem wurde der Kranz erfasster Merkmale in den unter-
schiedlichen Datensätzen erweitert.
4 Die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten basiert auf einer Zufallsstichpro-
be, die aus dem Ausländerzentralregister gezogen wurde. In den ersten Stichproben ent-
halten sind Personen, die zwischen dem 1.Januar 2013 und dem 31.Januar 2016 nach
Deutschland geflüchtet sind und einen formellen Asylantrag beim Bundesamt für Migra-
tion und Flüchtlinge (BAMF) gestellt haben (Kroh etal. 2017).
5 Die hier dargestellten Analysen auf der Basis des Mikrozensus 2017 beschränken
sich auf Personen aus Syrien, Irak, Eritrea und Afghanistan. (Für eine ausführlichere
Darstellung der Abgrenzung der Stichprobe und der Vor- und Nachteile des Mikrozen-
sus siehe: Bujard etal. 2019).
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
564 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Informationen zur Familiensituation von Geflüchteten zur Verfügung zu stellen,
die auf Analysen dieser beiden Datensätze beruhen. Letzteres ist aus drei Grün-
den bedeutsam. Erstens beeinflusst die familiale Konstellation, in der Geflüchte-
te leben, den Integrationsprozess. Das Fehlen wichtiger familialer Bezugsperso-
nen und Sorgen um Familienangehörige im Herkunftsland können die Integra-
tion erschweren und verlangsamen. Zweitens ist das Wissen um Zahl und Alter
der in den unterschiedlichen Familienkonstellationen lebenden Kinder eine
wichtige Voraussetzung dafür, sozialpolitische Bedarfe etwa im Bereich der Kin-
derbetreuung zu identifizieren. Deren Abdeckung ist drittens von entscheiden-
der Bedeutung für die Integration der nachwachsenden Einwanderergeneration,
beeinflusst doch etwa ein Besuch einer Kindertageseinrichtung („Kita“) nicht
nur den Spracherwerb, sondern auch die spätere Integration in Bildungssystem
und Arbeitsmarkt positiv, wie wir weiter unten näher ausführen werden.
Vor diesem Hintergrund stellt dieser Beitrag einige zentrale Ergebnisse unse-
rer empirischen Bestandsaufnahme zusammen. Wir konzentrieren uns dabei
auf die Darstellung der Familienstrukturen und Lebensbedingungen von Fami-
lien mit Fluchthintergrund. Da diese Familien vor allem sehr junge Kinder ha-
ben, diskutieren wir etwas ausführlicher die zentrale Bedeutung der institutio-
nellen Kindertagesbetreuung für die Integration von Flüchtlingsfamilien und
für die Chancen der Kinder auf einen frühen Bildungs- und Betreuungsein-
stieg. Der Beitrag schließt mit politischen Handlungsempfehlungen sowie einer
Einordnung von Daten und Diskursen zu Geflüchteten.
2. Familienstrukturen von Personen mit Fluchthintergrund
Eine Besonderheit von Familien mit Migrationshintergrund stellt die Tatsache
dar, dass ein Teilder Familie sich noch im Herkunftsland oder in einem anderen
Land befindet (Baldessar et al. 2014). Frauen und Männer mit Fluchthinter-
grund sind in unterschiedlichem Maße von der „Transnationalität“ von Famili-
en betroffen. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, flüchteten die meisten Männer allein
(53 Prozent), während Frauen mehrheitlich im Familienverband (81 Prozent)
nach Deutschland kamen. Entsprechend unterscheidet sich der Anteil von Frau-
en und Männern mit Ehepartner bzw. Ehepartnerin im Herkunftsland. 38Pro-
zent der verheirateten Männer mit Fluchthintergrund hat eine Ehepartnerin im
Herkunftsland, während das für nur 10 Prozent der geflüchteten und verheira-
teten Frauen zutrifft. Gravierende Unterschiede zwischen den Geschlechtern er-
geben sich auch für Kinder im Ausland bzw. Herkunftsland. Gambaro et al.
(2018) berichten, dass im Jahr 2016 etwa 10 Prozent der geflüchteten Männer
und 5 Prozent der geflüchteten Frauen minderjährige Kinder im Herkunftsland
bzw. im Ausland hatten.6 Transnationale Familien, insbesondere, wenn minder-
jährige Kinder sich noch im Herkunftsland befinden, sind einem erhöhten
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 565
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Stress ausgesetzt, was sich nicht zuletzt in massiv beeinträchtigter Lebenszufrie-
denheit äußert, wie Gambaro etal. (2018) exemplarisch gezeigt haben.
Tabelle 1
Migration nach Deutschland, Spaltenprozente
Frauen Männer Insgesamt
Ankunft alleine 13 53 43
Ankunft mit Familienangehörigen 81 32 44
Ankunft mit Freunden, Bekannten etc. 6 15 13
N 1.239 2.147 3.386
Anmerkung: Die Angaben basieren auf Auskunft der Befragten entsprechend der vorgegebenen Kategorien.
Quelle: SOEP, v33.1; Geflüchtete im Alter von 18 bis 49 Jahren (Erhebungszeitpunkt 2016), Gambaro etal. (2018).
Die Unterschiede in den Migrationsmustern zwischen Männern und Frauen
spiegeln sich auch in den Lebensformen wider, in denen Geflüchtete in
Deutschland leben. Die Analysen des Mikrozensus 2017, die in Tabelle 2 dar-
gestellt sind, zeigen, dass die Mehrzahl der Männer mit Fluchthintergrund
zum Befragungszeitpunkt allein (d. h. ohne Partner und Kind(er)) lebte.7 Bei
den Frauen lebte der Großteil mit Partner und Kind(ern) in einem Haushalt
(63 Prozent). Der Anteil Alleinerziehender lag bei den Männern bei sechsPro-
zent, bei den Frauen bei 15 Prozent. Ob diese Alleinerziehenden von dem an-
6 Dazu kommen unbegleitete Minderjährige, die ohne Eltern eingereist sind. Diese
wurden in Gambaro etal. (2018) wie auch in diesem Beitrag nicht thematisiert.
7 Der Mikrozensus erfasst nur die Familienbeziehungen innerhalb eines Haushalts.
Partner*innen, die außerhalb des Haushalts leben, werden nicht erfasst.
Tabelle 2
Lebensform nach Geschlecht, Spaltenprozente
Frauen Männer Insgesamt
Keine Kinder und Partner im Haushalt 12,3 5,6 7,9
Keine Kinder und kein Partner im Haushalt 9,4 57,1 40,9
Kinder und Partner im Haushalt 63,0 31,0 41,9
Kinder und kein Partner im Haushalt 15,2 6,3 9,4
N 1.022 1.773 2.795
Quelle: Mikrozensus 2017; Bevölkerung der Zuwanderungsjahre 2015 bis 2017 der Nationalitäten syrisch, afgha-
nisch, irakisch, eritreisch, Alter 18 bis 65 Jahre, eigene Berechnungen.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
566 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
deren Elternteil getrennt waren, ob der Partner bzw. die Partnerin verstorben
war oder noch im Herkunftsland lebte, lässt sich auf Basis des Mikrozensus
nicht feststellen.
Um die Größenordnung der unterschiedlichen Haushaltskonstellationen ein-
schätzen zu können, ist ein Blick auf die absoluten Zahlen hilfreich, die auf Ba-
sis der im Mikrozensus verfügbaren Hochrechnungsfaktoren ermittelt wurden
(siehe Abbildung 1).8 Bezogen auf die 2015 bis 2017 Zugewanderten aus Syrien,
Afghanistan, Irak und Eritrea, leben im Jahr 2017 insgesamt 100.000 Männer
sowie 109.000 Frauen mit Kindern (unter 18 Jahren) zusammen in einem Haus-
halt. Von den Personen mit Kindern haben fast die Hälfte (jeweils 46 Prozent
der Männer und 46 Prozent der Frauen) drei oder mehr Kinder. Abbildung 1
verdeutlicht zudem erneut die großen Geschlechterunterschiede in den Famili-
enstrukturen. Demnach leben im Jahr 2017 153.000 Männer allein, d. h. ohne
Kinder oder Partner*in im selben Haushalt. Bezogen auf alle Männer sind dies
57 Prozent; bei den Frauen sind es nur 13.000, was einem Anteil von 9 Prozent
entspricht (siehe auch Tabelle 1). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die
Geschlechterverteilungen der Neuzugewanderten über die Zeit verändern. Hin-
tergrund ist der wachsende Anteil der Frauen unter den Geflüchteten. So lag
der Männeranteil bei den 2015 zugewanderten Syrern bei 68,4 Prozent, bei den
2016 und 2017 zugewanderten bei 54,2 und 39,3 Prozent (eigene MZ-2017-Aus-
wertungen). In diesen Werten spiegelt sich zum Teildas geschlechtsspezifische
Migrationsverhalten wider: Wenn Paare getrennt migrieren, ist es zumeist der
8 Die Abgrenzung von Lebensformen erfolgt hier auf Basis des Zusammenlebens im
selben Haushalt.
20
40
60
80
100
120
140
160
kein Kind ein Kind zwei
Kinder
≥ drei
Kinder
Männer
Partner/in im Haushalt
keine Partner/in im Haushalt
20
40
60
80
100
120
140
160
kein Kind ein Kind zwei
Kinder
≥ drei
Kinder
Frauen
Partner/in im Haushalt
keine Partner/in im Haushalt
Abbildung 1: Partnerschaftsstatus und Kinderzahl von Geflüchteten,
hochgerechnete Personenanzahl in 1.000
Quelle: Mikrozensus 2017; Bevölkerung der Zuwanderungsjahre 2015 bis 2017 der Nationalitäten syrisch, afgha-
nisch, irakisch, eritreisch, Alter 18 bis 65 Jahre, eigene Berechnungen.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 567
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Mann, der als erster einreist, die Partnerin kommt häufig erst später nach, was
u. a. vom rechtlichen Status und von familiären Netzwerken abhängig ist (Kraus/
Sauer 2019; Kraus etal. 2019).
Das Alter der Kinder ist aus familienpolitischer Perspektive unter anderem
für die Planung familienpolitischer Infrastruktur von hoher Relevanz. Abbil-
dung 2 zeigt vor diesem Hintergrund die Verteilung der Kinderzahl nach Alter
der Kinder zum Befragungszeitpunkt im Jahr 2017. Die meisten Kinder sind zu
diesem Zeitpunkt unter 10 Jahre alt. Der hohe Anteil von Kindern im Alter von
null oder einem Jahr deutet darauf hin, dass viele Kinder im Jahr der Migration
oder kurz danach geboren wurden. Nur ein kleiner Teil(drei Prozent der Kin-
der) sind 16 oder 17 Jahre alt.
Auch hier verdeutlichen die absoluten Zahlen die Größenordnung: Hochge-
rechnet sind allein von den zwischen 2015 und 2017 Zugewanderten aus den
hier betrachteten vier Ländern 103.000 Kinder unter 6 Jahren, also im Kita-
Alter. 62.000 Kinder sind zwischen 6 und 9 Jahren alt, was etwa dem Grund-
schulalter entspricht, und 85.000 Kinder sind im Alter für höhere Schulklassen,
also 10 bis 17 Jahre. Die Gesamtzahl ist noch deutlich höher, wenn man ge-
flüchtete Kinder aus anderen Herkunftsländern und solche, die seit 2018 nach
Deutschland gekommen sind bzw. danach geboren wurden, hinzuzählt.
0
5
10
15
20
25
30
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Anzahl (in 1000)
Alter der Kinder
Abbildung 2: Anzahl der Kinder nach Alter (nur Kinder unter 18 Jahren im Haushalt),
hochgerechnete Werte
Quelle: Mikrozensus 2017; Bevölkerung der Zuwanderungsjahre 2015 bis 2017 der Nationalitäten syrisch, afgha-
nisch, irakisch, eritreisch, Alter 18 bis 65 Jahre; N=2795, eigene Berechnungen.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
568 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
3. Nutzung von Kindertageseinrichtungen durch Flüchtlingsfamilien
Die obige Darstellung der Familienstruktur hat darauf verwiesen, dass ge-
flüchtete Personen zumeist sehr kleine Kinder haben. Aufgrund der Alters-
struktur der Geflüchteten und der Tatsache, dass viele der geflüchteten Männer
kinderlos sind, ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren weitere
Kinder in Deutschland geboren werden. Die Größenordnung des Zuzugs in
Kombination mit der Alters- und Familienstruktur der Geflüchteten stellen
eine Herausforderung für die schulische und vor allem frühkindliche Bildungs-
infrastruktur dar.
Die Herausforderungen sind besonders hoch, da Flucht selten freiwillig und
geplant war und viele Familien Gewalt vor oder während der Flucht erfahren
haben. Dies spiegelt sich in den erhöhten psychosozialen Belastungen geflüch-
teter Eltern und ihrer Kinder wider (Daud etal. 2008; Fazel etal. 2012; Leyen-
decker et al. 2018) sowie in dem engen Zusammenhang zwischen elterlichem
und kindlichem Stress bei geflüchteten Familien (Lembcke etal. 2020; Panter-
Brick et al. 2014). Neben den Fluchterfahrungen scheinen aber auch die unsi-
cheren Lebensbedingungen und die Herausforderungen der Anpassung an eine
neue Kultur zur psychosozialen Belastung der Kinder beizutragen (Buchmüller
etal. 2020). Eltern benötigen Ressourcen, damit sie in der Lage sind, ihre Kin-
der zu beschützen, zu unterstützen und ihre Entwicklung zu fördern. Geflüch-
tete Familien verfügen jedoch zunächst über deutlich geringere soziale, emotio-
nale sowie finanzielle Ressourcen und sind deshalb besonders in der Zeit nach
der Ankunft auf Unterstützung von außen angewiesen. Dem Kinderbetreu-
ungssystem kommt an dieser Stelle eine zentrale Bedeutung zu.
Wie auch in öffentlichen Diskursen um die Integration von Geflüchteten im-
mer wieder betont wird, können Angebote der Kindertagesbetreuung insbeson-
dere für neuzugewanderte Familien von großer Bedeutung sein (z. B. Beauftrag-
te der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2019). Auch
empirische Forschungsarbeiten belegen die Bedeutung des Besuchs einer quali-
tativ guten Kindertagesbetreuung für Kinder mit Migrationshintergrund, insbe-
sondere dann, wenn es um Kinder geht, die mit einer anderen Familiensprache
als Deutsch aufwachsen. Allerdings muss dabei auch darauf reagiert werden,
dass sich sozialräumliche Segregationstendenzen in Kindertageseinrichtungen
widerspiegeln, da Eltern häufig wohnortnahe Betreuungsangebote wählen. Dies
erklärt – neben anderen Faktoren–, warum ein Drittel der Kinder mit nicht
deutscher Familiensprache Einrichtungen besucht, in denen die Mehrheit der
anderen Kinder zu Hause ebenfalls wenig Deutsch spricht. Diese Entwicklung
hat sich seit 2006 in einigen Bundesländern sogar verstärkt. Von daher ist es
von großer Bedeutung, dass die pädagogischen Fachkräfte in Einrichtungen
Kindern vielfach die Gelegenheit bieten, die deutsche Sprache zu lernen und zu
praktizieren (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016; 2018). Die frühe
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 569
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Förderung der deutschen Sprache in Kitas ist damit ein zentraler Ansatzpunkt
zur Integration der Kinder. Kindertageseinrichtungen können Kindern mit Mi-
grationshintergrund darüber hinaus frühzeitig Kontakt mit dem deutschen Bil-
dungssystem, zu Mehrheitsangehörigen und mit den kulturellen Gepflogenhei-
ten des Aufnahmelandes ermöglichen. Entsprechende positive Effekte des Kita-
Besuchs sind für Kinder mit Migrationshintergrund belegt (vgl. z. B. Aktionsrat
Bildung 2016; Becker 2006, 2010).
Allerdings kann der Besuch einer Kindertageseinrichtung nicht nur für die
Kinder selbst, sondern auch für ihre Eltern bzw. Familien von hoher Bedeutung
sein. Eltern kommen über die Kita-Nutzung ihrer Kinder direkt mit anderen
Eltern und Kindern der Mehrheitsgesellschaft, deren Werten und kulturellen
Vorstellungen in Kontakt. Dies kann zum einen direkt erfolgen, indem sie mit
anderen Eltern der Einrichtung bei unterschiedlichen täglichen oder unregel-
mäßigen Anlässen zusammenkommen, oder indem sich die Eltern beim Brin-
gen und Abholen der Kinder mit den Fachkräften der Einrichtungen austau-
schen. Der Kita-Besuch des Kindes kann aber auch deshalb für Familien von
hoher Bedeutung sein, da sie über ihre Kinder zu Hause mit der Sprache und
entsprechenden Vorstellungen der Mehrheitsgesellschaft, welche Kinder aus der
Kita „mitbringen“, in Berührung kommen. Außerdem kann der Kita-Besuch
geflüchteten Eltern ermöglichen, an Integrations- oder Deutschkursen teilzu-
nehmen oder– sofern es für sie möglich ist– eine Erwerbsarbeit aufzunehmen,
da ihre Kinder betreut sind. Insofern kann der Besuch einer Kindertagesein-
richtung aus mehreren Gründen zu einer Integration der geflüchteten Eltern
von jungen Kindern beitragen (vgl. u. a. BMFSFJ 2019a). Eine der wenigen em-
pirischen Studien, die diesen Wirkungszusammenhang belegt, ist eine Studie
von Gambaro etal. (2019). In dieser Studie wird ein Index erstellt, der verschie-
dene Aspekte der gesellschaftlichen und sozialen Integration der geflüchteten
Frauen abbildet (wie deutsche Sprachkenntnisse, Arbeitsmarktorientierung
etc.). Auf Basis kausalanalytischer Verfahren wird gezeigt, dass der Kita-Besuch
der Kinder für die Mütter mit Fluchthintergrund einen substantiellen und sig-
nifikanten Einfluss auf die gesellschaftliche Integration ausübt (ebd.).
Grundsätzlich gilt auch für in Deutschland lebende Kinder von Geflüchteten,
dass sie einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesbetreuung ab
dem vollendeten ersten Lebensjahr haben– wenn von einem „gewöhnlichen
Aufenthalt“ in Deutschland ausgegangen werden kann (vgl. Meysen etal. 2016;
Baisch etal. 2017). Es lassen sich allerdings unterschiedliche regionale Regelun-
gen finden (Deutsches Institut für Menschenrechte 2019). Auf der Basis der
IAB-BAMF-SOEP-Stichprobe Geflüchteter in Deutschland kann für das Mittel
der Jahre 2016 und 2017 berechnet werden, wie viele Kinder mit Fluchthinter-
grund tatsächlich eine Kindertageseinrichtung besuchten (siehe Tabelle 3). Bei
Kindern im zweiten Lebensjahr waren es 7 Prozent, während es bei Kindern im
dritten Lebensjahr immerhin fast jedes vierte Kind war. Im Alter von drei Jah-
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
570 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
ren besuchten nahezu 60 Prozent eine Kindertageseinrichtung und in den bei-
den älteren Altersgruppen waren es etwas mehr als 70 Prozent. Wie ein Ver-
gleich mit dem Mittelwert aller Kinder in West- bzw. Gesamtdeutschland zeigt,
waren die Nutzungsquoten in allen Altersgruppen bei geflüchteten Kindern
deutlich geringer. Diese Muster zeigen sich auch– wenn auch in geringerem
Ausmaß– für Kinder, von denen beide Eltern einen Migrations-, aber nicht un-
bedingt Fluchthintergrund haben. Bemerkenswert ist in diesem Zusammen-
hang, dass dies nicht auf Kinder zutrifft, von denen nur ein Elternteil einen Mi-
grationshintergrund hat (vgl. Jessen etal. 2018).
Tabelle 3
Anteil der Kinder mit Fluchthintergrund und Anteil aller Kinder
in Kindertageseinrichtungena 2016/2017b (nach Alter, Zeilenprozente)
Alter Nur Kinder mit
Fluchthintergrundc
Kinder
in Westdeutschland
Kinder
in Deutschland
1 Jahr 7 22 29
2 Jahre 24 49 55
3 Jahre 58 87 88
4 Jahre 72 94 94
5 Jahre 72 97 97
a Ohne Kinder in der Kindertagespflege.
b Daten der Kinder mit Fluchthintergrund beziehen sich auf 2016/2017, alle anderen auf 2017.
c In den jeweiligen Altersgruppen machen 4 8 Prozent der Befragten keine Angaben zum Kita-Besuch ihres
Kindes.
Quelle: IAB-BAMF-SOEP-Befragung Geflüchteter in Deutschland 2016/2017, vgl. Gambaro et al. (2019) und
Autorengruppe Bildungsbericht (2018).
Obwohl der Besuch einer Kindertageseinrichtung grundsätzlich für Kinder
mit Fluchthintergrund und deren Familien vielfache Vorteile verspricht, sind
diese Kinder – unabhängig von Platzansprüchen– im Vergleich zu Familien
ohne Fluchthintergrund in Kindertageseinrichtungen unterrepräsentiert. Ent-
sprechend sollte– vor dem Hintergrund einer besseren Integration der Kinder,
der Eltern und der Familien als Ganzes– daran angesetzt werden, Familien mit
Fluchthintergrund frühzeitig über die potenziellen Chancen des Besuchs einer
Kindertageseinrichtung zu informieren und entsprechend viele Plätze bereitzu-
stellen. Es bedarf dazu der Anstrengung der beteiligten Akteure auf allen Ebe-
nen: Dabei kann an öffentlich finanzierte Programme gedacht werden, wie sie
z. B. vom Bundesfamilienministerium gefördert werden, die das Ziel haben, Zu-
gangshürden zur Kindertagesbetreuung abzubauen. Das Bundesprogramm „Ki-
ta-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ (BMFSFJ 2019b) sowie Brücken-
projekte wie z. B. in Nordrhein-Westfalen (Busch etal. 2018) setzen hier an: Es
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 571
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
werden niedrigschwellige Angebote in Gemeinschaftsunterkünften, in Famili-
enzentren, in Nachbarschaftszentren oder direkt in Kindertageseinrichtungen
erprobt, die den Zugang zur Kindertagesbetreuung vorbereiten und unterstüt-
zend begleiten. Sofern die Familien den Weg in eine Einrichtung gefunden ha-
ben, sollten sie intensiv begleitet und gefördert werden. Hierbei ist auch der
Sachverhalt zu berücksichtigen, dass viele geflüchtete Kinder und auch ihre Fa-
milien spezifische Bedürfnisse haben, die durch potenziell traumatische Erfah-
rungen, welche von ihnen selbst oder ihren Familien im Herkunftsland oder
auch auf der Flucht gemacht wurden, entstanden sind (siehe z. B. Wissenschaft-
licher Beirat für Familienfragen 2017).
Ein weiteres spezifisches Bedürfnis ist die gezielte Sprachförderung der Kin-
der. Diese wird z. B. im Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ (BMFSFJ 2019c) auf-
genommen. Zusätzlich sind Ansätze wichtig, welche darüber hinaus Kindern
und auch deren Familien eine Integration in die deutsche Gesellschaft erleich-
tern. Kindertageseinrichtungen bieten dazu einen zentralen Ansatzpunkt, da sie
mehrheitlich als wichtige Infrastruktur für Kinder, Eltern und Familien be-
trachtet werden (vgl. auch den Beitrag von Spieß in diesem Heft). Der Erwerb
der deutschen Sprache ist auch für die Kinder relevant, deren Familien viel-
leicht nur wenige Jahre in Deutschland bleiben werden, denn deutsche Sprach-
kompetenzen sind eine wichtige Voraussetzung für die Bildungspartizipation
(Kempert etal. 2016) und für die Teilhabe am Alltagsleben. Von hoher Bedeu-
tung ist hier, dass es sich nicht nur um befristete Programme − beispielsweise
vielfach öffentlich geförderte Modellprojekte − handelt, sondern dass Program-
me nachhaltig angelegt sind. Erst sie erlauben es, mittel- bis langfristig pädago-
gisches Fachpersonal in diesen Bereichen fortzubilden, weiterzuqualifizieren
und dann auch entsprechend weiterzubeschäftigen.9
Zu beachten ist auch, dass die Neuzuwanderung seit 2014 regional zu einer
Veränderung der Zusammensetzung der sogenannten „Ankunftsquartiere“ ge-
führt hat (Helbig/Jähnen 2019). Die Prozentzahl der zugewanderten Familien
der zweiten oder dritten Generation nimmt ab zugunsten von Familien, die im
Ausland geboren wurden und günstigen Wohnraum suchen. Dies führt zu regi-
onalen Unterschieden in der Anzahl von Kindern, die betreut werden müssen
und stellt Kitas (bzw. die Kommunen) vor erhebliche Herausforderungen im
Hinblick auf erforderliche Integrationsleistungen, Personal, Räumlichkeiten
und Finanzen. Positiv betrachtet heißt das aber auch, dass sich hier die Mög-
lichkeit bietet, aus den Fehlern sowie aus den Erfolgen der letzten Jahrzehnte zu
lernen, in diese Wohnquartiere mehr zu investieren und Kinder und ihre Fami-
lien durch gezielte Interventionsmaßnahmen zu fördern (siehe Textbox für
konkrete Interventionsstrategien).
9 Die Laufzeit der beiden erwähnten Bundesprogramme endet z. B. im Jahr 2020.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
572 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Exkurs: Beispiele gezielter Interventionsstrategien für geflüchtete Familien
Interventionsmaßnahmen für geflüchtete Familien sollten drei Aspekte berücksich-
tigen– den Einbezug von zwei Generationen, frühe Betreuungsmöglichkeiten sowie
eine gute und kultursensible Betreuungsqualität. Zum Einbezug von Kindern und
Eltern gibt es mittlerweile viele Studien, die überzeugend zeigen, dass dies entschei-
dende Vorteile bringt (Überblick: Tet i etal. 2017). Dies kann über Familienzentren
geleistet werden, die an Kitas, Grundschulen, Gemeindezentren oder anderem mehr
angesiedelt sein können. Wichtig ist, dass sie einen niedrigschwelligen Zugang bie-
ten und Kindern und Eltern nicht nur während einer kurzen Altersspanne als An-
laufstelle dienen, sondern altersübergreifend arbeiten, dass sie Eltern unterstützen
und ihnen auch Gelegenheit geben, sich untereinander zu vernetzen.
Ein Good-Practice-Beispiel für eine Verknüpfung von früher Betreuung von ge-
flüchteten Kindern, qualitativ guter Betreuung und dem Einbezug von Kindern und
Eltern sind die sogenannten „Kinderstuben“, die im Ruhrgebiet zunächst von der
Stadt Dortmund eingerichtet wurden, dann aber von weiteren Kommunen über-
nommen wurden und den Übergang in die Kita vorbereiten. Es handelt sich hierbei
um Großtagespflegestellen im Sinne des SGB VIII mit einem besonderen Profil
(RuhrFutur 2017; 2019). Der Betreuungsschlüssel von 1:3 erlaubt sowohl eine inten-
sive Betreuung der Kinder als auch den engen Kontakt und Austausch mit den El-
tern. Die zeitweise Anwesenheit der Eltern ist Teildes Betreuungskonzeptes. Eltern
werden als Experten für ihre Kinder betrachtet, erhalten aber auch Unterstützung
und Beratung. Nach einem Jahr intensiver Betreuung sprechen die Kinder ausrei-
chend Deutsch und besuchen eine reguläre Kita, zudem haben Eltern einen guten
Einblick in das deutsche Bildungssystem bekommen.
4. Zusammenfassung und Diskussion
Vor dem Hintergrund des Zuzugs von Geflüchteten der letzten Jahre zeigt
der Beitrag auf Basis neuester Daten des Mikrozensus und des IAB-BAMF-
SOEP-Samples für Geflüchtete, dass diese häufig sehr junge Kinder haben. Al-
leine Geflüchtete der Herkunftsländer Syrien, Afghanistan, Irak und Eritrea,
die zwischen 2015 und 2017 nach Deutschland gekommen sind, haben etwa
250.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, dabei über 100.000 Kinder
unter 6 Jahren. Allerdings besuchen Kinder in Flüchtlingsfamilien deutlich sel-
tener Kindertageseinrichtungen als andere Kinder. Für die Bildungschancen,
den Spracherwerb und die Integration und Teilhabe dieser Kinder, aber auch
für die Integration ihrer Eltern, sind frühkindliche Bildungsangebote jedoch
essentiell. Neben der Förderung der Kinder und Familien können diese Bil-
dungs- und Betreuungsangebote auch langfristig zu besseren Bildungsabschlüs-
sen und Berufsperspektiven beitragen, wovon die Gesellschaft profitiert. Dabei
übersteigt dieser Nutzen die Kosten der Bildungs- und Betreuungsangebote
(Spieß 2013).
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 573
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
In der medialen und politischen Debatte zur „Flüchtlingskrise“ ist die Bedeu-
tung von Familie bislang unterbelichtet geblieben. Die psychologische For-
schung zeigt jedoch, dass gerade bei Geflüchteten der Verlust der Familie die
mentale Gesundheit negativ beeinflusst (vgl. z. B. Miller etal. 2018), während
der Familienzusammenhalt in geflüchteten Familien positive Auswirkungen
zeigt (vgl. z. B. Nam etal. 2016; Panter-Brick etal. 2014; Weine etal. 2014). Da-
bei stellt das Erlernen der Sprache des Aufnahmelandes eine wichtige Grund-
voraussetzung für die Integration der Familien und den Zugang zu Bildung und
Arbeitsmarkt dar (Kempert etal. 2016).
Angesichts der politischen und humanitären Lage in Syrien, Afghanistan,
Irak und Eritrea ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der Geflüchteten
aus diesen Ländern langfristig in Deutschland bleiben wird. Während für Kin-
der über 6 Jahren durch die allgemeine Schulpflicht Behörden zum Handeln
gezwungen sind, ist dies für Kinder im Kita-Alter weniger der Fall, denn hier
gibt es zwar ein Recht auf einen Kitaplatz, aber dieses Recht lässt sich in Regi-
onen, in denen Mangel an Kitaplätzen herrscht, von geflüchteten Familien
vielfach nicht leicht einfordern. Dabei zeigt evidenzbasierte Forschung deut-
lich, dass die Investitionen in die Bildung junger Kinder besonders effektiv
und kosteneffizient sind (z. B. Engle et al. 2011; Shonkoff etal. 2017; Cunha/
Heckman 2008). Wenn Kinder also keine Kita besuchen, kann sich dies auf ih-
re spätere Bildungslaufbahn tendenziell negativ auswirken. Unsere Analysen
zeigen, dass ein Teil der Kinder der Geflüchteten bald nach der Ankunft in
Deutschland zur Welt gekommen ist. Dies bietet aus der Perspektive der Mig-
rationsforschung insofern eine große Chance, als diese Kinder die Möglichkeit
haben, bei entsprechenden Rahmenbedingungen besonders mühelos Sprach-
kenntnisse auf muttersprachlichem Niveau zu erwerben, mit potenziell positi-
ven Auswirkungen auf ihren weiteren schulischen und beruflichen Lebens-
weg.10
Der Beirat für Familienfragen hat anhand mehrerer Gutachten, Veranstaltun-
gen und Gespräche mit Politiker*Innen auf die Bedeutung der Familie für den
Integrationsprozess hingewiesen (siehe Wissenschaftlicher Beirat für Familien-
fragen beim BMFSFJ 2016a, 2016b, 2017). Auch wenn die Einflussnahme eines
wissenschaftlichen Beirats ihre Grenzen hat, kann er auf drei unterschiedliche
Dimensionen Empfehlungen geben: Er kann– wie andere Akteure auch– auf
die Bedeutung eines Themas hinweisen, evidenzbasierte und aktuelle Hand-
lungsempfehlungen formulieren und Datenbedarf identifizieren. Im Kontext
der hohen Zahl an Geflüchteten hat sich der Beirat für Familienfragen in dieser
10 Auch wenn Kinder im Kita-Alter bei der Sprachentwicklung in besonderem Maße
profitieren, so ist auch für Schulkinder der Spracherwerb zentral und altersabhängig.
Studien zufolge ist der akzentfreie Zweitspracherwerb bei jüngeren Kindern vor der Pu-
bertät vielen problemlos möglich; dies scheint sich später zu ändern (Esser 2006).
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
574 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Hinsicht mehrfach zu Wort gemeldet und wird den Integrationsprozess der Zu-
gewanderten aus Syrien, Afghanistan, Irak, Eritrea und anderen Ländern auch
künftig entsprechend begleiten.
Literatur
Aktionsrat Bildung (2016): Integration durch Bildung. Migranten und Flüchtlinge in
Deutschland, Münster.
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2016): Bildung in Deutschland 2016. Ein in-
dikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration, Bielefeld.
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2018): Bildung in Deutschland 2018. Ein in-
dikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bil-
dung, Bielefeld.
Baisch, B./Lüders, K./Meiner-Teubner, C./Riedel, B./Scholz, A. (2017): Flüchtlingskinder
in Kindertagesbetreuung. Ergebnisse der DJI-Kita-Befragung „Flüchtlingskinder“ zu
Rahmenbedingungen und Praxis im Frühjahr 2016, München.
Baldassar, L./Kilkey, M./Merla, L./Wilding, R. (2014): Transnational families, in: Treas, J.
et al. (Hrsg.): The Wiley-Blackwell Companion to the Sociology of Families, Wiley,
S. 155 – 175.
Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2019): Na-
tionaler Aktionsplan Integration, https://www.nationaler-aktionsplan-integration.de/
napi-de (Zugriff 9.2.2020).
Becker, B. (2006): Der Einfluss des Kindergartens als Kontext zum Erwerb der deutschen
Sprache bei Migrantenkindern, Zeitschrift für Soziologie 35 (6), S. 449 464.
Becker, (2010): Wer profitiert mehr vom Kindergarten?, Kölner Zeitschrift für Soziologie
und Sozialpsychologie 62 (1), S. 139 163.
BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (2019a): Frühe
Bildung, gleiche Chancen. FAQ, https://www.fruehe-chancen.de/themen/integration/
auf-einen-blick/faqs/(Zugriff 9.2.2020).
BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (2019b): Bun-
desprogramm Kita-Einstieg, https://kita-einstieg.fruehe-chancen.de/ (Zugriff 9.2.
2020).
BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (2019c): Bun-
desprogramm Sprach-Kitas, https://sprach-kitas.fruehe-chancen.de/ (Zugriff 9.2.
2020).
Brücker, H. (2017): Familiennachzug: 150.000 bis 180.000 Ehepartner und Kinder von
Geflüchteten mit Schutzstatus leben im Ausland, https://www.iab-forum.de/familien
nachzug-150-000-bis-180-000-ehepartner-und-kinder-von-gefluechteten-mit-schutz
status-leben-im-ausland/(Zugriff 9.2.2020).
Brücker, H./Hauptmann, A./Vallizadeh, E. (2015): Flüchtlinge und andere Migranten am
deutschen Arbeitsmarkt: Der Stand im September 2015, IAB Aktuelle Berichte
14/2015.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 575
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Brücker, H./Kroh, M./Bartsch, S./Goebel, J./Kühne, S./Liebau, E./Schupp, J. (2013): The
new IAB-SOEP Migration Sample: an introduction into the methodology and the con-
tents, SOEP Survey Papers 216-2013.
Buchmüller, T./Lembcke, H./Ialuna, F./Busch, J./Leyendecker, B. (2020): Mental health
needs of refugee children in specialized early education and care programs in Germa-
ny, Journal of Immigrant and Minority Health 22 (1), S. 22 33.
Bujard, M./Diehl, C./Kreyenfeld, M./Spieß, C. K. und der Wissenschaftliche Beirat für Fa-
milienfragen beim BMFSFJ (2019): Familien mit Fluchthintergrund: Aktuelle Fakten
zu Familienstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Wohlbefinden, Berlin: BMFSFJ.
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen Asyl und Flüchtlings-
schutz. https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-
zahlen-dezember-2019.html?nn=284722 (Zugriff 9.2.2020).
Busch, J./Bihler, L./Lembcke, H./Buchmüller, T./Diers, K./Leyendecker, B. (2018): Challen-
ges and solutions perceived by educators in an early childcare program for refugee
children. Frontiers in Psychology, Section Educational Psychology, doi.org/10.3389/
fpsyg.2018.01621.
Castles, S. (2003): Towards a Sociology of forced migration and social transformation,
Sociology 37 (1), S. 13 34.
Cunha, F./Heckman, J. J. (2008): Formulating, Identifying and Estimating the Technology
of Cognitive and Noncognitive Skill Formation, Journal of Human Resources 43 (4),
S. 738 – 782.
Daud, A./af Klinteberg, B./Rydelius, P. (2008): Resilience and Vulnerability among Refu-
gee Children of Traumatized and Non-Traumatized Parents, Child Adolescent Psych-
iatry Mental Health 2 (1), 7.
Deutsches Institut für Menschenrechte (2019): Welchen Zugang haben geflüchtete Kin-
der zu Kitas?, http://landkarte-kinderrechte.de/downloads/Infos-Bundeslaender-Kita-
2017.pdf (Zugriff 9.2.2020).
Engle, P. L./Fernald, L. C. H./Alderman, H./Berhman, J./Global Child Development
Steering Group (2011): Strategies for reducing inequalities and improving develop-
mental outcomes for young children in low-income and middle income countries,
Lancet 378, S. 1339 – 1353.
Esser, H. (2006): Sprache und Integration. Die sozialen Bedingungen und Folgen des
Spracherwerbs von Migranten, Frankfurt/M.
Fazel, M./Reed, R. V./Panter-Brick, C./Stein, A. (2012): Mental health of displaced and
refugee children resettled in high-income countries: risk and protective factors, Lan-
cet, 379, S. 266 – 282.
Gambaro, L./Kreyenfeld, M./Schacht, D./Spieß, C. K. (2018): Lebenszufriedenheit von
Geflüchteten in Deutschland ist deutlich geringer, wenn ihre Kinder im Ausland le-
ben, DIW-Wochenbericht 85 (42), S. 905 916.
Gambaro, L./Neidhöfer, G./Spieß, C. K. (2019): The Effect of Early Childhood Education
and Care Services on the Social Integration of Refugee Families, DIW Discussion
Papers 1828.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
576 M. Bujard, C. Diehl, M. Kreyenfeld, B. Leyendecker und C. K. Spieß
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Gürtzgen, N./Kubis, A./Rebien, M. (2017): Geflüchtete kommen mehr und mehr am Ar-
beitsmarkt an, IAB-Kurzbericht 14/2017.
Helbig, U./Jähnen, S. (2019): Wo findet „Integration“ statt? Die sozialräumliche Vertei-
lung von Zuwanderern in den deutschen Städten zwischen 2014 und 2017, Diskcus-
sion Paper 2019-003, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
Jessen, J./Schmitz, S./Spieß, C. K./Waights, S. (2018): Kita-Besuch hängt trotz ausgeweite-
tem Rechtsanspruch noch immer vom Familienhintergrund ab, DIW-Wochenbericht
85 (38), S. 825 – 835.
Kempert, S./Edele, A./Rauch, D./Wol f , K. M./Paetsch, J./Darsow, A., Stanat, P. (2016): Die
Rolle der Sprache für zuwanderungsbezogene Ungleichheiten im Bildungserfolg, in:
Diehl, C./Hunkler, C./Kristen, C. (Hrsg.): Ethnische Ungleichheiten im Bildungsver-
lauf, Wiesbaden, S. 157 – 241.
Kraus, E./Sauer, L. (2019): Familienstrukturen im Fluchtkontext. Wie unterscheiden sich
die Migrationsprozesse von Frauen und Männern? Bevölkerungsforschung Aktuell
3/2019, S. 3 – 7.
Kraus, E./Sauer, L./Wenzel, L. (2019): Together or apart? Spousal migration and reunifi-
cation practices of recent refugees to Germany, Zeitschrift für Familienforschung/
Journal of Family Research 31 (3), S. 303 332.
Kroh, M./hne, S./Jacobsen, J./Siegert, M./Siegers, R. (2017): Sampling, nonresponse,
and integrated weighting of the 2016 IAB-BAMF-SOEP Survey of Refugees (M3/M4).
Revised Version, SOEP Survey Paper 477.
Lembcke, H./Buchmüller, T./Leyendecker, B. (2020): Refugee mother-child dyads’ hair
cortisol, post-traumatic stress, and affectionate parenting. Psychoneuroendocrinology
111, 104470.
Leyendecker, B./Cabrera, N./Lembcke, H./Willard, J./Kohl, K./Spiegler, O. (2018): Parent-
ing in a new land: Immigrant parents and the positive development of their children
and youth, European Psychologist 23 (1), S. 57 71.
Meysen, T./Beckmann, J./González Méndez de Vigo, N. (2016): Flüchtlingskinder und ihre
Förderung in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege, Rechtsexpertise im Auftrag
des Deutschen Jugendinstituts, München.
Miller, A./Hess, J. M./Bybee, D./Goodkind, J. R. (2018): Understanding the mental health
consequences of family separation for refugees: Implications for policy and practi-
ce,American Journal of Orthopsychiatry 88 (1), S. 26 37.
Nam, B./Kim, J. Y./DeVylder, J. E./Song, A. (2016): Family functioning, resilience, and de-
pression among North Korean refugees, Psychiatry Research 245, S. 451 457.
Panter-Brick, C./Grimon, M.-P./Eggerman, M. (2014): Caregiver-child mental health:
Aprospective study in conflict and refugee settings, Journal of Child Psychology and
Psychiatry 55, S. 313 – 327.
RuhrFutur (Hrsg.) (2017): Handbuch Kinderstuben. Eine Maßnahme im Rahmen der
Bildungsinitiative RuhrFutur, Essen.
RuhrFutur (Hrsg.) (2019): Handbuch Zusammenarbeit Kinderstuben und Allgemeiner
Sozialer Dienst (ASD). Entwicklung eines Modells zur Kooperation von Regeleinrich-
tungen und Hilfen zur Erziehung, Essen.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
Geflüchtete, Familien und ihre Kinder 577
Sozialer Fortschritt 69 (2020) 8 / 9
Rumbaut, R. G. (1997): Ties that bind. Immigration and immigrant families, in: Booth,
A. etal. (Hrsg.), Immigration and the family, Mahwah, S. 3 46.
Spieß, C. K. (2013): Effizienzanalysen frühkindlicher Bildungs- und Betreuungspro-
gramme, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 16 (2), S. 333 354.
Shonkoff, J. P./Radner, J. M./Foote, N. (2017): Expanding the evidence base to drive more
productive early childhood investments, Lancet 389, S. 14 16.
Teti, D. M./Cole, P. M./Cabrera, N./Goodman, S. H./McLoyed, V. C. (2017): Supporting
parents: How six decades of parenting research can inform policy and best practice,
Social Policy Report 30 (5), S. 2 – 33.
Weine, S./War e , N./Hakizimana, L./Tugenberg, T./Currie, M. etal. (2014): Fostering resi-
lience: Protective agents, resources, and mechanisms for adolescent refugees’ psycho-
social well-being, Adolescent Psychiatry 4, S. 164 176.
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ (2016a): Geflüchtete Famili-
en in Deutschland. Bedarf an gezielter Unterstützung, Forschung und politischer Mo-
deration, Berlin: BMFSFJ.
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ (2016b): Migration und Fa-
milie: Kindheit mit Zuwanderungshintergrund, Wiesbaden.
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ (2017): Aus Kriegsgebieten
geflüchtete Familien und ihre Kinder: Entwicklungsrisiken, Behandlungsangebote,
Versorgungsdefizite, Berlin: BMFSFJ.
OPEN ACCESS | Licensed under CC BY-NC-ND 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
DOI https://doi.org/10.3790/sfo.69.8-9.561 | Generated on 2023-01-16 13:39:12
... Family structure, including those left behind, and opportunities for family reunifi cation are important factors shaping integration processes and educational opportunities of children, adolescents, and adults (Kraus et al. 2019;Löbel/Jacobsen 2021). This also stresses the importance of institutional daycare for children below school age and school access for school aged children (e.g., Bujard et al. 2020;Gambaro et al. 2020Gambaro et al. , 2021. ...
Article
Full-text available
This study describes the first wave of the IAB-BiB/FReDA-BAMF-SOEP Survey on Ukrainian Refugees in Germany, a unique panel dataset based on over 11,000 interviews conducted between August and October 2022. The aim of the IAB-BiB/FReDA-BAMF-SOEP Survey is to provide a data-infrastructure for theory-driven and evidence-based research on various aspects of integration among Ukrainian refugees in Germany, the second most important destination country in the EU after Poland, hosting over a million people who arrived in Germany shortly after the Russian invasion of Ukraine. Based on the survey, this study also provides first insights into demographic, educational, linguistic, occupational, and social characteristics of this population. The analyses revealed that the refugee population comprised mostly young and educated individuals, with a significant proportion of females without partners and female-headed separated families. While German language skills were limited, about half of Ukrainian refugees had attended or were attending language courses. However, the integration process faced significant challenges, as the participation of children in day-care was relatively low, and the self-reported life satisfaction was markedly below the average of the German population. The study highlights the need for targeted policy measures to address such issues. Additionally, policies may aim at harnessing the high potential of the Ukrainian refugees for the German labor market. Given that a substantial proportion would like to stay in Germany permanently, policymakers should take note of these findings and aim to facilitate their long-term integration process to ensure that these refugees may thrive in Germany.
... Gender differences regarding language skills and employment are well documented in previous studies, which have shown that refugee men have more contacts, a higher employment rate and higher levels of formal education than women (Bakker et al., 2017;Fennelly & Palasz, 2003;Van Tubergen & Wierenga, 2011). Recent studies in German-speaking countries suggest that family context is crucial and that childcare fosters the social inclusion of mothers (Bujard et al., 2020;Gambaro et al., 2019b). Our results are in line with these studies. ...
Article
Full-text available
This article provides insights into the role of the nuclear family for refugees' social capital in Austria, with a focus on gender‐specific differences. We use a multimethod approach, based on quantitative data from a survey with 548 refugees from Syria and Afghanistan and semi‐structured group discussions (N = 17 informants). In our analysis, we study frequency of contacts in first language and in German, as proxies for the bonding and bridging social capital. Marital status, childlessness and family work were identified as important factors: Frequency of contact substantially varied by gender and family context. Of all surveyed groups, married childless women and married men with children had the least contacts in both languages. Although an unequal distribution of childcare may limit women's time resources, we observed a positive association between motherhood and frequency of contact in German.
... Rights reserved.fenheit, was heterogene Haushaltskonstellationen (auch) fluchterfahrener Personen betrifft, ist dabei jedoch nicht in der Lage, Auskunft über Familialitätsvorstellungen fluchterfahrener Personen zu geben, welche über den jeweiligen Haushalt hinausreichen.Die vorliegenden quantitativen Analysen der erfassten Datensätze setzen dementsprechend zwar an vielen Stellen im Bemühen an, detailliertere Aussagen etwa zu Genderaspekten(Brücker et al. 2016a;Kalkum et al. 2019), transnationalen Familienkonstellationen(Brücker 2017;Bujard et al. 2020) oder Partizipationsrealitäten(Brücker et al. 2018, S. 45; Worbs et al. 2016, S. 156) fluchterfahrener Familien zu treffen. Das dabei über die referierten Datensätze zustandekommende Familienbild bleibt jedoch notwendigerweise eng an ein Normalfamilien-und Haushaltsmodell der geflüchteten Familie geknüpft. ...
Article
Full-text available
Zusammenfassung Der Beitrag diskutiert kritisch den aktuellen Forschungsstand zum Thema fluchterfahrener Familien in Deutschland und reflektiert diesen für die Weiterentwicklung einer heterogenitätssensiblen Sozialen Arbeit. Dafür gleichen wir den Forschungsstand mit Erkenntnissen der allgemeinen Familienforschung und der Migrationsgesellschaftsforschung ab. Dabei zeigt sich, dass ein Großteil bisher vorliegender Studien zur Familialität fluchterfahrener Personen dazu tendiert, diese besondernd zu erfassen und dabei ordnungs- und sozialpolitisch tradierte Vorstellungen „der geflüchteten Familie“ zu reproduzieren. Wir zeigen auf, welche Optionen einer Vergegenständlichung von Familialitäten fluchterfahrener Personen zugunsten einer heterogenitätssensibel ansetzenden Sozialen Arbeit stärker zu reflektieren sind.
... We assume that: Opportunity structures may also be provided by the family, and under certain circumstances the family may act as a mediator in building new non-kin contacts. For instance, for refugees with children, schools or daycare institutions have been found to be crucial not only for the social integration of the children themselves, but also for their parents (Bujard et al., 2020;Gambaro et al., 2019). Hence, in contrast to H1, which stated a negative relationship between family context and non-kin-ties, we assume that: ...
Article
This article explores the composition of the personal social networks and their interrelation with the family context of recently arrived refugees in Germany. Using the Refugee Sample of the German Socio-Economic Panel (2017) and performing logistic regression analyses, the findings suggest that refugees living without their partner, children, or extended family in Germany are more likely to have at least one close non-kin confidant. The same holds true for inter-ethnic contacts. Moreover, the results show that also opportunity structures like the workplace or leisure-time activities matter. As male and female refugees have different family arrangements, differences by sex emerge.
... Hence, for every 100 female migrants, there were more than 150 male migrants. Since then, the share of female migrants among the humanitarian migrants has increased gradually (Bujard et al. 2020). ...
Article
Full-text available
Objective: This chapter introduces the reader to the Special Issue "Female Employment and Migration in European Countries". Background: While there is a large body of research on the labour market performance of male migrants, women’s employment behaviour after migration has only recently moved into the focus of attention. Method: This Special Issue draws on various research methods and data sources, including register, census, and survey data. Some of the studies focus on specific national contexts, such as the German, Spanish, Dutch, and Belgian situations. Other studies compare female migrants across European countries and between origin and destination countries. Results: The contributions in this Special Issue help to disentangle the complex interplay of socio-economic factors, family and fertility behaviour, gender role attitudes, and institutional constraints and policies that shape the employment behaviour of migrant women after they migrate. Conclusion: In many European countries, the employment rates of first-generation female migrants, and particularly those of women from non-EU countries of origin, lag behind the employment rates of native women. While prior research has often reported that socio-economic and cultural factors play a role in shaping the employment behaviour of female migrants, the contributions in this volume also emphasise the strong relevance of institutional factors in the receiving country, including migration, family, and labour market policies.
... This may be a barrier for migrants, particularly if they have just arrived in Germany. Indeed, empirical evidence suggests that the children of recent migrants are less likely than other children in Germany to attend day care (Krapf 2014;Bujard et al. 2020). Another reason why migrant families may be less likely than native families to use child care and parental leave is that female migrants have relatively low labour market participation rates. ...
Article
Full-text available
Objective: We analyse the employment patterns of childless first-generation migrants to Germany. In particular, we focus on the behaviour of female "marriage migrants". Marriage migrants are defined as individuals who married after their spouse had moved to Germany. Background: Demographic studies have illustrated that marriage migrants have particularly high childbirth rates upon arrival. There is, however, little empirical evidence on how the childbearing behaviour of migrant women is related to their employment behaviour. Method: We use event history techniques to study women's labour market entry after migration in relation to their childbearing behaviour. We draw on data from the German Socio-Economic Panel (GSOEP). The analytical sample is restricted to immigrant women who moved while childless to Germany between 1990 and 2016 (n=981). Results: Compared to other groups, marriage migrants have very low chances of entering the labour market. Only 32 per cent of the migrants in our sample had ever participated in the labour market in the five-year period after their arrival in Germany. A large share of the differences between these migrants and other migrants can be attributed to the socio-demographic composition of these women, and to their tendency to transition to parenthood soon after their arrival. Conclusion: We argue that the low employment rates of female marriage migrants must also be viewed in the context of Germany’s migration policies, which do not provide many routes for female third-country nationals to move to Germany. One of the few available channels is that of marriage migration. We conclude by discussing the social policy implications of these findings at a time when Germany is gradually becoming a dual-earner society.
Article
Since the outbreak of the Russian invasion of Ukraine, about one million people have fled to Germany in 2022. Due to the gender-specific policies for staying and leaving Ukraine, the socio-demographic composition of the refugees differs markedly from previous refugee migrations to Western Europe and from forms of voluntary migration. In particular, it stands out that about three quarters of the adult refugees arriving in Germany were women. Our paper explores systematically the family constellations of the Ukrainians who have fled their country and analyses their family-reunion intentions. We use representative data from the first wave of the “Ukrainian Refugees in Germany (IAB-BiB/FReDA-BAMF-SOEP-Survey)”. About 11,000 refugees aged 18 to 70 years participated in the survey. Only about 23 percent of the women arrived together with their partner in Germany, another 42 percent were single women and 35 percent of the women arrived without their partner. Descriptive analyses reveal ambiguity and uncertainty regarding their stay and family reunion. Multivariable analyses reveal that among these spatially separated women, intentions for family reunion in Germany are particularly high in constellations where the partner lives in more war-affected regions, and when the respondents express their intention to stay in Germany.
Article
Full-text available
Wir stellen ausgewählte Ergebnisse einer explorativen Analyse quantitativer und qualitativer Interviewdaten vor, welche dem Verbundforschungsprojekt »Integration durch Vertrauen« entstammen. Unsere forschungsleitenden Fragen zielen darauf, zu erfahren, (1) welche vertrauensbezogenen Einstellungen sich bei Eltern mit Fluchterfahrung gegenüber frühpädagogischen Angeboten in Niedersachsen6 feststellen lassen, (2) welche Personen und Organisationen in diesem Kontext aus Sicht der Eltern vertrauenswürdig sind und (3) inwiefern sich dabei ein Zusammenhang zwischen personen-, organisations- und systembezogenen Aspekten des Vertrauensaufbaus zeigt.
Article
Full-text available
This study examines migration and reunification processes among recent male and female refugees from Afghanistan, Iraq, and Syria in Germany. Specifically, we analyse different types of spousal migration practices (joint arrival versus arriving alone) and the probability of reunification with the left-behind partner after one year of geographic separation, and to what extent this is shaped by socio-economic conditions, children, family networks, and the legal situation of married men and women. Using data from the first and second wave of the IAB-BAMF-SOEP Survey of Refugees, collected in 2016 and 2017 in Germany, and applying logistic regression models, we disentangle the heterogeneity of refugees’ migration processes. The results show that couples with minor children are more likely to migrate together compared to childless couples or those with adult children only, and that men and women’s solo migration is associated with the presence of other family members at the destination country. The probability of reunifying with the left-behind partner after one year of separation mainly depends, again, on family networks, with differential effects for men and women. Furthermore, male first-movers’ legal status in Germany is important for a quick reunification with their wives. Our research shows that forced migration in the here studied geographic context is a gendered process and that several characteristics of male migration do not apply to women. Furthermore, conventional explanations for economically motivated migration decisions and patterns must be adapted to the case of forced migration. Zusammenfassung Die vorliegende Studie untersucht Migrations- und Familiennachzugsprozesse verheirateter Männer und Frauen aus Afghanistan, Irak und Syrien in Deutschland. Konkret analysieren wir verschiedene Formen paarspezifischer Migrationspraktiken (gemeinsame versus getrennte Ankunft) und die Wahrscheinlichkeit des Familiennachzugs der im Ausland verbliebenen Partner*in innerhalb eines Jahres und inwieweit diese auf sozioökonomische Bedingungen, die Existenz und Anzahl von Kindern, Familiennetzwerke sowie die rechtliche Situation von verheirateten Männern und Frauen zurückzuführen sind. Auf Basis der Daten der ersten und zweiten Welle der Geflüchtetenstichprobe des Sozio-oekonomischen Panels (IABBAMF-SOEP), die 2016 und 2017 in Deutschland erhoben wurden, untersuchen wir die Heterogenität der Migrationsprozesse von Geflüchteten. Die Ergebnisse der logistischen Regressionsmodelle zeigen, dass die Chance einer gemeinsamen Migration für Paare mit minderjährigen Kindern – im Vergleich zu kinderlosen Paaren und Paaren mit nur erwachsenen Kindern – steigt, und dass die Alleinmigration von Frauen und Männern mit der Anwesenheit des erweiterten Familiennetzwerkes am Zielort verbunden ist. Die Wiedervereinigung mit dem/r im Ausland verbliebenen Partner*in hängt ebenfalls von familiären Netzwerken am Zielort ab, allerdings mit unterschiedlichen Effekten für Männer und Frauen. Außerdem ist für einen schnellen Familiennachzug von im Ausland verbliebenen Frauen der rechtliche Status von ihren zuerst migrierten Männern wichtig. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Fluchtmigration in dem hier untersuchten geografischen Kontext ein geschlechtsspezifischer Prozess ist und bestimmte Faktoren unterschiedlich auf die Migration von Frauen bzw. Männern wirken. Darüber hinaus zeigt sich, dass Zusammenhänge und Erklärungen ökonomisch motivierter Migrationsentscheidungen und -praktiken sich nicht ohne weiteres auf Fluchtmigration übertragen lassen, sondern angepasst werden sollten.
Article
Full-text available
Refugee children are at risk to develop mental health problems, which have rarely been investigated in educational contexts. We conducted three studies in childcare programs for refugees in Germany. Children’s behavior was assessed by educators on site (n = 84) and online (n = 50) using a two-stage-cluster sampling and on site (n = 107) using complete samples. In Study 1 and 2, children showed elevated attention problems ranging from medium to large effect sizes, r = 0.2 and r = 0.5, respectively, and aggressive behavior problems ranging from small to large effect sizes, r = 0.1 and r = 0.5, respectively, when compared to norm data. In Study 3, children showed elevated peer-problems, r = 0.5. Future research needs to investigate whether these problems are a consequence of adapting to a novel context or a precursor of a psychopathology caused by risk factors in the context of forced displacement.
Article
Full-text available
Immigration to Germany peaked in 2016. More than 105,000 refugees below the age of 7 years arrived within 12 months. Since then, Germany and other host nations have been in need of strategies to cover the emerging demand for childcare services. The German federal state North-Rhine Westphalia has funded a specialized early childhood education and care (ECEC) program for recently arrived refugees. The present study investigated challenges and possible solutions in this specialized ECEC. In a pilot study, inductive content analysis of n1 = 28 semi-structured interviews with early childhood educators revealed 19 distinct challenges and four generic categories for solutions (provide clear and predictable structures, involve and support parents, ensure adequate structural features of the childcare group, convey trust and feelings of competence). For the main study, identified challenges were transcribed into items for a closed-format questionnaire, which was distributed to a second sample of educators (n2 = 96). Challenges perceived as most difficult concerned language barriers and communication with parents. An exploratory factor analysis of the challenges questionnaire yielded four underlying domains (interpersonal stress, feasibility and attendance, cultural and communication barriers, structural features of a childcare group). Our study provides a first basis to adapt childcare settings for refugees, and to guide staff training for this special group. We discuss evidence in regard to understanding how ECEC programs can successfully promote refugee children’s psychosocial adaptation and educational outcomes.
Article
Full-text available
Immigrant parents face a double challenge in rearing their children in a foreign country. In addition to the tasks that all parents face, they must also try to find a balance between the norms and expectations of their heritage culture and those of the culture they live in. How do immigrant parents support their children and contribute to their positive adaptation? The goal of this review is to highlight selected aspects of parenting and family relationships that are strongly linked to children’s development and resilience. With regards to family processes, we underscore the contribution of fathers, the role of a potential acculturation gap between parents, and the benefit of speaking the heritage language in the family. For the connection to the world outside of the family, we highlight the advantage of having proficiency in the majority language and of parental involvement in schools. Finally, we outline the specific challenges and stressors as well as the importance of family relationships for families with refugee status. We conclude by making the case that immigrant parents should be encouraged and supported in rearing their children in a way that fosters family cohesion and reflects their heritage culture as well as the culture of the host country. This requires support and intervention programs that are not only culturally sensitive but are also two-generational and focus on mothers, fathers, and children.
Article
Full-text available
Consistent evidence documents the negative impacts of family separation on refugee mental health and concerns for the welfare of distant family members and desire to reunite with family members as priorities for refugees postmigration. Less is known about refugees' emic perspectives on their experiences of family separation. Using mixed methods data from a community-based mental health intervention study, we found that family separation was a major source of distress for refugees and that it was experienced in a range of ways: as fear for family still in harm's way, as a feeling of helplessness, as cultural disruption, as the greatest source of distress since resettlement, and contributing to mixed emotions around resettlement. In addition to these qualitative findings, we used quantitative data to test the relative contribution of family separation to refugees' depression/anxiety symptoms, posttraumatic stress disorder (PTSD) symptoms, and psychological quality of life. Separation from a family member was significantly related to all 3 measures of mental health, and it explained significant additional variance in all 3 measures even after accounting for participants' overall level of trauma exposure. Relative to 26 other types of trauma exposure, family separation was 1 of only 2 traumatic experiences that explained additional variance in all 3 measures of mental health. Given the current global refugee crisis and the need for policies to address this large and growing issue, this research highlights the importance of considering the ways in which family separation impacts refugee mental health and policies and practices that could help ameliorate this ongoing stressor. (PsycINFO Database Record
Article
Refugees are a special population who experience adversity before, during and after forced displacement. Hence, many of them show post-traumatic stress symptoms (PTSS). PTSS can be transmitted from the mother to the child and are associated with alterations in cortisol responses. Positive parenting practices, such as maternal affection, counteracts psychopathology in early childhood. The aim of this explorative study was to investigate how children’s cortisol is associated with mothers’ cortisol after forced displacement, and whether or not an association depends on maternal affection. A total of 42 Arabic-speaking mother-child dyads, who came to Germany as refugees from Syria or Iraq within the past four years, participated in the present cross-sectional study. All children were below the age of 5 years. We assessed children’s and mothers’ hair cortisol concentration (HCC) and PTSS. Additionally, we observed and objectively rated maternal affection during mother-child interactions. The association between mothers’ and children’s HCC, as well as their associations with maternal affection, depended on the difference between children’s and mother’s HCC. Furthermore, this HCC difference significantly predicted children’s PTSS. Hence, in order to understand the mechanisms underlying children’s PTSS, it is essential to consider maternal variables and differential effects within samples. We discussed possible explanations for those findings.
Book
Dieses Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend untersucht die drei Teilhabedimensionen Bildung, Einbettung in soziale Netze und Gesundheit daraufhin, wann und unter welchen Bedingungen ein von Migration geprägtes Familienleben für Kinder mit Risiken und wann mit Chancen verbunden ist. Die Untersuchung zielt mittels einer eigenständigen empirischen Analyse in den ausgewählten Bereichen frühe Bildung und Betreuung sowie non-formale Bildung und soziale Netzwerke außerhalb der Familie auf Basis von Survey-Daten darauf ab, neue Erkenntnisse mit bereits bestehenden zu vergleichen und so systematische familienpolitische Empfehlungen herzuleiten. Der Inhalt • Strukturen und Rahmenbedingungen von Migration • Referenzrahmen des Gutachtens: Migration und Teilhabe • Ausgewählte Befunde und rechtlicher Rahmen der Teilhaberealität • Ausgewählte Analysen zum Zusammenhang von Migration und Teilhabe • Bisherige Befunde und eigene Analysen der Teilhaberealität, Empfehlungen Die Zielgruppen • Dozierende und Studierende der Fachgebiete Politik, Soziologie, Pädagogik, Medizin und Psychologie • Politiker der Bereiche Familien und Inneres, Mitarbeiter bei Integrationsträgern Der Autor Der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen des BMFSFJ berät seit seiner Gründung 1970, in der jetzigen Form, mehr als 40 Jahre das Bundesfamilienministerium in unabhängigen gutachterlichen Äußerungen zu familienpolitischen Themen.