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Die Territorialisierung der Global Commons
Daniel Lambach (lambach@normativeorders.net) & Carlo Diehl (beide Goethe-Universität Frankfurt)
Abstract
Global Commons sind Gemeingüter in Räumen jenseits nationalstaatlicher Kontrolle: die Ozeane und
der Meeresboden, die Atmosphäre, der Weltraum und die Polregionen. Während die Forschung zu
den Global Commons vor allem deren Effektivität zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen erforscht,
ist wenig über ihre Entstehung, Nicht-Entstehung und Dynamiken bekannt. Dieses Papier argumentiert
erstens, dass die Territorialisierung von Global Commons, also ihre Parzellierung und Aufteilung unter
staatliche Kontrolle, heute anders abläuft als in früherer Zeit. Während es lange üblich war, dass durch
Territorialisierung souveräne Ansprüche auf ehemalige Allmenden entstand, vollzog sich seit dem
Ende des Zweiten Weltkriegs ein Normwandel, so dass Territorialisierung seither weitgehend auf
funktionale Kontrollrechte beschränkt wird. Zweitens zeigt sich, dass die Entstehung und
Territorialisierung von Global Commons pfadabhängige Prozesse sind und sich Veränderungen daher
episodisch und nicht kontinuierlich ergeben. Dies wird anhand eines Vergleichs von 13 Fällen in den
fünf Domänen der Global Commons gezeigt.
Schlagwörter
Global Commons, Territorium, Ozeane, Weltraum, Luftraum, Arktis, Antarktis, Meeresboden
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1. Einleitung
Global Commons (deutsch: globale Allmenden) sind Gemeingüter in Räumen jenseits
nationalstaatlicher Kontrolle. Klassischerweise werden darunter die Ozeane und der Meeresboden, die
Atmosphäre, der Weltraum und die Pole verstanden. Politisch werden die Global Commons aber sehr
unterschiedlich reguliert, sowohl im Vergleich untereinander als auch in ihrer Binnendifferenzierung.
In manchen Teilen dieser Commons fanden „extraterritorial landgrabs“ (Feichtner 2019: 256) statt, in
denen die Commons schrittweise parzelliert und unter die souveräne Autorität einzelner Akteure
gestellt wurden. Für andere Teile gibt es internationale Verträge, die den Status als Global Commons
rechtlich festhalten. So erklärte beispielsweise das UN-Seerechtsübereinkommen (SRÜ) den
Meeresboden außerhalb staatlicher Hoheitsgewässer zum „gemeinsamen Erbe der Menschheit“ und
der Weltraumvertrag den Weltraum zur „Sache der gesamten Menschheit“ (Mickelson 2019, Wolfrum
1984). Manche dieser Räume wurden daher unter eine internationalisierte Verwaltung wie z.B. die
Meeresbodenbehörde gestellt. Andere Räume entsprechen demselben Verständnis von Global
Commons, haben aber keine entsprechende völkerrechtliche Designation.
Während die Unterscheidung zwischen souveräner Territorialisierung und internationaler Regulierung
lange Zeit die grundlegenden Entscheidungsoptionen der internationalen Staatengemeinschaft
darstellte, hat sich die internationale Praxis seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewandelt.
Insbesondere seit den 1970er Jahren beobachtet man einen Trend zur funktionalen Territorialisierung
von Gebieten, in der Staaten zwar keinen Anspruch auf territoriale Souveränität haben, sehr wohl aber
räumlich eingegrenzte Kontrollrechte und -pflichten erhalten.
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Dies geschieht in der Regel auf Basis
internationaler Abkommen, die Staaten als Intermediäre zur Implementation des Abkommens
ermächtigen. Es handelt sich damit um eine Zwischenform, die Elemente der beiden klassischen
Optionen miteinander vermengt – die Schaffung räumlich eingegrenzter staatlicher Kontrollrechte
sowie den Ursprung dieser Rechte in internationalen Regimen. Die funktionale Territorialisierung
scheint die souveräne Territorialisierung ersetzt zu haben – seit der Ausweitung des Küstenmeers auf
zwölf Seemeilen im SRÜ 1982 hat es keinen Fall dieser Art mehr gegeben.
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Dieser Aufsatz soll zur Beschreibung und Erklärung dieser Veränderung beitragen. Durch den Vergleich
von Territorialisierungsdynamiken in den fünf Domänen Ozeane, Meeresboden, Weltraum, Pole und
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„Territorien“ werden hier im weiteren Sinne als kontrollierter und beherrschter Raum verstanden und sind
nicht auf souverän-staatliche Territorien beschränkt (Agnew 1994). Eine notwendige Eigenschaft souveräner
und funktionaler Territorialisierung ist die legale Formalisierung der Kontrollansprüche durch entsprechende
Übereinkünfte oder Rechtsakte, um Territorien von rein informellen „Einflusssphären“ zu unterscheiden
(Ryan 2019).
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Künftige Fälle souveräner Territorialisierung sind damit nicht ausgeschlossen, z.B. im Weltraum (Leib 2015).
Allerdings ist dies nach den bisherigen Erfahrungen aus den verschiedenen Global Commons nicht als
besonders wahrscheinlich zu erachten.
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Luftraum soll das Argument entwickelt werden, dass Territorialisierung heute kein unilateraler Akt der
Entdeckung und Okkupation mehr ist, sondern durch Rechtsregime ermöglicht, formalisiert und
legitimiert wird. Daher befasst sich das Papier nicht mit der in der Literatur verbreiteten Frage nach
der Effektivität verschiedener Regulierungsformen der Commons und nimmt daher auch keine
Position zur klassischen Frage der politischen Ökonomie ein, ob man der Tragödie der Allmende am
besten durch Privatisierung, Zentralisierung oder kooperative Governance begegnen kann (klassisch
Ostrom 1990). Gleichwohl sind seine Erkenntnisse für diese Diskussion relevant: Wenn die These einer
Tendenz zur funktionalen Territorialisierung der Global Commons zutrifft, würde dies wichtige
Erkenntnisse für die bessere Gestaltung von Governance-Systemen erzeugen. Weiterhin sind die
Ergebnisse des Projekts relevant für solche geographischen, politik- und rechtswissenschaftlichen
Arbeiten, die Territorien jenseits landgebundener Staatlichkeit konzeptualisieren und damit auch das
Verhältnis von politischer Herrschaft und materieller Umgebung neu denken (Peters, et al. 2018,
Kuijer/Werner 2017, Billé 2020).
Darüber hinaus erlaubt der Vergleich der fünf Domänen der Global Commons auch einen Einblick in
die Dynamik von internationalen Regulierungsprozessen. Territorien können trotz ihres formalen
Charakters umstritten sein, insbesondere während der Phase ihrer legalen Etablierung. Beispielsweise
fingen Staaten schon in den 1920er Jahren an, Ansprüche auf ihr Küstenmeer über die traditionell
übliche Dreimeilenzone hinaus auszudehnen. Erst im Zuge des SRÜ einigte man sich auf die bis heute
gültige Zwölfmeilengrenze; weiter reichende Ansprüche wurden daraufhin zurückgezogen. Gleiches
gilt für den kurzlebigen Versuch verschiedener äquatorialer Staaten, in der Bogotá Declaration von
1976 den geostationären Orbit als natürliche Ressource zu deklarieren, über welche sie aufgrund ihrer
geographischen Lage souveräne Kontrolle ausüben dürften (Beery 2016: 97-99). Derartige Akte der
Kontestation sind in der Forschung zu den Global Commons bislang kaum beleuchtet worden. Die
empirische Evidenz legt hier die Annahme nahe, dass sich die entscheidenden Phasen, in denen über
das Schicksal der Global Commons entschieden wird, diskontinuierlich vollziehen. Konkret geht der
Aufsatz davon aus, dass sich in wenig oder gar nicht regulierten Räumen unter den richtigen
Umständen längere Phasen der Kontestation ergeben, die letztlich durch eine internationale Einigung
und die Institutionalisierung einer neuen Governance-Lösung beigelegt werden.
2. Stand der Forschung
Unter den Global Commons werden im Rahmen dieses Aufsatzes physische Räume außerhalb
staatlicher Souveränität verstanden. Dies ist eine rein analytische Definition, da das Konzept der Global
Commons ein politisches Konstrukt ohne klare rechtliche Festlegung darstellt und der Begriff somit in
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seiner Anwendung und Abgrenzung umstritten ist (Cumbers 2015, Beery 2016, Vogler 2012). Im
Unterschied zu Commons-Begriffen, die die gemeinsame Nutzung geteilter Ressourcen in den
Vordergrund stellen (z.B. Wijkman 1982), wird in diesem Aufsatz eher die räumliche Dimension der
Commons betont (wie z.B. bei Wolfrum 1984), ohne deswegen Ressourcenfragen auszuklammern.
Eine Forschung, die sich direkt mit der Territorialisierung der Global Commons befasst, gibt es bislang
nicht. Dafür gibt es eine Vielzahl von Forschungsfeldern, die für die Beantwortung dieser Frage
herangezogen werden können. Dazu gehören die Literaturen (1) zum Allmendeproblem, (2) zu den
Global Commons und internationalen Regimen, (3) zu kritischer Geopolitik und Enclosure, (4) zu
verschiedenen völkerrechtlichen Konzepten sowie (5) zu einzelnen Commons-Domänen.
2.1 Das Allmendeproblem
Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur zu den Commons unterscheidet zwischen Gemeingütern
und öffentlichen Gütern: Beide sind in ihrer Nutzung zwar nur begrenzt ausschließbar, aber während
Gemeingüter durch Nutzung verbraucht werden, gilt dies für öffentliche Güter nicht (Buck 1998: 4-5,
Brando, et al. 2019). Die Wirtschaftswissenschaften betrachten die Commons daher vor allem durch
das Prisma der „Tragödie der Allmende“, wonach das Fehlen individueller Nutzungs- und Besitzrechte
zu einer Übernutzung des Gemeingutes und dessen schrittweiser Degradation führt. Einflussreich war
hier insbesondere ein Aufsatz von Hardin (1968), der als Lösungsmöglichkeit nur die Enclosure
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der
Commons entweder durch Privatisierung oder Verstaatlichung sieht.
An Hardin hat es danach umfangreiche und berechtigte Kritik gegeben, was den Erfolg des Artikels
aber nicht schmälerte.
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Ein zentrales Problem von Hardins Argumentation ist die Gleichsetzung von
Gemeineigentum mit Nicht-Eigentum an einer geteilten Ressource (Giordano 2003: 367), so dass man
präziser von einer Tragödie von open access-Ressourcen sprechen muss (Fennell 2011: 12).
Gemeineigentum benötigt jedoch Instrumente, um Nichtmitglieder der Gemeinde ausschließen zu
können (Ciriacy-Wantrup/Bishop 1975). Daher ist Hardins Schlussfolgerung unvollständig, weshalb
Ostrom vier Varianten des Eigentums an Gemeingütern unterscheidet: Eigentum des Staates, von
Privatpersonen, von Gemeinschaften oder von niemandem. Ferner könne Eigentumsrecht mehr als
nur das Recht zum Handel eines Gutes sein, worauf es oft reduziert wird; vielmehr beinhalten
3
Ich bleibe hier beim englischen Begriff der Enclosure, der auch in der deutschsprachigen Literatur verbreitet
ist. Eine Alternative wäre der Begriff der „Landnahme“, der durch Rosa Luxemburg (Dörre 2009) und Carl
Schmitt (Korf/Schetter 2012) in völlig unterschiedlicher Weise theoretisch konnotiert ist.
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Zur Kritik an Hardins eugenischem Argument für rassistisch selektive Geburtenkontrolle vgl. Mildenberger
(2019).
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Eigentumsrechte auch das Recht zur Regelung des Zugangs, des Entnehmens, des Ausschlusses sowie
der Verwaltung einer Ressource (Ostrom 2010a: 650-651).
Diese Kritikpunkte weisen auf nennenswerte Schwächen von Hardins Theorie hin. Allerdings ist damit
das Entstehen einer Tragödie der Allmende nicht ausgeschlossen, zumal Hardin keineswegs der erste
oder einzige Vertreter dieser Theorie war.
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Die Übernutzung gemeinsamer Ressourcen ist eine
empirische Möglichkeit, kann aber angesichts der geschilderten Kritik nicht als theoretisch gesetzte
Unausweichlichkeit gelten (Ostrom, et al. 1999: 281). Somit wird das Management von Gemeingütern
von einer unvermeidbaren Tragödie zu einem empirisch erforschbaren und politisch lösbaren Problem.
2.2 Global Commons und Regimeforschung
Dies ist der Ausgangspunkt des „Governing the Commons“-Projekts rund um die Arbeiten von Elinor
Ostrom (z.B. 1990, 2010a), das in einer Auswertung tausender empirischer Fallstudien zunächst acht
Designprinzipien für wirksame Institutionen herausarbeitete und äußerst einflussreich in der
Entwicklung der Ressourcen- und Umweltökonomie war (Ostrom 1990). Allerdings befasste sich die
große Mehrzahl dieser Fallstudien sowie die weitere Forschung in der Tradition Ostroms mit
Allmendegütern in kleinen Räumen und innerhalb staatlich verfasster Gesellschaften (zu den seltenen
Ausnahmen gehören z.B. Orazgaliyev/Araral 2019, Fleischman, et al. 2014).
In dieser Lücke hat sich die Global Commons-Forschung etabliert. Global Commons sind „resource
domains to which all nations have legal access“ (Buck 1998: 6, siehe Rehling/Löhr 2014 zur historischen
Entwicklung dieses Konzepts). Schrijver (2016), Buck (1998) und Vogler (1995) identifizieren
übereinstimmend fünf Global Commons: die Ozeane, den Meeresboden, den Weltraum und den
Mond, die Pole sowie die Atmosphäre.
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Ostrom et al. (1999: 281-282) räumen mehrere
Herausforderungen bei der Anwendung ihrer Ergebnisse auf Global Commons ein, insbesondere die
größere Zahl und Heterogenität der beteiligten Akteure. Dies erschwere die für ein erfolgreiches
Management notwendigen Prozesse der Reputations- und Vertrauensbildung sowie die Herausbildung
gemeinsamer Praktiken des „commoning“ (Brando, et al. 2019). Neuere Arbeiten in dieser Tradition
haben sich mit diesem „scaling-up“-Problem befasst, u.a. mittels des Konzepts polyzentrischer
Governance aus Ostroms letzten Werken (Ostrom 2010b, 2010a). Am konkretesten ist hier der Ansatz
von Stern (2011), der Ostroms Designprinzipien auf Institutionen zum Management globaler
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Giordano sammelt Beispiele aus antiken Quellen, z.B. von Aristoteles, aus römischem Recht und chinesischen
Texten, die vergleichbare Probleme beschreiben (Giordano 2003: 366-367). Siehe auch die Verweise bei
Mansfield (2004) und Runge/Defrancesco (2006).
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Jenseits dieser räumlich benennbaren Domänen gibt es auch Anwendungen des Commons-Konzepts auf nicht
räumlich gebundene Ressourcen wie z.B. Radiofrequenzen (Soroos 1982), immaterielle Güter wie z.B. Kultur
(Arvanitakis 2006), sowie auf relationale Räume wie den Cyberspace (Mueller 2019).
6
Gemeingüter zu übersetzen versucht. Dabei betont er die Bedeutung von vielfältigen
Partizipationsmöglichkeiten, der Einbindung wissenschaftlichen Sachverstands und der adaptiven
Gestaltung von Mehrebenen-Institutionen (Stern 2011: 224-225). Allerdings kritisieren Orazgaliyev
und Araral, Stern überschätze die Möglichkeiten einer kooperativen Verwaltung globaler
Gemeingüter, da er die Bedeutung ökonomischer und geopolitischer Eigeninteressen der beteiligten
Staaten unzureichend würdige (Orazgaliyev/Araral 2019: 963-964).
Die politikwissenschaftliche Forschung zu internationalen Umweltregimen bietet hierzu einen
differenzierteren Blick. Relevant sind hier v.a. die Arbeiten zur Herausbildung institutionalistischer
Regelungsansätze über globale Gemeingüter, die sich insbesondere mit deren Legitimität und
Effektivität befassen (Breitmeier, et al. 2006). So argumentiert Wolf (1991) für die Bedeutung
normativer und institutioneller Dynamiken in der Regimeentstehung, während Young (1994) die
Bedeutung von „institutional bargaining“ hervorhebt (siehe auch Vogler 1995). Eine wichtige
Schlussfolgerung dieser Arbeiten ist, dass Staaten in der Regimebildung nicht zwingend ökonomisch
nutzenmaximierend handeln, sondern dass ihr Verhalten auch durch soziale Normen und Institutionen
beeinflusst wird.
Diese verschiedenen Arbeiten befassen sich jedoch vor allem mit der Effektivität oder Legitimität von
verschiedenen Governance-Optionen. Weniger Aufmerksamkeit erhalten dagegen die Fragen, wie die
Weltgemeinschaft eigentlich Entscheidungen zwischen diesen Optionen trifft und wie sich Regime
entwickeln. Zu oft werden die Global Commons als objektive Tatbestände essentialisiert und ihre
Konstruktion und Dynamik somit einer kritischen Perspektive entzogen. Man sieht das am besten an
der Atmosphäre, welche in der Global Commons-Forschung vor allem hinsichtlich Luftverschmutzung
und Klimawandel diskutiert wird, aber nur selten im Sinne des Luftraums, der bereits vor der
Entstehung des modernen Commons-Begriffs teilweise territorialisiert worden war, obwohl eine
Behandlung als open access-Gut ebenfalls eine realistische Option darstellte (Butler 2001, Schladebach
2014). Eine derartige Territorialisierung wäre auch für den Weltraum möglich gewesen, hier entschied
man sich aber für eine Behandlung als Global Commons (Collis 2009, Peterson 1997). Diese
historischen Kontigenzen werden jedoch in der Commons-Literatur nicht reflektiert.
2.3 Kritische Geopolitik und Enclosure
Hierzu wäre die kritische Geopolitik hilfreich, welche Räume nicht als natürlich gegebene „Container“
des Sozialen versteht, sondern Prozesse der Raumwerdung untersucht (Ó Tuathail 1996). Im Gegensatz
zur klassischen Geopolitik untersucht sie nicht die geographischen Determinanten von Politik, sondern
dekonstruiert hegemoniale Diskurse und Machtstrukturen, die sich in geopolitischen Vorstellungen
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und Praktiken manifestieren. Kritische Geopolitik impliziert daher eine kritische Haltung zu Herrschaft
und den Versuch, Strukturen und Prozesse sozialer Dominanz in ihren räumlichen Ausprägungen zu
verstehen. Eine kritische Geopolitik der Global Commons im engeren Sinne gibt es bislang nicht, ein
entsprechender Ansatz würde jedoch die Global Commons nicht über ihre „natürlichen“ Eigenschaften
zu verstehen versuchen, sondern als Resultat von sozialen Konstruktionsprozessen konzeptualisieren.
Wie ich andernorts argumentiere (Lambach 2020a), greifen Raumkonstruktionen auf idealistische und
materielle Faktoren sowie auf Technologien zurück (Soja 1989). In idealistischer Hinsicht gehören dazu
Symbole, Imaginationen, Diskurse und Bedeutungszuschreibungen von Räumen (Glasze 2013). So
diskutiert Hannigan (2016) die Rolle von Narrativen in der Konstruktion der Weltmeere (siehe auch
Steinberg 2001). Zu den materiellen Faktoren gehören sozioökonomische Strukturen (Lefebvre 1991,
Harvey 2001, Belina 2013) ebenso wie die physische Geographie, die natürliche sowie die gebaute
Umwelt (Wissen 2011, Görg, et al. 2019). Materielle und idealistische Faktoren interagieren
miteinander, indem z.B. politische Akteure bestimmte materielle Eigenschaften eines Raums diskursiv
hervorheben oder materielle Faktoren Parameter beschreiben, innerhalb derer eine glaubwürdige
Raumkonstruktion stattfinden kann (Albert/Vasilache 2017, Wissen 2011). Technologien beeinflussen
die Interaktion von Mensch und Umwelt z.B. durch die Erleichterung von Transport und
Kommunikation (Kirsch 1995) sowie die Abgrenzung von Räumen über so genannte „bordering
technologies“ wie z.B. Grenzschutzanlagen oder kartografische Repräsentationen (Pallister-Wilkins
2016). Nicht zuletzt weisen Konzepte von De- und Reterritorialisierung darauf hin, dass räumliche
Konstruktionen immer nur eine momentane Stabilität aufweisen und Räume auch wieder neu
arrangiert werden können (Elden 2005).
Die kritische Geopolitik lenkt unseren Blick auf die prinzipielle Wandelbarkeit von Commons. In der
Geographie wird dies unter dem Stichwort Enclosure diskutiert, welches als Gegenbild zu den
Commons zu verstehen ist. Enclosure impliziert die räumliche Aufteilung der Commons durch Vergabe
privater Eigentumsrechte und die Kommodifizierung des Raums (Vasudevan, et al. 2008, Sevilla-
Buitrago 2015). Die Enclosure-Literatur befasst sich aber – ähnlich wie die Commons-Literatur – vor
allem mit lokalen Räumen, wo die Idee der Commons als kommunitaristischer Gegenentwurf zur
kapitalistischen „Pulverisierung“ des öffentlichen Raums (Lefebvre 2009: 189) propagiert wird
(Blomley 2008). Eine Anwendung des Enclosure-Begriffs auf globale Gemeingüter wird nur selten
vorgenommen (z.B. Corson/MacDonald 2012). Am anschlussfähigsten ist hier Vogler (2012), der aus
politikwissenschaftlicher Sicht technologische Möglichkeiten und wirtschaftliche Motivationen als
Antriebsfaktoren für die (De-)Konstruktion der Global Commons hervorhebt.
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2.4 Völkerrecht
Auch in den Rechtswissenschaften gibt es relevante Arbeiten zum Umgang mit „staatsfreien Räumen“
(Wolfrum 1984, Hobe 2002). Unter dem Eindruck rechtlicher Entwicklungen v.a. im See- und
Weltraumrecht erwartete Wolfrum 1984 eine schrittweise „Internationalisierung“ dieser Räume im
Sinne einer „Ordnung, die im Dienste der Staatengleichheit steht und durch ein hohes Maß
zwischenstaatlicher institutionalisierter Kooperation geprägt wird“ (Wolfrum 1984: 2). Zwar hat sich
dies nicht im erwarteten Maße eingestellt, dennoch bestehen wichtige Kooperationsregime in
unterschiedlichen Domänen. In der Praxis sehen wir jedoch, dass derartige Regime nur selten auf einer
wirklich internationalen Autorität beruhen, sondern oft mittels territorialer Abgrenzungen arbeiten,
um dadurch staatliche Kontrolle zur Durchsetzung und Legitimation der internationalen Ordnung zu
nutzen. Im Bereich der Meeresgovernance gibt es viele Beispiele dafür, dass internationale Abkommen
mit dem Instrument einer funktionalen Parzellierung ozeanischer Räume arbeiten, in denen wiederum
Staaten besondere Aufgaben und Kompetenzen zugesprochen werden (Ryan 2015).
Das Völkerrecht bietet darüber hinaus ein Repertoire von Praktiken, an dem sich Staaten orientieren,
wenn sie territoriale Ansprüche formulieren (Collis 2009: 48). Wichtig ist hier zunächst die
Unterscheidung von res (oder terra) nullius und res (oder terra) communis. Ersteres beschreibt Dinge
und Räume, die niemandem gehören, aber die sich Staaten prinzipiell aneignen können, letzteres
Dinge und Räume, die allen gehören und deshalb nicht angeeignet werden können. Da das Konzept
der terra nullius kaum noch Anwendung findet, ist eine Territorialisierung staatsfreier Räume durch
unilaterale Annexion nicht mehr möglich.
Das Völkerrecht macht außerdem wichtige Hinweise zum Zusammenspiel von Materialität und
Kontrolle. Zwar geschieht dies in Diskussionen über souveräne territoriale Ansprüche, von denen die
meisten Mechanismen für die Global Commons nicht in Frage kommen (Lee 2000), bedeutsam ist hier
aber die Literatur zu „effektiver Okkupation“ (eine Ideengeschichte bietet Fitzmaurice 2014). Diese
betont den Wert symbolischer Akte der Landnahme, die besonders für unbesiedelte Räume relevant
sind. Dort wird ein Herrschaftsanspruch „notwendig performativ erhoben, denn er kann nicht
ontologisch abgesichert, sondern muss vorgetragen beziehungsweise inszeniert werden“ (Höhler
2014: 55-56). In Fällen wie der Islands of Palmas Arbitration oder dem Eastern Greenland Case wurde
die Schwelle für effektive Okkupation sehr niedrig angesetzt, so dass Lee folgerte: „the degree of
effective exercise of authority is directly dependent on the ecological, climatic, geographic and other
natural conditions of the claimed territory“ (Lee 2000: 17).
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2.5 Domänenspezifische Forschung
Nicht zuletzt gibt es umfangreiche Literaturen zu den einzelnen Domänen: den Ozeanen (Mansfield
2004, Pontecorvo 1988), dem Meeresboden (Zacher/McConnell 1990, Zalik 2018), dem Weltraum und
dem Mond (Craven 2019, Weeden/Chow 2012), den Polen (Min 2017, Albert/Wehrmann 2015) sowie
der Atmosphäre (Soroos 1991, Vogler 2001). Häufige Themen dieser Texte sind die nachhaltige
Bewirtschaftung von Gemeinschaftsressourcen sowie Fragen der Verteilungsgerechtigkeit.
Territorialisierung wird hier am ehesten unter dem Stichwort der Enclosure und vor allem in Bezug auf
die Ozeane (Ball 1996, McCormack 2017) und die Arktis (Dodds 2010, Schwartz 2019) diskutiert.
Leider sind diese Arbeiten zumeist nur als Einzelfallstudien angelegt. Vergleichende Arbeiten mit mehr
als einem Fall sind selten. Noch recht populär ist der Vergleich des Antarktisregimes mit dem des
Weltraums (Collis 2017, Byers 2019), es gibt aber auch Rechtsvergleiche des Weltraums mit dem
Luftraum (Oduntan 2012) und dem Meeresboden (Feichtner 2019). In der Regimeforschung gibt es
Vergleiche von Umweltregimen in verschiedenen Domänen (Gehring/Oberthür 1997). Peters et al.
(2018) und Billé (2020) bieten Sammlungen interessanter Essays zur Territorialität und Materialität
unterschiedlicher Domänen, es fehlt dort aber an komparativen Perspektiven. Diese Silobildung der
verschiedenen wissenschaftlichen Communities und das daraus resultierende Fehlen systematischer
Vergleiche sind die vielleicht offensichtlichsten Mängel, welche bislang eine empirisch gesättigte
Theoretisierung der Dynamiken von Global Commons verhindert haben.
2.6 Zusammenfassung
Die oben zusammengefassten Literaturen bieten multidisziplinäre Perspektiven auf die
Territorialisierung der Global Commons. Allerdings weisen die bisherigen Ansätze gewisse Lücken bei
der Beantwortung der Frage auf, zu deren Schließung dieser Aufsatz beitragen möchte. Ein zentrales
Defizit ist das essentialistische Verständnis von Raum und den Commons selbst, das in der Global
Commons-Forschung verbreitet ist. Die soziale Konstruktion der Commons und die Rolle ihrer
Materialität werden nur selten explizit diskutiert (Moss 2014, Giordano 2003). Wenn man Räume aber
als Produkte sozialer Konstruktion versteht, kann man auch die Commons in ein dynamisches
Verhältnis zu politischen, technologischen und Umweltfaktoren setzen. Damit wird auch die Rolle von
Macht hervorgehoben, die in den eher problemlösungsorientierten Arbeiten der Ostrom-Schule vor
allem als Mittel der Kollaboration (power with) und nicht als Mittel der Kontestation (power over)
verstanden wird (Brando, et al. 2019). Dies wird aber dem Konfliktverhalten vieler Staaten, z.B. in der
Diskussion um die Nutzung des Meeresbodens oder zur Gestaltung des internationalen Luftraums,
nicht gerecht.
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Die kritische Geopolitik lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Umstrittenheit von Raumkonstruktionen
und damit genau auf die Kontestationsprozesse, die der Territorialisierung von Global Commons
zugrunde liegen. Ansätze dazu gibt es in der domänenspezifischen Commons-Forschung, die sich aber
stark auf einzelne Domänen spezialisiert und deren Ergebnisse daher auch nicht in ein systematisches
Forschungsprogramm einfließen. Das Völkerrecht bietet hilfreiche Anhaltspunkte, wie
Territorialisierung in der Praxis aussieht, ist dabei aber noch zu sehr an das Konzept territorialer
Souveränität gebunden, sodass funktionale Territorialisierung damit nur unzureichend beschrieben
werden kann.
Am instruktivsten sind die Arbeiten von Wolfrum (1984) und Wolf (1991), die aus völkerrechtlicher
bzw. regimetheoretischer Perspektive die Entstehung von (Rechts-)Regimen der Global Commons
untersuchen. Beide Arbeiten haben eine vergleichende Perspektive und sind sich der politischen
Umstrittenheit ihrer Gegenstände bewusst, haben aber leider seither keine Nachahmer mehr
gefunden. Fast 30 Jahre nach Wolfs Monographie soll diese Tradition hier wieder aufgegriffen werden,
wenn auch aus einer anderen Perspektive. Anders als Wolfrum und Wolf legt dieser Aufsatz seinen
Fokus auf die Regimedynamik statt die Regimeentstehung und kehrt die theoretische Erwartung von
der internationalen Kooperation zur Territorialisierung um. Im Endeffekt argumentiert dieser Aufsatz
daher, dass heute die klassischen Extrempositionen (Verstaatlichung versus Internationalisierung der
Commons) empirisch kaum noch bedeutsam sind. Stattdessen lassen sich in den Global Commons
Formen von Territorialisierung beobachten, die in internationale Regime eingebettet sind.
3. Theoretischer Rahmen
Das Projekt macht sich die Position der kritischen Geopolitik zu eigen, dass territoriale Arrangements
sozial konstruiert und damit wandelbar sind. Territorien sind in dieser Sichtweise abgegrenzter Raum,
dessen Kontrolle symbolisch kommuniziert wird. Unter Territorialisierung wird mithin die
Transformation eines von Staaten bislang unkontrollierten Teils der Global Commons in Territorien
verstanden, über welche Staaten volle Souveränität (souveräne Territorialisierung) oder anderweitige
Kontrollansprüche erhalten (funktionale Territorialisierung). Die Institutionalisierung dieser
Kontrollansprüche erfolgt durch internationale Regime und Praktiken des Völkerrechts. Eine De- und
Reterritorialisierung in veränderter Form ist weiterhin möglich, aber derartige territoriale
Arrangements sind sehr langlebig und entwickeln sich pfadabhängig weiter.
Territorialisierungsepisoden sind von zwischenstaatlichen Verhandlungen begleitet, die in einem
neuen territorialen Arrangement münden, welches institutionell verankert und rechtlich abgesichert
wird. Die Territorialisierung der Global Commons unterscheidet sich von imperialen Situationen
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territorialer Aneignung, welche im Völkerrecht extensiv behandelt werden, weil die Commons weder
als terra nullius gelten noch unter staatlicher Herrschaft standen und somit Erwerb von Territorium
qua Eroberung oder Abtretung ausgeschlossen ist.
Eine Besonderheit der Global Commons im Vergleich zu anderen politischen Räumen ist, dass sie keine
dauerhafte menschliche Besiedlung aufweisen und aufgrund ihrer materiellen Eigenschaften
lebensfeindlich sind. Mit der Politik dieser „extreme environments“ (Pyne 2010) hat sich die
Politikwissenschaft bislang kaum befasst.
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Für dieses Projekt sind zwei Implikationen dieser
besonderen materiellen Umstände wichtig: Erstens heißt Kontrolle über die Global Commons Kontrolle
über Raum, nicht über Menschen. Dies senkt die Maßstäbe von „effektiver Kontrolle“ im
völkerrechtlichen Sinne (McHugo 1998: 2). Zweitens beeinflusst die besondere Materialität dieser
Räume die Möglichkeiten des Zugangs und der Nutzung (Mendenhall 2018), begrenzt aber auch den
Spielraum für glaubwürdige Raumkonstruktionen (Wissen 2011: 105-106). Speziell angepasste
Technologien sind notwendig, um in diesen Gebieten zu operieren, sie zu durchqueren, ihre
Ressourcen kommerziell zu nutzen und sie zu kontrollieren. Das macht die praktische Nutzung von
Territorien in extremen Umgebungen sehr kostspielig.
Da die Regionen unbewohnt und auch größtenteils unbewohnbar sind, finden politische
Auseinandersetzungen über sie fern von ihnen statt. EntscheidungsträgerInnen interagieren mit
diesen Räumen vermittelt durch Technologien wie Karten oder Statistiken. Derartige visuelle
Abstraktion trägt zu einer Gleichförmigkeit von Steuerungsmodi bei, indem sie Räume als „socially
empty commodity, a geometrical landscape of cold, non-human facts“ (Harley 2001: 99) konstruiert.
Dies zeigt, wie Raumkonstruktionen im Zusammenspiel von Geopolitik und Völkerrecht mit
Repräsentationen, materiellen Umwelteigenschaften und Technologien entstehen
(Feichtner/Ranganathan 2019: 543, Steinberg 2001).
Die Territorialisierung von Global Commons geschieht oft mit dem Ziel, den Zugang zu den dort
befindlichen Ressourcen zu regeln. Einerseits weist Schrijver (2016) zurecht darauf hin, dass die globale
Staatengemeinschaft kooperative Governance-Modelle für verschiedene globale Gemeingüter
gefunden hat. Andererseits argumentiert Vogler (2012), dass die Global Commons einem stetigen
Druck der Territorialisierung und Kommodifizierung unterliegen. Diese beiden Tendenzen bilden das
Spannungsfeld, in dem sich die Erklärungen für das in diesem Projekt zu untersuchende Ergebnis finden
lassen. Mit anderen Worten: Wann setzt sich der Impuls zwischenstaatlicher Kooperation durch (Nicht-
Territorialisierung), wann der zur souveränen Territorialisierung der Global Commons, und wann
7
Eine Ausnahme sind Arbeiten zu indigenen Völkern in der Arktis (Arnold 2012, Greaves 2016).
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kommt es zu Mischformen internationaler Institutionalisierung mit nationalen Kontrollräumen
(funktionale Territorialisierung)?
Dieses Projekt geht von der Annahme aus, dass Staaten eine inhärente Tendenz haben, geteilte
Ressourcen und Räume aufzuteilen. Wie Theorien des „ökonomischen Nationalismus“ (Harmes 2012,
Helleiner/Pickel 2005) bzw. des „Ressourcen-Nationalismus“ (Childs 2016, Pryke 2017) argumentieren,
streben Staaten nach Kontrolle über ökonomische Ressourcen wie Bodenschätze, industrielle
Kapazitäten, Wertschöpfungsketten oder Transportwege. Dementsprechend sehen Staaten Global
Commons als Quell ungenutzter Ressourcen, von denen sie sich wirtschaftliche und politische Vorteile
versprechen. Dafür agieren sie oft in enger Abstimmung mit privatwirtschaftlichen Interessen, die an
der Ausbeutung dieser Ressourcen interessiert sind. Territorialisierung impliziert damit auch stets eine
Privatisierung von Eigentumsrechten.
Hinzu kommen auch sicherheitspolitische Motivationen: ungeregelte territoriale Situationen steigern
das Eskalationsrisiko zwischenstaatlicher Konflikte (Owsiak, et al. 2016). Daher besteht ein starker
Anreiz, Regelungen für die Global Commons zu finden, wo und unter welchen Umständen territoriale
Ansprüche legitim sind. Nicht zufällig stehen genau solche Regelungen im Zentrum mehrerer
Vertragswerke wie des SRÜ, des Weltraumvertrags sowie des Antarktis-Vertrags. Diese Beispiele
zeigen, dass der sicherheitspolitische Imperativ zwar nicht zwingend zu Territorialisierung, wohl aber
zur Institutionalisierung vereinbarter Regeln führt.
Trotz dieser Argumente pro Territorialisierung gibt es auch Faktoren, die dieser Tendenz
entgegenstehen, welche hier in fünf Punkten zusammengefasst werden sollen. Erstens braucht
Territorialisierung positive Erwartungen einer wirtschaftlichen Ausbeutung. Zwar werden die
potenziellen Erträge ungenutzter Ressourcen oft überzeichnet, dennoch müssen Staaten kalkulieren,
ob sich Territorialisierung und Ausbeutung überhaupt lohnen (Wijkman 1982). Die
Gewinnerwartungen hängen auch vom Weltmarkt ab, wie das Beispiel von Meeresbodenressourcen
zeigt: als in den 1970er Jahren die Weltmarktpreise für bestimmte Metalle hoch waren, war auch das
Interesse am Tiefseebergbau sehr groß. Nachdem diese Projekte während einer Preisflaute eingestellt
worden waren, bekam der Tiefseebergbau mit der Erholung der Preise ab dem Jahrtausendwechsel
wieder Zulauf (Zalik 2018).
Zweitens hängt Territorialisierung von der Verfügbarkeit der dafür notwendigen Technologien ab
(Vogler 2012). Technologien beeinflussen, ob Akteure überhaupt Zugang zu einem Raum erhalten und
ob Kontrolle darüber wirtschaftlich effizient möglich ist (Headrick 1981). Technologie umfasst
einerseits technische Artefakte sowie Wissenssysteme und Praktiken, die zu deren Einsatz notwendig
sind, andererseits auch Herrschaftstechniken der Vermessung, Überwachung und Kontrolle. Was
13
nützliche und notwendige Technologien sind, hängt wiederum von der materiellen Beschaffenheit des
Raumes ab – für die Meeresbodenerforschung braucht man Multibeam-Sonare und Bohranlagen, für
die Überwachung des Luftraums Radarsysteme und Methoden zur Wettervorhersage.
Drittens haben Staaten vielschichtige Motivlagen. Ihr Verhalten wird u.a. durch soziale Normen
beeinflusst wie z.B. beim umstrittenen Verbot des kommerziellen Walfangs (Deitelhoff/Zimmermann
2020). Daher wird die Bereitschaft zur Territorialisierung eines Raums auch durch dessen bisherige
politische Behandlung beeinflusst. So steht beispielsweise eine völkerrechtliche Designation als res
communis einer Territorialisierung entgegen (Soroos 1982, Collis 2017). Ähnliches kann durch
vertragliche Regelungen wie z.B. den Antarktisvertrag oder das SRÜ erreicht werden, welches mit der
Ausschließlichen Wirtschaftszone und dem Kontinentalschelf Kompromissmodelle funktionaler
Territorialisierung geschaffen hat, die einer vollständigen Territorialisierung vorbeugen.
Analog zum vorigen Argument kann viertens auch eine gewachsene Interdependenz Staaten zur
kooperativen Verwaltung von Global Commons anregen. Über die Zeit wächst unter den Beteiligten
nicht nur Vertrauen, sondern auch eine wechselseitige Abhängigkeit. Wie die Regimeforschung gezeigt
hat, fördert das Vorhandensein von Interdependenzen in den Global Commons auch die Entstehung
internationalistischer Governance-Systeme (Wolf 1991, Young 1994). Je besser die Kooperation
funktioniert und je länger sie besteht, desto resilienter wird das Kooperationsregime gegenüber
Störungen und Reformversuchen (Byers 2019).
Fünftens wirken hegemoniale Mächte oft gegen die Territorialisierung eines Global Commons, da
Territorien Staaten besondere Vorrechte gegen Eingriffsversuche von Großmächten geben. Hegemone
bevorzugen daher unregulierte Commons, weil sie ihnen die Freiheit lassen, um das zu bekommen was
sie wollen (Agnew 2005). Beispiele hierfür sind das Eintreten Großbritanniens für die Freiheit der
Navigation auf den Weltmeeren im 19. und 20. Jahrhundert (Bar-Noi 2015) oder die Argumentation
der USA, bei der Entwicklung des Weltraumrechts Analogien eher zum liberaleren Seerecht als zum
stärker verregelten Luftrecht zu ziehen (Peterson 1997).
4. Methodischer Ansatz
Das Projekt verwendet die Methode eines strukturierten, fokussierten Vergleichs (George/Bennett
2005) von insgesamt 13 Fallstudien, die sich auf fünf Domänen der Global Commons verteilen. Bei der
Auswahl der Domänen orientiert sich das Projekt an der Identifikation von Global Commons von
14
Schrijver (2016), Buck (1998) und Vogler (1995): die Ozeane, der Meeresboden, der Weltraum und der
Mond, die Pole sowie die Atmosphäre (siehe Tabelle 1).
8
Die Fallauswahl orientiert sich an den drei Zuständen von Räumen. Territorialisierung meint die
Umwandlung von außerstaatlichen Gemeinflächen in umgrenztes Territorium unter der vollen
Souveränität einzelner Staaten. Funktionale Territorialisierung meint, dass zwar Räume aus
Gemeinflächen parzelliert werden, Staaten aber nur begrenzte Kontrollmöglichkeiten unterhalb des
Niveaus vollumfänglicher Souveränität darüber erhalten. Nicht-Territorialisierung bezeichnet Räume,
über die einzelne Staaten keine formale Kontrolle ausüben. Für diese Commons bestehen vertragliche
Übereinkünfte für eine zwischenstaatliche Regulierung der betreffenden Räume.
Tabelle 1: Fallstudien
Domäne
Territorialisierung
funktionale Territorialisierung
Nicht-Territorialisierung
Ozeane
Küstenmeer (12-
Meilen-Zone)
Ausschließliche Wirtschaftszone
Hohe See
Meeresboden
Küstennaher
Meeresboden
Kontinentalschelf
Tiefer Meeresboden
Weltraum
Geostationärer Orbit
Erdnaher Orbit
Pole
Arktis
Antarktis
Luftraum
Nationaler
Luftraum
Air Defense Identification Zones
Internationaler Luftraum
Die Fallstudien bestanden aus der Analyse internationaler Vertragswerke und Verhandlungsprozesse
sowie der einschlägigen Sekundärliteratur aus der Geographie, der Politik- sowie der
Rechtswissenschaft. Aus Platzgründen werden diese hier stark zusammengefasst dargestellt.
5. Fallstudien
5.1 Ozeane
5.1.1 Küstenmeer (Territorialisierung)
Die Idee, dass ein Staat Anspruch auf die Gewässer vor seiner Küste haben sollte, reicht bis in die Antike
zurück. Bis zum 18. Jahrhundert entwickelte sich daraus die sogenannte „Kanonenschußregel“ – eine
informelle Praxis, dass jeder Staat Souveränität über das Meer bis zum Abstand von drei Seemeilen
von der Küste – also der ungefähren Reichweite einer Kanone – ausüben dürfe (Walker 1945). Die
8
Über die Atmosphäre sprechen Schrijver, Buck und Vogler eher im Sinne von Klima und Luftqualität. Zwar
gibt es Arbeiten, die das Territorialisierungskonzept auch hierauf anwenden (Lövbrand/Stripple 2006), die
Vergleichbarkeit mit den anderen Fällen wird jedoch erleichtert, wenn man die Atmosphäre eher im Sinne
von Luftraum versteht (Butler 2001, Lin 2018).
15
Praxis der Dreimeilenzone brach jedoch im 20. Jahrhundert zusammen, als Staaten begannen, ihre
Ansprüche auszuweiten. In der Phase nach dem Zweiten Weltkrieg intensivierte sich dieser Wettstreit:
1945 schuf die USA unilateral eine geographisch nicht klar begrenzte „Fischereierhaltungszone“ vor
ihrer Küste, um damit Fischbestände vor fremder Fischerei zu schützen. Dies setzte eine Kaskade
weiterer Claims in Gang, z.B. die Forderungen von Chile, Ekuador und Peru in 1947 nach einem
Küstenmeer im Umfang von 200 Seemeilen (Watt 1979). Diese Kontroverse konnte auch in den
Verhandlungen um die Genfer Seerechtskonvention (1958) nicht aufgelöst werden. Erst mit dem
Seerechtsübereinkommen (SRÜ) von 1982 wurde das Küstenmeer auf zwölf Seemeilen ausgedehnt.
Nach Art. 2 und 3 des SRÜ zählt das Küstenmeer zum Staatsgebiet des Küstenstaates und unterliegt
damit seiner hoheitlichen Kontrolle. Dabei gelten nur zwei Einschränkungen: zum einen haben Schiffe
ein Recht der friedlichen Durchfahrt, zum anderen muss der Küstenstaat seine Hoheitsgewalt in
Übereinstimmung mit seinen seevölkerrechtlichen Verpflichtungen ausüben.
5.1.2 Ausschließliche Wirtschaftszone (funktionale Territorialisierung)
Die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) ist ein Meeresgebiet, das direkt an das Küstenmeer
anschließt und sich von der Küstenlinie bis zu 200 Seemeilen seewärts erstreckt. Im Küstenmeer
genießen Staaten die vollen Souveränitätsrechte, während sie in der AWZ nur „souveräne Rechte zum
Zweck der Erforschung und Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden und
nichtlebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und
seines Untergrunds“ (Art. 56 SRÜ) sowie zur weiteren wirtschaftlichen Nutzung haben. Über andere
Aktivitäten, insbesondere die Schifffahrt, haben Staaten in ihrer AWZ keine Kontrolle. Die AWZ wurde
im SRÜ 1982 geschaffen und war die diplomatische Lösung für das Küstenmeerproblem. Jene Staaten,
die sich für eine große Ausweitung des Küstenmeers ausgesprochen hatten, waren weniger an einer
Erweiterung ihrer territorialen Souveränität interessiert, es ging ihnen vor allem um ausschließliche
Nutzungsrechte an küstennahen Fischbeständen. Insgesamt ist die AWZ daher als Paradebeispiel für
funktionale Territorialisierung zu betrachten.
5.1.3 Hohe See (Nicht-Territorialisierung)
Als Ausgangspunkt des freien Ozeans wird traditionell Hugo Grotius‘ Formulierung des mare liberum-
Prinzips angesehen, mit dem er 1609 gegen portugiesische Exklusivansprüche über den
Ostindienhandel argumentierte. Im Übereinkommen über die Hohe See, einem der Teilabkommen der
Genfer Seerechtskonvention (1958), wurde die Hohe See erstmals völkerrechtlich definiert. Dies
bildete die Vorlage für die noch heute gültige Definition im SRÜ (1982), welche die Hohe See als „alle
Teile des Meeres, die nicht zur ausschließlichen Wirtschaftszone, zum Küstenmeer oder zu den inneren
16
Gewässern eines Staates oder zu den Archipelgewässern eines Archipelstaats gehören“ (Art. 86)
bezeichnet, wofür sich heute der Begriff der Areas Beyond National Jurisdiction (ABNJ) etabliert hat
(Houghton/Rochette 2014). In den ABNJ besteht u.a. eine Freiheit der Schifffahrt, des Überflugs, der
Verlegens unterseeischer Kabel, der Forschung und des Fischfangs (Art. 87). Art. 89 schließt
Souveränitätsansprüche von Staaten über Teile der Hohen See explizit aus.
Während also das Prinzip des mare liberum im SRÜ erhalten blieb, haben sich dennoch zwei Dinge
geändert. Zum einen ist die Hohe See durch die Schaffung von AWZ geographisch geschrumpft, da nun
größere Teile des Meeres territorialisiert wurden. Zum anderen gibt es auch in den ABNJ mehr und
mehr funktionale Räume, in denen Staaten oder internationalen Organisationen einzelne
Kompetenzen zugeschrieben werden, allerdings sind die damit verbundenen Rechte so gering, dass
die Hohe See weiterhin als nicht-territorialisiert gelten kann. Es ist allerdings offen, wie lange dies noch
Bestand haben wird – der Prozess der schrittweisen Territorialisierung der Ozeane setzt sich fort.
5.2 Meeresboden
5.2.1 Küstennaher Meeresboden (Territorialisierung)
Der küstennahe Meeresboden ist derjenige Teil des Meeresbodens, der sich unter dem Küstenmeer
befindet, d.h. bis zu einem Abstand von 12 Seemeilen von der Küstenlinie. Art. 2(2) des SRÜ regelt klar,
dass sich die staatliche Souveränität „sowohl auf den Luftraum über dem Küstenmeer als auch auf den
Meeresboden und Meeresuntergrund des Küstenmeers“ erstreckt. Diese Formulierung war auch
wortgleich in Art. 2 des Internationalen Übereinkommens über das Küstenmeer und die Anschlusszone
vorhanden, das 1958 als Teil der Genfer Seerechtskonvention ausgehandelt wurde. Damit wurde eine
traditionelle Staatenpraxis formalisiert, wonach Ansprüche auf das Küstenmeer auch automatisch
Ansprüche über den darunter liegenden Meeresboden beinhalten.
5.2.2 Kontinentalschelf (funktionale Territorialisierung)
Der Kontinentalschelf (auch: Festlandsockel) ist der von Meer bedeckte Randbereich eines Kontinents.
Hier ist die Wassertiefe sehr gering, i.d.R. nur wenige hundert Meter. An manchen Kontinentalkanten
(z.B. rund um Afrika) ist dieser Schelf nur wenige Kilometer kurz, ehe der Meeresboden steil auf die
Tiefseeebene mit Wassertiefen von 3-6.000 Meter absinkt. Andernorts, z.B. in der Arktis, gibt es
unterseeische Gebirgsrücken, die den Kontinentalschelf um hunderte von Kilometern verlängern.
Der Kontinentalschelf wurde 1958 durch das Übereinkommen über den Kontinentalschelf erstmals
völkerrechtlich geregelt. Zentrale Bestimmungen davon wurden durch das SRÜ 1982 übernommen
und weiterentwickelt. Danach hat jeder Küstenstaat Anspruch auf einen Kontinentalschelf, der sich bis
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zu 200 Seemeilen von der Küstenlinie erstreckt und damit dasselbe Ausmaß wie die AWZ aufweist,
selbst wenn der geologische Schelf vor der Küste kürzer ist. Sollte sich der geologische Schelf über die
200 Seemeilen-Linie hinaus erstrecken, können Staaten ergänzende Forderungen stellen, sofern sie
dafür hinreichende wissenschaftliche Evidenz präsentieren können. Diese Ansprüche werden der UN-
Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels vorgelegt, die allerdings nur als Prüf-, nicht als
Entscheidungsinstanz fungiert (Suarez 2010).
Staaten haben über ihren Kontinentalschelf „souveräne Rechte zum Zweck seiner Erforschung und der
Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen“ (Art. 77, SRÜ 1982). Außerdem haben sie gewisse
Vorrechte bei der Verlegung von unterseeischen Kabeln und der Konstruktion von künstlichen
Bauwerken auf dem Festlandsockel. Insgesamt weist der Kontinentalschelf große Ähnlichkeiten mit
der AWZ auf und ist damit als Fall funktionaler Territorialisierung zu betrachten.
5.2.3 Tiefer Meeresboden (Nicht-Territorialisierung)
Der tiefe Meeresboden ist derjenige Teil des Meeresbodens, der sich außerhalb der staatlich
kontrollierten Gebiete des Kontinentalschelfs befindet. Erst mit der Entwicklung der
ozeanographischen Wissenschaften und der Verlegung unterseeischer Telegrafenkabel ab Mitte des
19. Jahrhunderts fand die Menschheit heraus, dass der Meeresboden keine konturlose Ebene ist,
sondern eine eigene Morphologie besitzt. Dennoch galt der tiefe Meeresboden danach weiterhin als
lebensfeindlich sowie als politisch und wirtschaftlich irrelevant. Mit der Entwicklung von Tiefsee-U-
Booten ab den 1960er Jahren zeigte sich aber, dass der tiefe Meeresboden eine eigene Ökologie hat
und dass sich dort vielfältige metallische Bodenschätze befinden (Rozwadowski 2005).
Die Entdeckung dieser Ressourcen beförderte ein wirtschaftliches Interesse am tiefen Meeresboden,
so dass dieser auch Gegenstand der seevölkerrechtlichen Verhandlungen um das spätere SRÜ wurde.
Darin wurde der tiefe Meeresboden, im SRÜ nur als „das Gebiet“ bezeichnet, zum Gemeinsamen Erbe
der Menschheit erklärt (Art. 136). Das SRÜ schuf mit der Internationalen Meeresbodenbehörde eine
eigene Organisation zur Verwaltung des Gebiets, die die Ausbeutung der Ressourcen im Sinne des SRÜ
überwachen soll, insbesondere im Lichte der Maßgabe, dass dies „zum Nutzen der gesamten
Menschheit“ (Art. 140) zu geschehen habe (Bourrel, et al. 2018). Die Meeresbodenbehörde vergibt
Explorationslizenzen an Konsortien von Staaten und Unternehmen und erarbeitet zurzeit Richtlinien
für den Meeresbodenbergbau. Die Lizenznehmer haben nur sehr eingeschränkte Rechte in ihren
Explorationsregionen und agieren dort im Schatten der Autorität der Meeresbodenbehörde, weshalb
der tiefe Meeresboden weiterhin als Beispiel für Nicht-Territorialisierung behandelt wird.
18
5.3 Weltraum
5.3.1 Geostationärer Orbit (funktionale Territorialisierung)
Der geostationäre Orbit (Geostationary Equatorial Orbit, GEO) ist eine Erdumlaufbahn in 35.786 km
Höhe. Da sich Objekte im GEO relativ zum Äquator nicht bewegen und vom GEO aus ein großer Teil
der Erdoberfläche sichtbar ist, lässt sich von dort die Erde mit wenigen Satelliten fast vollständig
abdecken. Daher ist der GEO von besonderem Interesse für staatliche und private Akteure, die dort
Kommunikations-, Rundfunk- und Wettersatelliten betreiben. Um die für einen sicheren Betrieb
nötigen Abstände zwischen Satelliten zu wahren, gibt es jedoch nur eine fixe Zahl an Plätzen. Daher ist
der Zugang zum GEO, im Gegensatz zum Rest des Weltraums – laut dem Weltraumvertrag (Outer Space
Treaty, OST) „Sache der gesamten Menschheit“, also res communis – institutionell geregelt (Collis
2009, Beery 2016).
Schon 1963 – ein Jahr bevor der erste Satellit in den GEO entsandt wurde – wurde auf der Extraordinary
Administrative Conference der Internationalen Telecommunikationsunion (ITU) eine internationale
Grundlage zur Allokation von Radiofrequenzen im GEO vereinbart. Die 1973 ITU Plenipotentiary
Conference erweiterte dies dahingehend, dass die ITU die Allokation der „parking slots“ im GEO
verwalten solle, welche kein Eigentums- aber ein exklusives Nutzungsrecht gewähren und nach dem
„first come, first serve“-Prinzip vergeben wurden. Die Antragstellung erfolgte durch die ITU-
Mitgliedsstaaten, bereits genutzte Slots konnten wiederbesetzt werden (Soroos 1982). Dieses Prinzip
benachteiligte jedoch nicht raumfahrende Nationen, von denen acht 1976 in der Bogotá Declaration
aufgrund der unklaren Trennlinie von Luft- und Weltraum souveräne Ansprüche auf Teile des GEO
erhoben. Ein davon ausgelöster, zäher Verhandlungsprozess endete 1988 in der Festlegung von
Predetermined Arcs (PDA), also fixen nationalen Slots, welche jedoch unter bestimmten
Voraussetzungen auch von anderen Akteuren beantragt werden können (Collis 2009). GEO-Slots
werden also in einer Mischform aus Neuvergaben, Altfällen und nationalen Vorrechten verteilt (Mejía-
Kaiser 2020). Durch die nationalen Vorrechte auf exklusive Nutzung kann das GEO als funktional
territorialisiert verstanden werden. Durch die steigende Nachfrage nach Satellitenplätzen und die
Weltraumschrott-Problematik ist außerdem eine Intensivierung der Nutzungsrivalität des GEO zu
erwarten (Slann 2014).
5.3.2 Erdnaher Orbit (Nicht-Territorialisierung)
Der Low Earth Orbit (LEO) erstreckt sich von etwa 160 bis 2.000 km Höhe. Satelliten im LEO haben ein
eingeschränktes Sichtfeld und sinken schneller ab als in höheren Orbits, aber durch die geringeren
Kosten der Entsendung ist der LEO für den Satellitenbetrieb sehr attraktiv. Obwohl die Nutzung durch
die Miniaturisierung von Satelliten und die Entsendung von Megakonstellationen stark ansteigt, ist der
19
Zugang zum LEO bislang nicht international reguliert. Laut dem OST von 1967 ist der Weltraum „Sache
der gesamten Menschheit“ und der Erwerb nationaler Hoheitsrechte ausgeschlossen. Zwar erklärt die
ITU in Art. 44 II ihrer Konstitution alle Orbits und das Radiofrequenzspektrum zu begrenzten
natürlichen Ressourcen, aber ein Vergabesystem gibt es – anders als beim GEO – für den LEO nicht.
Die Lizensierung von Satelliten im LEO erfolgt rein national, es gibt de facto keine internationale
rechtliche Regelung oder Standardisierung des Verhaltens von Satelliten im LEO (wohl aber von
Radiofrequenzen, die von der ITU vergeben werden, vgl. Soroos 1982). Die Notwendigkeit der
Koordination von Flugbahnen angesichts eines steigenden Kollisionsrisikos befördert aber derzeit
Diskussionen um Space Traffic Management (STM, vgl. Slann 2014). Zwar werden staatliche und
private Lageinformationen zunehmend besser, politisch ist jedoch die Einführung eines effektiven STM
nicht absehbar. Hierzu gibt es derzeit nur dezentrale Best Practices ohne Durchsetzungsgewalt, z.B. die
2007 vom UN-Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums verabschiedeten „Space Debris
Mitigation Guidelines“. Private Akteure koordinieren sich z.B. mittels Datenaustausch, eine zentrale
Regulierung oder eine systematische internationale Governance fehlen jedoch (Blount 2019).
5.4 Pole
5.4.1 Arktis (funktionale Territorialisierung)
Proklamationen staatlicher Souveränität über den Nordpol sind mindestens seit dem 16. Jahrhundert
bekannt, diese waren jedoch mangels Möglichkeiten effektiver Kontrolle nicht bedeutsam. Mit der
Entsendung von Polarexpeditionen ab dem 19. Jahrhundert wurde dieser Raum zunehmend politisiert
und zum Gegenstand konkreter staatlicher Ansprüche. Im späten 19. Jahrhundert verhandelten die
Anrainerstaaten des Polarmeers verschiedene bilaterale Abkommen zur Festlegung ihrer arktischen
Land- und Seegrenzen. Dies geschah teils unter Anwendung von Rechtskonzepten, die heute im
Völkerrecht marginalisiert sind wie z.B. der kanadisch-russischen „Sektortheorie“, wonach die
komplette Fläche zwischen der Festlandgrenze eines Staates und dem geographischen Nordpol seiner
Souveränität unterliege (Dodds 2013: 48). Durch die Weiterentwicklung des Völkerrechts ergeben sich
jedoch Konflikte, beispielsweise ob die Nordwestpassage ein kanadisches Archipelgewässer (und
damit Teil des Küstenmeers) oder eine internationale Meerenge sei, für die alle Schiffe nach Art. 37-
38 SRÜ ein Anrecht auf Transitdurchfahrt beanspruchen können (Geddert 2019).
Als Ozean fällt die Arktis heute unter das Seerecht. Von den arktischen Anrainerstaaten haben alle bis
auf die USA das SRÜ ratifiziert und auch die USA respektieren dessen Maßgaben in ihrer Praxis
weitgehend. Danach haben die Anrainerstaaten Anrecht auf die im SRÜ festgelegten Kategorien von
Territorien, d.h. ein Küstenmeer, eine AWZ sowie einen Kontinentalschelf. Um letzteren bestehen noch
20
Kontroversen, da aufgrund der Geomorphologie des Meeresbodens mehrere Staaten u.a. den
erweiterten Festlandsockel unter dem geographischen Nordpol für sich beanspruchen. So gibt es zwar
im zentralen arktischen Ozean immer noch ABNJ, aber der Rest der Arktis ist in ein Patchwork von
Territorien mit unterschiedlicher Souveränität aufgeteilt – daher die Einstufung als Beispiel für
funktionale Territorialisierung.
5.4.2 Antarktis (Nicht-Territorialisierung)
Die Antarktis ist das einzige Beispiel, in dem eine beginnende Territorialisierung gestoppt und sogar
etwas zurückgedreht wurde. Insgesamt sieben Staaten haben souveräne Ansprüche über teils
überlappende Gebiete südlich des 60° Breitengrades erhoben: Großbritannien (ab 1908), Frankreich
(ab 1924), Norwegen (ab 1928), Neuseeland (ab 1933), Australien (ab 1933), Chile (ab 1940) und
Argentinien (ab 1942). Weitere Staaten, insbesondere die USA und die UdSSR, haben zwar bislang
keine eigenen Ansprüche formuliert, behalten sich aber das Recht hierzu vor (Beck 1994). Um einen
territorialen Wettstreit zur Hochphase des Kalten Krieges zu vermeiden, wurde 1958-1959 der
Antarktisvertrag verhandelt, welcher 1961 in Kraft trat. Er erklärt die Antarktis zur demilitarisierten
Zone und soll die internationale wissenschaftliche Kooperation bei der Erforschung des Kontinents
fördern. Heute haben insgesamt 46 Staaten den Vertrag ratifiziert, von denen die meisten als
Konsultativstaaten volles Stimmrecht genießen. Der Antarktisvertrag wurde seither um weitere
Abkommen zum Arten- und Umweltschutz erweitert (Bastmeijer 2018).
Der Antarktisvertrag erkennt zwar die territorialen Ansprüche der sieben Nationen explizit an, schließt
aber weitere Ansprüche oder Erweiterungen bestehender Ansprüche aus (Art. IV Antarktisvertrag).
Wichtiger für die Einstufung der Antarktis als Fall von Nicht-Territorialisierung ist jedoch, dass zwar
weiterhin souveräne Ansprüche bestehen, diese aber keinerlei praktischen Nutzen haben. Der
Antarktisvertrag untersagt die wirtschaftliche und militärische Nutzung der Antarktis.
BeobachterInnen (Art. VII) und WissenschaftlerInnen (Art. III) genießen weitgehende
Bewegungsfreiheit in der Antarktis und unterliegen nur der Jurisdiktion ihrer Heimatländer, nicht
derjenigen Nationen, in deren antarktischem Gebiet sie sich befinden. Insofern bestehen die
souveränen Ansprüche zwar auf dem Papier fort, sie sind aber eine legale Fiktion ohne praktische
Konsequenz.
21
5.5 Luftraum
5.5.1 Nationaler Luftraum (Territorialisierung)
Der Luftraum über dem Territorium eines Staates bis zur Grenze des Küstenmeeres gehört zu dessen
Staatsgebiet. Seine Obergrenze und damit die Abgrenzung zum Weltraum ist nicht eindeutig geklärt;
Definitionen der Grenze variieren zwischen 60 und 110 km über der Erdoberfläche. In seinem Luftraum
hat jeder Staat das Recht, dessen Nutzung eigenständig zu regeln, obgleich Zivilflugzeuge analog zum
seevölkerrechtlichen Prinzip der friedlichen Durchfahrt keiner Genehmigung bedürfen, in einen
nationalen Luftraum einzufliegen.
Die Grundlage für die bestehende Regelung des Luftraums bildet das 1944 verhandelte Chicagoer
Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (CA), das auf einigen früheren Abkommen aufbaut
und Diskussionen abschloss, die in verschiedenen Staatenkonferenzen seit 1910 geführt worden
waren. Die Schaffung nationalen Luftraums war aber keineswegs unausweichlich. In der Frühphase der
Luftfahrt gab es eine Gegenposition, vertreten u.a. durch Frankreich und Deutschland, dass die
Luftfahrt ähnlich wie die Hochseeschifffahrt eine völlige Freiheit der Navigation genieße und es mithin
ein open access-Regime für den Luftraum geben solle. Diese Position konnte sich jedoch nicht
durchsetzen (Butler 2001). Auch nach 1944 hat sich das Regime noch verändert, vor allem in der Frage
von Start- und Landerechten für ausländische Fluglinien, da viele Staaten territoriale Exklusivität zum
Schutz heimischer Luftfahrtunternehmen einsetzten. Dieses System wurde durch Open Skies-
Abkommen und bilaterale Air Transport Agreements schrittweise liberalisiert, dennoch ist der
nationale Luftraum weiterhin souverän territorialisiert (Lin 2018).
5.5.2 Air Defense Identification Zones (funktionale Territorialisierung)
Air Defense Identification Zones (ADIZ) sind Gebiete des internationalen Luftraums über der Hohen
See, die an den nationalen Luftraum angrenzen und Staaten als Frühwarnsystem für den Flugverkehr
dienen. Da ADIZ extraterritorial sind und nicht auf einer internationalen Regelung beruhen, haben
Staaten hier formell keine Durchsetzungsrechte. ADIZ werden unilateral ausgerufen und praktiziert,
genießen aber prinzipiell den Respekt anderer Nationen, auch wenn sich manche ADIZ-Ansprüche
überlappen. Insgesamt sind ADIZ daher in der Staatenpraxis etabliert und werden von insgesamt etwa
20 Nationen verwendet. Durch diese Akzeptanz begründen ADIZ bestimmte Kontroll- und
Eingriffsrechte und werden daher als Beispiel funktionaler Territorialisierung eingestuft.
ADIZ wurden erstmals 1950 im Koreakrieg von den USA verwendet. Im Kalten Krieg wurden ADIZ zur
Frühwarnung genutzt und gewannen im Zuge der veränderten Bedrohungsperzeption nach den
Terrorangriffen vom 11. September 2001 verstärkt an Bedeutung (Dutton 2009). Durch die fehlende
22
internationale Standardisierung variieren Verständnis und Praxis von ADIZ stark. Aus internationaler
Rechtsperspektive macht es einen Unterschied, ob die ADIZ nur zur Identifikation genutzt wird, oder
ob durch sie ein Eingriff in die freie Navigation im internationalen Luftraum vorgenommen wird. So
definiert z.B. China seine Kompetenzen in seiner bis zu 300 Meilen vor der Küste liegenden ADIZ sehr
breit: Alle eindringenden Flugzeuge müssen umfassende Identifikationspflichten erfüllen und werden
ggf. von Abfangjägern aus der ADIZ eskortiert. Darüber hinaus nutzt China die teils mit den Zonen
anderer Staaten überlappende ADIZ im Ostchinesischen Meer, um seine territorialen Ansprüche in
umstrittenen Gebieten gegenüber Südkorea und Japan zu unterstreichen (Su 2015).
5.5.3 Internationaler Luftraum (Nicht-Territorialisierung)
Der internationale Luftraum ist derjenige Teil der Atmosphäre, der nicht oberhalb eines staatlichen
Territoriums oder Küstenmeers liegt. Formell gehören die ADIZ zum internationalen Luftraum, werden
jedoch durch die Staatenpraxis anders behandelt. Zwar werden von der International Civil Aviation
Organization (ICAO) Aufgaben wie die Fluginformations- und Alarmdienste im internationalen
Luftraum an Staaten delegiert, aus diesen erwachsen aber nur marginale Kompetenzen.
Nach ersten Anläufen zur Kodifizierung des internationalen Luftrechts in den Abkommen von Paris
1919, Madrid 1926 und Havanna 1928 verstärkte sich das internationale Interesse mit der
kommerziellen Möglichkeit transozeanischer Flüge in den 1940er Jahren. Im CA von 1944 wurden die
bisherigen Bemühungen zusammengeführt und die Grundlage für den heutigen internationalen
Luftverkehr bereitet (Schladebach 2014). So bestätigt das CA, dass jedem Staat über seinem
Hoheitsgebiet die volle und ausschließliche Lufthoheit zusteht (Art. 1), während im internationalen
Luftraum die uneingeschränkte Freiheit der Luftfahrt gilt. Die ICAO gibt Standards und Empfehlungen
für die zivile Luftfahrt vor, um sicheren Flugverkehr zu garantieren, nimmt allerdings keine
Einschränkung der Flugaktivität per se vor. Dies wurde auch im SRÜ 1982 bestätigt; die freie Luftfahrt
im internationalen Luftraum gilt also auch über der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) eines
Küstenstaates. Zwar schränken derzeit sieben Staaten militärische Flugaktivität innerhalb der 200
Seemeilen umfassenden AWZ ein, die zivile Luftfahrt bleibt davon aber unberührt.
6. Analyse
Der Vergleich der 13 Fälle lässt mehrere Schlussfolgerungen über die Dynamik der Global Commons
zu. Erstens ist souveräne Territorialisierung als Mittel der Steuerung merklich aus der Mode
gekommen. Alle drei Beispiele (Küstenmeer, küstennaher Meeresboden und nationaler Luftraum)
haben lange historische Wurzeln. Zwar wurde die Ausweitung des Küstenmeers und des küstennahen
23
Meeresboden auf zwölf Seemeilen erst 1982 festgeschrieben, aber das Prinzip des Küstenmeers geht
auf eine jahrhundertealte Praxis zurück (Kent 1954). Es handelte sich hierbei also nicht um die
Neuschaffung eines Territoriums, sondern um die Ausdehnung eines bestehenden und bewährten
Konzepts. Die souveräne Territorialisierung von Teilen des Luftraums ist ein Paradebeispiel dafür, wie
noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts souveräne Territorien in den Global Commons
konstruiert wurden. Nachdem der Luftraum lange Zeit mangels Nutzung völlig ungeregelt war, setzten
mit der Entstehung des Luftverkehrs Diskussionen über dessen Regulierung ein, die sich v.a. im
Zeitraum 1910-1944 abspielten. Die Auseinandersetzung orientierte sich an den klassischen
Extrempositionen einer völligen Freiheit des Luftraums und einer an nationalstaatlichen Grenzen
angelehnten Territorialisierung, in denen sich die Unterstützer von „Lufthoheit“ durchsetzten (Butler
2001, Schladebach 2014).
Im Weltraum und am Meeresboden jenseits des Küstenmeeres ist dieser Prozess ausgeblieben, da
diese Räume historisch erst später erschließ- und nutzbar geworden sind. Der erste Tiefseetauchgang
wurde 1948 vorgenommen und Zugang zum Weltraum hat die Menschheit erst seit 1957. Dies fällt in
eine Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem sehr viel stärker darüber nachgedacht
wurde, wie die Global Commons mittels internationaler Übereinkünfte geregelt werden können. Das
Primat lag nun auf der Schaffung internationalisierter Lösungen, zu denen später die Schaffung
funktionaler Territorien hinzukam, während die Einrichtung neuer souveräner Territorien nachließ. Die
verspätete Institutionalisierung der Zwölfmeilenzone mag diesem Bild widersprechen, allerdings muss
man dabei beachten, dass die zentrale Kontroverse hierum bereits 1945-1947, also zu Beginn dieser
Phase des Normwandels, ausgebrochen war.
Die Pole stellen hier einen instruktiven Grenzfall dar. Während in der Arktis Staaten bis in die erste
Hälfte des 20. Jahrhunderts – wie zu dieser Zeit üblich – Souveränitätsansprüche bis zum Nordpol
formulierten, wurde dies durch das entstehende Seerecht in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
zunehmend überholt. In der Antarktis wurden ebenfalls bis 1942 souveräne Ansprüche gestellt, die
dann aber 1959 durch den Antarktisvertrag „eingefroren“ wurden. Damit lässt sich die Periode des
Wandels internationaler Normen und Governance-Praktiken auf grob die Phase zwischen 1946 und
1957, der „Geburtsstunde“ des Weltraumrechts, eingrenzen (Zacher 2001).
Damit wird zweitens die historische Kontingenz dieser Vorgänge und damit auch der hier
dargebotenen Erklärung deutlich. Prozesse der territorialen Aneignung vor dem 20. Jahrhundert
geschahen durch Entdeckung und formaler Annexion von terra nullius (Keller, et al. 1938) sowie durch
Übertretung mittels Verträgen. Letzteres umfasst auch Fälle von Landnahme, in denen sich indigene
Herrscher in ungleichen Verträgen ihren imperialen Souveränen formell unterwarfen (van der Linden
2016). Diese Grundlagen territorialer Ansprüche sind heute nahezu aus der internationalen Politik
24
verschwunden. Die globale Politik seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist durch eine Verdichtung
internationaler Regime gekennzeichnet. Dies wurde von der Entstehung einer frühen
Multilateralismus-Norm begleitet, wonach die Regelung von Global Commons (und anderer globaler
Fragen) nicht über unilaterale Akte sondern in allseitigem Einvernehmen zu geschehen habe (Ruggie
1992). Die Spuren dieser Norm finden sich in den Fällen souveräner Territorialisierung, welche über
das SRÜ und das CA auf internationalen Konventionen beruhen. Die Zentralität dieser Regime und des
Völkerrechts ist eins der definierenden Charakteristika des gegenwärtigen internationalen Systems
(Koskenniemi 2007). Damit ist aber auch die Aussagereichweite dieses Aufsatzes eingeschränkt – die
Rahmenbedingungen sind gegenüber früheren Perioden zu unterschiedlich, um ein transhistorisch
gültiges Argument zu konstruieren (Maier 2000).
Drittens kann man etwa ab den 1970er Jahren einen deutlichen Aufstieg funktionaler
Territorialisierung erkennen. Die untersuchten Fälle deuten diese Tendenz nur an, aber darüber hinaus
gibt es unzählige Beispiele für funktionale Territorien in den fünf Domänen. Für die Ozeane sind dies
z.B. Seenotrettungszonen, Walfangschutzgebiete, Large Marine Ecosystems, Vulnerable Marine
Ecosystems, Regional Fishery Bodies, NAVAREA/METAREAs sowie marine Schutzgebiete, die
zunehmend auch in ABNJ eingesetzt werden sollen. Auf dem Meeresboden vergibt die
Meeresbodenbehöre Explorationslizenzen und designiert Areas of Particular Environmental Interest
zum Umweltschutz. Im internationalen Luftraum gibt es mit den Fluginformationsregionen funktionale
Räume, in denen Staaten Aufgaben der Flugkoordination übernehmen. In der Antarktis bietet das
Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag in Anlage V, Artikel 4 die Möglichkeit, „besonders
verwaltete Gebiete der Antarktis“ zu schaffen, in denen Staaten bestimmte Sorgfaltspflichten bei der
Koordination ihrer Aktivitäten auferlegt werden. Dieselbe Idee einer Sicherheitszone wurde vor
kurzem auch von der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA als Mittel zur Konfliktregulierung
auf dem Mond präsentiert (Lambach 2020b). Diese Territorien basieren auf internationalen Regimen,
in denen Staaten oder Staatengruppen bestimmte Rechten und Pflichten in einem gesetzten
geographischen Rahmen auferlegt werden. Die einzige Ausnahme hierzu sind die ADIZ, die sich aus
einer informellen Staatenpraxis ergeben haben. Formell sind ADIZ nicht mit dem Luftrecht vereinbar,
insofern ist auch nicht mit ihrer Formalisierung zu rechnen, zumal es gegen das Prinzip kaum
signifikanten Widerstand gibt. Konflikte ergeben sich hier eher aus dessen konkreter Anwendung z.B.
bei überlappenden ADIZ-Ansprüchen.
Ferner zeigt der Vergleich auch sehr deutlich, dass Territorialisierungsepisoden nach vergleichbaren
Mustern der De- und Reterritorialisierung verlaufen. Zunächst bricht der Konsens über die Legitimität
bisheriger territorialer Arrangements eines Global Commons auf. Manche Staaten machen unilaterale
Deklarationen, verschiedene Modelle kommen in die Diskussion, Praktiken gehen auseinander. Dies
25
geschieht oft in Phasen, in denen aufgrund neuer Technologien die Kontrolle über eine Domäne
kosteneffektiv möglich wird und wirtschafts- oder sicherheitspolitische Anreize bestehen, hier seine
Ansprüche zu sichern. Empirisch kann dies die Form von Kaskaden und Wettläufen zwischen Staaten
annehmen, z.B. bei der Ausweitung von territorialen Ansprüchen auf den Weltmeeren nach dem
Zweiten Weltkrieg. Diese krisenhafte Deterritorialisierung stößt internationale Verhandlungen über
neue territoriale Arrangements an. Dies kann relativ schnell gehen wie z.B. beim Antarktisvertrag oder
Jahrzehnte dauern wie die Aushandlung des SRÜ und am Ende wird ein neues Arrangement zwischen
Territorialisierung und Internationalisierung reterritorialisiert. In theoretischen Begriffen bietet es sich
also an, Territorialisierung nicht als kontinuierlichen Prozess, sondern als episodenhaft und
pfadabhängig zu betrachten. Der institutionelle Wandel der Global Commons verläuft dabei analog
zum evolutionären Modell des punktierten Gleichgewichts, besteht also aus langen Phasen der Stasis,
die kurzzeitig durch Evolutionsschübe durchbrochen werden. Diese Schübe geschehen dann, wenn sich
ein institutionell eingeschlagener Pfad nicht länger selbst stabilisieren kann.
7. Fazit
Global Commons sind Produkte sozialer Konstruktion. Damit ist ihr Status nicht naturgegeben, sondern
Gegenstand politischer Kontestation, die zu unterschiedlichen Steuerungsformen führen kann.
Klassischerweise steuerten diese Auseinandersetzungen auf die Varianten souveräner
Territorialisierung oder internationaler Steuerung zu. Wie dieses Papier gezeigt hat, hat sich diese
Praxis im 20. Jahrhundert gewandelt: Dominant ist jetzt die Form der funktionalen Territorialisierung
im Kontext internationaler Rechtsregime. Sowohl eine souveräne Territorialisierung von Global
Commons als auch rein internationalisierte Lösungen wie die Meeresbodenbehörde sind heute
Seltenheiten, vielleicht sogar Auslaufmodelle. Funktionale Territorialisierung bewahrt die Zentralität
der Staaten in einem Regime, mildert dabei aber gleichzeitig den Konkurrenzdruck und die
Eindeutigkeit, die durch die Parzellierung in souveräne Räume entstehen. Damit bietet funktionale
Territorialisierung einen Kompromisspunkt als zielführende Alternative zu souveräner
Territorialisierung.
Dies ist deshalb so beachtenswert, weil sich Regime keineswegs frei zwischen den drei Optionen
souveräner oder funktionaler Territorialisierung sowie internationaler Governance bewegen, sondern
nur in Richtung von Territorialisierung. Ein einmal vollzogener Territorialisierungsschritt wird i.d.R.
nicht mehr rückgängig gemacht, es findet außerdem kein Wechsel von funktionaler zu souveräner
Territorialität statt. Der Antarktisvertrag ist das einzige Gegenbeispiel und selbst dort war ein
26
Einfrieren (ganz zu schweigen vom Aufheben) der souveränen Ansprüche nur deshalb möglich, weil
keine der sieben Nationen diese wirklich in die Tat umsetzen konnte.
Dies mag Ängste befördern, dass die Global Commons damit unweigerlich früher oder später der
Enclosure zum Opfer fallen. Das wäre jedoch übertrieben, denn die meisten funktionalen Territorien
sind mit dem Charakter der Global Commons durchaus vereinbar. Elinor Ostrom (2010a: 650-651) hat
darauf hingewiesen, dass Eigentumsrechte aus einem Bündel einzelner Rechte bestehen. Wenn ein
funktionales Territorium Staaten nur einen Teil dieser Eigentumsrechte zuschreibt (z.B. zur
Verkehrsregelung in einem Commons-Raum), ist damit der grundsätzliche Charakter als Global
Commons nur eingeschränkt, aber nicht aufgehoben.
Daher sollten KommentatorInnen bei der Schaffung funktionaler Territorium auch etwas mehr
Gelassenheit zeigen. Allzu oft werden damit Erwartungen neuer Territorialwettläufe oder „Great
Games“ geweckt (z.B. Pelton 2017, Abdel-Motaal 2016, Borgerson 2013), mit denen diese Prozesse
nichts gemeinsam haben. Die Furore um die Arktika-Mission, bei der russische Forscher 2007 eine
Fahne auf dem Meeresboden unter dem Nordpol aufpflanzten, war ein krasses Missverständnis der
Bedeutung dieses Akts (Dodds 2010). Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele, in denen Staaten
funktionale Territorien nutzen, um damit andere territoriale Ansprüche rhetorisch zu untermauern (De
Santo 2020, Trevisanut 2010). Ein genaueres Verständnis funktionaler Territorialität wäre für eine
angemessene Einordnung dieser Akte hilfreich. Hier besteht offenkundig noch weiterer
Forschungsbedarf, sowohl zum spezifischen Charakter dieser Räume – was bedeutet funktionale
Territorialität genau? – als auch zu den Umständen und dem Timing von Territorialisierungsepisoden.
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