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Die Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland: Empirische Ergebnisse

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Abstract

Dieser Beitrag stellt zentrale empirische Ergebnisse des jüngsten Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN 2017) sowie z.T. Vorläuferberichten zum Thema vor, ordnet diese ein und ergänzt sie um aktuelle Ergebnisse. Schwerpunkte bilden hierbei die Entwicklung der Befristung in den letzten 15 Jahren, Vertragslaufzeiten, Planbarkeit der Berufsperspektiven in der Wissenschaft, sowie Leistungsselektivität und Chancengerechtigkeit. Darüber hinaus geht der Beitrag auf einige Argumente der Bayreuther Erklärung ein und diskutiert diese anhand empirischer Daten, z.B. den Zusammenhang von Befristung und Drittmittelfinanzierung, oder wissenschaftlicher Qualifizierung und Befristung. Schließlich werden ausgewählte Beispiele guter Praxis an deutschen Hochschulen diskutiert, die auch zu ersten Antworten auf die Frage nach Gestaltungsmöglichkeiten für Politik und Hochschulen führen, der weitere folgen sollten. English Abstract: This article presents central empirical results of the most recent National Report on Junior Scholars (BuWiN 2017) as well as partly preliminary reports on the topic, classifies them and supplements them with current results. It focuses on the development of fixed-term contracts in the last 15 years, contract terms, the predictibility of career prospects in academia, as well as selectivity of performance and equal opportunities. Besides, the article addresses some of the arguments of the Bayreuth Declaration and discusses them using empirical data, e.g., the relationship of fixed-term contracts and third-party funding, or scientific qualification and fixed-term contracts. Finally, selected examples of good practice at German universities are discussed. These lead to first answers to the question of future possibilities for policy-makers and universities, and should be followed by others.
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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Die Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in
Deutschland: Empirische Ergebnisse
René Krempkow
This article presents central empirical results of the most recent National Report on Junior Scholars
(BuWiN 2017) as well as partly preliminary reports on the topic, classifies them and supplements
them with current results. It focuses on the development of fixed-term contracts in the last 15 years,
contract terms, the predictibility of career prospects in academia, as well as selectivity of
performance and equal opportunities. Besides, the article addresses some of the arguments of the
Bayreuth Declaration and discusses them using empirical data, e.g., the relationship of fixed-term
contracts and third-party funding, or scientific qualification and fixed-term contracts. Finally,
selected examples of good practice at German universities are discussed. These lead to first answers
to the question of future possibilities for policy-makers and universities, and should be followed by
others.
1. Entwicklung der Befristung in den letzten 15 Jahren
Eines der am meisten diskutierten Ergebnisse aus den Bundesberichten Wissenschaftlicher
Nachwuchs (BuWiN 2017, 2013, 2008) war (neben Vertragslaufzeiten, Planbarkeit und
Chancengerechtigkeit) der Befristungsanteil bei Nachwuchsforschenden in Deutschland. Ergebnisse
einer Anfang 2020 beauftragten Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes werden laut
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF 2020, S. 3) allerdings erst „voraussichtlich im
Frühjahr 2022 präsentiert“. Daher sind die jüngsten verfügbaren Daten aus dem BuWiN hierzu aus
den Jahren vor 2017. Wo es möglich ist, werden deshalb auch neuere Daten hinzugezogen, z.B. vom
Statistischen Bundesamt.
1.1 Befristung beim wissenschaftlichen Nachwuchs
Dem BuWIN zufolge lag der Befristungsanteil beim wissenschaftlichen Nachwuchs
1
zuletzt bei 93%
2
und ist damit innerhalb einer Dekade erheblich gestiegen (2005: 86%; vgl. BuWiN 2017, S. 127).
Zugleich stieg lt. BuWiN (2017, S. 88) nicht nur der prozentuale Anteil der Befristungen, sondern auch
die absolute Zahl der Nachwuchsforschenden: So beträgt die Anzahl der Promovierenden nach den
letzten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zum Jahr 2016 ca. 200.000, im frühesten
identisch berechneten Jahr 2010 waren es ca. 180.000 (vgl. ausführlich Hähnel/Schmiedel 2017, S.
114).
3
Legt man Schätzungen im ersten BuWiN (2008, S. 47) zugrunde (die allerdings anderes
1
Hier wird obgleich kritikwürdig der Begrifflichkeit und Definition des BuWiN (2017, S. 65f.) gefolgt. Zentrale
Definitionsmerkmale sind demnach eine wissenschaftliche Tätigkeit (d.h. Forschung und Lehre) und das Alter der Personen,
sowie das Verfolgen einer wissenschaftlichen Qualifikation. Insbes. zählen dazu Promovierende, andere
Wissenschaftler*innen ohne Promotion in wissenschaftlicher Lehre und Forschung (bis unter 35 Jahre), Habilitierende,
Nachwuchsgruppenleiter*innen, Juniorprofessor*innen, andere Wissenschaftler*innen mit Promotion in wissenschaftlicher
Lehre und Forschung (bis unter 45 Jahre).
2
An außeruniversitären Forschungseinrichtungen lag der Anteil mit 84% etwas niedriger (BuWiN 2017, S. 129). Außerdem
heißt es: „Die Befristungsanteile in anderen Sektoren des Arbeitsmarkts sind auch unter Berücksichtigung des Alters und der
Qualifizierung deutlich niedriger.“ So lag er in der Privatwirtschaft in Forschung und Entwicklung bei 9% (ebd., S. 130).
3
Entgegen der ersten Erhebung des Statistischen Bundesamtes (vgl. StBA 2011, S. 24) zur Anzahl der Promovierenden, die
auf ca. 200.400 kam, wurde diese Zahl in späteren Berechnungen durch Zurückrechnen auf 182.800 korrigiert (vgl.
Hähnel/Schmiedel 2017, S. 114). Damit bestätigt sich im Nachhinein eine Kritik, dass der Berechnungsansatz der ersten
Erhebung des Statistischen Bundesamtes die Anzahl deutlich überschätzte (vgl. Krempkow 2012). Aktuellere und genauere
bundesweite Berechnungen zur Anzahl der Promovierenden gibt es derzeit nach eigener Einschätzung des Statistischen
Bundeamtes nicht (vgl. Vollmar 2019). Auch nach Einschätzung vieler Hochschulen stößt die Erfassung von Promovierenden
nach wie vor auf Schwierigkeiten (vgl. UniKon 2019), so dass jedenfalls in nächster Zeit nicht mit einer Verbesserung der
Datenbasis gerechnet werden kann.
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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berechnet wurden, weshalb hier Vorsicht angebracht ist), so lag die Anzahl der Promovierenden im
Jahr 2005 sogar nur bei ca. 50.000 bzw. ca. 75.000 und wäre damit auf ein Mehrfaches gestiegen. Im
jedem Fall ist auch die Anzahl der Promovierten, also der abgeschlossenen Promotionen, in den letzten
Jahren gestiegen: Waren es 2005 ca. 25.000, so stieg deren Zahl zwischenzeitlich (Stand 2016) auf fast
30.000, um nach den letzten Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Stand 2018) auf ca. 28.000 wieder
etwas zu sinken. Dabei sind dies nur diejenigen, die jeweils in einem Jahr promoviert wurden. In
Deutschland ist derzeit nicht genau bekannt, wie viele Personen sich in der Postdoc-Phase
wissenschaftlich qualifizieren.
4
Insgesamt sind als hauptberufliches wissenschaftliches Personal (ohne
Professuren) an Hochschulen und (öffentlich finanzierten) außeruniversitären Forschungs-
einrichtungen in Deutschland nach Daten des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2018 185.311
Personen beschäftigt; im Jahr 2005 waren es nur 119.785. Dies entspricht einer Steigerung um über
50%.
5
Und hierbei wurden weitere mehr als 140.000 per definitionem nebenberufliche Beschäftigte
noch nicht mitgezählt: Deren Anzahl stieg ebenfalls sehr stark, und unter ihnen befinden sich auch
etliche Nachwuchsforschende.
6
Angesichts dieser Steigerungen ist der relativ geringe Zuwachs der
abgeschlossenen Promotionen im gleichen Zeitraum erstaunlich.
7
Dies deutet darauf hin, dass eine
Vielzahl der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen ihrer Beschäftigung an
den Universitäten keine Promotion erwirbt und aller Wahrscheinlichkeit auch nicht realistisch
anstreben bzw. erwerben (kann).
8
Auch Winter (i.d.H.) weist auf die problematische Praxis hin, dass
viele Projektstellen nicht der Qualifikation dienen, sondern der bloßen Projektabwicklung oder dem
laufenden Hochschulbetrieb. So werden letztlich immer mehr Daueraufgaben von befristetem
Hochschulpersonal erledigt.
9
Damit wird aber eine Hauptbegründung vieler Befristungen lt.
Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) fraglich, und zugleich wird eine Tätigkeit in der
akademischen Wissenschaft weniger attraktiv
10
worauf auch später im Zusammenhang mit dem
Thema Planbarkeit und Berechenbarkeit noch zurückzukommen ist.
4
Schätzungen (u.a. auf Basis des Indikatorenmodells für die Berichterstattung zum wissenschaftlichen Nachwuchs 2014)
lagen zuletzt bei 50.000 (+/- 13.000) Personen, wobei an der oberen Grenze bereits von einer sehr weiten Definition derer
ausgegangen wurde, die sich für eine Professur qualifizieren (vgl. Krempkow 2016). Im BuWiN (2017, S. 92) wird die ca. 7-
fach höhere Zahl aller Promovierten bis 45 Jahren genannt unabhängig davon, ob sie in einer wissenschaftlichen
Qualifikation sind oder (meist ohne Rückkehrabsicht) in der Privatwirtschaft, weshalb dies hier als ungeeignet betrachtet
wird.
5
Vergliche man es mit Mitte der 90er Jahre, wäre es sogar etwa eine Verdopplung (vgl. Gassmann 2020, S. 36).
6
Das nebenberufliche wissenschaftliche und künstlerische Personal umfasste lt. BuWiN (2017, S. 97) im Jahr 2014 insgesamt
144.905 Personen. Hiervon waren 98.944 Lehrbeauftragte und 44.314 wissenschaftliche Hilfskräfte, der Rest
Gastprofessor/inn/en/ u.ä.. Insbesondere in der Gruppe der wissenschaftlichen Hilfskräfte zeigt sich seit 2000 ein starker
Anstieg (Faktor 3,3). Auch die Gruppe der Lehrbeauftragten wuchs deutlich (Faktor 2,1).
7
Noch deutlicher wird dies, wenn man es sich differenziert nach Alter ansieht: Die Gruppe der unter 35-Jährigen wuchs von
2000 bis 2017 um 91%, während sich die Gruppe der 35- bis unter 45-Jährigen nur um 41% erhöhte (BuWiN 2017, S. 101).
8
Für eine ähnliche Interpretation vgl. auch Gassmann (2020, S. 44). Dafür sprechen auch im Rahmen des ersten BuWiN (2008)
durchgeführte Analysen: Demnach lag der Anteil derjenigen Hochschulabsolventen, die ca. ein Jahr nach Abschluss angaben,
eine Promotion anzustreben, bei 23-33% (ohne Medizin, vgl. Burkhardt 2008). Tatsächlich einen Promotionsabschluss
erwarben innerhalb von 4-5 Jahren lediglich 14%. Zudem arbeiten seit langem deutlich höhere Anteile von Hochschul-
absolvent*innen als wissenschaftliche Mitarbeiter*in als promovier(t)en (vgl. z.B. Briedis 2007).
9
In den letzten Jahren wurde vermehrt (befristetes) wissenschaftliches Personal auch an Fachhochschulen aufgebaut -
einerseits durch Mittelbauzuwächse; andererseits aber auch dadurch, dass etliche Fachhochschulen neu gegründet wurden.
Aufgrund der Datenverfügbarkeit werden meist nur Zahlen zu Universitäten oder Hochschulen insgesamt genannt, nicht
jedoch separat zu Fachhochschulen.
10
Über vier Fünftel der Promovierenden sehen als längerfristiges berufliches Ziel ihrer Qualifikation nicht die Professur (und
nur dafür ist eine Promotion zwingende Voraussetzung), sondern die Mehrheit sieht sich in einer Tätigkeit in der Wirtschaft
(67%) oder in der Wissenschaft jenseits der Professur (19%); selbst über die Hälfte der Promovierten sieht dies so (vgl.
Krempkow u.a. 2016, S. 32, ähnlich auch spätere Studien wie z. B. NACAPS, die am 27.02.2020 erste Ergebnisse
veröffentlichte: https://nacaps-datenportal.de/indikatoren/E1.html, sowie …E2.html).
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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Im März und April 2020 ist angesichts des Shut-down der Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland
im Zusammenhang mit dem Corona-Virus das Befristungsthema nun erneut aufgeflammt.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) teilte hierzu nach Forderungen u.a. von Nachwuchs-
forschenden- und Mittelbau-Initiativen im April mit, dass das WissZeitVG um eine zeitlich befristete
Übergangsregelung ergänzt wird: "Beschäftigungsverhältnisse zur Qualifizierung, die zwischen dem 1.
März 2020 und dem 30. September 2020 bestehen, können zusätzlich um sechs Monate verlängert
werden.", heißt es auf der Webseite des BMBF (2020, S. 2). Arbeitstitel ist „Wissenschafts- und
Studierendenunterstützungsgesetz“ (Bundestags-Drs. 19/18699), welches im Mai vom Bundestag
beschlossen wurde. Dadurch hätten die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen als Arbeitgeber
die Möglichkeit, die Arbeitsverträge etwa für Promovierende und Habilitanden über die bisherigen
Höchstbefristungsgrenzen hinaus fortzusetzen. Ähnlich gilt dies auch, wenn sich ein Forschungsprojekt
aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation verzögert (vgl. ebd.). Nach Wiarda (2020, S. 7) hatte sich
der Deutsche Hochschulverband (DHV) im Vorfeld ebenfalls für eine Änderung, und gegen eine
Abschaffung des Befristungsrechts für die Wissenschaft ausgesprochen: "Die stetige personelle
Erneuerung ist das Schwungrad der Wissenschaft. Wer Universitäten zerstören will, muss nur alle
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Promotion bis zur Altersgrenze unbefristet
beschäftigen." Angesichts prekärer Arbeitsbedingungen vieler Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler gelte umgekehrt aber auch, so DHV-Präsident Bernhard Kempen: "Wer Universitäten
zerstören will, muss nur alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Promotion bis zur
Altersgrenze auf aneinandergereihten befristeten Stellen beschäftigen." Das eigentliche Problem sehe
der DHV in der "Fetischisierung von Drittmitteln" und ihrer "staatlich prämierte(n) Förderung als
wissenschaftliches Leistungskriterium bei gleichzeitiger chronischer Vernachlässigung der
Grundfinanzierung" (ebd., S. 8).
1.2 Befristung bei wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen
Zur Argumentation des DHV gibt es Zahlen im BuWiN, wonach die Zunahme des Befristungsanteils
jedenfalls nicht allein auf Drittmittel zurückgeführt werden kann: Zwar liege es laut BuWiN (2017, S.
29) tendenziell auch an einer Zunahme des drittmittelfinanzierten Personals, da Drittmittel in der Regel
für zeitlich begrenzte Projekte gewährt werden. Denn wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, die über
Drittmittel finanziert werden, sind häufiger befristet beschäftigt. Allerdings ist auch der
Befristungsanteil der über Grundmittel finanzierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit dem Jahr
2000 gestiegen (vgl. ebd.). Hinzuzufügen ist, dass der Befristungsanteil schneller stieg als die
Drittmittel. Zudem fokussierte die „sehr kritische Diskussion bezüglich der Arbeits- und
Beschäftigungsbedingungen“ als einen der Hauptkritikpunkte auch nicht allein den hohen Anteil bei
Promovierenden oder Drittmittelbeschäftigten, sondern insgesamt den sehr hohen Anteil an
wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Hochschulen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen, die befristet beschäftigt sind (BuWiN 2017, S. 60). Wie bereits im BuWiN
(2013, S. 184) dargestellt, ist der Befristungsanteil bei angestellten wissenschaftlichen
Mitarbeiter*innen an Universitäten im Zeitverlauf ebenfalls deutlich gestiegen: Im Jahr 2005 betrug
der Anteil 80%, 2010 bereits 90%. Er ist seitdem bis 2018 nicht gesunken.
11
11
Die Erhöhung der Befristung von zehn Prozentpunkten entspricht der Erhöhung für die gesamten wissenschaftlichen
Mitarbeiter*innen an den Universitäten und vergleichbaren Hochschulen, jedoch auf einem etwas höheren Niveau. In
Gassmann (2020, S. 61) findet sich eine Fortschreibung der auf bundesamtlichen Daten basierenden Zeitreihe nach derselben
Systematik wie im BuWiN; demnach betrug der Befristungsanteil 90% bzw. zuletzt 89%. Damit zeige sich kein Effekt der
letzten Änderung des WissZeitVG 2016, da der Rückgang von einem Prozentpunkt nicht als Einfluss bewertet werden könne.
Jedoch sei ebenfalls, wie zuvor, eine Erhöhung wie nach der Einführung des WissZeitVG zu erkennen; von 2007 bis 2008
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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Abb. 1: Entwicklung der Befristungsanteile in Deutschland (eigene Darstellung, Daten: Stat. Bundesamt)
Hier gälte es also zu prüfen, inwieweit in befristeten Stellen, die mit der Begründung einer
wissenschaftlichen Qualifikation befristet sind, tatsächlich wissenschaftliche Qualifikationen erfolgen
(können). Insgesamt wäre für künftige Analysen v.a. bei Postdocs eine noch klarere Definition hilfreich,
welche Personengruppen genau zum wissenschaftlichen Nachwuchs gehören und welche Art von
Qualifikationen hierfür herangezogen werden sollen.
12
Im BuWiN (2017, S. 60) heißt es zu diesem
Thema: „Insbesondere wird die Tatsache kritisch gesehen, dass ein unbefristetes
Beschäftigungsverhältnis nicht nur für Promovierende, sondern auch für Promovierte an Hochschulen
und außeruniversitären Forschungseinrichtungen die Ausnahme darstellt.“
2. Vertragslaufzeiten
Der BuWiN (2017) verweist darauf, dass die Datenlage zu den Vertragslaufzeiten eingeschränkt sei. So
heißt es dort (ebd., S. 30): Die bislang umfassendste, aber nicht repräsentative Studie zeigt, dass 53%
aller Arbeitsverträge (Neuverträge und Folgeverträge) mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern an Hochschulen und 50% an außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine Laufzeit
von unter einem Jahr haben. (vgl. auch Jongmanns 2011). Kurze Vertragslaufzeiten gebe es aber nicht
nur beim wissenschaftlichen Nachwuchs: Vergleichsdaten aus dem Mikrozensus 2011 weisen aus,
dass 42% aller befristet Beschäftigten mit Hochschulabschluss eine Vertragslaufzeit von unter einem
Jahr haben.
13
(BuWiN 2017, S. 30).
erhöhte sich der Befristungsanteil um vier Prozentpunkte. Demnach nutzten die Universitäten die Befristungsmöglichkeiten
des WissZeitVG ab 2007 (vgl. Gassmann 2020, S. 62). Kritisch ist hierzu anzumerken, dass es sich lediglich um einen zeitlichen
Zusammenhang handelt, der zwar eine Kausalvermutung nahelegt, dies jedoch nicht zweifelsfrei empirisch belegen kann.
Auch andere Faktoren wie die bereits erwähnte verstärkte Drittmittelfinanzierung können mit eine Rolle gespielt haben.
12
Die derzeit im BuWiN (2017, S. 65f) verwendete Vorgehensweise erweist sich letztlich als z.T. tautologisch: Denn einerseits
wird eine wiss. Qualifizierung als Definitionsmerkmal verwendet, andererseits heißt es in Bezug auf die Postdoc-Phase:
„Befristung und Altersgrenze sollen bei der Operationalisierung sicherstellen, dass auch tatsächlich ein Qualifizierungsziel
verfolgt wird.“ (ebd., S. 69); damit wird die Befristung selbst zu einem Merkmal für die Eingrenzung des wiss. Nachwuchs.
13
Im BuWiN wird an dieser Stelle zwar darauf hingewiesen: „Allerdings wird der wissenschaftliche Nachwuchs an
Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Regel nicht auf Basis des Teilzeit- und
Befristungsgesetzes (TzBfG), sondern auf Grundlage des WissZeitVG befristet. Dadurch sind prinzipiell deutlich längere
Befristungsdauern mit Sequenzen von aufeinanderfolgenden Zeitverträgen an einer oder mehreren Einrichtungen möglich.“
An anderer Stelle wird im BuWiN (z.B. 2017, S. 59) jedoch auch thematisiert, welche Anforderungen mit permanenten
80 83 84
88 88 90 90 90 90 90 90 90 89 89
86
93
93
50
75
100
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Entwicklung der Befristungsanteile in Deutschland
Angestellte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten
Wiss. Nachwuchs: Hauptberufl. wiss. Personal (ohne Prof.) unter 45 Jahren an Hochschulen
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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Demnach kann die Argumentation in der Bayreuther Erklärung (vgl. Vereinigung der Kanzlerinnen und
Kanzler der Universitäten Deutschlands 2019),
14
es gehe darum, die ständige Fluktuation der
Nachwuchsforschenden zu gewährleisten und im Interesse künftiger Nachwuchsforschender eine
befürchtete Verstopfung des Systems zu vermeiden, diese Situation allein nicht erklären. Ebenso wenig
gilt dies für die neben dem Erhalt geforderte Entwicklung von Befristungsmöglichkeiten für
wissenschaftliche Mitarbeiter*innen (ebd.). Dies sehen viele Wissenschaftsvertreter*innen anders,
wie z. B. die Hochschulrektorenkonferenz HRK, aber auch das Nachwuchsforschenden-Netzwerk
THESIS, sowie bereits in früheren Jahren der Wissenschaftsrat (2014) und die Expertenkommission
Forschung und Innovation der Bundesregierung EFI (2016). THESIS z.B. kritisiert, dass die
Kanzlerinnen und Kanzler ihre Aufgabe einseitig interpretieren. Zwar sei eine nachhaltige Finanzierung
der Hochschulen unstrittig notwendig, und die Ausbildung von wissenschaftlichem Personal eine der
wichtigen Säulen der Aufgaben der Universitäten. Aber letzteres greife eindeutig zu kurz, denn der
Auftrag der deutschen Universitäten sei es nicht nur, wissenschaftliches Personal auszubilden (vgl.
THESIS 2019).
15
Das BMBF (2020, S. 3) formuliert zur Begründung der letzten Änderung des
Wissenschaftszeitvertragsgesetz mit Wirkung zum 17.03.2016: „Der Anteil an kurzzeitigen befristeten
Beschäftigungen hatte zuvor ein nicht mehr zu vertretendes Maß erreicht, so dass die Bundesregierung
eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorangetrieben hat, welche die notwendigen
Aktivitäten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen selbst zur Verbesserung der Bedingungen
für den wissenschaftlichen Nachwuchs flankiert.
Inwieweit dies gelungen ist, soll gemäß Bundestagsbeschluss eine Evaluation feststellen; deren
Ergebnisse werden jedoch wie eingangs erwähnt erst „voraussichtlich im Frühjahr 2022 der
Öffentlichkeit präsentiert“ (BMBF 2020; S. 3). Daher hat die Max-Träger-Stiftung (die der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft nahesteht), eine „erste Evaluation des WissZeitVG“ beauftragt, die im
März 2020 aktuelle Zahlen insbesondere zu Vertragslaufzeiten vorlegte (vgl. Gassmann 2020).
Demnach verlängerte sich die statistische Laufzeit der befristeten Verträge seit Inkrafttreten der
Novelle des WissZeitVG im Jahr 2016 von durchschnittliche 24
16
auf 28 Monate. Dabei wurden
allerdings nur Erstverträge einbezogen, weil die Berechnungen auf eine Analyse der
Stellenausschreibungen (der Jahre 2013-2018) von Hochschulen zurückgeht. Daher sind sie nicht mit
den Zahlen der von Jongmanns (2011) veröffentlichten Evaluation zu vergleichen, denn sie erfassen
aufgrund der Methode der Analyse von Stellenausschreibungen keine Vertragsverlängerungen mit
wahrscheinlich deutlich kürzeren Vertragslaufzeiten. Nach Keller (in Gassmann 2020; S. 12) zeigen die
Zahlen, „dass die Novelle einerseits eine Wirkung hatte, die jedoch andererseits begrenzt war. Denn
berücksichtigt man die Qualifizierungszeiträume, die dem Gesetzgeber 2007 bei der Verabschiedung
Unsicherheitsempfinden und erzwungener Mobilität bis hin zur Notwendigkeit finanzieller Rücklagen (eigener, der Partner/in
oder Eltern) bei Beschäftigungsunterbrechungen resultieren.
14
Darin heißt es: „Universitäten leisten mit der akademischen Qualifizierung dringend benötigter Fachkräfte einen wichtigen
Beitrag für Gesellschaft, Wirtschaft und den öffentlichen Dienst. Das Modell befristeter Qualifizierungsphasen in den
unterschiedlichen Bildungsformaten der Universitäten ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass dieses
gesellschaftliche Ziel weiterhin erreicht werden kann. Die Befristung stellt sicher, dass Qualifizierungschancen auch den
jeweils nachfolgenden Studierendengenerationen eröffnet werden können.“ (ebd.)
15
Weiter heißt es in einer entspr. Stellungnahme: „Vielmehr haben die Universitäten in Deutschland ein Aufgabenpaket:
Lehre, Forschung und Ausbildung, d.h. zu wissenschaftlichen Entwicklungen beizutragen und den Erkenntnisgewinn in den
jeweiligen Fachrichtungen voranzutreiben, und last but not least eine qualitativ hochwertige Hochschullehre
sicherzustellen. Um diesem Aufgabenpaket auch in Zukunft gerecht zu werden, besteht ein wachsender Bedarf an gut
ausgebildetem wissenschaftlichen Personal in den universitären und außeruniversitären Einrichtungen. Dabei gilt es,
idealerweise die für die Wissenschaft Geeignetsten (bzw. in den Worten des Wissenschaftsrates „die besten Köpfe“) zu halten
und nicht vor allem diejenigen, die es sich leisten können, im internationalen Vergleich extrem lange Phasen der
Unsicherheit und Unberechenbarkeit bis über das 40. Lebensjahrzehnt hinaus ´durchzustehen´.“ (vgl. THESIS 2019, S. 1)
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Dieser Wert entspricht auch dem für 2013/14 angegebenen im BuWiN (2017, S. 133).
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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des Gesetzes vor Augen standen sechs Jahre vor der Promotion und weitere sechs Jahre nach der
Promotion so ist eine Vertragslaufzeit von nicht einmal zweieinhalb Jahren immer noch weit von
diesen entfernt.Hierzu ist allerdings einschränkend anzumerken: Erstens reicht die Datenbasis von
Gassmann nur für eine erste Trendanalyse, und noch nicht für eine umfassende Bewertung. Zweitens
ist zu berücksichtigen, dass viele Drittmittelprojekte (z.B. des BMBF und der DFG) und daher auch mit
diesen verbundene Qualifikationsstellen eine maximale Laufzeit von drei Jahren haben, nur selten
auch einmal vier Jahre oder länger. Hier sollten daher noch umfassendere empirische Analysen
erfolgen, die so ist zu hoffen auch mit Studien für den nächsten BuWiN erarbeitet werden, und
2021 öffentlich verfügbar sind.
3. Planbarkeit, Berechenbarkeit und Transparenz der Berufsperspektiven in der Wissenschaft
Zum Thema Planbarkeit der Berufsperspektiven heißt es im BuWiN (2017, S. 58): In der öffentlichen
Diskussion der vergangenen Jahre sind die (mangelnde) Planbarkeit einer akademischen Karriere sowie
die (unsicheren) Karriereperspektiven insbesondere von Post-docs an Hochschulen und außer-
universitären Forschungseinrichtungen in den Mittelpunkt gerückt.
17
In zahlreichen Stellungnahmen
und Beiträgen unterschiedlicher Akteure wird vor allem die sogenannte Flaschenhalsproblematik
thematisiert: Demnach steht einer großen Anzahl an Nachwuchswissenschaftlerinnen
und -wissenschaftlern eine vergleichsweise geringe Zahl vakanter oder frei werdender Professuren
gegenüber.Im BuWiN gibt es bislang keine differenzierten Berechnungen der in den einzelnen
Fächerkulturen sehr unterschiedlichen Berufungschancen.
18
Da dies aber eine wesentliche Grundlage
für eine bessere Transparenz und realistische Chancen-Einschätzung ist, wird am Schluss dieses
Abschnittes ein solcher Ansatz anhand des Hinzuziehens weiterer verfügbarer Daten kurz vorgestellt.
Zunächst sind aber noch weitere kritische Aspekte zu nennen. Denn hinzu kommt nicht nur die stark
gestiegene Anzahl der Nachwuchsforschenden (siehe auch weiter oben die Ausführungen im 1.
Gliederungspunkt) und diese ist deutlich stärker gestiegen als die Zahl der Professuren und der
weiteren unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse. Vielmehr gibt es noch vier weitere im BuWiN als
kritisch eingeschätzte zentrale Aspekte zur Planbarkeit und Transparenz: Erstens resultiere aus der
Gleichzeitigkeit bereits etablierter (Habilitation) und neuer Zugangswege (v.a. Juniorprofessur,
Nachwuchsgruppenleitung oder anderweitig erbrachte habilitationsadäquate Leistungen) eine
gewisse Unübersichtlichkeit, „die nur schwer zu durchdringen und international kaum zu vermitteln
ist. Zweitens erfolge die Berufung in Deutschland erst spät im Lebens- und Karriereverlauf. Drittens
herrsche eine vergleichsweise geringe Transparenz bei den Berufungsverfahren (was sich
17
Darüber hinaus geht es im BuWiN (2017, S. 60) in Bezug auf die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen noch um drei
weitere Themenfelder zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses, die hier aber aus Platzgründen nicht fokussiert
werden: Erstens ist dies die Frage eines angemessenen Einkommens in der Hochschule, insbesondere in Bezug auf
Lehrbeauftragte sowie Privatdozent*innen, deren Stundenlohn unter Einberechnung der nicht vergüteten Vor- und
Nachbereitung übernommener Lehrveranstaltungen in der Regel unterhalb des Mindestlohns liege. Zweitens ist es die
besondere Situation solcher Promovierenden, die nicht in einem regulären Beschäftigungsverhältnis stehen, das heißt
insbesondere der Stipendiat*innen, die nach dem Auslaufen einer finanziellen Förderung keinen Anspruch auf
Arbeitslosengeld haben. Drittens ist es der Umstand, dass bei Nachwuchswissenschaftler*innen der Umfang der tatsächlich
geleisteten Arbeitszeiten den der vertraglich geregelten deutlich übertrifft. Aktuellere Studien größere Studien hierzu sind
nicht bekannt, allerdings ist eine weitere von der Max-Traeger-Stiftung in Arbeit zur: „Entwicklung der Arbeits- und
Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft. Eine Längsschnittanalyse (2007-18); Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.
18
Im BuWIN selbst (2017, S. 194) finden sich zwar fächerunspezifische Zahlen zu Berufungschancen. Diese zeigen für 2014
das Verhältnis von insgesamt 45.378 Bewerbungen zu insgesamt 2.007 erfolgreichen Berufungen, also eine Relation von 1:24
(oder 4%). Das Problem dieser Zahlen zu Berufungschancen ist aber, dass sie aus der Vergangenheit direkt auf die Zukunft
schließen, ohne die voraussichtlich freiwerdenden Professuren zu berücksichtigen, und ohne die Unterschiede der
Fächerkulturen zu berücksichtigen (vgl. Krempkow 2017a).
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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insbesondere für Nachwuchswissenschaftlerinnen negativ auswirke). Und viertens sei in Deutschland
die Berufung auf eine Professur an derselben Hochschule, an der die Postdoc-Phase verbracht wurde,
nur in begründeten Ausnahmefällen möglich, woraus sich insbesondere im Zusammenfallen mit der
Familiengründungsphase für viele Nachwuchsforschende ein hinderliches, sehr hohes räumliches
Mobilitätserfordernis ergibt (vgl. BuWiN 2017, S. 59). Zusammenfassend heißt es hierzu (ebd.):
Insgesamt stimmen die verschiedenen Akteure in der Problemdiagnose in hohem Maße überein, und
es wird politischer Handlungsbedarf gesehen.“ (vgl. auch WR 2004).
Ein wesentlicher Teilaspekt der Planbarkeit ist auch die (zahlenmäßige) Berechenbarkeit der
beruflichen Verbleibschancen in der Wissenschaft. Diese sind i. W. mit den Berufungschancen zu
umschreiben, da bislang kaum Entfristungsmodelle unterhalb bzw. neben der Professur an deutschen
Hochschulen vorhanden sind (vgl. Krempkow u.a. 2016, S. 54f.; für einige bereits etwas länger
bestehende Ausnahmen vgl. die Beispiele guter Praxis am Schluss dieses Beitrages). Daher folgt hier
ein Ansatz, der das diskutierte Problem der Berechnung von Berufungschancen aufgreift und dabei
auch Beispiele zur Berücksichtigung der Fächerkulturen zeigt. So ist eine fächerspezifische Näherung
zu Berufungschancen auf Basis der voraussichtlich tatsächlich frei werdenden Professuren
möglich, und zwar als Schätzung der Relation der entsprechend Vorqualifizierten (hier Promovierte
2007-2014 aus dem BuWiN (2017, S. 94) zu altersbedingt ausscheidenden Professoren 2017-2024 im
BuWiN (2017, S. 195).
19
Enger eingegrenzt wird diese Schätzung noch, indem man nur den Anteil
derjenigen Promovierten einbezieht, die 2015 angaben, eine Professur anzustreben, so aus Krempkow
u.a. (2016, S. 32). Hier zwecks Veranschaulichung zwei Rechenbeispiele zu Berufungschancen:
Rechenbeispiele zu Berufungschancen
Ingenieurwissenschaften: 21.688 (Promovierte)* 0,22 (Anteil die eine Professur anstreben) / 952
(ausscheidende Professoren) = 5,0.
=> D.h., grob geschätzt etwa jede/r 5. (oder 20%) derjenigen, die dies anstreben, hat hier
durchschnittlich eine Chance auf eine Professur.
Rechts-/Wirtschafts-/Sozialwissenschaften: 28.882 * 0,59 / 879 = 19,4.
=> D.h., grob geschätzt etwa jede/r 20. (oder 5%) derjenigen, die dies anstreben, hat hier
durchschnittlich eine Chance auf eine Professur.
Diese Rechenbeispiele für die Fächergruppen zeigen, dass die Berufungschancen (auch als Näherung)
sehr deutlich voneinander entfernt sind. Analog kann dies für weitere Fächergruppen berechnet
werden, wobei deren Werte etwa im Spektrum der Werte der obigen Beispiele liegen.
20
Als Fazit zur Planbarkeit i.S.v. Berechenbarkeit der Berufsperspektiven in der Wissenschaft lässt sich
daher formulieren: Die im BuWiN 2017 verfügbaren Zahlen zu Berufungschancen haben zwar nur
begrenzte Aussagekraft für die zukünftige Situation, aber sie ermöglichen es in Verbindung mit
weiteren Datenquellen, die Berufungschancen auch differenziert nach Fächerkulturen abzuschätzen.
Gerade deshalb sollte für eine möglichst realistische Abschätzung der Verbleibchancen im
19
Zahlen wegfallender bzw. gestrichener von den altersbedingt ausscheidenden Professoren sind nicht verfügbar. Aber es
sind erfahrungsgemäß nicht so viele, dass sie bei Betrachtung von Fächergruppen ins Gewicht fallen würden.
20
Hierbei ist es zwar möglich, dass die berechneten Quoten etwas zu positiv geschätzt sind, weil der BuWiN 2017 nur die
Promovierten der letzten acht Jahre ausweist, die altersbedingt ausscheidenden Professuren fachspezifisch aber für zehn
Jahre. Dies ändert jedoch erstens nichts an den Relationen zwischen den Fächern. Zweitens werden die Quoten
voraussichtlich positiv beeinflusst, und zwar durch das 1.000 Tenure-Track-Professuren-Programm. So dürfte sich dies
zumindest teilweise wieder ausgleichen. Die Fächerverteilung der 1.000 Tenure-Track-Professuren kann hier leider nicht
berücksichtigt werden; diese muss sich erst noch zeigen.
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
8
Wissenschaftssystem versucht werden, das Beste aus den verfügbaren Zahlen zu machen. Auf längere
Sicht sollte eine bessere Datenbasis und -aufbereitung geschaffen werden, auch für
Berufsperspektiven in der Wissenschaft jenseits der Professur, inkl. des Berufsfeldes Wissenschafts-
management.
21
Dies dürfte dann auch dabei helfen, Nachwuchsforschenden eine bewusste
Entscheidung für (oder gegen) einen dauerhaften Verbleib im Wissenschaftssystem zu ermöglichen
und letztlich, die Besten gewinnenzu helfen (vgl. hierzu ausführlicher Krempkow 2017b).
4. Leistungsselektivität und Chancengerechtigkeit
Ein wie gerade angedeutet mit der Planbarkeit zwar verwandtes, aber davon zu unterscheidendes
Thema, welches im BuWiN (2017) auch mangels zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorliegender
aktuellerer Studien nur v.a. bezogen auf Gender vorkam, ist die Leistungsselektivität und
Chancengerechtigkeit, insbesondere für am Verbleib in der Wissenschaft interessierte Promovierte.
22
Hierzu gibt es inzwischen neuere Studien, die bei diesem Thema eine besondere Dringlichkeit der
Aspekte Leistungsselektivität und Herkunftsungleichheiten nahelegen (vgl. ausführlicher Krempkow
2019, S. 28f.).
23
Angesichts in den nächsten Jahren anstehender etlicher Tenure-Entscheidungen im
Rahmen des 1.000 Tenure-Track-Professuren-Programms des Bundes und der Länder (und darüber
hinaus geschaffene Tenure-Professuren) erhält dies besondere Relevanz. Denn für Karrierewege in der
Wissenschaft könnte dies ein wichtiges positives Signal für mehr Berechenbarkeit und tatsächliche
Umsetzung des Leistungsprinzips sein.
24
Diese Signalwirkung kann aber nur entstehen, wenn die
Leistungsselektion funktioniert. Anderenfalls könnte es auch ein sehr ernüchterndes Signal sein.
Ergebnisse aus zwei aktuellen Veröffentlichungen zu diesem Aspekt werden daher hier nachfolgend
zusammengefasst.
Zentrale Ergebnisse einer jüngsten Studie zu Juniorprofessuren von Zimmer (2018) sind, dass zwar
rund drei Viertel der Juniorprofessuren den Sprung in eine unbefristete Professur schaffen,
25
weshalb
die Juniorprofessur keineswegs als gescheitert anzusehen sei. Dabei ist aber in Anlehnung an Bourdieu
(1992) für den Berufungserfolg v.a. soziales Kapital ein starker Einflussfaktor, und nicht etwa
wissenschaftliches Kapital: Wichtige Einflussfaktoren auf den Berufungserfolg sind demnach im
Einzelnen v.a. Kontakte in die Professorenschaft, und Aufenthalt(e) an Universitäten der Ivy League
(USA) oder des Golden Triangle (UK).
26
Als eigenes wissenschaftliches Kapital bzw. als
Leistungskriterien wahrgenommene Einflussfaktoren wie Zeitschriftenartikel mit Peer Review,
Drittmittelprojekte, oder Konferenzbeiträge hatten dagegen keine statistisch nachweisbaren Effekte
27
auf den Berufungserfolg (vgl. Zimmer 2018, S. 262). Wenngleich die Studie eine sehr gute
Rücklaufquote hatte (56%) und bezüglich Fächergruppenverteilung sowie Hochschultypen als der
bundesdeutschen Verteilung sehr ähnlich eingeschätzt wurde, musste sie sich aus Ressourcengründen
21
Vgl. hierzu ein aktuelles BMBF-Projekt (in URL: www.kawum-online.de).
22
Es gibt im jüngsten BuWiN (2017) durchaus Hinweise darauf. So findet u.a. die vergleichsweise geringe Transparenz bei
Berufungsverfahren kritische Erwähnung (ebd., S. 59). Dies wird jedoch nicht vertiefend diskutiert.
23
Nachfolgender Abschnitt ist eine Zusammenfassung des Beitrages, auf den hier verwiesen wird.
24
Wenngleich es rein zahlenmäßig auf die Anzahl der Hochschulen und die Anzahl in Frage kommender Nachwuchs-
forschender gerechnet nur ein Tropfen auf den heißen Stein zu sein scheint, ist die Signalwirkung nicht zu unterschätzen.
25
Zu ähnlichen Ergebnissen beim Berufungserfolg kamen frühere Studien (Burkhardt/Nickel 2015, S. 310; Bunia 2014).
26
Andere Studien zeigen, dass solche Aufenthalte an ausländischen Hochschulen insbesondere Angehörige aus höheren
sozialen Schichten in ihren Bildungsbiografien vorweisen können, womit dies keineswegs umstandslos als Signal für
besondere Leistungsfähigkeit gelten kann (vgl. Jaksztat 2018). Darüber hinaus finden sich geschlechterdifferente Effekte der
Elternschaft auf das Mobilitätsverhalten (vgl. ebd.) dahingehend, dass Mütter seltener Auslandsaufenthalte haben.
27
Darüber hinaus finden sich in einzelnen Fächergruppen teilweise etwas abweichende Ergebnisse, was auch hier auf eine
starke fachkulturelle Prägung hindeutet (vgl. ausführlicher Zimmer 2018).
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
9
auf drei Bundesländer beschränken (Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland) und sparte
Exzellenzuniversitäten aus. Letzteres ist für das hier beleuchtete Thema besonders bedauerlich,
schließlich wäre bei Exzellenzuniversitäten eine noch stärkere soziale Selektivität zu vermuten (vgl. z.
B. Krempkow 2015).
Dass es nur eine "Kinderkrankheit" der Juniorprofessur ist, kann kaum als zutreffend angenommen
werden. Denn die Ergebnisse bzgl. Leistungsselektion vs. anderen Einflussfaktoren decken sich in ihrer
Grundtendenz auch mit anderen jüngeren Analysen. Demnach ist der Zugang zur Professur insgesamt
nach den bisher vorliegenden über mehrere Jahrzehnte vergleichbaren Ergebnissen so sozial selektiv
wie noch nie in den letzten 50 Jahren. Hierbei ist die Juniorprofessur allerdings im Vergleich besonders
sozial selektiv (vgl. Möller 2018, S. 266, 269). Leider bezieht sich deren Studie zwar auf das größte
Bundesland Deutschlands, NRW, aber nur auf eines von 16. Aktuelle bundesweite Studien, die über
einzelne Fächer hinausgehen, sind nicht verfügbar.
Eine starke soziale Selektivität ist nach den verfügbaren Informationen aber im deutschen
Hochschulsystem insgesamt weit verbreitet und nicht auf den Zugang zur Professur beschränkt,
wenngleich für das Studium in den letzten Jahrzehnten eine gewisse soziale Öffnung festzustellen war.
Vielmehr zieht sich die soziale Imbalance in unterschiedlicher Ausprägung durch alle Qualifikations-
stufen des deutschen Bildungs- und Hochschulsystems. Dies zeigte zuletzt bundesweit der Hochschul-
Bildungs-Report 2017/18 des Stifterverbandes (Dauchert u. a. 2017). Danach hat ein Akademikerkind
von der Grundschule an über alle Qualifikationsstufen hinweg gesehen etwa dreimal so hohe Chancen
auf einen Bachelor und sogar zehnmal so hohe Chancen eine Promotion abzuschließen, wie ein
Nichtakademikerkind. Beim Zugang zur Professur ist die Chance von Akademikerkindern dann nach
Möller (2018, S. 266) noch einmal vierfach höher. Möller (2018, S. 266) kam zudem im Zeitvergleich zu
dem Schluss, dass sich nicht nur der Zugang zur Professur, sondern auch der Zugang zur Promotion für
untere Sozialschichten im zuletzt betrachteten Jahrzehnt spürbar verengt hat.
28
Sie sieht hier auch
einen Zusammenhang mit der zeitgleich stattgefundenen "Prekarisierung" der Beschäftigungs-
bedingungen in der Wissenschaft.
5. Beispiele guter Praxis und Gestaltungsmöglichkeiten
Nachfolgend werden einige ausgewählte Beispiele anderer Länder oder Hochschulen aufgeführt, die
Beispiele guter Praxis oder zumindest Anhaltspunkte für eine intensivere Befassung damit als
potenzielle Beispiele guter Praxis sein können. Hierbei geht es eher darum, Gestaltungsmöglichkeiten
aufzuzeigen; eine ausführliche Erörterung muss eigenständigen Beiträgen dazu vorbehalten bleiben.
Befristungsanteile in anderen Industrienationen Europas deutlich niedriger: In der deutschen
Diskussion wird oft vergessen, dass die Befristungsanteile in anderen Industrienationen Europas, wie
zum Beispiel den Niederlanden (mit 40 Prozent) oder Norwegen (mit 50 Prozent) in Lehre und
Forschung deutlich niedriger sind (vgl. Höhle 2015, S. 5), und dies dort keineswegs mit einer geringeren
wissenschaftlichen Produktivität oder einer Verstopfung des Wissenschaftssystems einhergeht.
Ähnlich gilt dies auch z. B. für Großbritannien, Irland und Polen, in denen maximal die Hälfte des
28
Zu ähnlichen Ergebnissen, dass die Herkunftsungleichheiten analog den geschlechtsbezogenen Ungleichheiten beim
Promotionsübergang in den letzten Jahrzehnten zunahmen, kam auch Jaksztat (2018) anhand einer Analyse von sechs
Kohorten eines Absolventenpanels sowie weitere dort zitierte Analysen.
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
10
wissenschaftlichen Nachwuchses befristete (Kurzzeit-)Verträge hat (vgl. Ates/Brechelmacher 2013).
29
Eine systematische Diskussion der Erfahrungen in diesen Ländern i.S. von Beispielen guter Praxis fand
allerdings bisher kaum statt.
Große Bundesländer-Unterschiede zeigen Gestaltungsmöglichkeiten auf: Zwischen den deutschen
Bundesländern betragen die Differenzen der Befristungsanteile bis zu elf Prozentpunkte (vgl.
Gassmann 2020, S. 63), also mehr als die Differenz zur Änderung des WissZeitVG 2007. Dies zeigt, dass
auch innerhalb Deutschlands unter denselben rechtlichen Bedingungen und bei ähnlichen Drittmittel-
finanzierungen deutlich unterschiedliche Befristungsanteile existieren.
30
Winter (i.d.H.) wirft im
Zusammenhang mit der Suche nach Ursachen (und damit potenziell Gestaltungsmöglichkeiten)
prekärer Beschäftigungsverhältnisse auch die Frage auf, ob neben dem Faktor Finanzierung die
gestiegene Hochschulautonomie mitschuldig ist. Denn die gestiegene Eigenverantwortung heiße (v.a.
für Hochschulleitungen), „Risiken zu minimieren und Ausgaben zu reduzieren. In diesem Kontext wird
nichts mehr gefürchtet, als Dauerausgaben, die nicht dauerhaft finanziert sind.“ (ebd.) Dies entspricht
auch der Forderung der Bayreuther Erklärung für „eine nachhaltige Finanzierung der Universitäten
zum Erhalt und zur Förderung verlässlicher und planbarer Qualifizierungschancen der nächsten
Generationen“. Verdichtet man dies zur These „Je mehr Hochschulautonomie, desto mehr Befristung“
und vergleicht die Entwicklung der Hochschulautonomie in den einzelnen Bundesländern
31
und die
ihrer Befristungsanteile im gleichen Zeitraum, so lässt sich bei Ländern mit überdurchschnittlicher
Steigerung der Hochschulautonomie seit 2005 anders als zu erwarten wäre nicht zugleich ein
überdurchschnittlicher Anstieg der Befristungsanteile feststellen.
32
Dies mag möglicherweise daran
liegen, dass die Zusammenhänge komplexer und andere Aspekte wichtig(er) sind als hier zunächst
unterstellt und sie deshalb hier nicht empirisch bestätigt werden konnten.
33
Aber wenn die kritische
Analyse und Ursachenzuschreibung zutrifft (was ja mit der Nicht-Bestätigung auch noch nicht widerlegt
ist), steckt darin ein optimistischer Kern: Das hieße nämlich zugleich: Dann ließen sich mit
verbindlichen Zusagen längerfristiger Finanzierungsicherheit künftig stärker Programme zur
Entfristung verbinden (wie auch im Hochschulpakt-Nachfolgeprogramm angedacht).
34
Senkung des Befristungsanteils auf durchschnittlich ca. 60% ist Wunsch der Hochschulen: Eine
Senkung des Anteils an befristeten Stellen forderten in den vergangenen Jahren wie erwähnt u.a. der
Wissenschaftsrat (2014), die Hochschulrektorenkonferenz (2015) und die EFI (2016). Selbst in der HRK
hält man 70% Befristungsquote als Richtwert für angemessen (vgl. Piorkowski 2019, S. 7). Dies ist aber
29
Allerdings geht dies in mehreren Ländern mit einer stärkeren (Leistungs-)Selektivität beim Zugang zur Promotion und damit
einer früheren Auseinandersetzung mit den beruflichen Chancen im Wissenschaftssystem und einer früheren bewussten
Entscheidung dafür oder dagegen einher, was aber auch für Deutschland bereits häufiger empfohlen wurde.
30
Der Maßstab sollte allerdings auch hier wie in anderen Bereichen immer wieder betont die internationale
Wettbewerbsfähigkeit sein, welche insbes. für die Rekrutierung von geeigneten Promovierten in den letzten Jahren immer
wieder und verstärkt in Frage gestellt wurde (vgl. z. B. Johann/Neufeld 2018).
31
Vgl. hierzu die Übersicht (Abbildung 2) in Krempkow (2017).
32
Auch die Entwicklung der Hochschulfinanzen gibt keinen Anlass zur Vermutung, dass diese direkt mit dem Anstieg der
Befristungsanteile zusammenhängt. Vielmehr stellt sich vor allem in den östlichen Bundesländern (ohne Berlin) die Lage der
Hochschulfinanzen besonders schwierig dar. So blieb die Entwicklung der Hochschuleinnahmen insgesamt nach einer Analyse
auf Basis der amtlichen Hochschulstatistik in den Jahren 2005 bis 2015 in allen betreffenden vier Bundesländern deutlich
hinter der fast aller anderen Bundesländer zurück. Lediglich Bremen hatte eine noch ungünstigere Entwicklung (vgl.
Dohmen/Krempkow 2014; S. 25f.; Dohmen/Wrobel 2018, S. 115).
33
So kommt Höhle (2019; S. 16) in einer empirischen Analyse der Befristungen in 20 Staaten zum Ergebnis, dass sie sich am
besten durch die universitären Strukturen vorhersagen lasse. Das Hauptstrukturierungsmerkmal bildet die Forschungs-
intensität an Universitäten: Je höher der Anteil der überwiegend mit Forschung beschäftigten, desto höher ist der
Befristungsanteil. (…) Befristung dient dabei nicht nur dazu, Qualifikation und Innovation zu ermöglichen, sondern auch als
ein Instrument des Wettbewerbs und der Selektion.
34
Dies gilt darüber hinaus auch für die z.T. bereits zur Vermeidung zu großer Finanzierungschwankungen erfolgende
Gewährung von Kappungsgrenzen bei Leistungsorientierten Mittelvergabemodellen (vgl. z.B. Krempkow/Landrock 2013).
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
11
nicht nur der Wunsch von Vertretungen der Wissenschaftspolitik. Vielmehr ist eine moderate und
zugleich spürbare Senkung des Befristungsanteils auf durchschnittlich 62% (im Bereich der Forschung)
und 58% (im Bereich der Lehre) das Ergebnis einer bundesweiten Befragung von Hochschulen, wie die
letzte Erhebung des Stifterverbandes zur Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs
zeigte (vgl. Krempkow u. a. 2016, S. 56). Dies entspräche auch zugleich noch der Forderung der
Universitätskanzler*innen, dass die Zahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse für
wissenschaftliches Personal überwiegt (Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten
Deutschlands 2019). Hier könnte möglicherweise eine Förderung von (Pilotprojekten an) Hochschulen
für Entfristungen von Stellen auch jenseits der Professur, z. B. ähnlich dem Bund-Länder-Programm für
Tenure-Track-Professuren, wichtige Impulse geben. Als Good-Practice-Beispiele für Karrierewege in
der Wissenschaft und im Wissenschaftsmanagement, die mehr Berechenbarkeit und wieder mehr
Meritokratie bringen könnten, sind neben dem bekannten Faculty Tenure Track der TU München das
Karrierewegemodell der RWTH Aachen zu nennen, sowie jüngst das Modell der "multiplen
Karrierepfade" der TU Berlin.
35
Gassmann (2020, S. 99) weist zudem darauf hin, dass an weiteren
Hochschulen Dauerstellenkonzepte oder Benchmarkings für Befristungsquoten diskutiert werden.
Einige Autoren fordern nicht nur eine vorausschauende Organisation und eine nach allgemeingültigen
Regeln erfolgende, faire und transparente Entscheidung über Entfristungen. Vielmehr brauche es auch
Ombudsstellen auf Landesebene mit geregelten Handlungsmöglichkeiten bei Verstößen (vgl.
Richter/Weizsäcker 2019, S. 17).
Entfristungen auch aus befristeten Mitteln planbar: Oft wird betont, dass eine Verringerung des
Anteils befristeter Stellen aus Drittmittel- und Projektfinanzierung nicht möglich sei. Dagegen hat
Stricker (2018) die Gestaltungsspielräume als Dekan hervorgehoben, die z. B. der Fachbereich
Sozialwesen an der Fachhochschule Bielefeld in den vergangenen Jahren intensiv genutzt hat. Durch
Kenntnis und Berücksichtigung der Altersstruktur des gegebenen Personals und professionelles
Personalmanagement war es möglich, acht unbefristete Professuren aus Hochschulpakt- und
Landesmitteln zu schaffen (vgl. Stricker 2018; S. 7). Die neue personelle Situation habe auch der
Forschung am Fachbereich wichtige Impulse gegeben. Dies zeigt, dass hier erhebliche
Gestaltungsspielräume bestehen, die bisher oft noch ungenutzt blieben (vgl. auch WR 2014, S. 56).
Leistungsselektivität und Chancengerechtigkeit fördern: Über attraktive Karrierewege hinaus die
Voraussetzung für ein breites Rekrutierungspotential zwecks "Bestenauswahl" sind wäre für eine
systematische Personalauswahl zur besseren Ausgewogenheit von Meritokratie und persönlicher
Passung noch Einiges zu tun (vgl. z.B. Peus u.a. 2015; Kanning 2017; Becker 2019). Mit
transparent(er)en Verfahren und Kriterien für die Entfristung von Tenure-Track-Professuren, wie sie
2019 auch an der Humboldt-Universität zu Berlin vom Senat beschlossen wurden, wäre ein wichtiger
Schritt dafür getan. Dies kann dazu beitragen, dass es zukünftig bei Tenure-Track-Professuren
meritokratischer funktioniert als bisher bundesweit bei den Juniorprofessuren (die bislang meist ohne
echten Tenure-Track auskommen müssen vgl. Krempkow u.a. 2016). Auch bzgl. sozialer Selektivität
ist es keineswegs so, dass diese im deutschen Wissenschaftssystem quasi naturgegeben und
unbeeinflussbar wäre, wie international zahlreiche diesbezüglich besser dastehende Länder zeigen,
und wie auch vereinzelte Erfolge in Deutschland zeigten (vgl. hierzu Möller 2018, S. 266).
36
35
Für eine Vorstellung und vergleichende Einordnung des TU-Berlin-Modells zu dem der RWTH Aachen vgl. Krempkow (2018).
36
Dass es möglich ist, zu mehr Chancengerechtigkeit zu kommen, zeigt auch die langsame, aber stetige Erhöhung des
Frauenanteils an Professuren, die u.a. auf das Professorinnenprogramm zurückgeführt wird. Dass allerdings nach den letzten
Analysen wie beschrieben die soziale Selektivität gestiegen ist, könnte als nicht intendierter Nebeneffekt angesehen werden,
der nun erhöhter Aufmerksamkeit und der Nachsteuerung bedarf. Zudem gibt es Aspekte der Chancengerechtigkeit, wo sich
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
12
Möglicherweise kommt man zu der Einschätzung, dass eine stärkere Leistungsselektion nicht
umsetzbar ist, entweder weil die Leistungsunterschiede so gering sind, dass sie nicht als
Auswahlkriterium taugen (oder weil es wissenschaftspolitisch keine Mehrheiten findet, nicht
umsetzbar erscheint). Dann gäbe es grundsätzlich auch noch eine andere Möglichkeit, zu einem fairen,
nicht sozial selektiven Auswahlverfahren und wenigsten von der statistischen Chance her gegebenen
Berechenbarkeit zu kommen: In diesem Fall wäre ein statistisches Zufallsauswahlverfahren unter allen
entsprechend geeigneten Vorqualifizierten wahrscheinlich ein geeignetes Instrument, welches wenn
schon keine Leistungsselektivität umsetzbar erscheint zumindest soziale Schieflagen im
Auswahlverfahren von vornherein in jeder Hinsicht vermeiden, sowie Diversität und
Chancengleichheit fördern könnte.
37
Die Volkswagen-Stiftung hat hierzu ihre „Experiment“-
Förderung
38
aufgelegt, womit sie ein solches Zufallsverfahren unter allen Geeigneten erstmals in
Deutschland testet und derzeit auch wissenschaftlich evaluieren lässt.
Systematische Analysen über Beschäftigungssituation hinaus, auch für Maßnahmen/Programme:
Als Desiderat für künftige Analysen soll hier außerdem formuliert werden, dass mit systematischen
bundesweiten Analysen voraussichtlich nicht nur für die Beschäftigungssituation wichtige Hinweise für
Gestaltungsmöglichkeiten in Richtung Planbarkeit und Berechenbarkeit möglich wären, sondern
längerfristig auch für (Maßnahmen und Programme zur Verbesserung der Situation der) Leistungs- und
sozialen Selektivität beim Zugang zur Professur. Wo bereits vorhanden, gilt dies ähnlich auch für
Entfristungen jenseits der Professur. Es wäre mit einer systematischen Begleitung von Maßnahmen
und Programmen i.S.v. Interventions- bzw. Wirkungsforschung auch für das Zusammenspiel von
Hochschulgovernance und Nachwuchsförderung zu vermuten.
39
Die bisher vorliegenden Daten sind
auch im dritten BuWiN wie in diesem Beitrag ausgeführt z.T. für eine umfassende Analyse noch
lückenhaft. Das Schließen dieser Lücken erscheint nicht nur für eine Stärkung der Planbarkeit,
Leistungsselektivität und Chancengerechtigkeit notwendig, sondern nützt letztlich auch der
Wettbewerbsfähigkeit von Wissenschaftseinrichtungen bei der Personalrekrutierung.
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Academic Profession in Europe: Findings of a Survey in Twelve Countries. The Changing Academy The Changing Academic
Profession in International Comparative Perspective 8. Dordrecht u. a.: Springer, 13-35.
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an Hochschulen. Münster/ New York: Waxmann.
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nachwuchs-an-hochschulen-verbessern-1935.html (15.04.2020).
Briedis, K. (2007): Übergänge und Erfahrungen nach dem Hochschulabschluss. Ergebnisse der HIS-Absolventenbefragung des
Jahrgangs 2005. HIS:Forum Hochschule Nr. 13/2007.
allen bisherigen Anstrengungen zum Trotz auch nach jüngsten verfügbaren Daten in über einer Dekade keine Veränderung
zeigte: Dies betrifft die Internationalität der Professuren, denn der Anteil aus dem Ausland kommender Professor*innen liegt
nach wie vor bei etwa 7% (vgl. ausführlicher hierzu Jacob/Krempkow 2020).
37
Im vergangenen Jahr erschien eine Studie, nach der Begutachtungen der Kollegen vom Fach (Peer Review) nicht
treffsicherer seien als eine Zufallsauswahl per Losentscheid (vgl. Klaus/Alamo 2019).
38
URL: www.volkswagenstiftung.de/unsere-foerderung/unser-foerderangebot-im-ueberblick/experiment (15.04.2020).
39
Bislang gab es kaum eine umfassendere und systematische Befassung mit dem Zusammenwirken von Hochschul-
governance und wissenschaftlicher Nachwuchsförderung. Zwar gab es am damaligen Institut für Forschungsinformation und
Qualitätssicherung iFQ (später aufgegangen in Abt. 2 des DZHW) bereits 2012 die Planung für ein Fünfjahrprogramm zu
diesem Thema. Während die inhaltliche Arbeit und Planung in Evaluationen des iFQ positive Bewertungen erhielten, galt dies
leider nicht für die institutsinterne Governance, weshalb die Weiterfinanzierung des Institutes durch die DFG eingestellt und
diese Planung nicht umgesetzt wurde.
Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
13
Burkhardt, A. (Hg.) (2008): Wagnis Wissenschaft. Akademische Karrierewege und das Fördersystem in Deutschland, Leipzig:
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Krempkow, R. (2020): Die Beschäftigungsbedingungen des wiss. Nachwuchses In: Fo 1+2/2020)
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Dr. René Krempkow, wiss. Referent in der Stabsstelle Qualitätsmanagement der Humboldt-Universität
zu Berlin, ehemaliger 2. Vorsitzender der Gesellschaft für Hochschulforschung und Mitautor des ersten
BuWiN (2008), E-Mail: rene.krempkow@hu-berlin.de
Article
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The article aims to determine which aspects need to be considered to operate effective and efficient talent management.Three hypotheses were formulated, which were processed with qualitative content analysis. The investigation was performed using the software MaxQDA.The following aspects have been identified as critical pillars for successful talent management: The process of talent management must be implemented holistically. It must be clear which positions in the company contribute in a particular way to the company's success and what requirements the personnel intended for this purpose must meet. Talent management should play its part both in times of recovery and in times of crisis to Always ensure the consistent availability of mission-critical workers. take advantage of the crisis to prepare for an expansion starting at the beginning of the recovery.
Article
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In vielen Ländern wird über befristete Verträge in der Wissenschaft diskutiert, in anderen Ländern dagegen stellen lange Befristungsphasen kein dominantes Problem dar. Dass der Anteil an befristeter Beschäftigung im oberen Mittelbau stark variiert, wird am Beispiel von 20 Ländern mit Daten der Projekte EUROAC und CAP gezeigt. Wie lassen sich die internationalen Unterschiede erklären? In diesem Beitrag wird ein Ansatz gewählt, nach dem es die gesellschaftlichen Strukturen – sprich ein Wissensintensiver Arbeitsmarkt und die universitären Strukturen selbst – sind, die die Länge befristeter Beschäftigung vorhersagen. In Germany, academic careers are characterized by a long phase of temporary employment and uncertain future perspectives. In other countries, in the contrary, universities are seen as safe occupational fields. How can the international differences of career structures be explained? This article is based on the assumption that academic career systems develop in an interchange with the socio economic structure in a country. Or, more specifically, temporariness at universities is influenced by the process of becoming a knowledge economy and by the research intensity of the universities themselves. Therefore, universities are part of the overall system. Aggregated data, resulting from the international university surveys EUROAC and CAP, are combined with system features from 20 countries. The analysis shows clear trends: temporariness in the upper middle tier is higher, the more knowledge-intensive a labor market is and the more research-intensive the university system itself is. Career systems that offer safe employment structures at an early stage are – with a few exceptions – teaching oriented and more likely to be found in markets with less knowledge-intensity.
Article
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Die TU Berlin hat kürzlich ein neues Konzept zur Förderung ihres wissenschaftlichen Nachwuchses beschlossen, welches "multiple Karrierepfade" zwischen Wissenschaftssystem und Wirtschaft vorsieht. Mit ihrem Nachwuchskonzept stellt die TU Berlin nach eigenen Angaben ihre Nachwuchsförderung umfassend neu auf, um auf die stark gewandelten Anforderungen aller Karrierefelder und veränderten Bedarfe, die vom wissenschaftlichen Nachwuchs formuliert werden, zu reagieren. Der im redaktionellen Teil der P-OE erschienene Kurz-Artikel stellt das Konzept zusammenfassend vor und ordnet es in ähnliche öffentlich verfügbare Konzepte ein, wobei dessen Potentiale fokussiert, aber einzelne Aspekte auch kritisch bewertet werden. (Der Beitrag erschien leicht zeitversetzt auch als Scilogs-Blogbeitrag in: https://scilogs.spektrum.de/wissenschaftssystem/multiple-karrierepfade/)
Book
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Die Studie, mit der der Deutsche Hochschulverband das FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie beauftragt hat, untersucht vergleichend die Entwicklung der Finanzen der Hochschulen und der AUF seit dem Jahr 1995 und bis 2015. Die Länge dieses Zeitraums ermöglicht eine getrennte Betrachtung der Entwicklung in den zehn Jahren vor dem Hochschulpakt bzw. dem Pakt für Forschung und Innovation und den zehn Jahren seit ihrer Einführung. Konkret werden folgende Fragestellungen beantwortet: Wie haben sich die Personalsituation, die Zahl der Studierenden und die Zahl der Publikationen in diesem Zeitraum entwickelt? In welchem Umfang gibt es Kooperationen zwischen Universitäten und Außeruniversitären Forschungseinrichtungen und in welchem Umfang hat sich das Kooperationsverhalten verändert? Wie haben sich die Einnahmen und Ausgaben der Hochschulen, und hier insbesondere der Universitäten, sowie der Außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit dem Jahr 1995 verändert? Ergänzend werden verschiedene Indikatoren gebildet die Finanzmittel und Studierenden- bzw. Publikationszahlen in Beziehung zueinander setzen, wodurch ein Vergleich zwischen beiden Arten von Einrichtungen möglich wird. Darüber hinaus wird mit Blick auf die Hochschulen insgesamt ergänzend untersucht, wie sich die lehrbezogenen Mittel einerseits und die FuE-bezogenen Mittel andererseits unterscheiden, da sich hieraus weitere Erkenntnisse gewinnen lassen. Abschließend werden die Ergebnisse vergleichend zusammengefasst und einige Implikationen bzw. Handlungsempfehlungen für die zukünftige Entwicklung abgeleitet. Die Analysen erfolgen auf der Basis von statistischen Daten, die uns in unterschiedlicher Aufbereitung und Differenzierung vom Statistischen Bundesamt sowie hinsichtlich des Publikationsgeschehens vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) zur Verfügung gestellt wurden.
Chapter
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Christina Möller untersucht in ihrem Beitrag die Effekte von sozialer Herkunft auf die Erfolgs- und Karrierebedingungen von Wissenschaftler_innen und betrachtet diesen Zusammenhang im Kontext des gegenwärtigen strukturellen Wandels in der Wissenschaft. Wie Möller belegt, lässt sich parallel zur Ausweitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft und einer steigenden Verunsicherung der Berufsperspektiven des akademischen Mittelbaus in den letzten Jahren eine soziale Schließung innerhalb der Gruppe der Professor_innen beobachten. Die erhöhte Konkurrenzsituation im Feld produziert sozialstrukturelle Ausschlüsse, die insbesondere den Nachwuchs aus hochschulfernen sozialen Klassen betreffen. Doch auch Frauen und andere marginalisierte, insbesondere mehrfach benachteiligte Gruppen sind durch die jüngeren Prozesse der Hierarchisierung und Ausdifferenzierung des wissenschaftlichen Feldes mit alten und neuen sozialen Selektionsmechanismen konfrontiert.
Article
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In diesem Beitrag wird das Thema Rekrutierung des wissenschaftlichen Nachwuchses einerseits aus institutioneller Perspektive anhand der Strategien von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen beleuchtet, auch im Vergleich zu FuE-Abteilungen der Wirtschaft. Andererseits geht es um die individuelle Perspektive der Nachwuchsforschenden anhand von (Selbst-)Selektionen. Denn nur aus dem Pool der eine (weitere) Tätigkeit in der Wissenschaft anstrebenden Personen können die Wissenschaftseinrichtungen letztlich rekrutieren. Schließlich gehe es „im Kern darum, qualifizierte Wissenschaftler auf allen Stufen der wissenschaftlichen Laufbahn zu attrahieren“ (Peus u.a. 2015, S. 4). Darüber hinaus soll untersucht werden, welche Anteile des wissenschaftlichen Nachwuchses bereits in der vorangegangenen Qualifikationsphase Mitglied der jeweiligen Einrichtung waren und welche extern rekrutiert wurden. Anhand von Ergebnissen empirischer Analysen soll letztlich der Frage nachgegangen werden, inwieweit es derzeit gelingt bzw. gelingen kann, „die Besten für die Wissenschaft zu gewinnen“, wie es u.a. der Wissenschaftsrat forderte.
Chapter
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Chapter
Personnel development is understood in business administration to be the systematic promotion of an employee’s aptitudes and abilities in preparation for future activities. Such a form of personnel development requires defined personnel structures, career paths and appropriate selection criteria for positions and provision for the acquisition of agreed-upon skills. This is still rare for academic personnel at German higher education institutions (HEI). In recent years, structures have been established at HEIs that, as a core element, have adopted measures for professional guidance and skills development. Only relatively recently, however, has another key element of human resource development been placed at the centre of the higher education policy discussion in Germany: predictable career paths. Applicants for the so-called "junior researcher pact" or “tenure-track-programme” must therefore provide evidence of personnel development in their HEI. The aim of the programme is to establish tenure-track professorship via 1,000 new professorships in the next 10 years as an internationally known and accepted career path in Germany. The Stifterverband, a joint initiative started by companies and foundations focused on consulting, networking and promoting improvements in the fields of education, science and innovation in Germany, has been working on this topic for more than a decade (e.g., Winde 2006; Briedis et al. 2013). In 2015, a survey on the personnel development of junior researchers was conducted, funded by the German Federal Ministry of Education and Research in cooperation with the German Centre for Higher Education Research Hannover (see Krempkow et al. 2016). Some key results are presented here. The first part of the chapter focuses on which developments in the past ten years have comparable indicators in HEIs. The second part focuses on a small area of personnel development, namely on the extent to which personnel structures and arrangements related to tenure-track and the establishment of permanent positions in HEIs are available and planned for the next three years. The underlying data contain responses from 150 academic institutions in Germany. The results show that human resource development for junior researchers in Germany has generally made significant progress over the past decade, although there is even more potential for development.
Hg.): The Work Situation of the Academic Profession in Europe: Findings of a Survey in Twelve Countries. The Changing Academy -The Changing Academic Profession in International Comparative Perspective 8
  • G Ates
  • A Brechelmacher
Ates, G./Brechelmacher, A. (2013): Academic Career Paths. In: Teichler, U./Höhle, E.A. (Hg.): The Work Situation of the Academic Profession in Europe: Findings of a Survey in Twelve Countries. The Changing Academy -The Changing Academic Profession in International Comparative Perspective 8. Dordrecht u. a.: Springer, 13-35.