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Wirkfaktoren personzentrierter Beziehungsgestaltung aus neurowissenschaftlicher Sicht

Authors:
  • Neurological Rehabilitation Center Quellenhof, Bad Wildbad, Germany

Abstract

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die mögliche Bedeutung neurobiologischer Prozesse bei der Entfaltung der konstruktiven Kraft personzentrierter Beziehungsgestaltung. Dies geschieht anhand von fünf Wirkfaktoren: Sicherheit, Vertrauen, interpersonelle Synchronisierung, Paraphrasierung und dialogische Er-kundung des Erlebens. Es wird gezeigt, wie diese Wirkfaktoren einen tiefgreifenden Einfluss auf das vegeta-tive Nervensystem, chemische Botenstoffe wie Oxytozin, die neuronale Koppelung, emotionsregulierende Hirnstrukturen und den interhemisphärischen Informationstransfer haben können. Dabei wird angenom-men, dass neurobiologische Prozesse in diesen Bereichen sowohl das interaktive Geschehen innerhalb der Beziehung als auch die langfristige Entwicklung der beteiligten Personen begleiten und unterstützen können. Schlüsselwörter: Lateralisierung; Neuronale Koppelung; Oxytozin; Personzentrierter Ansatz; Polyvagal-Theorie Impact factors of person-centered relationships from the perspective of neuroscience. This article provides an overview on the possible significance of neurobiological processes for the unfolding of the constructive power of person-centered relationships. This is done by using five impact factors: security, trust, interpersonal synchrony, paraphrasing and dialogical exploration of experiences. It will be demonstrated how these impact factors have a profound influence on the vegetative nervous system, neurochemicals like Oxy-tocin, neural coupling, emotion regulating neural structures, and the interhemispheric information transfer. Hereby, it is assumed that neurobiological processes in these areas may accompany and facilitate the interaction within the relationship as well as long-term development of the involved persons.
Person , Vol. , No. ,  – Copyright , Facultas Universitätsverlag, Wien
Wirkfaktoren personzentrierter Beziehungsgestaltung
aus neurowissenschalicher Sicht
Michael Lux
Neurologisches Rehabilitationszentrum Quellenhof Bad Wildbad
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die mögliche Bedeutung neurobiologischer Prozesse bei der Ent-
faltung der konstruktiven Kra personzentrierter Beziehungsgestaltung. Dies geschieht anhand von fünf
Wirkfaktoren: Sicherheit, Vertrauen, interpersonelle Synchronisierung, Paraphrasierung und dialogische Er-
kundung des Erlebens. Es wird gezeigt, wie diese Wirkfaktoren einen tiefgreifenden Einuss auf das vegeta-
tive Nervensystem, chemische Botenstoe wie Oxytozin, die neuronale Koppelung, emotionsregulierende
Hirnstrukturen und den interhemisphärischen Informationstransfer haben können. Dabei wird angenom-
men, dass neurobiologische Prozesse in diesen Bereichen sowohl das interaktive Geschehen innerhalb der
Beziehung als auch die langfristige Entwicklung der beteiligten Personen begleiten und unterstützen können.
Schlüsselwörter: Lateralisierung; Neuronale Koppelung; Oxytozin; Personzentrierter Ansatz; Polyvagal-
eorie
Impact factors of person-centered relationships from the perspective of neuroscience. is article pro-
vides an overview on the possible signicance of neurobiological processes for the unfolding of the construc-
tive power of person-centered relationships. is is done by using ve impact factors: security, trust, inter-
personal synchrony, paraphrasing and dialogical exploration of experiences. It will be demonstrated how
these impact factors have a profound inuence on the vegetative nervous system, neurochemicals like Oxy-
tocin, neural coupling, emotion regulating neural structures, and the interhemispheric information transfer.
Hereby, it is assumed that neurobiological processes in these areas may accompany and facilitate the inter-
action within the relationship as well as long-term development of the involved persons.
Keywords: lateralization; neuronal coupling; oxytocin; person-centered approach; polyvagal theory
1. Einleitung
Die Neurowissenschaen sind ein sehr dynamisches For-
schungsfeld, das durch einen schnellen Zuwachs an Erkenntnis-
sen geprägt ist. Es besteht dabei eine hohe Kompatibilität neuro-
wissenschalicher eorien und Befunde mit den theoretischen
Positionen des Personzentrierten Ansatzes (PZA). Die Verbin-
dungen zwischen den Neurowissenschaen und dem PZA rei-
chen bis in die Anfangszeit des PZA zurück, wenn man daran
denkt, dass sich Carl Rogers bei der Entwicklung des Kon-
zepts der Aktualisierungstendenz auf Gedanken des Neurolo-
gen und Gestaltpsychologen Kurt Goldstein gestützt hat. Dabei
ndet Goldsteins Werk gerade in letzter Zeit in den Neurowis-
senschaen im Zusammenhang mit dem Auf kommen einer
systemorientierten Sichtweise verstärkte Beachtung (Frisch,
). Heute lassen sich weite Teile der eorien des PZA mit
neurowissenschalichen Konzepten in Beziehung setzen. Einen
Vorschlag dazu wie dies geschehen kann wurde unter der Be-
zeichnung einer „neurowissenschalich fundierten personzen-
trierten Psychotherapie“ vorgestellt (Lux, ; ). Dabei
handelt es sich, wie bei den eorien des PZA insgesamt, um
eine oene Konzeption, die sich an neue wissenschaliche Ent-
wicklungen anpassen soll. Als eine Erweiterung dazu wurde
das Modell des Kontakt-Kreises entwickelt, in dem das inter-
aktive Geschehen im Rahmen der personzentrierten Bezie-
hungsgestaltung auf psycho-sozialer und neurobiologischer
Ebene zusammengefasst wird (Lux, ; ; ). Beto-
nen möchte ich an dieser Stelle, dass die grundlegenden Positio-
nen des PZA mittlerweile durch Forschungen in verschiedenen
wissenschalichen Disziplinen eine weitgehende Bestätigung
erfahren haben (für einen Überblick siehe Cornelius-White,
Motschnig-Pitrik & Lux, b).
Michael Lux, Neurologisches Rehabilitationszentrum Quellenhof Bad
Wildbad, Sana Kliniken AG,  Bad Wildbad, Kuranlagenallee 
E-Mail: luxbw@yahoo.de
MICHAEL LUX
Im Folgenden werden Wirkfaktoren des durch die Grund-
haltungen des einfühlenden Verstehens, der bedingungsfreien
positiven Beachtung und der Kongruenz gekennzeichneten
personzentrierten Beziehungsangebots thematisiert. Da die
personzentrierte Beziehungsgestaltung nicht nur für die Psy-
chotherapie sondern für konstruktive Beziehungen in den ver-
schiedensten Kontexten von Relevanz ist (vgl. Cornelius-White,
Motschnig-Pitrik & Lux, a), werden bei den weiteren Aus-
führungen deshalb nur dann die Begrie erapeut und Klient
verwendet, wenn explizit auf die Psychotherapie Bezug genom-
men wird. Um die Bedeutung der Zusammenhänge über die
Psychotherapie hinaus deutlich zu machen, wird stattdessen
in der Regel von der helfenden Person und deren Gegenüber
gesprochen. Es wird nachfolgend anhand von fünf Wirkfak-
toren dargestellt, welche neurobiologischen Prozesse bei der
Wirkung der personzentrierten Beziehungsgestaltung auf das
Gegenüber beteiligt sein können. Dabei wird davon ausgegan-
gen, dass diese neurobiologischen Prozesse sowohl kurzfristig
die Kommunikation innerhalb der Beziehung als auch langfris-
tig die Persönlichkeitsentwicklung der involvierten Personen
beeinussen können.
Die Wirkfaktoren lauten:
Sicherheit
Vertrauen
Interpersonelle Synchronisierung
Paraphrasierung des Erlebens
Dialogische Erkundung des Erlebens.
Diese Wirkfaktoren wurden gewählt, weil sie einerseits in der
Literatur zum PZA zu nden sind und sich anderseits neuro-
wissenschalichen eorien und Befunden zuordnen lassen.
Werden die personzentrierten Grundhaltungen in hohem Maß
von der helfenden Person verwirklicht und wird dies vom Ge-
genüber wahrgenommen, dann ist zu erwarten, dass auch die
eben postulierten Wirkfaktoren präsent sind. Ohne Zweifel
wirkt die personzentrierte Beziehungsgestaltung jedoch noch
über Wege, die durch die genannten Wirkfaktoren nicht er-
fasst werden und die sich noch lange, vielleicht auch immer,
einer naturwissenschalichen Betrachtung entziehen werden.
2. Wirkfaktor Sicherheit
Wenn einer anderen Person auf personzentrierte Weise begeg-
net wird, dann wird dieser ermöglicht, dass sie sich sicher füh-
len kann. Rogers (/) schreibt dazu: „In der emotiona-
len Wärme in der Beziehung mit dem erapeuten erfährt der
Sollte von erapeut und Klient gesprochen werden, sind damit sowohl
erapeutinnen und erapeuten als auch Klientinnen und Klienten
gemeint.
Klient ein Gefühl der Sicherheit, wenn er merkt, dass jede von
ihm ausgedrückte Einstellung fast auf die gleiche Weise ver-
standen wird, wie er sie wahrnimmt und gleichzeitig akzeptiert
wird. Er ist dann zum Beispiel im Stande, ein vages Schuldge-
fühl, das er erfahren hat, zu erforschen.“ (S. ).
In diesem Zusammenhang bieten sich Verbindungen zur
Polyvagal-eorie (Porges, ; ) an. Die Polyvagal-eo-
rie ist eine eorie des vegetativen Nervensystems. Hier wird
angenommen, dass das vegetative Nervensystem aus drei Sub-
systemen besteht, die hierarchisch miteinander verbunden sind:
Dem dorsalen Vagus-Komplex, dem sympathischen Nerven-
system und dem ventralen Vagus-Komplex. Außerdem wird
davon ausgegangen, dass unser Gehirn ständig die Bedrohlich-
keit der Situation bewertet, in der wir uns benden. Dieser als
Neurozeption bezeichnete Prozess arbeitet unbewusst, als eine
„Form des Erfassens, bei der weder Gewahrsein noch Bewusst-
sein eine Rolle spielt“ (Porges, , S. ). Je nachdem welche
Bewertung die Neurozeption liefert werden unterschiedliche
Teile des vegetativen Nervensystems aktiviert.
Angenommen werden kann, dass die Neurozeption in enger
Beziehung zu dem von Rogers (/) beschriebenen Pro-
zess der Subzeption steht, der Fähigkeit „eine Erfahrung als
bedrohlich zu erkennen, ohne dass die Bedrohung im Gewahr-
sein symbolisiert wurde“ (S. ). Die Amygdala ist dabei eine
beidseitig angelegte subkortikale Hirnstruktur, die für die Be-
wertung der Bedrohlichkeit von Reizen von Bedeutung ist und
die im weiteren Verlauf wiederholt erwähnt werden wird. Dank
einer direkten neuronalen Verbindungsbahn von den Sinnes-
organen zur Amygdala ohne Einbezug des Kortex kann die
Amygdala einen Reiz als bedrohlich bewerten und eine Ab-
wehrreaktion auslösen, ohne dass dieser Reiz im Bewusstsein
repräsentiert ist (LeDoux, ). Deshalb könnte sie eine wich-
tige Rolle bei der Neurozeption bzw. der Subzeption spielen.
Der dorsale Vagus-Komplex ist neben seiner Zuständigkeit
für den Erhalt und den Auf bau von Energiereserven auch eine
Art passives Verteidigungssystem. Er wird aktiviert, wenn die
Neurozeption meldet, dass man hilf los einer (lebens-)bedroh-
lichen Situation ausgesetzt ist, aus der kein Entkommen mög-
lich zu sein scheint. Wenn der dorsale Vagus-Komplex akti-
viert wird, stellt man sich gewissermaßen tot, man erstarrt, wird
immobil und es können Symptome der Dissoziation auf tre-
ten. Man fühlt sich ohnmächtig und kann, bedingt durch die
damit einhergehenden physiologischen Veränderungen, auch
tatsächlich ohnmächtig werden. Der dorsale Vagus-Komplex
kann z. B. in traumatischen Situationen oder auch bei einer
schweren Depression stark aktiviert sein.
Das sympathische Nervensystem kann dagegen als das ak-
tive Verteidigungssystem des Organismus betrachtet werden.
Es wird in Situationen aktiviert, die von der Neurozeption als
bedrohlich bewertet werden und in denen Kampf oder Flucht
WIRKFAKTOREN PERSONZENTRIERTER BEZIEHUNGSGESTALTUNG AUS NEUROWISSENSCHAFTLICHER SICHT
aussichtsreich erscheinen, um damit umzugehen. In solchen
Situationen mobilisiert das sympathische Nervensystem durch
die dann erfolgende Stressreaktion Energie, die helfen soll, die
Situation unter Kontrolle zu bringen. Es ist allgemein bekannt,
dass eine zu häuge und langanhaltende Aktivierung der Stress-
reaktion bei verschiedenen gesundheitlichen und sozialen Pro-
blemen in der modernen Welt beteiligt ist.
Der ventrale Vagus-Komplex, das System für soziales Enga-
gement (SSE), wird aktiviert, wenn die Neurozeption eine Si-
tuation als sicher bewertet. Das hat gleichzeitig zur Folge, dass
das sympathische Nervensystem deaktiviert wird, was mit einer
inneren Beruhigung einhergeht. Das SSE steuert neben Orga-
nen oberhalb des Zwerchfells auch Muskelgruppen in Kopf-,
Gesichts- und Halsbereich, die wichtig für die soziale Kontakt-
aufnahme sind. Es ermöglicht mittels dieser Muskelgruppen ei-
nerseits über die Mimik und die Stimme Emotionen zum Aus-
druck zu bringen, andererseits ist es aber auch, z. B. über die
Herstellung von Augenkontakt und die Identikation mensch-
licher Sprache in Hintergrundlärm, für die soziale Wahrneh-
mung von großer Bedeutung.
Durch das personzentrierte Beziehungsangebot wird dem
Gegenüber signalisiert, dass es auf echte Weise verstanden und
dabei bedingungsfrei akzeptiert wird. Wenn die andere Person
dies wahrnimmt, gibt es für sie somit keine Bedrohung durch
negative Bewertungen in dieser Situation. Vermittelt über die
dadurch erfahrene Sicherheit kann es zu einer Aktivierung des
SSE kommen. Ähnliche Überlegungen werden von Geller und
Porges () in ihrer Diskussion der Relevanz therapeutischer
Präsenz für die Aktvierung des SSE geäußert. Durch die mit
der Aktivierung des SSE verbundene Deaktivierung des sym-
pathischen Nervensystems werden Stress und Angst gemin-
dert. Außerdem wird die emotionale Ausdrucksfähigkeit ver-
bessert, was es der helfenden Person erleichtert, das Gegenüber
einfühlend zu verstehen. Gleichzeitig kommt es auch zu einer
Verbesserung der sozialen Wahrnehmung, wodurch die Em-
pathie, bedingungsfreie positive Beachtung und Echtheit des
Helfers besser wahrgenommen werden kann. Der psychologi-
sche Kontakt zwischen den beteiligten Personen sollte sich da-
durch intensivieren.
Wir können also durch die Art wie wir mit anderen Personen
umgehen dazu beitragen, dass bei ihnen das SSE aktiviert wird.
erapeutische Präsenz beinhaltet nach Geller und Greenberg ()
eine sensible Empfänglichkeit des erapeuten für die aktuellen Er-
fahrungen des Klienten und liegt der Verwirklichung der personzen-
trierten Beziehungsgestaltung zugrunde: „We view therapeutic pres-
ence as the necessary foundation and precondition of the relationship
conditions. erapists’ presence can be viewed as the condition of
being fully receptive in the moment, and in immediate contact with
the other’s inner experience, which then allows the relationship con-
ditions to emerge and be expressed.“ (p. ).
Man kann dabei davon ausgehen, dass dies der helfenden Per-
son besser gelingt, wenn das SSE auch bei ihr aktiviert ist, d. h.
wenn sie sich sicher fühlt und ihr Stresslevel niedrig ist. Da
-
durch wird Kontaktbereitscha nach außen signalisiert, was
Einuss auf die Kontaktbereitscha des Gegenübers hat. Dazu
passen Erfahrungen einer blinden Workshopteilnehmerin, die
im Zusammenhang mit der Diskussion der Polyvagal-eo-
rie auf eine von ihr und anderen blinden Personen gemachte
„Beobachtung“ aufmerksam machte: Danach steht die Hilfs-
bereitscha anderer Personen in engem Zusammenhang mit
ihrer eigenen psychischen Verfassung. Wenn es ihr psychisch
besonders gut gehe, würden sich andere Personen ihr gegen-
über hilfsbereiter verhalten als wenn sie sich psychisch belas-
tet fühle. Psychisches Wohlbenden geht dabei mit einer Ak-
tivierung des SSE einher, sich belastet fühlen bedeutet dagegen,
dass die Abwehrsysteme stärker aktiviert sind.
Eine Aktivierung des eigenen SSE erleichtert es also der hel-
fenden Person ihr interaktives Potential optimal auszuschöp-
fen. Relevant erscheinen in diesem Zusammenhang von Geller
und Greenberg () dargestellte Möglichkeiten zur Unter-
stützung der Verwirklichung therapeutischer Präsenz, die im
Alltag (z. B. regelmäßige Meditation) oder unmittelbar vor der
Sitzung (z. B. Freiraum schaen) durchgeführt werden können.
Sich selbst vor einem Gespräch in eine Verfassung zu bringen,
die die eigene Kontaktbereitscha optimiert, war für Rogers
von großer Bedeutung, worauf Tichy () in einer tiefgrün-
digen Darstellung dieser Zusammenhänge vor buddhistischem
Hintergrund hinweist.
3. Wirkfaktor Vertrauen
Wenn wir anderen Personen auf personzentrierte Weise be-
gegnen, wird ein Beziehungskontext hergestellt, der nicht nur
durch Sicherheit, sondern auch durch Vertrauen geprägt ist.
Vertrauen ist nach Rogers (/) von zentraler Bedeutung
im PZA: „Practice, eory, and research make it clear that the
person-centered approach is built on a basic trust in the per-
son. is is perhaps its sharpest point of dierence from most
of the institutions in our culture.“ (p. ). Die Signalisierung
von Vertrauen ist der personzentrierten Beziehungsgestaltung
inhärent, weil auf die konstruktive Wirkung der Aktualisie-
rungstendenz vertraut wird. Diese kann in jedem Menschen
zur Entfaltung kommen und ihm helfen, die Schwierigkeiten
des Lebens zu meistern. Rogers (, zitiert in O’Leary, )
hat hierbei die Beobachtung gemacht, dass Vertrauen in Bezie-
hungen eine reziproke Wirkung besitzt: „If you treat people as
if they can be trusted, they are trustworthy“ (p. ).
An der reziproken Wirkung von Vertrauen kann Oxy-
tozin beteiligt sein, ein Neuropeptid, das eine modulatorische
MICHAEL LUX
Wirkung im zentralen Nervensystem hat und auch für die Poly-
vagal-eorie von Bedeutung ist (Porges, ). Um dessen
Wirkung zu erforschen, wird es experimentell über ein Na-
senspray verabreicht. Die folgende Auswahl an Befunden ver-
mittelt ohne Anspruch auf Vollständigkeit einen Eindruck der
Relevanz von Oxytozin. Zu beachten ist dabei, dass sowohl si-
tuative als auch persönlichkeitsspezische Einüsse auf dessen
Wirkung vorhanden sind (Bartz et al., ). Oxytozin erhöht
das Vertrauen in andere Personen (Kosfeld et al., ), die Be-
reitscha zur emotionalen Önung (Lane et al., ) und zur
Mitteilung von Informationen, die wichtig für die Entschei-
dungsndung in Gruppen sind (De Wilde et al., ). Außer-
dem verstärkt es sowohl die emotionale Ausdrucksfähigkeit
(Spengler et al., ) als auch die Tendenz Augenkontakt auf-
zunehmen (Guastella, Mitchell & Dadds, ) und die emo-
tionale Empathie (Hurlemann et al., ). Zudem vermindert
es Stress (Heinrichs et al., ) und setzt die Aktivierbarkeit
der Amygdala herab (Kirsch et al., ). Bei bindungsunsi-
cheren Personen kann es zudem eine Verbesserung der Bin-
dungssicherheit bewirken (Buchheim et al., ).
Die Befunde weisen also darauf hin, dass Oxytozin das Ver-
trauen in andere Personen erhöht. Umgekehrt bewirkt die Sig-
nalisierung von Vertrauen auch, dass bei der vertrauenswürdig
behandelten Person körpereigenes Oxytozin freigesetzt wird.
Folgendes Experiment hat dies gezeigt (Zak, Kurzban & Matz-
ner, ): Ein Investor gibt eine bestimmte Geldmenge an
einen Verwalter, wobei dieser Betrag anschließend verdreifacht
wird. Der Verwalter kann nun seinerseits nach Belieben Geld
an den Investor zurückgeben. Die Menge an Geld, die der Ver-
walter an den Investor gibt, wird als ein Signal für Vertrauen
in den Verwalter angesehen. In diesem Experiment zeigte sich
nun, dass der Oxytozinspiegel des Verwalters von der Stärke
dieses Vertrauenssignals abhing. Gab der Investor mehr Geld an
den Verwalter, war der Oxytozinspiegel bei diesem höher. Inte-
ressanterweise war nicht die Geldmenge an sich von Relevanz,
sondern die Geldmenge als Vertrauenssignal. Als nämlich aus-
gelost wurde, wie viel Geld der Investor an den Verwalter geben
soll, stand der Oxytozinspiegel des Verwalters nicht in Zusam-
menhang mit der erhaltenen Geldmenge. Im Übrigen gibt ein
Verwalter dem mehr Vertrauen entgegengebracht wurde, bei
dem der Oxytozinspiegel also höher war, auch mehr Geld an
den Investor zurück und verhält sich gewissermaßen vertrau-
enswürdiger– was Carl Rogers vielleicht nicht überrascht hätte.
Auch wenn wir als Helfer einer anderen Person mit Trans-
parenz und Echtheit begegnen, wenn wir uns nicht hinter einer
professionellen Fassade verstecken, kann dies ein Zeichen von
Vertrauen sein und kann beim Gegenüber zu einer Freiset-
zung von Oxytozin führen. Damit in Einklang steht das Er-
gebnis eines Experiments von Kéri und Kiss (): Die Ver-
suchspersonen verfassten hier einen Bericht über ein neutrales
ema, der dem Untersuchungsleiter gegeben wird. Sie erhal-
ten danach eine Antwort des Untersuchungsleiters ebenfalls zu
einem neutralen ema. In der Vertrauensbedingung schrei-
ben die Versuchspersonen etwas zu einem persönlichen Ge-
heimnis und erhalten vom Untersuchungsleiter eine Antwort,
in der er sich ebenfalls zu einem Geheimnis äußert. Diese Art
des gegenseitigen Austauschs führte nun im Gegensatz zur ers-
ten Art des Austauschs zu einem Anstieg des Oxytozinspiegels
bei den Versuchspersonen. Aus meiner Sicht weist dies dar-
auf hin, dass die Selbst-Önung des Helfers, soweit es der Si-
tuation angemessen ist, bewirken kann, dass beim Gegenüber
Oxytozin ausgeschüttet wird.
Ein Workshop-Teilnehmer berichtete von einer Vorgehens-
weise bei Vorstellungsgesprächen, die damit in Zusammen-
hang stehen könnte. Um das Bauen einer Brücke zum Bewerber
zu erleichtern, haben in einem Vorstellungsgespräch anwe-
sende Führungskräe einen eigenen beruf lichen Misserfolg
erwähnt. Dies habe dazu geführt, dass sich eine veränderte
Gesprächsatmosphäre ergeben habe, in der sich die Bewer-
ber mit größerer Oenheit präsentieren konnten. Eine wissen-
schaliche Evaluation dieser Vorgehensweise einschließlich
der möglichen Bedeutung von Oxytozin wäre aus meiner Sicht
interessant.
4. Wirkfaktor Interpersonelle Synchronisierung
Ein hohes Ausmaß an zwischenmenschlicher Verbundenheit
geht in der Psychotherapie und in anderen Kontexten nach
Ansicht von Rogers (/) mit Präsenz und deren heil-
samer Wirkung auf das Gegenüber einher. Bereits bevor er den
Begri der Präsenz in seinen späteren Veröentlichungen ver-
wendet hat beschreibt er damit zusammenhängende Erfahrun-
gen und bringt sie in Verbindung mit den „tiefsten Abschnit-
ten der erapie“: „Ich lasse mich ein in die Unmittelbarkeit
der Beziehung; mein ganzer Organismus, nicht nur mein Be-
wusstsein, übernimmt die Beziehung und sensibilisiert sich
darauf hin … Das Wesen einiger der tiefsten Abschnitte der
erapie ist anscheinend eine Einheit des Erfahrens.“ (Rogers,
/, S. ). Auch in Gesprächsgruppen machte Rogers
(/) ähnliche, stark wachstumsfördernde Erfahrungen,
die er durch einen Teilnehmer gut beschrieben sah: „Ich spürte
die seelische Einheit unserer Gemeinscha. Wir atmeten ge-
meinsam, fühlten gemeinsam, ja wir sprachen sogar füreinan-
der.“ (S. ). Psycho-physiologische Prozesse scheinen sich also
in intensiven Momenten der Begegnung bei den beteiligten
Personen zu synchronisieren.
Für solche Phänomene könnte die sogenannte neuronale
Koppelung von Relevanz sein (für einen Überblick siehe Has-
son & Frith, ). Neuronale Koppelung wird durch eine
WIRKFAKTOREN PERSONZENTRIERTER BEZIEHUNGSGESTALTUNG AUS NEUROWISSENSCHAFTLICHER SICHT
Untersuchungsmethode unter Einsatz von funktionaler Kern-
spintomographie erforscht, die als „Inter-Subject Correlation
Analysis“ bezeichnet wird. Hierbei wurde festgestellt, dass sich
beim Hören einer Geschichte Aktivierungsmuster in weiten
Teilen der Gehirne der zuhörenden Personen miteinander syn-
chronisieren. Dies war jedoch nicht der Fall, wenn die Ge-
schichte in einer für die Zuhörer unverständlichen Sprache
präsentiert wurde. Das Phänomen der Synchronisierung der
Aktivierungsmuster infolge des gemeinsamen Verstehens von
Bedeutungszusammenhängen wird als neuronale Koppelung
bezeichnet. Eine neuronale Koppelung tritt dabei auch dann
auf, wenn eine Person einer anderen eine Geschichte erzählt
(Stephens et al., ). Hier konnte man feststellen, dass Ak-
tivierungsmuster im Gehirn des Zuhörenden mit kurzer Ver-
zögerung synchron zu denen der erzählenden Person auf traten,
manchmal fand dies jedoch auch zeitgleich und sogar anti-
zipatorisch statt. Interessant ist dabei, dass bei einem höheren
Ausmaß an neuronaler Koppelung die zuhörende Person die
Geschichte besser verstanden hat, wie man bei einer nachträg-
lichen Prüfung feststellen konnte.
Beim einfühlenden Verstehen sind Synchronisierungsphä-
nomene hinsichtlich verschiedener biologischer Systeme nach-
gewiesen worden. Marci et al. () zeigten, dass eine stärker
ausgeprägte Synchronisierung der Hautleitfähigkeit von era-
peut und Klient damit einhergeht, dass sich der Klient besser
vom erapeuten verstanden fühlt. Im Rahmen der personzen-
trierten Psychotherapie wiesen Marques-Teixeira, Antunes und
Martins () nach, dass genaues einfühlendes Verstehen des
Klienten durch den erapeuten mit einer Synchronisierung
von EEG-Mustern der beteiligten Personen zusammenhängt.
Zudem stellten Zhang et al. () mittels Infrarotspektrosko-
pie fest, dass sich ein Beratungsgespräch vom Plaudern darin
unterscheidet, dass nur in der Beratung bei den Gesprächs-
partnern eine Synchronisierung im Bereich der rechtsseitigen
tempero-parietalen Übergangsregion vorhanden ist. Gleich-
zeitig korrelierte diese Synchronisierung mit dem Ausmaß der
emotionalen Bindung (Bond) als einem Aspekt der therapeu-
tischen Allianz. Die Relevanz neuronaler Koppelung wurde
zudem in einer Untersuchung deutlich, die zeigte, dass die
schmerzlindernde Wirkung des Handhaltens sowohl mit der
Empathie des handhaltenden Partners als auch mit der damit
zusammenhängenden neuronalen Koppelung in Verbindung
stand (Goldstein et al., ).
Die Bedeutung von Synchronisierungsprozessen für die Psy-
chotherapie wurde im Interpersonal-Synchrony-Model (Koole
& Tschacher, ) herausgearbeitet. Hier wird betont, dass
Mit dem Konzept der therapeutischen Allianz wird therapieschulen-
übergreifend die Relevanz der Beziehung für die Psychotherapie the-
matisiert und untersucht (vgl. Koole & Tschacher, ).
erapeut und Klient nicht nur über Worte miteinander kom-
munizieren, sondern dass dies vor allem auch nonverbal ge-
schieht. Eine Synchronisierung der Bewegungen der beteiligten
Personen sowie eine neuronale Koppelung wirken sich danach
günstig auf die therapeutische Allianz aus. Es werde dadurch
die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache, eine gegensei-
tige Selbstönung sowie eine aektive Ko-Regulation begüns-
tigt. Unter aektiver Ko-Regulation wird verstanden, dass die
körperlich-emotionale Kommunikation des erapeuten, ver-
mittelt über Synchronisierungsprozesse, eine Minderung der
physiologischen Erregung des Klienten in Richtung auf mehr
Ausgeglichenheit bewirkt– jedenfalls wenn der erapeut über
eine ausreichend gute eigene Emotionsregulation verfügt. Über
die therapeutische Allianz werde somit nicht nur die absicht-
liche, über Sprache vermittelte externe Emotionsregulation des
Klienten gestärkt, sondern auch dessen Fähigkeit zur implizi-
ten Emotionsregulation. Implizite Emotionsregulation bedeu-
tet dabei im Interpersonal-Synchrony-Model, dass der Klient
die in der therapeutischen Interaktion stattndende aektive
Ko-Regulation internalisiert und sie im Alltag zur Emotions-
regulation einsetzen kann, ohne dass dazu eine bewusste In-
tention erforderlich ist.
Aus meiner Sicht sind Synchronisierungsprozesse im Zu-
sammenhang mit neuronaler Koppelung jedoch nicht nur für
die Emotionsregulation des Gegenübers von Bedeutung. Wenn
ich eine andere Person verstehe, wird eine neuronale Koppe-
lung mit ihr auf treten und Aktivitätsmuster in meinem Gehirn
werden sich mit den Aktivitätsmustern in ihrem Gehirn syn-
chronisieren. Wenn die andere Person aber auch mich versteht,
dann können deren neuronale Aktivitätsmuster von mir beein-
usst werden. Wenn ich ihr das von mir einfühlend Verstan-
dene mitteile und dabei bedingungsfreie positive Beachtung
und Echtheit zum Ausdruck bringe, dann sollten die Aktivi-
tätsmuster im Gehirn dieser Person nicht nur durch ihr ur-
sprüngliches Erleben, sondern auch durch meine Empathie,
bedingungsfreie positive Beachtung und Kongruenz beeinusst
werden. Die personzentrierten Grundhaltungen können auf
diese Weise auf das Gegenüber „abfärben. Dies kann ein wich-
tiger Faktor für die heilsame Kra der personzentrierten Bezie-
hungsgestaltung sein. Dazu Rogers (/): „Wie kommt
es dazu, dass dieses Klima, das ich eben beschrieben habe, Ver-
änderungen herbeiführt? In kurzen Worten, wenn Menschen
akzeptiert und geschätzt werden tendieren sie dazu, eine für-
sorgliche Haltung zu sich selbst zu entwickeln. Wenn Men-
schen einfühlsam gehört werden, wird es ihnen möglich ihren
inneren Erlebnisstrom deutlicher wahrzunehmen … Diese Ten-
denzen, Spiegelbilder der Einstellungen des erapeuten, be-
fähigen die betreende Person, ihre eigene Entfaltung wirk
-
samer zu fördern.“ (S. ).

MICHAEL LUX
5. Wirkfaktor Paraphrasierung des Erlebens
Sowohl über die Vermittlung von Sicherheit und Vertrauen als
auch über Synchronisierungsprozesse kann personzentrierte
Beziehungsgestaltung die implizite Emotionsregulation des Ge-
genübers verbessern. Eine weitere Form der Emotionsregula-
tion wird über die Sprache vermittelt, indem die helfende Per-
son einfühlendes Verstehen zum Ausdruck bringt. Durch die
Verbalisierung des Erlebens des Gegenübers wird dabei nach
Tausch () eine „Desensibilisierung negativer-bedrohlicher
Emotionen und Kognitionen“ (S. ) bewirkt. Von Relevanz
sei hierbei, dass die Unterstützung erfahrende Person eigenes
Erleben in Worte fasse, um es der helfenden Person verständ-
lich zu machen. Zudem verbalisiere die helfende Person das
von ihr einfühlend Verstandene, wodurch das Gegenüber eine
distanzierte Konfrontation mit dem eigenen Erleben erfahre.
Auch Watson () weist auf das Potential von einfühlendem
Verstehen für die Aektregulation des Klienten hin: „The ca-
pacity to resonate and experience another’s inner emotional
world and reect that understanding back provides a model of
important aect regulating abilities and begins to assist clients
in regulating their own aective experience.“ (p. ).
Eine simple Form, in der einfühlendes Verstehen zum Aus-
druck gebracht werden kann ist die Paraphrasierung, also
das vom Gegenüber geäußerte Erleben in eigenen Worten zu
wiederholen. Dies wird als „einfühlendes Wiederholen“ von
Finke () als erste von fünf Stufen einfühlenden Verste-
hens betrachtet. Seehausen et al. () konnten zeigen, dass
das Paraphrasieren bei der Schilderung eines sozialen Kon-
ikts bewirkt, dass sich die dabei beteiligen Emotionen in
eine positive Richtung verändern. In einer weiteren Unter-
suchung zeigte sich, dass durch Paraphrasieren ausgedrücktes
empathisches Verständnis mit der Aktivierung eines fronto-
parietalen Netzwerks einherging, während beim Fehlen von
Empathie die Aktivierung eines fronto-temporalen Netzwer-
kes einschließlich einer Beteiligung der Amygdala feststellbar
war (Seehausen et al., ). Der Polyvagal-eorie entspre-
chend würde die Neurozeption also bei fehlendem einfühlen-
dem Verstehen aufgrund der Aktivierung der Amygdala eine
Bedrohung melden, wodurch die Abwehrsysteme stärker ak-
tiviert werden und die Kontaktbereitscha gemindert wird.
Zudem haben sich in dieser Untersuchung Versuchspersonen,
die sich in höherem Ausmaß verstanden gefühlt haben, auch
insgesamt besser gefühlt.
Auf die wohltuende Wirkung der personzentrierten Beziehungsgestal-
tung weist auch eine neurowissenschaliche Untersuchung zu akti-
vem Zuhören hin (Kawamichi et al., ). Aktives Zuhören wurde
hierbei über das Vorhandensein der personzentrierten Grundhaltun-
gen deniert, diese wurden allerdings methodisch in einer nur ru-
dimentären Form umgesetzt. Eine Verbalisierung des Erlebens des
Einfühlendes Verstehen kann, durch die Rückmeldung des-
sen was vom Erleben der anderen Person verstanden wurde,
dieser dabei helfen, eigene emotionale Erfahrungen zu benen-
nen. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Untersuchungen, die
Hinweise darauf geben, welche psychischen und neuronalen
Prozesse hierbei beteiligt sein können (Torre & Lieberman,
). Beispielsweise zeigten Lieberman et al. () in einem
Experiment Bilder von Gesichtern, die mimisch die Emotio-
nen Furcht und Ärger zum Ausdruck gebracht haben. Man
wusste aus vorangegangen Untersuchungen, dass dies ausreicht,
um die Amygdala zu aktiveren. Hier war es nun so, dass nur
das sprachliche Benennen der mimisch ausgedrückten Emo-
tion, nicht jedoch beispielsweise das Benennen des Geschlechts
oder die Auswahl eines übereinstimmenden Gesichtsausdrucks,
dazu führte, dass emotionsregulierende Hirnstrukturen ak-
tiviert wurden. Nur das Benennen führte zu einer Aktivie-
rung des rechtsseitigen ventrolateralen präfrontalen Kortex,
was gleichzeitig mit einer Deaktivierung der Amygdala ein-
herging. Wenn also durch die Verbalisierung des einfühlend
Verstandenen einer anderen Person dabei geholfen wird ei-
gene emotionale Erfahrungen zu benennen, können bei ihr
emotionsregulierende Hirnstrukturen aktiviert werden und
sie kann sich mit geringerer Amygdala-Aktivierung und damit
weniger Stress und psychischer Belastung mit ihren Erfahrun-
gen auseinandersetzen.
6. Wirkfaktor Dialogische Exploration des Erlebens
Die personzentrierte Beziehungsgestaltung ermöglicht neben
einer Unterstützung der Emotionsregulation vor allem auch
eine Förderung der Selbstexploration und damit der Kongru-
enz. Hierbei spielt einfühlendes Verstehen eine wichtige Rolle:
Wenn Menschen einfühlsam gehört werden, wird es ihnen
möglich, ihren inneren Erlebnisstrom deutlicher wahrzuneh-
men. Und wenn ein Mensch sich selbst versteht und schätzt,
dann wird sein Selbst kongruenter mit seinen Erfahrungen
(Rogers, /, S. ).
Zweifellos hat die damit einhergehende Verbesserung der
Persönlichkeitsintegration ein neuronales Korrelat, wobei der
interhemisphärische Informationsaustausch eine wichtige
Rolle haben könnte. Um die Bedeutung der personzentrierten
Gegenübers erfolgte beispielsweise nicht. Dennoch konnte festgestellt
werden, dass „aktives Zuhören“ mit einer Aktivierung von neuronalen
Belohnungszentren bei Versuchspersonen einherging, die ein emo-
tionales Erlebnis geschildert haben. Gleichzeitig bewirkte es, dass die
von den Versuchspersonen geschilderten emotionalen Episoden an-
schließend positiver gesehen wurden, als wenn kein „aktives Zuhö-
ren“ stattfand. Dies weist aus meiner Sicht auf das Stattnden der von
Tausch angenommenen Desensibilisierungsprozesse hin.

WIRKFAKTOREN PERSONZENTRIERTER BEZIEHUNGSGESTALTUNG AUS NEUROWISSENSCHAFTLICHER SICHT
Beziehungsgestaltung hierfür zu verdeutlichen, möchte ich
auf Befunde der Lateralisierungsforschung eingehen, die von
McGilchrist () in beeindruckend umfassender und tief
-
gründiger Weise dargestellt wurde. Beide Hemisphären wirken
danach in praktisch allen komplexen Funktionen, wie z. B. Ver-
stand, Gefühl, Sprache, Phantasie oder Empathie, zusammen.
Der Unterschied zwischen den beiden Hemisphären liegt nicht
darin, wie lange Zeit angenommen wurde, mit was sie sich be-
schäigen, sondern wie sie es tun. Um ihre jeweiligen Stärken
besonders gut einsetzen können, können sie auch relativ un-
abhängig voneinander operieren. Der Balken, ein neuronales
Faserbündel das die beiden Hemisphären verbindet, hat des-
halb nicht nur die Funktion Informationen zwischen diesen
auszutauschen, sondern auch die gegenüberliegende Hemi-
sphäre zu hemmen.
Zunächst soll, zugestandenermaßen unter Vernachlässigung
wichtiger Bereiche, grob skizziert werden, wie sich die beiden
Hemisphären in ihrer Funktionsweise unterscheiden. Auf die
Zuordnung spezischer Hirnregionen zu einzelnen Funktio
-
nen wird dabei verzichtet. Wenn nicht anders angegeben, be-
ziehe ich mich auf McGilchrist (). Die rechte Hemisphäre
(RH) verarbeitet Informationen schneller als die linke Hemi-
sphäre (LH). Der Prozess der Informationsverarbeitung beginnt
deshalb mit dem Verarbeitungsmodus der RH. Sie hat einen
weiten Aufmerksamkeitsmodus, der oen ist für alles was von
Relevanz ist. Dabei erönet uns die RH die unmittelbare prä-
reexive Erfahrung, die noch nicht durch kognitive Konzepte
geltert wurde. Dadurch kann, sozusagen mit Anfängergeist,
die einzigartige Neuheit der Erfahrung im Hier und Jetzt erlebt
werden. Die RH kann mehrere Dinge parallel verarbeiten und
bietet deshalb einen Zugang zur vernetzten Komplexität der
Wirklichkeit. Außerdem kann sie mit Mehrdeutigkeiten und
Unklarheiten umgehen und sie liefert nach Rotenberg ()
eine polysemantische Sichtweise, in der die scheinbare Wider-
sprüchlichkeit der Erfahrung ihren Platz ndet. Fähigkeiten der
RH sind zudem das Erkennen von Mustern und Gemeinsam-
keiten, Gestaltwahrnehmung sowie Intuition. Sie hat außer-
dem starke neuronale Verbindungen zu emotionalen Zentren
und dem Körper. Die RH ist auch wichtig für die Impulskon-
trolle, für soziale Kompetenzen wie Kooperation, Empathie,
Mitgefühl und die nonverbale Kommunikation.
Die RH scheint jedoch nicht in der Lage zu sein von der Er-
fahrung abstrahierend Ursache-Wirkung-Zusammenhänge zu
erkennen und Geschehnisse zu erklären. Hierzu wird die LH
benötigt. Im Gegensatz zum weiten und oenen Aufmerksam-
keitsmodus der RH ist der Aufmerksamkeitsmodus der LH fo-
kussiert, d. h. auf einen bestimmten Aspekt des Erlebens ge-
richtet. Selektion ist also ein wichtiges Prinzip der LH. Die
LH nimmt einen Teil des Erlebens in den Fokus der Aufmerk-
samkeit und engt sie damit darauf ein. Die LH bringt zudem
konzeptgebundenes und analytisches Denken in die Informa-
tionsverarbeitung ein. Dank ihrer gelangt ein Teil der Erfah-
rungen in den Fokus der Aufmerksamkeit, kann verbalisiert
und mit Hilfe der vorhandenen Konzepte interpretiert werden.
Die Erfahrung wird nun in Form einer Re-Präsentation erfah-
ren, wodurch eine virtuelle Welt entsteht. Diese Re-Präsenta-
tion der Erfahrung entspricht dem was üblicherweise unter
Bewusstsein verstanden wird. Die LH ermöglicht die serielle
Analyse von Abläufen und die sprachliche Bezeichnung von
Erkenntnissen. Aber Sprache liefert nur grobe Kategorien und
begünstigt nach Rotenberg () ein monosemantisches Den-
ken, ein Denken in Entweder-oder-Kategorien, in dem viele
Nuancen der Erfahrung verloren gehen. Während die RH kom-
plexe Mehrdeutigkeiten sieht und mit einem Sowohl-als-auch
umgehen kann, ist der Modus der LH auf Eindeutigkeit aus-
gerichtet, in dem es nur richtig oder falsch, schwarz oder weiß
gibt. Für die RH ist die Welt dagegen facettenreich und bunt.
Die Konzepte der LH sind wichtig, weil sie Orientierung bie-
ten und ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit verschaen.
Daneben ist die LH auch für die Initiierung von Willenshand-
lungen, für lineares, zielorientiertes Denken sowie für sprach-
liche Kommunikation von Bedeutung.
Um die weitere Argumentation zu erleichtern und den Bezug
zu Konzepten des PZA herzustellen, möchte ich zentrale Funk-
tionen der beiden Hemisphären herausgreifen. Zunächst zur
LH: Sie ist nach Gazzaniga () der Sitz des linkshemisphä-
rischen Interpretationsmoduls. Dieses linkshemisphärische
Interpretationsmodul integriert die vielen parallel ablaufen-
den Prozesse innerhalb des Gehirns zu einer einheitlichen Ge-
schichte, einer inneren Erzählung, über das was uns gerade pas-
siert. Es sorgt dafür, dass wir trotz der Vielzahl an Prozessen,
die ständig gleichzeitig in unserem Gehirn ablaufen immer das
Gefühl haben, ein einziges und einheitliches Selbst zu besitzen.
Um die Erzählung stimmig zu machen, neigt es aber auf Kos-
ten der Genauigkeit zur Konfabulation, wählt Informationen
aus, die zu der Geschichte passen, macht das passend was nicht
passt und erndet in der Wirklichkeit nicht vorhandene Ursa-
che-Wirkung-Zusammenhänge. Es konstruiert also die Welt
so, dass sie stimmig und verstehbar wird. Es entsteht dadurch
die oben erwähnte virtuelle Welt, durch die Unsicherheit re-
duziert wird, in der jedoch viele Aspekte der von der RH er-
fahrenen Realität unberücksichtigt bleiben. Ich vermute, dass
das Selbstkonzept und die daraus resultierende Symbolisierung
der Erfahrung– mit den Worten von Rogers (/) „die
winzige Spitze einer riesigen Pyramide nichtbewusster orga-
nismischer Existenz“ (S. )– auf Funktionen der LH basieren.
Die RH ist demgegenüber wichtig für Kreativität und den
Umgang mit den komplexen Problemen des wirklichen Le-
bens (Goel, ). In der Neuropsychologie wird ihr zudem
die Funktion eines Anomaliedetektors zugeschrieben (Jänke,

MICHAEL LUX
). Dieser Anomaliedetektor weist uns darauf hin, dass ir-
gendetwas an unseren Gedanken nicht stimmt, er nimmt hier
gewissermaßen eine Plausibilitätsprüfung vor. Wenn dieser
Anomaliedetektor in seiner Funktion beeinträchtigt ist, kön-
nen erstaunliche Fehlleistungen auf treten. Diese äußern sich
z. B. darin, dass rigide die Stimmigkeit von eigenen Überlegun-
gen und Schlussfolgerungen mit dem „gesunden Menschen-
verstand“ ignoriert wird (Deglin & Kinsbourne, ). Die RH
ist aus meiner Sicht von zentraler Bedeutung für den Zugang
zu den gefühlten Bedeutungen bzw. dem Felt Sense (vgl. Kuhl,
Quirin & Koole, ) und damit auch für den organismischen
Bewertungsprozess.
Menschen des westlichen Kulturkreises neigen nach McGil-
christ () tendenziell dazu, den Modus der LH stärker zu
nutzen als die Fähigkeiten und Stärken der RH. Er nimmt an,
dass eine Entwicklung in diese Richtung seit der Auf klärung
begonnen hat. Daraus können verschiedene Probleme resultie-
ren und wir sollten deshalb seiner Ansicht nach zum Wohle des
Einzelnen und der Gesellscha beginnen, einen besseren Zu-
gang zu den Ressourcen der RH zu nden. Rogers (/)
vertritt eine ähnliche Sichtweise: „Der Mensch verfügt über ein
Potential an unerhört breit gefächerten intuitiven Kräen. Wir
sind in der Tat weiser als unser Verstand. Dafür gibt es viele
Beweise. Allmählich kommen wir darauf, wie jämmerlich wir
die Fähigkeiten des nichtrationalen, kreativen, “in Metaphern
sprechenden„ Geistes– der rechten Häle unseres Gehirns–
vernachlässigt haben.“ (S. ).
Personen mit geringer seelischer Gesundheit werden aus
meiner Sicht vom Modus der LH dominiert und haben einen
geringen Zugang zu den Kompetenzen der RH. Ich gehe davon
aus, dass bei Inkongruenz Prozesse der RH unzureichend in
der LH abgebildet werden, weil diese mit den dort dominie-
renden Konzepten einschließlich des Selbst-Konzepts nicht
vereinbar sind. Die folgenden Aussagen über Personen mit
ausgeprägter Inkongruenz und damit eingeschränkter Selbst-
exploration sollen zur Illustration dafür herangezogen wer-
den: Eine solche Person „sperrt sich stark gegen eine innere
Kommunikation zwischen Selbst und Erfahrung“ (Rogers,
/, S. ). Sie ist geprägt durch Rigidität und Struk-
turgebundenheit, einem Denken in „Schwarz-Weiß-Katego-
rien, das „von den Realitäten der Gegenwart nicht angreif bar“
(Rogers, /, S. ) ist.
Bei der Fully Functioning Person, dem Ideal seelischer Ge-
sundheit im PZA, könnte dagegen der Informationsaustausch
zwischen den beiden Hirnhälen in optimaler Weise erfolgen,
Eine unzureichende Nutzung rechtshemisphärischer Funktionen kann
dabei auch mit einer Überaktivierung der RH einhergehen, wie dies
von Rotenberg () für die Depression aufgezeigt wurde.
wodurch ihre jeweiligen Stärken besonders gut zum Tragen
kommen. Aus meiner Sicht weisen die folgenden Beschrei-
bungen darauf hin: „Das Erfahren hat seine strukturgebun-
denen Aspekte fast gänzlich verloren und wird Prozeßerfah-
ren; das heißt, die Situation wird in ihrer Neuheit und nicht
aus der Vergangenheit heraus erfahren und gedeutet.“ (Rogers,
/, S. ); „Man formuliert persönliche Konstrukte
versuchsweise um, damit sie durch weitere Erfahrung bestä
-
tigt werden; auch dann behalten sie ihren lockeren Charakter.“
(Rogers, /, S. ) oder „Die innere Kommunikation
zwischen verschiedenen Aspekten seines Selbst ist frei und un-
blockiert“ (Rogers, /, S. ).
McGilchrist () beschreibt unter Bezugnahme auf die
Dialektik Hegels wie aus der integrierten Zusammenarbeit der
beiden Hemisphären in einem transformativen Prozess eine
Synthese hervorgehen kann, die eine „höhere Wahrheit“ (p. ,
Hegel zitierend, eigene Übersetzung) zum Ausdruck bringt. Die
LH „can render explicit what the right hemisphere has to leave
implicit, leave folded in. Yet that is also its weakness. e clar-
ifying explicitness needs to be integrated with the sense of the
whole, the now unpacked or unfold whatever-it may-be being
handed back to the domain of the right hemisphere, where
it once more lives.“ (McGilchrist, , p. ). Parallelen zu
Gendlins Experiencing-Konzept, das von Rogers () über-
nommen wurde, sind frappierend, können an dieser Stelle al-
lerdings nicht diskutiert werden.
Wie McGilchrist () ausführlich darlegt, wird die Zu-
sammenarbeit der beiden Hemisphären durch ein Machtgefälle
zugunsten der LH erschwert: „there is an important opposing
asymmetry of power, in favor of the le hemisphere“ (p. ).
Einfühlendes Verstehen könnte genau hier helfen, indem es
als Kommunikationshilfe zwischen den beiden Hemisphären
wirkt. Es wird im PZA als dialogischer Prozess betrachtet für
den das Spüren des Erlebens der anderen Person unerlässlich
ist: „It means being sensitive, moment to moment, to the chang-
ing felt meanings which ow in this other person … sensing
meanings of which he or she is scarcely aware“ (Rogers, ,
p. ). Die einfühlende Person erspürt unter Nutzung ihrer RH
die gefühlten Bedeutungen im Erleben der anderen Person, die
sich von Moment zu Moment ändern und denen sich die an-
dere Person kaum bewusst ist. Tiefes einfühlendes Verstehen
bedeutet also nicht nur auf die Worte des Gegenübers zu ach-
ten, sondern auch die gefühlten Bedeutungen zu erfassen, die
am Rande des Bewusstseins der anderen Person mitschwin-
gen– „implizit“ bzw. „eingefaltet“ in der RH, wie es McGilchrist
nennt. Die helfende Person kommuniziert das auf diesem Weg
Verstandene und hat es also zuvor unter Beteiligung ihrer LH
in Sprache übersetzt: „By pointing to the possible meanings
in the ow of another person’s experiencing you help the other

WIRKFAKTOREN PERSONZENTRIERTER BEZIEHUNGSGESTALTUNG AUS NEUROWISSENSCHAFTLICHER SICHT
to focus on this useful type of referent“ (Rogers, , p. ).
Wenn das Gegenüber so auf die mögliche Bedeutung im Fluss
der Erfahrungen hingewiesen wird, wird es ihm erleichtert,
unter Beteiligung der eigenen LH die gefühlte Bedeutung zu
symbolisieren und sie damit mit Worten von McGilchrist zu
„entpacken“. Entscheidend ist, dass die Genauigkeit der Sym-
bolisierung anhand des „ongoing psycho-physiological ow“
(Rogers, , p. ) im Erleben des Gegenübers geprü wird
und dass man sich von den dabei erhaltenen Rückmeldungen
leiten lässt: „It means frequently checking with the person as
to the accuracy of your sensings, and being guided by the re-
sponses you receive“ (Rogers, , p. ). Ich vermute, dass
über den „ongoing psycho-physiological ow“ ein Zugang zum
Anomaliedetektor und den ganzheitlichen-integrativen Kom-
petenzen der RH gewonnen wird. Entsprechend der Termino-
logie McGilchrists wird die Symbolisierung dadurch der RH
„zurückgegeben“ und kann dort „weiterleben“. Bedeutungen
werden auf diese Weise vollständiger erfahren, wodurch der
Prozess einer konstruktiven Persönlichkeitsentfaltung voran
getragen wird: „Der entscheidende Punkt ist, dass ein Mensch,
der im vollen Sinne funktionsfähig ist, durch keine Schranken,
keine Hemmungen gehindert wird, die organismischen Vor-
gänge voll zu erleben. Ein solcher Mensch bewegt sich in Rich-
tung auf Ganzheit, Integration, ein alles in sich vereinigendes
Leben.“ (Rogers, /, S. ).
Einfühlendes Verstehen ist im PZA also als dialogischer Pro-
zess zwischen zwei Personen konzeptualisiert. Aus neurowis-
senschalicher Sicht könnte in Anbetracht der obigen Ausfüh-
rungen ergänzt werden, dass der Dialog nicht nur zwischen
zwei Personen, sondern auch zwischen deren vier Gehirnhälf-
ten stattndet. Wenn der Dialog gelingt, dann sollte ein bes-
serer Informationsaustausch zwischen den beiden Hirnhälen
des Gegenübers erfolgen. Dies scheint von großer Bedeutung
für die seelische Gesundheit zu sein. In diesem Zusammen-
hang spricht Moss () von hemisphärischer Kongruenz und
er betont dabei die Bedeutung der personzentrierten Bezie-
hungsgestaltung für deren Förderung: „e process variables of
warmth, genuineness, and empathy described by Rogers ()
are important for the most eective therapy regardless of orient-
ation … In total, the presence of these process variables creates
the security and hemispheric congruence in therapy allowing
the client to most eectively address important issues.“ (p. ).
7. Abschließende Bemerkungen
Die oben postulierten Wirkfaktoren verweisen darauf, dass
in konstruktiven Beziehungen gegenseitige Resonanz auf ver-
schiedenen Ebenen von zentraler Bedeutung ist. Sprachliche
Kommunikation ist hierbei wichtig, sie berührt jedoch nur
einen Teil der relevanten Prozesse. Obwohl die begleitenden
neurobiologischen Prozesse bislang nur teilweise erkundet sind,
helfen die Neurowissenschaen bereits heute die verwandelnde
Kra zu verstehen, die der personzentrierten Beziehungsgestal-
tung– als „optimal environment for neural change“ (Cozolino,
, p. )– innewohnt.
So wie die Grundhaltungen personzentrierter Beziehungs-
gestaltung nur als Einheit ihre volle Kra entfalten, sind auch
die dadurch beim Gegenüber hervorgerufenen neurobiologi-
schen Prozesse eng miteinander verochten. Hier bestehen an
dieser Stelle nicht weiter ausführbare komplexe Wechselwir-
kungen, die die Kontaktfähigkeit des Gegenübers verbessern.
Dies kann wiederum auf die helfende Person zurückwirken und
auch bei ihr komplexe neurobiologische Prozesse aktivieren,
wodurch der Kontaktkreis (Lux, ; ; ) geschlossen
wird. Ich gehe dabei davon aus, dass solche intra- und inter-
psychischen Wechselwirkungen die Entstehung von konstruk-
tiven Beziehungen als emergentes Phänomen ermöglicht– als
„living process at a further level“ (Barrett-Lennard, , p. ).
Im PZA wurde die Gegenseitigkeit des Beziehungsgeschehens
z. B. von Rogers (/) in einem „Gesetz der zwischen-
menschlichen Beziehungen“ (S. ) beschrieben. Es ist auch von
zentraler Bedeutung für das aktuelle Konzept der Beziehungs-
tiefe (Relational Depth) (Mearns & Cooper, ). Die oben
geschilderten Zusammenhänge sind darauf unmittelbar über-
tragbar und bieten vielfältige Ansätze für wissenschaliche Un-
tersuchungen. Anregungen dazu wurden bei Lux() gegeben.
Als Menschen haben wir wunderbare Anlagen zur Verwirk-
lichung der personzentrierten Grundhaltungen (vgl. Lux, ;
; Silani, Zucconi & Lamm, ), leider tun wir es allzu
o nicht. Wird einfühlendes Verstehen, bedingungsfreie po-
sitive Beachtung oder Kongruenz nur unzureichend realisiert,
ist davon auszugehen, dass der „lebendige Prozess“ einer kon-
struktiven Beziehung gestört wird. Werden die Grundhaltun-
gen dagegen in hohem Maß gemeinsam verwirklicht und wird
dies vom Gegenüber auch wahrgenommen, dann können da-
durch vielfältige neurobiologische Prozesse angeregt werden,
die sowohl das interaktive Geschehen innerhalb der entstehen-
den Beziehung als auch die langfristige Entwicklung der betei-
ligten Personen in konstruktiver Weise beeinussen. Darüber
hinaus lässt das Konzept der Ko-Aktualisierung (Motschnig,
) erwarten, dass dies auch günstige Wirkungen auf die Be-
ziehungen und sozialen Systeme hat, in denen diese Personen
leben. Mir helfen solche Überlegungen, trotz allem was sich
Menschen gegenseitig antun, die Honung zu behalten, dass
Rogers (/) recht behält und ein von ihm beschriebe-
nes „personzentriertes Szenarium der Zukun“ die Welt „in
Richtung auf mehr Menschlichkeit“ (S. ) verändern wird.

MICHAEL LUX
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Zak, P. J., Kurzban, R., & Matzner, W. T. (). Oxytocin is associated
with human trustworthiness. H
... Wertschätzung und Empathie in der Beziehung erhöhen das Ausmass an neuronaler Resonanz: In sozialen Situationen, die durch Wärme und Vertrauen geprägt sind, wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, das eine stress-und angstmindernde Wirkung hat. Zudem bewirkt die erlebte Sicherheit eine Aktivierung des Vagus-Komplexes, was mit innerer Beruhigung einhergeht (Lux, 2020). Beziehungsgestaltung ist also eine Kernkompetenz von (heil-)pädagogischen und therapeutischen Fachpersonen zur Förderung der sozio-emotionalen Entwicklung auf den In Anlehnung an das CASEL-Modell wird das Augenmerk auf die sozio-emotionalen Kompetenzen gelegt, die grundlegend sind für das sozio-emotionale Lernen (Selbstwahrnehmung, Selbstregulation, Fremdwahrnehmung, Beziehungsfertigkeiten; Reicher & Matischek-Jauk, 2018) sowie auf den präventiven Aspekt. ...
Chapter
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Humanistisch orientierte Ansätze betrachten den Menschen als ein im Kern positives und soziales Lebewesen, welches nach Autonomie und Selbstbestimmung strebt. Nach Carl Ransom Rogers (1902–1987) besitzt jeder Mensch eine angeborene Tendenz, seine Entwicklungsmöglichkeiten beständig zu entfalten und zu verwirklichen (Rogers & Schmidt, 1995). Erziehung und Unterstützung erfolgen durch ein empathisches, wertschätzendes und bedingungsloses Begleiten. Weiter orientieren sich humanistische Ansätze an einer holistischen Sichtweise. Damit wird der Mensch und seine Lebenswelt nicht als Summe von Einzelelementen, sondern als Aspekte eines ganzheitlichen, organisch-dynamischen Geschehens verstanden (Kritz, 2000). Unterstützung und Therapie erfolgen durch das Heranführen an die Ganzheit des leib-seelischen Erlebens und durch den Einbezug aller Sinne, des Körpers und des Geists. Im Verständnis systemischer Handlungsansätze wird menschliches Verhalten nicht als isoliertes Phänomen beschrieben, sondern im Kontext von gewissen sozialen Situationen und Umgebungen, die das Erleben und Verhalten bestimmen. Menschen handeln in wechselseitiger Beeinflussung und Vernetzung mit ihren sozialen Systemen (wie z. B. Familie, Schulklasse, Peergruppe). Nachfolgend werden der personzentrierte Ansatz, der körperorientierte Zugang im Rahmen der Psychomotorik und systemische Handlungsansätze vorgestellt.
Article
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Synchrony in social groups may confer significant evolutionary advantages by improving group cohesion and social interaction. However, the neurobiological mechanisms translating social synchrony into refined social information transmission between interacting individuals are still elusive. In two successively conducted experiments involving a total of 199 healthy volunteers, we explored the involvement of the neuropeptide oxytocin (OXT) in reciprocal social interaction. First, we show that synchronous social interactions evoke heightened endogenous OXT release in dyadic partners. In a second step, we examined the consequences of elevated OXT concentrations on emotion transmission by intranasally administering synthetic OXT before recording emotional expressions. Intriguingly, our data demonstrate that the subjects' facial and vocal expressiveness of fear and happiness is enhanced after OXT compared to placebo administration. Collectively, our findings point to a central role of social synchrony in facilitating reciprocal communication between individuals via heightened OXT signaling. Elevated OXT concentrations among synchronized individuals seem to augment the partners' emotional expressiveness, thereby contributing to improved transmission of emotional information in social communication.
Article
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Groups can make better decisions than individuals when members cooperatively exchange and integrate their uniquely held information and insights. However, under conformity pressures group members are biased towards exchanging commonly known information, and away from exchanging unique information, thus undermining group decision-making quality. At the neurobiological level, conformity associates with the neuropeptide oxytocin. A double-blind placebo controlled study found no evidence for oxytocin induced conformity. Compared to placebo groups, three-person groups whose members received intranasal oxytocin, focused more on unique information (i) and repeated this information more often (ii). These findings reveal oxytocin as a neurobiological driver of group decision-making processes.
Article
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During psychotherapy, patient and therapist tend to spontaneously synchronize their vocal pitch, bodily movements, and even their physiological processes. In the present article, we consider how this pervasive phenomenon may shed new light on the therapeutic relationship– or alliance– and its role within psychotherapy. We first review clinical research on the alliance and the multidisciplinary area of interpersonal synchrony. We then integrate both literatures in the Interpersonal Synchrony (In-Sync) model of psychotherapy. According to the model, the alliance is grounded in the coupling of patient and therapist’s brains. Because brains do not interact directly, movement synchrony may help to establish inter-brain coupling. Inter-brain coupling may provide patient and therapist with access to another’s internal states, which facilitates common understanding and emotional sharing. Over time, these interpersonal exchanges may improve patients’ emotion-regulatory capacities and related therapeutic outcomes. We discuss the empirical assessment of interpersonal synchrony and review preliminary research on synchrony in psychotherapy. Finally, we summarize our main conclusions and consider the broader implications of viewing psychotherapy as the product of two interacting brains.
Article
Nur allzu oft wird der Personzentrierte Ansatz (PZA) als „zu individualistisch“ kritisiert und für Bereiche wie Teamarbeit, Projektmanagement, kollaboratives Lernen etc. kaum anerkannt. Ich meine: „Zu Unrecht!“ und schlage vor, den PZA um das vorläufige Konstrukt der Tendenz zur Co-Aktualisierung zu erweitern, um den essenziellen Aspekt des Wachsens in und von zwischenmenschlichen Beziehungen in den Vordergrund zu rücken. Theoretische Wurzeln der Co-Aktualisierungstendenz werden in Rogers’ Theorien lokalisiert und eine mögliche Integration der Co-Aktualisierungstendenz in das Theoriengebäude des PZA wird vorgeschlagen. Praktisch führt die Annahme der Co-Aktualisierungstendenz zur Kernfrage: „Wie können wir unsere Beziehung gestalten/leben, damit wir uns beide (alle) in ihr entfalten können und auch sie dabei wächst?“ Neben praktischen Implikationen ruft der Artikel zur Ausweitung des PZA in Bereiche auf, in denen Co-Aktualisierung ein besonderes Anliegen darstellt.
Book
This book examines the scientific contribution and increasing relevance of the Person-Centered Approach (PCA) in psychotherapy. The direction taken in the book is to provide readers with a multidisciplinary and multi-perspective view as well as practical applications. Beyond the more conventional psychotherapy applications (client-centered, experimental, emotion-focused, child-centered, motivational interviewing, existential, filial, etc.) others have evolved including peace and conflict resolution work, encounter and T-groups, nonviolent communication, parent effectiveness training, person-centered planning for people with disabilities, relationship enhancement methods, learner-centered education, technology-enhanced learning environments, human relations leadership training, etc. Simultaneously, scientific disciplines were influenced by this perspective in less obvious ways. Hence, the major contribution of this book is to identify and characterize the key bridges-so far only partly recognized- between the PCA and several other disciplines. Based on the results of the bridge-building endeavor, the editors will propose an initial formulation of the PCA as a meta-theory. It is intended as a generic framework to solve complex, social problems and to stimulate further research and development concerning the human species in relationship to its environment. © Springer Science+Business Media New York 2013. All rights reserved.