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Werner Wintersteiner und Heidi Grobbauer
Global Citizenship Education
Grundlagen, Erfahrungen, Einsichten
Impressum:
HerausgeberInnen und AutorInnen der nicht gezeichneten
Texte: Werner Wintersteiner, Heidi Grobbauer (unter
Mitarbeit von Margot Kapfer und Judith Waizenegger)
KommEnt
Elisabethstraße 2, 5020 Salzburg
Cover-Foto: Werner Wintersteiner, Columbus Circle, New York, USA
Gestaltung/Grak: Katrin Peger Grakdesign
Druck: druck.at
Diese Broschüre steht unter Creative Commons Lizenz
This work is licensed under the Creative Commons
Namensnennung – Nicht kommerziell – Weitergabe unter gleichen
Bedingungen 3.0 Unported License. To view a copy of this license, visit
http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/
ISBN Nr. 978-3-9504408-6-7
Salzburg, Klagenfurt. 1. Auage, 2019
Diese Broschüre kann, ebenso wie das Curriculum des Universitätslehrgangs
und weitere Materialien, heruntergeladen werden von der Website:
https://www.aau.at/universitaetslehrgaenge/global-citizenship-education/
Universitätslehrgang
Global Citizenship Education
Grundlagen, Erfahrungen, Einsichten
Werner Wintersteiner, Heidi Grobbauer
unter Mitarbeit von Margot Kapfer und Judith Waizenegger
4 | Global Citizenship Education
Inhalt
3 Marlies Krainz-Dürr: Zum Geleit
4 Hans Karl Peterlini: Die Uberschreitung des Eigenen. Zum Lehr-Lern-Abenteuer
Global Citizenship Education
7 Ein Lehrgang … und noch viel mehr: Zu dieser Publikation
I. Grundlagen und Methoden
9 Was heißt GCED? Kurze Einführung
14 Komplexität – Verantwortung – Selbstreflexion
Die Didaktik des Universitätslehrgangs GCED
II. Ablauf und Einschätzungen
19 Inhalte und Ablauf des ULG
22 Studienreisen als unverzichtbare Lernmethode von GCED
26 Evaluation des ULG
29 Sustainability Award 2018 für den ULG
III. Forschung und Praxis
31 Neue Erkenntnisse und wichtige Einsichten: Die Masterarbeiten des ULG
57 Ein Lehrgang mit nachhaltiger Wirkung
IV. Personen und Organisationen
59 Die Leitungsteams und die ReferentInnen
64 Gemeinsam mehr bewegen – Projektträger des ULG
Global Citizenship Education | 3Global Citizenship Education | 3
Zum Geleit
Junge Menschen zu verantwortlichen Weltbürger_innen zu erziehen ist
heute ein wesentliches Ziel von Schule und Bildung. In einer zunehmend
vernetzten Welt machen ökologische und geopolitische Entwicklungen
nicht vor den Grenzen Österreichs halt und Lehrer und Lehrerinnen sind
gefordert, ihre Schüler_innen auf globale Herausforderungen vorzu-
bereiten.
Als Pädagogische Hochschule Kärnten-Viktor Frankl Hochschule, fühlen
wir uns in besonderer Weise der Anthropologie Viktor Frankls verpflichtet,
in deren Mittelpunkt der Mensch als proaktives Wesen steht, der seine
Umwelt und seine Zukunft in konstruktiver Weise gestalten kann. Um
diese Aufgabe zu bewältigen, braucht es nicht nur eine auf Zuversicht
gegründete Werthaltung, sondern auch fundiertes Wissen über soziale,
politische und ökologische Zusammenhänge.
Das Konzept von „Global Citizenship Education“ gewinnt daher im
Rahmen der Lehrer_innenbildung immer mehr an Bedeutung. Ich freue
mich, dass wir in diesem Bereich seit vielen Jahren eine gute Kooperati-
on mit dem Verein KommEnt und dem Zentrum für Friedensforschung
und Friedensbildung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt aufbauen
konnten.
Die Pädagogische Hochschule ist mit diesen Partnern auch am Univer-
sitätslehrgang mit Masterabschluss „Global Citizenship Education“ be-
teiligt, der nicht nur Lehrer_innen ein gutes didaktisches Rüstzeug gibt,
Lehr-/Lernprozesse für Global Citizenship Education zu gestalten, sondern
auch Mitarbeiter_innen der Pädagogischen Hochschulen qualifiziert,
diese Themen in die hochschulische Lehre zu integrieren.
Der Lehrgang hat beeindruckende Ergebnisse in Form von Master-
arbeiten gebracht, die wertvolle Anregungen für Schule und Bildung
geben können.
Ich wünsche den folgenden Lehrgängen viele Teilnehmer_innen.
Dr. Marlies Krainz-Dürr
Rektorin der Pädagogischen Hochschule Kärnten –
Viktor Frankl Hochschule
Die Überschreitung des Eigenen
Zum Lehr-Lern-Abenteuer Global Citizenship Education
Hans Karl Peterlini
Bildungsaufträgen und pädagogischen Vorsätzen haftet eine Ambiva-
lenz an. Sie sind nicht denkbar und nicht möglich ohne eine Absicht,
eine normative Setzung, ein oft ausgesprochenes, meist unterschwellig
mitlaufendes Ziel der jeweiligen Bemühungen. Zugleich ist es eine nicht
immer gern eingestandene, aber sich vielfach bestätigende Erfahrung,
dass Lernen sich nicht an Curricula und didaktische Anleitungen hält, ja
diesen gegenüber ebenso widerständig wie überflügelnd sein kann. So
können Lehrende einigermaßen im Griff haben, was sie lehren möchten
(und selbst dies verrutscht manchmal in unerwartete Richtungen), was
aber die Lernenden daraus machen, entzieht sich einer verlässlichen
Steuerbarkeit. So sind Pädagoginnen und Pädagogen, Lehrkräfte, Erzie-
hende – oft am Rande der Ohnmacht, oft vom Glück beschenkt – schlicht
darauf angewiesen, dass bei den Lernenden jenes Wunder geschieht, das
vorher nicht zu bestimmen war und hinterher schwer zu erklären ist. „Nun
kann ich gehen; gehen lernen nicht mehr“, beschreibt Walter Benjamin
(1980: 267, Herv. Verf.), wie Erfahrungen des Lernens, sobald sie sich ereig-
net haben, keine sichere Entschlüsselung darüber erlauben, wie dieses
Lernen nun eigentlich gelungen ist und welche Wege, oft auch Um- und
Irrwege es genommen hat. Wohl wird das Lernen in unterschiedlichen
wissenschaftlichen Zugriffen in präzise Altersphasen oder Kausalketten
eingeteilt, den jeweils dominierenden Sinnen zugeordnet (auditiv, visuell
etc.), nach Trainingseinheiten sequenziert oder, neuerdings, isolierten Hirn-
arealen zugeschoben. Wie und ob überhaupt es aber zu einem Lernen
im Sinne einer Überschreitung des bis dahin Gekannten und Gekonnten
kommen kann, bleibt zwangsläufig im Ungefähren (vgl. Peterlini 2016: 24).
Gewiss gibt es unterschiedliche Aspekte von Lernen, die sich nachvoll-
ziehen lassen. Meyer-Drawe (2010) beschreibt sie als „jemanden oder
etwas kennen lernen“, „zu dem vorhandenen Wissen etwas dazulernen“
oder auch „etwas verlernen“ (ebd.: 6, Herv. d. Verf.), wobei letzteres we-
niger leichtfällt, als es klingt, und ersteres weittragender sein kann, als
es im Moment der Begegnung mit bis dahin fremden Menschen oder
neuem Wissensstoff bewusst sein mag. Im Zusammentreffen von Neu-
em und Bekanntem geschieht eine Verunsicherung, die das Umlernen
im Sinne eines transformativen Lernens überhaupt erst ermöglicht. Das
Alte, Vertraute wird einer Anreicherung, Ergänzung oder auch radikalen
Infragestellung ausgesetzt, ein im Übergang durchaus irritierender, ver-
unsichernder, Widerstände auslösender Prozess, dessen Ausgang offen
ist. In diesem Sinne sind Lehren und Lernen der Aufbruch in ein Abenteu-
er, das vertraute Umgebungen aufgibt zugunsten des Entdeckens neuer
4 | Global Citizenship Education
Global Citizenship Education | 5Global Citizenship Education | 5
und neue Perspektiven eröffnen. Ein Zurückscheuen ins
Vertraute, in die Gleichgültigkeit und Selbstvergessen-
heit ist dann, wenn die ersten Lernschritte gesetzt sind,
kaum mehr möglich. Das Weiterschreiten, das Über-
schreiten des Eigenen kann unsicher und bang machen,
aber letztlich ist es – wenn Lernen sich ereignet – nicht
mehr vermeidbar und schließlich oft auch bereichernd
und beglückend.
Wenn Lernprozesse nicht nur beschwingt und ange-
nehm sind, weil mit ihnen immer auch eine Negation
des Gewohnten und Vertrauten einhergeht, heißt dies
nicht, dass sie ‚negativ‘ wären. Die Negation kann bei-
spielsweise auch darin bestehen, dass die eigene kleine
Welt nicht mehr für die ganze Welt gehalten wird, dass
ein Denken über nationale Horizonte hinaus möglich
wird, dass aber auch regionale Lebenswelten ihre Ver-
bundenheit mit dem Globalen offenbaren; die Negati-
on kann Alltagsdenken durchkreuzen, etwa, dass glo-
bale Verantwortung nur eine Illusion ist, dass wir besser
unter uns bleiben und uns um den Rest der Welt nicht
weiter kümmern müssen als durch ein kurzes Hin- und
schnelles Wegschauen beim Konsum von Nachrichten.
In diesem Fall bestünde die Lernerfahrung darin, dass
wir zwar nicht alles können, aber immerhin etwas, dass
es möglich ist, das Eigene zu schätzen und zugleich zu
öffnen für eine Perspektive über den Gebirgs- und Tel-
lerrand des Vertrauten hinaus, dass Heimat klein und
mein sein darf, aber keinen Schaden erleidet, wenn sie
größer und vielfältiger gedacht wird, dass globale Fra-
gestellungen zwar komplex sind, aber deshalb nicht
ignoriert werden können, dass zwar niemand genau
sagen kann, wie nun alle gegenwärtigen Herausfor-
derungen bewältigt werden können, dies aber keinen
Grund darstellt, es nicht dennoch anzugehen und zu
versuchen, dass das Verzagen vor Aufgaben noch nie
etwas geholfen hat, sondern immer nur das Wagen des
(Un)-Möglichen, das nach Jacques Derrida (Assheuer/
Derrida 1998) keine aussichtslose, sondern eine durch-
aus konkrete Utopie darstellt.
Die Entwicklung eines universitären Lehrganges, bei
dem sich Lehrende und Lernende auf diesen Weg ma-
chen, darf als Pionierleistung bezeichnet werden. In
einem nachträglich gar nicht mehr nachvollziehbaren
Wagemut haben hier Heidi Grobbauer und Werner
Wintersteiner, zusammen mit ähnlich Verwegenen, ei-
nen Schritt ins Ungesicherte gewagt. Und mit ihnen
haben – Zahlen und Berichte sind in dieser Dokumenta-
tion dargelegt – viele Lernende diesen Weg beschritten,
Einsichten von sich selbst, den Anderen und der Welt.
Lehrende und Lernende sind in diesem Prozess nicht
souverän. Sie begeben sich gemeinsam auf einen Weg,
dessen Ziel zwar – im Sinne der normativen Vorgabe –
abgesteckt ist, das aber am Ende ganz anderswo liegen
mag, als es geplant und erwartet wurde. Lehrende ler-
nen auf diesem Weg und werden manches verlernen
müssen, weil es sich im Lehr-Lernprozess verloren hat
oder als untauglich erweist, Lernende werden ebenso
vieles verlernen müssen, um nicht durch das Festhalten
an erworbenen Sicherheiten das Neue abzuwehren, sie
werden in diesem Prozess aber auch selbst zu Lehren-
den, weil sie im gemeinsamen Austausch Wissen und
Erfahrung teilen.
Global Citizenship Education, als Bildung für ein globales
Lernen und Denken, als Lernen für die Weltgesellschaft,
als Gestalten und Entwerfen eines neuen Verständnis-
ses von gesellschaftlicher Verantwortung und Teilhabe,
ist ein Abenteuer. Die Idee dahinter, dass globale Sicht-
weisen und Handlungsstrategien für die großen und
kleinen Fragen unseres Lebens, unseres Miteinanders,
unseres Umgangs mit dem „Heimatland Erde“ (Morin/
Kern 1999) unerlässlich geworden sind, fordert auf vie-
len Ebenen das Bekannte und Vertraute heraus. Eine
auch nur schnelle Durchforstung unserer Lebensweise,
was wir etwa an einem einzigen Tag so machen, ein
Blick in den Kleiderschrank oder auf den täglichen Spei-
seplan, entzieht bis dahin unhinterfragten Gewohnhei-
ten ihre Selbstverständlichkeit, sobald sie in einer globa-
len Perspektive betrachtet werden. „Nur Fremdheit ist
das Gegengift zur Entfremdung“ – dieser auf den ers-
ten Blick rätselhaft wirkende Aphorismus von Theodor
W. Adorno (2003 [1951], S. 105) verweist darauf, dass die
Begegnung mit Fremdem und Unbekanntem eingefah-
rene Routinen, deren wir uns gar nicht mehr bewusst
sind und deren Folgen wir aus den Augen verloren ha-
ben, eine Auseinandersetzung provoziert, die uns zwar
befremdet, aber auch der Entfremdung (von uns selbst)
entreißt. Lebensstile und Gewohnheiten des Wohl-
stands, Praxen der Arbeitsorganisation, gesellschaftli-
che und staatliche Ordnungen, Produktionsweisen und
Marktlogiken werden mit jenem zweiten Blick, mit dem
nach Niklas Luhmann erst das wissenschaftliche Den-
ken beginnt (Luhmann 1981, S. 170), einer Verunsiche-
rung ausgesetzt. Diese kann nicht mit einfachen und
schnellen Antworten besänftigt werden, sie erfordert
Selbstüberprüfung, Reflexion, Austausch mit anderen,
sie kann Ratlosigkeit und Ohnmacht auslösen, genauso
aber auch für unverrückbar gehaltene Horizonte weiten
strahlens in Lebenswelten, Arbeitszusammenhänge,
wissenschaftliche Kontexte, pädagogische Handlungs-
felder, politische Entwicklungen. Nach einem ersten Hi-
neinschnuppern in den zweiten Lehrgang (2015-2018)
darf ich, dank des Vertrauens von Heidi Grobbauer und
Werner Wintersteiner, im dritten Durchgang für die
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt die wissenschaft-
liche Leitung übernehmen. Die Leitung des Lehrgangs
wird weiterhin Teamarbeit sein, gestützt auf die unver-
zichtbare Expertise von Heidi Grobbauer und Werner
Wintersteiner, auf die Einsatzbereitschaft neuer Mitwir-
kender, so vor allem Karin Liebhart und Jasmin Donlic,
auf die Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule
Kärnten und die bewährten und auch neu zu gewinnen-
den Referentinnen und Referenten. Wir stellen uns der
Aufgabe im Respekt vor dem Geleisteten und im Ver-
trauen auf neue gemeinsame Erfahrungen des Lehrens
und Lernens. Die hier dargestellten bisherigen Etappen
machen Mut, sich mit den bisherigen Weggefährten
und mit neuen Interessierten, neuen Wage mutigen
auf das Abenteuer Global Citizenship Education einzu-
lassen.
die damit auch zu Lehrenden von Global Citizenship
wurden, zu Versuchenden und Wagenden eines plane-
tarischen Denkens, wie man es mit Morin/Kern (1999)
sagen könnte. Dieser Lehrgang geht nun in die dritte
Runde, er hat Anerkennung erfahren und die nötige
und sichernde Förderung durch das Bundesministeri-
um für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie der
Austrian Development Agency erhalten, dafür sei allen
Verfahrensbeteiligten und insbesondere auch Bundes-
minister Heinz Faßmann gedankt. Es ist nicht selbstver-
ständlich, dass in einer Zeit der Renationalisierung von
Grenzen ein Lehrgang gefördert wird, der die Möglich-
keiten zu deren Überschreitung auslotet.
Diese Publikation versammelt Erfahrungen aus den
bisherigen zwei Lehrgängen für Global Citizenship
Education, sie dokumentiert die Erfahrungen der Leh-
renden und Lernenden, die sich als Lerngemeinschaft
gefunden haben und die Vision von Global Citizenship
weitertragen, über Verunsicherungen durch Alltag und
Zeittrends hinweg, in Abwandlungen und mit nötigen
Kompromissen vielleicht, aber doch im Sinne eines Aus-
Literatur
ADORNO, THEODOR W. 2003 1951: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Gesammelte Schriften, Bd. 4.
Frankfurt am Main: Suhrkamp.
ASSHEUER, Thomas/DERRIDA, Jacques (1998): „Ich mißtraue der Utopie, ich will das Un-Mögliche“. Ein Gespräch mit dem Philo-
sophen Jacques Derrida über die Intellektuellen, den Kapitalismus und die Gesetze der Gastfreundschaft. In: Die Zeit, 11/1998.
https://www.zeit.de/1998/11/titel.txt.19980305.xml/komplettansicht (aufgerufen 12.1.2019).
BENJAMIN, Walter (1980): Berliner Kindheit um Neunzehnhundert. In Rexroth, Tillman (Hg.): Gesammelte Schriften IV. I. Werk-
ausgabe Band 10. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 235–304.
LUHMANN , Niklas (1981): Unverständliche Wissenschaft. Probleme einer theorieeigenen Sprache. In: Ders., Soziologische
Aufklärung 3. Soziale Systeme, Gesellschaft, Organisation. Opladen: Westdeutscher Verlag, 170–177.
MEYERDRAWE, Käte (2010): Zur Erfahrung des Lernens. Eine phänomenologische Skizze. Filosofija 18(3), 6–17.
MORIN, Edgar/KERN, Anne Brigitte (1999): Heimatland Erde. Versuch einer planetarischen Politik. Aus dem Französischen von
Horst Friessner. Wien: Promedia.
PETERLINI, Hans Karl (2016): Fenster zum Lernen. Forschungserfahrungen im Unterrichtsgeschehen – Einführung und Einblicke
in die Suche nach einem neuen Verständnis von Lernen, in: Baur, Siegfried/Peterlini, Hans Karl (Hrsg.): An der Seite des Lernens.
Erfahrungsprotokolle aus dem Unterricht an Südtiroler Schulen – ein Forschungsbericht. Erfahrungsorientierte Bildungsfor-
schung Bd. 2. Innsbruck-Wien-Bozen: StudienVerlag, 21–30.
6 | Global Citizenship Education
Global Citizenship Education | 7Global Citizenship Education | 7
Diese Dokumentation stellt den seit dem Jahre 2012 laufenden Univer-
sitätslehrgang mit Masterabschluss Global Citizenship Education (GCED)
an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt vor. Er wird ab dem Winterse-
mester 2019/2020 zum dritten Mal und mit einem aktualisierten Curricu-
lum angeboten. Der Lehrgang wird in Zusammenarbeit mit KommEnt/
Kontaktstelle für Globales Lernen und Global Citizenship Education und
der Pädago gischen Hochschule Kärnten durchgeführt. Er wird vom Bun-
desministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) sowie
der Austrian Development Agency (ADA) finanziell gefördert. Seine Qua-
lität ist auch dadurch bescheinigt, dass er mit dem „Sustainability Award“
im Handlungsfeld Lehre und Curricula ausgezeichnet wurde. Es ist dies
ein Preis, der gemeinsam vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und
Tourismus und vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Forschung für herausragende akademische Aktivitäten verliehen wird.
Diese Dokumentation bietet einen Überblick über unser Programm, un-
sere Philosophie und unsere Methoden. Sie erläutert detailreich das päda-
gogische Konzept des Lehrgangs und seine Ergebnisse – in der Hoffnung,
dass dies für ähnliche Bemühungen in der Aus- und Fortbildung von Leh-
renden und MultiplikatorInnen aller Art von Relevanz sein könnte.
Der Universitätslehrgang (ULG) steht in einem spezifischen bildungs-
politischen Kontext, der ihn fördert, während er gleichzeitig selbst ein
treibender Faktor ist.1 Besonders seit 2015 die UNO-Mitgliedsstaaten, dar-
unter auch Österreich, die Nachhaltigen Bildungsziele (Sustainable Deve-
lopment Goals, kurz SDGs) verabschiedet haben, die im Bildungsbereich
den Ausbau von GCED vorsehen, hat das Thema GCED sehr an Aufmerk-
samkeit gewonnen.
Zum selben „Biotop“ wie dieser Lehrgang gehört die so genannte Strate-
giegruppe Globales Lernen (bestehend aus VertreterInnen einschlägiger
NROs, des Bildungsministeriums, der Österreichischen Entwicklungszu-
sammenarbeit und der Wissenschaft), deren Strategiekonzept bereits
2009 die Notwendigkeit eines solchen Lehrgangs festhielt. Ein wichtiges
Arbeitsfeld ist auch der bei der UNESCO eingerichtete Fachbeirat trans-
formative Bildung, der Empfehlungen für das Bildungsministerium zur
Umsetzung des Bildungsziels der SDGs, vor allem von Ziel 4.7, das sich
mit Nachhaltiger Bildung und Global Citizenship beschäftigt, im österrei-
chischen Schulwesen ausarbeitet.2 Auf der Website des Bildungsminis-
1 Über die Umstände seiner Entstehung siehe Grobbauer/Wintersteiner 2016.
2 Ein erstes Positionspapier ist bereits verfügbar: https://www.unesco.at/fileadmin/
Redaktion/Publikationen/Publikations-Dokumente/2019_Positionspapier_OEUK_
Fachbeirat_Transformative_Bildung.pdf
Ein Lehrgang … und noch viel mehr
Zu dieser Publikation
8 | Global Citizenship Education
teriums ist GCED inzwischen sehr umfassend vertreten:
https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/ba/
globales_lernen.html
Der Universitätslehrgang bietet hierzulande erstmals
eine wissenschaftliche fundierte Ausbildung zu GCED,
wobei er sich in erster Linie an LehrerbildnerInnen,
LehrerInnen und andere MultiplikatorInnen richtet. Auf
diese Weise entsteht ein Stock an engagierten und gut
ausgebildeten Fachkräften. Der ULG stellt damit selbst
einen Meilenstein in der Umsetzung der SDGs und der
Strategie Globales Lernen/Global Citizenship Education
dar. Er inspiriert andere Fortbildungskurse und prakti-
sche Aktivitäten.
In Zusammenarbeit mit dem österreichischen UNESCO-
Schulnetzwerk wurden vom ULG Leitungsteam nicht
nur Lehrkräfte weitergebildet, sondern mit zwei Publika-
tionen auch wichtige Unterrichtsmaterialen entwickelt:
zunächst Global Citizenship Education. Politische Bildung
für die Weltgesellschaft (Wintersteiner et al. 2014), die
erste konzeptionelle Grundlage für GCED im deutsch-
sprachigen Raum. 2018 folgte eine Dokumen tation von
vorbildlichen Schulprojekten zu GCED, Global Citizenship
Education in der Praxis: Erfahrungen, Erfolge, Beispiele
in österreichischen Schulen (Grobbauer et al. 2018).
Rund um die Aktivitäten des Lehrgangs entstand somit
ein Netzwerk von wichtigen AkteurInnen: die Projekt-
3 Der Entwicklungsverbund Süd-Ost (EVSO) ist das Kooperationsnetzwerk der vier Pädagogischen Hochschulen Steiermark, Kärnten, Bur-
genland und Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Graz sowie der vier Universitäten Graz, Klagenfurt, der Technischen Universität Graz
und der Kunstuniversität Graz zur Umsetzung der Lehramtsausbildung in den drei Bundesländern Steiermark, Kärnten und Burgenland.
träger und Kooperationspartner des Universitätslehr-
gangs, die AbsolventInnen der ersten beiden Durch-
gänge, die das Konzept wiederum in ihre Institutionen
und Netzwerke tragen, die Strategiegruppe Globales
Lernen, die sich um eine gute Verbindung von Globa-
lem Lernen und Global Citizenship Education bemüht,
sowie die UNESCO Schulen.
Ein wichtiger Kooperationspartner für den Lehrgang
ist die Pädagogische Hochschule Kärnten. Diese stra-
tegische Partnerschaft unterstützt die Integration von
GCED in die PädagogInnenbildung. Inzwischen ist es
gelungen, Global Citizenship Education als transversales
Prinzip in die neuen Studienpläne für das Lehramt im
Entwicklungsverbund Süd-Ost3 sowie als Unterrichts-
thema in den Studienplan Geschichte/Sozialkunde/
Politische Bildung im Entwicklungsverbund Süd-Ost zu
integrieren.
Ebenso besteht eine Initiative der Alpen-Adria-Uni-
versität, den ULG im Rahmen der UNESCO international
zu vernetzen.
Wir hoffen, dass es uns mit all diesen Aktivitäten gelingt,
nicht nur das Netzwerk an qualifizierten und engagier-
ten „AgentInnen“ von Global Citizenship Education
auszubauen, sondern auch unserem Gesamtziel, GCED
als Standard für jede Bildung zu verankern, näher zu
kommen.
Literatur
GROBBAUER, Heidi /WINTERSTEINER, Werner (2016): Global Citizenship Education als Bildungsstrategie. Erfahrungen mit dem
Universitätslehrgang „Global Citizenship Education“. In: Bildung und Erziehung, 69. Jg., Heft 3/September 2016, S. 325–340.
GROBBAUER, Heidi/WINTERSTEINER, Werner unter Mitarbeit von Susanne Reitmair-Juárez (Hg.) (2018): Global Citizenship
Education in der Praxis: Erfahrungen, Erfolge, Beispiele in österreichischen Schulen. Wien: Österreichische UNESCO Kommission.
https://www.unesco.at/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Publikations-Dokumente/2018_GCED_in_der_Praxis.pdf
WINTERSTEINER, Werner/GROBBAUER, Heidi/DIENDORFER, Gertraud/REITMAIRJUÁREZ, Susanne (2014): Global Citizenship
Education. Politische Bildung für die Weltgesellschaft. Österreichische UNESCO-Kommission. https://www.unesco.at/fileadmin/
Redaktion/Publikationen/Publikations-Dokumente/2014_GCED_Politische_Bildung_fuer_die_Weltgesellschaft.pdf
8 | Global Citizenship Education
Global Citizenship Education | 9
I. Grundlagen und Methoden
1 Was heißt GCED? Kurze Einführung
Die Herausforderung des Globalen
Uns allen ist bewusst, dass wir uns in einer schnelllebigen Zeit mit
einschneidenden Veränderungen befinden, die sich nicht nur ganz
allgemein, sondern oft auch direkt in unserer Lebenswelt auswirken.
Dennoch fällt es uns schwer, die treibenden Faktoren und die wich-
tigsten Aus wirkungen dieser Veränderungen präzise zu fassen. Umso
wichtiger ist es, über einzelne spektakulär hervorstechende Aspekte
hinaus die vielfältigen Herausforderungen umfassend wahrzunehmen.
Zumindest die folgenden langfristigen Entwicklungslinien müssen wir
unbedingt berücksichtigen, um uns ein adäquates Bild der Situation
zu machen:
* Eine komplexe globale Vernetzung: Die weltweite Vernetzung erfasst
zunehmend alle Lebensbereiche, nicht nur die Ökonomie und die
Politik, die Transportmittel und die medialen Kommunikationsmittel,
wir sind auch mit globalen ökologischen Auswirkungen konfrontiert,
mit globalen Wanderungsbewegungen und einer globalen Bezug-
nahme in der Welt des Geistes, der Kultur und der Ideen.
* Bedrohliche globale Entwicklungen: Die nukleare Drohung der
menschlichen Selbstvernichtung hat nicht nachgelassen, Hunger
und Kriege gibt es nach wie vor; und das Artensterben und der
Klimawandel sind bekanntlich akute Probleme, die zwar regional
unterschiedlich, aber insgesamt weltweit auftreten und nur durch
gemeinsame Anstrengungen gemeistert werden können. Dies gilt
auch für die Krisen der neoliberalen Ökonomie, deren Auswirkungen
sich heute viel schneller und intensiver weltweit verbreiten.
* Glokalisierung: Wir konstatieren unmittelbar sicht- und fühlbare
Auswirkungen in der eigenen Lebenswelt wie auch (weniger be-
obachtbare) weitreichende und sogar globale Auswirkungen unseres
eigenen, scheinbar lokalen Handelns. Damit kommt die unbehagli-
che und daher oft unterdrückte Erkenntnis auf, dass wir über kurz
oder lang unsere bisherige Lebensweise ändern müssen.
* Veränderung der Machtverhältnisse: War vor 100 Jahren, nach dem
Ersten Weltkrieg, die Welt immer noch von Kolonialismus und
imperi alen Machtbeziehungen geprägt, so sieht die heutige Welt
ganz anders aus: Die ehemaligen Kolonien sind fast vollständig
unabhängige Staaten geworden, der Begriff der „Dritten Welt“, nach
dem Zweiten Weltkrieg populär geworden, weist nicht nur auf die
unterprivilegierte Position der so genannten Entwicklungsländer
hin, sondern auch auf ihren Widerstand und ihre Emanzipations-
bestrebungen. Obwohl nach wie vor neo koloniale Beziehungen in
Weltwirtschaft und Weltpolitik vorherrschen, ist heute der Wider-
10 | Global Citizenship Education
kom plexen Zusammenhänge; und es geht nicht um
„wertfreies“ oder instrumentelles Lernen, sondern um
die ethische Einbettung des Wissens. Und es geht um
die Befähigung zu politischem Urteilen und politischem
Handeln, weit über den Nationalstaat hinaus. Die Formel
für diese Aufgabe lautet Global Citizenship Education (GCED).
GCED – Politische Bildung für eine zukunfts-
fähige Welt-Gesellschaft
Die angesprochene planetarische Sichtweise ist
eine Übung in komplexem und widersprüchlichem
Denken: Es geht darum, die unhintergehbare Ein-
heit der Menschheit mit ihrer politischen, ökonomi-
schen, kulturellen Ungleichheit und Verschiedenheit
zusammen zudenken. Wie die kulturelle Vielfalt nicht als
gegenseitige Abschottung, sondern als gegensei tige
Bezugnahme organisiert werden kann, wie die hierar-
chisch sehr unterschiedliche soziale und ideologische
Vielfalt demokratisch mit einander kommunizieren
kann, ist eine Frage von neu zu erfindenden politischen
Strukturen und Kulturen. Somit kommen wir zu einem
politischen Begriff von Pluriversität – global citizenship.
Einfacher gesagt: Global Citizenship ist ein Ausdruck
dafür, dass der gesamte Planet als der Aktionsraum
einer Weltinnenpolitik betrachtet werden muss, das
heißt eine ethischen und demokratischen Prinzipien
verpflichtete politische Handlungssphäre, auch wenn
es dafür (noch) keine verbindlichen Regeln gibt, in der
das Existenzrecht aller als Individuen und politische
Sub jekte an erkannt ist und die unvermeidlichen Kon-
flikte zwischen Menschengruppen, sozialen Klassen
und Staaten in zivilisierter Form ausgetragen werden.
Diese planetarische Sichtweise ist aber keineswegs
selbstverständlich und nicht einfach zu erreichen. Denn
von unserer Wahrnehmungsweise her sind wir auf den
„methodischen Nationalismus“ eingeschworen – also
eine Denkweise, die die Nation als natürlichen Dreh-
und Angelpunkt sieht; unser emotionaler Horizont ist in
beinahe tribalistischer Manier auf einen engen Umkreis
beschränkt und selbst nationales Fühlen ist keine durch-
gängige Haltung; noch dazu, wo gerade in letzter Zeit
die Abwehr der „Anderen“ – paradigmatisch am Beispiel
der Migration – an Popularität gewinnt; auch die Zumu-
tungen des Globalen erzeugen Unlust, und ganz be-
sonders die langsam dämmernde Erkenntnis, dass wir
im Westen unsere verschwenderische Produktions- und
Lebensweise auf Kosten anderer auf die Dauer nicht
durchhalten werden können.
stand des Globalen Südens auf allen Ebenen, ein-
schließlich der intellektuellen, ein Faktor, mit dem zu
rechnen ist.
All diese Entwicklungen sind keine vorübergehenden
Trends und auch keine Randerscheinungen unseres
Lebens, sondern tiefgreifende Veränderungen – auch
wenn wir das nicht immer gerne wahrhaben wollen.
Kaum jemand hat das schärfer und klarer dargestellt als
der französische Philosoph Edgar Morin:
Menschheit hat aufgehört, nur ein biologischer
Begriff zu sein, wobei ihr unauflöslicher Einschluß
in die Biosphäre anerkannt werden muß;
Menschheit hat aufgehört, ein Begriff ohne Wurzeln
zu sein; sie ist verwurzelt in einem „Heimat land“ –
der Erde –, und die Erde ist ein Heimatland in Gefahr;
Menschheit hat aufgehört, ein abstrakter Begriff
zu sein: sie ist eine vitale Realität, denn sie ist zum
ersten Mal insgesamt vom Tod bedroht;
Menschheit hat aufgehört, ein nur ideeller Begriff
zu sein, sie ist eine Schicksalsgemeinschaft ge-
worden, und allein das Bewußtsein um diese
Gemeinschaft kann sie zu einer Gemeinschaft des
Lebens führen;
Menschheit ist von nun an vor allem ein ethischer
Begriff: sie ist das, was von allen und in jedem ein-
zelnen von uns verwirklicht werden muß. (Morin
20 01, 141)
Mit diesen starken Worten beschließt Morin seine
Studie Die sieben Fundamente des Wissens für eine Erzie-
hung der Zukunft, die er knapp vor der Jahrtausendwen-
de (1999) im Auftrag der UNESCO verfasst hat. Morin
hat Recht. Wir müssen die Dinge grundlegend über-
denken: Unsere Beziehung zur „Welt“ – im doppelten
Sinne als die äußere Umgebung wie auch das (mensch-
liche) Leben auf dem Erdball als Ganzes – verändert sich
und muss neu wahrgenommen werden. Wir brauchen
ein „planetarisches Bewusstsein“ mit all den Implikatio-
nen, die in diesem Zitat angesprochen werden.
Das hat auch Konsequenzen für die Bildung. Bei der
Bildung für die Zukunft geht es nicht bloß um einzel-
ne „Kompetenzen“, sondern um das große Ganze; es
geht nicht um isoliertes Fachwissen, sondern um die
Global Citizenship Education | 11
GCED zu vertreten, sondern dass es eine Vielzahl von
Konzepten, aber auch von regionalen „Färbungen“ gibt.
Eine große Unterstützung und Quelle der Hoffnung ist
aus unserer Sicht jedenfalls die Tatsache, dass die in
der UNO vereinigten Staaten 2015 ein Programm einer
großen Transformation der Gesellschaften in Richtung
Nachhaltigkeit, Frieden und Kooperation beschlossen
haben, die Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainab-
le Development Goals oder SDGs). GCED ist ein konsti-
tutiver Bestandteil der Bildungsaufgaben innerhalb der
SDGs (siehe Kasten).
Dem GCED-Ansatz ist ein gesellschaftlicher und Bil-
dungsoptimismus inhärent. Es steckt eine, teils uto-
pische, Hoffnung auf die Veränderbarkeit von mensch-
lichen Einstellungen und politischen Strukturen
dahinter. Ohne diesen Optimismus ist allerdings heu-
te überhaupt kein pädagogisches Handeln möglich.
Dieser Optimismus darf aber nicht blind machen für die
vielfältigen Probleme und Hindernisse.
Deswegen lässt sich GCED als Bildungsaufgabe, wie
wir sie verstehen, wohl nur in komplexen und wider-
sprüchlichen Aussagen darstellen:
* Ein integrativer Ansatz, der zugleich etwas eigenständig
Neues darstellt: GCED ist die Verbindung von Politi-
scher Bildung, Friedenserziehung und Globalem
Lernen, die aber auch Interkulturelle Pädagogik und
Bildung für nachhaltige Entwicklung miteinschließt –
und sie ist zugleich mehr als das und etwas Neues:
Politische Bildung weltbürgerlich gedacht.
* Ein postkolonialistisch-kritischer Ansatz, aber mit
planetarischem Bewusstsein: Postkolonialismus
thematisiert die Machtverhältnisse und die Repro-
duktion von Ungleichheiten als Folge kolonial ge-
prägten Denkens und Handelns. Er ist damit eine
Am Beispiel des Klimaschutzes wird dieser Widerstand
gegen die Global Citizenship Idee besonders deutlich.
Obwohl hierzulande kaum jemand leugnet, dass der
Klimawandel menschengemacht ist und dass er gefähr-
liche Folgen jetzt schon zeitigt und noch mehr in Zu-
kunft zeitigen wird, haben Politik und Bevölkerung bis
auf kleine Maßnahmen auf business as usual geschaltet.
Und wenn dann – vielleicht ein historischer Glücksfall –
SchülerInnen mit der Parole „Fridays for Future“ auf die
Straße gehen, diskutiert die Politik nicht über ihre Forde-
rungen, sondern darüber, ob es berechtigt ist, dass sie
nicht in der Schule sind.
Dem gegenüber steht unser Ansatz von GCED für das
Anliegen, über den Weg der Bildung einen Beitrag zu
leisten für ein notwendiges Umdenken und „Umfüh-
len“, das es uns erst ermöglicht, die heutigen globalen
Anforderungen emotional und intellektuell zu erfassen
und praktisch zu bewältigen. Der Hinweis auf unseren
Ansatz soll daran erinnern, dass wir nicht den Anspruch
erheben, die einzige und wahre Interpretation von
Mit der Globalen Agenda 2030 und ihrem Kernstück, den 17 Nachhaltigkeitszielen, hat die UNO einen
ambitionierten Aktionsplan für eine global gerechte, nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung vor-
gelegt. Bildung spielt eine zentrale Rolle in der Umsetzung aller Nachhaltigkeitsziele und ist gleichzei-
tig ein wichtiger eigener Programmpunkt. Die Staaten verpichten sich, eine inklusive und chancenge-
rechte Bildung zu gewährleisten sowie bis 2030 sicherzustellen, dass alle Lernenden die notwendigen
Kenntnisse und Qualikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch
Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechter-
gleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Global Citizenship und die Wertschät-
zung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung (SDG 4.7).
GLOBAL CITIZENSHIP EDUCATION BEITRAG ZUR SOZIALÖKOLOGISCHEN TRANSFORMATION
• Kosmo-politische Bildung mit weltbürger-
licher Verantwortung
• Überwindung des methodischen Nationa-
lismus (eine Weltsicht, die alles durch die
nationale Brille betrachtet)
• Reexion der eigenen (oft privilegierten)
Lebenssituation und der „imperialen Le-
bensweise“ des Westens
• Ein pädagogischer Beitrag zu einer großen
sozial-ökologischen Transformation der
Gesellschaft
GLOBAL CITIZENSHIP EDUCATION
IN STICHWORTEN
12 | Global Citizenship Education
gische Grundprinzipien. Selbstreflexion, als A und O
jedes Lernprozesses, ist in der Mitte angesiedelt. Die vier
Strahlen des Sterns entsprechen jeweils einem Grund-
prinzip.
* Kritisches Denken, d.h. ein prinzipielles Befragen der
gelieferten Informationen, aber auch der Denk-
kategorien, die diesen Informationen erst ihren
„Spin“ geben, ist eine Grundlage jeder Pädagogik.
* Eine Anwendung des kritischen Denkens ist die
kritisch-historische Analysemethode, eben critical
inquiry, die es erst ermöglicht, Zusammenhänge
sichtbar zu machen: „The starting point of authentic
learning is not an instruction, but a question.“
(Reardon/Snauwaert 2011, 6). Die historisch-kritische
Haltung ist erforderlich, um die Genese gegenwär -
tiger Konstellationen und heutiger Konflikte zu ver-
stehen. Dazu gehört etwa die Auseinandersetzung
mit unserer eigenen Vergangenheit als Bestandteil
des kolonial-imperialen europäischen Systems,
sowie mit den Zivilisationsbrüchen des
20. Jahr hunderts.
* Die Orientierung an den Werten Menschenrechte,
Frieden und soziale Gerechtigkeit unterscheidet
unseren GCED-Ansatz von einer inzwischen in
Mode gekommenen Form „Erziehung zur Globali-
sierung“, die darin im Wesentlichen ein „Fit-Machen“,
für den internationalen Konkurrenzkampf sieht –
also ein Ansatz, der auf der Vorstellung beruht, die
Lernenden seien ein „Humankapital“, das es best-
möglich auszurüsten gelte.
* Unserem Anliegen entspricht eine Didaktik der
Partizipation, als Einübung in politisches Handeln.
Diese Partizipation muss nicht immer direkt in
(öffentliches) Handeln münden, aber sie muss
die Selbständigkeit im Denken und Handeln der
Lernenden fördern, damit sie zu einer politischen
Urteilsfähigkeit finden.
Der äußere Kreis im Schaubild gibt den globalen Horizont
an, der wiederum in mehrere Aspekte differenziert wird:
Es geht
* um Fragen, deren globale Dimension von Vorn-
herein gegeben ist, wie Klimawandel, atomare
Abrüstung, oder die Nachhaltigen Entwicklungs-
ziele, um Fairness im internationalen Handel oder
um Projekte wie die „neue Seidenstraße“; es geht
also keineswegs nur um „Katastrophen“, sondern
um vielfältige gesellschaftliche Herausforderungen
und Entwicklungschancen;
unverzichtbare Basis jeder kritischen Pädagogik.
Zugleich aber muss dieser Ansatz der ungerecht
geordneten Vielfalt der Welt zusammengedacht
werden mit dem Ansatz der prinzipiellen Einheit
der Welt als Schicksalsgemeinschaft. Damit werden
die vielen sozialen, politischen oder kulturel-
len Widersprüche innerhalb und zwischen den
Gesellschaften keineswegs vernachlässigt, doch
es wird eine Richtung angegeben für die Arbeit an
der Überwindung der Ungleichheiten.
* Ein utopischer Ansatz, der Realitätssinn beweist: GCED
fasst global citizenship nicht bloß als Metapher für
globales Verantwortungsgefühl auf, sondern nimmt
sie als machbare Utopie ernst: Es muss so gehandelt
werden, als ob global citizenship heute schon
Realität wäre, obwohl citizenship immer noch an die
Staatsbürgerschaft in einem Einzelstaat gebunden
ist. Nur so kann an einer Überwindung der natio-
nalen Beschränkungen gearbeitet und das Ideal der
demokratischen Weltinnenpolitik erreicht werden.
* Ethik ohne moralischen Druck: GCED ist einem
normativen Ziel und einer ethischen Haltung ver-
pflichtet, aber ohne die Freiheit der Lernenden, die
jeder ethischen Entscheidung vorausgehen muss,
zu ignorieren und ohne zu meinen, dass es auf jede
Problematik immer nur eine ethisch gerechtfertigte
Antwort geben könne.
* Praxisorientierung, aber nicht praktizistisch: GCED
möchte praktische politische Fähigkeiten vermitteln –
doch ohne der Illusion zu verfallen, dass dies dem
Erlernen von bestimmten Techniken gleichkäme,
sondern immer im Bewusstsein, dass es um die
Entwicklung der gesamten Persönlichkeit geht.
Integratives Lehren und ganzheitliches
Lernen: der GCED-Stern
Alles Lehren ist nur die Bereitstellung von Lerngelegen-
heiten. Was Montessori in dem Satz gefasst hat, „Hilf mir,
es selbst zu tun!“, klingt schlicht und wenig anspruchs-
voll und ist doch ein umfassendes und herausfordern-
des Programm. Es geht um Bildung als Hilfe zur Selbst-
bildung, die aber wiederum nicht nur als individuelles
Lernen gedacht werden darf, sondern als gesellschaft-
lich wirksames kollektives Lernen. Dabei ist das, was die
amerikanische Friedenspädagogin Betty A. Reardon
Critical Inquiry nennt, für GCED zentral (Reardon/
Snauwaer t 2011).
Das Schaubild des GCED-Sternes bietet einen Überblick
über wesentliche Lernfelder wie auch über pädago-
Global Citizenship Education | 13
Organisation und welt-bürgerlichen Handelns. Das
heißt, dass die globale Dimension auch Bestandteil
unserer Denkgebäude, Theorien und der Wissen-
schaften werden muss; es darf keine Fortsetzung
des Kolonialismus oder des Nationalismus auf dem
Gebiet der Theorie geben. Das gilt natürlich auch
für die Theorien, die den schulischen Unterrichts-
fächern zugrunde liegen.
Der Verweis auf die Utopie, die über den gegenwär-
tigen globalen Horizont, wie er vom Kreis sym-
bolisiert ist, hinausweist, soll betonen, dass GCED
über die realen Gegebenheiten hinaus immer auch
einem „Möglichkeitsdenken“, einem Denken in
Alternativen zum Bestehenden, verpflichtet ist.
* um die globale Dimension jeder Frage, auch wenn
diese nicht sofort sichtbar ist; Beispiele für die
erfolg reiche Sichtbarmachung dieser Dimension
sind der „ökologische Fußabdruck“ oder die ver-
schiedenen „Clean-Clothes“ Kampagnen;
* ferner auch um die Verbindung von Lokalem und
Globalem zum Glokalen, wie wir es täglich erleben;
man kann die Glokalisierung an sehr vielen Alltags-
phänomenen, besonders in großen Städten, erken-
nen und damit klarmachen, dass es beim Thema
Globalisierung nicht um „die Anderen“ oder ein
„Anderswo“ geht, sondern genauso auch um uns
selbst und unsere globale Verantwortung;
* schließlich auch um den Fokus auf die Meta-Ebene
Globalität, d.h. auf Fragen der Möglichkeit welt-
gesellschaftlichen Denkens, weltgesellschaftlicher
Abb. 1: Der GCED-Stern. Quelle:
Wintersteiner et al. 2014.
Edgar Morin, auf dessen Studie sich dieser Text zu Be-
ginn bezieht, kritisiert, dass unser Bildungssystem die ei-
gentlichen Aufgaben verfehlt – nämlich zu lehren, was
das Menschsein ausmacht und was das Staatsbürger-
sein ausmacht: „We need to understand what human
beings are, we need to introduce data that is unknown
to us now, but essential to our understanding“ (Morin
2016, 36). Er folgert daraus, dass es eine radikale Reform
der Bildungssysteme bräuchte, um das, was die Idee
von GCED ausmacht, tatsächlich vermitteln zu können.
Doch das ist bereits ein anderes Thema.
Literatur
MORIN, Edgar (2001): Die sieben Fundamente des Wissens für eine Erziehung der Zukunft. Hamburg: Krämer.
MORIN, Edgar (2016): Education, democracy and global solidarity: learning to understand the other in an age of uncertainty.
In: Global Education. Towards a World of Solidarity. Report from the November 28, 2016 GENE Paris Conference, 34-36. https://
gene.eu/wp-content/uploads/GENE-Paris-conference-report.pdf
REARDON, Betty A./SNAUWAERT, Dale T. (2011): Reflective Pedagogy, Cosmopolitanism, and Critical Peace Education for Political
Efficacy: A Discussion of Betty A. Reardon’s Assessment of the Field. In: In Factis Pax, Volume 5, Number 1: 1-14.
WINTERSTEINER, Werner/GROBBAUER, Heidi/DIENDORFER, Gertraud/REITMAIRJUÁREZ, Susanne (2014): Global Citizenship
Education. Politische Bildung für die Weltgesellschaft. Österreichische UNESCO-Kommission.
FOKUS
Globale Dimension
aller Fragen
FOKUS
Glokale eigene
Realität
Utopie
Handlungs-
orientierung
Partizipation
Politisches
Handeln
FOKUS
Frage der
Globalität
FOKUS
Globale Fragen
Global
Citizenship
Education
Grundfähig keit
Kritisches
Denkvermögen
Studienmethode
Historisch-
kritisch
Werte
Frieden
Soziale
Gerechtigkeit
Menschenrechte
Grundhaltung
Selbstreexiv
14 | Global Citizenship Education
Komplexität – Verantwortung – Selbstreexion
Die Didaktik des Universitäts lehrgangs GCED
1 Strukturelle Voraussetzungen des ULG
Der Lehrgang ist eine berufsbegleitende Weiterbildung, stellt als Universi-
tätslehrgang (ULG) mit Master-Abschluss aber sehr hohe Ansprüche an alle
Beteiligten. Die Struktur des ULG muss der Tatsache Rechnung tragen, dass
die Teilnehmenden ihr Studium neben ihren beruflichen Herausforderun-
gen zu bewältigen und nur eingeschränkte Möglichkeiten für Präsenzse-
minare haben. Die Didaktik des Lehrgangs antwortet auf diese Herausfor-
derungen und erschließt damit auch neue Lehr- und Lernmöglichkeiten.
Denn die berufliche und die Lebenserfahrung der Studierenden ist eine
wesentliche Ressource, die genützt werden kann. Der ULG Global Citizen-
ship Education (GCED) ist daher ein Blended Learning-Bildungsangebot,
er verschränkt geblockte Lehrveranstaltungen in Form mehrtägiger
Semi nare, regionale Workshops und mehrere Kurzseminare bzw. Work-
shops mit Phasen des E-Learn ings und selbstgesteuerten Lernphasen.
In den Präsenzseminaren werden in methodischer Vielfalt komplexere
Fragen und Themen bearbeitet, es gibt Vorträge und Diskussionen mit
den Lehrenden und Gastvortragenden des ULG. Im Vordergrund stehen
auch das soziale Lernen und die Entwicklung eines Gemeinschafts-
gefühls der Teilnehmenden. Die Inhalte und Erfahrungen aus den
Präsenzseminaren werden z. T. in den E-Learning-Einheiten aufgegrif-
fen und können im Austausch zwischen den Teilnehmenden noch ein-
mal vertieft werden. Die ersten E-Learning Einheiten des ULG umfassen
Aufgaben, die die Studierenden selbständig erarbeiten müssen, und die
Teilnahme an mehrtägigen Online-Foren, wo die Aufgabenstellungen
gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt werden. Die Teilnahme an
diesen Diskussionsforen ist verpflichtend, kann jedoch von den Studie-
renden zeitlich flexibel erfolgen und ist selbstgesteuert. (Details siehe im
Artikel „Inhalte und Ablauf“)
Ein wichtiger Teil des Lehrgangs ist die gemeinsame Studienreise, in
beiden Durchgängen des ULG ist die Studienreise zu einem Highlight für
die Studierenden geworden. Didaktisch ist die Planung und Durchfüh-
rung der Studienreise eine große Herausforderung. In wenigen Tagen wird
ein anspruchsvolles und vielfältiges inhaltliches Programm ab solviert –
mit Vorträgen und Diskussionsrunden an Universitäten, in Sozialeinrich-
tungen und bei zivilgesellschaftlichen Organisationen. (Details siehe im
Artikel „Studienreisen“)
Die Didaktik des ULG schöpft die Potenziale eines mehrjährigen Lehrgangs
und der intensiven Zusammenarbeit aus. Mitglieder des Leitungsteam
betreuen alle Lehrveranstaltungen mit und gewährleisten dadurch einen
intensiven Austausch mit den Teilnehmenden. Ziel ist die Bildung einer
aktiven Lerngruppe, die gemeinsam die Themen erarbeitet, vertieft und
weiterentwickelt.
Global Citizenship Education | 15
nen bereits Vorkenntnisse haben, und zwar sehr un-
terschiedliche. Man könnte also sagen, jeder und jede
einzelne Studierende hat etwas anderes zu lernen.
Zugleich ist es unser Anspruch, das Wissen auch exem-
plarisch anhand von Fallbeispielen zu vermitteln, dabei
werden aktuelle politische Themen und Konflikte auf-
gegriffen und unter der Perspektive von GCED bearbei-
tet. Die curriculare Planung des ULG braucht damit auch
eine gewisse Offenheit, um aktuelle Themen integrie-
ren zu können.
2.1 Interdisziplinäres Themenfeld und
transdisziplinäre Zusammenarbeit
Das Themenfeld von Global Citizenship Education
umfasst, wie der GCED-Stern (siehe Artikel „Was heißt
GCED?“) zeigt, sowohl die Meta-Ebene Globalität und
genuin globale Fragen als auch die globale Dimen-
sion zentraler gesellschaftlicher Entwicklungen und
ebenso die Überschneidungen und Verknüpfungen
von lokalen und globalen Entwicklungen. Diese Kom-
plexität globaler Fragen und Entwicklungen, aber auch
globaler Krisenphänomene sind nur mehr in interdis-
ziplinärer Zusammenschau zu verstehen. Gesellschaft-
liche Schlüsselprobleme erfordern Forschungen und
Lösungsorientierungen, die über disziplinäre Grenzen
hinausgehen. Der ULG Global Citizenship Education
zeichnet sich durch Interdisziplinarität aus, so sind etwa
sozialwissenschaftliche Grundlagen zentraler Bestand-
teil des Lehrgangs-Curriculums. Die Auseinanderset-
zung mit dem Begriff von (Global) Citizenship oder mit
den damit verbundenen Fragen transnationaler Demo-
kratie basiert auf politikwissenschaftlichen Zugängen
und Politischer Theorie. Die LehrgangsteilnehmerInnen
konnten sich diese Themen anhand von Vorträgen und
intensiven Diskussionen, z. B. zu „Post Democracy und
Transnationale Demokratie“, „Global Governance“, zu
„Demokratie, Bürgerschaft und Menschenrechte“ oder
zu „Citizenship im Kontext von Migration und Asyl-
politik“ erschließen oder in Diskussionsforen (E-Lear-
ning) und durch die Erarbeitung von Reflective Papers
vertiefen. Die Ver bindung all dieser Themen mit Global
Citizenship Education war dabei ebenfalls durchgän-
giges Thema in Seminaren und selbstorganisierten
Lernphasen.
Das pädagogische Konzept baut auf bildungswissen-
schaftlichen Grundlagen und der Kenntnis und kriti-
schen Reflexion pädagogischer Konzepte auf, die Global
Citizenship Education mitbegründet haben. Das Ver-
ständnis von Global Citizenship Education im ULG ba-
2 Grundprinzipien der curricularen Planung
In der Planung wie in der laufenden Weiterentwicklung
des ULG leitet uns die Suche nach Antworten auf
folgende Fragen:
* Wie kann die Komplexität der Materie „sinnvoll“
reduziert werden, d.h. wie können die Inhalte den
TeilnehmerInnen zugänglich gemacht werden,
ohne die sehr große Komplexität zu unterschlagen?
* Welches Wissen brauchen die TeilnehmerInnen des
ULG?
* Was sind die spezifischen Notwendigkeiten und
Möglichkeiten eines solchen Lehrgangs?
* Wie kann eine Pädagogik und Didaktik von GCED
entwickelt werden, die dem Gegenstand und den
eigenen Ansprüchen gerecht wird?
Die Auswahl der inhaltlichen Schwerpunkte des ULG
ist angesichts der Komplexität des Themenfeldes eine
besondere Herausforderung. Die Komplexität ist einer-
seits damit begründet, dass Global Citizenship Educa-
tion mehr ist als ein pädagogisches Konzept. Grund-
lage für Global Citizenship Education ist vielmehr ein
komplexes, interdisziplinäres Themenfeld, das sich mit
globalen Fragen und Zusammenhängen sowie dahin-
terliegenden komplexen Systemen und Wechselwirkun-
gen beschäftigt (siehe den Artikel „Was heißt GCED?“).
Gleichzeitig ist Global Citizenship Education ein relativ
neues Forschungsfeld (zumindest im deutschsprach-
igen Raum). Diese Komplexität erfordert, fünf Arten von
Wissen integriert zu vermitteln:
* sachliches Weltwissen (z.B. politische Konstellati-
onen in Zeiten der Globalisierung – die faktische
Seite der Globalisierung);
* konzeptionelles Wissen (Globalisierung als Theorie,
Kosmopolitismus – Begriffe, die Weltbilder vermit-
teln);
* konzeptuelles pädagogisches Wissen (z.B. über
Bildungsprozesse insgesamt sowie Global Citizen-
ship Education, Friedenspädagogik, antirassistische
Pädagogik);
* pädagogisches Wissen auf praktischer Ebene (spe-
zifische Zugänge und Methoden);
* Methoden der pädagogischen Forschung (z.B. Ak-
tionsforschung/ Feldforschung/Formen qualitativer
Sozialforschung).
Dieses Wissen ist zunächst systematisch aufzubauen,
wobei zu berücksichtigen gilt, dass die TeilnehmerIn-
16 | Global Citizenship Education
Diesen Kosmopolitismus kann es aber heute nur mehr
in einer „postkolonial aufgeklärten“ Form geben. Die
Stärke postkolonialer Zugänge als globale kritische
Theorie lässt sich in vier Aspekten zusammenfassen
(Kerner, 2012, 164 ff):
* Postkoloniale Theorien entgehen dem „methodo-
logischen Nationalismus, dem Rekurs auf den
Nationalstaat als quasi-natürlichem, nicht weiter
hinterfragtem Referenzrahmen“ weil sie nach den
globalen Konstellationen und weltgeschichtlichen
Hintergründen ihrer Untersuchungs- und Refle-
xionsgegenstände fragen.
* Sie sind gekennzeichnet durch ein Globalisierungs-
bewusstsein, durch die Einsicht in die Bedeutung
transnationaler Verflechtungen und die Kritik
transnationaler Macht(wirkungen) sowie durch die
Erfahrungen an der Peripherie.
* Postkoloniale Theorien haben einen weiten Gegen-
standsbereich, epistemisch-kulturelle, politische
und sozioökonomische Fragen, und sind daher
gut geeignet, Brückenschläge und Verbindungen
unter schiedlicher Disziplinen und Wissenstraditio-
nen zu organisieren.
* Sie können als normativ bzw. politisch motivierte
Wissenschaft betrachtet werden und gehen damit
auch Verbindungen zu außer-akademischer
Wissens produktion und außer-akademischem
Engagement ein.
Aus diesen Überlegungen lassen sich nicht nur zentrale
Anknüpfungspunkte für Global Citizenship Education
ableiten. Im pädagogischen Kontext beeinflussen post-
koloniale Denkmuster auch die Auswahl und den Inhalt
jener Themen, die als global relevant eingestuft werden.
Der kritische Blick auf Wissen, Wissensproduktion und
postkolonial geprägte Denkmuster fällt auch Pädago-
gInnen schwer, wie unsere Erfahrungen in der Koope-
ration mit Schulen zeigen. Postkoloniale Zugänge und
deren kritische Perspektive stärker mit Unterrichtsthe-
men zu verknüpfen, Bezüge zu Lehrplänen herzustellen
und gute Unterrichtsbeispiele zu entwickeln, gehört
demnach zu den aktuellen Aufgaben bei der Weiterent-
wicklung von GCED in der Schulpraxis. Auch auf diese
Aufgabe sollen die Studierenden vorbereitet werden.
2.3 Didaktik der Kontroversität
Globale Schlüsselfragen sind durch wissenschaftliche
Kontroversen und häufig widersprüchliche wissen-
schaftliche Erkenntnisse gekennzeichnet. Den Umgang
siert außerdem auf der normativen Grundlage globale
Gerechtigkeit, womit Philosophie und Ethik wichtige
theoretische Bezugspunkte bieten.
Gesellschaftliche Schlüsselprobleme erfordern heute
nicht nur Forschungen und Lösungsorientierungen,
die über disziplinäre Grenzen hinausgehen, sondern
auch Kooperationen über die Wissenschaft hinaus. Dies
zeichnet den ULG Global Citizenship Education aus, der
von Beginn an auch ein Projekt der transdisziplinären
Zusammenarbeit war. Die Chancen transdisziplinärer
Zusammenarbeit liegen im Aufgreifen gesellschaftlich
relevanter Probleme, gemeinsamen Lernprozessen von
WissenschaftlerInnen und außeruniversitären Akteu-
rInnen sowie in der Generierung von gesellschaftlich
anerkanntem und lösungsorientiertem Wissen und
von wissenschaftlichen wie praxisrelevanten Erkennt-
nissen (Rieckmann 2015, 5). Diese Chancen greift der
ULG in mehrfacher Hinsicht auf: Er ist getragen von
einer transdisziplinären Zusammenarbeit der Universi tät
Klagenfurt mit der Pädagogischen Hochschule und
mit zivilgesellschaftlichen Akteuren wie KommEnt
und dem Demokratiezentrum Wien (bis Mitte 2017);
die TeilnehmerInnen des ULG sind Teil dieser trans dis-
ziplinären Zusammenarbeit, sie kommen primär aus
der PädagogInnenbildung, der Schulpraxis und an-
deren Bildungsbereichen, sie sind MitarbeiterInnen in
zivil gesellschaftlichen Organisationen, die im Bildungs-
bereich tätig sind oder sie kommen aus der Verwaltung,
dem Sozial bereich und anderen Berufsfeldern; sie
bringen Zugänge und Erfahrungen aus ihren Arbeits ge-
bieten in den ULG ein und sie tragen die Erkenntnisse
aus dem ULG wiede rum hinaus in ihre Praxisfelder. Mit
den Masterarbeiten leisten sie einen Beitrag zur Weiter-
entwicklung des Forschungs- und Praxisfeldes Global
Citizenship Education.
2.2 Kosmopolitismus und Postkolonialismus
als Leitlinien
Für die inhaltliche Ausrichtung des ULG ist die Be-
schäftigung mit Kosmopolitismus unabdingbar, der
„kosmopolitische Blick“ soll zu einer grundlegenden
Perspek tive werden, mit der die für Global Citizenship
Education relevanten Theorien, wissenschaftlichen
Grundlagen und relevanten Fakten verknüpft und an
der sie ge messen werden. Kosmopolitismus verweist
auf die Notwendigkeit eines weltgesellschaftlichen
Denkens und weltbürgerlichen Handelns.
Global Citizenship Education | 17
2.4 Partizipation der Teilnehmenden
Die curriculare Planung des ULG legt zentrale Inhalte
und Ziele fest, gleichzeitig muss eine gewisse Offenheit
bleiben, um einerseits auf die Interessen der Studieren-
den eingehen zu können und ihr Vorwissen, ihre Voraus-
setzungen und ihre Ressourcen berücksichtigen zu kön-
nen. Denn diese sind ein zentrales Element der Lehr-/
Lernprozesse. Andererseits muss ein dreijähriger Lehr-
gang, der sich mit globalen Entwicklungen beschäftigt,
auch so strukturiert sein, dass aktuelle Themen, neue
Fragen in das Programm aufgenommen werden kön-
nen. Wir bauen daher auf eine „rollende Planung“ (Ver-
fahren zur systematischen Aktualisierung und Konkreti-
sierung der Pläne).
Die Partizipation der TeilnehmerInnen ist erklärtes Ziel
des ULG, sie sollen ihre Lernprozesse selbst steuern und
aktiv am Seminarablauf teilnehmen können. Dies setzt
voraus, dass die Prozesse im Seminarablauf transparent
sind bzw. transparent gemacht werden. Zu diesem
versteht sich von selbst, dass wissenschaftliche Kontro-
versen im Rahmen eines Universitätslehrgangs Teil der in-
haltlichen Auseinandersetzung und des Programms sind.
Ebenso wie interdiszi plinäre Zugänge sollten aber auch
kontroverse Perspektiven in die inhaltliche Planung eines
Lehrgangsprogrammes bewusst aufgenommen werden.
Im ULG haben wir dafür zwei Möglichkeiten gewählt, die
an folgenden Beispielen erläutert werden sollen:
mit Komplexität und den daraus resultierenden Unge-
wissheiten zu lehren und zu lernen ist eine der zent-
ralen pädagogischen Herausforderungen von Global
Citizenship Education. Eine Didaktik der Kontroversität
basiert daher auf der bewussten Integration von kon-
troversiellen Standpunkten und der Möglichkeit zum
Vergleich verschiedener wissenschaftlicher Erkennt nisse
und verschiedener Perspektiven in Bildungsprozesse. Es
Beispiel 1 (ULG 1, Seminar 1)
Thema: „Post Democracy“ und Transnationale Demokratie und der Abstieg des Nationalstaats
Podiumsdiskussion mit ausgewählten LehrgangsteilnehmerInnen und Prof. Dr. Anton Pelinka
(Nach einem Tag mit verschiedenen Inputs von Anton Pelinka zum Thema: Politik und das Politische,
Politikbegrie, Demokratiebegrie, Fragen transnationaler Demokratie)
Beispiel 2 (ULG 1, Seminar 2)
Thema: Politik in der Weltgesellschaft: Global Governance
Zwei kontroverse Vorträge zum gleichen Thema: Ulrich Brand (Universität Wien) und Silke Weinlich
(Deutsches Institut für Entwicklungspolitik)
Im Anschluss Dialog der beiden Vortragenden, in dem sie ihre jeweils unterschiedlichen Zugänge mit
einander konfrontierten.
KONTROVERSEN ALS BILDUNGSPRINZIP
Box 1: Didaktische Arrangements zur Bearbeitung kontroverser Standpunkte
Zweck wurde die „Steuerungsgruppe“ eingerichtet, de-
ren Aufgabe es war, den Seminarablauf durch Reflexion
und Intervention mitzugestalten. Die Steuerungsgrup-
pe bestand aus dem Lehrgangsteam und zwei bis drei
TeilnehmerInnen, die wechseln sollten. Die Steuerungs-
gruppe traf sich einmal pro Seminar. Ziel war die ge-
meinsame, kritische Reflexion des Seminargeschehens.
Die Anregungen und Kritiken der Steuerungsgruppe
wurden – so weit möglich – in den Seminarablauf ein-
gebaut.
3. Das Lehr- und Lernkonzept im Überblick
Das folgende Schaubild illustriert den oben skizzierten
umfassenden und integrativen Ansatz. Die Kreise stel-
len die jeweiligen Kernelemente des Curriculums dar:
Postkolonialismus und Kosmopolitismus finden sich im
Curriculum zusammengefasst im Fach Sozialwissen-
schaftliche Grundlagen von Global Citizenship Educa-
tion; Pädagogisches Konzept und normative Grundlage
entsprechen den Fächern bildungswissenschaftliche
18 | Global Citizenship Education
bzw. ethische Grundlagen von Global Citizenship Edu-
cation. Die erläuternden Boxen sprechen sowohl Inhalte
wie lehrgangsdidaktische Zielsetzungen an. Die beiden
Klammern links und rechts im Schaubild deuten den in-
tegrativen Ansatz an.1
Komplexität – Verantwortung – Selbstreflexion: Mit
diesen drei titelgebenden Schlagwörtern lässt sich das
Lehr- und Lernkonzept ganz gut zusammenfassen. Die
Komplexität steht für das Bemühen, Inhalte und Me-
thoden umfassend und integrativ zu vermitteln; Ver-
antwortung meint die ethische Fundierung im Ideal
einer postkolonial bewussten globalen Gerechtigkeit;
und Selbstreflexion steht nicht nur für die angestrebte
Grundhaltung des Leitungsteams, sondern auch für ei-
nen Habitus, der allen, die GCED praktizieren, selbstver-
ständlich werden sollte.
Mit diesem Zugang haben wir, wie wir hoffen, nicht
nur eine adäquate Didaktik für diesen spezifischen
Lehrgang entwickelt, sondern auch ein Modell zur Um-
setzung von GCED geschaffen, das nicht hinter den
proklamierten Zielen dieser pädagogischen Richtung
zurückbleibt.
Literatur:
KERNER, Ina (2012): Postkoloniale Theorien. Zur Einführung. Hamburg: Junius.
RIECKMANN, Marco (2015): Transdisziplinäre Forschung und Lehre als Brücke zwischen Zivilgesellschaft und Hochschulen – In:
ZEP: Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik 38/3, S. 4–10.
Box 2: Das Lehr- und Lernkonzept des ULG Global Citizenship Education
Aktuelle Themen integrieren
Praktische (pädagogische) Erfahrungen und ihre
theoretische Reexion
Praktikum
Studien-
Reise/
Austausch
Gesam-
ter ULG
Post-
kolonialismus
Metatheorie
(Politische)
Bildung
Pädagogisches
Konzept
Kosmopoli-
tischer Blick
Sozialwissen-
schaftl. Grund-
lagen
Globale
Gerechtichkeit
Normative
Grundlage
Gesamtkonzept GCED
Geschichte und
verwandte Pädagogiken
UNESCO-Bildungspolitik
Erziehungswissenschaft-
liche Grundlagen
Konzepte und
Methoden
Menschenrechte
Gendergerechtigkeit
Global Justice
Frieden
„Heimatland Erde“
Prinzipien und Beispiele
Wissenschaftl.
Arbeits-
methoden
Persön-
liche und
beru iche
Selbst-
reexion
Global
Citizenship Education
ULG
Postkoloniale Kritik an
Sozialwissenschaft und Pä-
dagogik, an Rassismus und
Eurozentrismus, am metho-
dischen Nationalismus und
Imperialer Lebensweise
Konzepte und
Instrumente
Politisches Fachwissen
Globalisierung
(Internationale) Politik
Citizenship
(Transnationale) Demokratie
Spezialthema
Studienreise/Partnerschaft
Fakten und Theorien
1 Das Curriculum des ULG ist abrufbar auf der Website des Lehrgangs: https://www.aau.at/universitaetslehrgaenge/global-citizenship-
education/
Global Citizenship Education | 19
2
II. Ablauf und Einschätzungen
Inhalte und Ablauf des ULG
1. Die Präsenzseminare
Die Präsenzseminare (4–5 Tage) sind das Rückgrat des Lehrgangs, sie
sind aber keineswegs die einzige Lernform. Hinzu kommen vor allem die
E-Learning Module, Regionalgruppentreffen, Selbststudium, die Studi-
enreise und – neu im dritten Durchgang – ein Praktikum sowie ein Be-
gegnungsseminar mit Studierenden aus dem globalen Süden. Auch die
Seminare selbst beschränken sich keineswegs auf die unten genannten
Inhalte, sie werden immer ergänzt durch aktuell auftauchende Fragen,
die Praxis der TeilnehmerInnen und ein Kulturprogramm, das sich mehr
oder minder eng an den Seminarinhalten orientiert. Über die traditionel-
len Arbeitsmethoden (Vortrag, Diskussion, Gruppenarbeit, Open Space,
World Café, Filme) hinaus kommen auch literarische Wanderungen, das
politisch-literarische Quartett usw. zum Einsatz. Einen wichtigen Bestand-
teil macht die permanente Begleitung und Betreuung der Studierenden
beim Abfassen ihrer Seminararbeiten bzw. der Masterarbeit aus. Hier wird
der Vorteil eines fixen Teams von LehrgangsleiterInnen, das bei allen Se-
minaren anwesend ist, besonders deutlich.
Dennoch ist bereits die Kenntnis der wichtigsten Seminarinhalte auf-
schlussreich, um den gesamten Lehrgang zu verstehen. In der Folge wird
dies am Beispiel des ersten Durchgangs erläutert.
ERSTER DURCHGANG 2012–2015
Seminar 1 – Bildung in einer globalisierten Welt (November 2012)
Das erste Seminar hat einführenden Charak ter und spannt deshalb immer
einen weiten Themenbogen, von politischen, philosophischen und
kulturellen Zugängen bis hin zu pädagogischen Fragen. Konkret:
* Globalisierung – Aspekte und Dimensionen
* Welt-Anschauungen, Welt-Sichten, Welt-Bilder: Wer regiert die Welt?
* Weltsichten – literarisch geäußert: Vortrag, Gespräch und Lesung mit
Ilija Trojanow
* Politik und das Politische: Politik und Politikbegriffe, Demokratie und
Demokratiebegriffe, „Post Democracy“
* Friedenspädagogik, Globales Lernen, Politische Bildung
* Global Citizenship Education
* Transfer in die Praxis/Weiterarbeit
Seminar 2 – Konikte und Konikttransformation (Juli 2013)
Im ersten Durchgang setzte das zweite Seminar einen sehr starken Akzent
auf Konfliktbearbeitung, auch im Hinblick auf die folgende Studienreise
zum Konfliktherd Israel und Palästina
20 | Global Citizenship Education
UNTERSCHIEDE BEIM ZWEITEN DURCHGANG
Der zweite Durchgang wurde nach demselben Curricu-
lum durchgeführt und ist daher in den groben Linien
mit dem ersten identisch. Dennoch wurde eine Reihe
von anderen Akzenten gesetzt. Die wichtigsten seien
hier genannt:
* Zu Beginn stand, da sich dies organisatorisch machen
ließ, ein Austausch mit den TeilnehmerInnen des
ULG 1, sowie ein Workshop „Global Citizenship
im Kontext von Flucht und Asyl” (gemeinsam mit
Studierenden mit Fluchterfahrung)
* Der Durchgang konnte auf der konzeptionellen
Weiterentwicklung von GCED durch die Lehrgangs-
leitung aufbauen; entsprechend wurde das
Konzept inhaltlich vertieft und methodisch präziser
bearbeitet
* Die sozialwissenschaftlichen Hintergründe von
GCED wurden wesentlich genauer ausgeleuchtet:
Demokratie, Bürgerschaft und Menschenrechte;
Postkolonialismus und Feminismus; die Vielfachkrise
des globalen Kapitalismus (im Gegenzug wurde das
Thema Konfliktbearbeitung zurückgefahren)
* Global Justice als philosophische Leitlinie und
Unterscheidungsmerkmal für GCED wurde aus-
führlich behandelt
* Das Angebot an Zusatzseminaren zu Methoden
des wissenschaftlichen Arbeitens wurde erheblich
erweitert
2. Die E-Learning Module (ausgewählte
Beispiele)
Um die Arbeit im ULG noch besser zu illustrieren, seien
hier auch zwei Beispiele für E-Learning Module aus dem
ULG I angeführt. E-Learning ist ein sehr vielfältig und fle-
xibel handhabbares Konzept. Für uns war dabei beson-
ders die Möglichkeit der Interaktion entscheidend – die
Interaktion der Studierenden mit einem vorgegebenen
Text, mit der Lehrgangsleitung, vor allem aber mit den
anderen Studierenden über das jeweilige Thema. Meist
war das Forum für fünf, sechs Tage eingerichtet. Inner-
halb dieser Zeit konnten sich die TeilnehmerInnen je
nach ihren persönlichen Möglichkeiten beteiligen. Die
Beteiligung an sich war aber Pflicht.
Im Vergleich zu einer Diskussionsrunde mit körperli-
cher Anwesenheit ist diese Interaktion verlangsamt,
aber intensiviert – und dokumentiert. Das bedeutet zu-
nächst, dass die Inhalte besser durchdacht und länger
* Global Citizenship Education: Konflikte (in) der
Weltgesellschaft als pädagogische Herausforderung
* Trends in der Weltgesellschaft; Internationale
Organisation(en):
* Fallbeispiel UNO – Modelle internationaler
Koope ration und Steuerung?
* Global Governance – Überblick und kritische
Aus einandersetzung mit Konzepten
* Politik in der Weltgesellschaft – Konsequenzen für
eine zeitgemäße Bildung
* Konflikt und Konflikttransformation (2-tägiger
Workshop)
* Begriffliche und konzeptive Grundlagen
* Interaktive Konfliktbearbeitung am Fallbeispiel
Israel/Palästina
* „Lessons learned“ aus dem Konfliktworkshop für die
pädagogische Arbeit
* Friedensförderung durch globales zivilgesellschaft-
liches Engagement: der Beitrag von Global Citizen-
ship Education
Seminar 3 – Kompetenzentwicklung und
Praxis transfer von GCED (Juli 2014)
Der Vergleich von Seminar 3 und 4 mit Seminar 2 zeigt
eine andere Arbeitsweise: weniger Themen, dafür inten-
sivere Bearbeitung; weniger Inputs, dafür ein stärkeres
Einbeziehen der Erfahrungen und Reflexionen der Teil-
nehmerInnen.
* Vertiefung und Aneignung des Konzepts „Global
Citizenship Education“ (Abfolge von Vorträgen und
Arbeitsgruppen)
* Global Citizenship Education in seiner praktischen
Umsetzung mit Mini Open Space
* Bildungsperspektiven und Weltsichten aus ver-
schiedenen Weltregionen
* Postkoloniale Perspektiven auf Bildungsprozesse in
globalisierten Zonen
Seminar 4 – Wissenschaftliches Arbeiten (November
2014)
* Citizenship im Kontext von Migration und
Asylpolitik
* Inhaltliche Einführung zum wissenschaftlichen
Arbeiten
* Wissenschaftliches Arbeiten – Fragen der Erfassung,
Auswertung und Interpretation von Daten
* Besprechung und Weiterentwicklung der
Masterarbeiten
Global Citizenship Education | 21
Eure Fragestellungen bzw. Diskussionsbeiträge können
im Forum interaktiv mit der Lehrgangsleitung und al-
len ULG-TeilnehmerInnen diskutiert werden, außerdem
werden alle relevanten Fragen auch in das Seminar 3
einfließen.“
ULG I – E-Learning Modul 5
Zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Master-Arbeiten
wollten wir nochmals einen Input setzen, der den Blick
einen Moment lang wieder auf das größere Ganze von
GCED lenkt. Textgrundlage dazu war das Executive
Summary einer damals soeben erschienen Broschüre
der UNESCO: Global Citizenship Education: Preparing
learners for the challenges of the twenty-first century
(https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000227729).
Die Aufgabe:
„Schreibt bitte einen kurzen Kommentar, welchen Be-
zug Euer Thema zu den hier formulierten Prinzipien
der GCED hat. Die Diskussion sollte anschließend dazu
genutzt werden, bei anderen TeilnehmerInnen Nachfra-
gen zu deren Kommentaren zu stellen bzw. Nachfragen,
die an Euch gerichtet sind, zu beantworten. Das Ergeb-
nis kann dann direkt in die Masterarbeit, z. B. in die Ein-
leitung, eingebaut werden.“
gemerkt werden können. Das bedeutet ferner für die
Studierenden, dass im Prinzip alle – auch diejenigen, die
langsamer reagieren, oder diejenigen, die mehr rezeptiv
als intervenierend teilnehmen – die gleichen Chancen
haben und damit mehr Erfolgserlebnisse erwartbar
sind. Das bedeutet schließlich, dass die Lehrgangslei-
tung die Diskussionsergebnisse besser einschätzen und
zur Ausgangsbasis für weitere didaktische Initiativen
machen kann.
Schnell mussten wir allerdings erkennen, dass diese
Foren, je mehr Texte und Fragen man stellt, eine un-
glaubliche Komplexität entwickeln können, die leicht zu
einer Überforderung führen kann. Deswegen haben wir
damit begonnen, die Anzahl der Themen und Fragen
zu reduzieren bzw. sie zur Wahl zu stellen, sodass nicht
alle Studierenden alle Punkte bearbeiten mussten.
E-Learning Modul 4
Ein Diskussionsforum zur Vorbereitung des dritten
Seminars mit dem Schwerpunkt Konzepte und Kompe-
tenzen von GCED
Die Aufgabe:
„FAQ zu Global Citizenship Education, d. h.:
Welche Fragen habt Ihr zum inhaltlichen Konzept „Global
Citizenship Education“ und dessen Umsetzung?
* Fragen, die schon bislang unerledigt geblieben sind
* Fragen, die bei der Vorbereitung Eurer Masterarbeit
aufgetaucht sind
* Fragen, die sich in Eurer pädagogischen Praxis
stellen
22 | Global Citizenship Education
Studienreisen als unverzichtbare
Lernmethode von GCED
Eine Studienreise ist eine unersetzbare Lernmöglichkeit im Rahmen des
Universitätslehrgangs. Sie erlaubt es, Aspekte und Dimensionen, die bei
Vorträgen oder Lektüre getrennt studiert werden, in ihrer Verknüpfung
zu erleben; sie zeigt die Folgen gesellschaftlicher Systeme und politischer
Entscheidungen am lebendigen Beispiel von Menschen, die sie erleben
oder durchleiden; sie bietet sinnliche, emotionale und intellektuelle Er-
fahrungen in einem; sie ermöglicht eine vollkommen andere Q ualität
der Involvierung der Lernenden in den Lernprozess und löst damit
auch intensivere Debatten und Selbstreflexionen aus. Sie ist eine sehr
anspruchsvolle und komplexe Lernmethode, und deswegen müssen
dafür auch die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden:
eine gute inhaltliche Vorbereitung, die die soziale Situation des Landes
mit der Perspektive von Global Citizenship verknüpft; eine Auswahl von
ReferentInnen und Begegnungsmöglichkeiten, die über das unmittelbare
Erlebnis hinausführen sowie ausreichend Gelegenheiten für Austausch
und Reflexion. Daraus folgt auch, dass die LeiterInnen der Studienreise,
die selbst zugleich Reisende und TeilnehmerInnen sind, in diesem Prozess
ebenfalls besonders gefordert werden. Sie müssen Lernprozesse mode-
rieren, deren Ablauf sie noch viel weniger als bei Vorträgen und Work-
shops vorhersehen können und in die sie mehr als sonst üblich auch
selbst als Lernende involviert sind. Das erfordert nicht nur eine genauere
inhaltliche Vorbereitung als vielleicht bei anderen Lernarrangements,
sondern auch eine ständige Wachheit für die wechselnden gruppen-
dynamischen Situationen, für mögliche Risiken aller Art wie auch für neue
Gelegenheiten.
In der Folge kann nur ein kurzer Einblick in die Reisen der ersten beiden
Durchgänge des Lehrgangs geboten werden. Trotz des grundsätzlichen
gemeinsamen Anliegens unterschieden sie sich sehr deutlich in vielerlei
Hinsicht: in der geopolitischen Bedeutung des jeweiligen Ziellandes, in
den vorherrschenden Konflikten und damit auch in der konkreten Ziel-
setzung und teilweise auch in den Arbeitsmethoden.
Israel/Palästina:
ein unlösbar scheinender Konikt hautnah erlebt (2013)
Hauptziel der Reise war es, tiefere Einblicke in diesen jahrzehntelang
andauernden Konflikt zu erlangen und Möglichkeiten der Konfliktlösung,
Prävention und Peace-Keeping sowie Friedenspädagogik zu reflektieren.
Obwohl die geopolitische Bedeutung der Konfliktkonstellation im Nahen
Osten für GCED von großer Relevanz ist, überwogen doch im Erleben und
in den Erfahrungen vor Ort der unmittelbare Konflikt, seine Geschichte,
aber vor allem seine zahlreichen Manifestationen im Alltag der Menschen.
Bei dieser Reise ging es vor allem darum, beiden Seiten gerecht zu werden,
um ein möglichst umfassendes Verständnis des Konflikts zu erlangen. Das
bezog sich im Wesentlichen darauf, die Stimmen beider Seiten zu ver-
Global Citizenship Education | 23
nehmen, wobei schnell bewusst wurde, wie plural und
vielfältig die Positionen auf jeder Seite sind. Das hatte
aber auch Konsequenzen für die Organisation der Rei-
se selbst – Übernachtung in einem jüdischen Hotel in
Tel Aviv, in einem arabischen in Jerusalem/al-Quds, Bu-
chung von Guides ebenso wie von Restaurants beider
Seiten, bewusste Einladung von ReferentInnen, die Posi-
tionen vertraten, die in erwartbarem Widerspruch zum
Konfliktverständnis der TeilnehmerInnen standen. Das
erforderte aber auch einen sorgsamen Sprachgebrauch
nicht nur bei der Benennung von Orten, sondern auch
bei der Bezeichnung von Ereignissen und Konfliktkons-
tellationen.
Yad Vashem
Der Beginn der Studienreise stand im Zeichen jüdischer
Positionen und „globaler“ Narrative. Der Besuch der
Gedenkstätte Yad Vashem, offiziell „Gedenkstätte der
Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“,
ermöglichte den TeilnehmerInnen zunächst die indi-
viduelle Auseinandersetzung mit der Shoah, bevor in
einem Gespräch mit dem Historiker Gideon Greif zusätz-
liche Aspekte zur Sprache kamen.
Ost-Jerusalem und israelische Positionen zum
Konikt
Eine Bustour durch Ost-Jerusalem mit Ir Amim, einer is-
raelischen Organisation, die sich für die Gleichberech-
tigung der beiden Völker einsetzt, gab Einblicke in die
Lebenswelten der jüdischen und palästinensischen
Siedlungen. Vor allem „geopolitische“ Aspekte des Kon-
flikts wurden während der Bustour durch Ost-Jerusalem
beleuchtet. Die Auswirkungen des Mauerbaus wurden
den TeilnehmerInnen unter anderem beim Besuch von
Rachels Grab, einer Enklave in der Mauer, verdeutlicht.
Die Mauer sei hier, um zu bleiben, so der Tourguide.
Ofer Zalzberg, Historiker und Mitglied der International
Crisis Group, gab einen Überblick über den Israel-Palästi-
na-Konflikt und führte aus, dass es nicht den israelischen
Standpunkt gäbe und dass die religiöse Dimension des
Konflikts zunehmend in den Vordergrund trete. Das
getrennte Schulsystem – es existieren Schulen für sä-
kulare bzw. orthodox erzogene jüdische Kinder sowie
verschiedene arabische Schultypen – würde eher nicht
zu einer Lösung beitragen, da hier die unterschiedlichen
Narrative reproduziert und damit verfestigt anstatt zu-
sammengeführt würden. Im Anschluss legten Vertreter
der israelischen Linken, der Mitte sowie der Rechten ihre
Positionen dar.
West Bank – palästinensische Positionen
In Ramallah, der Hauptstadt der West Bank, besuchten
wir das Mausoleum von Jassir Arafat, um anschließend
unterschiedliche palästinensische Stimmen zu verneh-
men. Darunter waren HistorikerInnen, ein Politikexperte
für parlamentarische Angelegenheiten, ein Politikbera-
ter und ein Journalist. Anschließend gab es Gespräche
in Kleingruppen mit palästinensischen Jugendlichen.
Bethlehem und Hebron
Nach dem Besuch und einer Führung durch die „Ge-
burtskirche“ in Bethlehem ging es in eines der nahe
gelegenen Flüchtlingslager, Dheisheh. Es wurde unter
anderem ein besonderes Projekt vorgestellt: Campus on
Camps: In einem zweijährigen Programm – dem ersten
Universitätsprogramm speziell für die Flüchtlingslager –
beschäftigen sich die jungen TeilnehmerInnen aus fünf
Camps mit neuen Formen der visuellen und kulturellen
Repräsentation von Flüchtlingslagern nach mehr als 60
Jahren der Vertreibung.
In der geteilten Stadt Hebron wurde unsere Gruppe
von einem Guide der Organisation Breaking the Silence
geführt – einer Organisation von ehemaligen israeli-
schen SoldatInnen, die Israels Politik in den besetzten
Gebieten kritisch betrachten und über ihre eigenen
Erfahrungen berichten. Auffallend war das massive Auf-
gebot an Militär auf den sonst beinahe ausgestorbenen
Straßen der Innenstadt. Abgerundet wurde die Führung
mit einem Besuch bei einem palästinensischen Men-
schenrechtsaktivisten der Organisation Youth Against
Settlements.
Das jüdische historische Narrativ und das Tote
Meer
Der Besuch von Masada, einer der wichtigsten Touris-
tenattraktionen in Israel und UNESCO Weltkulturerbe,
war insofern spannend, als Masada nicht bloß ein ge-
schichtsträchtiger Ort ist, sondern nach wie vor für das
jüdische kollektive Gedächtnis eine wesentliche Rolle
spielt. Der legendenumwobene Schauplatz des letzten
Widerstands der Juden gegen das Römische Imperium
wurde und wird immer noch als Grundlage für heutige
israelische Narrative herangezogen.
Friedenserziehung
Friedenserziehung war ein wesentliches Thema der
Reise – schließlich besteht die Erwartung, dass dies ein
Weg sei, langfristig Versöhnung und Verständigung
vorzubereiten. Zvi Bekerman, Professor an der Hebrew
24 | Global Citizenship Education
University in Jerusalem, betonte, dass es in Israels Bil-
dungssystem kaum Friedenserziehung gäbe und strich
nochmals die Trennung innerhalb des Schulsystems
hervor, die nicht nur Spannungen zwischen der israeli-
schen und palästinensischen Bevölkerung verstärke,
sondern auch jene innerhalb der israelischen Gesell-
schaft. Ein monokul tureller Zugang, der auf israelische
Perspektiven fokussiere, wie ihn das betreffende Minis-
terium in Israel verfolge, sei einer Friedenserziehung
ebenfalls nicht zuträglich.
Weiters besuchte die Reisegruppe das Friedensdorf
Neve Shalom/Wahat al Salam, in dem jüdische und
palästinensische BürgerInnen gemeinsam und gleich-
berechtigt leben. Nava Sonnenschein, Direktorin der
dort ansässigen School for Peace, berichtete von ihren
Erfahrungen im Bereich der Friedenserziehung. In Tel
Aviv wiederum erzählte die israelische Friedensaktivistin
und Pädagogin Anat Reisman-Levy von ihren Pionier-
Programmen zur Friedenspädagogik, die sie im Rahmen
des Israel Palestine Center for Research and Information
(IPCRI), durchgeführt hatte – eine der wenigen Orga-
nisationen, in der tatsächlich Israelis und Palästinense-
rInnen zusammenarbeiten.
Die Reise wurde von den TeilnehmerInnen als ein sehr
dichtes und emotional berührendes Erlebnis empfun-
den. Dies wird vielleicht am deutlichsten durch die fol-
gende Rückmeldung ausgedrückt: „Persönliches Ken-
nenlernen der Lebensrealitäten – angreifen, fühlen und
zuhören – steiger t das Begreifen von Zusammenhän gen,
verwirrt aber auch, regt zum Nachdenken an. Reisen als
(Selbst)Bildungsprozess: Begreifen, dass man mit der An-
wesenheit vor Ort Teil einer Lebensrealität wird. Reisen
haben das Potential zu schockieren, wachzu rütteln,
aber auch die aktiven Seiten kennenzulernen.“
Auf der Basis eines Berichts von Johanna Urban, 2013
Griechenland: am Schauplatz einer
komplexen Systemkrise (2017)
Griechenland war mit Bedacht für die Studienreise im
Jahre 2017 gewählt worden. Schließlich konzentrieren
sich in diesem Land zahlreiche gesellschaftliche Wider-
sprüche der Europäischen Union und darüber hinaus.
Anhand von Griechenland lassen sich Globalisierungs-
folgen und der internationale Umgang mit ihnen deut-
lich studieren, ebenso wie der Widerstand der Bevölke-
rung gegen Pauperisierung und Marginalisierung.
Im Gegensatz zur vereinfachenden medialen Dar-
stellung sollte die Studienreise 2017 nach Athen und
Thessaloniki einen multiperspektivischen Blick auf die
Situation ermöglichen. Diese sollte in den europäischen
und globalen Kontext eingeordnet und vor dem Hinter-
grund historischer Entwicklungen und politisch-ökono-
mischer Zusammenhänge beleuchtet werden.
Die sogenannte griechische Krise war eine Folge der
Weltwirtschaftskrise 2008 und einer harten EU-Auste-
ritätspolitik. Die Arbeitslosigkeit stieg stark an, insbe-
sondere die Jugendarbeitslosigkeit, die im Jahr 2011
über 40 Prozent betrug. Laut einer Studie des Athener
Forschungsinstitutes DiaNeosis lebten 2015 15 Prozent
der Bevölkerung Griechenlands in extremer Armut, im
Gegensatz zu 2,2 Prozent im Jahr 2009.
Begegnungen mit Menschen aus unterschiedlichen
gesellschaftlichen Bereichen ermöglichten vielseiti-
ge Perspektiven. Laut Giorgos Chondros, Politiker der
Regierungspartei Syriza, sei Griechenland ausgesucht
worden, um die europäischen Auswirkungen der US-
Kapitalkrise zu „lösen“. Die „Rettung Griechenlands“
sei in Wahrheit die Rettung des Euro bzw. der großen
Banken, die sogenannten Hilfsprogramme normale
Kredite verbunden mit strengen Auflagen. Wie Chond-
ros beklagte auch der Psychologe Athanasios Marvakis
(Aristoteles Universität Thessaloniki) die Verschiebung
der Kräfteverhältnisse nach rechts und das Fehlen eines
wirklichen Gegendiskurses. Beide hoben hervor, dass
die soziale Frage international gestellt werden müsse
und unterstrichen damit, dass globale Herausforderun-
gen nicht auf nationaler Ebene gelöst werden können.
Es gehe vielmehr um die Überwindung des methodo-
logischen Nationalismus, ein zentrales Element von Glo-
bal Citizenship Education (GCED).
Global Citizenship Education | 25
Erinnerungskonikte überwinden
Auf der Reise nahm politisch-historisches Lernen einen
hohen Stellenwert ein. Immer wieder wurde auf den Be-
völkerungsaustausch von 1923 Bezug genommen: Da-
bei wurden ca. 1,2 Millionen Orthodoxe aus der Türkei
nach Griechenland und ca. eine halbe Million MuslimIn-
nen von Griechenland in die Türkei zwangsumgesiedelt,
was zum Teil auch zum Verlust der Staatsbürgerschaft
aufgrund religiöser Kriterien führte. In Thessaloniki wur-
den die fast 500-jährige osmanische Epoche und die
Geschichte der sephardischen jüdischen Gemeinde
beleuchtet, die zeitweise im osmanischen Thessaloniki
die Mehrheit der Stadtbevölkerung stellte. Die jüdische
Gemeinschaft Thessalonikis wurde durch die Shoah fast
vollständig ausgelöscht, von den davor etwa 50.000 Jü-
dinnen und Juden überlebten nur ca. 2.000. Ein Treffen
mit Zeitzeugen des Massakers von Chortiatis durch die
deutsche Wehrmacht war einer der prägendsten Pro-
grammpunkte. Studierende mit unterschiedlichen Ge-
schichtsbildern zu konfrontieren ist auch das Ziel eines
Projekts, das die Historikerin Christina Koulouri (Panteion
Universität, Athen) präsentierte: Es geht um eine multi-
perspektivische Darstellung der Geschichte Südosteu-
ropas, die in allen betroffenen Ländern als alternatives
didaktisches Material zur Verfügung steht.1
Die ganze Reise über wurde immer wieder die Brücke
geschlagen – von der Vergangenheit zur Gegenwart,
1 Vgl. hp://www.cdrsee.org/publicaons/educaon (Zu gr iff 7.4 .2 019)
vom Lokalen zum Globalen. Neben den antiken Stätten
Athens besuchten wir Plätze, welche für die demokra-
tische Beteiligung in der Krise besondere Bedeutung
hatten, wie den Syntagmaplatz, wo sich das griechische
Parlament befindet und der durch die großen Athener
Protestkundgebungen berühmt wurde. Eine Verbin-
dung zur aktuellen sozialen Krise stellte auch die Athe-
ner Stadtführung aus der Perspektive von Obdachlosen
vom Obdachlosenmagazin Shedia dar. Die Metropoli-
tan Clinic of Hellenikos ist eine der Solidaritätskliniken,
wo bedürftige Menschen unabhängig von ihrer Natio-
nalität und ihrem Aufenthaltsstatus kostenlose medizi-
nische Grundversorgung erhalten.
Das City Plaza Hotel ist ein Beispiel zivilen Widerstands.
Das leerstehende Hotel wurde 2016 besetzt und be-
herbergt 400 Flüchtlinge, die zur Selbstorganisation
motiviert und von AktivistInnen aus Griechenland und
anderen Ländern unterstützt werden. Es ist nicht nur ei-
ne Unterkunft, sondern auch ein Ort, an dem die staat-
liche Politik kritisiert und Veränderungen im Umgang
mit Flüchtlingen gefordert würden. Ganz im Sinne der
Critical Global Citizenship Education erläuterte Nasim,
der 16 Jahre zuvor aus Afghanistan geflüchtet war, die
Grundidee: „It is not only about refugees, but also about
citizenship.”
Auf der Basis eines Berichts von Margot Kapfer, 2019
26 | Global Citizenship Education
Evaluation des ULG
Der Universitätslehrgang (ULG) hat sich als Leuchtturm-Projekt für Global
Citizenship Education in Österreich (und vielleicht sogar darüber hinaus)
erwiesen. Umso wichtiger ist es, seine inhaltliche Ausrichtung, seine
Didaktik und seine Ergebnisse kritisch zu prüfen und diese Erkenntnisse
breiteren interessierten Kreisen zur Verfügung zu stellen. Deswegen
wurde für den ULG I und den ULG II jeweils eine externe, begleitende
Evaluation in Auftrag gegeben. Diese Evaluationen wurden von Jean-
Marie Krier (KommEnt)1 und Susanne Höck (EOP Freising/München)
durch geführt, die anerkannte ExpertInnen für Evaluationen von Projekten
und Förderprogrammen im Bereich entwicklungspolitische Bildung/Glo-
bales Lernen, Fairer Handel und Bildung für Nachhaltige Entwicklung sind.
Ziel der Evaluation war es einerseits, Rückmeldungen der Teilnehmen-
den zu den Inhalten, den Arbeitsformen und den Vermittlungsmethoden
zu erhalten und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können.
Andererseits bot die Evaluation eine gute Basis für die Weiterentwicklung
des Lehrgangs. Also insgesamt: Optimierung des laufenden Lehrgangs
und Empfehlungen für die Weiterführung des Universitätslehrgangs.
Methodik der Evaluation
Die Evaluationsschritte und -methoden waren in beiden Lehrgängen ähnlich:
* Per Online-Umfragen wurden Feedbacks der TeilnehmerInnen
zu den Seminaren und zur Studienreise eingeholt (insgesamt 8
Umfragen).
* Es erfolgte eine Analyse der zentralen Dokumente des ULG. In der
Evaluation zum ULG II wurde auf Basis eines aus Moodle generierten
Überblicks über die vier E-Learning-Module eine quantitative Analyse
zu den Texten der TeilnehmerInnen durchgeführt.
* In der Abschlussphase führte das Evaluationsteam Telefoninterviews
mit ausgewählten AbsolventInnen. Dies sollte vor allem Einblicke
zu Erfahrungen, förderlichen und hinderlichen Bedingungen in der
Phase der Masterarbeiten geben.
* Nach der Vorlage des Zwischenberichts fand jeweils ein Workshop
mit dem Lehrgangsteam statt, um gemeinsam die Ergebnisse der
Evaluation zu diskutieren und die Eindrücke und Erfahrungen des
Lehrgangsteams in die Evaluation einzubinden.
Im Evaluationsprozess zum ULG II gab es zwei neue Bausteine:
* Das Evaluationsteam führte zwei „Ratingkonferenzen“ mit je der
Hälfte der Lehrgangsgruppe durch. Die Ratingkonferenz ist ein da-
tengestütztes Evaluationsverfahren, das qualitative und quan titative
Aspekte einer Evaluation verbindet: die individuelle Ein schätzung
1 Evaluationen und Evaluationsberatung sind ein zweiter Schwerpunkt von KommEnt,
der unabhängig agiert.
Global Citizenship Education | 27
Während die Evaluation des ersten Lehrgangs eher um-
fassend sein musste, konnten wir für die Evaluation des
ULG II eine genauere Analyse ausgewählter Bereiche
in Auftrag geben. Dies betraf vor allem die E-Learning
Einheiten.
Die wichtigsten Ergebnisse aus Sicht des
Lehrgangsteams:
* Beide Evaluationen bescheinigen dem ULG
Global Citizenship Education eine sehr professio-
nelle Durchführung und ein hohes Maß an Ziel-
erreichung.
* Die inhaltliche Ausrichtung der Lehrgänge stieß
auf hohe Anerkennung und die TeilnehmerInnen
haben in überwiegender Mehrheit bestätigt, dass
der Anspruch einer prozessorientierten Annähe-
rung und gemeinsamen Erarbeitung eines neuen
Bildungskonzepts Global Citizenship Education
gelungen ist.
* Die Evaluationen zeigen, dass der ULG bei den
LehrgangsteilnehmerInnen sehr häufig sowohl
professionsbezogene Veränderungen herbeiführte
als auch Veränderungen der persönlichen Haltung.
Als professionsbezogene Veränderungen wurden
vor allem der Wissenszuwachs zu Global Citizenship
Education und die Erweiterung der Perspektiven
und des Handlungsspielraums in der beruflichen
Praxis sowie die Übernahme neuer Projekte und
Aufgaben genannt. Ein Kompetenzzuwachs an der
Schnittstelle von personalen, sozialen und profes-
sionsbezogenen Kompetenzen verändert vor allem
die persönliche und pädagogische Haltung sowie
die Wahrnehmung gesellschaftlicher Zustände
und ihrer erforderlichen Änderungen, z. B. konnte
ein differenzierteres Urteilsvermögen in Bezug auf
Kolonialismen und Rassismus entwickelt werden.
* Die LehrgangsteilnehmerInnen haben großteils
sehr rasch begonnen, das Gelernte in die berufliche
Praxis zu integrieren. Die von den Teilnehmenden
angeregten Veränderungen und die Umsetzung
von Global Citizenship Education fanden in fast alle
Ebenen des formalen Bildungswesens Eingang, sie
bieten aber auch Potenzial für die Weiterentwick-
lung global orientierter Bildungsangebote von
Nicht-Regierungsorganisationen bzw. münden in
die Entwicklung neuer Angebote z.B. im universi-
tären Bereich (Exkursionen) oder an einer Fach-
hochschule. Es ist offensichtlich gelungen, durch
den ULG Multiplikatoreffekte innerhalb des Arbeits-
bereichs der Teilnehmenden zu erzielen.
(Rating) von vorgegebenen Aussagen zum
jeweiligen Evaluationsthema/-gegenstand und
die unmittelbar anschließende, gemeinsam mit
den Befragten vorgenommene Auswertung und
Interpretation der erhobenen Daten. Damit wurden
alle TeilnehmerInnen persönlich in den Prozess
einbezogen (trotz guter Beteiligung ist das bei
Online-Umfragen nicht der Fall) und alle lernten das
Evaluationsteam kennen. Das Lehrgangsteam war
bei den Ratingkonferenzen nicht anwesend, das
Protokoll dazu erhielten nur die TeilnehmerInnen.
* Nach Abschluss des Lehrgangs lud das Evalua-
tionsteam im Auftrag der Lehrgangsleitung aus-
gewählte externe ExpertInnen zu einem ganz-
tägigen Reflexionsworkshop nach Salzburg ein.
Auswertung und Analyse
In der Evaluation des ULG I lag den Auswertungen
und der Analyse das international vielfach verwen-
dete Modell von Donald Kirkpatrick zugrunde, das
Weiter bildungsmaßnahmen (vor allem der beruflichen
Bildung) danach beurteilt, welche Ergebnisse sie auf vier
Ebenen erzielen:
* Reaktion der Lernenden,
* erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten,
* geändertes Verhalten,
* Auswirkungen auf die eigene Institution bzw. den
Arbeitsbereich.
Beide Lehrgänge wurden auch nach den in der Entwick-
lungszusammenarbeit gängigen OECD/DAC-Kriterien
beurteilt: Relevanz, Effektivität, Effizienz und Nach-
haltigkeit.
Entwicklung durch Evaluation
Der ULG Global Citizenship Education konnte zu Be-
ginn weder inhaltlich noch in seiner Didaktik auf ein
vom Anfang bis zum Ende durchgeplantes Lehrgangs-
konzept zurückgreifen, das wäre auch nicht Ziel der
Projektträger gewesen. Vielmehr ließen sich das Team
und letztlich auch die Teilnehmenden auf einen ge-
meinsamen Lern- und Entwicklungsprozess ein. Eine
begleitende Evaluation ist in einem solchen Prozess ein
wichtiges Instrument für ein fundiertes Feedback und
eine strukturierte und systematische Auswertung von
Lernprozessen und -erfahrungen. Die Ergebnisse gaben
Orientierung und Ideen für die Weiterentwicklung des
Lehrgangs.
28 | Global Citizenship Education
* Die Studienreisen nach Israel/Palästina (ULG I) und
Griechenland (ULG II) bewerteten die Teilnehmen-
den als einen der herausragenden Meilensteine in
ihren Lernprozessen. Die Reisen haben tiefe Ein-
drücke hinterlassen und vielfältige Hinterfragungen
und Lernprozesse ausgelöst.
* Die Heterogenität der TeilnehmerInnen ermög-
lichte Einblicke in andere Berufsfelder und Bildungs-
bereiche. Die unterschiedlichen Sichtweisen, Erfah-
rungshintergründe und das vielfältige Know-how
wurden als Bereicherung erlebt.
* Als förderliche Faktoren für den Lernprozess identi-
fizierten die Teilnehmenden nicht nur die Vielfalt
des Lehrgangs hinsichtlich Gruppenzusammen-
setzung, Inhalten, Methoden und ReferentInnen,
sondern auch die gelungene Organisation und das
gute Verhältnis zwischen Leitungsteam und den
Studierenden.
* Mit ihren Masterarbeiten tragen die AbsolventInnen
wesentlich zur Weiterentwicklung des Themen-,
Praxis- und Forschungsfeldes Global Citizenship
Education bei. Die Masterarbeiten greifen eine
Vielfalt an Themen auf (siehe den entsprechenden
Abschnitt in dieser Publikation).
* Gleichzeitig wurden die Masterarbeit, die notwen-
dige wissenschaftliche Herangehensweise und die
zum Teil erstmals angewandten Forschungsme-
thoden als große Herausforderung erlebt. Dennoch
war gerade die intensive Auseinandersetzung mit
den gewählten Forschungsfragen, die kritische
Reflexion des eigenen pädagogischen Tuns und
Denkens jener Aspekt, der als gewinnbringend
erfahren wurde und neue Perspektiven für die
Weiterentwicklung des jeweiligen Berufsfeldes
ermöglichte.
* Der stärkste hinderliche Faktor im gesamten
Prozess, vor allem aber auch in der Abschlussphase,
war die zeitliche Belastung, die sich durch eine be-
rufsbegleitende Weiterbildung mit Masterabschluss
ergibt.
Der Reflexionsworkshop mit externen ExpertInnen, der
am Ende des ULG II stattfand, gab wichtige Anregun-
gen für die Weiterentwicklung. Die ExpertInnen kamen
von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen,
zwei AbsolventInnen waren ebenfalls dabei. Außerdem
nahmen auch zwei der drei neuen Mitglieder des Lehr-
gangsteams für den ULG III teil, der zeitgleich bereits in
intensiver Planung war. Somit war eine optimale Über-
führung von Evaluationsergebnissen in den Planungs-
prozess möglich. Die Sicht externer ExpertInnen auf
Chancen, Potenziale, aber auch Hindernisse und Risiken
für den ULG Global Citizenship Education war für das
Team sehr bereichernd.
In Bezug auf die Nachhaltigkeit des Lehrgangs hält der
Evaluationsbericht fest, dass die bisher in die Wege
geleiteten zahlreichen Aktivitäten dazu beitragen, die
Anliegen und Ergebnisse des Lehrgangs zu sichern und
weiter zu entwickeln und Global Citizenship Education
in Österreich weiter zu stärken. Dazu tragen vor allem
auch die Masterarbeiten und die Aktivitäten der Ab-
solventInnen ebenso wie eine stattliche Zahl von Vor-
trägen und Publikationen im Umfeld des Lehrgangs bei.
Global Citizenship Education | 29Global Citizenship Education | 29
Sustainability Award 2018 für den ULG
Aus 76 Einreichungen wurde der Lehrgang
„Global Citizenship Education“ mit dem
Sustainability Award 2018 in der Katego-
rie Lehre und Curricula ausgezeichnet. Der
Preis wurde durch die Bundesministerin
für Nachhaltigkeit und Tourismus, Elisa-
beth Köstinger, sowie den Bildungsminister
für Bildung, Wissenschaft und Forschung,
Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, im Rahmen
einer feierlichen Zeremonie an die Lehrgangs-
leitung, Univ.-Prof. (i.R.) Mag. Dr. Werner Win-
tersteiner (Universität Klagenfurt) und Dr.in
Heidi Grobbauer (KommEnt), übergeben.
Die Begründung: Der Lehrgang stellt ein bisher einzigartiges Angebot
im deutschsprachigen Sprachraum dar: Er bietet eine Ausbildung zu
Global Citizenship Education an und fokussiert somit politische Bildung
in weltbürgerlicher Ausrichtung. Die AbsolventInnen werden dazu befä-
higt, an der Um setzung der Bildungsziele der Sustainable Development
Goals (SDGs) mitzuwirken, die 2015 durch die UNO-Generalversammlung
beschlossen wurden. Insbesondere Ziel 4.7 sieht eine Global Citizenship
Education vor, die zur Verbreitung nachhaltiger Lebensstile sowie zur
Gestaltung einer inklusiven Bildung und Gesellschaft auf Basis von Men-
schenrechten und Geschlechtergerechtigkeit beiträgt und eine Kultur
des Friedens fördert.
Werner Wintersteiner, wissenschaftlicher Leiter des Lehrgangs, dazu:
„Global Citizenship ist ein klares Statement gegen Nationalismus und
Rassismus, für weltweite Zusammenarbeit. Klimafolgen, Hunger, Armut
und Krieg machen nicht an Staatsgrenzen halt und können nur gemein-
sam überwunden werden. Dazu dient unser ULG, der aber mehr ist als nur
ein Lehrgang. Denn es ist uns gelungen, mit den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern der bisherigen beiden Durchgänge ein Forschungs- und
Arbeitsnetzwerk aufzubauen, sodass sich die Idee von Global Citizenship
immer weiterverbreitet – in Schulen und Hochschulen, in NGOs ebenso
wie in Agenturen und Behörden.“
Als nationale Auszeichnung zur „nachhaltigen Hochschulbildung“ soll der
Sustainability Award österreichische Universitäten, Fachhochschulen und
Pädago gische Hochschulen motivieren, das Leitbild einer nach haltigen
Entwicklung in ihre Institutionen und Prozesse zu integrieren und so
ihre Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt in möglichst vielen
Aspekten umzusetzen. Im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs
wird der Sustainability Award alle zwei Jahre an die innovativsten und
nachhal tigsten Hoch schulen vergeben.
© BMNT, Paul Gruber
30 | Global Citizenship Education30 | Global Citizenship Education
Global Citizenship Education | 31Global Citizenship Education | 31
3
III. Forschung und Praxis
Neue Erkenntnisse und wichtige Einsichten:
Die Masterarbeiten des ULG
Bildung: Theorie und Praxis
Global Citizenship Education (GCED) als politische Bildung für die Welt-
gesellschaft soll Menschen dazu befähigen, sich als verantwortungsvoll
denkende und handelnde Menschen für eine gerechtere Welt einzu setzen.
Die schulische Bildung stellt eine große Chance dar, um den Grundstein
für die Bildung eines Bewusstseins als global citizen zu legen und Wissen,
Werte und Kompetenzen im Sinne der GCED zu vermitteln. Eine wichtige
Voraussetzung dafür ist eine LehrerInnenbildung, die Lehrkräfte darauf
vorbereitet und dabei unterstützt, GCED in den Unterricht zu integrieren.
Doch auch außerschulische Lernfelder spielen bei der Umsetzung des
Konzeptes GCED eine wichtige Rolle. Die Arbeiten beschäftigen sich mit
theoretischen Fragestellungen, beleuchten pädagogische Konzepte und
Lernmodelle auf ihr Potential für GCED und setzen sich mit Umsetzungs-
möglichkeiten in unterschiedlichen Praxisfeldern auseinander.
HUBER-KRIEGLER, Martina: „The World according to
Biomes“ – ein Curricu lum für Global Citizenship Education?
Eine kritische Würdigung mit praxis orientierten Er gän-
zungs vorschlägen
PLIEM, Claudia: Informelles Lernen und Casual Learning als
Potentiale für Global Citizenship Education
ROETZER, Anita: Urteilskompetenz von Jugendlichen am
Beispiel Klima gerechtigkeit im Kontext von Values and
Knowledge Education und Global Citizenship Education
TEYNOR, Jana: EAThink – Über das Potenzial von Digital
Storytelling für Global Citizenship Education
ULBRICH, Theresia: Eine kritische Analyse von ausgewählten
Materialien der interkulturellen, anti-rassistischen, men-
schenrechtspädagogischen und (entwicklungs)politischen
und globalen Bildungsarbeit auf Basis des Konzeptes Global
Citizenship Education
WITAMWAS, Christoph: Geflüchtete Kinder als Herausforde-
rung für den Schulalltag
WOHLFAHRT, Gisela: Global Citizenship Education in
Myanmar. Am Beispiel eines Projekts der Internationalen Bil-
dungszusammenarbeit
WOHLGEMUTH, Karoline: Schulische Inklusion im globalen
Vergleich
PÄDAGOGISCHE KONZEPTE UND FRAGESTELLUNGEN
32 | Global Citizenship Education
HUBER-KRIEGLER, Martina
„The World according to Biomes“ – ein Curriculum für
Global Citizenship Education? Eine kritische Würdigung
mit praxisorientierten Ergänzungsvorschlägen
THEMA UND MOTIV: Diese Zertifikatsarbeit untersucht, ob
das Curriculum von Sharon Duncan, The World accord ing
to Biomes, geeignet ist, im Rahmen von Global Citizenship
Education (GCED) als Unterrichtsbasis zu dienen. Es ist ein
Curriculum im Geist Maria Montessoris, nach dem Motto:
„Hilf mir, es selbst zu tun!“, doch ergänzt um den bei ihr feh-
lenden ökologischen Aspekt. Den Kindern werden alters-
gemäße Aktivitäten mit Materialien angeboten, anhand
derer sie selbstständig Erkenntnisse gewinnen können.
Dies fördert die Selbstkontrolle und damit die Autonomie
des Individuums.
METHODE: Diese Arbeit untersucht und kommentiert
jeden einzelnen Aspekt des Curriculums im Detail. An-
schließend werden Ergänzungen aus der Sicht von GCED
vorgeschlagen.
ERGEBNISSE: Zentraler Begriff von Duncans Curriculum ist
das Biom, die Lebensgemeinschaft von Pflanzen und Tieren,
ihr Ökosystem. Die Interdependenz der einzelnen Lebewe-
sen bzw. auch unbelebten Faktoren und damit die absolute
Interkonnektivität allen Lebens (Fritjof Capras „Web of Life”)
ist für Duncan ein zentrales Bildungsziel. Die Idee der Biome
ist auch richtungsweisend für die Organisation der sozialen
Strukturen der Klasse. Statt einer extrem individualistisch
orientierten Kultur wird der Wert von sozialem Zusammen-
halt gefördert. Das Curriculum erweist sich als gelungenes
Beispiel für eine umfassende, nachhaltige Umweltbildung,
ausgehend von der unmittelbaren eigenen Umwelt hin zur
globalen Ebene. Was für GCED ergänzt werden sollte, sind
vier Bereiche:
* Organisationsformen familialen menschlichen Zusam-
menlebens in historischer Perspektive
* Politische Organisationsformen
* Umwelt- und Gesundheitsbildung mit konkreten
Projekten
* Alternative Entwicklungen in allen Bereichen des
Lebens (Wohnen, Mobilität, Energiewirtschaft,
Öko nomie …)
PLIEM, Claudia
Informelles Lernen und Casual Learning als Potentiale
für Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Lernen kann jederzeit stattfinden und
findet als „Lebenslanges Lernen“ immer größere Beachtung.
Die Arbeit untersucht das Potenzial von informellem Ler-
nen, ergänzend zu formalem und non-formalem Lernen,
für Global Citizenship Education. Sie greift dabei auch ein
neues Konzept im Rahmen von Globalem Lernen/ent-
wicklungspolitischer Bildung auf, das sich Casual Learning
nennt und dem informellen Lernen zuzuordnen ist. Casual
Learning ist die Inszenierung von Lernmöglichkeiten an un-
gewöhnlichen Orten und im Alltag, um neue Zielgruppen
anzusprechen und „nachhaltiges“ Lernen zu ermöglichen.
METHODE: Die theoretische Auseinandersetzung mit dem
jeweiligen Forschungsstand zu informellem Lernen, Global
Citizenship Education und Guerilla Marketing bietet die
Grundlage für die Erforschung möglicher Schnittstellen zwi-
schen diesen Ansätzen. Casual Learning ist in der Fach literatur
noch nicht behandelt und wird daher anhand einer Internet-
recherche sowie mittels eines Experteninterviews, das mit
einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet wurde, erläuter t.
ERGEBNISSE: Informelles Lernen als Ergänzung und in
Kombination mit non-formalen und formalen Bildungs-
wegen bietet großes Potential für Global Citizenship Edu-
cation. Überlegungen aus dem Marketing wie Zielgruppen-
analyse, genaue Planung der zu vermittelnden Botschaften,
sowie Produktplatzierung – in diesem Fall als Informationen –
sind unerlässlich. Informelles Lernen im Kontext komplexer
Themen und globaler Fragestellungen braucht zusätzliche
Materialien und Angebote. Dieser wesentliche Aspekt wird
bei Casual Learning in Verbindung mit konkreten Projekten
umgesetzt. Eine gemeinsame Herausforderung für Global
Citizenship Education und Informelles Lernen besteht darin,
basierend auf Theorie und Forschung, zukünftig Qualitäts-
kriterien für die Bildungs praxis zu entwickeln.
RÖTZER, Anita
Urteilskompetenz von Jugendlichen am Beispiel
Klimagerechtigkeit im Kontext von Values and Know-
ledge Education und Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Unsere Welt ist durch die Auflösung
sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Grenzen und da-
Global Citizenship Education | 33
mit verbunden durch eine hohe Komplexität geprägt. In
Anbetracht der vielen Konflikte, Missstände aber auch der
vielseitigen Optionen für Problemlösungen ist Urteilsbil-
dung ein ausschlaggebender Faktor für die Orientierung in
dieser komplexen Welt. Die Kompetenz zur Urteilsbildung
ist demnach von hoher Bedeutung für die politische Partizi-
pation von Jugendlichen. Das Unterrichtsmodell Values and
Knowledge Education (VaKE) verbindet Werte erziehung
und Wissensvermittlung und fördert die Kompetenz zur
Urteilsbildung. Die Masterarbeit untersucht das Potenzial
dieses Unterrichtsmodells für Global Citizenship Education
(GCED).
METHODE: Im Fokus der Arbeit steht die Entwicklung,
Durchführung und Auswertung einer Unterrichtseinheit
zum Thema Klimagerechtigkeit nach dem Unterrichtsmo-
dell VaKE. Die Datenerhebung erfolgte durch teilnehmende
Beobachtung und eine Gruppendiskussion von Schüle-
rInnen, die mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet
wurden. Der Theorieteil befasst sich mit moralischer Urteils-
bildung (kognitiven und moralischen Entwicklungstheo-
rien), erläutert das Konzept VaKE und stellt den Bezug zu
globalen Gerechtigkeitskonzepten her.
ERGEBNISSE: Das Unterrichtsmodell VaKE hat sich auch in
der Auseinandersetzung mit komplexen, globalen Frage-
stellungen bewährt, die sowohl wissensbasiert vermittelt
werden müssen als auch die sozio-emotionale Dimension
ansprechen und eine Auseinandersetzung mit Handlungs-
optionen erfordern. Im Mittelpunkt von VaKE steht ein Di-
lemma, dessen Bearbeitung die Wahrnehmung verschie-
dener Perspektiven und den Ausgleich unterschiedlicher
Interessen ebenso erfordert wie die individuelle Positionie-
rung. Mit all diesen Facetten ist das Modell sehr geeignet
für die Auseinandersetzung mit komplexen globalen The-
men und damit verbundenen Dilemmata und unterstützt
die Umsetzung von GCED im Unterricht.
TEYNOR, Jana
EAThink – Über das Potenzial von Digital Storytelling für
Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Die Masterarbeit untersucht das
Potenzial von Digital Storytelling für Global Citizenship
Education. Theoretische Ansätze der Global Citizenship
Education und der Medienpädagogik, konkret Digital
Storytelling, werden analysiert und Schnittstellen heraus-
gearbeitet. Das digital geprägte Zeitalter birgt und erfor-
dert Veränderungen für Lernen und Bildung, wodurch auch
Möglichkeiten entstehen, den großen globalen Heraus-
forderungen zu begegnen. Die Sustainable Development
Goals bilden den internationalen Rahmen für das Thema,
da unter den 17 globalen Zielen sowohl die Umsetzung von
Global Citizenship Education als auch die Stärkung digitaler
Kompetenzen bis 2030 angestrebt werden.
METHODE: Mit Hilfe von ExpertInneninterviews und der
qualitativen Videoanalyse wird ein internationales Jugend-
Kurzfilmprojekt zu globaler Ernährung in Verbindung mit
den Sustainable Development Goals untersucht. Anhand
der Zusammenführung der theoretischen und empirischen
Ergebnisse, die mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse er-
arbeitet werden, wird das mögliche Potenzial von Digital
Storytelling für Global Citizenship Education festgemacht.
ERGEBNISSE: Digital Storytelling als politische Praxis ver-
mag es, die globale Zivilgesellschaft zu stärken. Transforma-
tive Momente im Sinn von Global Citizenship Education
können im Erstellen, Reflektieren und Teilen von Digital
Stories stattfinden. Das Potenzial von Digital Storytelling für
die Förderung von Empowerment, Reflexion und Empathie
wird theoretisch herausgearbeitet und im empirischen Teil
analysiert. Die Untersuchung des Jugend-Kurzfilmwettbe-
werbs EAThink zeigt, dass Digital Storytelling als politische
Praxis eingeübt wurde. Digital Storytelling bietet vielverspre-
chendes Potenzial, als Methode für angewandte Global Citi-
zenship Education genutzt und weiterentwickelt zu werden.
ULBRICH, Theresia
Eine kritische Analyse von ausgewählten Materialien der
interkulturellen, anti-rassistischen, menschenrechtspä-
dagogischen, (entwicklungs)politischen und globalen
Bildungsarbeit auf Basis des Konzeptes Global Citizen-
ship Education
THEMA UND MOTIV: In dieser Studie werden deutschspra-
chige Bildungsmaterialien mit inhaltlichen und methodisch-
didaktischen Vorschlägen für politische und interkulturelle
Bildung sowie Globales Lernen einer kritischen Analyse aus
der Perspektive von Global Citizenship Education (GCED)
unterzogen. Auf Basis dieser Analyse werden Empfehlun-
gen für die kritische Weiterentwicklung bzw. Neuerstellung
von Materialien im Sinne von GCED aus gearbeitet.
METHODE: 18 deutschsprachige Handreichungen, die
leicht und kostengünstig im Internet oder in Bibliotheken
34 | Global Citizenship Education
zugänglich sind, werden analysiert. Die Forschung orien-
tiert sich an Schulbuchanalysen von Markom/Weinhäupl,
die Untersuchung der Materialien besteht aus zwei Schrit-
ten: der Kontext- und der Feinanalyse.
ERGEBNISSE: Praktische Beispiele veranschaulichen die
Analyse und die Vorschläge zur Weiterentwicklung von
Bildungsmaterialien im Sinne von GCED. Mit der ausgearbei-
teten Checkliste bekommen PädagogInnen ein Instrument
an die Hand, um selbst pädagogische Materialien kritisch,
auf Basis von Qualitätskriterien für GCED, untersuchen zu
können. Die Checkliste liefert konkrete Anregungen zur Er-
weiterung bzw. Abänderung von Me thoden, auch begrün-
dete „Warnungen“ vor Fallstricken werden ausgesprochen.
Die Arbeit fasst „fünf Notwendigkeiten“ für gesellschafts-
kritisches Bildungsmaterial zusammen: das Hinterfragen
(globaler) gesellschaftlicher Strukturen und (globaler)
Machtverhältnisse, die Thematisierung der eigenen Positi-
on innerhalb dieser Verhältnisse, die historische Kontextu-
alisierung, die Auseinandersetzung mit Handlungsmacht
und Repräsentation sowie mit Handlungs optionen.
WITAMWAS, Christoph
Geüchtete Kinder als Herausforderung für den
Schulalltag
THEMA UND MOTIV: Der Untertitel der Masterarbeit „Eine
Auswahl an Präventionsmaßnahmen und Strategien, für
Lehrer und Lehrerinnen der Sekundarstufe 1, zur Imple-
mentierung im Schulalltag, um Problemen bei der Inte-
gration von schulpflichtigen Asylwerbern begegnen zu
können“ weist auf Motiv und Zielsetzung hin. Die Master-
arbeit entstand aus der Erfahrung, dass Schulleitungen
und Lehrkräfte häufig ohne entsprechende Vorbereitung
die Aufnahme und Integration geflüchteter Kinder und Ju-
gendlicher in Schulen gestalten müssen. Ziel ist es daher,
sich mit jenen Herausforderungen auseinander zu setzen,
denen SchülerInnen und Lehrkräfte gegenüberstehen, Ver-
änderungsmöglichkeiten aufzuzeigen und diese vor dem
Hintergrund von Global Citizenship Education (GCED) kri-
tisch zu reflektieren.
METHODE: Der theoretische Teil besteht aus Recherche
und Literaturstudium, um die Rahmenbedingungen von
Flucht und Asyl von Kindern und Jugendlichen und die
damit verbundenen Herausforderungen für Schule und
PädagogInnen herausarbeiten zu können. Der Autor ori-
entiert seine Analyse am Modell von Osler/Starkey, das drei
zentrale Dimensionen von Citizenship vorschlägt (Status,
Gefühl der Zugehörigkeit, Partizipation).
Im empirischen Teil wird eine Umfrage bei Lehrkräften durch-
geführt und untersucht, wie weit LehrerInnen auf die Auf-
nahme geflüchteter Kinder vorbereitet sind. Die Studie fragt
die Lehrkräfte nach ihren Erfahrungen, nach Anforderungen
sowie nach Möglichkeiten zur Verbesserung.
ERGEBNISSE: Laut Umfrage benötigen Lehrkräfte aus ihrer
Sicht v.a. mehr Information zu sozialem und kulturellem
Hintergrund der SchülerInnen, sie fordern außerdem mehr
Ressourcen für die Schule und unterstützendes Per sonal,
mehr Sprachförderung sowie mehr gezielte Fortbildung.
Die Arbeit zeigt, dass es auch um eine Änderung der Sichtwei-
sen auf Migration und Weltgesellschaft geht. Der Autor zeigt
auch auf, dass die Ressourcen und Potenziale der Geflüchte-
ten selbst wenig wahrgenommen werden und das Bewusst-
sein für die Potenziale der Geflüchteten eher gering ist.
WOHLFAHRT, Gisela
Global Citizenship Education in Myanmar. Am Beispiel
eines Projekts der Internationalen Bildungszusammen-
arbeit
THEMA UND MOTIV: Diese Zertifikatsarbeit basiert auf
einem Projekt der Internationalen Bildungszusammenar-
beit in Myanmar mit dem Ziel, den Aufbau von politischer
Bildung zu unterstützen. Die Arbeit unterzieht die in dem
Projekt verwendeten Lehrmaterialien für politische Bildung
einer kritischen Reflexion und analysiert dabei auch die Re-
zeption des Lehrmaterials bei den Studierenden. Darüber
hinaus wird das Anliegen des untersuchten Projektes auf
sein Potenzial für Global Citizenship Education in einem au-
ßereuropäischen Kontext skizziert und diskutiert.
METHODE: Die Analyse des Lehrmaterials (Lehrbuch
und Teacher Book), aber auch des Zugangs zu politischer
Bildung in dem Projekt, erfolgt vor dem Hintergrund des
postkolonialen Diskurses. Für die konkrete Analyse wur-
den drei Teilbereiche aus dem Lehrmaterial herangezogen:
die Menschenrechte, die Social Contract Theory und das
Thema Partizipation. Anhand dieser Aspekte werden die
Herangehensweise und die Eignung des Lehrmaterials für
politische Bildung und Demokratieförderung in Myanmar
untersucht. Zusätzlich zum Material reflektiert die Autorin
auch die konkrete Unterrichtssituation kritisch, wobei sie
den Blick sowohl auf die Reaktionen der Studierenden als
Global Citizenship Education | 35
auch auf die Haltung von Lehrenden und Projektverant-
wortlichen richtet.
ERGEBNISSE: Auf Basis des postkolonialen Diskurses wer-
den vor allem die Aspekte Geschichtslosigkeit, Othering,
Rassialisierung und die Frage von Entwicklung, Moderne
und Kapitalismus gut herausgearbeitet und auf den Kon-
text in Myanmar bezogen. Trotz Adaptierung auf den my-
anmarischen Kontext liegt dem Material ein hegemonialer
Zugang zugrunde. Die Autorin bleibt aber nicht in der Kritik
stehen, sie öffnet vielmehr die Perspektive und zeigt in An-
sätzen Möglichkeiten für eine Überarbeitung des Materials
und eine Erweiterung in Richtung Global Citizenship Edu-
cation auf. Am Schluss werden konkrete Anforderungen
an eine erfolgreiche und verantwortungsvolle Vermittlung
von Global Citizenship Education im außereuropäischen
Kontext genannt, diese berücksichtigen neben den Anfor-
derungen für Lehrmaterialien auch die Haltung von Leh-
renden und die methodisch-didaktische Gestaltung von
Bildungsprozessen.
WOHLGEMUTH, Karoline
Schulische Inklusion im globalen Vergleich
THEMA UND MOTIV: In Abgrenzung zur Segregation ent-
wickelte sich die schulische Integration zu einem teilweise
gemeinsamen Unterricht. Die pädagogische Weiterent-
wicklung ist die Inklusion, das Miteinander unterschiedlichs-
ter Mehr- und Minderheiten – darunter auch die Minderheit
der Menschen mit Behinderung. Diese Masterarbeit zeigt,
dass nationale Rechte heute nicht nur lokal, sondern infolge
globaler Standardbildungen entstehen, so ist das ratifizierte
Recht auf Inklusion global über die UN-Behindertenrechts-
konvention zustande gekommen.
Die Forschung beschäftigt sich mit der Umsetzung in-
klusiver schulischer Strategien und deren Einfluss auf die
Ausbildung von Citizenship als Gefühl der Zugehörigkeit,
als Partizipation und als Global Citizenship an zwei inklusiv
geführten Pflichtschulen in Kanada und Italien (30- bzw.
40-jährige Inklusionspraxis).
METHODE: Als Vergleichsinstrument wird der Index for In-
clusion angewandt. Mittels einer Trias von Fragebogener-
hebung, Leitfadeninterviews und ExpertInnenratings wird
das Rollenverständnis von Global Citizenship Education
(GCED) unter Bezugnahme auf die drei Dimensionen inklu-
siver Strategien mit Indikatoren aus dem Index untersucht:
inklusive Kulturen schaffen, inklusive Strukturen etablieren
und inklusive Praktiken entwickeln.
ERGEBNISSE: Je umfangreicher die Indexindikatoren um-
gesetzt werden, desto eher kann sich Citizenship als Gefühl
der Zugehörigkeit und der Partizipation entwickeln. Voraus-
setzung dafür ist ein erneuertes Verständnis von Citizenship
in den nationalen Curricula in Richtung Menschenrechte,
Globalisierung und Multikulturalität. So werden die Konzep-
te von Inklusion und Diversität mit denen von GCED (z.B.
Oxfam, International Baccalaureate und Unicef Curricula)
kompatibel. Die inklusive Schule ist auch ein Modell von
demokratischer Citizenship, von „connections“ zwischen
Menschen rund um die Welt, von Respekt für Menschen-
rechte und die Integrität des Planeten Erde. Dieses inklu-
sive Rollenverständnis von GCED ermöglicht, die „Special
Education-Perspektive“ breiter aufzustellen und in Richtung
Weltgesellschaft zu lenken.
Lehrkräfte und Lehrerinnenbildung, Universität
GADERER, Eva: Raus aus dem Hörsaal! – Der Beitrag von Ex-
kursionen für Global Citizenship Education
HAUSER, Wilma: Global Citizenship Education als Kernele-
ment der Profession in der PädagogInnenbildung NEU des
Entwicklungsverbundes Süd-Ost (Status Quo und Ausblick)
KAIPEL, Verena: „Ich kenne Europa – ich kenne die Welt?“
Durch Erasmus+ von europäischen zu globalen Identitäten
MAURIČ, Ursula: Global Citizenship Education als Chance für
die LehrerInnenbildung. Bestehende Praxis, Potenzial und
Perspektiven am Beispiel der Pädagogischen Hochschule
Wien
ZEINLINGER-CREIGHTON, Petra: Einflussfaktor Habitus der
Lehrperson auf die Entwicklung eines friedensförderlichen
Lernklimas in multikulturellen Volksschulklassen
36 | Global Citizenship Education
GADERER, Eva
RAUS AUS DEM HÖRSAAL! – Der Beitrag von Exkursio-
nen für Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Die Arbeit behandelt die Vorausset-
zungen für Global Citizenship Education an der Universität
Salzburg und die Frage, welchen Beitrag universitäre Exkur-
sionen in den Globalen Süden für Global Citizenship Edu-
cation zu leisten vermögen. Als Untersuchungsgegenstand
dienten zwei Exkursionen nach Nicaragua, die an der Uni-
versität Salzburg am Fachbereich Kommunikationswissen-
schaft in den Jahren 2014 und 2015 durchgeführt wurden.
METHODE: Im theoretischen Teil werden die Begriffe Ent-
wicklungspolitische Bildung und Kommunikation, Globales
Lernen und Global Citizenship Education beleuchtet und
bildungspolitische Aspekte sowie die Voraussetzungen für
Global Citizenship Education an Universitäten diskutiert. Im
Rahmen der empirischen Analyse wurden episodische In-
terviews geführt und mit einer qualitativen Inhaltsanalyse
ausgewertet.
ERGEBNISSE: Das Potenzial für Global Citizenship Edu-
cation in der universitären Lehre wird aus verschiedenen
Perspektiven betrachtet. Das grundsätzliche Lernpotenzial
von Exkursionen wird auch dem „ökonomischen Impera-
tiv“, dem Studierende unterliegen, gegenübergestellt. Die
Lernerfahrungen der Studierenden während der Reise
werden mittels der Kategorien Perspektivenwechsel, Flow
(Konzentration auf die Reise und die Deutungs- und Refle-
xionsprozesse), Partizipation und Handlung sowie Authenti-
zität ausgewertet. Neben diesen Lernerfahrungen muss der
Reflexion der eigenen, privilegierten Rolle als BesucherIn
genügend Platz eingeräumt werden. Generell besteht die
Herausforderung darin, Global Citizenship Education an
den Universitäten trotz ökonomischer Einschränkungen in
Forschung und Lehre zu fördern und kritischen Inhalten
Raum zu geben.
HAUSER, Wilma
Global Citizenship Education als Kernelement der Pro-
fession in der PädagogInnenbildung NEU des Entwick-
lungsverbundes Süd-Ost (Status Quo und Ausblick)
THEMA UND MOTIV: Das Bundesrahmengesetz 2013 zur
Einführung einer neuen Ausbildung für PädagogInnen
war der Ausgangspunkt für eine umfassende Umstruktu-
rierung der LehrerInnenausbildung in Österreich und für
eine völlig neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen
den ausbildenden Institutionen. Im Studienjahr 2015/16
starteten im Entwicklungsverbund Süd-Ost (EVSO) die
ersten neuen Lehramtsstudien der nunmehr altersstufen-
orientierten Ausbildung. Sie beinhalten die Integration
von sechs „Kernelementen der Profession“, welche als bil-
dungs- und gesellschaftspolitisch relevant erachtet und als
überfachliche Querschnittsthemen in alle neuen Studien-
pläne aufgenommen wurden. Global Citizenship Education
(GCED) ist eines dieser Kernelemente. In der Masterarbeit
wird untersucht, wie die Hochschullehrenden zur Anforde-
rung stehen, GCED als Kernelement der Profession in ihren
hochschulischen Unterricht zu integrieren, ob sie sich aus-
reichend dafür qualifiziert fühlen und welche Maßnahmen
dafür nötig sind.
METHODE: Zunächst werden die Neuerungen in der
LehrerIinnenausbildung und die Umsetzung im EVSO
nachgezeichnet. Zentrale Inhalte sind die Darstellung des
pädagogischen Konzepts GCED, die Einbindung als Quer-
schnittsthema in das schulische Bildungssystem sowie die
Dimensionen der Umsetzung in der hochschulischen Leh-
re. Die Befragung von Hochschullehrenden im EVSO mittels
eines standardisierten elektronischen Fragebogens und die
Darstellung der Ergebnisse bilden den empirischen Teil der
Arbeit.
ERGEBNISSE: Die Befragten stehen der Anforderung, GCED
als Kernelement der Profession in ihren hochschulischen/
universitären Unterricht zu integrieren, positiv gegenüber
bzw. kommen dieser Anforderung auch nach. Förderlich für
die Umsetzung von GCED in der hochschulischen/universi-
tären Lehre wären für die Befragten vor allem „Ressourcen
für entsprechende Fortbildung“.
KAIPEL, Verena
„Ich kenne Europa – ich kenne die Welt?“ – Durch Eras-
mus+ von europäischen zu globalen Identitäten
THEMA UND MOTIV: Die Frage nach europäisch/er/en
Identität/en ist eine Frage der friedenspolitischen Bemü-
hungen innerhalb der Europäischen Union, denn durch ein
gemeinsames Verständnis über den gemeinsamen Lebens-
raum kann eine stabile und sichere Zukunft gewährleistet
werden. Die Arbeit geht der Frage nach, inwieweit das In-
strument „Erasmus+“ europäische Identität/en fördern und
ein Schritt zu Global Citizenship sein kann.
Global Citizenship Education | 37
METHODE: Auf Basis einer Literaturrecherche wird die Idee
„Europa“ kritisch beleuchtet und die Entstehung der Euro-
päischen Union erklärt. Das Erasmus Programm wird aus
einer studentischen Sichtweise und auf der administrativen
Ebene betrachtet. Die Arbeit entwirft eine Erweiterung des
Programms aus GCED-Perspektive.
ERGEBNISSE: Die Arbeit analysiert europäische Werte und
Kultur als Artefakte, die versuchen, einen Zusammenhalt
herzustellen, wodurch der friedenspolitische Kontext er-
zeugt wird. Dabei werden die veränderten Narrative zur
Legitimation der Europäischen Union und damit einher-
gehende Herausforderungen beleuchtet. Die Analyse des
Erasmus Programmes zeigt viele Defizite. Das Programm
ist gut institutionalisiert, ermöglicht finanzielle Unterstüt-
zung und fördert den europäischen Hochschulraum, doch
es mangelt an pädagogischer Unterstützung für Erasmus+
Studierende. Diese lernen Neues kennen, die Wahrneh-
mung bezüglich des gemeinsamen politischen Lebensrau-
mes wird jedoch kaum gefördert. Die Arbeit zeigt auf, wie
ein pädagogisches Konzept entwickelt werden kann, das
den friedenspolitischen Bemühungen der Europäischen
Union gerecht wird. In diesem Zusammenhang wird der
Code of Ethics an europäischen Hochschulen diskutiert. Das
Erasmus+ Programm wird mithilfe von pädagogischen Me-
thoden um eine pädagogische und eine Global Citizenship
Ebene erweitert, welche auf vier Pfeilern beruhen: weltge-
sellschaftliche Reflexion, glokale Wahrnehmung, politische
Partizipation und Friedenspädagogik. Dies ist notwendig,
um die Gefahr der Abgrenzung und einer elitären European
Citizenship zu vermeiden.
MAURIČ, Ursula
Global Citizenship Education als Chance für die
LehrerInnenbildung. Bestehende Praxis, Potenzial und
Perspektiven am Beispiel der Pädagogischen Hoch-
schule Wien
THEMA UND MOTIV: Schulen sind zunehmend mit Her-
ausforderungen konfrontiert, die über den Rahmen päda-
gogisch-didaktischer, fachbezogener Themen weit hinaus-
weisen. Schulbildung soll den steigenden Erwartungen der
Gesellschaft in Hinblick auf soziale und fachliche Bildung
gerecht werden und Lebensqualifikationen vermitteln,
die junge Menschen auf eine ungewisse persönliche Zu-
kunft und den Umgang mit den großen Fragen angesichts
globaler Entwicklungen vorbereiten. Im österreichischen
Schulsystem wird den damit verbundenen komplexen An-
forderungen an den Lehrberuf durch fachübergreifende
Unterrichtsprinzipien und Bildungsanliegen Rechnung ge-
tragen. Diese sind in den Lehrplänen jedoch unterschied-
lich verankert, und ihre Umsetzung bleibt für die Lehrperso-
nen meist unverbindlich. Die Arbeit vertritt die Grundthese,
dass Lehrende gut auf die Herausforderungen von Schule
im Kontext von Globalisierung vorbereitet werden können,
wenn die Verknüpfung fachübergreifender Kompetenzen
mit dem fachorientierten Unterricht bereits im Rahmen
der Ausbildung erlebbar gemacht wird. Die Hochschule ist
gefordert, dafür den institutionellen und strukturellen Rah-
men zu bieten. Global Citizenship Education (GCED) stellt
ein Dachkonzept dar, welches dafür eine maßgebliche Ori-
entierung liefert.
METHODE: In 16 Interviews geben ExpertInnen der PH
Wien eine Einschätzung zur Relevanz von GCED für die
LehrerInnenbildung. Sie erzählen aus ihrer pädagogischen
Praxis, zeigen Traditionen und aktuelle Zugänge der Hoch-
schule zur Umsetzung von für GCED relevanten politischen
Pädagogiken auf und entwerfen ein Bild von der Zukunft
dieser Institution.
ERGEBNISSE: Die Master Thesis liefert einen Überblick über
gesellschaftliche und bildungspolitische Hintergründe von
GCED auf nationaler und globaler Ebene. Das Konzept von
GCED wird in Theorie und Praxis am Fallbeispiel der PH Wien
erläutert. Auf Basis dieser Analyse und der ExpertInneninter-
views werden Potenziale sichtbar gemacht und eine Skizze
für eine neue Praxis in der LehrerInnenbildung gezeichnet.
ZEINLINGER-CREIGHTON, Petra
Einussfaktor Habitus der Lehrperson auf die Entwick-
lung eines friedensförderlichen Lernklimas in multikul-
turellen Volksschulklassen
THEMA UND MOTIV: Die Arbeit untersucht den Einfluss
der Lehrperson auf ein friedensförderliches Unterrichts-
und Lernklima in Zeiten zunehmender Individualisierung,
Digitalisierung und Globalisierung.
METHODE: Das Konzept Global Citizenship Education
(GCED) sowie Ansätze aus der Friedenspädagogik werden in
Hinblick auf Übereinstimmungen mit dem Habituskonzep-
tes von Pierre Bourdieu analysiert. Der Einfluss des Habitus
von Lehrkräften auf ein friedensförderliches Lernklima wird
anhand eines Fallbeispiels einer Volksschule untersucht.
Die dort durchgeführten Unterrichtsbeobachtungen und
38 | Global Citizenship Education
leitfadengestützten ExpertInneninterviews mit Lehrkräften
wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
ERGEBNISSE: Aus Sicht der Autorin bildet das Habituskon-
zept einen Fokus der Untersuchung, weil es erlaube, nicht
bei Appellen an die Pädagogik stehenzubleiben, sondern
die (subjektiven) Bedingungen herauszuarbeiten, unter de-
nen Lehrkräfte eine erfolgversprechende Pädagogik auch
tatsächlich realisieren können. Die Untersuchungsergebnis-
se sind sehr vielfältig, für die Charakterisierung der beiden
Schlüsselfaktoren – Klima und Habitus – wurden v.a. folgen-
de Kriterien herausgearbeitet: die Gestaltung und Struk-
turierung von Organisationsabläufen und Klassen räumen
(räumliche und zeitliche Dimension), die Gestaltung der
Beziehungen zu den Schulkindern und deren Eltern, zu
KollegInnen und zur Schulleitung, die Auswahl von Unter-
richtsinhalten, Methoden bzw. Unterrichtsmaterialien und
das Engagement für gesellschaftsrelevante Thematiken.
Aus den Interviews lassen sich weitere wichtige Kriterien
rekonstruieren: die Bewusstheit, mit der pädagogische
Entscheidungen im Hinblick auf einen förderlichen und
friedensfördernden Unterricht getroffen werden, der sorg-
same Umgang auch mit den eigenen Ressourcen und die
kritische Haltung gegenüber schulischen Strukturen sowie
die Bereitschaft, diese nach Möglichkeit zu adaptieren.
GCED SCHULPRAKTISCH
Grundschule
DALLINGER, Sara Elisabeth: Die Welt als Klassenraum. Das
Raumkonzept der Montessori-Primarstufe als Chance für
Global Citizenship Education
RIESER, Verena: Global Citizenship Education in der Volks-
schule – Kinder lernen (Welt-)Politik verstehen – Wir grün-
den einen Staat
SAUER, Simone: Erhebung der interkulturellen Kompetenz
der LehrerInnen in der Volksschule St. Veit/Glan (Kärnten).
Ein Beitrag zur Spezifizierung von Global Citizenship Edu-
cation
SCHACHNER-HECHT, Sonja: Demokratie-Lernen in der
Grundschule als Potenzial für Global Citizenship Education
DALLINGER, Sara Elisabeth
Die Welt als Klassenraum. – Das Raumkonzept der
Montessori-Primarstufe als Chance für Global Citizen-
ship Education
THEMA UND MOTIV: Die Intention dieser Masterarbeit
besteht darin, das Potential der Primarstufen von Montes-
sori-Schulen für Global Citizenship Education (GCED) aus-
zuloten. Dabei ist Kernfrage, wie eine Pädagogik – die sich
das Begleiten des Heranwachsens des Menschen zu einem
verantwortungsbewussten Erwachsenen, der fähig ist, zum
Weltfrieden beizutragen, auf die Fahnen heftet – dies in der
theoretischen wie praktischen Konzeption des Raumes um-
setzt und welche Verknüpfungen darin zu GCED möglich
sind.
METHODE: Diese zweiteilige Untersuchung erfolgt zu-
nächst in Form einer ausführlichen Literaturanalyse zur
(pädagogischen) Gestaltung und Rezeption des Raums
durch den Menschen, zu den Grundlagen von GCED und
Montessori-Pädagogik, sowie den Besonderheiten des
Raumkonzepts der Montessori-Primarstufe: die spezifische
Vorbereitete Umgebung, das Coming in und das Going out.
Erhebungsmethode im empirischen Teil der Arbeit ist die
Partizipative Fotobefragung; befragt werden sechs erfah-
rene Montessori-Lehrkräfte in Deutschland, Österreich und
der Schweiz, tätig in verschiedenen Montessori-Primarstu-
fenklassen. Sie verfertigen Fotos, die ihrer Meinung nach
zeigen, wie die Vorbereitete Umgebung Möglichkeiten für
Lernprozesse von GCED bietet. Diese werden vorab ausge-
wertet und anschließend in episodischen Interviews mit
den Lehrkräften diskutiert. Die daraus generierten Daten
werden sowohl einer Themenanalyse wie einer Bildanalyse
unterzogen.
ERGEBNISSE: Das Ergebnis der Arbeit ist eine sehr reich-
haltige und anschauliche Dokumentation der praktischen
wie theoretischen Arbeit in Montessori-Primarstufen in Be-
zug auf die Raumgestaltung/Materialien, die aufzeigt, wie
Global Citizenship Education | 39
wichtig es wäre, noch genauer auf die Rezeption von GCED
durch die Montessori-Pädagogik und die in ihr tätigen
Pädagoginnen einzugehen bzw. diese an letztere heranzu-
tragen. Sie bringt Belege für unzählige Anknüpfungspunk-
te an einzelne Aspekte, Teilaufgaben oder Voraussetzungen
von GCED, die nicht nur für Montessori-Schulen relevant
sind.
RIESER, Verena
Global Citizenship Education in der Volksschule – Kin-
der lernen (Welt-)Politik verstehen – Wir gründen einen
Staat
THEMA UND MOTIV: Ziel dieser Masterarbeit ist es, die An-
wendbarkeit von Global Citizenship Education (GCED) im
Volksschulunterricht zu untersuchen. Dazu hat die Autorin
in ihrer Funktion als Lehrerin ein Unterrichtsprojekt mit ei-
ner 4. Klasse Volksschule durchgeführt und dieses als Fall-
studie untersucht. Der Arbeit liegen zwei Forschungsfragen
zugrunde: „Wie kann GCED anhand politischer Kompeten-
zen im Volksschulunterricht implementiert werden?“ und
„Welche Lösungsstrategien bzw. -ansätze finden Kinder für
fiktive globale Ereignisse? Beinhalten diese Ansätze Aspekte
von GCED?“
METHODE: Der Theorieteil setzt sich mit den pädago-
gischen Grundlagen von GCED auseinander und schafft
eine Verbindung zu politischer Bildung, Globalem und In-
terkulturellem Lernen. Für die Untersuchung wurde ein an-
spruchsvolles Forschungsdesign gewählt: Ein aufwändiges
Unterrichtsprojekt dient als Fallstudie für eine evaluative Ak-
tionsforschung, das Datenmaterial für die Forschung wurde
in intensiven Reflexionsphasen mit den Kindern erhoben.
Die Reflexionen der Kinder erfolgten schriftlich und in Form
von Diskussionen, die gut dokumentiert wurden, weiters
gab es eine kontinuierliche und dokumentierte Reflexion
der Autorin.
ERGEBNISSE: Die Arbeit beinhaltet einerseits die Beschrei-
bung eines komplexen Unterrichtsprojekts zur politischen
Bildung in der Volksschule. Andererseits werden die Refle-
xionen der SchülerInnen erhoben und ausgewertet. Die
Interpretation der Ergebnisse erfolgt nach Kategorien (In-
teraktionen, Staat, Migration, Transfer), die auf der Basis der
Reflexionsfragen und entlang des Projektablaufs entwickelt
wurden. Das Unterrichtsprojekt ist bei den SchülerInnen auf
großes Interesse und hohes Engagement gestoßen.
SAUER, Simone
Erhebung der interkulturellen Kompetenz der LehrerIn-
nen in der Volksschule St. Veit/Glan (Kärnten). Ein Bei-
trag zur Spezizierung von Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Die steigende Zuwanderung von
Menschen mit verschiedensten Kulturen konfrontiert so-
wohl LehrerInnen als auch SchülerInnen mit unterschied-
lichsten sozialen, kulturellen und religiösen Erfahrungen.
Die multikulturelle Gesellschaft ist zum Alltag geworden. 30
% bis 40 % der Schüler und Schülerinnen in St. Veit haben
Migrationshintergrund und eine nicht-deutsche Mutter-
sprache. Aber wieweit sind die Lehrkräfte darauf vorberei-
tet, sich mit den darauf ergebenden Herausforderungen
umzugehen?
METHODE: Mittels eines Fragebogens wurde der Ist-Status
bezüglich der Interkulturellen Kompetenz der LehrerInnen
einer Volksschule erfragt. Danach wurden vier vertiefende
Interviews mit Lehrkräften geführt und ausgewertet.
ERGEBNISSE: Trotz Implementierung von „Deutsch als
Zweitsprache“ und dem „Muttersprachenunterricht“ be-
stehen noch große Defizite, zumal ältere Lehrkräfte in ih-
rer Ausbildung nie mit diesen Themen befasst wurden. Es
besteht somit ein großer Fortbildungsbedarf, doch nur ein
Drittel der LehrerInnen hat sich bereits selbstständig weiter-
gebildet. An weiteren Verbesserungsvorschlägen wurde er-
hoben: Mehrstunden für soziales Lernen als Voraussetzung
für eine Bewusstseinsbildung „dem Fremden“ gegenüber;
größere Klassenräume; mehr Stützpersonal (Sozialarbeite-
rInnen, PsychologInnen, BeratungslehrerInnen), aber auch
mehr Lehrpersonal, um den Sprachunterricht zu forcieren.
Offene Strukturen könnten aus dem starren Lernraum ei-
nen Lebensraum machen. Ghettoklasse für Kinder, die nicht
Deutsch sprechen, werden von nahezu allen Befragten ve-
hement abgelehnt.
SCHACHNER-HECHT, Sonja
Demokratie-Lernen in der Grundschule als Potenzial für
Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Die Arbeit geht von der These aus,
dass politische Bildung und somit auch der Erwerb poli-
tischer Kompetenzen in der Grundschule keinen hohen
Stellenwert genießen. Die Arbeit erforscht die Möglichkei-
ten des Kompetenzerwerbs von politischem Lernen und
40 | Global Citizenship Education40 | Global Citizenship Education
Demokratie-Lernen in der Grundschule und fragt nach den
speziellen Erfordernissen für politische Bildung in dieser
Lebensphase. Ein Fokus liegt dabei auf der Analyse erfah-
rungsbasierter Zugänge und ihrer Möglichkeiten. Im ab-
schließenden Kapitel wird die Frage aufgegriffen, inwiefern
darin ein Potential für Global Citizenship Education (GCED)
zu sehen ist.
METHODE: Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung
mit dem aktuellen theoretischen Diskurs zu Demokratie,
Demokratie-Lernen und politischer Bildung in der primären
schulischen Sozialisation sowie deren Umsetzungsmöglich-
keiten in der Praxis. Die Arbeit ist primär eine Literaturarbeit,
enthält aber ebenso eine Fallstudie (mit teilnehmender
Beobachtung) und ein Expertinnen-Interview, das mittels
qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet wurde.
ERGEBNISSE: Politisches Lernen ist in der Grundschule nur
unzureichend strukturell verankert. Defizite sind sichtbar,
sei es darin, Schule als demokratischen Erfahrungsraum für
politischen Kompetenzerwerb zu nutzen, oder im Fehlen
von theoriebasierten Modellen. Politische Bildung in der
Grundschule ist außerdem erschwert durch die grundsätz-
liche Skepsis gegenüber dem politischen Lernen für diese
Altersgruppe. Wenn es bewusst und reflektiert erfolgt, kann
Demokratie-Lernen ein großes Potenzial für GCED entfalten.
Parallelen zwischen beiden Konzepten sind in den Herausfor-
derungen als auch den Hindernissen für die Praxis sichtbar.
Sekundarstufe inklusive Berufsschule
ELSENER, Brigitte: Global Citizenship Education als Überwin-
dung des Nationalismus – erfahrungsgestützte Analyse von
förderlichen Methoden und Zugängen
GUTHEINZ, Doris: „Gutes Leben für Alle“ und das Konzept
Global Citizenship Education in der Neuen Mittelschule
KAGER, Inge: Wie das Wahlpflichtfach Global Education lau-
fen lernte (Eine Fallstudie)
KRUISZ, Karl: Interkulturelle Kompetenz und Global Citizen-
ship Education in der Berufsschule – Potenziale neuer päd-
agogischer Ansätze
LANDAUF, Andrea: Teaching from a Global Citizenship Edu-
cation Perspective
MARGREITER, Barbara: Global Citizenship Education in der
Berufsschule
PIRCHER, Carolina: Die praktische Umsetzung von Global
Citizenship Education im fächerübergreifenden Unterricht
Deutsch und der Fächerkombination Geschichte/Sozial-
kunde/politische Bildung durch erfahrungsorientiertes Ler-
nen. Ein Fallbeispiel
SCHARLER, Stefanie: „Generation sowohl als auch“ – Jugend
zwischen Weltbürgertum und Pragmatismus
ELSENER, Brigitte
Global Citizenship Education als Überwindung des Na-
tionalismus – erfahrungsgestützte Analyse von förderli-
chen Methoden und Zugängen
THEMA UND MOTIV: Anlass für die Arbeit ist die Konstella-
tion in einer Schule, an der sich zwei starke Ethnien (Schü-
lerInnen mit kosovarischem Migrationshintergrund und
österreich-stämmige SchülerInnen) gegenüberstehen. Ziel
der Arbeit ist eine kritische Evaluation der Maßnahmen, die
von Seiten der Schule ergriffen wurden, um beidseitige In-
tegration möglich zu machen und aufkeimenden nationa-
listischen Tendenzen entgegenzutreten.
METHODE: Einleitend wird das Spannungsfeld, in dem sich
diese zwei Ethnien begegnen, beschrieben und positive
wie auch negative Einflüsse auf ein sozial gewinnbringen-
des Miteinander werden identifiziert. Im Mittelpunkt der
Arbeit steht die Darstellung und Untersuchung von schuli-
schen Projekten, die den Fokus vom nationalistischen zum
globalen Denkansatz wenden sollen. Den Projekten folgt
nach einer Beschreibung ihrer Durchführung jeweils eine
Analyse gemäß dem theoretischen Konzept von Global
Citizenship Education. Als besonders gutes Instrument zur
Bildung des interkulturellen Friedens wird das Schulparla-
ment näher erläutert. Die Untersuchung stützt sich dabei
Global Citizenship Education | 41
Transformation müssen Wissen und Kompetenzen mit
Werten in Zusammenhang gebracht werden. Dazu braucht
es entsprechend ausgebildete LehrerInnen, aber auch ein
Bewusstsein innerhalb der Bildungs- und Schulstruktur. So
bietet die Neue Mittelschule als Schule für ALLE sehr wohl
Möglichkeiten, den Prinzipien von GCED gerecht zu wer-
den.
KAGER, Inge
Wie das Wahlpichtfach Global Education laufen lernte
(Eine Fallstudie)
THEMA UND MOTIV: Diese Arbeit beschreibt die Erfahrun-
gen mit der Implementierung eines neuen Wahlpflichtfa-
ches, Global Education, am Gymnasium Bludenz nach dem
ersten Durchgang. Global Education wurde im Rahmen des
Faches Politische Bildung eingerichtet. Die Autorin ist selbst
die Hauptinitiatorin des neuen Faches.
METHODE: Die Darstellung, die großteils chronologisch
angeordnet ist, beschreibt Konzepte, Inhalte, Erfahrungen
und Überlegungen, die dieser erste Durchgang mit sich
brachte. Passend zur Durchführung des Faches in engli-
scher Sprache sind auch die neun Dimensionen mit einer
englischen Überschrift versehen, die einen guten Überblick
über das Spektrum an Fragestellungen geben: First Steps,
Background, Reasons, Conditions, Global Citizen, Teachers,
Students, Topics sowie Limits. Die Studie ist aber mehr als
ein bloßer Bericht, sie enthält auch theoretische Reflexio-
nen zu den pädagogischen Zielen und Konzepten.
ERGEBNISSE: Das Ergebnis dieser Fallstudie ist nicht nur die
Darstellung eines Schatzes an praktischen Erfahrungen bei
der Umsetzung von Global Citizenship Education, die auch
die Rahmenbedingungen, die Möglichkeiten und Grenzen
des Projekts berücksichtigt. Ein weiteres Resultat sind drei
Szenarien für die Fortführung, auch in anderen Schulen:
Das erprobte Versuchsmodell – eine Kombination aus Glo-
bal Education und Politischer Bildung, allerdings mit dem
Nachteil, dass es immer ein Kompromiss bleibe.
Ein Wahlpflichtfach Global Education, in dem man stärker
auf die die SchülerInnen interessierenden globalen Themen
eingehen könne.
Als bevorzugte Variante nennt die Autorin ein Wahlpflicht-
fach Global Citizenship Education, in dem Themenkreise
in ihrer politischen Dimension erfasst würden, von lokalen
Gegebenheiten bis hin zur globalen Dimension.
neben eigenen Erfahrungen und einer Literaturrecherche
vor allem auf die Auswertung von Feedback-Bögen bzw.
Interviews, die an LehrerInnen und/oder SchülerInnen ge-
richtet waren.
ERGEBNISSE: Das Ergebnis ist eine empirisch gestützte
Sammlung von Methoden und Projekten, die von den
betroffenen SchülerInnen als zielführend für den Pers-
pektivenwechsel vom Nationalismus zum globalen Fokus
eingeschätzt wurden. Dabei ist besonders das Instrument
Schulparlament hervorzuheben, das nicht nur von den
SchülerInnen, sondern auch von den Lehrkräften in seiner
schulumfassenden demokratischen Funktion und Effizienz
gewürdigt wurde.
GUTHEINZ, Doris
„Gutes Leben für Alle“ und das Konzept Global Citizen-
ship Education in der Neuen Mittelschule
THEMA UND MOTIV: Die ökologischen, ökonomischen
und sozialen Folgen unserer Lebensweise stellen unsere
Gesellschaft vor große Herausforderungen. Nachhaltige
Entwicklung ist für die Zukunft der Menschen von größter
Relevanz. Die Konzepte von Global Citizenship Education
(GCED) bieten Lernenden eine klare Perspektive, indem sie
Kenntnisse, Kompetenzen, Werte und Einstellungen vermit-
teln, die sie befähigen sollen, eine für alle gerechtere Welt
mitzugestalten.
METHODE: Der Ausgangspunkt der Arbeit ist das Manifest
der amerikanischen Philosophin Martha Nussbaum „Nicht
für den Profit“. Nussbaum fordert eine Neuorientierung der
Bildung im Hinblick einer nachhaltigen Entwicklung, die
ein „Gutes Leben für Alle“ zum Ziel hat. Die Gedanken von
Nussbaum bilden den Rahmen des ersten Teils der Arbeit,
in dem auch der Begriff Bildung näher beleuchtet wird und
eine Beschreibung der Neuen Mittelschule erfolgt. Der em-
pirische Teil der Arbeit umfasst eine Analyse der Schulform
Neue Mittelschule (NMS) und der Schulleitbilder einiger
ausgewählter NMS sowie Interviews mit SchulleiterInnen,
die zu ihrer Einschätzung des Potenzials und der Umset-
zungsmöglichkeiten von GCED in der Neuen Mittelschule
befragt wurden.
ERGEBNISSE: Die Auswertung der Interviews hat gezeigt,
dass der Stellenwert einzelner Konzepte von GCED bei den
SchulleiterInnen hoch ist und Wissen über die Prinzipien
von GCED teilweise vorhanden ist. Zur sozial-ökologischen
42 | Global Citizenship Education
KRUISZ, Karl
Interkulturelle Kompetenz und Global Citizenship Edu-
cation in der Berufsschule – Potenziale neuer pädagogi-
scher Ansätze
THEMA UND MOTIV: „Interkulturelle Kompetenz und Pro-
fessionalität“ ist ein neuer Unterrichtsgegenstand, der ab
dem Schuljahr 2018/19 für Lehrberufe in der Gastronomie
eingeführt wird. Die Arbeit untersucht das Potenzial dieses
neuen Unterrichtsgegenstandes für interkulturelle Bildung
sowie für die Stärkung von Global Citizenship Education
(GCED) in der Berufsschule.
METHODE: In einer Pilotphase konnten SchülerInnen einer
burgenländischen Berufsschule Teile des neuen Unterrichts-
gegenstandes bereits im Schuljahr 2017/18 absolvieren. Die
gleichen SchülerInnen nahmen außerdem an einem Lehr-
lingsaustauschprogramm des AFS in den USA teil. Es war
naheliegend, die Erfahrungen dieser SchülerInnen in den
Forschungsprozess einzubinden. Die SchülerInnen wurden
zunächst mittels einer Online-Befragung zu ihren Erfahrun-
gen mit dem neuen Modul, zu ihren Erwartungen an die
Reise und zum Vorbereitungsprozess sowie zu ihren Vorer-
fahrungen mit kultureller Diversität befragt. Nach der Reise
haben 6 SchülerInnen in einer Gruppendiskussion ihre Ler-
nerfahrungen reflektiert.
ERGEBNISSE: Lehrlinge bewegen sich durch ihren frühen
Einstieg in die Arbeitswelt auch bereits sehr früh in sog.
interkulturellen Kontexten – in der Zusammenarbeit mit
KollegInnen oder in Kundenkontakten. Die Stärkung inter-
kultureller Kompetenz ist daher eine wichtige Aufgabe der
Berufsschule. Der Auslandsaufenthalt hat die SchülerInnen
sehr geprägt (zwei Drittel waren das erste Mal im Ausland).
Die Begegnungen mit Menschen unterschiedlicher Her-
kunft sowie die große Offenheit, die sie in den USA erlebt
haben, wurden besonders positiv wahrgenommen. Eine
kritische (Selbst)Reflexion der Erfahrungen und der eigenen
Haltungen ist für eine Stärkung interkultureller Kompetenz
notwendig und kann im neuen Unterrichtsgegenstand sys-
tematisch erfolgen. Das österreichische Berufsschulwesen
bietet Möglichkeiten zur Integration von GCED, einerseits
im Fach Politische Bildung, andererseits in fachspezifischen
Zugängen, wie dem neuen Unterrichtsgegenstand Inter-
kulturelle Kompetenz und Professionalität.
LANDAUF, Andrea
Teaching from a Global Citizenship Education
Perspective
TOPIC AND MOTIVE: Global Citizenship Education (GCED)
has already been integrated into the Austrian curriculum
for secondary education, and so being able to teach from a
GCED perspective is becoming more and more relevant for
teachers nowadays. However, not many teachers in Austria
know about this topic and its threefold approach – the co-
gnitive, the socio-emotional and the behavioural dimensi-
on. Consequently many are not able to integrate GCED into
their teaching. Therefore, it seems necessary to give interes-
ted teachers a short and practically oriented guideline for
its implementation into the classroom.
METHOD: In order to compile this afore mentioned guide-
line, various handbooks from all over the world were stu-
died, and a comprehensible checklist was composed. This
checklist was then used to create and teach a course (Wahl-
pflichtfach) called ‘Colonialism.Postcolonialism.Decoloni-
zation’ from the GCED perspective for 17- and 18-year-old
pupils in an Austrian secondary school. At the end of the
course, reflective papers had to be written by the pupils, a
group interview was conducted, and a questionnaire was
completed.
RE SULTS: In general, the checklist was proven helpful to as-
semble the different topics of the course through being a
constant reminder of perspectives and aspects to consider
and can be recommended to other teachers. Neverthel-
ess, not all points of the checklist can be integrated into
teaching all the time and for all topics due to various con-
straints, eg. time or lack of material, but the checklist ma-
kes what to leave out a conscious choice. Another finding
highlighted by the different modes of evaluation was the
great importance of the socio-emotional dimension for an
in-depth understanding of essential aspects of the topic,
eg. racism.
MARGREITER, Barbara
Global Citizenship Education in der Berufsschule
Thema und Motiv: Ein beträchtlicher Bevölkerungsanteil
Österreichs hat eine duale Ausbildung und somit eine Be-
rufsschule absolviert. Die Arbeit untersucht, welche Bedeu-
tung Globalisierung für Lehrlinge und Lehrpersonen der
Global Citizenship Education | 43
Berufsschule hat, welchen Stellenwert Menschenrechte,
Demokratie, gerechte Strukturen und globale Themen im
Unterricht einnehmen.
METHODE: Der theoretische Teil beleuchtet die duale
Ausbildung von Lehrlingen in Österreich und erläutert das
Unterrichtsfach Politische Bildung als wichtigen Bestandteil
von GCED. Der empirische Teil umfasst eine Umfrage bei
Lehrlingen und Lehrkräften sowie problemzentrierte Inter-
views mit Lehrkräften, die mittels qualitativer Inhaltsanalyse
ausgewertet wurden.
ERGEBNISSE: Die Globalisierung wird von den Lehrlingen
und PädagogInnen in der vielfältigen glokalen Vernetzt-
und Verbundenheit wahrgenommen und beschrieben.
Lehrlinge sehen die Globalisierung für die eigene Zukunft
vielfach neutral, ein Viertel optimistisch. Menschenrechte,
Gerechtigkeit, Frieden, Mitgestaltung und Mitentschei-
den werden von beiden Personenkreisen als sehr wichtig
erachtet. Sechs von zehn Lehrlingen geben an, sich für
Menschenrechte und Gerechtigkeitsfragen, 40 % für Um-
weltthematiken engagieren zu wollen. Im Hinblick auf ihre
eigene Partizipation wünschen sich die Jugendlichen mehr
Möglichkeiten zur Mitentscheidung in der Schule. Lehr-
linge und PädagogInnen sind von der Wichtigkeit GCED-
relevanter Themen überzeugt, jedoch bestätigt nur jeder
dritte bis vierte Lehrling deren Vermittlung im Unterricht.
Lehrlinge halten ihre Lehrpersonen für mäßig kompetent
in globalen und aktuell-politischen Fragestellungen. Um
GCED in Berufsschulen zu stärken, bedarf es der vermehr-
ten Implementierung globaler Themen und Dimensionen
in Lehrpläne und eine entsprechende Aus- und Weiterbil-
dung der PädagogInnen.
PIRCHER, Carolina
Die praktische Umsetzung von Global Citizenship
Education im fächerübergreifenden Unterricht Deutsch
und der Fächerkombination Geschichte/Sozialkunde/
politische Bildung durch erfahrungsorientiertes Lernen.
Ein Fallbeispiel
THEMA UND MOTIV: Die Auseinandersetzung mit Hetero-
genität prägt den Diskurs in der Bildungsgeschichte welt-
weit. In einer globalisierten Welt, die von Migration, Mobilität
und Kommunikation über weite Distanzen hinweg geprägt
ist, besteht die Forderung nach der Berücksichtigung von
Multiperspektivität und Partizipation. Die Arbeit untersucht
am Beispiel einer fächerübergreifenden Unterrichtseinheit,
wie diese Fertigkeiten inhaltlich und didaktisch gefördert
werden können. Thema ist das Potential partizipativen und
multiperspektivischen Lehrens und Lernens für die Umset-
zung von Global Citizenship Education (GCED) im Unter-
richt in Verbindung mit dem Thema Diversität.
METHODE: Nach einer theoretischen Erläuterung der
Grundfragen von GCED wird der Ansatz des erfahrungsbe-
zogenen Lernens, der in Entdeckendes und Forschendes
Lernen sowie in Partizipatives Lernen untergliedert wird,
diskutiert. Im empirischen Teil wurde anhand einer teilneh-
menden Beobachtung und ergänzender informeller Ge-
spräche überprüft, wie ein Unterricht nach den Prinzipien
von GCED durchgeführt werden kann. Dabei standen die
pädagogischen Interventionen der Lehrperson und die Ver-
mittlung von Wissen im Mittelpunkt der Beobachtung.
ERGEBNISSE: Aus der Darstellung erfahrungsbezogenen
Lernens destilliert die Verfasserin eine Liste von Maximen
für einen guten GCED Unterricht, die als Kriterien für die
Messung des Erfolgs des Unterrichtsbeispiels dienen. Die Ar-
beit leistet damit einen Beitrag, das komplexe Bildungskon-
zept GCED auf anschauliche Art und Weise nachvollziehbar
zu machen. Gleichzeitig wird die theoretische Konzeptionie-
rung der Praxisdimension von GCED herausgearbeitet.
SCHARLER, Stefanie
„Generation sowohl als auch“ – Jugend zwischen
Weltbürgertum und Pragmatismus
THEMA UND MOTIV: Im Fokus der Arbeit stehen Wertorien-
tierungen, Einstellungen und Zukunftsvisionen von Jugend-
lichen, die in engem Zusammenhang mit Global Citizenship
Education stehen. Die Arbeit stützt sich auf soziologische
Jugendtheorien und Analysen aus der Jugendforschung
und greift Aspekte wie Sozialisation, Identitätsentwicklung,
Individualisierung, Jugendkultur und Jugendmilieus auf.
METHODE: Forschungsdesigns und -ergebnisse aus Ju-
gendstudien zu Werthaltungen, Bildung, Zukunft sowie
Politik und Partizipation (v.a. die Jugend-Wertestudie 2011)
bilden das Fundament für einen Fragebogen, mit dem die
Einstellungen von Schülerinnen einer Höheren Lehranstalt
für wirtschaftliche Berufe (HBLW) untersucht werden. Der
Fragebogen wird ergänzt um Themen und Aspekte, die
für Global Citizenship Education von Bedeutung sind. Die
Ergebnisse der Umfrage werden im Vergleich zu diesen eta-
blierten Jugendstudien ausgewertet.
44 | Global Citizenship Education
ERGEBNISSE: Die Jugendstudien, die als Ausgangsbasis
für die Befragung der Jugendlichen dienten, erforschen
jugendliche Lebenswelten kaum im Kontext von Globa-
lisierungsprozessen. Die Rückkoppelung der Umfrageer-
gebnisse an die Ergebnisse der Jugend-Wertestudie zeigt
einige Parallelitäten in Bezug auf priorisierte Werte der
Schülerinnen. Das Interesse an Politik ist bei den befragten
Schülerinnen etwas höher als in der Jugendwerte-Studie.
Partizipation ist den Schülerinnen wichtig, sie glauben an
KRONBERGER, Andrea
Leseabenteuer und Weltsichten – Die Literatur des Glo-
balen Südens als methodischer Zugang im Sinne von
Global Citizenship Education im Unterricht
THEMA UND MOTIV: Ausgangspunkt der Masterarbeit ist
die Frage „Wie lernt man?“ bzw. „Wie lernt man im Sinne
des pädagogischen Konzepts GCED?“ und „Welchen Beitrag
kann dabei die besondere Form des literarischen Lernens
mit Hilfe der Literatur des Globalen Südens leisten?“, um
Schüler_innen zu sensibilisieren, Einsichten in die globalen
Zusammenhänge und die vielfältigen Herausforderungen
für die Weltgemeinschaft in der Gegenwart zu gewinnen.
METHODE: Die Arbeit gliedert sich in einen theoreti-
schen und in einen empirischen Teil. Zunächst werden
Anknüpfungspunkte für das pädagogische Konzept GCED
im Regelunterricht und in den Kompetenzmodellen der
verwandten Disziplinen gesucht. In weiterer Folge wird
ein Kriterienkatalog definiert, um die Überprüfbarkeit des
Globalen Lernens mit Hilfe von Literatur aus dem Globalen
Süden in der empirischen Untersuchung zu ermöglichen,
und weiters das Prozessmodell weltbürgerlichen Denkens,
Lernens und Handelns entwickelt.
Der empirische Teil dokumentiert ein zwölfwöchiges Lite-
raturprojekt in einer 6. Klasse AHS, in dem zunächst die Ein-
stellungen von 19 Schüler_innen zu aktuellen Themen der
die Wirksamkeit von Beteiligung und wünschen sich kon-
kret mehr Mitsprache in jenen Bereichen, die sie selbst di-
rekt betreffen. In Bezug auf Zukunftsvisionen und weltbür-
gerliche Haltungen zieht die Arbeit den Schluss, dass die
Schülerinnen sowohl pragmatische als auch weltbürgerli-
che Tendenzen zeigen. Ein kritischer Blick auf Forschungs-
design und Forschungsmethoden sowie Aussagekraft der
Ergebnisse rundet die Arbeit ab.
Weltgemeinschaft sowie den Problemen unserer globali-
sierten Welt mittels eines detaillierten Fragebogens erho-
ben werden. Anschließend setzen sich die Schüler_innen
in intensiven und vielfältigen Arbeitsaufträgen mit der Welt
der beiden gelesenen Romane aus dem Globalen Süden –
ihren Menschen und ihrer Kultur, dem Land und den politi-
schen Verhältnissen – auseinander und dokumentieren ihre
Lernfortschritte in Form von persönlichen Texten und krea-
tiven Arbeiten, Präsentationen sowie einer literarischen Dis-
kussion. Die Auswertung der zentralen Daten erfolgt mittels
themenzentrierter qualitativer Inhaltsanalyse anhand des
definierten Kriterienkatalogs.
ERGEBNISSE: Die ausgewerteten Daten zeigen, dass es vie-
le Möglichkeiten des Lernens, des Erfassens und der Selek-
tion von Inhalten, Emotionen und Einsichten gibt und dass
die Schüler_innen der 6. Klasse enorme Fortschritte beim
Lernen im Sinne von GCED gemacht haben, auch wenn
nicht alle Schüler_innen im gleichen Ausmaß vom Unter-
richt profitiert haben. Die Resultate dokumentieren aber
auch deutlich, wie wichtig die richtige Wahl der Lernmedi-
en und wie wesentlich die Lehrperson beim Vermittlungs-
prozess in allen Phasen des Lernens im Sinne von GCED ist.
Literaturunterricht
KRONBERGER, Andrea: Leseabenteuer und Weltsichten –
Die Literatur des Globalen Südens als methodischer Zugang
im Sinne von Global Citizenship Education im Unterricht
PRÜNSTER, Stefan: Die Welt abbilden – Transkultureller
Unterricht mit Bilderbüchern in der Volksschule
TANGL, Andreas: Gerechtigkeit in ausgewählten Romanen
der Jugendliteratur
ZEIRINGER, Johann: Global und lokal – Literarische Texte im
Kontext von Global Citizenship Education
Global Citizenship Education | 45
PRÜNSTER, Stefan
Die Welt abbilden – Transkultureller Unterricht mit
Bilderbüchern in der Volksschule
THEMA UND MOTIV: Die Arbeit setzt sich zum Ziel, un-
ter Berücksichtigung der Prinzipien von Global Citizenship
Education (GCED) Möglichkeiten des transkulturellen Un-
terrichts für die österreichische Volksschule zu entwickeln.
Das Thema wird in den größeren Kontext Multikulturalität
und Mehrsprachigkeit in österreichischen Volksschulen ein-
gebettet.
METHODE: Der Autor erläutert zunächst das Konzept der
Transkulturalität und unterzieht es einer kritischen Analyse,
gleichzeitig wird jedoch auch das Potenzial für eine zeitge-
mäße Bildung ausgelotet. Nach der Darstellung von Metho-
den der Literaturdidaktik in der Volksschule wird ein Modell
für transkulturelle Literaturdidaktik vorgestellt. Dieses dient
der nachfolgenden Ausarbeitung von Unterrichtsentwür-
fen als Leitlinie.
ERGEBNISSE: Der Autor arbeitet die Synergien zwischen
GCED und transkultureller Literaturdidaktik heraus und
entwickelt anhand von drei Kinderbüchern konkrete Unter-
richtsvorschläge für den Einsatz transkultureller Bilder- und
Kinderbücher in der Volksschule. Die Auswahl der drei Bei-
spielbücher erfolgte sowohl aus der Perspektive der trans-
kulturellen Literaturdidaktik als auch aus der Perspektive
von Global Citizenship Education. Diese Entwürfe beruhen
auf den zuvor vorgestellten und diskutierten Ansätzen, Prin-
zipien und Methoden und sollen LehrerInnen die Übertra-
gung der transkulturellen Literaturdidaktik auch auf andere
literarische Beispiele ermöglichen.
TANGL, Andreas
Gerechtigkeit in ausgewählten Romanen der
Jugendliteratur
THEMA UND MOTIV: Gerechtigkeit ist einer der schil-
lerndsten und gleichzeitig schwierigsten philosophischen
Begriffe. Viele Menschen sprechen von Gerechtigkeit, oft-
mals ist aber nicht klar, was sie denn unter Gerechtigkeit
tatsächlich verstehen und wie diese Gerechtigkeit erreicht
werden kann. Die Masterarbeit setzt sich zum Ziel, das The-
ma Gerechtigkeit in einigen jugendliterarischen Werken zu
untersuchen und dies im Sinne von Global Citizenship Edu-
cation (GCED) auch pädagogisch zu nutzen.
METHODE: Die Arbeit ist in zwei große Bereiche geglie-
dert. Im ersten Teil werden wichtige Überlegungen zum Be-
griff Gerechtigkeit angestellt, das Verhältnis von Ethik und
Gerechtigkeit sowie wichtige Definitionen zu unterschied-
lichen Bereichen von Gerechtigkeit werden erörtert. Daran
anschließend werden unterschiedliche Gerechtigkeitskon-
zeptionen vorgestellt, u.a. Konzepte von lokaler und globa-
ler Gerechtigkeit bzw. inter-/transkultureller Gerechtigkeit
sowie internationaler und globaler Gerechtigkeit.
Im empirischen Teil werden vier Romane für Jugendliche
vorgestellt und in Bezug auf ihre Thematisierung von As-
pekten der Gerechtigkeit untersucht.
ERGEBNISSE: Die Arbeit zeigt, wie vielschichtig der Begriff
Gerechtigkeit ist. Theorien der Gerechtigkeit werden ei-
nerseits erläutert und bilden andererseits die Basis für die
Untersuchung der Jugendromane. Deren Auswahl erfolgt
nach literaturdidaktischen und praktischen Kriterien. Die
AutorInnen der Romane stammen aus den USA bzw. USA/
Australien und aus Europa. Die Analyse stellt den Inhalt des
Romans in den Mittelpunkt, die Figurenkonstellation wird
mithilfe von Beziehungsdiagrammen sehr anschaulich darge-
stellt, der Ästhetik ist jeweils ein kurzer Abschnitt gewidmet.
ZEIRINGER, Johann
Global und Lokal – Literarische Texte im Kontext von
Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Die Masterarbeit befasst sich mit dem
Verhältnis von Literatur und Gesellschaft und fragt nach
dem Beitrag, den Literatur für das Verständlich-Machen so-
zialer Welten und gesellschaftlicher Strömungen sowie für
das Konzept von Global Citizenship Education leisten kann.
METHODE: Zuerst werden Methoden zur Analyse und In-
terpretation von Literatur erläutert, u.a. stützt sich die Ar-
beit auf Bourdieus Theorie der symbolischen Formen. Mit
diesem Instrumentarium werden anschließend literarische
Werke diskutiert, welche aus verschiedenen Weltgegen-
den stammen und das komplexe Zusammenleben in der
Weltgesellschaft thematisieren. Unter dem Titel „Der Raum
dazwischen“ wird, anhand weiterer drei Romane, etwas
spezifischer das Thema Migration und Kosmopolitisierung
abgehandelt.
ERGEBNISSE: Die Arbeit geht von der These aus, dass Li-
teratur eine ergänzende Funktion für den soziologischen
Erkenntnisgewinn hat, weil Literatur tiefer in soziale Wirk-
46 | Global Citizenship Education46 | Global Citizenship Education
BLIEM, Alfons
Integration – Leichter durch Teamsport?
THEMA UND MOTIV: Diese Arbeit untersucht, wieweit die
„Integration“ von Geflüchteten und MigrantInnen in die
Aufnahmegesellschaften durch Teamsport, vor allem Fuß-
ball, erleichtert werden kann. Die Forschungsfrage lautet:
„Wie und unter welchen Umständen kann Teamsport die
angestrebte Integration begünstigen?“, wobei die Erwar-
tungshaltung besteht, dass Gruppensport eine Hilfe zur
Selbsthilfe sein kann.
METHODE: In einem theoretischen Abschnitt werden
die Begriffe Migration, Integration, Sport(-soziologie) und
Rassismus diskutiert. Der empirische Teil besteht aus der
Darstellung von Projekten und aus Interviews. Es werden
acht Personen interviewt, vier migrantische SportlerInnen
unterschiedlichen Alters sowie vier TrainerInnen. Die Unter-
suchungsmethode sind Leitfadeninterviews, welche nach
Themen geclustert ausgewertet werden. Ferner werden
drei in Österreich etablierte Integrationsmodelle via (Mann-
schafts-)Sport präsentiert.
ERGEBNISSE: Sowohl die drei Sportprojekte als auch die
Interviews bestätigen im Wesentlichen, dass Mannschafts-
sport eine integrative Wirkung haben kann. Dazu muss
festgehalten werden, dass alle TrainerInnen, teilweise selbst
„mit Migrationshintergrund“, äußerst selbstlos engagiert
sind und es ihren Teammitgliedern sicher erleichtern, auf-
genommen zu werden. Unabhängig davon erhärten die
Aussagen der Interviewten jedoch, dass die Möglichkeit,
auch ohne große Sprachkenntnisse Anschluss zu finden
talismus, Diversität von Kulturen und Raum bzw. Zeiterfah-
rungen in ihrer ästhetischen Bearbeitung präsentiert. Ab-
schließend wird im Kapitel „Literarische Texte im Unterricht“
noch einmal ein expliziter Konnex zwischen den literari-
schen Texten und Global Citizenship Education hergestellt.
und nach anderen Kriterien als nach ethnisch-nationalen
in eine Gemeinschaft aufgenommen zu werden, das „Inte-
grationspotential“ der Sportvereine deutlich unterstrei-
chen. Defizite werden im Bereich der staatlichen Förde-
rung ausgemacht. Und die Integrationsbemühungen im
Freizeit bereich reichen keineswegs aus, um Defizite in den
entscheidenden Bereichen wie Arbeit und Wohnen aus-
zugleichen.
DIEDERICHS, Michelle
Learning cities: Local strategies for global citizenship
education? The case of Gelsenkirchen
TOPIC AND MOTIVE: This thesis explores whether and
how cities demonstrate a favorable setting for implement-
ing Global Citizenship Education (GCED). The research par-
ticularly focuses on analyzing existing strategies already
being pursued by learning cities in this regard, given their
dedication to promoting education in their communities.
METHOD: A theoretical review is followed by a qualitative
case study conducted in Gelsenkirchen, Germany.
RE SULTS: The study leads to the conclusion that cities in
general constitute important settings for implementing
GCED. This is because of how cities are positioned when it
comes to citizenship. City governments do not only serve
all who reside in their city, they also extend some citizen-
ship rights to people without legal citizenship status and
lichkeiten einzudringen vermag als wissenschaftliche Un-
tersuchungen. Die vielfältigen Zusammenhänge von Politik
und Literatur werden ausführlich beleuchtet und der Er-
kenntniswert von Literatur für Soziologie deutlich gemacht.
Mit den ausgewählten literarischen Werken werden globale
und lokale Themen wie Migration, Ökonomie, Fundamen-
Außerschulische Lernfelder
BLIEM, Alfons: Integration – Leichter durch Teamsport?
DIEDERICHS, Michelle: Learning cities: Local strategies for
global citizenship education? The case of Gelsenkirchen
DROBITS, Günter: Freie digitale Technologien in Österreich
im Kontext der Agenda 2030 – eine Bestandsaufnahme
SCHÖN, Anna: Perspektiven von Global Citizenship Educa-
tion im HipHop
Global Citizenship Education | 47
are in a position to engage and motivate people to partici-
pate. Another advantage of cities is that they mirror global
dimensions in their local environment and provide spaces
to learn and practice citizenship at the same time. The re-
search also revealed that learning cities in particular provide
favorable strategic approaches for implementing GCED at
the local level. Learning cities provide an approach to edu-
cation that can address GCED in a holistic way because they
recognize and address learning not only in school, but also
in the workplace, in families and communities, through in-
formation and communication technologies, and in public
spaces. The development of a learning city strategy is
based on participation and involvement of all stakeholders,
which is a core component of citizenship. Building on these
insights, the research resulted in a first attempt to develop
a local implementation framework for GCED.
DROBITS, Günter
Inwieweit können freie digitale Technologien in
Österreich die Zielvorgaben der Agenda 2020 bei den
Schwerpunkten 4.1 bis 4.3 der Bildung unterstützen
INHALT UND MOTIV: Das Ziel der Masterarbeit ist mit
dem umfangreichen Titel der Arbeit bereits umschrieben:
Es geht darum, die Möglichkeiten der Teilhabe – im Sinne
einer mittels online verfügbarer Wissensquellen und Lern-
plattformen zugänglichen Bildung – auszuloten und ein-
zufordern.
METHODIK: Die Arbeit ist eine Exploration im World Wi-
de Web. Einem historischen Abriss über die Agenda 2030
folgt eine Analyse der „Infrastrukturen“, die Bildung online
zugänglich machen könnten, und zwar sowohl öffentlich
als auch privat mit Bezug auf Netzanbindung und Endgerä-
te. Ein nächster Abschnitt befasst sich mit dem Menschen
und seinen „strukturellen digitalen“ Möglichkeiten, denen
als „Lerntheorie“ einige Ansätze der Gehirnforschung zu-
grunde gelegt werden. In einem nächsten Abschnitt wer-
den diese strukturellen Voraussetzungen in Bezug auf die
Bildungsziele der Agenda 2020 analysiert.
Dabei werden bildungspolitische Anliegen wie Teilhabe,
Empowerment, gleiche Zugänge für alle diskutiert und an-
gemahnt.
ERGEBNISSE: Eine Kernaussage lautet, dass das Netz einer
Strukturierung und Anleitung (aber keiner Regulierung) be-
darf, um bildungspolitischen Ansprüchen zu genügen. Ein
weiteres Ergebnis ist die Erkenntnis, dass gemeinfreie akkre-
ditierte und über ein Approbationsverfahren ausgewählte
Lernunterlagen und Bildungsangebote fehlen.
SCHÖN, Anna
Perspektiven von Global Citizenship Eduation im
HipHop
THEMA UND MOTIV: Die Frage nach der Ausbildung einer
Identität als global citizen ist eine der zentralen Grundfra-
gen von Global Citizenship Education (GCED). Identitäts-
bildung ist ein Vorgang, der sich an einer Schnittstelle zwi-
schen Individuum und Gesellschaft abspielt. Diese Arbeit
untersucht die weltweite Entwicklung des HipHop/Rap
in Bezug auf seine Relevanz für Global Citizenship, indem
Identitätskonstruktionen, -modelle, -konzepte aus dem
Genre HipHop/Rap herausgearbeitet werden.
METHODE: Anhand der Sprache als Medium im Rap wird
exemplarisch dargestellt, wie Identität im HipHop/Rap
hergestellt und dargestellt werden kann und wie dies für
Identitätskonstruktionen im Sinne einer global citizenship
zu verwenden ist. Unter diesen Gesichtspunkten werden
Rap-Texte von Esra Özmen aka EsRAP, einer jungen Rappe-
rin, analysiert und deren Themen und Motive identifiziert.
Es handelt sich um eine Rapperin mit einer doppelten,
türkisch-österreichischen, „Identität“ mit explizit politischen
Texten, die auch ihre eigene Situation mit reflektieren. Ein
qualitatives Interview mit der Sängerin untermauert die
Forschungsergebnisse.
ERGEBNISSE: Als Phänomen einer globalen Jugendkultur
wird HipHop/Rap durch die Verbindung zu lokal produzier-
ter und von lokalen Einflüssen geprägter Musik zu einem
anschaulichen Beispiel für einen genuin kosmopolitischen
Ansatz. Im Gegensatz zu traditionelleren Identitätsmarkern
der ethnischen und nationalen Zugehörigkeit gewinnt die
Vorstellung von Identität als flexibles, multiples Konstrukt
an Bedeutung. Der kosmopolitische Ansatz als Ausdruck
des Zusammendenkens von Einheit und Differenz, von
Koexistenz in der Vielfalt, werden im HipHop gelebt. Die
alten Grundmuster nationalstaatlichen Denkens können in
diesem Musikgenre überwunden werden.
48 | Global Citizenship Education
ELSSER, Maria
Gerechtigkeitskonzeptionen im Kontext entwicklungs-
politischer Strategien und Programme
THEMA UND MOTIV: Verflechtungen in wirtschaftlicher,
politischer und sozialer Hinsicht nehmen weltweit zu,
sodass Probleme nicht national beschränkt bleiben. Globale
Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sind die Folge. Ziel
dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, inwieweit sich die Ideen
aus den Gerechtigkeitskonzeptionen von Peter Singer,
Thomas Pogge und Iris Marion Young in den Grundlagen-
dokumenten entwicklungspolitischer Strate gien und Pro-
gramme spiegeln.
METHODE: Die Arbeit basiert auf einer umfassenden
Litera turrecherche und einer qualitativen Auswertung von
Primär- und Sekundärliteratur zu den zentralen Themen der
Forschungsarbeit. Die entwicklungspolitischen Strategien
und Ziele der EU, Österreichs und des Landes Steiermark
werden vor dem Hintergrund zentraler Parameter globaler
Gerechtigkeit analysiert, die zuvor aus den Konzeptionen
der PhilosophInnen herausgearbeitet wurden.
ERGEBNISSE: Die Gerechtigkeitskonzeptionen von Peter
Singer, Thomas Pogge und Iris M. Young werden mit ihren
jeweiligen Schwerpunkten und Besonderheiten erläutert.
Dabei werden auch die konkreten Lösungsansätze, die
GLOBALE ETHIK – GLOBALE GERECHTIGKEIT
Gerechtigkeit gilt im Konzept GCED als universeller Wert und wird insbesondere in der Critical GCED als politischer Begriff
verstanden, um weltweit gleichberechtigte Beziehungen anzustreben. Globale Gerechtigkeitskonzepte stellen daher ein
zentrales Element des global citizenship-Ansatzes dar. Die Arbeiten setzen sich mit globalen ethischen Fragen, achtsamem
Wirtschaften und der Umsetzung entwicklungspolitischer Programme auseinander. Aktuelle gesellschaftliche Herausfor-
derungen im Zusammenhang mit Migration und Verteilungsungerechtigkeit werden beleuchtet und damit verbundene
Dilemmata und Utopien in den Blick genommen.
ELSSER, Maria: Gerechtigkeitskonzeptionen im Kontext ent-
wicklungspolitischer Strategien und Programme
GRASS, Hans Peter: Bettelmigration und Global Citizenship.
Die Rolle von Gefühlen, Ambivalenzen, Dilemmata und
Grundbedürfnissen
POSRATSCHNIG, Ursula: Global Citizenship Education and Ani-
mal Rights: Interfaces, Common Ground and Mutual Integration
RISKE, Madeleine: Was wäre, wenn? – Die Relevanz von
Utopiebewusstsein für das Feld von Global Citizenship
Education am Beispiel des Bedingungslosen Grundein-
kommens
SCHNEEBERGER, Sabine: Globale Verbundenheit/
Menschenrecht auf Glück am Beispiel eines achtsamen
Wirtschaftsprozesses – Fallbeispiel: FAIRytale Fair Fashion
alle drei PhilosophInnen zu Fragen globaler Gerechtigkeit
entwickelt haben, aufgezeigt, wie z. B. Thomas Pogges
konkrete Vorschläge für eine globale Rohstoffdividende
(GRD) oder für einen Health Impact Fund (HFI) und Iris M.
Youngs Modell der sozialen Verbundenheit. Der Analyse
von Gerechtigkeitskonzeptionen in den Programmen und
Strategien zur Entwicklungspolitik legt die Autorin vier
Parameter zugrunde, die sie aus den Gerechtigkeitskon-
zeptionen von Singer, Pogge und Young herausgearbeitet
hat. Diese sind: die moralische Verpflichtung zu handeln,
konkrete Handlungsvorschläge der PhilosophInnen, die
Frage der Bewusstseinsbildung im Zusammenhang mit
einer Verringerung der Ungleichheit in der Welt sowie um
Vorschläge zur Finanzierung von entwicklungspolitischen
Maßnahmen.
GRASS, Hans Peter
Bettelmigration und Global Citizenship. Die Rolle von
Gefühlen, Ambivalenzen, Dilemmata und Grund be-
dürfnissen
THEMA UND MOTIV: Bettelnde Menschen fordern die
Frage nach „Global Citizenship“ frontal heraus: Sie zeugen
vom Ausmaß globaler Ungerechtigkeit, sie machen die
Global Citizenship Education | 49
Grenzen und Chancen kommunalpolitischer und zivilge-
sellschaftlicher Spiel- und Handlungsräume offensichtlich
und sie sprechen persönliche Emotionen und gesellschaft-
liche Dilemmata an.
Die Arbeit widmet sich der Frage, welche Rolle persönliche
Gefühle, Ambivalenzen, Dilemmata und Grundbedürf nisse
in der Bearbeitung dieses Themenkomplexes spielen, inwie-
weit ihre Kenntnis bzw. Akzeptanz den persönlichen und
kommunalpolitischen Umgang mit der Thematik erleichtert
und das Verstehen dieser Phänomene im globalen Kontext
unterstützen kann.
METHODE: Für die Arbeit wurden qualitative Interviews mit
Personen geführt, die aus verschiedenen beruflichen und
weltanschaulichen Kontexten von der Thematik betroffen
sind und unterschiedlichste Zugänge und Strategien ver-
folgen.
ERGEBNISSE: Die emotionalen Perzeptionen sind von
positiven und negativen Gefühlen geprägt und werden
häufig als Ambivalenzen wahrgenommen, unabhängig
davon, ob die Befragten ordnungspolitische, restriktive
oder sozialpolitische, menschenrechtsorientierte Zugänge
verfolgen. Die Konfrontation mit der Thematik „Bettel-
migration“ ist häufig von „Dilemma-Situationen“ geprägt.
Wie in allen Konflikttransformationsprozessen kommt
den Grundbedürfnissen der Konfliktparteien eine
entscheidende Rolle zu. Nachhaltige Lösungen gelingen
erst, wenn die Bedürfnisse der AkteurInnen gegenseitig
verstanden werden. Diese akteurs orientierte Ebene kann
jedoch nicht isoliert von herrschenden gesellschaftlichen
Asymmetrien gesehen werden. Das Charakteristikum von
„Global Citizenship Education“ liegt in der Zusammenschau
emotionaler, politischer und struktureller Faktoren und
in der Zurückweisung monokausaler Deutungsversuche.
Die größten Dilemmata in dieser Thematik tun sich rund
um den Aspekt „Handeln“ auf. Was macht die handelnden
AkteurInnen zu „Global Citizen“? Macht die Wahrnehmung
von Ambivalenzen Menschen handlungsunfähig, oder liegt
gerade darin das Potential, neue Perspektiven zu eröffnen?
POSRATSCHNIG, Ursula
Global Citizenship Education and Animal Rights:
Interfaces, Common Ground and Mutual Integration
TOPIC AND MOTIVE: The two philosophies of Global
Citizenship Education (GCED) and Animal Rights have been
expanding and entering curricula on a global scale. For this
reason, it is worth investigating interfaces, common ground,
and the benefits of their mutual integration. Among their
shared ethical premises and objectives are the issues of
equal rights, justice, peace, and environmental protection.
The contemporary global phenomenon of industrial live-
stock farming exemplifies the ways in which violations of
Human and Animal Rights tend to be closely connected.
METHOD: The methodology is a comparison of the
philosophies of both approaches. Research from the
(Critical) Human-Animal Studies offers crucial insights that
aid the attempts at historical-critical analysis and decoloni-
zation central to GCED, how the carnistic matrix oppresses
human and nonhuman animals alike, and how political
activism is central to both. They both depend on educa-
tional systems and committed individuals who participate
actively on a political level.
RESULT: Educational premises and practices keep per-
petuat ing traditionally hierarchical Western thinking and
harmful stereotypes towards human and nonhuman
‘others’. Moreover, any endeavor towards social justice and
peace is incomplete if the dimension of nonhuman life is
neglected. Acknowledging the social construction of the
‘human vs. animal’ dichotomy is an important step towards
the deconstruction of domination, hierarchy and subjuga-
tion, as is the need to recognize the importance of empa-
thy as opposed to the ‘survival of the fittest’ principle, and
the fundamental significance of healthy ecosystems within
rather than outside of which human animals need to place
themselves. The philosophy of GCED both states and pro-
motes that individuals all over the world are develop ing
awareness for kinship with each other, which must even-
tually be extended to nonhuman animals. It is the utopian
vision of justice for all that both approaches share, the
tangible outcome of which is still to be defined, but the
aspiration of which is central to both philosophies.
RISKE, Madeleine
Was wäre, wenn? – Die Relevanz von Utopiebewusst-
sein für das Feld von Global Citizenship Education am
Beispiel des Bedingungslosen Grundeinkommens.
THEMA UND MOTIV: Utopien setzen an konkreten ge-
sellschaftlichen Problemen an und haben das Ziel, neue
Vorstellungen für die Gesellschaft zu entwerfen. Sie sind
kritische Gegenentwürfe zur Realität und bedingen Ver-
50 | Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Grenzenloses Wachstum auf einem
Planeten mit begrenzten Ressourcen ist weder ökono-
misch sinnvoll noch bringt es den Menschen Glück und
Wohlbefinden. Die Vereinten Nationen definieren Glück als
ganzheitliches Konzept für menschliche Entwicklung. Dazu
gehört eine gerechte und nachhaltige wirtschaftliche Ent-
wicklung, die als achtsamer Wirtschaftsprozess bezeichnet
wird.
METHODE: Die Arbeit bietet auf Basis eines vielfältigen
Literaturstudiums eine interdisziplinäre und transkulturelle
Annäherung an verschiedene Elemente einer nachhalti-
gen Entwicklung. Das Unternehmen FAIRytale Fair Fashion
dient als Fallbeispiel für die Untersuchung eines alternati-
ven Wirtschaftsprozesses. Die Basis dafür bildet ein the-
menzentriertes Interview mit narrativen Elementen mit der
Firmeninhaberin. Aus den theoretischen Konzepten und
dem Interview werden mit der Grounded Theory Methode
Schlüsselkategorien identifiziert.
ERGEBNISSE: Die Arbeit begibt sich auf eine Spurensuche,
um Elemente des Menschenrechts auf Glück, eines nach-
haltigen Wirtschaftens und einer globalen Verbundenheit
aus verschiedenen kulturellen Kontexten zu beschreiben.
Der Weg führt von zentralen Begriffen des tibetischen Bud-
dhismus (Glück, Leid, Mitgefühl, Achtsamkeit, Frieden) über
das Konzept des Bruttonationalglücks bis hin zu Elementen
eines achtsamen Wirtschaftsprozesses. Mit dem Begriff der
„Globalen Verbundenheit“, der in Rückgriff auf Edgar Morin
(Heimatland Erde) und Vandana Shiva (Erd-Demokratie)
beschrieben wird, schlägt die Autorin die Brücke zu Glo-
bal Citizenship Education. Die Verbundenheit ist auf die
menschliche Gemeinschaft gerichtet, daraus lässt sich eine
Verantwortung für Individuen und Kollektive ableiten. GCED
fördert die Entwicklung jener Kompetenzen, die Menschen
benötigen, um zu globaler Verbundenheit zu kommen.
änderung. Die Autorin nähert sich dem Thema ihrer Arbeit,
indem sie die Frage untersucht, wie sich die Beschäftigung
mit einer konkreten Utopie auf die Wahrnehmung der eige-
nen Handlungsfähigkeit und somit die eigene politische
Praxis auswirkt, am Beispiel einer konkreten Utopie, nämlich
am Engagement für das Bedingungslose Grundeinkom-
men (BGE). Aus der Untersuchung dieses Fallbeispiels sollen
Schlussfolgerungen für Global Citizenship Education ge-
zogen werden.
METHODE: Der Utopie-Begriff und seine Geschichte, der
Utopiegehalt von GCED sowie die Funktionen des Utopie-
bewusstseins werden mittels Literaturstudiums untersucht.
Die Untersuchung des Fallbeispiels erfolgt durch problem-
zentrierte Interviews mit Personen, die sich für das BGE in
Österreich engagieren. Die Interviews wurden mittels quali-
tativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
ERGEBNISSE: Die Interviews zeigen, dass sich die Ausein-
andersetzung mit einer aktuellen gesellschaftlichen Utopie
positiv auf die Wahrnehmung der eigenen Handlungs-
fähigkeit auswirkt. Die konkrete Utopie, in diesem Fall das
BGE, dient als Motivations- und Inspirationsquelle für das
Engagement für einen gesellschaftlichen Wandel. Die Vor-
stellung davon, wie es sein kann, veränderte die Perspektive
der Befragten wesentlich, ihre Aufmerksamkeit verlagerte
sich hin zum Glauben an eine Alternative. Die Entwicklung
und Realisierung von Utopien kann als Ausdruck politi-
scher Praxis und zugleich als Fähigkeit für GCED verstanden
werden.
SCHNEEBERGER, Sabine
Globale Verbundenheit/Menschenrecht auf Glück
am Beispiel eines achtsamen Wirtschaftsprozesses –
Fallbeispiel: FAIRytale Fair Fashion
Politik und Gesellschaft
Die Beschäftigung mit politischen und gesellschaftlichen Diskursen steht im Zentrum mehrerer Arbeiten. Betrachtet wird
nicht nur das Gesagte selbst, es findet auch eine machtkritische Auseinandersetzung mit der Frage statt, wer sprechen und
somit teilhaben kann. So spielt die Auseinandersetzung mit Citizenship als politischer Praxis, also mit Möglichkeiten der
Partizipation und der Überwindung des nationalen Referenzrahmens im Sinne einer Global Citizenship eine besondere Rol-
le. Konzepte, die auf die Überwindung von Nationalismus und Rassismus abzielen, stehen im Mittelpunkt, und der Beitrag
von GCED zu einer friedlichen, gerechten Gesellschaft wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.
Global Citizenship Education | 51
FUGGER, Thomas
Flucht, Staat und Bürgerrecht – Ein ethisch/philosophi-
scher Beitrag zum Umgang mit Schutzsuchenden
THEMA UND MOTIV: Drei relevante globale Herausforde-
rungen bilden die Forschungsfragen dieser Arbeit: die erste
Heraus-forderung betrifft die Frage der politischen Ver-
antwortung. Die zweite behandelt die Thematik globaler
Fluchtbewegungen und fragt nach dem Schutz von Flücht-
lingen sowie nach deren Rechten. Die dritte sieht der Autor
schließlich in der Freiheit der Werte bzw. dem Herrschen
und Wirtschaften ohne humanistische Werte. Hier fragt er
auch nach der Bedeutung von Werten für die politische
Praxis. Der politische Umgang mit Flucht und Flüchtlingen
ist Querschnittsthema der Arbeit.
METHODE: Diese Masterarbeit ist eine Literaturarbeit. Die
Argumentation des Autors wird durch Positionen verschie-
dener Philosophen geleitet.
ERGEBNISSE: Ausgehend von den drei Herausforderungen –
politische Verantwortung, Flucht und Freiheit der Werte –
behandelt die Arbeit zunächst die Beziehung zwischen
Herrschaft und Werten. Der Abschnitt zu globaler Wirt-
schaft und freiem Markt setzt sich kritisch mit den unglei-
chen Wirtschaftsbeziehungen zwischen westlichen Indus-
triestaaten und dem globalen Süden auseinander und
greift z.B. Fragen von Landgrabbing, Nahrungsmittelspe-
kulation und den Mechanismen des „Freien Marktes“ auf.
Diese Aspekte werden auch mit den Ursachen von Flucht
und Migration verknüpft. Der dritte Abschnitt themati-
siert die Aufgaben sowie die Veränderungen der Rolle und
Funk tion des Staates in Zeiten der Globalisierung. Hier wer-
den die Veränderungen vom Wohlfahrtsstaat zum Wettbe-
werbsstaat skizziert und das Phänomen des Nationalstaates
sowie das Verhältnis des Staates und der BürgerInnen kri-
tisch hinterfragt. In einem Abschnitt zu Staat und Identität
entwickelt der Autor einen eigenen Vorschlag zur Heraus-
bildung einer „Pluralidentität“, die das „Wir“ verschiedener
Gruppen, die in einem Staat/Territorium leben, wesentlich
stärken soll.
Im Schlussteil werden der taktische Humanismus, die
Pluralidentität sowie die Stärkung der Rechte, die allen
Menschen in gleicher Weise zustehen müssten, als Perspek-
tive einer zukünftigen humanen Entwicklung zusammen-
gefasst.
KAPFER, Margot
Citizenship als politische Praxis – Die Beteiligung nicht-
österreichischer StaatsbürgerInnen am Bundesprä-
sidentschaftswahlkampf 2016 als Beispiel für Global
Citizenship
THEMA UND MOTIV: Angesichts des steigenden Bevölke-
rungsanteils ohne Wahlrecht gewinnen Fragen um demo-
kratische Inklusion und Partizipation abseits von formalen
Rechten an Bedeutung. Die Arbeit untersucht am Beispiel
des Engagements von Drittstaatsangehörigen im Bundes-
Citizenship als (politische) Praxis
FUGGER, Thomas: Flucht, Staat und Bürgerrecht. Ein ethisch/
philosophischer Beitrag zum Umgang mit Schutzsuchen-
den
KAPFER, Margot: Citizenship als politische Praxis. Die Betei-
ligung nicht-österreichischer StaatsbürgerInnen am Bun-
despräsidentschaftswahlkampf 2016 als Beispiel für Global
Citizenship
PEIN, Claudia: Volksschule als Erlebens- und Handlungsfeld
von Global Citizenship durch Eltern „vor dem Hintergrund
von Migration gefragt“
PLHAK, Natalie: Partizipativ entscheiden – Soziokratie als
Möglichkeit
SAKAR, Samera: Irakische Frauen in Österreich – Ideal und
Realität von Citizenship
SCHERLING, Josefine: The Child’s Right to participate as a
Global Citizen – Kinderrechte im Kontext von Global Citi-
zenship am Beispiel des Rechts auf Partizipation
SCHRAML, Tanja: Welchen Einfluss hat die Familienbiografie
auf die Ansichten der Kinder zu hochqualifizierter Arbeits-
migration und Global Citizen?
52 | Global Citizenship Education
präsidentschaftswahlkampf 2016, welche Faktoren deren
politisches Engagement begünstigen und wie sich die-
ses auf das Zugehörigkeitsgefühl und weiteres politisches
Engagement auswirkt.
METHODE: Der theoretische Teil beleuchtet anhand einer
Literaturrecherche Citizenship-Konzepte sowie Konzepte
kosmopolitischer Bildung, die zur Praxis als Global Citizen
befähigen. Die rechtliche Situation von MigrantInnen in
Österreich wird dargestellt und Citizenship als politische
Praxis näher betrachtet. Für den empirischen Teil wurden
problemzentrierte Interviews geführt und mittels qualita-
tiver Inhaltsanalyse ausgewertet.
ERGEBNISSE: Die Interviews zeigen positive Auswirkungen
der politischen Praxis auf das gesellschaftliche Zugehörig-
keitsgefühl, durch erlebte Selbstwirksamkeit, er weiterte
Kompetenzen und solidarische Zusammenarbeit mit
ÖsterreicherInnen; als hinderlich für das Zugehörigkeits-
gefühl erweisen sich Diskriminierungserfahrungen.
Im Sinne von global citizenship agieren die Befragten, als
wären sie StaatsbürgerInnen. Sie akzeptieren die ihnen
zugewiesene passive Position nicht, setzen sich für eigene
Anliegen ein und kritisieren ungerechte Strukturen. Dies
zeigt, dass das Ausüben von Citizenship nicht die Staats-
bürgerschaft voraussetzt, wie umgekehrt politische Teil-
habe das Zugehörigkeitsgefühl und die Integration stärkt.
Nicht bestätigt wurde die weit verbreitete Ansicht, gute
Sprachkenntnisse seien eine Voraussetzung für gelingende
Integration.
PEIN, Claudia
Volksschule als Erlebens- und Handlungsfeld von Global
Citizenship durch Eltern – „vor dem Hintergrund von
Migration gefragt“
THEMA: Die Bildungschancen eines Kindes sind vom
sozioökonomischen Hintergrund und dem Bildungsgrad
der Eltern beeinflusst. Strukturelle Rahmenbedingungen
führen zu Segregation und früher Selektion. Der alltäglich
im öffentlichen und politischen Diskurs hergestellte Sta-
tus „MigrantIn“ wirkt auf institutionelle und individuelle
Entscheidungen. Die Arbeit untersucht, inwieweit Global
Citizenship in der Schule durch Eltern erlebbar ist.
METHODE: Auf Basis einer Literaturrecherche werden
Zugänge zum Konzept von Citizenship erörtert und der
Bildungsort Schule durch Analysen der Migrationspäda-
gogik beleuchtet. Ein Fokus wird auf institutionelle Diskrimi-
nierung gelegt. Der empirische Teil nimmt Bezug auf Osler/
Starkey (2005), die Citizenship dreidimensional als recht-
lichen Status, als Gefühl der Zugehörigkeit und als Praxis
definieren. Problemzentrierte Interviews mit Eltern werden
mit qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
ERGEBNISSE: Die Statuszuschreibung „MigrantIn“ wirkt
im Schulsystem deutlich, die Eltern beschreiben mitunter
Diskriminierungserfahrungen. Inwieweit Eltern sich dem
Schulsystem zugehörig fühlen und für ihre Kinder eintre-
ten können, wirkt auf die Lernerfolge der Kinder, die sozial-
emotional auf Ermutigung angewiesen sind. Eltern treten
für ihre Citizenship ein, wenn sie für ihre Kinder „kämpfen“.
Elternkontakte und solidarische Verbündete sind dabei be-
deutsam. Strukturelle Rahmenbedingungen können Global
Citizenship als Gestaltungsprinzip in der Schule fördern
oder behindern. Um Global Citizenship in allen schulischen
Handlungsfeldern zu etablieren, müssen sich (Hoch-)schu-
len als lernende Organisationen definieren. Erfahrungen
von Eltern, die unterschiedlich von „anders sein“ durch Mig-
ration betroffen sind, sollten systematisch in Schulentwick-
lungsprozesse und Aus- und Fortbildung von LehrerInnen
einfließen.
PLHAK, Natalie
Partizipativ entscheiden – Soziokratie als Möglichkeit
THEMA UND MOTIV: Ausgangspunkt ist die Frage, wie Ent-
scheidungen am besten getroffen werden, sodass die Inter-
essen aller Betroffenen gewahrt bleiben und sich möglichst
viele in den Entscheidungsprozess einbringen können. Die
Soziokratie erscheint als Organisationsform, die es erlaubt,
das Potential der Gruppe zu nutzen, um partnerschaftlich
Entscheidungen zu treffen, Hierarchien flach zu halten und
alle Beteiligten aktiv in die Entscheidungsfindung einzubin-
den. Sie ist somit auch für (Global) Citizenship Prozesse ein
wichtiges Instrument. Offen ist, ob Soziokratie auch für die
Entscheidungsfindung und Verwaltung von Staaten geeig-
net ist, wie es Auguste Comte bereits im 18. Jahrhundert
intendierte.
METHODE: Diese Literaturarbeit setzt sich besonders mit
den Prinzipien und Instrumenten der Soziokratie nach
Gerard Endenburg auseinander, der als Erfinder der Sozio-
Global Citizenship Education | 53
kratie gilt, wie sie heute in hunderten Vereinen und Un-
ternehmen praktiziert wird, während praktische Beispiele
fehlen, die die Soziokratie als Organisationsform für Staaten
geeignet erscheinen lassen.
ERGEBNISSE: Es werden die historischen Entwicklungspha-
sen der Soziokratie näher beleuchtet, bis hin zur Soziokratie
nach Endenburg, der sie durch Erkenntnisse aus der Kyber-
netik angereichert hat. Einige Grundprinzipien lauten:
Die Interessen aller Mitglieder müssen berücksichtigt wer-
den, gleichzeitig haben aber die Interessen der Einzelnen
sich jenen der Gruppe zu beugen.
Es müssen Lösungen gefunden werden, die für alle akzep-
tabel sind. Ist das nicht der Fall, darf nicht gehandelt werden.
Alle Mitglieder müssen bereit sein, einstimmig gefasste Be-
schlüsse umzusetzen.
Die Erfahrung zeigt, dass Entscheidungen allgemeiner
Anliegen in einer Gruppengröße von etwa 40 Personen
gefällt werden können. Detaillierte Fragen sollten in kleine-
ren Gruppen behandelt werden. Ab einer gewissen Anzahl
an Personen muss die Soziokratie repräsentativ organisiert
sein.
SAKAR, Samera
Irakische Frauen in Österreich: Ideal und Realität von
Citizenship
THEMA UND MOTIV: Im Mittelpunkt der explorativen Stu-
die steht die Frage, was Frauen, die aus dem Irak nach Öster-
reich migriert sind, mit dem Begriff Staatsbürgerschaft bzw.
mit dem weiter gefassten Begriff Citizenship verbinden.
METHODE: Der Theorieteil besteht aus einer Literaturar-
beit, die sich mit dem Begriff und Konzept von Citizenship
im arabisch-islamischen Denken auseinandersetzt. Der em-
pirische Teil basiert auf 20 qualitativen Interviews mit Frau-
en, die aus dem Irak nach Österreich geflüchtet bzw. mig-
riert sind. Die Auswertung der Interviews erfolgt nach den
drei Dimensionen von Citizenship – Status, Zugehörigkeit,
Partizipation. Die Autorin legt wichtiges Datenmaterial zu
einem bislang kaum erforschten Bereich vor.
ERGEBNISSE: Die Arbeit gibt zunächst einen Einblick in das
Leben von Frauen im Irak und zentrale gesellschaftspoliti-
sche Bedingungen. Es wird z.B. die religiöse und ethnische
Fragmentierung des Irak beleuchtet, ein wichtiger Aspekt
in der Frage von Citizenship und Zugehörigkeit. Das Thema
Gewalt wird ebenfalls näher betrachtet. Gewalterfahrungen
spielen eine wichtige Rolle bei der Einschätzung von Rech-
ten und persönlicher Sicherheit im Zusammenhang mit Ci-
tizenship. Die Autorin eröffnet außerdem einen interessan-
ten Einblick in die Auseinandersetzung mit Citizenship im
arabisch-islamischen Denken und in Spannungsfelder rund
um Citizenship.
Die Interviewpartnerinnen werden zunächst in Kurzporträts
vorgestellt. Diese Porträts geben einen Eindruck von den
sozialen Hintergründen und den persönlichen Erfahrun-
gen der Frauen. Es ist der Autorin gelungen, ein sehr brei-
tes Spektrum von Frauen für die Interviews zu gewinnen
(Lebensalter, Bildungsstand, berufliche Situation, ethnische
und religiöse Zugehörigkeit).
SCHERLING, Josene
The Child’s Right to participate as a Global Citizen – Kin-
derrechte im Kontext von Global Citizenship am Beispiel
des REchts auf (politische) Partizipation
THEMA UND MOTIV: Politische Partizipation verlangt in
unserer globalisierten Welt nicht mehr nur national verstan-
dene Bürgerschaft, sondern Welt-Bürgerschaft. Als Träge-
rInnen von universellen Menschenrechten sind wir bereits
in gewisser Weise Welt-BürgerInnen in einem politischen
Sinn. Wir haben das moralische Recht, aber oft noch nicht
die Möglichkeit, auf globaler Ebene an Entscheidungspro-
zessen, die unser Leben betreffen, zu partizipieren. Kinder
und Jugendliche sind häufig von Entscheidungen ausge-
schlossen, die sie betreffen. Diesen Zusammenhang gilt es
zu untersuchen.
METHODE: Diese theoretische Arbeit vergleicht sys-
tematisch die Literatur zu GCED und zu Kinderrechten
und bezieht sie auf einander, wobei sich Partizipation als
wesentliche Schnittmenge ergibt. Die Kinderrechtskonven-
tion erweitert die gesellschaftliche Stellung dieser Gruppe
und stärkt ihre Partizipationsrechte. Wenn es um eine
nachhaltige Umsetzung der Kinderrechtskonvention geht,
braucht es das Wissen um globale Zusammenhänge, das
Hinterfragen von vorherrschenden Strukturen, einen glo-
kalen Blick auf Problemfelder sowie die Idee und Praxis von
Global Citizenship. Ein menschen- bzw. kinderrechtebasier-
ter Ansatz von Global Citizenship ist notwendig, um u.a. die
globale rechtliche Dimension zu betonen, die ein wesent-
liches Fundament von ‚Citizenship‘ darstellt.
54 | Global Citizenship Education
ERGEBNIS: Die Arbeit zeigt den komplexen Zusammen-
hang der Konzepte von Global Citizenship und Kinderrech-
ten anhand der politischen Partizipation auf, zum einen,
um ein fruchtbares Weiterentwickeln der Kinderrechte und
einen nachhaltigen Einsatz für sie im globalen Kontext zu
ermöglichen, zum anderen, um an der Verwirklichung von
Global Citizenship zu arbeiten.
SCHRAML, Tanja
Welchen Einuss hat die Familienbiograe auf die
Ansichten der Kinder zu hochqualizierter Arbeits-
migration und Global Citizen?
THEMA UND MOTIV: Welche Bedeutung hat die Familien-
biografie, also die subjektiven Erfahrungen und Wahrneh-
mungen, hauptsächlich aus der Kindheit, auf die Einstellung
der Menschen zu Global Citizenship und ihre Bereitschaft
zur Arbeitsmigration?
METHODE: Auf Basis einer Einzelfallstudie über drei Gene-
rationen einer repräsentativen Großfamilie von hochausge-
bildeten, international tätigen ArbeitsmigrantInnen wurden
obengenannte Aspekte anhand einer Fragebogenumfrage
beforscht.
ERGEBNISSE: Es konnte festgestellt werden, dass die jewei-
ligen individuellen Erlebnisse, Wahrnehmungen und Emp-
findungen als begleitendes wie auch als zu Hause geblie-
benes Kind hohe Relevanz auf die persönliche Einstellung
und Werthaltung zur Migration haben. Als zusätzlich positiv
unterstützendes Element konnte eine hochwertige Aus-
bildung insbesondere im Bereich Fremdsprachen ermittelt
werden. Nicht bestätigt wurde die ursprüngliche Annahme,
dass die Vorbildfunktion der Eltern einen maßgeblichen
Einfluss auf die Einstellung der Kinder hat.
Die Einflüsse der untersuchungsrelevanten persönlichen
Erfahrungen auf die Haltung zu Global Citizen bestätigen
die getroffenen Annahmen. Erforderliche Eigenschaften
bzw. Kompetenzen eines Global Citizen wie z.B. Wissen,
Werte, Neugierde oder Offenheit konnten im Zuge der Fra-
gebogenauswertung als signifikante Bestätigung der ge-
troffenen Annahmen nachgewiesen werden.
Die Familienbiografie, insbesondere emotionale Aspekte,
wie persönliche Erlebnisse, Wahrnehmungen und Empfin-
dungen, beeinflussen die Ansichten der Kinder zu Arbeits-
migration und Global Citizenship und sind gewichtiger als
viele, rein objektive Umstände und Faktoren.
ALTENBERGER, Sandra
Wider die Diskriminierung globaler Uneindeutigkeiten –
Denken, Sprechen und Handeln entwickeln. Ein Beitrag
zu Critical Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Wenn Globalisierung Gegenstand
von Bildungsprozessen ist wie bei Global Citizenship Edu-
Theoretische und Politische Diskurse
ALTENBERGER, Sandra: Wider die Diskriminierung globaler
Uneindeutigkeiten – Denken, Sprechen und Handeln ent-
wickeln. Ein Beitrag zu Critical Global Citizenship Education
RIEGER, Maria: Religion und Frieden. Friedensvorstellungen –
exemplarisch dargestellt anhand von ausgesuchten Persön-
lichkeiten und ihrem Bezug zu Global Citizenship Education
STROBL, Sabine: Zum Diskurs über „den Islam“ in Österreich –
Reflexionen über aktuelle Positionen zwischen Politik und
Religion
WEISSBÖCK, Anja: Verschwörungstheorien – eine neue
Herausforderung für die Pädagogik!?
cation (GCED), werden selbstkritische Reflexionen immer
wichtiger. Einerseits um einer Re-Produktion von Sexismen,
Rassismen und Klassismen vorzubeugen, andererseits um
ein kritisches Urteilsvermögen in Bezug auf Ordnungssys-
teme zu entwickeln. Bildungssysteme selbst sind ebenfalls
Gegenstand dieser kritischen Analyse und in Bildungspro-
Global Citizenship Education | 55
METHODE: Auf Basis des Literaturstudiums werden einer-
seits wichtige Begriffsklärungen im Kontext von Frieden
und Religion vorgenommen und das Thema „Frieden“ und
„Friedfertigkeit“ aus theologischer, philosophischer und
politischer Perspektive analysiert. Anhand der Fallbeispie-
le, dem Leben und Wirken ausgewählter (teils historischer)
Persönlichkeiten werden verschiedene Friedenskonzepte
veranschaulicht und mögliche Wege, wie Friedensvorstel-
lungen auch in der Praxis gelebt werden können, aufge-
zeigt.
ERGEBNISSE: Alle in die Untersuchung einbezogenen Bio-
grafien handeln von Menschen, die in gewissem Sinne als
„global citizens“ bezeichnet werden können. Sie kommen
aus kulturellen Kontexten und Religionen, sie treten be-
wusst für den Weltfrieden ein und kämpfen für ihre jeweili-
gen Anliegen (z. B. Indien, USA, Lateinamerika), die alle auch
eine globale Dimension haben. Diese „FriedensstifterInnen“
sind ermutigende Beispiele dafür, dass Frieden und Gewalt-
freiheit politikfähig sein können. Die Analysen von Friedens-
konzepten und unterschiedlichen Zugängen zu Frieden
und Friedfertigkeit zeigen das Potenzial für eine „Kultur des
Friedens“ im Sinne von Global Citizenship Education.
STROBL, Sabine
Zum Diskurs über „den Islam“ in Österreich – Ree-
xionen über aktuelle Positionen zwischen Politik und
Religion
THEMA UND MOTIV: Die Fluchtbewegungen ab dem Jahr
2015, terroristische Attentate in Europa und das Auftreten
des sogenannten „Islamischen Staates“ haben zu einem An-
wachsen der Thematisierung des Religiösen in politischen
Diskursen geführt. Die Arbeit beleuchtet aktuelle Diskurs-
stränge über „den Islam“ in Österreich und zeigt auf, was
diesen Diskurs über „den Islam“ ausmacht bzw. wer die
Sprechenden darin sind.
METHODE: Die Forschung basiert auf der Verbindung
zweier methodischer Ansätze: Die vor allem auf Michel
Foucault zurückgreifende Diskursanalyse und deren Proble-
matisierung wird mit der, teilweise auch in Kritik an Foucault
entwickelten, theoretischen Fragestellung von Gayatri Cha-
kravorty Spivak, ob Subalterne überhaupt sprechen können
und wer für sie spricht, falls sie nicht sprechen können, ver-
knüpft. Mit Hilfe dieser beiden Ansätze werden zunächst die
politischen Diskurse rund um die Einführung bzw. Reform
der Islamgesetze 1912 und 2015 analysiert und die Motive
zessen Involvierte sollten entsprechendes Urteilsvermögen
und Kompetenzen für kritische Selbstreflexion sowohl in
Bezug auf persönliche Haltungen als auch in Bezug auf ihr
professionelles Handeln entwickeln. In dieser Arbeit wird
die Verstrickung, individuell wie kollektiv, in rassistische und
post- bzw. neokoloniale Strukturen herausgearbeitet und
erforscht, wie und warum eine reflexive, kritische Grundhal-
tung, die keine HelferInnen- und Opferrollen stabilisiert, zu
einer machtsensiblen und diskriminierungskritischen Um-
setzung von GCED führen kann.
METHODE: Für die theoretische Diskussion der Forschungs-
fragen werden relevante Literatur, Theorien und Konzepte
herangezogen. Hierfür wird eine postkolonial-feministische
Perspektive eingenommen, um die Wirkmächtigkeit kolo-
nialrassistischer Logiken und neokolonialer Fortschreibun-
gen im Kontext von GCED sichtbar zu machen und diese
in Zusammenhang mit historischen Gewordenheiten zu
betrachten.
ERGEBNISSE: Die Master Thesis arbeitet die Bedeutung
von Rassismen wie Kolonialismen für den Diskurs zu GCED
sowie dessen Implikationen für Theorie und Praxis heraus.
Bestehende Ordnungen zu dekonstruieren, eine rassismus-
kritische Haltung einzunehmen, Reflexionsräume zu schaf-
fen, um daraus folgend eine kritische selbstreflexive Solida-
rität zu entwickeln, sind zentrale Potentiale von GCED. Das
Konzept GCED ist somit unentbehrlich für die gegenwär-
tige Transformation von Selbst- und Weltbildern. Die hier
formulierten Potentiale bedürfen jedoch einer detaillierte-
ren Ausarbeitung, um eine machtsensible und diskriminie-
rungskritische Umsetzung realisierbar zu machen.
RIEGER, Maria
Religion und Frieden. Friedensvorstellungen – exempla-
risch dargestellt anhand von ausgesuchten Persönlich-
keiten und ihrem Bezug zu Global Citizenship Education
THEMA UND MOTIV: Welchen Weg gehen spirituelle Men-
schen, die Frieden stiften? Welche Haltung nehmen sie ein
und welche Vorstellungen von Frieden haben sie? Die Ar-
beit geht dem Zusammenhang von Spiritualität und politi-
scher Praxis nach und begibt sich dazu auf die Spuren von
Persönlichkeiten, die sich für eine Veränderung in Hinblick
auf Frieden und ein würdiges respektvolles Miteinander
eingesetzt haben. Die verschiedenen Zugänge und Frie-
denskonzepte werden analysiert und in Bezug zu Global
Citizenship gestellt.
56 | Global Citizenship Education
der Gesetzgeber herausgearbeitet und historisch einge-
bettet. Weitere Untersuchungsgegenstände sind politische
und mediale Diskurse rund um aktuelle wissenschaftliche
Studien, die Debatte um einen Islam europäischer Prägung
und die Frage nach dem Einfluss des Auslands auf die Ent-
wicklung des Islam in Österreich.
ERGEBNISSE: Das Ergebnis der Arbeit liegt im Wesentlichen
darin, dass Ambivalenzen und Dilemmata des Diskurses
über „den Islam“ dargelegt werden. Diese beginnen mit der
Darstellung „des Islam“ von muslimischer Seite, der als ei-
ne Einheit konstruiert wird, als auch im Sprechen über „den
Islam“. Dilemmata ergeben sich daraus, dass Mehrheitsge-
sellschaften Minderheiten in Ethnisierung treiben, die Ethni-
sierung dient den Minderheiten aber auch dazu, sich als po-
litisches Subjekt zu konstituieren. Die Ethnisierung religiöser
Zugehörigkeiten oder die Selbst- und Fremdzuschreibung
religiöser, kultureller Identitätsmarkierungen verhindern ei-
ne Deeskalation im politischen Diskurs. Die Arbeit weist auf
einen möglichen Ausweg aus den skizzierten Dilemmata
hin: Im Spektrum gesellschaftlicher Positionen, die auf die
Weiterentwicklung der Demokratie unter Wahrung der
universellen Menschenrechten abzielen, und im gemeinsa-
men Abwehren identitärer Positionen liegt die Chance für
Begegnungszonen, die im besten Fall an der Basis der Bür-
gerschaft entstehen sollten.
WEISSBÖCK, Anja
Verschwörungstheorien – eine neue Herausforderung
für die Pädagogik!?
THEMA UND MOTIV: Die Arbeit setzt sich mit dem Phä-
nomen von Verschwörungstheorien auseinander, die auch
bei Jugendlichen Beachtung finden und greift damit ein
Thema auf, mit dem sich die Autorin auch im Schulalltag
konfrontiert sieht. Gleichzeitig ist das Thema komplex und
im pädagogischen Kontext noch wenig bearbeitet. Die
Arbeit will einen Beitrag leisten, um den Diskurs in der Poli-
tischen Bildung zu Verschwörungstheorien zu öffnen.
METHODE: Es handelt sich um einen Literaturarbeit, in
der zunächst einmal Begriffsklärungen und -abgrenzun-
gen vorgenommen werden. Die Arbeit berücksichtigt die
Interdisziplinarität des Forschungsthemas und nähert sich
dem Thema aus Sicht verschiedener wissenschaftlicher
Disziplinen.
ERGEBNISSE: Die Autorin unterscheidet zunächst grund-
sätzlich zwischen den gesellschaftspolitischen (Globalisie-
rungsprozesse, Krisen, Umbrüche usw.) und den individu-
ellen Aspekten (Sinn, Identität, Ambivalenz, Kontingenz
usw.) von Verschwörungstheorien. Die Arbeit diskutiert
Ursachen, Funktionen und Wirkungen solcher Theorien
und erläutert unterschiedliche Perspektiven. Ein Abschnitt
der Arbeit beschäftigt sich mit menschlichen Deutungs-
mustern, Weltbildern und Weltanschauungen.
Politische Bildung müsste sich aus Sicht der Autorin ernst-
hafter mit diesem Phänomen auseinandersetzten, aller-
dings ohne eine „pathologisierende“ Aufarbeitung von
Verschwörungstheorien. Politische Bildung muss viel mehr
Diskussions- und Reflexionsmöglichkeiten herstellen und
die Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien zu-
lassen, sogar herausfordern. Im Kontext von Global Citizen-
ship Education werden wichtige Stoßrichtungen genannt,
wie die Berücksichtigung des Umgangs mit Ambivalenz
und Ambiguität auf individueller Ebene und ein gesell-
schaftspolitischer Zugang, der aus Sicht der Autorin die
Kritik von Macht und Demokratie aufgreifen soll.
Global Citizenship Education | 57
Ein Lehrgang mit nachhaltiger Wirkung
Die Arbeit am ULG hat eine ganze Reihe von Aktivitäten nach sich ge-
zogen, die längst mehr sind als positive Nebeneffekte. Sie haben dazu
beigetragen, eine GCED Szene in Österreich aufzubauen und sie inter-
national zu vernetzen. Dies geschieht vornehmlich, aber keineswegs
ausschließlich, durch das Leitungsteam des ULG. Inzwischen haben sich
auch die ersten beiden Generationen der AbsolventInnen eingebracht
und weitere AkteurInnen sind auf den Plan getreten. Der Lehrgang zeigt
nachhaltige Wirkungen, und dies auf verschiedenen Ebenen:
Nonformale Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Ein Beispiel wären die „Fairen Wochen“, die das Land Steiermark jedes Jahr
durchführt. Das sind rund 100 Veranstaltungen mit Workshops etwa zu
Zivilcourage gegen Rassismus und Diskriminierung, Menschenrechte, Kli-
magerechtigkeit, Nachhaltigkeit oder Fairer Handel. Eine Absolventin ist
dabei führend aktiv.
Schule und Hochschule
Entstanden ist und noch immer entsteht eine kaum zu überblickende
Anzahl von neuen Projekten und Initiativen im Unterricht der verschie-
densten Schultypen wie auch an Universitäten und Hochschulen. Viele
TeilnehmerInnen konnten Inhalte und Methoden, die im ULG vermittelt
wurden, in ihre tägliche Arbeit einfließen lassen. Darüber hinaus haben
manche Lehrkräfte auch neue Wahlpflichtfächer kreiert, zum Beispiel ei-
nes zu Global Education im BG Bludenz oder eines zu „colonialism.post-
colonialism.decolonization“ im BG Weiz, oder einen Schwerpunkt in der
Schulentwicklung gesetzt, z. B. Schwerpunkt „GCED und Sustainable De-
velopment Goals“ an der Polytechnischen Schule Salzburg.
GCED und LehrerInnenbildung
* Kooperation mit dem Österreichischen UNESCO Schulnetzwerk:
Ausbildung von Lehrkräften und Betreuung von Pilotprojekten (siehe
die Einleitung zu dieser Publikation)
* Netzwerk von PädagogInnen an Universitäten und Pädagogischen
Hochschulen: LehrerInnenbildung in Österreich: Verankerung von
GCED im Bildungsverbund Südost als „Kernelement der Profession“
* Jährliche Fachtagung Globales Lernen/Global Citizenship Education
samt Dokumentation
* Teilnahme in der Leitungsgrupe anderer Lehrgänge, etwa des Hoch-
schullehrgangs „Globales Lernen“, ( PH Steiermark, Südwind und
Welthaus)
Global Citizen Campus – GCED im Educational Lab des
Lakeside Parks
KommEnt, Pädagogische Hochschule Kärnten und Universität Klagen-
furt richten einen außerschulischen Lernort im Educational Lab ein. Der
Global Citizen Campus ist:
* Ein Lern-, Entdeckungs- und Experimentierraum für SchülerInnen
58 | Global Citizenship Education
* Vorträge und Podien auf einschlägigen Konferen-
zen in Armenien, Deutschland, Canada, Finnland,
Frankreich, Italien, Iran, Korea, Österreich, Portugal
und der Schweiz
Publikationen
Das Lehrgangsteam gab wissenschaftliche und bil-
dungspraktische Publikationen in Englisch und Deutsch
heraus; darüber hinaus hat es zahlreiche Beiträge zur
internationalen Diskussion zu GCE(D) in Deutsch, Eng-
lisch und Französisch (in Journals oder Sammelbänden)
verfasst.
Besonders stolz sind wir auf die Publikationen unserer
AbsolventInnen. Genannt seien:
* Ursula Maurič: Global Citizenship Education als
Chance für die LehrerInnenbildung. Bestehende
Praxis, Potenzial und Perspektiven am Beispiel der
Pädagogischen Hochschule Wien. Münster: Wax-
mann 2016.
* UNESCO (Hrsg.): Learning Cities and the SDGs: A
Guide to Action, Hamburg 2017. (Unter Mitarbeit
von Michelle Diederichs)
* Josefine Scherling: Zukunftsdimension in der
Menschenrechtsbildung. Grundlagen – Analysen –
Perspektiven. Weinheim und Basel: Beltz Juventa
2019.
* Ein Ort der Aus- und Weiterbildung für Lehramts-
studierende und PädagogInnen
* Ein Forschungsraum für Global Citizenship
Education
Bildungsplanung und Bildungspolitik
* Gutachten bzgl. PISA Studien zu Global Competen-
ces für das österreichische Bildungsministerium
* Mitarbeit in der Strategiegruppe Globales Lernen
* Mitarbeit im Fachbeirat der österreichischen
UNESCO Kommission (Ministerien, Wissenschaft,
NGOs) zur Umsetzung von SDG 4 und insbesonde-
re Target 4.7.
* Kooperation mit dem Parlamentarischen Nord-Süd-
Dialog und der Österreichischen Forschungsstif-
tung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) sowie
mit den wichtigsten entwicklungspolitischen
Organisationen in Österreich
Internationale Aktivitäten
* Expertisen für den finnischen Bildungsplan Global
Education, die italienische Planungsgruppe GCED,
Koreanische (APCEIU) Planungen zur LehrerInnen-
bildung bezüglich GCED
* Teilnahme an den globalen UNESCO Foren zu
GCED, die seit 2013 alle zwei Jahre abgehalten wer-
den
* Mitarbeit im “Europe and North America Regional
Global Citizenship Education Network”
Global Citizenship Education | 59
IV. Personen und Organisationen
Lehrgangsteam ULG I (2012–2015) und ULG II (2015–2018)
Lehrgangsteam ULG III (2019–2022)
Dr. Hans Karl Peterlini
Dr.in Heidi Grobbauer
Univ.-Prof. für Allgemeine Erziehungswissenschaft und
Interkulturelle Bildung an der Alpen-Adria-Universität
Klagenfurt;
Schwerpunkte: Bildungs- und Lernforschung in Schule
und Gesellschaft, Biographieforschung und Friedens-
und Konfliktforschung im Überschneidungsraum von
Staat, Großgruppe und Individuum
s. Lehrgangsteam ULG I
Univ. Prof. Dr. Werner Wintersteiner
Dr.in Heidi Grobbauer
Mag.a Gertraud Diendorfer
Mag.a Dr.in Josefine Scherling
Mag.a Eva Maria Rieger
Kristina Langeder
Judith Waizenegger
Gründer und ehemaliger Leiter des Zentrums für
Friedensforschung und Friedensbildung der Uni ver sität
Klagenfurt; Schwerpunkte: Kulturwissenschaftliche
Friedensforschung, Friedenspädagogik und Global
Citizenship Education; (transkulturelle) literarische
Bildung
Geschäftsführerin KommEnt; Schwerpunkte: Globales
und Interkulturelles Lernen, Global Citizenship
Education, Politische Bildung
Leiterin des Demokratiezentrums Wien;
Schwerpunkte: Projekt- und Wissensmanagement, Pro-
jektentwicklung, wissenschaftliche Projektarbeit
Mitarbeiterin am Institut Fachwissenschaft, Fachdidaktik
und Pädagogik der Sekundarstufe Allgemeinbildung
Studium der Musikologie (Graz) und der Angewandten
Kulturwissenschaft (Klagenfurt)
Lehramtsstudium Englisch, Psychologie/Philosophie,
Geschichte und Deutsch als Fremdsprache/Zweitspra-
che an der Universität Salzburg
MA-Studium Jüdische Kulturgeschichte an der
Universität Salzburg
Wissenschaftlicher Leiter
ULG I und II
Lehrgangsmanagement
ULG I und II
Lehrgangsteam ULG I
und ULG II (bis 04/2017)
Lehrgangsadministration
ULG I (bis 09/2013)
Lehrgangsadministration
ULG I und II (09/2013 bis
01/2017)
Lehrgangsadministration
ULG II (05/2017-09/2018)
Lehrgangsadministration
ULG II (seit 10/2018)
Wissenschaft. Leiter
ULG III
Lehrgangsmanagement
ULG III
60 | Global Citizenship Education
Dr. Werner Wintersteiner
Dr.in Karin Liebhart
Mag. Jasmin Donlic
Judith Waizenegger
Dr. Ilker Ataç
Dr. Rainer Bauböck
Dr.in Hanne Birckenbach
Dr. Artur Boelderl
Dr. Ulrich Brand
s. Lehrgangsteam ULG I und ULG II
Senior Lecturer am Institut für Politikwissenschaft an
der Universität Wien;
Schwerpunkte: Qualitative Methoden in den Sozial-
und Kulturwissenschaften, Visuelle Politik und Visuelle
Kulturen, Politische Kommunikation, Diskursive und
Visuelle Repräsentationen des Politischen, Anti-
pluralismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus
und GenderStudies
Univ.-Ass. am Institut für Erziehungswissenschaft und
Bildungsforschung an der Alpen-Adria-Universität
Klagenfurt;
Schwerpunkte: inter-/transkulturelle Bildung im
Kontext von Migration und Inklusion, Mehrsprachigkeit;
jugendliche Identitätsbildung in regionalen
transnationalen Räumen
s. Lehrgangsteam ULG I
Politikwissenschaftler an der Hochschule RheinMain;
Schwerpunkte: Migration, Politik der Inklusion und
Exklusion, Citizenship im Kontext von Migration
Soziologe, Politologe und Migrationsforscher, Professor
für Politologie am Europäischen Hochschulinstitut in
Florenz
Univ.-Prof.in i. R. am Institut für Politikwissenschaft an
der Justus-Liebig-Universität Gießen;
Philosoph und Germanist, Kärntner Literaturarchiv der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Univ.-Prof. für Internationale Politik am Institut für
Politikwissenschaft der Universität Wien
Schwerpunkte: Critical State and Governance
Studies, politische Ökonomie, globale Umwelt- und
Ressourcenpolitik; Lateinamerika
Leitungsteam ULG III
Leitungsteam ULG III
Lehrgangsassistenz ULG
III
Lehrgangsadministration
ULG III
ULG I Seminar 4
ULG II Seminar 2
ULG II Seminar 2
ULG II Workshop
Wissenschaftliches
Arbeiten
ULG I Seminar 2,
ULG II Seminar 1
Gastvortragende und Referentinnen
Global Citizenship Education | 61
Dr. Jan Brousek
Dr.in Nikita Dhawan
Dr.in Sylvia Eder
Dr. Wilfried Graf
Dr. Henning Hahn
Dr.in Karin Liebhart
Dr.in Elina Marmer
Dr.in Astrid Messerschmidt
Lisa Mittendrein
Dr.in Maria Nicolini
Philosoph und Lehrbeauftragter an den Universitäten
Wien, Klagenfurt und Graz
Schwerpunkte: Konfliktbearbeitung, Diversity
Management, Interkulturalität
Univ. Prof. an der Justus-Liebig-Universität Gießen;
Schwerpunkte: Politische Theorie, Gender Studies,
postkoloniale Studien, transnationaler Feminismus,
globale Gerechtigkeit, Demokratie und Dekolonisierung
Univ. Ass. an der Universität Salzburg;
Schwerpunkte: Gender Studies, Pädagogische
Psychologie, Pädagogische Soziologie
Soziologe, Friedens- und Konfliktforscher; Gründer
und Co-Direktor des Herber C. Kelman Instituts für
Inter aktive Konflikttransformation; Schwerpunkte:
Friedens forschung, Konfliktlösungstraining
Univ.-Prof. am Institut für Philosophie der Freien
Universität Berlin; Schwerpunkte: Politische Philosophie,
(globale) Gerechtigkeitstheorie, Menschenrechte.
Verantwortungsethik
s. Lehrgangsteam ULG III
Freie Dozentin, Forscherin und Autorin; Schwerpunkt:
Interkulturelle Pädagogik, Rassimuskritische Bildung
Univ.-Prof.in für Erziehungswissenschaften an der
Bergischen Universität Wuppertal
Schwerpunkte: migrationsgesellschaftliche Bildung,
Bildung in den Nachwirkungen des Nationalsozialismus,
Kritische Bildungstheorie
Mitarbeiterin von Attac, Soziologin und Sozioökonomin;
Schwerpunkte: Finanzmärkte, Eurokrise und Steuern,
Solidarische Ökonomie
Univ. Prof. i. R. der AAU;
Ehem. Professorin für interdisziplinäre Forschung;
Schwerpunkt u.a. Wissenschaft und Sprache
ULG I Seminar 2
ULG II Seminar
ULG II Workshop
Forschungsmethoden
ULG I, Seminar 2
ULG II Seminar 3
ULG II Seminar 4,
ULG II Workshop
Qualitative
Sozialforschung
ULG II Seminar 2
ULG I Seminar 3,
ULG II Seminar 4
ULG II Seminar 2
ULG II Workshop
Wissenschaftliches
Schreiben
62 | Global Citizenship Education
Dr. Andreas Novy
Dr. Florian Oberhuber
Dr. Anton Pelinka
Dr. Hans Karl Peterlini
Dr. Peter Posch
MMag.a Linda Schönbauer-Brousek
Dr. Jürgen Struger
Dr.in Ana Elvira Steinbach Torres
Ph.D Carlos Alberto Torres
A.o. Univ.-Prof. am Department Sozioökonomie der
Wirtschaftsuniversität Wien und Leiter des Institute for
Multi-Level Governance and Development; Gründer der
Karl Polanyi Gesellschaft;
Schwerpunkte: Entwicklungs- und Transformations-
forschung, sozialökologische Transformation,
internationale politische Ökonomie
Senior Consultant bei SORA-Institut Wien, Studium
der Sozialwissenschaft; Schwerpunkte: Methoden
empirischer Sozialforschung, Sprache und Politik,
Europaforschung
Univ.-Prof. i. R. am Institut für Politikwissenschaft der
Universität Innsbruck und Professor im Nationalism
Studies Program der Central European University in
Budapest;
Schwerpunkte: Demokratietheorien, Vergleichenden
Parteien- und Verbändeforschung, Rechtsextremismus
und Fremdenfeindlichkeit
s. Lehrgangsteam ULG III
Univ. Prof. i. R. , Institut für Erziehungswissenschaft und
Bildungsforschung an der AAU;
Schwerpunkte: Schulentwicklung, Aktionsforschung,
Umwelterziehung,
Unternehmensberaterin, Trainerin und Lehrbeauftragte;
Schwerpunkte: Konfliktmanagement und
Konfliktbearbeitung
Assoz. Univ. Prof am Institut für Germanistik der AAU
Prof. für Erziehungswissenschaften an der Universidade
Federal da Paraíba, Brasilien und Mitglied des Paulo
Freire Instituts an der University of California,
Los Angeles
UNESCO-Chair für Global Learning und Global
Citizenship Education sowie Direktor des Paulo Freire
Instituts an der University of California, Los Angeles
ULG II Seminar 2
ULG I Seminar 4,
ULG I Workshop
Qualitative
Sozialforschung
ULG I Seminar 1
ULG II Seminar 3 und
Seminar 4
ULG I Workshop
Aktionsforschung
ULG I Seminar 2
ULG I Workshop
Wissenschaftliches
Schreiben
ULG II Seminar 1
ULG II Seminar 1
Global Citizenship Education | 63
Ilija Trojanow
Dr.in Silke Weinlich
Dr. Stefan Zehetmeier
Schriftsteller, Übersetzer,
Verleger;
Neben seinem umfangreichen literarischen Werk
publizierte Trojanow Essays und Reportagen zu
globalen politischen und kulturellen Themen.
Politikwissenschaftlerin am Deutschen Institut für
Entwicklungspolitik;
Schwerpunkte: Global Governance, Entwicklungs-
zusammenarbeit, Vereinte Nationen
Assoz. Univ. Prof. am Institut für Unterrichts- und
Schulentwicklung (IUS) der Alpen-Adria-Universität
Klagenfurt;
Schwerpunkt: Aktionsforschung, Professionalitäts-
entwicklung und Fortbildung von Lehrkräften
ULG I Seminar 1
ULG I Seminar 2
ULG II Workshop
Aktionsforschung
Susanne Höck, M.A.
Dr. Jean-Marie Krier
Studium der Sinologie, Wirtschaftsgeographie und DaF;
Postgraduate Diploma in Development Studies (University of
Glasgow); Selbständige Evaluatorin, Beraterin und Trainerin
für Globales Lernen, BNE, Entwicklungszusammenarbeit
Studium der Erziehungswissenschaft, Soziologie und
Betriebswirtschaft; Mitarbeiter von KommEnt, Evaluator für
Globales Lernen, BNE, Fairer Handel
EOP Freising
KommEnt,
Salzburg
Evaluationsteam ULG I und II
64 | Global Citizenship Education
Gemeinsam mehr bewegen
Projektträger des ULG Global Citizenship Education
Zentrum für Friedensfor-
schung und Friedensbil-
dung (ZFF) an der AAU
Klagenfurt
Institut für Erziehungs-
wissenschaft und
Bildungsforschung (IfEB)
an der AAU Klagenfurt
KommEnt – Gesellschaft
für Kommunikation,
Entwicklung und dialogi-
sche Bildung
Pädagogische Hoch-
schule Kärnten – Viktor
Frankl Hochschule
Demokratiezentrum
Wien
Das Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung (ZFF, früher: Friedenspädagogik)
wurde 2005 gegründet. Seit Jänner 2017 ist das ZFF Teil des Instituts für Erziehungswissen-
schaft und Bildungsforschung (Fakultät für Kulturwissenschaften).
Forschungsschwerpunkte: Friedensbildung, politische und epistemische Gewalt, Zusammen-
leben in der postmigrantischen Gesellschaft und Transformatives Lernen.
Das IfEB orientiert sich an demokratischen Grundwerten einer offenen, partizipativen und
solidarischen Gesellschaft, in der Interessen und Konflikte dialogisch ausgehandelt und Min-
derheiten in ihrem Recht auf Eigengestaltung wahrgenommen werden. Ungleiche Zugänge
zu Arbeitswelt, Bildungschancen und gesellschaftliche Teilhabe werden untersucht und auf
Veränderbarkeit und mögliche Handlungsansätze hin diskursiv thematisiert. Erziehung und
Bildung werden auch als Beitrag zu einer gewaltfreien und auf nachhaltige Entwicklung
bedachten Gesellschaft verstanden.
Diesem Leitbild verpflichten sich Lehre und Forschung in intradisziplinärer Durchlässigkeit
und interdisziplinärer Vernetzung in einem regionalen und internationalen Kontext.
KommEnt engagiert sich für eine Bildung, die Weltoffenheit, geteilte Verantwortung für eine
zukunftsfähige Entwicklung und die Wahrung der Menschenrechte fördert, und die auf das
Leben in einer komplexen und pluralistischen Weltgesellschaft vorbereitet – eine Bildung
für Weltbürger und Weltbürgerinnen. In seinem Engagement für Globales Lernen/Global
Citizenship Education ist KommEnt in der PädagogInnenbildung tätig, setzt Lobbying-
Aktivitäten für Globales Lernen/GCED, organisiert Tagungen und arbeitet an der Gestaltung
pädagogischer Materialien mit. KommEnt ist Mitglied der Strategiegruppe Globales Lernen
und im Global Education Network Europe. Ein zweiter Schwerpunkt sind Evaluationen,
Studien und Beratungen von Qualitätsentwicklungsprozessen in entwicklungspolitischer
Bildung, Globalem Lernen/GCED und Fairem Handel.
Die Pädagogische Hochschule Kärnten – Viktor Frankl Hochschule ist ein umfassendes Bil-
dungszentrum für Lehrerinnen und Lehrer und für Personen, die in pädagogischen Feldern
tätig sind oder sein werden. Sie bietet akademische Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehre-
rinnen und Lehrer aller Schultypen sowie im Minderheitenschulwesen an.
Die Schwerpunkte liegen sowohl in den Bereichen Mehrsprachigkeit, interkulturelles Lernen
und Internationalität als auch in Naturwissenschaften, Schulentwicklung, Qualitätsentwick-
lung und Forschung. Mit der Kooperation im ULG begründet die PH auch einen neuen
Schwerpunkt Global Citizenship Education.
Im Geiste Viktor E. Frankls sind Freiheit und Verantwortung ebenso zentrale Begriffe wie die
Frage nach Sinn und Wert der Bildung.
Das Demokratiezentrum Wien ist eine wissenschaftliche Non-Profit-Organisation mit starker
Ausrichtung auf Anwendung und Vermittlung von politischer Bildung. Themen: Grundfragen
der politischen Kultur und des politischen Systems Österreichs im europäischen Kontext,
Demokratisierungsprozesse und ihre historische Entwicklung, aktuelle gesellschaftspolitische
Debatten, die Mediengesellschaft (mit Schwerpunkt Medienkompetenz und Decodierung
visueller Botschaften) sowie die IT-Transformation und die Wissensgesellschaft.
Fördergeber und Unterstützer
Wir bedanken uns bei den Fördergebern, der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit/Austrian Develop-
ment Agency und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, ohne deren Förderung dieses
einmalige, international vielbeachtete Weiterbildungsangebot nicht hätte stattfinden können.
Wir bedanken uns auch bei der UNESCO-Kommission Österreich und dem UNESCO-Schulnetzwerk Österreich für
die gute Zusammenarbeit und die ideelle Unterstützung des ULG Global Citizenship Education. Ergebnisse dieser
Kooperation sind u. a. zwei Broschüren: Global Citizenship Education – Politische Bildung für die Weltgesellschaft (in
deutscher und englischer Sprache) und Global Citizenship Education in der Praxis – Erfahrungen, Erfolge, Beispiele
österreichischer Schulen.
66 | Global Citizenship Education
Es ist heute in technischer und materieller Hinsicht möglich, die Ungleichheiten abzubauen, die Hun-
gernden zu ernähren, die Mittel zu verteilen, das Bevölkerungswachstum zu verlangsamen, die Um-
weltzerstörung einzuschränken, die Arbeit zu verändern, verschiedene planetare Höchstinstanzen für
Regulation und Bewahrung zu schaen, die Vereinten Nationen zu einer veritablen Gesellschaft der
Nationen zu entwickeln und die Erde zu zivilisieren.
Die Kräfte der Barbarei, der Zersplitterung, der Verblendung und der Destruktion, die eine planetare
Politik utopisch machen, stellen heute für die Menschheit eine derartige Bedrohung dar, dass sie uns
a contrario darauf hinweisen, dass die Politik der Menschwerdung und die planetare Revolution einem
lebenswichtigen Bedürfnis entsprechen.
Edgar Morin
Verantwortungsvolle Bildung in den heutigen „globalen Zeiten” erfordert ein tieferes Verständnis der
sozialen, kulturellen, ökonomischen und historischen Kräfte und Trends, die Menschen, Ort, Räume und
Weltsichten verbinden, und der Schwierigkeiten, in komplexe und dynamische Systeme zu intervenie-
ren. Wenn dies fehlt, tendieren die Ergebnisse der Bildung dazu, unbeabsichtigt ungleiche Beziehun-
gen zwischen dominierenden und marginalisierten Bevölkerungsgruppen, grob vereinfachte Rational-
isierungen von Ungleichheit und instrumentalistische und ethnozentrische Vorstellungen von Global
Citizenship, Verschiedenheit und Verantwortung zu reproduzieren.
Vanessa Andreotti