Book

Schnittstellen – Serienmord im Film

Authors:

Abstract

Der Autor untersucht die Einfluss- und Rückflussmechanismen zwischen dem Serienmörderfilm und der Kriminalistik, Kunstgeschichte, Zensurgeschichte, Medienwirkungsdebatten und anderer gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Diskurse. Hierzu wird zunächst die Frage nach dem konstruktivistischen Charakter des Films gestellt – wie dieser das Weltwissen seiner Zuschauer formatiert.
Chapter
Als der Film in die Kinos kam, löste er einen derartigen Skandal aus, dass er nach kurzer Zeit abgesetzt wurde und der Regisseur Michal Powell sowie sein Hauptdarsteller Karlheinz Böhm einen massiven Knick in ihrer Karriere hinnehmen mussten. Stein des Anstoßes war, dass Böhm, den man als sanften, wohlerzogenen Darsteller Kaiser Franz Josephs I in den drei Sissi-Filmen Ernst Marischkas kannte, in „Augen der Angst“ den Serienmörder Mark Lewis spielt, der seine Opfer, allzumal Frauen, filmt, während er sie tötet, und sie dabei zusehen lässt, weil er einen Spiegel auf der Kamera montiert hat. Er agiert damit in erster Linie Ängste aus, die mit seiner Kindheit zu tun haben, und erst in zweiter Linie sexuell konnotierte voyeuristische Bedürfnisse, wie in der wissenschaftlichen Literatur behauptet wird, die sich auf Freud beruft. Darüber hinaus stellt der Film eine massive Kritik an den behavioristischen Experimenten John B. Watson dar, denn Marks Vater, ein berühmter Professor, filmte seinen Sohn während der gesamten Kindheit, und das vor allem, um seine Reaktionen auf Angst erregende Reize zu dokumentieren, mit denen sein Vater ihn konfrontierte – mit letalen Folgen für Marks Opfer und für ihn selber, da er sich zum Schluss – sich dabei selbst filmend – umbringt.
Chapter
Ausgehend einerseits von der sowjetischen Genretheorie, die verschiedene Abstraktionsebenen der Bilder erfasst, und andererseits von den in der Kunstgeschichte bereits bestehenden zahlreichen Analysen der (weiblichen) Allegorien wird die Allegorie als eine zentrale Kategorie aufgewertet, mit der die Position der Zuschauenden bei der Rezeption der Kriegsfilme ausgearbeitet wird. Allegorien sind nicht mehr (nur) die Anderen im Bild, sondern die Hauptfigur, daher können sie auch durch Männerfiguren inszeniert werden, wobei die Filme über den Zweiten Weltkrieg konservative Geschlechterbilder bevorzugen. Mit der Hauptfigur vollziehen die Zuschauenden bei der Rezeption des Films die Verwandlung zum Allegorischen performativ mit.
ResearchGate has not been able to resolve any references for this publication.