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Selbstlerndossier
«Einstieg in das Urheberrecht und OER für E-Learning»
im Rahmen des CAS eLearning
und CAS eLearning Design (Luzern)
von Sandra Schön und Martin Ebner
Zielgruppe und Lernziele
Das Dossier richtet sich an folgende Zielgruppe und verfolgt folgende Lernziele.
Zielgruppe:
Das PDF-Dossier richtet sich an Lehrpersonen aller Bildungsbereiche und
E-Learning-Verantwortliche aus Unternehmen und Verwaltungen, d. h. Praktiker/innen ohne
Vorkenntnisse zum Urheberrecht und offene Bildungsressourcen (kurz OER).
Lernziele:
Die Teilnehmer/innen) kennen die Begrifflichkeiten rund um Open Content / OER
wissen um die Vor- und Nachteile von Open-Content-Lizenzen und erhalten eine Übersicht über
Quellen gemeinfreier sowie Bezahl-Inhalte.
Angaben zur Lizenz
CC BY 4.0 International – Sandra Schön und Martin Ebner (BIMS e.V.) für
CAS eLearning und CAS eLearning Design (Luzern), Prof. Dr. Andréa Belliger
im April 2019.
URL zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2
Überblick
Zielgruppe und Lernziele ............................................................................................................. 1
1 Einführung ............................................................................................................................ 3
2 Umgang mit fremden Inhalten - Was erlaubt das Urheberrecht? ..................................... 4
2.1 Urheberrechtsverletzungen geschehen alltäglich .................................................... 4
2.2 Das Urheberrecht ....................................................................................................... 4
2.3 Erlaubt: Eigengebrauch durch Lernende (Privatkopie) ............................................. 4
2.4 Erlaubt: Nutzung einer Kopie für didaktische Zwecke .............................................. 5
2.5 Erlaubt: Zitat eines Werkes ........................................................................................ 5
2.6 Unerlaubte Nutzung im Überblick ............................................................................. 5
3 Erwerb von Nutzungsrechten .............................................................................................. 7
3.1 Bilder- und Videonutzung gegen Bezahlung ............................................................. 7
3.2 Vermittlung von weiteren urheberrechtlich geschützten digitalen Werken ........... 7
3.3 Nutzungsrechte umfassen nicht Urheberrechte! ..................................................... 8
4 Offene Bildungsressourcen bzw. Open Educational Resources ......................................... 9
4.1 Bedeutung des Begriffs .............................................................................................. 9
4.2 Freigabe der Nutzung ist juristisch nicht trivial ......................................................... 9
4.3 OER aus internationaler Perspektive ....................................................................... 10
4.4 Potenziale von OER .................................................................................................. 10
5 OER: Gemeinfreie Inhalte und Inhalte mit offenen Lizenzen ........................................... 11
5.1 Gemeinfreie Inhalte ................................................................................................. 11
5.2 Offen lizenzierte Inhalte ........................................................................................... 11
5.3 Drei-Ebenen-Modell von offenen Lizenzen ............................................................. 14
6 Beispiele für OER und ihre korrekte Nutzung ................................................................... 15
6.1 Beispiele für OER für die Schule .............................................................................. 15
6.2 Weitere Beispiele für offen lizenzierte Materialien ................................................ 16
6.3 Recherchetipps für OER ........................................................................................... 16
6.4 Nutzung von OER ..................................................................................................... 16
7 Exkurs: Weitere Creative-Commons-Lizenzen .................................................................. 18
8 Erstellung eigener OER ...................................................................................................... 19
8.1 Prüfung, ob Veröffentlichung als OER erlaubt ist .................................................... 19
8.2 Hinzufügen einer offenen Lizenz ............................................................................. 19
8.3 Nutzung des OER-Canvas ......................................................................................... 20
9 Tipps zur Vertiefung ........................................................................................................... 21
Literatur ...................................................................................................................................... 22
3
1
Einführung
«Das Internet ist voller Grafiken und Illustrationen, die gut im Unterricht oder im Seminar
einzusetzen sind. Und wenn ich es korrekt zitiere, ist das erlaubt.» – Solche und ähnliche
Aussagen hört man oft, wenn man über das Urheberrecht im Bildungsbereich spricht. In diesem
Dossier wird ein Einstieg in den Umgang mit fremden Inhalten gegeben und vor allem
Nutzungsmöglichkeiten von sogenannten offenen Bildungsressourcen adressiert.
Ganz praktische Fragestellungen und Herausforderungen bringen unsere beiden Akteure in
diesem Dossier mit: Isabel und Beat. Sie werden im Folgenden porträtiert.
Isabel ist 37 Jahre alt und Lehrerin in der Primarstufe. Sie unterrichtet
Mathematik, Deutsch und auch Ethik. Im Ethikunterricht in ihrer vierten Klasse
diskutiert sie gerade mit den Kindern über die Haltung von wilden bedrohten
Tieren in Zoos – z. B. von Elefanten. Isabel liebt ihren Beruf, in ihrer Freizeit geht
sie regelmäßig Gleitschirmfliegen, zeichnet in einem ihrer vielen Skizzenbücher
oder pflegt ihren privaten Weblog, in dem sie ihre Unterrichtsmaterialien teilt.
Beat ist 26 Jahre alt, hat gerade sein Betriebswirtschaftsstudium beendet und
ist nun Assistent in der Personalentwicklung eines internationalen Konzerns. In
seinem ersten Projekt ist er Teil eines Teams, das ein E-Learning-Angebot für
eine Einführung in das neue Zeiterfassungssystem für alle Schweizer
Angestellten gestalten soll. Er nimmt daher seit letztem Herbst an der CAS-
Fortbildung teil, um technisch und didaktisch auf dem neuesten Stand zu sein.
Seine Projektleiterin hält große Stücke auf ihn und er möchte sie nicht enttäuschen.
Die Herausforderungen von Isabel und Beat sollten durch den vorliegenden Text und die
genannten Ressourcen gelöst werden können bzw. zu beantworten sein. Gerne können Sie die
Aufgabenstellungen auch mit Ihren Mitlerner/innen diskutieren.
Wichtige Aussagen im Text sind im Fettdruck gesetzt.
4
2
Umgang mit fremden Inhalten - Was erlaubt das
Urheberrecht?
2.1
Urheberrechtsverletzungen geschehen alltäglich
Erfahrene Lehrende haben in der Regel einen größeren Fundus an Lehrbüchern, Unterlagen,
Arbeitsblättern oder Webressourcen, die sie in ihren Veranstaltungen einsetzen. Zwar wird
erwartet, dass Lehrende den bestmöglichen Unterricht vorbereiten und das Beste an
existierenden Ressourcen – also
Werke von Dritten
– nutzen, das Urheberrecht erlaubt dies
jedoch nur sehr eingeschränkt.
Im herkömmlichen Präsenzunterricht sind Verstöße gegen das Urheberrecht durch Lehrende
gang und gäbe. Durch die zunehmende Digitalisierung wird sie jedoch für Dritte bzw. die
Urheberrechtsinhaber/innen zunehmend sichtbarer und verfolgbarer, so dass dem Thema
insbesondere im E-Learning größere Aufmerksamkeit zuteil wird.
Herausforderung A.
Isabel hat im Lehrerzimmer in einem alten Ordner ein Arbeitsblatt entdeckt,
das sie nur geringfügig verändern müsste, aber dann direkt im Klassensatz kopiert und eingesetzt
werden kann. Ist das erlaubt? Isabel würde das Arbeitsblatt am liebsten auch in ihrem Weblog
veröffentlichen. Geht sie damit Risiken ein?
2.2
Das Urheberrecht
Jede/r die/der ein eigenes Werk schafft – das kann z. B. ein Kurztext, ein Foto oder auch eine
Handarbeit sein, ist Urheber/in des Werkes. Das Schweizer Urheberrecht gibt den
Urheber/innen eine starke rechtliche Situation und schränkt damit umgekehrt die Nutzung von
Materialien stark ein. Im Schweizer Urheberrecht gilt dabei: «Urheber oder Urheberin ist die
natürliche Person, die das Werk geschaffen hat.» (Art. 6, URG). Urheber/innen haben dabei das
«Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk geändert werden darf» (Art. 11 URG). Im
Unterschied zur Rechtslage in Deutschland oder Österreich ist das Urheberrecht dabei auch
übertragbar, z. B. vererbbar (Art. 16 URG). In aller Regel werden jedoch nur Nutzungsrechte an
den Werken, z. B. für die Nutzung von Fotografien oder Noten, abgetreten.
2.3
Erlaubt: Eigengebrauch durch Lernende (Privatkopie)
Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden. Als Eigengebrauch gilt
u. a. «jede Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich
eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde» (Art. 19 URG). Lernende können sich so
z. B.
Papierkopien
von einem Buch anfertigen.
Herausforderung B.
Beat hat für seine kleine Schwester zur Maturavorbereitung einige Kopien
aus seinem BWL-Lehrbüchern aus dem Studium zusammengestellt. Seine Schwester scannt die
Kopien und verteilt sie per E-Mail an einige ihrer Mitschüler/innen. Ist das rechtlich in Ordnung?
5
2.4
Erlaubt: Nutzung einer Kopie für didaktische Zwecke
Das Schweizer Urheberrecht sieht vor, dass als Eigengebrauch «jede Werkverwendung der
Lehrperson
für den Unterricht in der Klasse
» gilt (Art. 19 URG). Nach Almansi et al. (2011) gilt
dies für Schulen und Hochschulen, die der Bildung oder Berufsbildung dienen. So kann eine
Lehrerin z. B. in einer Klasse sein, Kopien eines Artikels in der Tageszeitung verteilen und ihn im
Deutschunterricht analysieren lassen. Oder Studierende können in einem Hochschulseminar im
passwortgeschützten Lernmanagementsystem der Hochschule ein PDF-Scan eines
Lehrbuchkapitels herunterladen. Diese Ausnahme gilt dabei z. B. in der Regel nicht für
Tanzschulen, interne oder betriebliche Weiterbildung. (Almansi et al., 2011, S. 32). Wichtig ist,
dass diese erlaubte Nutzung
nicht kostenfrei
ist. Wer als Lehrer/in Kopien für den Unterricht
zum Eigengebrauch anfertigt, muss dafür die Urheber/innen entlohnen (Art. 20 URG). Die
Rechteverwertungsgesellschaften sind mit dieser Aufgabe betraut.
Herausforderung C.
Isabel hat in ihrem Weblog viele der von ihr erstellten Arbeitsblätter zum
Schreiben Lernen veröffentlicht, damit diese auch von anderen Lehrer/innen genutzt werden
können. Welche Möglichkeiten der Nutzung erlaubt das Schweizer Urheberrecht einem
ehrenamtlichen Helfer in der Flüchtlingshilfe?
2.5
Erlaubt: Zitat eines Werkes
Das Schweizer Urheberrecht erlaubt die wörtliche Übernahme von Texten von veröffentlichten
Werken, also ein Zitat «wenn das Zitat
zur Erläuterung, als Hinweis oder zur Veranschaulichung
dient
und der Umfang des Zitats durch diesen Zweck gerechtfertigt ist.» (Art. 25 URG). Damit ist
keinesfalls jegliche Verwendung von Ausschnitten durch Dritte gerechtfertigt. Ein Zitat hat den
Zweck, eine/n Urheber/in zu zitieren, d. h. es muss z. B. der Veranschaulichung dienen und darf
auch nicht verfälscht werden (Suissimage.ch, o.J.). Auch Bilder oder Fotos können zitiert
werden. Allerdings muss dann eben unmittelbar auf das Bild oder das Foto Bezug genommen
werden, z. B. in einem Artikel über einen Fotografen und eines seiner bedeutenden Werke.
Herausforderung D.
Als Beat im Projektmeeting darauf hinweist, dass man nicht ohne Weiteres
Abbildungen und Auszüge übernehmen kann, bittet ihn seine Projektleiterin zusammenzustellen,
in welcher Weise überhaupt Material von Dritten im Rahmen des unternehmensinternen
E-Learning-Angebots genutzt werden dürfen. Beat recherchiert dabei mit Hilfe der Webseiten des
Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (http://urheberrecht.ch).
2.6
Unerlaubte Nutzung im Überblick
Die genannten Möglichkeiten erlaubter Nutzung, insbesondere das Zitatrecht, sind eine gute
Grundlage, um fundiert zu argumentieren und in den öffentlichen Diskurs zu treten. Im
pädagogischen Alltag sind jedoch eine
Vielzahl von Praktiken
vorzufinden oder wären
wünschenswert, die
nicht erlaubt
sind.
6
Zu solchen nicht erlaubten Praktiken zählen zum Beispiel:
• Die Anfertigung von Kopien für berufsbildende, betriebliche oder
erwachsenenbildnerische Angebote außerhalb von Schule und Hochschule sind nicht
erlaubt.
• Jegliche Veränderung von Materialien Dritter, auch wenn die Quelle und
Veränderun gen angegeben we rden ist nicht zulässig. Damit sind auch keine Übungen
oder Tests mit geringfügig veränderten Texten u. ä. erlaubt.
• Auch Aktualisierungen oder Kombination mehrerer Quellen sind nicht erlaubt.
Unabhängig vom Urheberrecht gibt es
weitere mögliche Einschränkungen
der Nutzung von
Materialien für das Lernen und Lehren: Menschen dürfen nicht ohne ihr Einverständnis
abgebildet werden (Art. 28ff ZGB). Dann sind auch Markenschutzverletzungen zu vermeiden,
insbesondere bei kommerziellen Angeboten (MSchG). Dann gibt es auch Orte, von denen keine
Aufnahmen ohne Zustimmung des Eigentümers veröffentlicht werden dürfen, z. B. in
Ausstellungen oder Museen.
Werke von anderen können also unter Umständen kopiert werden, in jedem Fall können sie
zitiert werden. Um Werke auf andere Weise zu nutzen, müssen die Urheber/innen zustimmen.
7
3
Erwerb von Nutzungsrechten
Sofern veröffentlichte Werke, z. B. im Internet, nicht mit Lizenzen versehen werden, die eine
Nutzung explizit erlauben – dazu dann mehr im Abschnitt 4 – muss in jedem Fall die
Zustimmung
der Rechteinhaber/innen
eingeholt werden, wenn ein Werk von anderen, z. B. ein Foto oder
Arbeitsblatt, genutzt werden soll.
Es gibt eine Reihe von Plattformen und Angeboten, bei denen
Nutzungsrechte
, z. B. für
Fotografien gekauft werden können. Die Preise sind dabei so gestaffelt, dass eine intensive
Verbreitung (z. B. viele Aufrufe auf einer Website oder hohe Druckauflagen) oder auch eine
Version in höherer Auflösung teurer zu Buche schlägt.
3.1
Bilder- und Videonutzung gegen Bezahlung
Auf einer Reihe von Webseiten von Fotoagenturen können Nutzungsrechte von Bildern
erworben werden. In den jeweiligen Bedingungen steht detailliert, für welchen Zweck und in
welchem Umfang jeweils die Nutzung erlaubt ist, z. B. wie viele Materialien mit dem Foto
gedruckt werden dürfen, wie viele Aufrufe eine Webseite mit dem Foto haben darf, bis wann
das Foto verwendet werden darf, ob die Nutzung auch kommerziell sein darf, ob die Quelle
angegeben werden muss und so weiter. Man «kauft» also nicht ein Bild, sondern
bezahlt für
eine Nutzung, die im Detail beschrieben wird
. Es gibt auch Angebote, für die eine Gebühr fällig
wird, die eine «uneingeschränkte Nutzung» erlaubt («royalty free», irreführend oft mit
«lizenzfrei» ins Deutsche übertragen), allerdings bezieht sich das nur auf einen
uneingeschränkten Zeitraum, aber nicht auf alle denkbaren Nutzungsarten (man ist kein/e
Urheber/in, sondern bekommt eben nur spezifische Nutzungsrechte).
Solche Angebote sind u.a.
• iStockphoto - http://www.istockphoto.com
• Keystone - http://www.keystone.ch
• Getty Images - http://www.gettyimages.com
3.2
Vermittlung von weiteren urheberrechtlich geschützten digitalen Werken
Neben einzelnen Illustrationen und Fotos sind bei der Entwicklung von digitalen
Webanwendungen auch das gesamte Layout eine Herausforderung. Auch hier kann auf bereits
entwickelte Designs zurückgegriffen werden. Auf den entsprechenden Plattformen werden so
Sets von kleinen Bildern (
Icons
) zu bestimmten Themengebieten angeboten,
Software
oder
auch komplette
User Interfaces
. Erworben werden dabei, wie auch bei den Bildern, spezifische
Nutzungsrechte. Während Software, Icons oder auch 3D-Modelle auf den Plattformen getestet
werden können, wird die Erstellung von Fachtexten, z. B. E-Learning-Inhalten in der Regel gezielt
beauftragt, hierbei helfen
Vermittlungsplattformen
dabei, die richtige Autor/in zu finden. Bei
Texten werden im Regelfall alle Nutzungsrechte exklusiv vergeben, der Vertragspartner/innen
verzichtet dabei auch in der Regel darauf, dass sein Name genannt wird.
8
Solche Angebote sind u.a.
• Ui8.net - https://ui8.net/
• envatomarket - https://themeforest.net, https://codecanyon.net u.a.
• Smartghostwriters.com - https://www.smartghostwriters.com
Herausforderung E.
Beat hat die Nutzungsrechte für ein Foto von Getty Images unter der
Bedingung «royalty free» erworben und dafür fast 500 Euro bezahlt. Das Foto möchte er nutzen,
um auf das E-Learning-Angebot zum Zeiterfassungssystem aufmerksam zu machen. Seine
Projektleiterin hat das gleiche Foto auch in der aktuellen Ausgabe eines Managermagazins
gesehen und ist darüber empört. Ist diese doppelte Nutzung zulässig?
3.3
Nutzungsrechte umfassen nicht Urheberrechte!
Die erworbenen Nutzungsrechte bei Bildagenturen umfassen also in aller Regel
nicht die
Weitergabe an Dritte oder Weiternutzung von Dritten
. Daher wird geraten, Fotos von
Bildagenturen nicht in Social-Media-Diensten zu veröffentlichen, da diese oft
Nutzungsbedingungen haben, die eine Weiterverwendung von solchen Bildern erlauben.
Facebook verlangt so in seinen Nutzungsbedingungen, dass es das Recht zur Weiterverwendung
von hochgeladenen Fotos erhält – ein Recht, das man als Erwerber/in von einfachen
Nutzungsrechten gar nicht hat bzw. gestatten kann. (Blogwerk, 2012, S. 9f)
Zum Weiterlesen:
Was man mit Werken von anderen darf bzw. nicht darf wird
u. a. im Urheberrechtsgesetz festgelegt. Folgende Quellen sind hilfreich, um mehr
darüber zu erfahren, was erlaubt ist:
• Das Schweizer Urheberrechtsgesetz (https://www.admin.ch/opc/de/classified-
compilation/19920251/)
• Die Website des Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum
(http://urheberrecht.ch)
• Almansi, C.; Baggi, M.; Contel, R.; Cottier, B.; de Werra, J. (2011). Handbuch. Das
Urheberrecht im Kontext von Unterricht und Lehre. Digital Copyrights for E-
Learning, Lugano und Genf, URL: http://www.diceproject.ch/wp-
content/uploads/2011/05/Handbook_web_de.pdf
• Blogwerk (2012). Whitepaper zur Bildverwendung von Bildern. Zürich: Blogwerk
AG. URL: https://steigerlegal.ch/wp-
content/uploads/2013/01/201204_blogwerk_whitepaper-bildverwendung-im-
internet.pdf
9
4
Offene Bildungsressourcen bzw. Open Educational
Resources
4.1
Bedeutung des Begriffs
«OER» hat sich in den letzten Jahren, auch im deutschsprachigen Raum, als Abkürzung für
«Open Educational Resources» (engl. für offene oder freie Bildungsressourcen) etabliert.
Darunter werden Materialien für Lernende und Lehrende verstanden, welche
kostenlos im Web
zugänglich sind und
über eine entsprechende Lizenzierung zur Verwendung und auch zur
Modifikation freigegeben
sind (Geser, 2007; Mruck et al., 2011).
Vier Merkmale werden dabei in den unterschiedlichen OER-Definitionen genannt, wobei die
ersten beiden Aspekte die wichtigsten sind:
Offene Bildungsressourcen
• stehen kostenlos im Web zur Verfügung,
• können kostenlos - geregelt durch offene Lizenzen - genutzt werden,
d. h. auch modifiziert und veröffentlicht werden,
• folgen den Prinzipien offener Softwarestandards und
• unterstützen gezielt offene Lern- und Lehrsettings bzw. offene
Bildungspraktiken.
4.2
Freigabe der Nutzung ist juristisch nicht trivial
Das Urheberrecht ist ein starkes Recht. Urheber- und auch Nutzungsrechte können daher auch
nicht sehr einfach übertragen werden. Was auf den ersten Blick verständlich wirkt, kann z. B.
auf unterschiedliche Weise ausgelegt werden.
Herausforderung F.
Isabel möchte, dass ihre Materialien auch in der Flüchtlingshilfe zum Einsatz
kommen kann. Sie ergänzt in ihrem Weblog daher folgenden Satz: „Alle meine Arbeitsblätter
dürfen kostenfrei zum Lehren hergenommen werden.“ Inwiefern ist diese Bestimmung unklar?
Tatsächlich ist juristische Expertise gefragt und individuelle Verträge notwendig, wenn man
eindeutig und gesetzeskonform handeln will. Damit es auch Laien gelingt, juristisch einwandfrei
Dritten die Nutzung ihrer Materialien einzuräumen, wurden eine Reihe von
Lizenzmodellen
,
z. B. von Creative Commons, einführt (vgl. nächstes Kapitel). Dies erspart, dass nicht jede/r
Nutzer/in individuell mit den Urheber/inne/n Vereinbarungen über die Nutzung treffen muss.
10
4.3
OER aus internationaler Perspektive
Während sich die Urheberrechtsgesetze im deutschsprachigen Raum bzw. in Europa relativ
ähnlich sind, erlaubt z. B. die Gesetzgebung in den USA einen großzügigeren Umgang mit
urheberrechtlich geschützten Materialien für Bildungseinrichtungen («Fair Use»). In den USA
dreht sich die Diskussion um OER dabei weniger stark um offen lizenzierte Materialien als um
allgemein kostenfrei zugängliche Online-Materialien.
Die Bedeutung des Begriffs OER hat sich in den letzten Jahren verschoben, und wird auch
international unterschiedlich interpretiert (z. B. wegen des Fair-Use-Prinzips in den USA).
4.4
Potenziale von OER
In dieser kurzen Einführung werden OER aus dem Blickwinkel des Urheberrechts eingeführt.
Tatsächlich ist das Potenzial von OER aber viel breiter angelegt: offene Bildungsressourcen
können ein wesentliches Element sein, um lebenslanges Lernen sowie Wissensgesellschaften
zu unterstützen (vgl. Geser, 2007; Schaffert & Geser, 2008). OER-Initiativen werden so öffentlich
und von Stiftungen gefördert, weil sie allgemein den
Zugang zur Bildung
erleichtern können.
Insgesamt bergen OER neben Einsparungseffekten auch die Möglichkeit, den Ressourcenpool
für innovative Bildungsideen zu erweitern, einfacher anzupassen und zu aktualisieren (Geser,
2007, S. 20). Sind die Materialien frei zugänglich, kann man einfacher und kostengünstiger
passende Bildungsmaterialien finden – oder auch anpassen. Potenziell kann so auch die
Qualität
von Bildungsressourcen erhöht werden, wenn die Möglichkeiten der Verbesserung und der
Qualitätskontrolle durch Systeme unterstützt werden (ebd.). Immer wieder, insbesondere für
die Autor/-innen von OER sowie von Einrichtungen, die OER anbieten, wird auf
Reputationseffekte
hingewiesen: Durch OER kann man auf Lehrende oder auch potenzielle
Bildungsanbieter aufmerksam werden. So weist Hylén (2006) darauf hin: «Institutions to be
engaged in OER will profit from good public relations, the materials can function as a show-
window attracting new students.» Schaffert (2010) sammelte die Begründungen von
Hochschulen, die OER-Strategien einführten, und konzentrierte sich dabei auf die angestrebten
organisatorischen Veränderungsprozesse (und nicht etwaige altruistische Motive). Es gibt eine
Reihe von politischen, finanziellen, altruistischen und didaktischen Argumenten, OER zu
erstellen bzw. diese Idee zu unterstützen.
11
5
OER: Gemeinfreie Inhalte und Inhalte mit offenen Lizenzen
OER dürfen kostenfrei beim Lernen und Lehren genutzt werden, das heisst, sie dürfen auch
verändert und wieder veröffentlicht werden. Dazu müssen diese Materialien entweder
gemeinfrei sein oder offen lizenziert werden.
5.1
Gemeinfreie Inhalte
Materialien, die bereits nach Schweizer Recht
gemeinfrei
sind, weil beispielsweise die
Urheber/innen schon sehr lange tot sind (70 Jahre nach dem Tod der Urheberin bzw. des
Urhebers bzw. 50 Jahre bei einer Software, Art. 29 URG) oder weil die Materialien unter einer
CC-0-Lizenz
veröffentlicht wurden, zählen auch zu den offenen Ressourcen. Beispielsweise
verzeichnet die Online-Kollektion Europeana
1
eine Reihe solcher Artefakte, die ohne
Einschränkungen genutzt werden dürfen. Vor der Einführung einer Schutzfrist von 70 Jahren in
der Schweiz im Jahr 1993, galt eine Schutzfrist von nur 50 Jahren. In den USA haben
Urheber/innen die Möglichkeit ihre Werke und alle Rechte daran auch zu Lebzeiten an die
Allgemeinheit zu übergeben («
Public Domain
»), eine Möglichkeit, die es in der europäischen
Rechtsordnung so nicht gibt.
5.2
Offen lizenzierte Inhalte
Möchte man Materialien von Fremden nutzen, müssen die Regelungen des
Urheberrechtsgesetzes beachtet werden. Daher sind individuelle Vereinbarungen zwischen den
Rechteinhaber/inne/n sowie potentiellen Nutzer/innen im Detail anzufertigen und ggf.
individuell (z. B. durch Verträge) auszuhandeln. Um eine Nutzung durch Dritte – also Lehrende,
Schüler/innen, Eltern etc. – auch ohne individuelle Rechteklärung auf rechtlich sichere und
eindeutige Weise möglich zu machen, kommen im Falle von OER offene Lizenzen zum Einsatz.
Am weitesten verbreitet sind hierbei drei Lizenzoptionen der Creative-Commons-Lizenzen:
CC BY, CC BY-SA und CC 0 (vgl. folgende Tabelle 1).
1
siehe http://www.europeana.eu/portal/de (2017-01-12)
12
Tabelle 1: Offene Lizenzen (OERdeckel, 2016; Creative Commons, 2019)
Lizenz
Bedingungen für die Nutzung der Materialien
Die Nutzung darf kostenlos erfolgen (inkl. Modifikation,
kommerzielle Nutzung), sofern die Urheber/innen genannt werden,
Angaben zur Lizenz gemacht werden, die ggf. vorgenommenen
Änderungen benannt sowie jeweils verlinkt werden (z. B. Link/URL
zur Lizenz, ursprünglichen Material).
Die Nutzung darf kostenlos erfolgen (inkl. Modifikation,
kommerzielle Nutzung), sofern die Urheber/innen genannt werden,
Angaben zur Lizenz gemacht werden, die ggf. vorgenommenen
Änderungen benannt sowie jeweils verlinkt werden (z. B. Link/URL
zur Lizenz, ursprünglichen Material). Zusätzlich müssen Materialien,
die mit Hilfe der Ressource erstellt werden, in jedem Fall auch unter
dieser Lizenz (CC BY-SA) veröffentlicht werden, das SA steht dabei
für «share alike».
Die Nutzung darf ohne jede urheberrechtliche Einschränkung
erfolgen.
Achtung: Da die Lizenz CC 0 eine Möglichkeit darstellt, die die Urheberrechtsgesetz in der
Schweiz – wie auch in anderen europäischen Staaten - gar nicht vorsieht, ist nicht eindeutig
geklärt, ob sie tatsächlich auch im deutschsprachigen Europa gilt.
13
Eine OER-Erklärung, die auf einen Bierdeckel passt, hat sich das Projekt «
OERdeckel
»
vorgenommen. Folgendermaßen werden dort OER erklärt und die offenen Lizenzen
beschrieben.
Abbildung 1: Der OERdeckel
(veröffentlicht unter CC 0)
14
Herausforderung G.
Isabel möchte das Bild des Elefanten Elli unter einer offenen Lizenz zur
Verfügung stellen. Welche Konsequenzen es hat, wenn sie das Material unter CC BY-SA
veröffentlicht, kann man in folgendem Video sehen: https://youtu.be/VDEoQ8ukDIQ
5.3
Drei-Ebenen-Modell von offenen Lizenzen
Wenn Urheber/innen von Bildungsmaterialien eine dieser Lizenzen auswählen, veröffentlichen
sie ihre Bildungsressourcen mit einem kurzen Hinweis auf die gewählte Lizenz, samt Link auf
den jeweiligen Lizenztext auf den Seiten von Creative Commons. Jede Lizenz ist dabei nach dem
Drei-Ebenen-Modell
verfügbar:
• Zunächst gibt es einen einfachen kurzen Text, der für
jedermann
verständlich ist, was
genau zu tun bzw. erlaubt ist, wenn man das so lizenzierte Material verwenden möchte.
• Dann gibt es einen von
juristischen Fachleuten
verfassten Text, der bezugnehmend auf
nationales und internationales Recht die rechtlichen Aspekte im Detail beschreibt und
klärt − dieser Text ist jedoch weitestgehend nur für Expertinnen und Experten
verständlich.
• Schließlich gibt es als dritte Ebene der Lizenz Informationen, die v. a.
für
Maschinen
verständlich sind. Wird der entsprechende Meta-Te x t der Lizenz auf einer Webseite mit
den lizenzierten Materialien verwendet, ist der Web-Content ggf. auch von
Suchmaschinen wie Google automatisch als offen lizenzierter Inhalt identifizierbar.
Herausforderung H.
Beat soll seiner Projektleiterin eine Einführung in OER geben. Wie gut, dass
er gleich ein Video findet, das diese Einführung übernimmt – und auch selbst OER ist! -
https://youtu.be/uLqJAST3P6w
Herausforderung I.
Isabel denkt darüber nach, welche Lizenz sie als «offenere» Lizenz bezeichnen
soll - CC BY oder CC BY-SA? Diskutieren Sie dazu: Welche Lizenz erlaubt mehr
Nutzungsmöglichkeiten? Und welche Lizenz gewährt, dass auch alle Modifikationen frei
zugänglich sind?
15
6
Beispiele für OER und ihre korrekte Nutzung
6.1
Beispiele für OER für die Schule
Gleich vorneweg: Es ist schwierig, den Bestand und die Entwicklung zu OER zu überblicken,
immer wieder wird versucht, eine aktuelle Bestandsaufnahme vorzunehmen, da die
Bildungsserver und ähnliche Anbieter auch nur jeweils Teile des Angebots erfassen (u.a. für
Deutschland: Ebner et al., 2015, für Österreich: Schön et al., 2017).
Es lohnt sich also in jedem Fall nach speziellen Ressourcen für das eigene Fachgebiet bzw.
Thema zu recherchieren. Exemplarisch werden in der folgenden Tabelle Sammlungen und
komplette Schulbücher als OER vorgestellt.
Tabelle 2: OER für die Schule
Titel
Kurzbeschreibung und URL
ZUM Wiki
Die «Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet» sammelt und
veröffentlicht Lehrmaterialien und Lernideen in ihrem Wiki unter der
Lizenz CC BY-SA. Nach einer kurzen Registrierung ist eine Beteiligung
bei der OER-Erstellung möglich.
URL: https://wiki.zum.de/wiki/ZUM-Wiki:%C3%9Cber_ZUM-Wiki
Biologie-Schulbuch des
Schulbuch-O-Mat-
Projekts
Das erste deutschsprachige OER-Schulbuch (Biologie 7/8 Berlin)
wurde in einer Crowdfunding-Kampagne ko-finanziert und 2013
veröffentlicht. Die Texte stehen größtenteils unter einer CC BY-NC-
SA und ein Kapitel sowie alle Bilder unter CC BY-SA zur Verfügung.
URL: http://biologie.oncampus.de/loop/
Schulbuch zur
russlanddeutschen
Kulturgeschichte
Das Schulbuch zur russlanddeutschen Kulturgeschichte ist im März
2017 als interaktives Web-Book unter der Lizenz CC BY-SA
veröffentlicht worden.
URL: https://rd.institut-fuer-digitales-lernen.de/mbook/
OER zum Thema
Informatik für die 9.
Schulstufe
Die Technischen Universität Graz entwickelt frei zugänglichen
Materialien für Informatik zum Einsatz in der 9. Schulstufe, u.a. zu
vernetzte Systeme, grundlegender Aufbau und Funktionsweise eines
Computers sowie Computational Thinking.
URL: https://learninglab.tugraz.at/informatischegrundbildung/
16
6.2
Weitere Beispiele für offen lizenzierte Materialien
Offen lizenzierte Materialien können bei der Erstellung von Präsentationen, E-Learning-
Einheiten unter den Bedingungen der Lizenz genutzt werden, auch für kommerzielle Zwecke,
z. B. im gewerblichen Nachhilfeunterricht oder der betrieblichen Weiterbildung.
Fotos und Illustrationen, die unter sogenannten offenen Lizenzen veröffentlicht werden, finden
sich u.a. auf den Websites Wikimedia Commons (http://commons.wikimedia.org) und FlickR
(http://www.flickr.com).
Herausforderung K.
Beat soll passende OER für das Online-Lernangebot zur Zeiterfassung suchen.
Er betrachtet neugierig ein Video mit zahlreichen OER-Ressourcen:
https://youtu.be/OtW_r1sSa_o
6.3
Recherchetipps für OER
Die Suche nach OER lohnt sich, ist aber nicht trivial.
Reine OER-Verzeichnisse
lassen sich zum
Beispiel bei der «Suche» auf der Website Creativecommons.org oder bei Elixier
(https://www.bildungsserver.de/elixier/) durchsuchen.
Viele bekannte Suchmaschinen und Anbieter von Online-Materialien bieten in ihren
erweiterten
Suchfunktionen
an, nach offen lizenzierten Materialien zu suchen. Bei der Suchmaschine
Google, ist dabei in den erweiterten Sucheinstellungen bei «Nutzungsrechte» «frei zu nutzen,
weiterzugeben oder zu verändern, auch für kommerzielle Zwecke» auszuwählen. Ob die
gefundenen Seiten und Materialien tatsächlich einer CC-BY-Lizenz unterliegen, ist dabei in
jedem Einzelfall zu prüfen.
Herausforderung L
Auch Isabel sucht weitere Materialien zum Thema «Elefant Elli». Suchtipps
bekommt sie in Video 6 des Online-Kurses COER - https://youtu.be/MyKDl8oDGLc
Herausforderung M.
Beat hat zunächst einmal recherchiert, ob er «OER für Weiterbildung» findet
und hat etliche Tipps auf einer Seite des Angebots von WB-Web.de gefunden - https://wb-
web.de/material/medien/Wo-und-wie-finde-ich-Open-Educational-Resources.html
6.4
Nutzung von OER
Wird ein OER modifiziert und/oder wiederveröffentlicht, müssen dazu die Regeln des
Lizenztexts beachtet werden. Generell ist dies
ähnlich aufwändig wie eine korrekte Zitation
: Es
muss auf die Lizenz, die Urheber/innen sowie auf getätigte Veränderungen hingewiesen werden
und verlinkt werden.
Ist das ursprüngliche Material unter der CC-0-Lizenz veröffentlicht, entfällt jedwede
Kennzeichnungspflicht.
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Herausforderung N.
Beat hat im Intranet seines Konzerns einen Text zu OER verwendet, den er in
einem OER-Booklet gefunden hat. Das Booklet wurde unter der Lizenz «CC BY» veröffentlicht und
als Attribution «Sandra Schön und Martin Ebner» genannt. Den Text hat Beat an die Schweizer
Rechtschreibung angepasst. Beat veröffentlicht seinen Text mit der folgenden Anmerkung. Ist
damit dem Lizenztext genüge getan?
«Textauszug aus CC BY (Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) S. Schön
und M. Ebner, erstellt für Open Education Austria (2017) vom BIMS e.V. Quelle:
https://www.openeducation.at/aktivitaeten/materialien/, an die Schweizer Rechtschreibung
angepasst durch Beat Vögeli.»
Herausforderung O.
Wenn Isabel ihre Elefantenzeichnung unter CC BY veröffentlicht. Was müssen
dann Nutzer/innen angeben? Was müssen Nutzer/innen angeben, wenn sie unter CC BY-SA
veröffentlicht?
Werden die Lizenzbedingungen erfüllt, ergeben sich für OER zahlreiche
Nutzungsmöglichkeiten
,
die für herkömmlich urheberrechtlich geschütztes Material nicht vorliegen.
• OER können im Unterricht oder der Weiterbildung als Papierkopie (oder Ausdruck)
verwendet werden.
• Das OER-Schulbuch kann in digitaler Form kostenlos bezogen werden.
• Digitale Kopien von OER können auch digital unbeschränkt genutzt werden, z. B. mit
dem Videoprojektor projiziert, per E-Mail versendet oder wiederveröffentlicht werden.
• Auch Abwandlungen von OER, z. B. Arbeitsblätter, Tests oder aktualisierte Texte, dürfen
angefertigt, im Unterricht eingesetzt und auch veröffentlicht bzw. mit anderen geteilt
werden.
• Auch Kombinationen mit anderen OER-Materialien sind möglich.
• Besonders wichtig ist: All diese Regelungen gelten für alle, also auch für Eltern oder
Nachhilfeeinrichtungen, die allgemeine Öffentlichkeit.
Bemerkenswert ist zudem, dass OER zwar nicht per se Prinzipien von Barrierefreiheit erfüllen,
aber die offene Lizenzierung und die Bevorzugung offener Formate dazu führt, dass OER
Accessibility-Prinzipien
häufiger und leichter erfüllt bzw. leichter entsprechend aufbereitet
werden können, da die Modifikation erlaubt ist und z. B. nicht besondere Schutzsysteme die
Lesbarkeit und Nutzbarkeit der Dateien einschränken.
18
7
Exkurs: Weitere Creative-Commons-Lizenzen
Neben den bereits vorgestellten drei Lizenzoptionen bietet Creative Commons weitere Lizenzen
an. Diese weiteren Lizenzen nutzen
Optionen, die die Nutzung der Materialien im Vergleich mit
den offenen Lizenzen stark einschränken
. Die im folgenden vorgestellten Lizenzoptionen «nicht-
kommerziell» bzw. «nicht veränderbar» zählen daher nicht zu den sog. offenen bzw. freien
Lizenzen (vgl. Tabelle 3)
Tabelle 3: Weitere, nicht-offene Lizenzoptionen und Lizenzen von Creative Commons (Creative
Commons, 2019)
Lizenz
Bedingungen für die Nutzung der Materialien
Die Nutzung darf nur in nicht-kommerziellen Kontexten erfolgen.
Die Ressource darf nicht verändert werden.
Beispiele für Lizenzen
mit diesen Optionen
Aus Urheber/innen-Perspektive wird die Option «
nicht-kommerziell
» (engl. «non-commercial»,
kurz NC) gerne gewählt, da viele vermeiden möchten, dass Dritte mit dem eigenen Werk viel
Geld verdienen. Allerdings ist diese Regelung so streng, dass viele – meist auch gewünschte und
unterstützte Nutzungsmöglichkeiten nicht erlaubt sind. «Nicht-kommerziell» bedeutet, dass mit
der Nutzung der Ressource absolut keine, auch keine geringfügige kommerzielle Tätigkeit
verbunden sein darf. Damit ist z. B. die Nutzung dieser Ressource im Rahmen eines vergüteten
Trainings, oder auf die Veröffentlichung auf einem Weblog, der durch Werbung finanziert wird
nicht möglich (Klimpel, 2012). Die Option «
keine Bearbeitung
» (engl. «no derivation», ND)
erlaubt die Verbreitung von digitalen Kopien und die Nutzung der Ressource – aber keinerlei
Anpassung oder Veränderung.
Herausforderung P.
Welche Auswirkungen haben diese weiteren möglichen Lizenzierungen für
die Nutzung von Isabels Zeichnung von Elefant Elli? In folgendem Video wird ab Minute 4:43
vorgestellt, welche weitere nicht-offene Lizenzen bei Creative Commons zur Verfügung stehen.
URL: https://youtu.be/VDEoQ8ukDIQ
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8
Erstellung eigener OER
Wer die Vorteile von OER sieht, möchte vielleicht auch selbst OER veröffentlichen.
8.1
Prüfung, ob Veröffentlichung als OER erlaubt ist
Wer Lern- und Lehrressourcen erstellt hat und erwägt, diese als offene Bildungsressource zur
Verfügung zu stellen
muss prüfen
, ob sie bzw. er das Recht dazu hat.
• Die Lernressource umfasst ausschließlich eigene erstellte Texte und Illustrationen.
• Werden Materialien von Dritten verwendet, ist zu prüfen, ob deren Nutzung erlaubt ist
und die Nutzungsbedingungen erfüllt sind, z. B. im Rahmen des Zitatrechts oder es
werden Materialien verwendet, die als OER zur Verfügung stehen.
• Die Veröffentlichung verstößt nicht gegen Rechte Dritter wie Persönlichkeitsrechte,
Markenrechte oder ein kantonales Gesetz. Schweizer Lehrpersonen, die einem
kantonalen Gesetz unterstehen, benötigen so die Zustimmung ihrer/s Vorgesetzten,
wenn die Ressource in der Arbeitszeit entstanden ist (s. Almansi et al., 2011).
Um Ressourcen unter einer offenen Lizenz zu veröffentlichen, müssen alle entsprechenden
Rechte vorliegen bzw. alle Urheber/innen der offenen Lizenz und der gewählten Attribution
zustimmen. Achtung: Diese Zustimmung liegt in der Regel nicht für Ressourcen vor, für die
Nutzungsrechte erworben wurden.
8.2
Hinzufügen einer offenen Lizenz
Um eigenes Lehrmaterial zu lizenzieren, muss zunächst eine Lizenz gewählt werden.
Im Material
sollte diese Lizenz, d. h. das Icon der Lizenz, das Lizenz-Kürzel und ein Link zum Lizenztext
eingefügt werden. Im besten Fall vollständig mit einem verständlichen Hinweis, z. B. «Dieses
Werk ist unter der Lizenz CC BY 4.0 international veröffentlicht. Der genaue Lizenztext lässt sich
hier nachlesen: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de. Bitte nennt bei einer
Nutzung die Autor/inn/en und den Titel dieses Werkes sowie unsere Website.»
Die digitale Version der Ressource sollte im besten Fall auch online zu finden sein. Dafür können
auch
vorhandene Websites und Sammlungen
, bei denen die Nutzer/innen Materialien
hochladen können, genutzt werden. Bei den folgenden Angeboten kann beim Hochladen auch
eine CC-Lizenz ausgewählt werden: Youtube.de für Videos, Slideshare.com für Präsentationen
und FlickR.com für Fotos.
Wenn das Material z. B. auf einer
Webpage
eingebunden wird, sollte auf jeden Fall auch auf die
Lizenz verlinkt werden. Nur so erkennen Suchmaschinen «automatisch», dass ein Web-Content
unter einer offenen Lizenz zur Verfügung steht. Ganz einfach unterstützt ein Tool von Creative
Commons bei der Wahl der Lizenz und Einbettung des entsprechenden Icons bzw. Hypertexts
(https://creativecommons.org/choose/).
20
Herausforderung Q.
Isabel möchte ihre Präsentation zum Elefanten Elli unter einer offenen Lizenz
zur Verfügung stellen. Wie das mit Hilfe des Creative-Commons-Tools geht, zeigt das folgende
Video: https://youtu.be/RCrpcftyU3s.
8.3
Nutzung des OER-Canvas
Der OER-Canvas bietet Lehrpersonen und anderen, die Bildungsmaterialien erstellen, eine
Unterstützung bei der Ideensammlung und ersten Konkretisierung ihres OER-Projekts
. Er führt
durch die einzelnen Planungsschritte. Gedacht ist er für alle, die bereits Erfahrungen in der
Entwicklung von Lernmaterialien haben und über die unterschiedlichen CC-Lizenzen Bescheid
wissen.
Abbildung 2: Der OER-Canvas (veröffentlicht unter CC BY Sandra Schön und Martin Ebner)
Der OER-Canvas steht selbst auch als OER zur Verfügung und ist ein
gutes Beispiel
wie OER
funktioniert – er wurde bereits von Dritten in zahlreiche Sprachen übersetzt (Schön, Atenas &
Ebner 2018; siehe http://education.okfn.org/handbooks/oer-canvas/).
Herausforderung R.
Wie Isabel eine Online-Lehreinheit zum Elefant Elli mit Hilfe des OER-Canvas
plant, sieht man im folgenden Video: https://youtu.be/XT1w9I86f6A
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9
Tipps zur Vertiefung
Kostenfreie Online-Kurse
zu OER
Zahlreiche Hilfestellungen, wie man OER findet oder eigene
Materialien veröffentlicht, finden sich im „COER“, dem Kurs zu OER.
Im Jahr 2019 wird er so erneut auf der OER-MOOC-Plattform
http://imoox.at angeboten.
Lehrtexte oder andere
Materialien zu OER
Lehrtext in L3T: Katja Mruck, Günter Mey, Sandra Schön, Heiko
Idensen, Peter Purgathofer (2013). Offene Lehr- und
Forschungsressourcen. Open Access und Open Educational
Resources. In: Martin Ebner & Sandra Schön (Hrsg.), Lehrbuch für
Lernen und Lehren mit Technologien (L3T). URL:
http://l3t.eu/homepage/das-buch/ebook-
2013/kapitel/o/id/112/name/offene-lehr-und-
forschungsressourcen
Aktuelle Informationen zu
OER
Für die Schweiz: https://oer-schweiz.ch/
Für Deutschland bzw. den deutschsprachigen Raum: OERinfo -
https://open-educational-resources.de/
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Literatur
Almansi, C.; Baggi, M.; Contel, R.; Cottier, B.; de Werra, J. (2011). Handbuch. Das Urheberrecht im
Kontext von Unterricht und Lehre. Digital Copyrights for E-Learning, Lugano und Genf, URL:
http://www.diceproject.ch/wp-content/uploads/2011/05/Handbook_web_de.pdf
Blogwerk (2012). Whitepaper zur Bildverwendung von Bildern. Zürich: Blogwerk AG. URL:
https://steigerlegal.ch/wp-content/uploads/2013/01/201204_blogwerk_whitepaper-
bildverwendung-im-internet.pdf
Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte URL:
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19920251/
Creative Commons (2019), URL: https://creativecommons.org/
Ebner, Martin, Köpf, Elly; Muuß-Merholz, J.; Schön, M.; Schön, S. & Weichert, N. (2015). Ist-Analyse zu
freien Bildungsmaterialien (OER). Die Situation von freien Bildungsmaterialien (OER) in
Deutschland in den Bildungsbereichen Schule, Hochschule, berufliche Bildung und Weiterbildung
im Juni 2015 Band 10 der Reihe “Beiträge zu offenen Bildungsressourcen”, herausgegeben von
Ebner, Martin & Schön, Sandra (Hrsg.) Book on Demand, Norderstedt, 978-3-738-63757-1, URL:
http://l3t.eu/oer/images/band10.pdf
Geser, G.: Open Educational Practices and Resources – OLCOS Roadmap 2012, Salzburg 2007, abrufbar
unter: http://www.olcos.org/english/roadmap (13.08.2011).
Hylén, J.: Open Educational Resources: Opportunities and Challenges, 2006, abrufbar unter:
http://www.oecd.org/dataoecd/5/47/37351085.pdf (07.04.2009).
Klimpel, Paul (2012). Freies Wissen dank Creative-Commons-Lizenzen. Folgen, Risiken und
Nebenwirkungen der Bedingung »nicht-kommerziell – NC. Creative-Commons.de URL:
https://irights.info/wp-content/uploads/userfiles/CC-NC_Leitfaden_web.pdf
Mruck, Katja; Mey, Günter; Purgathofer, Peter; Schön, Sandra & Apostolopoulos, Nicolas (2011).
Offener Zugang – Open Access, Open Educational Resources und Urheberrecht. In: Martin Ebner
& Sandra Schön (Hrsg.), Lehrbuch zum Lernen und Lehren mit Technologien. URL:
http://l3t.tugraz.at/index.php/LehrbuchEbner10/article/view/62
OERdeckel (2016). URL: https://oerdeckel.wordpress.com/daten-und-lizenz/
Schaffert, S. (2010). Strategic Integration of Open Educational Resources in Higher Education.
Objectives, Case Studies, and the Impact of Web 2.0 on Universities. In: Ehlers, U-D. &
Schneckenberg, D. (Hrsg.), Changing Cultures in Higher Education – Moving Ahead to Future
Learning, New York 2010, S. 119–131.
Schaffert, Sandra & Geser, Guntram (2008). Open Educational Resources and Practices. In: Roberto
Carneiro & Lluis Tarin (Hrsg.), eLearning Papers. Promoting innovation in lifelong learning. Special
edition 2008, Barcelona, p. 14-19
Schön, Sandra; Atenas, Javiera & Ebner, Martin (2018). OER Canvas. Open Knowledge Foundation
International, https://education.okfn.org/handbooks/oer-canvas/ (2018-03-03)
Sandra Schön, Katharina Kreissl, Leonhard Dobusch und Martin Ebner (2017). Mögliche Wege zum
Schulbuch als Open Educational Resources (OER). Eine Machbarkeitsstudie zu OER-Schulbüchern
in Österreich. Band 15 der Reihe „Beiträge zu offenen Bildungsressourcen“ (http://o3r.eu), URL:
http://l3t.eu/oer/images/band15.pdf