Content uploaded by Hendrik Wolter
Author content
All content in this area was uploaded by Hendrik Wolter on May 26, 2020
Content may be subject to copyright.
Working Paper der AG Forschendes Lernen
in der dghd
dghd
Deutsche Gesellschaft
für Hochschuldidaktik
Hendrik Wolter, Nina Gmeiner, Sebastian Rohe, Julia Tschersich
„Wie, wir lesen?”
Leseseminare als Baustein forschenden
Lernens in den Wirtschaftswissenschaften
Reexion von Erfahrungen aus der Lehrpraxis und Integration des
Formats in Konzeptionen forschenden Lernens
Diese Working Paper Reihe ist ein Produkt der AG Forschendes Lernen in der Deutschen Gesellschaft für
Hochschuldidaktik (dghd). Sie erscheint als Online-Publikation an der Carl von Ossietzky Universität
Oldenburg und richtet sich an alle, die an Forschendem Lernen interessiert sind. Veröffentlicht werden
wissenschaftliche und praxisnahe Beiträge zum Forschenden Lernen. Die Autor_innen müssen nicht Mit-
glied der AG Forschendes Lernen sein. Veröffentlichungen sind in deutscher und englischer Sprache
möglich. Alle eingereichten Beiträge durchlaufen einen Begutachtungsprozess.
Herausgeber_innenteam:
Wolfgang Deicke*
Humboldt-Universität zu Berlin
Dr. Susanne Haberstroh
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Dr. Kerrin Riewerts*
Universität Bielefeld
Dr. Janina Thiem
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Susanne Wimmelmann*
Georg-August-Universität Göttingen
*Sprecher_in der AG Forschendes Lernen in der dghd
Redaktion und Kontakt: Dr. Janina Thiem (fl-workingpaper@uol.de).
Das Herausgeber_innen-Team bedankt sich beim Vorstand der dghd für dessen Unterstützung der Reihe.
Die Working Paper sind abrufbar unter https://www.uni-oldenburg.de/fl-workingpaper/
Herausgeber: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Druck: BIS-Druckzentrum
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, verboten. Kein Teil dieses Werks darf ohne
schriftliche Genehmigung der Autor_innen in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung
elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Die Veröffentlichung der Working Paper Reihe wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung unter dem Förderkennzeichen FKZ 01PL16056 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt
dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor_innen.
Reflexion von Erfahrungen aus der Lehrpraxis und
Integration des Formats in Konzeptionen forschenden Lernens
„Wie, wir lesen?“
*geteilte Erstautorenschaft
1 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Working Paper Nr. 5, 2020
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Hendrik Wolter*
, 1
, Nina Gmeiner*
, 1
, Sebastian Rohe*
, 1
, Julia Tschersich
1
Leseseminare als Baustein forschenden Lernens
in den Wirtschaftswissenschaften
3
Inhalt
Abstract (deutsch) 4
Abstract (English) 4
1 Einleitung 5
2 Verortung von wissenschaftlichen Lesekompetenzen im
Forschenden Lernen 7
2.1 Forschendes Lernen: Eine begriffliche Annäherung 7
2.2 Lesekompetenzen im Kontext forschenden Lernens 11
3 Methodik und Reflexionsrahmen 15
4 Reflexion der Lehrpraxis 17
4.1 Aufbau und Erfahrungen 17
4.2 Elemente forschenden Lernens 21
5 Möglichkeiten und Grenzen von Leseseminaren in den
Wirtschaftswissenschaften 24
6 Literaturverzeichnis 26
Informationen zu den Autor_innen 28
4
Abstract (deutsch)
Die Erarbeitung von Diskursen ist zentrales Element wirtschaftswissenschaftlicher For-
schung. Hierfür notwendige Lesekompetenzen werden Studierenden oft lediglich theore-
tisch vermittelt, aber nicht hinreichend praktisch und intensiv eingeübt. Richtig gestaltet
sind Leseseminare ein hilfreiches didaktisches Format, das Studierende zur strukturierten,
effektiven und selbstständigen Anwendung dieser Lesekompetenzen befähigt. In diesem
Beitrag werden (a) Lesekompetenzen und Leseseminare als didaktisches Format in den
Diskurs zu forschendem Lernen eingeordnet und (b) die Relevanz und Gestaltungsmög-
lichkeiten eines solchen Formats für die Kompetenzvermittlung dargelegt. Die Basis bietet
hierbei die Reflexion von Erfahrungen aus der Lehrpraxis dreier durchgeführter Lese-
seminare an der Universität Oldenburg im Zeitraum 2018–2019. Die Ergebnisse der Refle-
xion zeigen, dass Leseseminare bezüglich der ersten vier Phasen eines Forschungsprozes-
ses (Problemerkenntnis, Entwicklung einer Forschungsfrage, Darstellung der Forschungs-
lage, Methodenauswahl) Studierende in vielerlei Hinsicht forschend aktivieren können.
Diese Phasen werden in forschungsorientierten Lehrveranstaltungen häufig übersprungen.
Leseseminare können diese systematische und kritische Auseinandersetzung mit Diskursen
und Literatur im Sinne forschenden Lernens vermitteln.
Abstract (English)
Developing an understanding of discourses is a central element of economic research. The
reading skills necessary for this are often taught to students in theory, but not sufficiently
and intensively practiced. Properly designed, reading seminars are a helpful didactic for-
mat that enables students to apply those reading skills in a structured, effective, and self-
organized manner. In this paper (a) reading skills and reading seminars as a didactic format
are classified in the discourse on research-based learning and (b) the relevance and design
possibilities of such a format for the teaching of competencies are presented. Three reading
seminars held at the University of Oldenburg in the period 2018–2019 serve as case stud-
ies. The results of the reflection show that reading seminars can activate students to do
research with regard to the first four phases of a research process (problem knowledge,
development of a research question, presentation of the research situation, selection of
methods). These phases are often skipped in research-oriented courses. Reading seminars
can convey those skills to systematically and critically examine discourses and literature in
the sense of research-oriented learning.
5
1 Einleitung
Als junge Promovierende im Feld der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wollten wir
uns an die Lehre wagen und beschlossen, mit einem, so dachten wir, klassischen Basisfor-
mat zu starten: dem Leseseminar. Es ging um sozial-ökologische Transformationen – ein
Thema, welches sich aus unseren Forschungsinteressen ergab. Wir wählten einige Leit-
fragen und sieben einschlägige wissenschaftliche Paper und Texte dazu aus, welche wir für
die Teilnehmenden zu einem Reader binden ließen. Zu unserer Überraschung stieß das
lese- und diskussionsintensive Format bei den Studierenden nicht nur auf Anklang, son-
dern auf regelrechte Begeisterung und überdurchschnittliche Teilnahme. Rückgemeldet
wurde unter anderem, dass das Seminar eine theoretische und praktische Lücke schließe,
welche die Studierenden (wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge) bisher größtenteils
autodidaktisch im eigenen, wissenschaftlichen Arbeiten erwerben mussten: das systemati-
sche Erarbeiten von Textinhalten und Diskurssträngen als integralen Teils sozial- und wirt-
schaftswissenschaftlicher Forschung. In diesem Zusammenhang begreifen wir Leseseminare
als Baustein forschenden Lernens.
Forschendes Lernen beschreibt nach einem weit verbreiteten grundlegenden Verständnis
das komplette Durchlaufen eines Forschungsprozesses (Huber 2009). Im hochschuldidakti-
schen Diskurs zu Formaten des forschenden Lernens liegt der Fokus häufig auf der konkre-
ten Anwendung von Methoden und der Auswertung der gewonnenen Ergebnisse, also
dem, was gemeinhin als praktisches Forschen verstanden wird. Vor allem in den Natur-
wissenschaften ist dieses Konzept in der Lehrpraxis bereits breit verankert. Vermehrt wird
dieses Verständnis forschenden Lernens auch in andere Disziplinen wie den Wirtschafts-
und Sozialwissenschaften (Nölting & Pape 2015) bis hin zu den Geisteswissenschaften
(Kaufmann et al. 2019) punktuell integriert.
Im Fokus dieses Beitrags liegen die Wirtschaftswissenschaften als vielfältige sozialwissen-
schaftliche Disziplin, in der didaktisch vor allem theoretische Konzepte, Instrumente und
Methoden vermittelt werden. Dies gilt insbesondere mit Blick auf interdisziplinäre Heraus-
forderungen bezüglich Nachhaltigkeit, mit denen sich Wirtschaftswissenschaften beschäf-
tigen müssen. Häufig gibt es keine Universalkonzepte für forschendes Lernen in diesen
Disziplinen. Diese müssen somit immer individuell auf die Lehr-Lernziele und zu vermit-
telnden Inhalte abgestimmt werden. Auch die Lehre in den Naturwissenschaften steht zwar
vor dieser Herausforderung, doch bieten sich hier (Labor-)Experimente fachübergreifend
als didaktische Methode für das forschende Lernen an. In den Wirtschaftswissenschaften
existieren ebenfalls einige Rahmenkonzepte des forschenden Lernens, wie etwa Plan- und
Simulationsspiele oder Projektstudien, die eine Art Formatbaukasten darstellen.
In diesem Kontext soll das Leseseminar als didaktisches Format für forschendes Lernen in
den Wirtschaftswissenschaften vorgestellt und diskutiert sowie in den entsprechenden
6
hochschuldidaktischen Diskurs eingeordnet werden. Leseseminare bieten Studierenden die
Möglichkeit, tief in einen speziellen wissenschaftlichen Diskurs einzutauchen oder sich ein
neues Thema durch eine breite Auswahl wissenschaftlicher Perspektiven zu erschließen.
Dabei findet in diesem Format grundsätzlich eine Kombination aus Selbststudium (Lesen
und Reflektieren von Lektüre) und Kollektivstudium (Diskussion der Lektüre im Seminar)
statt. Hierdurch können vor allem Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen erworben werden.
Aber auch der Erwerb von Methodenkompetenzen kann potentiell Gegenstand des Lehr-
Lernkonzepts sein, je nach Ausrichtung des Leseseminars.
Ziel dieses Beitrags ist es, Leseseminare als relevantes didaktisches Format in den Diskurs
zu forschendem Lernen einzuordnen und damit einhergehend Erfahrungen aus der Lehr-
praxis vorzustellen und zu reflektieren. Wir stellen zwei Thesen auf, inwiefern Leseseminare
in den Wirtschaftswissenschaften einen Baustein forschenden Lernens darstellen können:
Erstens sind wissenschaftliche Lesekompetenz und strukturierte Text- und Diskurs-
erarbeitung zentrale Bestandteile wirtschaftswissenschaftlicher Forschung.
Zweitens ist die systematische und kritische Auseinandersetzung mit Diskursen und
Literatur eine Kompetenz, die in ihrer Komplexität und Tiefe durch reine Frontallehre
und Selbststudium nicht umfassend erworben wird.
Lehre sollte als Diskursraum diese Kompetenzen zum einen sichtbar machen und zum
anderen explizit einüben lassen. Richtig gestaltet können Leseseminare dazu beitragen, den
erwähnten Formatbaukasten zu erweitern. Dazu klären wir zunächst unser Verständnis von
forschendem Lernen und die Relevanz von Lesekompetenzen vor dem Hintergrund des
hochschuldidaktischen Diskurses zu diesem Thema (Kapitel 2). Auf Grundlage eines
Analyse- und Reflexionsrahmens (Kapitel 3) werden diesbezügliche Erfahrungen aus drei
durchgeführten Leseseminaren im wirtschaftswissenschaftlichen Kontext dargestellt und
Elemente forschenden Lernens identifiziert (Kapitel 4). Letztlich sollen so Möglichkeiten
und Grenzen des Formats aufgezeigt (Kapitel 5) und ein Beitrag zur aktuellen Debatte über
forschendes Lernen geleistet werden.
7
2 Verortung von wissenschaftlichen Lesekompetenzen im
Forschenden Lernen
Um das Lernformat „Leseseminar“ konzeptionell im forschenden Lernen zu verorten, bie-
ten wir in diesem Abschnitt zunächst einen Überblick über wesentliche Verständnisse und
Einordnungen des forschenden Lernens in die wissenschaftliche Debatte und fassen an-
schließend unser eigenes, hieraus abgeleitetes Verständnis von forschendem Lernen
zusammen (Kapitel 2.1). Darauf aufbauend stellen wir die Bedeutung von wissenschaftli-
chen Lesekompetenzen im forschenden Lernen dar (Kapitel 2.2).
2.1 Forschendes Lernen: Eine begriffliche Annäherung
Das Konzept des forschenden Lernens wurde mit einer Publikation des Hochschuldidakti-
schen Ausschusses der Bundesassistentenkonferenz (BAK) bereits im Jahr 1970 in der
deutschen Hochschullehre verankert. In dieser Publikation der BAK finden sich die noch
heute gültigen Grundauffassungen forschenden Lernens. Die Teilnehmenden der BAK ver-
standen „Wissenschaft als einen dynamischen, offenen und reflexiven Prozess und wissen-
schaftliches Studium als grundsätzliche Teilhabe an diesem“ (BAK 1970 (2009): I). Hoch-
schullehre soll damit für eine wissenschaftliche Tätigkeit ausbilden, welche systematisches,
selbständiges und kritisches Handeln verlangt. Deshalb bedeutet wissenschaftliche Ausbil-
dung immer auch „Teilnahme an der Wissenschaft“ (BAK 1970 (2009): 11) als einem
dynamischen Prozess, der nicht rein kognitiv erfasst werden kann, sondern eingeübt wer-
den muss. Forschendes Lernen sollte nicht nur Endpunkt eines Studienverlaufs sein
(Modell Abschlussarbeit), sondern das gesamte Studium begleiten. Die Einübung der fach-
spezifischen, wissenschaftlichen Vorgehensweise soll somit schon mit dem Bachelorstudi-
um beginnen. Dabei geht es darum zu lernen „wie Probleme definiert und diesbezügliche
Untersuchungsmöglichkeiten geplant werden“ (Clark 1997: 251 in BAK 1970 (2009): II,
eigene Übersetzung) – also die Vermittlung von Abduktions-Kompetenz als originärer
Fähigkeit wissenschaftlichen Handelns (Swedberg 2014). Forschendes Lernen befähigt
Studierende somit zu selbstständigem, angewandtem forschendem Handeln und übt dabei
eine kritische Haltung ein.
Das Konzept wurde seit dieser ersten umfassenden Charakterisierung durch die BAK wei-
terentwickelt und hat sich in unterschiedliche Verständnisse ausdifferenziert, wenngleich
die Kernidee unverändert blieb (Reinmann 2009). Um die Diversität darzustellen werden
im Folgenden die Konzeptionen von Huber (2009, 2014), Reinmann (2009, 2016) sowie
Rueß et al. (2016) erklärt und eingeordnet.
8
Lernformen im Kontinuum forschungsbezogenen Lernens
Huber (2009: 11) wagt in Anlehnung an die von der BAK lediglich genannten Merkmale
eine knappe Definition: „Forschendes Lernen zeichnet sich vor anderen Lernformen dadurch
aus, dass die Lernenden den Prozess eines Forschungsvorhabens, das auf die Gewinnung
von auch für Dritte interessanten Erkenntnissen gerichtet ist, in seinen wesentlichen Phasen
[...] (mit)gestalten, erfahren und reflektieren“. Dieser Prozess verläuft letztlich in einem
Zyklus, den Huber (2009, 2014) in acht Phasen unterteilt (vgl. Abb. 1). Dieses vereinfachte
und idealtypische zyklische Modell beschreibt im Wesentlichen den Forschungsprozess
aller wissenschaftlichen Disziplinen. Huber betont zudem den (sozialen) Prozesscharakter
des forschenden Lernens – indem Studierende einen Forschungsprozess idealtypischer
Weise aktiv komplett durchlaufen – sowie den hohen Anspruch an die zu erlangenden
Erkenntnisse.
Dabei geht Huber (2014) von einem Kontinuum forschungsnaher Lehre aus und ordnet
dort forschendes Lernen neben forschungsbasiertem und forschungsorientiertem Lernen als
Abbildung 1: Forschungszyklus nach Huber (2009, 2014)
9
einen von drei Ansätzen ein. 1 Demnach zielt forschungsbasiertes Lernen darauf ab,
Forschungshandeln zu (er)kennen und zu reflektieren, zum Beispiel durch modellhaftes
Vorführen von Forschungsvorgängen oder dem Nachvollziehen von Diskursen. Der Fokus
dieses Lernformats liegt auf Grundfragen, Prämissen und Ausgangspunkten von For-
schungsprozessen. Forschungsorientiertes Lernen hingegen zielt darauf ab, Teilprozesse
von Forschung konkret einzuüben, vor allem die Auswahl, Durchführung und Reflektion
von Forschungsmethoden. Diese Erprobung von Methoden stellt eine typische Form dieses
Lernformats dar. Forschendes Lernen baut letztlich auf Kompetenzen aus den beiden Lern-
formaten auf. Alle drei Ansätze stehen nicht in einem hierarchischen Verhältnis zu-
einander, sondern als sich ergänzende Lernformate nebeneinander (Huber 2014).
Ähnlich argumentiert auch Reinmann (2016): Semantische Unklarheiten und ein lockerer
Umgang mit didaktischen Begriffen seien in der hochschuldidaktischen Forschung symp-
tomatisch und es fehle an terminologischer Präzision. Aus dieser Kritik heraus entwickelte
Reinmann (2016) ein Modell akademischer Lehre, welches auf dem Grundgedanken von
Bildung durch Wissenschaft fußt. Das Modell zeigt Überschneidungen mit der Konzeption
von Huber (2014) und ist in drei Lernformen unterteilt: Learning about research, Learning
for research und Learning through research. Alle Lernformen bewegen sich in unter-
schiedlichen Lernräumen. Learning about research findet in einem Informationsraum statt,
in dem sich Studierende rezeptiv bestehendes Wissen aneignen (siehe BAK 1970, 2009).
Hier wird die wissenschaftliche Basis geschaffen, indem konkret Wissen vermittelt wird.
In einem Erprobungsraum bereiten sich Studierende auf Forschungstätigkeiten vor –
Learning for research – inbesondere durch das Aneignen methodischen Wissens. Die pro-
duktive und aktive Schaffung neuen Wissens und die konkrete Durchführung von For-
schungsprozessen im Sinne von Learning through research findet in einem Explorations-
raum statt und ist damit kongruent zu forschendem Lernen. Je nachdem in welchem dieser
Räume Lehre stattfindet, sind unterschiedliche Faktoren mehr oder weniger relevant und
unterschiedliche didaktische Formate mehr oder weniger passend. Allerdings sind diese
Räume und damit auch die Lernformen keine in sich geschlossenen Konzeptionen, sondern
es bieten sich auch Zwischenräume.
Aktivitätsniveaus und inhaltliche Schwerpunkte im forschungsbezogenen Lernen
Einen Beitrag zur Synthese und Klassifizierung der unterschiedlichen Typen forschungs-
bezogener Lehre leisten schließlich Rueß et al. (2016). Unter Berücksichtigung der zuvor
genannten theoretischen Ansätze erarbeiteten die Autor*innen ein Klassifizierungsmodell
und überprüften dieses empirisch anhand von 167 Studienordnungen der HU Berlin. Die-
ses Klassifizierungsmodell unterscheidet nach dem inhaltlichen Schwerpunkt der Lehre
und dem Aktivitätsniveau der Studierenden.
1 Huber (2014) orientiert sich damit an dem Modell von Jenkins & Healey (2011). Diese beschreiben die
Lernformen research-led, research-oriented und research-based, welche jeweils mit forschungsbasiertem,
forschungsorientiertem und forschendem Lernen nach Huber (2014) korrespondieren.
10
In diesem Verständnis findet genuin forschendes Lernen vor allem dort statt, wo die Stu-
dierenden forschend aktiv werden (vgl. Abb. 2). Rueß et al. (2016) unterscheiden drei
inhaltliche Dimensionen der Lehre: Zum einen den Schwerpunkt auf den Forschungspro-
zess, bei dem Studierende „eine selbst entwickelte Fragestellung [verfolgen] und dabei den
gesamten Forschungsprozess [durchlaufen]“ (ebd: 36 f.). Das eigenständige und ganzheit-
liche studentische Forschen steht im Mittelpunkt dieser Dimension und diese steht übli-
cherweise im Fokus der Debatte um forschendes Lernen und korrespondiert mit den Vor-
stellungen von forschendem Lernen (Huber 2009, 2014) oder learning through research
(Reinmann 2009). Zum anderen machen Rueß et al. (2016) aber auch deutlich, dass for-
schende Lehre in Veranstaltungen mit einem inhaltlichen Schwerpunkt auf Forschungs-
ergebnissen oder -methoden möglich ist. In solchen Veranstaltungen machen sich Studie-
rende „subjektiv neues zum Lernbesitz“ (ebd., S. 37) und erwerben ein substanzielles Ver-
ständnis über Forschungsgegenstände, -diskurse und -methoden ihres jeweiligen Fachge-
biets.
Verständnis von forschendem Lernen in diesem Beitrag
Bis heute haben die Konzepte von forschendem Lernen eine große Bedeutung und Popula-
rität. In der theoretischen Diskussion kam es in den letzten Jahren zu einer zunehmenden
Differenzierung von Typen, Ansprüchen und Methoden des forschungsbezogenen Lernens
und Lehrens. Auch in deutschen Hochschulen und Universitäten hat das forschende Lernen
zunehmend Einzug gehalten. Die Universität Oldenburg etwa versteht sich als Universität
mit „forschungsorientiertem Studium und forschungsbasierter Lehre“ (2016) und hat ihr
Abbildung 2: Klassifizierungsmatrix forschungsbezogener Lehre (Rueß et al. 2016)
11
Verständnis von und die Strategie für das forschungsbasierte Lehren in einem Grundlagen-
papier festgehalten (2017).
Die Vielzahl von theoretischen Beiträgen führt aber bisweilen auch zu unterschiedlichen
Begriffsverständnissen und einem langen Anforderungskatalog an das forschende Lernen.
Diese hohen Erwartungen können in der Lehrpraxis innerhalb einzelner Veranstaltun-
gen kaum erfüllt werden. Auch im Grundlagenpapier der Universität Oldenburg wird fest-
gehalten, dass Veranstaltungen mit forschungsbasierter Lehre „niemals alle Kompetenzen
zugleich [vermitteln], die für die Forschung nötig sind“ (2017). Mit Blick auf die Matrix
von Rueß et al. (2016) sei es daher möglich, sich im Rahmen einer Veranstaltung auf
bestimmte Aktivitätsniveaus und inhaltliche Schwerpunkte zu fokussieren (Universität
Oldenburg 2017).
Analog zur Universität Oldenburg folgt auch dieser Beitrag dem Verständnis forschender
Lehre von Rueß et al. (2016). Forschendes Lernen bedeutet demnach, dass das Aktivitäts-
niveau der Studierenden innerhalb der Lehrveranstaltung einen primär forschenden Charak-
ter annimmt – über den gesamten Forschungszyklus hinweg oder innerhalb eines Teils
davon: „Ausschlaggebend ist, dass es zu einem eigenständigen Forschen innerhalb eines
selbst gestalteten Forschungszyklus in seinen wesentlichen Phasen kommt“ (Universität
Oldenburg 2017).
2.2 Lesekompetenzen im Kontext forschenden Lernens
Das Lesen als solches wird nicht explizit in der Literatur zu forschendem Lernen aufgegrif-
fen. Es lässt sich jedoch aus den bisherigen Konzeptionen forschenden Lernens ableiten.
Die Literaturrecherche und damit auch das Lesen und Verstehen wissenschaftlicher Veröf-
fentlichungen sind wichtige wissenschaftliche Kompetenzen und damit Voraussetzungen
zur Teilnahme an der Wissenschaft (BAK 1970 (2009)). Insbesondere die ersten Phasen
des Forschungszyklus (Huber 2009; Abb. 1) sind ohne das Studium wissenschaftlicher
Literatur nicht zu durchlaufen und auch learning about research (Reinmann 2009) als
selbstständige rezeptive Aneignung von Wissen benötigt eine Leseleistung der Studieren-
den und entsprechende Kompetenzen. Nach der Darstellung von Rueß et al. (2016; Abb. 2)
befindet sich das selbstständige Aufarbeiten von Literatur bzw. Forschungsergebnissen gar
auf einem forschenden Aktivitätsniveau. Die Marginalisierung von Lesen und Lesekompe-
tenzen in der Literatur zu forschendem Lernen wird der konzeptionellen Tiefe und Bedeu-
tung dieser Kompetenzen demnach nicht gerecht. Dabei lassen sich durchaus hilfreiche
Ausarbeitungen in der hochschuldidaktischen Literatur finden.
Wissenschaftliche Lesekompetenzen und reflexive Praxis
Wissenschaftliches Lesen stellt wesentlich komplexere Anforderungen an den Lesenden
als zum Beispiel „schulisches“ Lesen im Kontext weiterführender Schulen. Wissenschaft-
liche Lesekompetenz bedeutet, fähig zu sein, Texte in einem umfassenden Sinn zu verste-
hen und zu reflektieren. Dazu gehört (1) sie detailliert und strukturiert in ihrer Bedeutung
zu erfassen, (2) ihre Qualität und Argumentationsweise kritisch reflektieren zu können, (3)
12
sie in den relevanten wissenschaftlichen Diskurs einzuordnen, indem Bezüge zu anderen
Texten und Ideen des Feldes hergestellt werden und schließlich (4) die Relevanz des Textes
bezogen auf die eigenen Leit- oder Forschungsfragen zu beurteilen. In diesem umfassen-
den Verständnis ermöglicht Lesen eine genuine Teilhabe der Studierenden am wissen-
schaftlichen Prozess, was das wesentliche Ziel forschenden Lernens darstellt (Huber &
Reinmann 2019; Ludwig 2011).
Wissenschaftliches Lesen bedeutet somit, komplex zu reflektieren. Es ist in diesem Sinne
dann erfolgreich, wenn nicht nur eine inhaltliche Erfassung des Gelesenen erfolgt, sondern
auch gleichzeitig eine Reflexionsleistung erbracht wird, indem das Gelesene diskursiv ein-
geordnet und mit einer vorab definierten Fragestellung abgeglichen wird. Wegen dieses
inhärenten Reflexionsschritts ist das wissenschaftliche Lesen, so wie oben beschrieben,
maßgeblich eine reflexive Praxis (Bräuer 2016). Hiernach betrachtet reflexive Praxis
„selbst- oder fremdgesteuerte Anregungen zur Betrachtung einer bestimmten (eigenen oder
fremden) Aktivität unter dem Gesichtspunkt der Effizienz des Handelns und/oder des
Handlungsergebnisses“ (ibid.: 21). Auf das Erlernen von Lesekompetenz übertragen, fin-
den sich diese „selbst- oder fremdgesteuerten Anregungen“ zum Beispiel in praktisch ver-
mittelten Lesemethoden wieder. Die „bestimmte Aktivität“, die betrachtet wird, ist auf
einer ersten Ebene der Text als Ergebnis der Schreibaktivität der Autor*in. Als externe
Beurteiler*innen dieser erbrachten Schreibleistung reflektieren die Studierenden inhaltlich
anhand ihres bisherigen Wissensstands. Auf einer zweiten Ebene ist die „bestimmte Akti-
vität“ die Reflexion der eigenen Auseinandersetzung mit dem Text beim Lesen sowie beim
Vor- und Nachbereiten. Hierdurch können sich die Studierenden letztendlich wissenschaft-
liche Lesekompetenz erarbeiten und diese als reflektierte Praxis verinnerlichen. Schließlich
erfolgt die Reflexion des wissenschaftlichen Lesens, weniger auf den „Gesichtspunkt der
Effizienz des Handelns“ (s. o.) hin, aber auf eine wissenschaftliche Fragestellung, deren
Beantwortung schlussendlich das Handlungsergebnis des Leseaktes darstellen soll. Wegen
dieser inhaltlichen und konzeptionellen Nähe können Anforderungen und Erfolgsfaktoren
der reflexiven Praxis auf wissenschaftliches Lesen übertragen werden (vgl. Tab. 1).
Ebenen der Reflexion
(nach Bräuer 2016: 28) Anforderungen an das wissenschaftliche Lesen
1 Beschreiben / Dokumentieren Beschreiben und Strukturieren der gelesenen Inhalte
2 Analysieren / Interpretieren Kritische Analyse der Qualität des Beitrags
3 Bewerten / Beurteilen Einordnung in den wissenschaftlichen Diskurs
Beurteilung des Beitrags vor diesem Hintergrund
4 Planen Erarbeitung der Relevanz des Textes für die eigene Forschungs-
frage
Tabelle 1: Anforderungsniveaus wissenschaftlichen Lesens. Übertragung von Anforderungen reflexiver Praxis
13
Auch die Erfolgsfaktoren für das Erlernen einer reflexiven Praxis (Bräuer 2016: 21) lassen
sich auf das Erlernen wissenschaftlicher Lesekompetenz übertragen:
Inhaltliche Impulse und Einüben sollten auf mehreren Ebenen erfolgen (rezeptiv,
mündlich, schriftlich).
Inhalte und Übungen sollten angemessen frequentiert wiederholt warden.
Das Ergebnis der Leseaufgabe sollte für spätere Aufgaben relevant sein.
Wissenschaftliche Lesekompetenz umfasst also den gesamten Prozess von der initialen
Inhaltserfassung bis zur kritischen Inhaltsverarbeitung in Bezug auf die eigene Fragestellung.
Lesekompetenzen zur Förderung der Selbstständigkeit im Forschenden Lernen
Die Vermittlung von wissenschaftlicher Lesekompetenz in diesem Sinne fördert vor allem
die Selbstständigkeit und Selbstlernfähigkeit von Studierenden, die nach Wiemer (2017)
zentrale Ziele im Prozess forschenden Lernens sein sollten. Lesen ist schließlich eine indi-
viduelle Praxis und wird damit notwendigerweise selbstlernend durchgeführt. Selbstorgani-
siertes Lernen geschieht in konzeptioneller Hinsicht in drei Phasen: (1) die Planungsphase, in
der Ziele gesetzt und Methoden bzw. Strategien ausgewählt werden, (2) die Handlungsphase,
in der die geplanten Prozesse umgesetzt und überwacht werden, sowie (3) die reflexions-
phase, in der die Lernergebnisse evaluiert und bewertet werden (ibid.: 49)2. Lesekompe-
tenzen sind in der Planungs- und Selbstreflexionsphase von entscheidender Bedeutung. Die
Auswahl von Lernzielen, Lernstrategien und damit auch die Themenauswahl oder die Kon-
kretisierung einer Fragestellung (Planungsphase) benötigt einen kompetenten Umgang mit
wissenschaftlicher Literatur. Am Ende des Selbstlernprozesses ist es wiederum wichtig, die
Lesekompetenzen an das eigene verschriftliche Produkt der Lernergebnisse anzulegen
(Selbstreflexionsphase). Insgesamt sind diese Kompetenzen somit wichtig für die Selbst-
regulation im Lernprozess, indem Lesen mit bestimmten Zielen einhergeht und eine innere
Strukturierung erfährt.
Wissenschaftliches Lesen ist damit auch kongruent zu einigen Anlässen der Selbstreflexion
im forschenden Lernen (Wiemer 2017: 53). Dies umfasst zum Beispiel das Einüben von
Mustern zur Informationsgewinnung oder das Erlebbar-Machen von Wissenschaft. Mit
diesem Verständnis wird außerdem sichtbar, dass wissenschaftliches Lesen die Erarbeitung
einiger klassischer Kompetenzziele forschenden Lernens (Gess et al. 2017) unterstützt. Auf
Ebene der Förderung von Forschungskompetenz trägt Lesekompetenz zur Förderung der
Fähigkeiten bei, Fragestellungen zu entwickeln, theoretische Probleme systematisch zu
lösen, sowie sich kritisch mit Grundsatzfragen auseinanderzusetzen (ibid.: 18). Auf Ebene
einer forschenden Haltung befähigt sie, die Ausübung des eigenen Berufs fragend-ent-
wickelnd und kritisch reflexiv zu begleiten (ibid.: 18). Diese Einordnung verdeutlicht den
zentralen Stellenwert wissenschaftlichen Lesens für forschendes Lernen noch einmal auf
übergeordnet-theoretischer Ebene.
2 Diese Phasen selbstorganisierten Lernens finden sich im Forschungszyklus (Huber 2009, 2014) wieder.
14
Leseseminare sind in diesem Sinne eine Form des „begleiteten Selbststudiums“ (Wiemer
2017: 48) innerhalb forschenden Lernens, wo Studierenden viel Spielraum beim Selbst-
lernen gegeben wird und Lehrende eher eine initiierende, unterstützende und Feedback-
Position einnehmen. Wissenschaftliches Lesen als zu vermittelnde Kernkompetenz inner-
halb dieses didaktischen Formats trägt zur Selbstregulation in Prozessen forschenden Ler-
nens bei und unterstützt die Entwicklung eines wissenschaftlich-forschenden Habitus.
Leseseminare können somit dem Lesen als zentraler wissenschaftlicher Kompetenz inner-
halb des forschenden Lernens einen angemessenen Raum geben.
15
3 Methodik und Reflexionsrahmen
Unseren obigen Thesen nach sind wissenschaftliche Lesekompetenz, Text- und Diskurs-
analyse ein wichtiger Bestandteil wirtschaftswissenschaftlicher Forschung. Sie benötigen
Anleitung bzw. Thematisierung und Einübung, um von den Studierenden verinnerlicht zu
werden und sollten deshalb Bestandteil wirtschaftswissenschaftlicher Lehre sein. Dieser
Grundidee folgend orientierten wir die Gestaltung der bisher durchgeführten Lesesemi-
nare an den Prinzipien forschenden Lernens, um letztendlich den Formatbaukasten for-
schender Lehre zu erweitern.
Die empirische Basis zur Überprüfung dieser Thesen (siehe Kapitel 1) bilden drei Lese-
seminare, die mit jeweils zwei Semesterwochenstunden an der Universität Oldenburg zwi-
schen dem Sommersemester 2018 und dem Sommersemester 2019 von uns angeboten
wurden. Primäre Zielgruppe waren Studierende aus dem wirtschaftswissenschaftlichen
Masterstudiengang ‚Sustainability Economics and Management‘. Gleichzeitig waren die
Seminare auch für einige weitere Masterstudiengänge geöffnet, sodass auch Studierende
aus den Sozialwissenschaften, der Philosophie, und dem Masterprogramm ‚Water and
Coastal Management‘ an den Leseseminaren teilnahmen. Zwischen acht und 14 Studierende
waren durchschnittlich anwesend.
Die Leseseminare ‚Social-Ecological Transformations‘ und ‚Happiness without Growth‘
beschäftigten sich intensiv mit einem spezifischen wissenschaftlichen Diskurs zu dem
jeweiligen Thema und hatten unter anderem zum Ziel, innerhalb dieses Diskurses unter-
schiedliche Ansätze und theoretische Frameworks zu erarbeiten (Format A – Diskursive
Tiefe). Das Leseseminar ‚Energiewende unter der Lupe‘ war an die zuvor durchgeführten
Seminare methodisch angelehnt, ergänzte und adaptierte das Vorgehen jedoch in einigen
Punkten. Zudem stand kein spezifischer konzeptioneller wissenschaftlicher Diskurs im
Fokus, sondern ein thematischer Gegenstand, welcher aus verschiedenen disziplinären Per-
spektiven (z. B. Politikwissenschaften, Soziologie, Institutionenökonomie) beleuchtet und
diskutiert wurde (Format B – Disziplinäre Vielfalt). Im Kapitel 4.1 werden Aufbau und
Vorgehen der jeweiligen Formate beschrieben (vgl. Tab. 2).
Um den Beitrag dieser Leseseminar-Formate zum forschenden Lernen zu reflektieren,
stützen wir unseren Reflexionsrahmen auf die Matrix von Rueß et al. (2016) im Verständ-
nis der Universität Oldenburg (vgl. Kapitel 2.2). Wir diskutieren im Kapitel 4.2 entlang der
drei Dimensionen Forschungsergebnisse, Forschungsmethoden und Forschungsprozess,
inwieweit das Aktivitätsniveau der am Seminar teilnehmenden Studierenden im Sinne von
Rueß et al. (2016) einen forschenden Charakter angenommen hat, oder wo Tätigkeiten eher
als anwendend oder rezeptiv (vgl. Aktivitätsniveau der Studierenden, Abb. 2) beschrieben
werden können.
16
Diese Reflexion hat einen qualitativen und explorativen Charakter. Sie stützt sich inhaltlich
zum einen auf die Wahrnehmung und Diskussion unter den Autor*innen. Je zwei von uns
führten die Seminare als Tandem durch und tauschten sich wöchentlich in Vor- und Nach-
besprechungen aus. Zum anderen fanden je Seminar zwei Evaluationen durch die Studie-
renden statt: Eine mündliche zur Mitte des Semesters und eine schriftliche zum Ende des
Semesters. Diese studentischen Rückmeldungen fließen ebenfalls in die Diskussion ein.
Format A – Diskursive Tiefe Format B – Disziplinäre
Vielfalt
Seminartitel Diving Deep: Conceptual and empirical perspectives
on social-ecological transformations
Happiness without growth: Discussion of well-being
concepts as foundations for a degrowth society
Die Energiewende unter der
Lupe: Sozialwissenschaft-
liche Perspektiven auf regio-
nale Erneuerbare-Energien-
Systeme (EES)
Standardisierter
Ablauf einer
Lesesitzung
1. Erster Eindruck des Textes: Inhalt & Lesbarkeit
2. Einordnung: Autor*in, Journal, Fachgebiet,
Diskurs
3. Zusammentragen der Hauptaussagen und Haupt-
erkenntnisse
4. Diskussion der Leitfragen
5. Kritische Diskussion anhand der ‘9 Standards of
Critical Thinking‘ (Elder & Paul 2010)
6. Zusammenhang mit den bisher gelesenen Texten
und Beitrag zum Diskurs
1. Vorstellung von
Autor*innen und Journal
2. Bewertung: Wie hat euch
der Text gefallen?
3. Zusammentragen der
Hauptaussagen und
Haupterkenntnisse
4. Unklarheiten & Verständ-
nisfragen klären
5. Blick auf das Literatur-
verzeichnis
6. Diskussion der Leitfragen
7. Forschungsfragen sam-
meln
8. Textkritik
9. Bewertung: Wie hat euch
der Text gefallen?
Leitfragen (exemplarisch für Diving Deep)
What is the depth of change?
What is the breadth of change?
What is the timeframe of change?
What is the direction of change?
Welche Erkenntnisse bietet
der Text für die Analyse
regionaler EES?
Welche Erkenntnisse bietet
der Text für die Gestaltung
regionaler EES?
Gibt es Unterschiede zwi-
schen ländlichen und urba-
nen Räumen?
Wo ist eine Betrachtung auf
regionaler Ebene sinnvoll,
wo müssen andere Ebenen
(national, global, etc.) be-
trachtet werden?
Prüfungsleistung
Wissenschaftlicher Essay
oder
Critical Review
Wissenschaftlicher Essay
Tabelle 2: Überblick Leseseminar-Formate
17
4 Reflexion der Lehrpraxis
Aufbauend auf den vorherigen Ausführungen findet hier zunächst eine kompakte Beschrei-
bung des Aufbaus und der Erfahrungen der durchgeführten Leseseminare statt (Kapitel
4.1), wobei auch die Unterschiede zwischen Format A und Format B herausgearbeitet wer-
den. Anschließend werden die Elemente forschenden Lernens reflektiert und abschließend
kommentiert (Kapitel 4.2).
4.1 Aufbau und Erfahrungen
Ziele und Prüfungsleistungen
Alle drei Leseseminare zielten darauf ab, den Studierenden Fach-, Methoden- und Selbst-
kompetenzen zu vermitteln. Sie wurden nach dem didaktischen Modell des Constructive
Alignment (Biggs & Tang 2011) gestaltet. Dies bedeutet, dass die Struktur des Lehr-
Lernprozesses, die Prüfungsleistung und die Lernziele bzw. die zu vermittelnden Kompe-
tenzen (Learning Outcomes, ibd.) aufeinander abgestimmt waren. Generell verfolgten alle
drei Seminare ähnliche Lernziele, die von den Lehrenden zu Beginn der Veranstaltung
kommuniziert wurden:
1. Einen vertiefenden Überblick über den jeweiligen Forschungsdiskurs (Format A) bzw.
das Themenfeld (Format B) gewinnen.
2. Wissenschaftliche Texte strukturiert lesen und verstehen und deren Inhalte anhand
leitender Fragen kritisch reflektieren können (Lesekompetenzen erlangen und einüben).
3. Wissenschaftliches Argumentieren auf Masterniveau in Diskurs- und Textform in
einem interdisziplinären Kontext einüben.
Die zu vermittelnden Kompetenzen bilden somit kongruent die Anforderungen an wissen-
schaftliche Lesekompetenzen ab (vgl. Kapitel 2.2; Tab. 1). Strukturell wurde der Lehr-
Lernprozess so konstruiert, dass die Lernziele 1 und 2 parallel bearbeitet und dementspre-
chende Inhalte parallel eingeübt wurden. Die Kompetenzen dieser beiden Lernziele waren
notwendig zum Erreichen von Lernziel 3, welches sich auch in der Prüfungsleistung der
Leseseminare abbildet.
Als Prüfungsleistung der Seminare ‚Social-Ecological Transformations‘ und ‚Happiness
without Growth‘ (Format A) arbeiteten die Studierenden auf Grundlage mindestens einer
der Seminartexte einen wissenschaftlichen Beitrag aus. Dabei konnten sie als erste Option
einen Seminartext als akademischen Critical Review3 reflektieren und in den Forschungs-
diskurs einordnen. Alternativ konnten sie als zweite Option einen wissenschaftlichen Essay
3 In einem Critical Review wird ein publizierter wissenschaftlicher Text hinsichtlich seiner Validität, Rele-
vanz und Logik kritisch evaluiert und kommentiert.
18
schreiben, in dem sie eine selbstgewählte Fragestellung oder Hypothese mit Bezug auf die
besprochenen Texte diskutierten. Zudem bestand das Angebot, die von ihnen verfasste
Einleitung vorab in einer Sprechstunde gemeinsam mit den Lehrenden abzustimmen.
Im Seminar ‚Energiewende unter der Lupe‘ (Format B) sollten die Studierenden eine
thematisch zum Seminarinhalt passende Frage oder Hypothese in einem wissenschaft-
lichen Essay diskutieren und dabei an mindestens eine der sozialwissenschaftlichen Per-
spektiven und Texte aus dem Seminar anknüpfen. Da im Seminar kein spezifischer For-
schungsdiskurs durchgängig verfolgt wurde, entfiel der Critical Review als Prüfungsleis-
tung. Die Studierenden hatten Gelegenheit, ihre Essaythemen in der letzten Seminarsitzung
untereinander zu diskutieren, sowie im Schreibprozess schriftliches und mündliches Feed-
back der Lehrenden einzuholen. Darüber hinaus gab es in diesem Seminar die Möglichkeit,
spontane Ideen für mögliche Essaythemen/-fragen, die sich während der Textdiskussionen
ergaben, auf Karten zu notieren. Diese Karten wurden von den Lehrenden verwaltet, als
digitale Liste geteilt und laufend aktualisiert. So ergaben sich kontinuierlich Möglichkeiten
zur Inspiration bei der individuellen Suche der Studierenden nach einem Thema bzw. einer
Frage für den wissenschaftlichen Essay.
Struktur
Die grundlegende Struktur der Seminare (vgl. Tab. 2) im Format A war gleichbleibend
über die gesamte Verlaufszeit und wurde den Studierenden vorab kommuniziert. Pro Ver-
anstaltung bereiteten die Studierenden einen der Texte zu Hause vor, d. h. sie lasen und
reflektierten ihn in Bezug auf vier Leitfragen. Jede*r Studierende hatte sich zu diesem
Zweck einer der Leitfragen als Verantwortliche*r zugeteilt. Dies verringerte den Aufwand
der Studierenden, alle vier Fragen vorzubereiten, führte aber vor allem zu einem höheren
Engagement, da die Studierenden mit dieser Zuteilung auch Verantwortung für ihre Kom-
militonen übernahmen, ihren Teil der Vorbereitung gewissenhaft zu gestalten. Wegen des
Zeitaufwands, den diese Vorbereitung erforderte, fand das Seminar nur in jeder zweiten
Semesterwoche statt. In jeder Veranstaltung wurde das gelesene Paper zunächst in den
Diskurs eingeordnet, dann Hauptinhalte besprochen und offene Fragen geklärt. Als nächs-
tes wurden die Einschätzungen der Studierenden in Bezug auf die Leitfragen erörtert und
schließlich der Text als Ganzes sowie sein Beitrag zum Diskurs kritisch reflektiert. Insge-
samt ergab sich so über das Seminar hinweg ein umfassender, reflektierter Überblick über
den Diskurs. Die Lehrenden setzen sich für eine entspannte und respektvolle Diskussions-
atmosphäre ein und kommunizierten diese Haltung und Erwartung aktiv.
Im Format B gab es hinsichtlich der Seminarstruktur punktuelle Unterschiede. Die (vorbe-
reiteten) Leitfragen wurden zu Beginn der Veranstaltung mit den Studierenden diskutiert,
ergänzt und erweitert. So konnten auch deren spezifische Interessen berücksichtigt werden.
Im Ablaufschema wurden einige Elemente im Vergleich zu Format A an anderen Stellen
eingesetzt (vgl. Tab. 2) und neue hinzugefügt. Beispielsweise wurde zu Beginn und zum
Ende jeder Sitzung als spielerisches Element die Frage gestellt „Wie hat euch der Text
gefallen?“. Die Studierenden sollten den Text dann auf einer Skala von 1 (hat mir gar nicht
gefallen) bis 10 (hat mir sehr gut gefallen) bewerten. Im Vergleich unterschieden sich die
19
Vorher-Nachher Wertungen bei jedem wissenschaftlichen Text, was möglicherweise den
Erfolg von Diskussion und Reflektion innerhalb des Seminars verdeutlicht. Im Sinne einer
konstruktiven Seminaratmosphäre fanden die Diskussionen nach Absprache mit den Stu-
dierenden im Stuhlkreis statt.
Inhaltlich wurden je Seminar sieben bis acht aktuelle und relevante wissenschaftliche
Texte aus Fachzeitschriften vorausgewählt und als Reader für die Studierenden gedruckt.
Im Format A repräsentierten diese Texte unterschiedliche Strömungen, Diskussionen und
Facetten wirtschaftswissenschaftlicher Diskurse zu den Themen social-ecological trans-
formations bzw. happiness and degrowth. Im Format B repräsentierten die Texte unter-
schiedliche Perspektiven auf die Energiewende, speziell die raumwissenschaftliche, poli-
tikwissenschaftliche, institutionenökonomische, soziologische und interdisziplinäre. In die-
sem Format reagierten die Lehrenden zudem auf Bedarfe und Wünsche der Studierenden,
die sich aus der Diskussion der Seminartexte ergaben und bereiteten zu zwei Anlässen wei-
terführende thematische 15-minütige Kurzvorträge für die Folgewoche vor.
Orientierung bezüglich der inhaltlichen Verortung wurde kontinuierlich vermittelt. In der
ersten Lehreinheit jedes Seminars wurde den Studierenden ein Überblick über alle Texte,
ihre Zusammenhänge und Verknüpfungen präsentiert, der durch das Semester hinweg
immer wieder als Referenz und Orientierung herangezogen wurde. Jeder Text wurde in
Bezug zu den bereits gelesenen Texten (sowie den Gesamtdiskurs) gesetzt. Leitfragen
strukturierten das Lesen der Studierenden und erleichterten die Erarbeitung der konzeptio-
nell mitunter anspruchsvollen Texte. Die wichtigsten Leitlinien der Seminare (die Leitfra-
gen in allen Formaten; zudem die Standards kritischen Denkens im Format A und das Ab-
laufschema im Format B) wurden von den Lehrenden in jeder Veranstaltung auf Flipchart
mitgebracht und waren so während der Diskussionen visuell präsent. Die finale Veranstal-
tung wurde unter anderem genutzt, um alle Texte nochmals zu wiederholen und zueinander
in Bezug zu setzen.
Methodisch wurde zu Beginn aller Seminare das Vorwissen der Studierenden bezüglich
wissenschaftlicher Lesetechniken und Textarten abgefragt und, wo nötig, vertieft. Für das
Gelingen der Veranstaltung war es nötig, bei allen Studierenden eine fundierte Basis in
Bezug auf deren Lesekompetenz zu schaffen. In der ersten oder zweiten Sitzung jedes
Seminars wurden daher unterschiedliche Lesemethoden4 durch Inputpräsentationen vorge-
stellt und durch praktische Übungen erprobt. In den folgenden Sitzungen reflektierte die
Gruppe das Vorgehen beim und die Erfahrungen mit dem Lesen der Texte regelmäßig.
Ebenfalls in den ersten beiden Seminarsitzungen wurde im Format A die Methode des kri-
tischen Denkens nach Elder & Paul (2010) eingeführt und besprochen; nach dieser Metho-
de wurden im weiteren Verlauf die Seminartexte strukturiert erarbeitet, diskutiert und kriti-
4 Detailliert besprochen wurden zwei Lesemethoden:
1. SQ3R (Survey – Question – Read – Recite – Review);
2. ÜFALAZ (Überblick verschaffen – Fragestellung an den Text formulieren – Auswählen relevanter
Textabschnitte – Lesen – Antwort formulieren – Zusammenfassen). Vgl. für weitere Informationen
Burchert & Sohr (2008) sowie Meyerhoff & Brühl (2015).
20
siert. Zu Beginn des letzten Seminardrittels wurden weiterführende Informationen zu den
Textarten der Prüfungsleistung (wissenschaftlicher Essay und, im Fall von Format A, zu-
sätzlich der Critical Review) durch einen Input vermittelt. Im Format B wurde anknüpfend
paragraphing (also das Schreiben eines strukturierten Textabsatzes im Essayformat)
anhand eines Beispiels geübt und im Plenum reflektiert. Ebenso besprachen die Studieren-
den drei anonyme Beispielessays in Gruppen und bewerteten diese anhand der Benotungs-
kriterien für die Seminarleistung.
Feedback der Teilnehmenden
Neben der universitären Lehrevaluation zum Ende der Veranstaltungszeit wurde zu Beginn
der Seminare konstant mündliches Zwischenfeedback eingeholt, insbesondere nach der
Hälfte der Sitzungen (also nach bis dato vier gelesenen Texten). Dies war grundsätzlich
positiv und konstruktiv. Im Format B wurde durch das Zwischenfeedback etwa das
Ablaufschema auf Wunsch der Studierenden punktuell umgestellt und die Leitfragen künf-
tig vor den Kernaussagen diskutiert. Die abschließenden Evaluationen waren ebenfalls
allgemein positiv und belegten vor allem, dass die Lehrveranstaltung zur kritischen Aus-
einandersetzung und zur eigenverantwortlichen Vertiefung der Thematik anregte. Das
Feedback lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Allgemein: Auffällig war, dass in den Evaluationen aller durchgeführten Seminare ähn-
liche Aspekte hervorgehoben wurden, insbesondere der aktive und aktivierende
Charakter der Seminare, die anregenden Diskussionen, das strukturierende Moment der
Leitfragen sowie die vielfältige Auswahl der wissenschaftlichen Texte.
Struktur: Die Studierenden hoben in ihrem Feedback immer wieder die Struktur des
Seminars hervor, sowohl als Lob, als auch als Raum für Verbesserung. Genannt wur-
den etwa Visualisierungen der Textinhalte an der Tafel (Format A), die Zuteilung der
Studierenden zu Leitfragen, sowie eine klar kommunizierte Agenda. Die gedruckten
Reader wurden ebenfalls als positiv und hilfreich wahrgenommen. Als Verbesserung
erbaten sie in allen Seminaren textspezifische Leitfragen, um die Erarbeitung der Texte
zu Hause einfacher und flüssiger zu gestalten.
Atmosphäre: Außerdem fand die offene, interaktive und Kritik zulassende Atmosphäre
großen Anklang: Die Texte wurden in einem (Stuhl-)Kreis diskutiert und die Dozieren-
den begegneten den Studierenden auf Augenhöhe. Die gute Vorbereitung der Lehren-
den und eine angenehme Diskussionsatmosphäre wurden als Erfolgsfaktoren für die
tiefgehenden, kritischen Diskussionen im Seminar identifiziert.
Forschung: Mit Blick auf die Vorbereitung durch das Seminar auf zukünftige For-
schungsvorhaben (z. B. die Abschlussarbeit) gaben die Studierenden an, dass ihnen die
Herangehensweise an und die kritische Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher
Literatur nun klarer und besser strukturiert sei, und diese Aspekte bislang im Detail im
Studium nicht vermittelt worden seien. Zudem wurde verdeutlicht, wie wichtig die
genaue Betrachtung der Autor*innen und des Literaturverzeichnisses sein können, um
den Text einzuordnen.
21
Kritische Haltung: Die Fähigkeit des „sich Trauens“ wurde ebenfalls erwähnt: Sich zu
trauen, komplexe Theorien zu verstehen und zu kritisieren, mit anderen Konzepten zu
verbinden und praktisch anzuwenden. Insgesamt konnte das Leseseminar so verdeutli-
chen, dass auch Kritik ein inhärenter Teil des wissenschaftlichen Arbeitens ist, und
auch Studierende diese üben können und sollen.
Die strukturellen Vorgaben und Vereinfachungen, welche die Studierenden in ihrem Feed-
back angaben, zeigen vor allem, dass das Erarbeiten von Fachtexten auch auf Masterniveau
eine Herausforderung darstellt und nicht als selbstverständlich angesehen werden sollte.
4.2 Elemente forschenden Lernens
Insgesamt weisen die durchgeführten Leseseminare einige Merkmale des forschenden Ler-
nens nach Rueß et al. (2016) auf, die im Folgenden entlang der Dimensionen Forschungs-
ergebnisse, Forschungsmethoden und Forschungsprozess analysiert werden. Eine Zusam-
menfassung dieser Analyse wird in Tab. 3 dargestellt. Die Leseseminare vermitteln den
Studierenden demnach Lesekompetenzen auf einem hohen forschenden und reflexiven
Niveau, und aktivieren gleichzeitig weitere forschungsrelevante Kompetenzen, wie das
Zuhören, Reflektieren, Schreiben und Diskutieren.
Das Aktivitätsniveau (vgl. Abb. 2) innerhalb der Dimension Forschungsergebnisse kann
im Wesentlichen als eine Kombination von anwendend und forschend beschrieben werden.
Forschungsergebnisse in Form wissenschaftlicher Texte wurden im Detail diskutiert und
die Studierenden konnten ein fundiertes Verständnis über den Forschungsgegenstand
erwerben (anwendend). Hierbei haben sie innerhalb der Themenfelder verschiedene Dis-
kurse, Theorien und Konzepte erarbeitet – selbstständig in dem Sinne, dass die Erarbeitung
des Textes vor jeder Sitzung individuell stattfand (anwendend-forschend). Punktuell, aber
eher begleitend, wurden von den Lehrenden inhaltliche Kurzvorträge zu Forschungsthemen
gehalten (rezeptiv). In dem Verfassen des wissenschaftlichen Essays bzw. des Critical
Reviews (Format A), als gängige Formate wissenschaftlicher Publikationen, kulminierten
diese Aktivitätsniveaus schließlich und Forschungsergebnisse wurden anhand einer For-
schungsfrage oder einer Hypothese selbstständig diskutiert und reflektiert (forschend).
In der Dimension Forschungsmethoden können verschiedene didaktische Elemente des
Leseseminars auf allen drei Aktivitätsniveaus verortet werden. Schließlich stellt das Er-
arbeiten von interdisziplinären Diskursen (kritische Analyse und Diskussion von wissen-
schaftlichen Texten) eine wichtige Forschungstätigkeit in den Wirtschaftswissenschaften
dar – insbesondere angesichts der komplexen Themen und Herausforderungen, denen sich
diese Disziplin vor dem Hintergrund globaler Entwicklungen stellen muss. Hier wurden
zum einen, wie in Kapitel 4.1 beschrieben, strukturierte Lese- und Verarbeitungskompe-
tenzen vermittelt (rezeptiv). In Format A wurden außerdem Standards kritischen Denkens
eingebracht. Darüber hinaus wurden diese Methoden in beiden Formaten regelmäßig geübt
und die in den wissenschaftlichen Texten verwendeten Forschungsmethoden kritisch
reflektiert (anwendend). Diese Diskussion des jeweils verwendeten Untersuchungsdesigns
war ein wesentlicher Bestandteil der Textkritik (vgl. Kapitel 4.1). Die Erfassung der Inhalte
22
theoretischer Texte sowie deren Einordnung in einen diskursiven Gesamtkontext (for-
schend) ist, im Sinne der Eingangsthese, keine triviale Handlung und rechtfertigt ein
schrittweises Erarbeiten in der universitären Lehre. Insgesamt fällt in dieser Dimension
auf, dass kein Aktivitätsniveau besonders fokussiert wurde – eher war die vielfältige Akti-
vierung ein Mittel, um eine kritisch-forschende Grundhaltung der Studierenden gegenüber
wissenschaftlichen Texten und Diskussionen zu wecken.
Im Hinblick auf die Dimension Forschungsprozess wurden die Studierenden punktuell
rezeptiv und anwendend aktiviert. Die Vermittlung allgemeiner Techniken wissenschaftli-
chen Arbeitens (vgl. Kapitel 4.1) ist rezeptiver Bestandteil dieser Dimension. Durch die
wie oben beschriebene Reflexion der jeweiligen Untersuchungsdesigns wissenschaftlicher
Texte und deren Kontext wurden außerdem durchgeführte Forschungsvorhaben diskutiert
(anwendend). Durch die thematische und disziplinäre Breite konnten diese Forschungsvor-
haben mitunter auch in den Diskussionen untereinander verglichen und disziplinäre Unter-
schiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden. Schließlich wurden die erworbe-
nen methodischen Kompetenzen im Rahmen des Essays anhand einer spezifischen For-
schungsfrage/Hypothese angewendet (forschend). Es fällt allerdings auf, dass diese
Dimension eher wenig von dem Format des Leseseminars berührt wurde.
Insgesamt liegt der konzeptionelle Fokus der durchgeführten Leseseminare innerhalb des
forschenden Lernens daher auf der Dimension Forschungsmethoden, durch die Vermitt-
lung von Lese- und Textkompetenzen, und der Dimension Forschungsergebnisse, dessen
aktive und kritisch-reflektierende Diskussion und Aufarbeitung den Kern des Formats dar-
stellt (vgl. Abb. 2). Die weitere Dimension Forschungsprozess wird auf unterschiedlich
ausführliche Weise zwar ebenfalls von den didaktischen Methoden und Zielen des Formats
berührt, derer identifizierte Elemente dienen aber eher als notwendige Signalposten auf
dem Weg zu den zu vermittelnden Kernkompetenzen des Leseseminars.
Die Elemente forschenden Lernens können im Rahmen dieses Formats noch weitergedacht
werden, um das forschende Aktivitätsniveau entlang der drei Dimensionen weiter zu stär-
ken. Beispielsweise könnten die Studierenden ihre eigenen Forschungsfragen am Anfang
des Semesters erarbeiten und diese dann, im Sinne des Forschungskreislaufs, innerhalb des
Semesters schrittweise weiterverfolgen. Möglich wäre auch eine aktivere Beteiligung der
Studierenden an der Auswahl der zu lesenden Texte durch die Diskussion eines passenden
umfassenden Reviews zum jeweiligen Thema/Diskurs zu Beginn der Veranstaltung.
Forschendes Lernen wird in den beschriebenen Veranstaltungen maßgeblich durch das
Vermitteln von Lesekompetenz umgesetzt. Die in Kapitel 2.2 beschriebenen Erfolgsfakto-
ren nach Bräuer (2016) für den Erwerb dieser Kompetenz5 finden sich in dem Aufbau der
Leseseminare wieder. Ein Frontalvortrag zur Methodenvermittlung wissenschaftlichen
Lesens (rezeptiv) wird zunächst anhand eines Beispiels eingeübt (schriftlich) und diese
5 Zur Erinnerung: (1) Inhaltliche Impulse und Einüben sollten auf mehreren Ebenen erfolgen (rezeptiv,
mündlich, schriftlich), (2) Inhalte und Übungen sollten angemessen frequentiert wiederholt werden, (3)
Das Ergebnis der Leseaufgabe sollte für spätere Aufgaben relevant sein.
23
Erfahrungen in der Gruppe reflektiert (mündlich). Die Übung der Lesemethoden erfolgt ab
dann jeweils individuell zu Hause, wenn der jeweils neue Text in Vorbereitung auf das
gemeinsame Seminar gelesen und verarbeitet wird (angemessen frequentierte Wiederho-
lung). Im Seminar selbst erfolgt dann sowohl eine inhaltliche Reflexion der Texte, als auch
eine Reflexion der individuellen Leseerfahrungen. Das Ergebnis der Leseaufgabe, also das
tiefgreifende Verständnis der Textinhalte, ist unmittelbar für die Teilnahme im Seminar
relevant, da dieses maßgeblich aus der gemeinsamen, weiterführenden Diskussion der
Textinhalte besteht (Relevanz der Leseaufgabe für spätere Anforderungen).
Inhaltlicher
Schwerpunkt
Aktivitäts-
niveau
Forschungsergebnisse Forschungsmethoden Forschungsprozess
Forschend Lesen: Texte individuell
mit Blick auf For-
schungsdiskurs und
eigene Schreibarbeit
(s. u.) beurteilen
Schreiben: Selbststän-
dige schriftliche Diskus-
sion und Reflexion des
Forschungsstands
Lesen: Diskursive Zu-
sammenhänge und Teil-
debatten durch Text-
arbeit eigenständig er-
schließen
Vielfältige Kompetenzen
einbringen zur Erarbeitung
eigener Ergebnisse in einer
schriftlichen Abschluss-
arbeit als Essay, Critical
Review (betrifft insb. frühe
Stufen des Forschungspro-
zesses)
Anwendend Lesen: Texte analysieren
und bewerten und so
fundiertes Verständnis
über den Forschungsge-
genstand gewinnen
Diskutieren: Kritische
Diskussion von For-
schungsergebnissen
Lesen: Kontinuierliche
Anwendung und Refle-
xion eigener Lesestrate-
gien
Diskutieren: Methodi-
sches Vorgehen und
Untersuchungsdesigns
der gelesenen Texte
besprechen
Diskutieren: Forschungs-
vorhaben mit Blick auf die
Beispieltexte vergleichen,
Disziplinärer Gemeinsam-
keiten und Unterschiede
herausarbeiten
Rezeptiv Lesen: Kerninhalte von
Texten erfassen
Zuhören: Forschungs-
ergebnisse und Text-
inhalte in Kurzvorträgen
und Diskussionen ver-
mittelt bekommen
Lesen: Vermittlung von
Lesekompetenzen,
-methoden und Stan-
dards des kritischen
Denkens
Schreiben: Punktuelle Ver-
mittlung von Techniken
wissenschaftlichen Arbei-
tens (z.B. Zitation, Veröf-
fentlichungsprozess in Jour-
nals, Paragraphing)
Tabelle 3: Aktivitätsniveau der Studierenden in Leseseminaren
24
5 Möglichkeiten und Grenzen von Leseseminaren in den
Wirtschaftswissenschaften
Das Lehrformat des Leseseminars kann das Portfolio forschender Lehre erweitern und die
Studierenden zum forschenden Lernen aktivieren. Durch Leseseminare können Studieren-
de lernen, Literatur zu einem Forschungsfeld einzuordnen und selbstständig aufzuarbeiten.
Zudem erwerben sie Kompetenzen darin, theoretische Texte zu verstehen, kritisch zu dis-
kutieren und damit wissenschaftliche Verhaltensweisen und die Rücküberführung der
Modelle in die Realität einzuüben. All dies sind zum Beispiel wesentliche Methoden der
Volkswirtschaftslehre, eine Disziplin die häufig pauschal als ungeeignet für den Einsatz
forschender Lehre gesehen wird (BAK 1970 (2009): 60).
In Leseseminaren wird nicht der gesamte Forschungsprozess durchlaufen, sondern die
ersten vier Schritte (Huber 2009, 2014). Insbesondere bei der Problemdefinition und Ent-
wicklung einer Forschungsfrage, sowie der Darstellung der Forschungslage erreichen die
Studierenden ein aktiv forschendes Niveau. Gerade diese anfänglichen Schritte fallen
klassisch häufig einer pragmatischen Kürzung zum Opfer. Viele Autor*innen empfehlen
oder beobachten, dass Ausgangslage und Forschungsfrage den Studierenden im Zweifel
vorgegeben werden, um direkt in spätere Phasen des Forschungszyklus einzusteigen
(Reinmann 2016; Rueß et al. 2016). Diese Schritte der Abduktion sind jedoch nicht trivial
und sollten eingeübt werden (Swedberg 2014; Wiemer 2017). Die Einordnung der Kompe-
tenz des wissenschaftlichen Lesens und Verarbeitens als Grundvoraussetzung für ein for-
schendes Aktivitätsniveau (Rueß et al. 2016) und nicht als explizite Forschungsmethode
wird damit ihrer dargestellten Relevanz nicht gerecht. Die dargestellten praktischen Erfah-
rungen zeigen, dass in den Wirtschaftswissenschaften konzeptionell ein großer Bedarf an
dem intensiven Einüben dieser Kompetenzen besteht. Dieser Bedarf alleine rechtfertigt es,
diese Kompetenzen im Rahmen eines Leseseminars zu aktivieren, und weitere Schritte im
Forschungsprozess in separaten und geeigneten Seminaren zu durchlaufen.
Für wirtschaftswissenschaftliche Lehrformate, in denen Texte gelesen und diskutiert wer-
den (sollen) hat dies im Wesentlichen drei Implikationen. (1) Die reflektierten Erfahrungen
(vgl. Kapitel 4.1) zeigen, dass es für ein tiefes Verständnis von Diskursen und Themen-
feldern geradezu notwendig ist, dem Lesen und Diskutieren einen entsprechenden Raum
und eine entsprechende Tiefe in der Lehre zu geben. Dazu gehört auch die explizite Ver-
mittlung und Einübung entsprechender Lese- und Diskursmethoden innerhalb der Präsenz-
zeit der Veranstaltung. (2) Leseseminare können als Formatbaustein mit anderen didakti-
schen Formaten innerhalb eines Moduls verbunden werden, wie z. B. als vertiefendes
Begleitelement zu einer Vorlesung. Durch die selbständige Erarbeitung eines Diskurses
oder Themenfeldes durch die Studierenden festigen sich sowohl thematische als auch
methodische Kompetenzen des Moduls. Gleichzeitig erfolgt eine komplexe Einordnung
und kritische Diskussion der Inhalte. (3) Aus den bisher durchgeführten Leseseminaren
25
können einige Lehrelemente herausgestellt werden, die als besonders vielversprechend
identifiziert wurden, um die Studierenden zum aktiven Lesen und Diskutieren zu animie-
ren. Diese Elemente können relativ problemlos in eine Vielzahl von Seminaren integriert
werden, welche eigenständiges Lesen der Studierenden beinhalten. Erfolgsfaktoren sind:
Die Vermittlung von Lesemethoden, deren Einübung und die wiederholte, gemeinsame
Reflexion ihrer Anwendung („Wie ging es Ihnen beim Lesen?“); dies gibt Anleitung
und vermeidet Frustration beim Lesen komplexer Texte.
Durch die Zuteilung aller Studierenden zu Leitfragen werden klare, inhaltliche Zustän-
digkeiten geschaffen. Die Studierenden fühlen sich verantwortlich, die entsprechenden
Inhalte für ihre Kommiliton*innen aufzuarbeiten und sind gleichzeitig entlastet, weil
sie sich nur auf einen, abgegrenzten Aspekt des Textes besonders fokussieren müssen,
anstatt zu versuchen, den gesamten Inhalt im Detail zu erfassen.
Der vielleicht wichtigste Punkt ist eine offene Haltung der Lehrenden den Studierenden
gegenüber. Die Diskussion muss auf Augenhöhe stattfinden. Dazu hilft es zum Beispiel
auch, räumliche Gleichheit zu schaffen, indem Studierende und Lehrende in einem
Kreis sitzen. Die Erarbeitungen der Studierenden haben gleiche Gültigkeit mit den
Meinungen der Dozierenden und so bekommen sie vermittelt, dass sie Mitverantwor-
tung für das Gelingen und die Inhalte des Seminars tragen. Mit diesem Wissen steht
das tatsächliche Lesen der Texte außer Frage, ohne das gesonderte Apelle nötig sind –
sie sind in diesem Zusammenhang eher hinderlich.
Leseseminare sind nicht zuletzt eine Möglichkeit für Studierende, eine kritische Haltung
und einen offenen Blick für die Inhalte ihres Fachbereichs zu entwickeln. Die Vielfalt der
wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte in Kombination mit dem Begreifen dieser Disziplin
als Teil eines breiten sozialwissenschaftlichen Kontinuums bietet ein erhebliches Potenzial,
Studierende forschend zu aktivieren und für interdisziplinäre Sichtweisen zu sensibilisie-
ren. Leseseminare und die Beschäftigung mit der Frage, wie wir lesen, sind in der Lage,
diese so wichtige kritische Grundhaltung zu vermitteln.
26
6 Literaturverzeichnis
BAK – Bundesassistentenkonferenz (Ed.; 1970 (2009)). Forschendes Lernen – Wissen-
schaftliches Prüfen: Schriften der Bundesassistentenkonferenz 5. Bielefeld: UVW
Universitätsverlag.
Biggs, J., Tang, C. (2011). Teaching for Quality at University. Maidenhead: McGraw-Hill
and Open University Press.
Bräuer, G. (2016). Das Portfolio als Reflexionsmedium für Lehrende und Studierende.
Stuttgart: UTB.
Burchert, H., Sohr, S. (2008): Praxis des wissenschaftlichen Arbeitens. Eine anwendungs-
orientierte Einführung. Oldenbourg Verlag.
Clark, B. R. (1997). The modern integration of research activities with teaching and learn-
ing. The journal of higher education, 68 (3), S. 241–255.
Elder, L., Paul, R. (2010). Critical Thinking: Competency Standards Essential for the
Cultivation of Intellectual Skills, Part 1. Journal of Developmental Education, 34 (2),
S. 38–39.
Gess, C., Deicke, W., Wessels, I. (2017). Kompetenzentwicklung durch Forschendes Ler-
nen. In: H. A. Mieg & J. Lehmann (Hrsg.), Forschendes Lernen: Wie Lehre in Uni-
versitäten und Fachhochschulen erneuert werden kann (S. 79–90). Frankfurt: Campus.
Huber, L. (2009). Warum forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: L. Huber,
J. Hellmer, & F. Schneider (Eds.). Forschendes Lernen im Studium: Aktuelle Kon-
zepte und Erfahrungen (S. 9–35). Bielefeld: UVW Universitäts Verlag.
Huber, L. (2014). Forschungsbasiertes, Forschungsorientiertes, Forschendes Lernen: Alles
dasselbe?, Das Hochschulwesen, 62(1+2), S. 22–29.
Huber, L., Reinmann, G. (2019). Vom forschungsnahen zum forschenden Lernen an Hoch-
schulen: Wege der Bildung durch Wissenschaft. München: Verlag C. H. Beck.
Jenkins, A. & Healey, M. (2011). Research based learning – a collection of case studies in
different disciplines. In: I. Jahnke & J. Wildt (Eds.). Fachbezogene und fachübergrei-
fende Hochschuldidaktik, S. 37–46. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Kaufmann, M. E., Satilmis, A. & Mieg, H. A. (2019). Forschendes Lernen in den Geistes-
wissenschaften. Konzepte, Praktiken und Perspektiven hermeneutischer Fächer. Wies-
baden: Springer VS.
Ludwig, J. (2011). Forschungsbasierte Lehre im Format der Forschung. Bd. 3. Branden-
burgische Beiträge zur Hochschuldidaktik. Potsdam: Universitätsverlag.
27
Meyerhoff, J., Brühl, C. (2015): Fachwissen lebendig vermitteln. Das Methodenhandbuch
für Trainer und Dozenten. Wiesbaden: Springer Gabler.
Nölting, B. & Pape, J. (2015). Ein Ideenlabor für Nachhaltigkeit: Forschendes Lernen im
berufsbegleitenden Masterstudiengang Strategisches Nachhaltigkeitsmanagement.
Uwf Umweltwirtschaftsforum 23 (3), S. 123–128.
Reinmann, G. (2009). Wie praktisch ist die Universität? Vom situierten zum forschenden
Lernen mit digitalen Medien. In: L. Huber, J. Hellmer, & F. Schneider (Eds.), For-
schendes Lernen im Studium: Aktuelle Konzepte und Erfahrungen (S. 36–52). Biele-
feld: UVW Universitäts Verlag.
Reinmann, G. (2016). Gestaltung akademischer Lehre: semantische Klärung und theore-
tische Impulse zwischen Problem- und Forschungsorientierung. ZFHE 11(5), S. 236.
Rueß, J., Gess, C., & Deicke, W. (2016). Forschendes Lernen und forschungsbezogene
Lehre – empirisch gestützte Systematisierung des Forschungsbezugs hochschulischer
Lehre. ZFHE 11(2), S. 23–44.
Swedberg, R. (2014). The art of social theory. Princeton University Press.
Universität Oldenburg (2016). Hochschulentwicklungsplan 2016. Präsidium Carl von
Ossietzky Universität Oldenburg. Online verfügbar unter: https://uol.de/hep2016,
zuletzt aufgerufen am 17.10.2019.
Universität Oldenburg (2017). Forschungsbasiertes Lehren und Lernen an der Universität
Oldenburg. Online verfügbar unter: https://uol.de/fileadmin/user_upload/flif/forschen-
at-studium_Grundlagenpapier-2017_print.pdf, zuletzt aufgerufen am 17.10.2019.
Wiemer, M. (2017). Forschend lernen – Selbstlernen. Selbstlernen und Selbstlernfähig-
keiten im Forschenden Lernen. In: H. A. Mieg & J. Lehmann (Hrsg.). Forschendes
Lernen: Wie Lehre in Universitäten und Fachhochschulen erneuert werden kann
(S. 47–55). Frankfurt: Campus.
28
Informationen zu den Autor_innen
Nina Gmeiner schloss das Masterprogramm Sustainability Economics and Management
ab. Sie forscht, promoviert und lehrt seit 2017 in der Nachwuchsforschungsgruppe
RightSeeds? zu nachhaltigen Ernährungssystemen mit den Schwerpunkten Saatgut,
Commons und Ethik. Interaktive und forschungsorientierte Lehre begeistert und inspiriert
sie. Gemeinsam mit Julia Tschersich erhielt sie für durchgeführte Leseseminare im Bereich
der Nachhaltigkeitswissenschaft bereits zweimal den Preis der Lehre an der UOL.
Julia Tschersich ist wissenschaftliche Mitarbeitern am Lehrstuhl Ökonomie der Gemein-
güter an der Universität Oldenburg. Als Absolventin des Materprogramms Sustainability
Economics and Management promoviert sie nun im Projekt RightSeeds und forscht zu den
Themen Sozialökologische Transformation, Umweltgovernance, Seed Commons und
Soziale Bewegungen.
Sebastian Rohe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Sozial-
wissenschaften der UOL. In seiner Forschung untersucht er das Innovationssystem Wind-
energie und beschäftigt sich mit sozio-technischen Transitionsprozessen im Energiesektor.
Ein Lehrauftrag für ein Seminar zur Energiewende auf regionaler Ebene hat sein Interesse
an hochschuldidaktischen Fragestellungen geweckt.
Hendrik Wolter ist Nachhaltigkeitsökonom (M.A.) und seit 2017 wissenschaftlicher
Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Ökologische Ökonomie an der Universität
Oldenburg (UOL). Dort forscht und lehrt er zu der sozialwissenschaftlichen Betrachtung
von Nachhaltigkeitsproblemen aus einer interdisziplinären Perspektive, speziell in den
Bereichen Ernährungswirtschaft und Erneuerbare Energien. Er beschäftigt sich bereits seit
Jahren mit hochschuldidaktischen Themen und erhielt 2019 gemeinsam mit Kolleg*innen
den Preis der Lehre in der Kategorie „Forschendes Lernen“ an der UOL.