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Grünewald, Matthias, Sato-Prinz, Manuela & Zhang, Ningjie (2020),
Was sagen uns Deutschlernende über ihre Deutschlandbilder? Potenziale und
Perspektiven der Nationenbilderforschung für Forschung und Praxis am Beispiel
dreier Studien im ostasiatischen Kontext.
Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 25: 1, 677–699.
http://tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/index.php/zif
Jahrgang 25, Nummer 1 (April 2020), ISSN 1205-6545
25 Jahre ZIF – ein Grund zum Feiern!
Themenschwerpunkt:
Landeskunde im Fremdsprachenunterricht
Was sagen uns Deutschlernende über ihre
Deutschlandbilder?
Potenziale und Perspektiven der Nationenbilder-
forschung für Forschung und Praxis am Beispiel
dreier Studien im ostasiatischen Kontext
Matthias Grünewald, Manuela Sato-Prinz und Ningjie Zhang
Abstract: Im vorliegenden Artikel werden drei Forschungsarbeiten über Deutschlandbilder
chinesischer und japanischer Deutschstudierender verglichen mit dem Ziel, die
forschungsmethodische und unterrichtspraktische Relevanz der Nationenbilderforschung
aufzuzeigen. Bei zwei der Studien liegt der Fokus auf unterrichtlichen Einflüssen auf die
Deutschlandbilder, während die dritte Studie die Wirkungen eines bis zu einjährigen
Studienaufenthalts in Deutschland beschreibt. Im Vordergrund des Vergleichs stehen
Gemeinsamkeiten und Unterschiede des methodischen Vorgehens und der erzielten Ergebnisse.
Darüber hinaus werden Bezüge zur sozialpsychologischen Forschung über Einstellungen und
Einstellungsveränderungen hergestellt. Schließlich werden einige Schlussfolgerungen sowohl für
die Forschungs- als auch die Unterrichtspraxis gezogen und Ausweitungen des
forschungstheoretischen und -methodologischen Rahmens im Fach DaF angeregt.
The following article compares three studies about images of Germany from Chinese and Japanese
students of the German language, with the aim of demonstrating the relevance of research about
national images for research methods and teaching practice. Two of the studies focus on the
influences of the learning procedure on images of Germany, whereas the third study describes the
effects of studying abroad in Germany for up to one year. The focus of the comparison is on the
similarities and differences of the methodical procedure and the achieved results. Moreover,
connections are made to research of attitudes and attitude change in social psychology. Finally, some
conclusions are drawn for research and teaching practice, as well as encouraging an extension of the
theoretical and methodological research framework in the subject of German as a foreign language.
Schlagwörter: Deutschlandbilder, Einstellungen, Landes- und Kulturstudien, Methodologie,
Stereotyp; images of Germany, attitudes, cultural studies, methodology, stereotype.
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1 Einleitung
Schaut man sich in einer Rückschau die Artikel und Schwerpunkte der Zeitschrift
für interkulturellen Fremdsprachenunterricht in den 25 Jahren ihrer Existenz an, so
fällt unmittelbar auf, dass sich noch kein Schwerpunktthema und nur wenige Arti-
kel explizit dem Bereich der Nationen- bzw. Deutschlandbilderforschung gewidmet
haben. Dies ist überaus erstaunlich, ist doch die Interdependenz von Sprache, Kul-
tur und deren Images unstrittig und das Wissen über Stereotype und Vorurteile als
„zentrale Kategorien der Sprach- und Kulturvermittlung im Unterricht Deutsch als
Fremdsprache” (Althaus 2001: 1168) fundamental für die Entwicklung interkultu-
reller Kommunikations- und Handlungskompetenz. Erst auf der Basis einer deut-
lich verstärkten „regionalen Grundlagenforschung“ (Althaus 1999: 33), d.h. wenn
„relevantes empirisch abgestütztes Wissen über sprachlich-kulturelle Normen und
interkulturelle Erwartungen bzw. Stereotypen/Vorurteile vorliegt“ (Edmond-
son/House 1998: 180), können wirkungsvolle Verfahren, Fragestellungen und Ma-
terialien entwickelt, ausgewählt und im Unterricht eingesetzt werden. Unser Inte-
resse an der Vermittlung von lebendigen, wirklichkeitsnahen und facettenreichen
Deutschlandbildern, wie sie u.a. auch in den Verlautbarungen des Auswärtigen Am-
tes genannt und mithilfe von Mittlerorganisationen (Goethe-Instituten [GI], Zent-
ralstelle für das Auslandsschulwesen [ZfA], Deutscher Akademischer Austausch-
dienst [DAAD] usw.) und Schul- und Universitätspartnerschaften sowie binationa-
len Universitäten angestrebt werden, bedarf also zunächst der Ermittlung der beste-
henden, wenn auch nicht statischen, Vorstellungen bei den Lernenden hinsichtlich
der drei Aspekte: Deutschland, der dort lebenden Bevölkerung und der deutschen
Sprache. Der vorliegende Beitrag möchte deshalb am Beispiel des Vergleichs dreier
Arbeiten der VerfasserInnen, die sich mit den Deutschlandbildern chinesischer und
japanischer Studierender befassen und die methodisch eine ähnliche Ausgangsbasis
haben, die Potenziale und Perspektiven der Deutschlandbilderforschung für das
Fach Deutsch als Fremdsprache aufzeigen.
1
Nach einer Skizzierung der Entwick-
lung und des aktuellen Forschungsstands der Deutschlandbilderforschung sollen
dabei die angewendeten Methoden sowie über alle drei Studien hinweg ähnliche
sowie unterschiedliche Ergebnisse im Fokus stehen. Abschließend werden Schluss-
folgerungen für die Forschungspraxis, zukünftige Forschungsschwerpunkte und
den Fremdsprachenunterricht gezogen.
1
Andere Arbeiten, die methodisch bedingt mit geringen ProbandInnenzahlen arbeiten, wie z.B.
Deckers (2010), Wernicke (2013), Grupp (2014) oder Mahmoud (2018), oder in kulturhistorisch
anders geprägten Regionen durchgeführte Studien, wie Ellis (2011) oder Witte (2014), werden
nicht oder nur punktuell berücksichtigt.
679
2 Überblick über die Entwicklung der
Deutschlandbilderforschung
Deutschlandbilderforschung wird schon seit Längerem in der Literaturwissenschaft
im Bereich der komparatistischen Imagologie, der Interkulturellen Hermeneutik
und auch der Linguistik betrieben. Die Einsicht in die große Bedeutung der diesbe-
züglichen Vorstellungswelten von Deutschlernenden führte mit einem sich entwi-
ckelnden eigenständigen Fach DaF zu ersten umfangreicheren Untersuchungen ab
Mitte der 1980er Jahre, insbesondere im englischsprachigen Raum. Nach diversen
Einzeluntersuchungen in verschiedenen Ländern kam es dann erst um die Jahrtau-
sendwende erneut zu einer regionalspezifischen Konzentration durch umfassende
Arbeiten auf der iberischen Halbinsel. Alle Untersuchungen waren bis dahin als
analytisch-nomologische Querschnittstudien angelegt, wobei einige wenige Arbei-
ten jedoch auch Interviews verschiedener Art beinhalteten (siehe Forschungsüber-
blick bei Grünewald 2005: 42–55). Mitte der 2000er Jahre entstanden wiederum
umfangreichere Studien zum Thema Deutschlandbilder mit sehr unterschiedlichem
Länderbezug, Methodeneinsatz, Erkenntnisinteresse und verschiedenen Zielgrup-
pen. Bemerkenswert war hier besonders der deutlich stärkere, fundiertere, aber auch
dem Zeitgeist entsprechende Einsatz interpretativ-interaktionistischer Verfahren
(siehe Forschungsüberblick bei Fornoff 2016: 42–43).
Die möglich gewesene Fortsetzung und Chance zur Konsolidierung und Weiterent-
wicklung der Deutschlandbilderforschung wurde in der Folge jedoch trotz insge-
samt deutlich zunehmender Bedeutung landeskundlich-interkultureller Aspekte der
Sprach- und Kulturvermittlung womöglich durch die gleichzeitig entstehende Pro-
minenz zweier anderer Konzepte gehemmt: einerseits des aus der Soziologie und
Pädagogik entnommenen Konzepts der (kulturellen) Deutungsmuster mit einer
deutlichen Absage an nationalkulturell orientierte Modelle wie dem der Kulturstan-
dards von Thomas (1993) (vgl. Altmayer 2004), andererseits des geschichtstheore-
tisch motivierten Konzepts der Erinnerungsorte und -kulturen (vgl. Erll 2005). Die
zwei genannten Konzepte dominieren bis heute die Diskussionen, Projekte und For-
schungen, können jedoch nur ein Teil der Versuche sein, Fremdbildervorstellungen
von Sprachlernenden zu erfassen und zu entwickeln, dies zumal, da sie von der
wissensorientierten und edukativen Lehr- und Vermittlungsperspektive in Bezug
auf die Zielkultur her konzipiert sind und nicht primär von den Lernenden und ihren
Wissensbeständen, emotionalen Einstellungen und Verhaltensabsichten bzw. Ver-
halten ausgehen.
Vermutlich aufgrund dieser Schwerpunktsetzung blieben vereinzelte, über lokal-
spezifische Mikrountersuchungen hinausgehende Studien größerer Reichweite, wie
z.B. Budke (2003), Ellis (2011) oder insbesondere die neuere und beachtenswerte
680
von Witte (2014), somit Qualifizierungsarbeiten vorbehalten. Abgesehen von die-
sen und den im Folgenden im Vordergrund stehenden Arbeiten ist noch das seit
2014 laufende SI.DE-Projekt an der Universität Duisburg-Essen zu erwähnen, das
die Erhebung und Untersuchung von nationenbezogenen Stereotypen zum Ziel hat
und mithilfe einer umfangreichen Eigenschaftenliste bisher in Bezug auf den
deutsch-russischen, deutsch-türkischen und, wie im Weiteren zu sehen ist, deutsch-
chinesischen Kontext durchgeführt wurde (vgl. SI.DE 2014).
Andere und vor allem mehrmethodisch vorgehende Forschungsprojekte größerer
Reichweite im Bereich der Fremd-, Nationen- oder Deutschlandbilderforschung
wurden von den nunmehr auch organisatorisch und finanziell deutlich besser auf-
gestellten Professuren und Lehrstühlen landeskundlicher bzw. kulturstudienorien-
tierter Provenienz nicht initiiert, wahrscheinlich, weil fälschlich ein Nexus zwi-
schen der Erforschung real existierender nationenbezogener Einstellungsmuster
und der Befürwortung hypothetischer Kulturstandards angenommen wurde. Auch
die verstärkte Fokussierung auf rein interpretativ-interaktionistische Forschungs-
methoden mit notgedrungen kleinen TeilnehmerInnenzahlen und die teils dogmati-
sche Ablehnung analytisch-nomologischer Verfahren erweckten den Eindruck, als
ob die Untersuchung größerer ProbandInnengruppen mithilfe quantitativer Verfah-
ren fast schon zu einer No-Go-Area wissenschaftlicher Fremdbilderforschung im
Fach DaF geworden wäre.
Dieser Trend soll durch die Präsentation und den Vergleich von zwei neueren, auf
den ostasiatischen Kulturraum bezogenen Arbeiten von Sato-Prinz (2017) und
Zhang (2019) sowie die etwas ältere von Grünewald (2005), bei denen die Deutsch-
landbilder größerer Gruppen von Studierenden longitudinal und/oder mehrmetho-
disch untersucht wurden, kritisch hinterfragt werden. Die Situationsspezifik der je-
weiligen Forschungsergebnisse hinsichtlich ihrer zeitlichen, räumlichen und perso-
nellen Geltungskraft soll so durch eine Darstellung der Gemeinsamkeiten und Un-
terschiede von Methodiken und Ergebnissen sowie der Bezüge zu anderen Wis-
sensressourcen relativiert und auf Hinweise für eine allgemeinere Relevanz geprüft
werden.
3 Zielsetzungen, Designs und
ProbandInnengruppen
Der gemeinsame Rahmen für alle drei Arbeiten und Ausgangspunkt für die beo-
bachteten Entwicklungen sind traditionell positive Deutschlandbilder in beiden
Kulturen. Zhang (2019: 54) beschreibt, dass sich die öffentliche Berichterstattung
in China prinzipiell an Leitlinien der Politik orientiert und positive Deutschlandbil-
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der spätestens seit Beginn der Republik China 1912 und auch nach der kommunis-
tischen Revolution 1949 systematisch verbreitet wurden. In Japan wiederum war
Deutschland bereits nach der Meiji-Restauration 1868 als eines der wichtigsten Be-
zugsländer für die Modernisierung des Landes sehr geschätzt und hatte starken Ein-
fluss auf innerjapanische Veränderungen in verschiedenen gesellschaftlichen Be-
reichen (vgl. Grünewald 2005: 61–64).
Grünewald (2005) untersucht in seiner als explorative Längsschnittstudie bezeich-
neten Arbeit die Deutschland- und Deutschenbilder eines gesamten Jahrgangs von
Deutsch als Wahlpflichtfach lernenden Studierenden einer kleineren japanischen
Privatuniversität, der Universität Matsuyama. Als Ziele werden zwei primäre Inte-
ressen formuliert: Zum einen die Frage, wie die Bilder dieser japanischen Deutsch-
lernenden von Deutschland und Deutschen strukturiert sind, zum anderen die Frage,
welchen Einfluss ein einjähriger Deutschunterricht auf diese Vorstellungen hat. Zu
diesem Zweck werden geschlossene, hybride und offene Fragen umfassende Fra-
gebögen von 574 bzw. 449 ProbandInnen sowie einer Kontrollgruppe mit 59 bzw.
48 japanischen Studierenden dieser Universität ohne Deutschlernerfahrung, die
Chinesisch als zweite Wahlpflichtfremdsprache gewählt hatten, zu Beginn und
nach einem Jahr ihres Sprachlernens ausgewertet. Das Instrumentarium war zuvor
in einer Pilotstudie auf seine Konsistenz geprüft und punktuell abgeändert worden.
Interpretativ-interaktionistische Verfahren zur Vertiefung oder Triangulation wer-
den aus verschiedenen Gründen nicht eingesetzt, sodass es sich um eine analytisch-
nomologische Studie mit einer gewissen Steuerungsmöglichkeit durch die Proban-
dInnen mithilfe zahlreicher offener Fragen handelt. Zur Absicherung und Interpre-
tation der Ergebnisse werden umfassend Rahmeninformationen über Art und
Durchführung des Deutschunterrichts einschließlich der eingesetzten Materialien,
mediale und tagespolitische Einflussfaktoren sowie sozialisatorische Aspekte wie
etwa Informationen aus dem Elternhaus oder der Schule erhoben.
Die Arbeit von Sato-Prinz (2017) befasst sich ebenfalls mit der Zielgruppe japani-
scher Studierender, unterscheidet sich jedoch in zahlreichen Aspekten von der Grü-
newalds. Ihre Zielsetzung ist die Messung des Einflusses eines bis zu einjährigen
Deutschlandaufenthalts japanischer Austauschstudierender auf die Deutschlandbil-
der dieser Gruppe. Die Arbeit bezieht sich deshalb in weiten Teilen auch auf die
sogenannte interdisziplinäre Austauschforschung und wird als evaluative Longitu-
dinalstudie mit Vergleichsgruppe konzipiert, wobei die Daten zu drei Erhebungs-
zeitpunkten, d.h. zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Aufenthalts, erhoben
werden. Das Design umfasst einerseits einen in einer Vorstudie (vgl. Sato-Prinz
2011) und einer Pretest-Phase getesteten Fragebogen mit offenen und geschlosse-
nen Fragen, zum anderen leitfadengestützte, halboffene Interviews, wobei die an
der Fragebogenstudie Teilnehmenden nicht identisch mit den Interviewten sind. An
682
der Untersuchung beteiligen sich insgesamt 110 Studierende verschiedener japani-
scher Universitäten, schwerpunktmäßig aus dem Großraum Tokyo: An der Frage-
bogenstudie nehmen 63 Austauschstudierende bzw. 20 Studierende in der Ver-
gleichsgruppe teil, was wegen des Longitudinalcharakters und der drei Phasen zu
188 bzw. 54 Datensätzen führt. In der Interviewstudie werden mit 17 Austausch-
studierenden und 10 Personen in der Vergleichsgruppe Gespräche geführt, aus de-
nen insgesamt 51 bzw. 23 Datensätze gewonnen werden. Die Analyse der Frage-
bogendaten erfolgt in weiten Teilen quantitativ deskriptiv- und prüfstatistisch mit
nicht-parametrischen Testverfahren, für deren Anwendung die im Fragebogen ab-
gefragten Items durch Faktorenanalysen verdichtet werden. Die Interviewdaten
werden in Anlehnung an die Qualitative Inhaltsanalyse und deren Gütekriterien so-
wie teilweise deskriptiv-statistisch analysiert.
Bei Zhangs Studie (2019) handelt es sich im Unterschied zu den Untersuchungen
von Grünewald und Sato-Prinz nicht um eine Längsschnitt-, sondern um eine Quer-
schnittstudie. Der Schwerpunkt wird auf die Untersuchung der Einstellung als Bün-
del stereotyper Überzeugungen und gefühlsgeprägter Urteile gelegt. Nach Zhang
wurden Stereotype in der Anfangszeit der Stereotypenforschungen in den 1920er
und 1930er Jahren ganzheitlich, d.h. zusammen mit den affektiven Anteilen der
Einstellung betrachtet. Im Zuge der allgemeinen kognitiven Wende lag der Schwer-
punkt aber nach und nach auf der Untersuchung der kognitiven Aspekte und die
Erforschung der affektiven Anteile wurde zunehmend aufgegeben (vgl. 14). Um
die Verbindung zwischen diesen beiden Aspekten wiederherzustellen, wird deshalb
mit Bezug auf Rosenberg/Hovland (1960) und Fishbein (1963) ein Erhebungsver-
fahren entwickelt, das kognitive, affektive und verhaltensbezogene Antworten
deutlich trennt und mit dem ergänzend zu stereotypen Zuschreibungen auch Ge-
fühlskomponenten für die Interpretation der angegebenen Stereotype ermittelt wer-
den können. Untersucht werden insgesamt 399 chinesische BachelorstudentInnen
der Germanistik an der in Chongqing angesiedelten Universität Sichuan Internati-
onal Studies University (SISU) in allen vier Studienjahren. Davon bilden 373
Deutschstudierende die Hauptgruppe und 26 Englischstudierende die Kontroll-
gruppe. Der nomologisch-analytische Ansatz basiert auf einer umfangreichen Ei-
genschaftenliste mit 139 Items, andere Aspekte wie z.B. bildbeeinflussende Infor-
mationen aus den verwendeten Lehrbüchern werden dagegen nur am Rande berück-
sichtigt. Ein halbes Jahr nach der Fragebogenerhebung bzw. -auswertung werden
16 ProbandInnen aus der Fragebogenaktion gezielt für vertiefende Leitfadeninter-
views ausgewählt. In Anlehnung an die Qualitative Inhaltsanalyse werden die viel-
seitigen Einflussfaktoren auf die Einstellungsbildung und -entwicklung der einzel-
nen ProbandInnen während des Germanistikstudiums herausgearbeitet und nach ei-
ner Kodierung die daraus resultierenden Daten auch quantitativ ausgewertet.
683
4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der
untersuchten Arbeiten
4.1 Methodisches Vorgehen
Vom Ablauf her gesehen verbindet alle drei Arbeiten ein Forschungsprozess in den
Schritten Vorstudie bzw. Pretest zur Optimierung der Messinstrumente, Hauptstu-
die mit Deutschlernenden bzw. -studierenden an Universitäten, und Kontrollgruppe,
die dem jeweiligen Treatment – Deutschunterricht bei Grünewald und Zhang, Aus-
tauschstudium bei Sato-Prinz – nicht ausgesetzt ist. Methodisch verwenden alle drei
Arbeiten nomologisch-analytische Verfahren, konkret Fragebögen, die jedoch bei
Grünewald und Sato-Prinz gänzlich anders gestaltet sind als bei Zhang. Verwenden
erstere eine Mischung geschlossener, hybrider und offener Fragen, so steht bei
Zhang die genannte Eigenschaftenliste im Mittelpunkt. Anders verhält es sich bzgl.
der Mehrmethodik, bei der lediglich Sato-Prinz und Zhang leitfadengestützte, halb-
offene Interviews verwenden. Gemeinsame Leitlinie für die Auswertung der Inter-
viewdaten ist die Qualitative Inhaltsanalyse. Mit Blick auf die Datenanalyse kom-
men in allen Studien deskriptiv-statistische Verfahren zum Einsatz, Sato-Prinz und
Zhang arbeiten ferner mit Faktorenanalysen und prüfstatistischen Verfahren.
Eine Gemeinsamkeit der Arbeiten von Sato-Prinz und Zhang ist die bei Grünewald
nur implizit enthaltene, nun aber explizite Bezugnahme auf die sozialpsychologi-
sche Einteilung von Einstellungen in Kognition, Affekt und Verhalten als Aus-
gangspunkt ihrer Erhebungen, da diese drei Komponenten auch für Nationenbilder
und ihre Erforschung als fundamental angesehen werden.
Unterschiede liegen in der Zielsetzung und damit im Forschungsansatz. Während
Grünewald und Zhang den Einfluss des Deutschunterrichts auf die Deutschlandbil-
der untersuchen, behandelt Sato-Prinz die Auswirkungen eines bis zu einjährigen
Austauschstudienaufenthalts in Deutschland. Grünewald und Zhang definieren ihre
Studien als explorativ, Sato-Prinz ihre als Evaluationsstudie und damit hypothesen-
testend. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Grünewald und Sato-Prinz die
Deutschlandbilder der ProbandInnen in Beziehung zu ihren Selbstbildern setzen,
die bei Zhang lediglich auf Basis der Sekundärliteratur mitgedacht, aber nicht er-
hoben werden. Grünewald und Sato-Prinz führen wiederholte Erhebungen als Lon-
gitudinalstudie durch, um die Deutschlandbilder von Untersuchungszeitpunkt zu
Untersuchungszeitpunkt deskriptiv-statistisch (Grünewald, Sato-Prinz) bzw. prüf-
statistisch (Sato-Prinz) direkt zu vergleichen sowie mit möglichen Einflussfaktoren
zu korrelieren und so Veränderungen in Abhängigkeit von verschiedenen interve-
nierenden Variablen zu messen. Zhangs Hauptanliegen ist es hingegen, die Zusam-
menhänge zwischen Inhalt und wertendem Urteil nachzuzeichnen und dafür ein
684
adäquates, verallgemeinerbares Forschungsmodell zu entwickeln. Zur Erfassung
der affektiven Einstellungsveränderung gehören direkte, bei Sato-Prinz auch indi-
rekte Fragen, ob Deutschland und Deutsche im Laufe der Zeit positiver oder nega-
tiver gesehen werden. Zhang adaptiert anerkannte Modelle der Sozialpsychologie,
um Gradienten der Einstellungsentwicklung von Jahrgang zu Jahrgang abbilden zu
können. So wird z.B. der von Katz/Braly (1933) in die Diskussion eingebrachte
Index der definiteness, eine Kennzahl für die Bestimmtheit eines Stereotyps, be-
nutzt. Aus den bei den Studierenden unterschiedlich deutlich ausgeprägten öffent-
lich geteilten Deutschlandbildern und unterschiedlich stark angereicherten indivi-
duellen Erfahrungen wird schließlich ein allgemeines Phasenmodell mit den Pha-
sen 1. „weniger klares, öffentliches oder privates Stereotyp“, 2. „nah am verbreite-
ten, allgemeinen, öffentlichen Stereotyp“ und 3. „stärker differenziertes eigenes
Bild“ (Zhang 2019: 73) hergeleitet.
Zwar wird ähnlich wie bei Sato-Prinz ein mehrmethodischer Weg beschritten, je-
doch sind die von Zhang geführten Leitfadeninterviews deutlich anders als die von
Sato-Prinz, weil die Befragten direkt aus der Gruppe der Fragebogenteilnehmenden
ausgewählt werden. Handelt es sich bei Sato-Prinz also um eine klassische Trian-
gulation mit voneinander unabhängigen Datenquellen, so ist das Ziel von Zhang
eine Vertiefung vorhergehender Ergebnisse (vgl. Mayring 2001: 9).
4.2 Ergebnisse
Trotz der sehr unterschiedlichen Ansätze ergeben sich teilweise ähnliche Resultate.
Grundsätzlich haben die untersuchten ProbandInnen aus den beiden Regionen, wie
aufgrund der öffentlichen Wahrnehmung zu erwarten war, sehr positive Bilder von
Deutschland und Deutschen (vgl. Kap. 3). Durch die Erhebung zu Beginn und am
Ende des fast einjährigen Deutschlernens bei Grünewald und die Betrachtung der
Unterschiede zwischen den vier parallelen Jahrgängen bei Zhang lassen sich
Schlussfolgerungen über die Einflüsse des Deutschunterrichts auf die Einstellungs-
bildung und -veränderung der Studierenden gegenüber Deutschland und Deutschen
ziehen. Grünewald kommt zu dem Ergebnis, dass die positiven Einstellungen durch
den Deutschunterricht insgesamt bestätigt, die extrem positiven polarisierten Vor-
stellungen über Deutschland und Deutsche allerdings in gewissem Maße abge-
schwächt werden (vgl. Grünewald 2005: 292).
Zhang (2019: 252) berechnet aus ihren Daten individuenspezifische Einstellungs-
profile und isoliert auf dieser Basis sogenannte Kohorten, d.h. kohärente Gruppen
mit einem ähnlichen Set an Einstellungen. In jeder Jahrgangsstufe können mithilfe
verschiedener statistischer Verfahren vier typologische Gruppen identifiziert wer-
den, die sich aber in den Jahrgangsstufen unterschiedlich zusammensetzen: Zum
einen die Fans, die mit einem Maximum im ersten Jahrgang starten und bis auf ein
685
Minimum im dritten Jahrgang fast konstant bleiben, zum anderen die Skeptiker, die
im zweiten und dritten Jahrgang größere Gruppen bilden, des Weiteren die Polari-
sierer, die sowohl ausgeprägt positive wie negative Aspekte vertreten und im ersten
und zweiten Jahrgang stark sind, sich dann aber im dritten und vierten Jahrgang in
Fans und Kritiker aufteilen, und schließlich die Kritiker selbst, deren Anteil vom
ersten bis zum vierten Jahrgang stetig ansteigt und am Ende fast die Hälfte der Be-
fragten umfasst.
Interessanterweise kann auch Sato-Prinz (2017: 182–190) im Rahmen ihrer Inter-
viewstudie vier Gruppen isolieren, die chronologische Bewertungsveränderungen
ihrer jeweiligen Deutschlandbilder aufweisen. Neben einer durchgehend positiv
eingestellten Gruppe lässt sich bei einer anderen eine objektive Verschlechterung
in der Mitte und eine Verbesserung am Ende des Studienaufenthalts feststellen, die
an bekannte Kulturschockphänomene erinnert. Bei den anderen beiden Gruppen
kommt es zu einer objektiven Verschlechterung ab der Mitte bzw. am Ende ihres
Deutschlandaufenthalts, wobei diese negative Veränderung jedoch subjektiv nicht
zwangsläufig als solche wahrgenommen wird. Auffällig ist, dass alle VertreterIn-
nen der Gruppe, deren affektive Bildkomponenten sich ab der Mitte des Deutsch-
landaufenthalts verschlechtern und danach nicht mehr relevant verändern, im Rah-
men ihres Fachstudiums keine Bezüge zu Deutschland haben und vor dem Studi-
enaufenthalt im Jugend- bzw. Erwachsenenalter nie in Deutschland waren. Insge-
samt besagen die Unterschiede der Ergebnisse zwischen den von Sato-Prinz gemes-
senen drei Zeitpunkten, dass sich die Deutschlandbilder von anfänglich überaus po-
sitiven hin zu weniger positiven bis positiv-neutralen Bildern verändern, bei denen
negative Bildbestandteile nicht mehr kategorisch ausgeschlossen werden (vgl. 266).
Interessant ist weiter, dass sich sowohl bei Zhang als auch bei Sato-Prinz aus den
Eigenschaftenlisten zwei sehr ähnliche Faktoren generieren lassen: Ein Faktor, der
allgemeine, stereotype, aber positive Vorstellungen über die Deutschen bündelt (bei
Zhang beispielsweise pflichtbewusst, höflich, nüchtern, umweltbewusst, bei Sato-
Prinz pünktlich, umweltbewusst, ernst), die im Kontext der öffentlichen Deutsch-
landbilder im jeweiligen Land präsent sind, sowie ein Faktor, der im Verständnis
der ProbandInnengruppe offenbar allgemein gute, soziale, menschliche Attribute
beschreibt (bei Zhang beispielsweise attraktive Männer, selbstbewusst, freundlich,
großzügig, freiheitsliebend, bei Sato-Prinz freundlich, ruhig, ehrlich, großherzig).
Beide Faktoren operieren auf der kognitiv-inhaltlichen Ebene und beinhalten in den
jeweiligen Kulturen semantisch in der Regel als positiv anzusehende Eigenschaften.
Deshalb ist die Frage naheliegend, warum diese Eigenschaften auf unterschiedliche
686
Faktoren laden und die ProbandInnen offensichtlich eine Trennung vornehmen.
2
Bringt man die beiden Faktoren in Zusammenhang mit der emotional-affektiven
Einstellungskomponente, wie etwa bei Zhang (2019: 156–159) durch die Bewer-
tung der einzelnen Eigenschaften oder bei Sato-Prinz (2017: 144–146) durch die
Korrelationsanalysen zwischen kognitiven und affektiven Faktoren, wird deutlich,
dass die inhaltliche Nennung oder Bejahung semantisch positiv konnotierter Eigen-
schaften nicht unbedingt in Zusammenhang mit einer positiven Bewertung
Deutschlands oder Deutscher steht. Eine mögliche Erklärung können Beobachtun-
gen von Zhang (2019: 311–312) liefern, die neben den beiden positiv konnotierten
Faktoren noch weitere extrahiert: Perfektion und Heimatverbunden als zwei ambi-
valente Faktoren, die auch negativ konnotiert sein können, sowie Unflexibel und
Herrenvolk, die fast immer negativ konnotiert sind. Den beiden positiven Faktoren
stehen auf der affektiven Ebene also negativ konnotierte Faktoren gegenüber. In
diesem Zusammenspiel können negativ konnotierte Faktoren die Bewertungskom-
ponente stärker bis hin zu einer insgesamt neutralen oder sogar leicht negativen
Ausprägung verschieben, wenn die positiven Dimensionen schwächer werden.
Alle drei Studien belegen demnach, dass sich zunächst übertrieben positive
Deutschlandbilder, die von den entsprechenden öffentlichen Vorstellungen über
Deutschland und Deutsche in den beiden Ländern beeinflusst werden, häufig durch
das jeweilige Treatment verändern und tendenziell verschlechtern, was aber insge-
samt als realistischere Sichtweise betrachtet werden kann und von den ProbandIn-
nen in der Regel auch so gesehen wird. Unterrichtseinflüsse im Sinne einer inten-
siven Beschäftigung mit dem Deutschlernen, sowie Primärerfahrungen, etwa mit
deutschen Lehrkräften im eigenen Land oder besonders während eines Studienauf-
enthalts in Deutschland, wirken also nachweislich auf die Einstellungen ein, wobei
diese teilweise bestätigt und verfestigt, in gewissem Rahmen aber auch aufgrund
eigener Erfahrungen relativiert werden. Tradierte kognitive Bildbestandteile blei-
ben in großen Teilen trotz der verschiedenen Einflüsse vorhanden, werden aber par-
tiell im Verlauf der Zeit anders bewertet und in Relation zu neuen, individuellen
Bildbestandteilen gesetzt.
3
2
Die Faktorladung beschreibt die Stärke, mit der ein Faktor eine Eigenschaft beeinflusst. Eine
Variable gehört zu dem Faktor, auf dem sie am höchsten lädt. Welche Faktoren eine Rolle spie-
len und welche Eigenschaften ihnen zugeordnet werden können, ergibt sich aus der empirischen
Faktorenanalyse (vgl. Zhang 2019: 162–166).
3
Die Veränderung der Deutschlandbilder durch das Deutschstudium wird zur besseren Veran-
schaulichung, basierend auf den Analyseergebnissen vom ersten bis zum vierten Jahrgang von
Zhang (2019: 198–199), exemplarisch durch einen fiktiven chinesischen Studierenden beschrie-
ben: „Generell finden wir, die Deutschen entsprechen wirklich ihrem Image der Dichter und
Denker, das finden wir nach wie vor gut, aber jetzt, zum Ende des Studiums hin erscheinen uns
andere Eigenschaften noch typischer. Viele, aber natürlich nicht alle sind besonders höflich und
verhalten sich kameradschaftlich zueinander. Wir wussten schon immer, dass sie sportlich sind,
aber in der Zwischenzeit haben wir gelernt, dass sie oft und gerne zusammen Sport treiben, das
687
4.3 Bezüge zur sozialpsychologischen Einstellungsforschung
Trotz durchaus plausibler und durch subjektive Erfahrungen nachvollziehbarer Er-
gebnisse bleibt die Thematik der Fremd-, Nationen- und Deutschlandbilder insge-
samt aber ein schwierig zu operationalisierendes Untersuchungsfeld:
Diese grundsätzliche […] Problematik der Zugänglichkeit und damit natür-
lich auch Erfassbarkeit inhärenter Vor- und Einstellungen, Stereotypen,
Vorurteile usw. ist auch ein zentraler Knotenpunkt der verschiedenen The-
men, mit denen sich die sozialpsychologische Forschung über Attitudes [sic]
and attitude change beschäftigt. Diese wird aber von beiden methodischen
Polen, d.h. der quantitativ wie auch der qualitativ ausgerichteten Forschung
finden wir toll. Sie trinken auch gerne zusammen Bier, davon hatten wir schon zu Beginn des
Studiums öfter mal etwas gehört. Die gesellige Seite davon ist uns sympathisch, aber zu viel
Alkohol ist auch ungesund. Erst in letzter Zeit haben wir davon erfahren, dass sie sehr umwelt-
bewusst leben, wir Chinesen wissen jetzt aber auch, wie wichtig das ist, und holen in dem Be-
reich auf. Sie haben immer noch sehr gute Techniker und Wissenschaftler, das ist und bleibt ein
großer Vorteil. Wir sehen jetzt eher als früher, dass sie sehr zuverlässig sind, was man auch an
ihren Produkten erkennt, außerdem sind ihre Männer attraktiv. Das alles bestätigt uns darin,
dass sie ein Volk der Zukunft sind, so wie wir selbst.
Wir sehen jetzt aber auch, dass sie anders als wir Chinesen nicht so familienorientiert sind wie
wir früher dachten. Nach konfuzianischem Brauch sind wir unseren Eltern ein Leben lang ver-
pflichtet, wohingegen die Deutschen diesbezüglich viel unabhängiger sind. Sie trumpfen aber
auch nicht immer so selbstbewusst auf, wie wir uns das früher vorgestellt hatten. Die Deutschen
machen alles sehr ruhig und nüchtern. Aber das Image ihrer Perfektion hat sich bei uns ein
wenig abgeschwächt. Wir haben in der Zwischenzeit Deutsche getroffen, z. B. unsere Lehrer
und auf Deutschlandreisen, wir finden jetzt immer noch, dass sie ziemlich arbeitsfreudig sind,
aber nicht mehr ganz so wie damals, dass sie anspruchsvoll, diszipliniert, gründlich, nüchtern,
ordentlich, pünktlich und rational sind. Dennoch denken wir, dass diszipliniert, ordentlich,
pünktlich und rational ganz typische Eigenschaften der Deutschen sind und bleiben. Was ihren
Bezug zur eigenen Heimat angeht, wissen wir jetzt auch mehr. Sie haben zwar gute Politiker,
aber sie sind nicht alle gut, besonders wenn sie China kritisieren. Ihr Nationalstolz und ihre
Heimatliebe halten sich in Grenzen, das hat mit ihrer Kriegserinnerung zu tun. Eine rührende
Geschichte aus unserem Lehrbuch, in der ein Deutscher dreißig Jahre nach dem Krieg eine
kleine englische Insel besucht, die von den Deutschen im Krieg bombardiert wurde und der von
einer Frau angesprochen wird, die ihn für einen im Krieg verschollenen Freund hält, bleibt uns
im Gedächtnis.
Vergleichsweise erscheinen uns die Deutschen jetzt weniger fortschrittlich, denn wir finden sie
nun etwas unflexibel. Vielleicht werden sie anders als wir nicht immer wieder aufgefordert, mit
der Zeit zu gehen, modern zu sein und Neues anzunehmen, dadurch finden wir sie konventio-
neller als früher. Das zeigt sich besonders auch in ihrer Mode und ihrem Kleidungsstil, wobei
wir auch an unsere deutschen Lehrer denken. Sie sind traditionsgebunden, was wir im Prinzip
gar nicht negativ empfinden, aber sie erscheinen uns jetzt insgesamt konservativer als früher,
manchmal sogar distanziert und stur. Besonders diese Distanz bleibt ein Problem, das uns zu-
künftig noch beschäftigen wird.
Was wir nicht mögen ist, dass einige von uns sie verschlossen und sogar fremdenfeindlich erlebt
haben. Auch unsere chinesischen Lehrer berichten von diesem Verhalten. Es gibt aber auch
viele Gegenbeispiele, die wir selbst erlebt oder von denen wir gehört haben. Bei den meisten
von uns spielen diese zuletzt genannten Eigenschaften keine große Rolle“.
688
über kulturbezogenes Lernen im Bereich DaF/DaZ, nahezu gar nicht aufge-
nommen und für die eigenen Zwecke adaptiert (Grünewald 2017: 243–244;
Hervorhebung im Original).
Nicht nur die sinnvolle Differenzierung in Inhalt, Bewertung und Verhalten bzw.
den Umgang mit Einstellungen, die in der Sozialpsychologie unstrittig ist und auch
in der fremdsprachenspezifischen Nationenbilderforschung forschungsleitend sein
sollte, zeigt die enge Verbindung zwischen Einstellungs- und Deutschlandbilder-
forschung. Auch in anderen Teilaspekten gibt es unmittelbare Bezüge der Ergeb-
nisse der drei im Vordergrund stehenden Studien zu sozialpsychologischen Frage-
stellungen und Erkenntnissen.
Dies betrifft z.B. den Aspekt der Parallelität stark verankerter und neu aufgebauter
Vorstellungen, die Sato-Prinz feststellt, wenn sie als Ergebnis ihrer Forschung be-
tont, dass „weder die Vielfalt noch die Individualität [dazu] führen [...], dass beson-
ders präsente, vermeintlich relevante Bestandteile der tradierten Deutschlandbilder
gänzlich verworfen werden“ (2017: 266). Für die Einstellungsforschung
resümieren Bohner/Wänke (2002: 115) entsprechend:
Once constructed, attitudes may be stored in memory and retrieved at a later
point in time. However, even when stored attitudes exist, new attitudes may
be constructed if old attitudes are either not accessible or not appropriate.
The construction of a new attitude requires cognitive resources and the will-
ingness to invest them. Despite the construction of new attitudes, previous
attitudes may not be overwritten.
Durch die Interviewanalyse kommt Zhang zu dem Ergebnis, dass ein Teil der stark
verankerten und tradierten Vorstellungen vom Zielsprachenland bzw. seiner Bevöl-
kerung, die von ihr als öffentlich geteilte Vorstellungen bezeichnet werden, „einen
festen Anteil der Überzeugungen ausmacht und sich nicht einfach verändern
lässt“ (2019: 300). Eine wichtige Erkenntnis bei ihr ist, dass die Einstellungsverän-
derung nicht durch eine Löschung, sondern durch eine individuelle Anpassung der
Einstellungsbewertung erfolgt. Dabei fällt auf, dass Menschen dazu neigen, auf-
grund der eigenen Erfahrungen ihre Vorstellungen mit den öffentlichen Meinungen
zu vergleichen und zu korrigieren. Typische, häufig vorkommende Interviewaussa-
gen argumentieren wie folgt:
Ich finde nicht, dass die Deutschen besonders pünktlich sind. Unsere deut-
schen Lehrer kommen oft beim Klingeln oder noch später zum Unterricht.
Aber ich habe wiederum gehört, dass sie sehr pünktlich sind. Deshalb sehe
ich diese Eigenschaft bei den Deutschen nicht mehr so positiv (323).
689
Die abgeschwächte Überzeugung davon, was auf die Deutschen zutrifft, zeigt sich
konkret in einer abgestuften Bewertung, allerdings wird das Bild zunächst als eine
Anpassung an das Kollektiv beibehalten. Es wird möglicherweise erst in den nächs-
ten Korrekturschritten immer mehr in Richtung neutral (0) bewertet und damit be-
deutungsloser (vgl. 328–329). Zhang bildet in diesem Zusammenhang drei Grup-
pen von Bildkomponenten (zugeschriebene stereotype Eigenschaften): eindeutig
positive, eindeutig negative und ambivalente (vgl. 150–153).
Eine ähnliche Ambivalenz zeigt sich bezüglich der Einstellungsveränderung bei
Sato-Prinz (vgl. 2017: 178–179) z.B. in dem Wunsch von Interviewbefragten, die
Wertungskategorien variabler aufzubauen, sowie in dem folgenden Interviewaus-
schnitt:
Bevor ich nach Deutschland gekommen bin, hatte ich nur positive Sachen,
aber jetzt habe ich auch negative Sachen kennengelernt. [Negativer, positi-
ver?] Nicht das ganze Bild, so, wird negativer. Ja. Früher hatte ich so ein
ganz positives Bild. Dann hat es jetzt so negative Punkte (Yuka, 3, AT4,
37:32) (186).
Analog betonen auch Maio/Haddock/Verplanken (2019: 42; Hervorhebung im Ori-
ginal), „attitudes might sometimes contain many positive and many negative ele-
ments, leading to attitudinal ambivalence“. Sie weisen auf die forschungsmethodi-
sche Problematik hin, dass bei einem neutralen Antwortverhalten mit einer unidi-
mensionalen Skala nicht und mit einer bidimensionalen bzw. bipolaren wie in den
hier besprochenen Arbeiten nur bedingt entschieden werden kann, ob Befragte tat-
sächlich keine ausgeprägte Meinung bzgl. eines Items haben oder ob die Meinungs-
ambivalenz in der Summe zu einer neutralen Antwort führt. Es gibt deshalb Über-
legungen, diesem Problem u.a. mit multivalenten Skalen zu begegnen, die jedoch
forschungspraktisch weitaus schlechter zu handhaben sind (vgl. 285).
Eine der im Moment in der Einstellungsforschung am intensivsten diskutierten Fra-
gestellungen betrifft jedoch den Aspekt der Messung von impliziten Einstellungen:
Perhaps the most striking development in attitude research has been trig-
gered by the advance of indirect measurement techniques, in particular the
so-called implicit measures (Vogel/Wänke/Bohner 2016: xiii).
Als Hauptursache für diese Entwicklung wird öfters angeführt, dass Antworten bei
Befragungen nicht immer die wirklichen Meinungen und tatsächlichen Einstellun-
gen der Befragten widerspiegeln. Maio et al. (vgl. 2019: 224) weisen allerdings
darauf hin, dass auch die Äußerungen, die von im Anschluss an diese Erkenntnis
entwickelten Messverfahren stammen, vor allem dem Evaluative Priming (EP) oder
dem Implicit Association Test (IAT), nicht unbedingt die tatsächliche Einstellung
690
einer Person wiedergeben, sondern durch soziale Befragungskontexte beeinflusst
sein können. Sie stellen deshalb fest:
[E]ither the IAT does not assess implicit attitudes, or there is a grey area
between what is usually considered as implicit, and therefore not con-
sciously accessible, and explicit, consciously accessible, responses (ebd.).
Relevant in unserem Kontext könnten diese Aspekte dahingehend sein, dass Bezüge
zu der von Sato-Prinz vermuteten Trennung zwischen inneren und äußeren
Deutschlandbilder möglich sind, weil „nicht davon auszugehen [ist], dass die Stu-
dierenden zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich alles verbalisieren, was sich
zu Deutschland und Deutschen in ihren Gedanken befindet“ (2017: 257). Ähnliches
beschreibt die von Zhang (vgl. 2019: 160) analysierte Aufteilung in private und
öffentliche Deutschlandbilder. Die als privat bezeichneten Vorstellungen haben
sich durch den Einfluss des Deutschunterrichts oder auch Primärerfahrungen bei
Aufenthalten in deutschsprachigen Ländern gebildet. Die ProbandInnen sind sich
der Widersprüche, die sich zwischen tradierten und erlebten Bildern ergeben, aber
oft sehr bewusst. Eher unbewusst sind möglicherweise die resultierenden Spannun-
gen im kognitiven System des Einzelnen und der Versuch einer Wiederherstellung
von Konsistenz (vgl. Jonas/Stroebe/Hewstone 2014: 19) durch eine abgestufte kor-
rigierende Bewertung (vgl. Zhang 2019: 237–238). Jedoch sind alle im Vorherge-
henden beschriebenen Aufteilungen und Überlegungen für den deutschlandbilder-
spezifischen Kontext noch bei Weitem zu unerforscht, um diesbezüglich eine ab-
schließende Meinung abzugeben. Wie komplex dabei der zu untersuchende Sach-
verhalt ist, betonen exemplarisch Bohner/Wänke (2002: 17):
The same attitude may serve different functions for different people. The
same attitude may serve different functions for the same person at different
times. And, of course, the same person may hold different attitudes pertain-
ing to different functions at different times. Most attitudes serve multiple
functions.
Es sollte deutlich geworden sein, dass es eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten
gibt, die die fremdsprachenerwerbsbezogene Deutschlandbilderforschung perspek-
tivisch und auch wechselseitig mit der Einstellungsforschung verbindet. In Studien
der Nationenbilderforschung gewonnene Ergebnisse und Hypothesen können durch
die Einstellungsforschung durchaus gestärkt werden, Hinweise auf weitere interes-
sante Fragestellungen geben sowie zu interdisziplinären Forschungskooperationen
anregen.
691
5 Schlussfolgerungen für die Forschungspraxis
Ausgehend von der Empfehlung von Sato-Prinz (2017: 270), „stärker die Ergeb-
nisse zu reflektieren, die sich über mehrere Studien hinweg als signifikant erwei-
sen“, wäre es sehr wünschenswert, wenn zukünftig – soweit ein gewisser Pool an
quantitativ und qualitativ angemessenen Studien vorliegt – auch für andere Regio-
nen ebenso wie regionenübergreifend geprüft werden könnte, inwieweit kultur-
raumspezifische Besonderheiten Einfluss auf Deutschlandbilder haben und welche
Auswirkungen und Rückschlüsse dies für die Themensetzung, Konzeption und for-
schungsspezifische Methodologie hätte. Auf diese Weise könnte man sich eventuell
sogar dem Vorschlag von Grünewald (2005: 297) annähern, „einen wissenschaft-
lich akzeptierten Korpus von transnational identischen Verfahren und Fragen mit
einem nationalspezifischen zu integrieren“, um die Stereotypen- und Nationenbil-
derforschung tendenziell zu vereinheitlichen, dabei aber auch kulturraumspezifi-
sche Besonderheiten zu berücksichtigen.
Darüber hinaus sollte die Forschung künftig differenziertere Designs wählen, um
zu entsprechend genaueren Ergebnissen zu gelangen. Dies betrifft die beschriebene
analytische Differenzierung der sozialpsychologischen Einstellungsforschung in
Inhalt, (Be-)Wertung und Verhalten, die unabhängig vom konkreten methodolo-
gisch-methodischen Vorgehen künftig als Standard für die Nationenbilderfor-
schung gelten sollte, ebenso wie z.B. die exemplarisch von Witte (2014) durchge-
führte Unterscheidung zwischen Fragestellungen zum Land sowie dessen Bevölke-
rung und Sprache, die im Übrigen auch für Eigenschaftenlisten möglich ist.
Nicht ganz einheitlich wird die Frage der Longitudinalität von Forschungsprojekten
beurteilt. Sind einerseits Längsschnittuntersuchungen insbesondere bei der Prüfung
von Entwicklungs- und Veränderungsmustern wie etwa der Messung von Auswir-
kungen von Auslandsaufenthalten oder Unterrichtskonzepten aus naheliegenden
Gründen vorzuziehen, so stellen sie doch je nach Kontext und Zahl der ProbandIn-
nen oft eine die organisatorischen Ressourcen von Forschenden und Beforschten
überschreitende Herausforderung dar. Ob Querschnittstudien wie die von Zhang
oder auch Witte, die von ihrem Forschungsdesign her durchaus Hinweise auf Ent-
wicklungsprozesse geben bzw. diese nahelegen, forschungsmethodologisch als ei-
gener Typus Querschnittstudie mit Entwicklungsaspekten zu betrachten sind, muss
an dieser Stelle offen gelassen werden – der Vergleich von Ergebnissen aus zwei
parallel durchgeführten Studien mit entsprechendem Querschnittcharakter einer-
seits, Längsschnittcharakter andererseits wäre sicherlich ein interessantes Thema
für eine methodologisch ausgerichtete Qualifizierungsarbeit.
Unabhängig von der zeitlichen Dimension ergibt sich aus dem dargestellten Ver-
gleich, dass die Nutzbarmachung eines breiten methodischen Spektrums ein sehr
692
sinnvolles Vorgehen ist. Die Einschränkungen, die sich durch den Verzicht auf in-
terpretativ-interaktionistische Verfahren bei der Studie von Grünewald zeigen,
konnten in den Forschungen von Sato-Prinz und Zhang bei allen Unterschieden der
Forschungsanlage überwunden werden, sodass z.B. die Kombination von Fragebö-
gen und Interviews auch zukünftig als sinnvoll für die Vertiefung bzw. Triangula-
tion von Informationen angesehen werden kann. Resultate aus derart angelegten
Studien könnten dann zu spezifischeren Fragestellungen führen, die in der Folge
mithilfe von Einzelfallstudien zu erforschen wären.
Darüber hinaus ist den Einflussbedingungen des jeweiligen Kontextes verstärkt
Aufmerksamkeit zu widmen. Dies können die Rahmenfaktoren der Austauschkons-
tellationen sein, die Sato-Prinz (2017) beschreibt, die Berücksichtigung des sozia-
len Kontextes, auf den Wernicke (2013) hinweist, die Einflüsse durch Unterrichts-
materialien, Lehrkräfte, Medien, gesellschaftlich-politische Einflüsse usw., die von
Grünewald (2005) berücksichtigt werden, und nicht zuletzt die „Einstellung zur ei-
genen Kultur“, die Zhang (2019: 405) in ihrem Ausblick als zentrale Ausgangs-
matrix für die Bilder und Meinungen über andere Kulturen und Nationen wie auch
für ihre Entwicklungsdynamik zur weiteren Untersuchung empfiehlt. Konkrete,
sich aus den vorgestellten Studien ergebende Fragestellungen können zu zukünfti-
gen Forschungsansätzen und -projekten führen, die u.a. untersuchen,
• ob und inwieweit Identität, Überschneidungen oder Strukturunterschiede beste-
hen zwischen den inneren und äußeren Deutschlandbildern, von denen Sato-
Prinz u.a. auch mit Bezug auf Wernicke (2013) spricht, den privaten und öffent-
lichen Deutschlandbildern, die Zhang konstatiert, und den impliziten und expli-
ziten Einstellungen, die in der sozialpsychologischen Forschung über attitudes
and attitude change in den letzten 20 Jahren eine zunehmend wichtigere Rolle
spielen,
• ob die Gruppen mit unterschiedlichen Einstellungsmustern und Einstellungs-
musterveränderungen, die sowohl Sato-Prinz mit Bezug auf die von ihr inter-
viewten Austauschstudierenden als auch Zhang mit Bezug auf die vor allem
unterrichtlichen Einflüssen ausgesetzten Studierenden aus ihren jeweiligen Da-
tensätzen eruieren, vergleichbare Typen darstellen oder nicht, und ob sich ähn-
liche Typen und Gruppen auch bei weiteren Forschungen identifizieren lassen,
• ob sich die Beziehung zwischen Auto- und Heterostereotypen noch genauer fas-
sen lässt und vor allem auch, welche Auswirkungen deren unverkennbare Be-
deutung für landes- und kulturspezifische Lernprozesse auf die Aus- und Fort-
bildung von Deutschlehrkräften haben sollte, und
• inwieweit die Ergebnisse der Nationenbilderforschung auch zurückwirken kön-
nen auf die Theoriebildung um Prozesse des interkulturellen Lernens.
693
6 Schlussfolgerungen für den
Fremdsprachenunterricht
Die Frage, ob man sich überhaupt mit Nationenbildern im Unterricht befassen sollte,
ist unseres Erachtens klar zu bejahen, denn die aktuelle Forschung zeigt, dass un-
abhängig von idealistischen Wünschen der Lehrkräfte gilt: In den Köpfen der Ler-
nenden sind diese Bilder vorhanden, sie bringen sie in den Unterricht mit und ihre
Bilder werden, bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt, durch den Fremd-
sprachenunterricht ergänzt und modifiziert. Da die Bilder präsent sind, ist ferner
davon auszugehen, dass sie für die Studierenden Anknüpfungspunkte darstellen
und deshalb als relevante Gesprächsthemen genutzt werden sollten.
Gerade auch die drei vorgestellten Arbeiten konnten zeigen, dass die Bilder der
Lernenden vom Land der Zielsprache vielschichtiger und widersprüchlicher sind
als erwartet. So werden sehr stereotype, öffentlich bzw. sozial geteilte Bildbestand-
teile immer Teil der Nationenbilder sein, auch wenn sie vielleicht nur passiv wahr-
genommen und nicht aktiv genannt werden (vgl. Sato-Prinz 2017: 231–234; Zhang
2019: 237–238). Die Nationenbilderforschung legt deshalb nahe, wie auch an an-
deren Stellen gefordert, ein möglichst vielfältiges, auch kontroverses Bild des Ziel-
sprachenlandes anzubieten. Die attraktivste Möglichkeit für einen unmittelbaren
Zugang zu Informationen ist sicherlich ein Auslandsaufenthalt im Land der Ziel-
sprache, aber dieser steht in der Regel nicht allen Studierenden offen (vgl. Levine
2008: 192). Muss man sich auf die Möglichkeiten des Fremdsprachenunterrichts,
zumal im kulturräumlich entfernten Ausland, beschränken, so bieten authentische
audiovisuelle Materialien in Form von Lehr-DVDs, Filmen oder Clips aus dem In-
ternet die Möglichkeit, zumindest Ausschnitte der fremdsprachlichen Wirklichkeit
in den Unterricht zu holen (vgl. Grünewald 2005: 308–309). Natürlich besteht hier-
bei die Gefahr, dass sich die Lernenden, so sie sich das Lernmaterial selbst suchen,
auf solche Videos stützen, die ihre bestehenden Bilder bestätigen, oder dass die
Lehrkraft selbst Beispiele auswählt, die ihrem eigenen Selbstbild bzw. den Bildern,
die sie vermitteln möchte, entsprechen. Auch ist nicht garantiert, dass eine Internet-
recherche zwangsläufig repräsentative Bilder des Ziellandes zum Ergebnis hat (vgl.
Koreik 2011: 597‒599). Umso wichtiger sind die moderierende Rolle der Lehrkraft
und die Unterrichtskonstellation an sich, die es ermöglichen sollen, auch und ins-
besondere Sichtweisen zu präsentieren, die quer zu vorhandenen Stereotypen ste-
hen, diese hinterfragen und kontrastieren sowie neue Informationen anbieten, die
die Studierenden in ihren Pool an Assoziationen aufnehmen können. Hier ist eine
Nähe zu Vorstellungen der Irritation, die zu einer Infragestellung und eventuellen
Neufigurierung von Denk- und Wahrnehmungsstrukturen anregt, wie es im Rah-
men des Konzepts der Kulturellen Deutungsmuster vertreten wird (vgl. Agiba
2017), oder der Integrationsphase der interkulturellen Sprachdidaktik, die sich für
694
eine Gegenüberstellung kontroverser Perspektiven ausspricht (vgl. Roche 2013:
243), nicht zu verkennen.
Auch hierzu liefert die Nationenbilderforschung wichtige Erkenntnisse, sofern sie
auf eine bestimmte Zielgruppe abgestimmt ist: So leitet sich etwa aus den in diesem
Beitrag fokussierten Studien eines ostasiatischen Kontextes ab, dass die Nationen-
bilder der befragten Studierenden weitgehend sehr positiv-idealisiert und oberfläch-
lich sind und dass geschichtliche Aspekte gerade zu Beginn der Beschäftigung mit
der deutschen Sprache die Deutschlandbilder dominieren (vgl. Grünewald 2005:
201; Sato-Prinz 2017: 104; Zhang 2019: 300; ebenso Witte 2014: 252). Vor diesem
Hintergrund erscheint es mehr als legitim, bewusst eine große, aber für das jewei-
lige Umfeld auch akzeptable Bandbreite an gesellschaftlichen Themen und Frage-
stellungen, gerade auch an kontrovers diskutierten, im Unterricht anzubieten. Dies
betrifft vor allem die Beschäftigung mit aktuellen, für beide Seiten relevanten ge-
sellschaftlichen Fragestellungen wie etwa Migration, Gleichberechtigung, demo-
grafische Alterung oder Digitalisierung, an denen sich unterschiedliche, teils auch
kulturell geprägte Herangehensweisen aufzeigen lassen. Eine Voraussetzung ist,
dass die Lehrkraft ihren eigenen Standpunkt reflektiert und gegebenenfalls neutra-
lisiert, um gesellschaftliche Diskurse in ihrer Vielfalt und Gegensätzlichkeit prä-
sentieren und zulassen zu können – die eigene Meinung kann dabei durchaus geäu-
ßert werden, solange sie als eine von mehreren Sichtweisen markiert wird.
Die Nationenbilderforschung motiviert auch dazu, im Unterricht mit Fortgeschrit-
tenen verallgemeinerbares Metawissen über die Funktionsweisen von Stereotypen
zu thematisieren. Hierbei kommt, neben theoretischem Wissen, auch dem Selbst-
bild der Studierenden sowie den Fremdwahrnehmungen anderer über die Nationen
der Studierenden, also etwa den Wahrnehmungen Deutscher über China oder Japan,
eine wichtige Funktion zu. Durch das unmittelbare Betroffen-Sein liegt die Schluss-
folgerung, dass Nationenbilder einerseits nur einen Teil der Wirklichkeit erfassen,
andererseits stark vom Betrachtenden abhängig sind, auf der Hand und entspre-
chende Rückschlüsse können auf die eigenen Fremdbilder übertragen werden. Ins-
besondere auch mit Blick auf die Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung von
Auslandsaufenthalten kommt diesem Aspekt eine große Bedeutung zu, denn mit
entsprechendem Wissen über die ablaufenden interkulturellen Wahrnehmungs- und
Lernprozesse erscheint es möglich, Kulturschockphänomene abzumildern bzw. er-
folgreich zu bewältigen (vgl. Sato-Prinz 2017: 268–269). Die Nachbereitung des
Auslandsaufenthalts von zurückgekehrten Austauschstudierenden kann im Übrigen
auch genutzt werden und auf die Situation des Fremdsprachenunterrichts in ihren
Heimatländern zurückwirken: Bei entsprechender Vorbereitung und Entlastung
durch die Lehrkraft können ehemalige Austauschstudierende als MittlerInnen für
ihre KommilitonInnen die Rolle übernehmen, anschlussfähige neue Informationen
695
über das Land der Zielsprache zielgruppenadäquat zu vermitteln und so auch andere
Studierende zu einem Auslandsstudium zu motivieren (vgl. 269).
Die Ergebnisse der Nationenbilderforschung regen des Weiteren auch die Lehrkraft
zur Reflexion an. In allen drei Studien wurde deutlich, dass der Persönlichkeit und
dem Verhalten der deutschsprachigen, also ausländischen Lehrkraft selbst ein gro-
ßer Stellenwert bei der Ausrichtung der Deutschlandbilder der Studierenden zu-
kommt – insbesondere vermutlich in Ländern, die kulturhistorisch weit vom Ziel-
sprachenland entfernt sind und in denen die Studierenden oftmals erst an der Uni-
versität in persönlichen Kontakt mit VertreterInnen des Zielsprachenlandes kom-
men (vgl. Grünewald 2005: 261–263; Sato-Prinz 2017: 98–100, 161–162; Zhang
2019: 311). So geben die Ergebnisse Aufschluss über Erwartungen, die die Studie-
renden den Lehrkräften entgegenbringen und regen auf diese Weise zur Reflexion
des eigenen Verhaltens an – etwa über die in diesen Studien von ProbandInnen
häufiger festgestellte Unpünktlichkeit von Lehrkräften, die im Kontrast steht zu
dem im kollektiven Bildarchiv stark präsenten und sehr positiv konnotierten Pünkt-
lichkeitsverhalten von Deutschen.
Nicht nur das eigene Verhalten kann reflektiert werden, sondern auch die Gestal-
tung des Unterrichts an sich. Abgesehen von der Frage, welche Deutschlandbilder
die Lehrkraft durch die Auswahl der Lehr- und Lernmaterialien transportieren
möchte, können dabei auch die Studierenden selbst in den Fokus genommen wer-
den. Denn je nach Einstellungsprofil (vgl. Zhang 2019) oder auch Vorerfahrung mit
Deutschland (vgl. Sato-Prinz 2017), von den individuellen Unterschieden abgese-
hen, ist es naheliegend, dass Studierende mit unterschiedlichen Bildcharakteristika
und damit Lernvoraussetzungen am Unterricht teilnehmen, auf die die Lehrkraft
eingehen sollte, etwa durch die Bereitstellung von binnendifferenzierten Materia-
lien, die den jeweiligen Charakteren und Besonderheiten der Lernenden entspre-
chen. Die Zuordnung zu möglichen Gruppen könnte mit einer auf Schlüsselbegriffe
reduzierten Fragensammlung bzw. Eigenschaftenliste sowie Selbsteinschätzungen
erfolgen.
Und nicht unerwähnt bleiben soll schließlich, dass die Thematisierung von Natio-
nenbildern, den eigenen Fremdbildern, aber auch den Fremdbildern anderer über
die eigenen Kulturen, Spaß machen kann und darf und zur Selbstironie einladen
sollte, gerade wenn durch ein vielfältiges, theoretisch fundiertes und reflektiertes
Vorgehen die Grundlagen für einen kompetenten Umgang mit stereotypen Wahr-
nehmungsmustern gelegt wurden.
696
7 Schluss
Das Ziel des Beitrags war, anhand einer Zusammenfassung und eines Vergleichs
von neueren Arbeiten zu Deutschlandbildern in einem bestimmten regionalen Kon-
text, in diesem Fall dem ostasiatischen, zu zeigen, dass bei allen Unterschieden in
der konkreten Zielsetzung und dem gewählten methodischen Vorgehen sehr inte-
ressante Überschneidungen und Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede festzu-
stellen sind. Die reflektierte Kombination verschiedener Methoden der unnötiger-
weise oft oppositionell dargestellten methodologischen Pole kann, wie gezeigt, zu
validen und schlüssigen Resultaten sowie konkreten Vorschlägen zur Verbesserung
der kultur- und landeskundespezifischen Lehr- und Lerninhalte führen. Es bleibt
deshalb zu hoffen, dass die Relevanz dieses Forschungsbereichs verdeutlicht wer-
den konnte und dass künftig mehr Ressourcen in umfangreichere Untersuchungen
investiert werden, als es bei Qualifizierungsarbeiten gemeinhin möglich ist. Die in
den letzten 15 Jahren zu beobachtende Verengung der Landeskunde/Kulturstudien
auf die beiden Konzepte Erinnerungskulturen und Kulturelle Deutungsmuster so-
wie die bisher darin implizierten methodischen Begrenzungen sollten – auch wegen
ihrer bisher nur begrenzten Umsetzung in Lehrmaterialien und die Praxis für weit-
gehend alle Niveaustufen – wieder aufgelöst und um den Aspekt der Nationen- bzw.
Deutschlandbilderforschung erweitert werden. Insgesamt sollte das Ziel darin be-
stehen, die verschiedenen, bisher meist als disparat betrachteten Entwicklungs-
stränge der deutschlandbilderspezifischen Einstellungsforschung, die sich vor al-
lem in unterschiedlichen methodischen Zugängen manifestieren, stärker zusam-
menzuführen und aufeinander zu beziehen – seien sie interpretativ-interaktionis-
tisch, analytisch-nomologisch oder unter Verwendung beider Verfahren angelegt.
Letzteres wird von uns als der in der Regel sinnvollste Zugang betrachtet, weil er
sowohl durch Triangulation als auch durch Verfahren der Vertiefung zu den ertrag-
reichsten Ergebnissen zu führen scheint.
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Kurzbio:
Dr. Matthias Grünewald: Specially Appointed Associate Professor an der Universität Hokkaido. Dip-
lomsoziologe, M. A. und Dr. phil. für Deutsch als Fremdsprache an der Universität Bielefeld. Tätigkeiten
in Deutschland und Japan als Soziologe und Lehrkraft für Deutsch und Germanistik. Forschungsschwer-
punkte in DaF in Landeskunde/Interkulturellem Lernen, Fremd- und Zweitsprachenerwerbsforschung,
Angewandte Linguistik, Didaktik/Methodik.
Dr. Manuela Sato-Prinz: DAAD-Lektorin an der Keio University sowie der DAAD-Außenstelle in
Tokyo. Studium (M. A., Dr. phil.) der Fächer Deutsch als Fremdsprache, Japanologie und Interkulturelle
Kommunikation an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mehrjährige Erfahrung in den Be-
reichen internationale Hochschulkooperationen, Studierendenmobilität und Studiengangsentwicklung.
Dr. Ningjie Zhang: Dozentin am Deutschinstitut der Fremdsprachenuniversität Sichuan (SISU) in China
und derzeit tätig an dem dortigen Zentrum für Deutschlandstudien. M. A. für Germanistik an der SISU,
Promotion im Fach Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an der Universität Duisburg-Essen.
Anschrift:
Matthias Grünewald
Universität Hokkaido, Sapporo
Graduate School of Letters
Kita 10 Nishi 7, Kita-ku,
060-0810 Sapporo, Hokkaido
Japan
gruenewald@let.hokudai.ac.jp
Manuela Sato-Prinz
Keio University, Tokyo
Faculty of Letters / Dep. German Literature
Mita 2-15-45, Minato-ku
108-8345 Tokyo
Japan
m.sato.prinz@gmail.com
Ningjie Zhang
Sichuan International Studies University
Department of German
Zhuangzhilu 33, Shapingba
400031 Chongqing
VR China
ningjiezhangsh@gmail.com