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SCHNEIDWERKZEUG- UND SCHLEIFTECHNIK
Die Fachzeitschrift des Fachverbandes der Präzisionswerkzeugmechaniker und seiner Partnerverbände
Anwenderbericht
„Der Server muss weg!“
Aus- und Weiterbildung
Ein Jahr Präzisionswerkzeug-
mechaniker
Forschung & Entwicklung
Integrierte Schneidkanten-
präparation
INKLUSIVE
KOMPETENZFÜHRER
WERKZEUGSCHLEIFEN
33. Jahrgang, März 2020
ISSN 2191-1347
ZK Z 1974 8
GrindTec
Spezial
MESSESONDERAUSGABE
GRINDTEC 2020
!
NEUER TERMIN
GrindTec 2020
10.11. –
13.11.20
FORUM SONDERAUSGABE 2020
INTEGRIERTE SCHNEID-
KANTENPRÄPARATION AUF
WERKZEUGSCHLEIFMASCHINEN
DURCH [TOOL]PREP
Abstract:
Die Schneidkantenpräparation an Zerspa-
nungswerkzeugen ist bereits in vielen in-
dustriellen Fertigungsabläufen etabliert.
Insbesondere die Verfahren Strahlspanen,
Gleitschleifen und Bürsten kommen hier-
für zum Einsatz. Die bisherigen Nachteile
der etablierten Präparationsverfahren erge-
ben sich durch erhöhte Investitionskosten
und separate Maschinensysteme, einer
komplexen Prozessentwicklung sowie vor
allem durch die erhöhten Handhabungs-
kosten aufgrund der Durchführung der Prä-
paration auf separaten Maschinensystemen.
Bisherige Lösungsansätze zur Integration
der Schneidkantenpräparation auf Werk-
zeugschleifmaschinen haben sich aufgrund
einer komplexen Prozessführung und un-
zureichender Flexibilität nicht durchsetzen
können. [Tool]Prep ist hingegen ein Ver-
fahren, welches sich universell mit gerin-
gem Programmieraufwand auf nahezu
jeder Werkzeugschleifmaschine einsetzen
lässt und reproduzierbare Ergebnisse lie-
fert. Im Rahmen des Beitrags wird das Ver-
fahren erläutert und am Beispiel der Präpa-
ration von geschlienen als auch nach-
geschlienen Werkzeugen dargestellt sowie
Ergebnisse aus Einsatzversuchen von mit
[Tool]Prep präparierten Einlippentieohr-
werkzeugen aufgezeigt.
Einleitung:
Ausgangspunkt für die Herstellung von
Zerspanungswerkzeugen stellen häufig
gesinterte Vollhartmetallrohlinge dar. Bei
konventionellen Schawerkzeugen ist der
Rohling in der Regel ein Rundstab. Die
Werkzeugrohlinge durchlaufen nach dem
Sintern eine komplexe Herstellungskette,
die aus unterschiedlichen einzelnen Pro-
zessen besteht, die teilweise zusätzliche
oder ergänzende Maschinen benötigen.
Die zum aktuellen Zeitpunkt meist ver-
wendete Prozesskette ist in Abbildung 1
dargestellt.
Durch die Schleiearbeitung erfolgt die
größte Wertschöpfung bei der Herstellung
von Zerspanungswerkzeugen, bei der
gleichzeitig die Makrogestalt des Werk-
zeuges erzeugt wird. Im Anschluss kann
dieses durch eine gezielte Präparation der
Schneidkante hinsichtlich der Leistungsfä-
higkeit signikant verbessert werden [2, 7].
Vor allem die mechanischen Verfahren, wie
das Strahlspanen, das Schleppschleifen und
das Bürsten, haben sich im industriellen
Umfeld etabliert. Meist ist zur Erfüllung
höchster Leistungsfähigkeiten ein Kom-
promiss zwischen der Wirtschalichkeit des
Präparationsverfahrens und der maximal
möglichen Verbesserung des Einsatzver-
haltens erforderlich. Aus Kostensicht stellen
bei den etablierten Verfahren, welche meist
auf externen Maschinen erfolgen und ma-
nueller bzw. teilautomatisierter Natur sind,
die Beschaung eines separaten Maschi-
nensystems sowie durch das meist erfor-
derliche Werkzeughandling beachtliche
Kostentreiber dar. Diese lassen sich nur
selten ezient und mit ausreichendem
Amortisierungsgrad auf die Herstellungs-
kosten umlegen. Auch Ansätze zum auto-
matischen Be- und Entladen der externen
Präparationsmaschinen durch Roboter sind
möglich, aber meist aufgrund kleiner Char-
Abbildung 1: Prozessfolgen in der Herstellungskette von VHM-Werkzeugen (nach [5])
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FORSCHUNG & ENTWICKLUNG FORUM SONDERAUSGABE 2020
gen und hoher Variantenvielfalt nicht wirt-
schalich umsetzbar. Somit ergeben sich ins-
besondere für kleine und mittelständige
Unternehmen wirtschaliche Herausforde-
rungen, die die Integration einer Schneid-
kantenpräparation verhindern.
Motiviert durch diese Tatsache ist am
In
s-
titut für Spanende Fertigung (ISF) ein
Ver-
fahren entwickelt worden, welches als
Alternative zu den oben beschriebenen
Prozessen eingesetzt werden kann. Das als
[Tool]Prep bezeichnete Verfahren ist ein
Schneidkantenpräparationsprozess, wel-
cher sich exibel in unterschiedliche Werk-
zeugschleifmaschinen integrieren lässt und
so
mit ezient in bestehende Prozessket-
ten aufgenommen werden kann. [Tool]Prep
wird im Folgenden vorgestellt und Präpa-
rationsergebnisse anhand von Neuwerkzeu-
gen und teilbeschichteten Nachschleifwerk-
zeugen präsentiert. Zum Abschluss wird das
Einsatzverhalten von Einlippenbohrern in
Vergütungsstahl vorgestellt. Hierbei erfolgt
ein Vergleich von drei Werkzeugvarianten.
Die Schneidkantenpräparation erfolgt durch
[Tool]Prep sowie das robotergestützte Nass
-
strahlspanen. Ergänzend erfolgten Versuche
mit einer Variante ohne Schneidkantenprä-
paration, um insbesondere das Potential des
neuen Verfahrens am Beispiel der schwie-
rig zu präparierenden Einlippentieohr-
werkzeuge aufzuzeigen.
Verfahrensentwicklung durch
integrierte Schneidkantenpräparation
auf Werkzeugschleifmaschinen
Die vorliegenden Untersuchungen zur in-
tegrierten Schneidkantenpräparation mit-
tels [Tool]Prep erfolgten auf einer Werk-
zeugschleifmaschine der Firma Alfred H.
Schütte GmbH & Co. KG Typ 305 micro.
Die hohe Flexibilität, einfache Program-
mierung und Universalität des Verfahrens
ermöglicht jedoch eine einfache Integra-
tion in andere Werkzeugschleifmaschinen,
ohne einen nennenswerten Investitionsauf-
wand zu generieren.
Die Untersuchungen von Biermann et al. [1],
Brodbeck [4] und Egen [6] haben gezeigt,
dass durch die Bearbeitung von und mit
elastischen Schleifscheibenbelägen eine
Präparation der Schneidkante möglich ist.
Bei der von Biermann et. al [1] und Egen [6]
untersuchten Verwendung von Polierschleif-
scheiben zur Beeinussung der Schneid-
kantenverrundung ist vor allem die Kom-
plexität des Verfahrens und die zum Teil
mangelnde Reproduzierbarkeit der Präpa-
ration als Nachteil zu nennen. Des Weite-
ren besteht die Gefahr einer irreparablen
Schädigung des Schleifscheibenbelags bei
einer un zureichend genauen Detektion der
Schneidkante des Zerspanungswerkzeuges.
Im Gegensatz dazu präsentiert Brodbeck [4]
in seinen Untersuchungen einen Ansatz, bei
dem durch die Zerspanung eines elastisch
gebundenen Abrasivkörpers eine Verrun-
dung der Werkzeugschneide erzielt wird.
Allerdings kommt es prozessbedingt zu
einer starken Verrundung der Schneiden-
ecke am Werkzeug, die in Abhängigkeit
vom Anwendungsfall als nachteilig für das
Einsatzverhalten des Zerspanungswerk-
zeugs gesehen werden kann. Des Weiteren
besteht die Notwendigkeit einer kontinuier-
lichen Neukonditionierung des Abrasiv-
körpers und somit einer inezienten Aus-
nutzung des elastisch gebundenen Abrasiv-
belags. Bedingt durch die Restriktionen der
bisherigen Verfahren erfolgte am ISF eine
Prozessentwicklung mit dem Ziel eines
exibel zu integrierenden Schneidkanten-
prä
parationsprozesses von Schawerkzeu-
gen
mittels kostenezienter Zerspanung
von
elastisch gebundenen Abrasivkörpern.
Weitere Anforderungen bestehen in der Ein-
setzbarkeit des Verfahrens, auch für nach-
geschliene und teilbeschichtete Scha-
werkzeuge.
Erreicht wird dies durch die Implemen-
tierung eines austauschbaren Wechselele-
ments innerhalb eines Schleifdorns (siehe
Abbildung 2). Durch die Zerspanung des
im Wechselelement enthaltenen Abrasiv-
körpers wird ein gezielter Materialabtrag
der im Zerspanungsprozess in Kontakt
stehenden Werkzeugschneiden erreicht,
die in einer Verrundung der Schneidkante
resul
tiert. Durch die Anpassung des Abra-
sivkörperdurchmessers ist eine Abstim-
mung
an den zu bearbeitenden Werkzeug-
durchmessers unproblematisch möglich.
Des Weiteren kann die Präparation sowohl
Abbildung 2: Integration der Werkzeugpräparation auf Werkzeugschleifmaschinen durch [Tool]Prep
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FORUM SONDERAUSGABE 2020
mit Verrundung der Schneidenecke als auch
ohne, je nach individuellem Wunsch, ermög-
licht werden. Die nachfolgende Abbildung 2
zeigt den Präparationsprozess am Beispiel
eines Einlippentieohrwerkzeugs sowie die
geplanten Varianten.
Zur Integration des Präparationsverfahrens
in bestehende Prozessketten wurde eine
Funktionalisierung der Schleifscheibenauf-
nahme bzw. des Schleifdorns vorgenommen.
Bisher eingesetzte Schleifscheibenaufnah-
men weisen keinerlei Funktionselemente
im Bereich des Dorns auf. Eine massive
Ausführung des Dorns ist in den meisten
Fällen nicht erforderlich. Das Wechselele-
ment wird in dem Schleifdorn montiert
und kann somit für eine prozessnahe Prä-
paration verwendet werden. Das entwickel-
te Verfahren bietet dadurch eine günstige
Situation, um direkt im Anschluss an die
Herstellung des Stirnanschlies die Schneid-
kantenpräparation durchzuführen. Bedingt
durch die genauere Abstimmung des Stab-
durchmessers an den Werkzeugdurch-
mes
ser erfolgt die Präparation nahezu aus-
schließlich im Bereich der Schneidkanten.
Die bereits bei anderen Schneidkanten-
präparationsverfahren festgestellte über-
mäßige Verrundung der Schneidenecke und
der Nebenschneiden wird durch diese Maß-
nahme vermieden.
Aus Abbildung 3 sind Ergebnisse zur
Schneidkantenpräparation mittels [Tool]
Prep zu entnehmen. Im Rahmen der Un-
tersuchungen wurden iterative Versuche
durchgeführt, um ein geeignetes Prozess-
wissen aufzubauen. Resultierend hieraus
ergaben sich die im Folgenden dargestellten
zielführenden Prozessparameter, die u. a.
einen im Vergleich zur Verrundungsgröße
verhältnismäßig großen Vorschub von f =
80 µm beinhalten.
Wie in Abbildung 3 zu erkennen, ist eine
Präparation mittels [Tool]Prep ohne wei-
teres möglich. Im schlischarfen Initial-
zustand wiesen die Werkzeugschneiden
erhebliche Defekte auf und eine mittlere
Schneidkantenverundung von S
¯ ≈ 4 …7 µm.
Wie anhand der rasterelektronenmikros-
kopischen (REM) Aufnahmen zu erkennen
ist, lässt sich durch den Präparationspro-
zess eine homogene Schneidkante herstel-
len. Die Schneidkantenausbrüche im ge-
schlienen Zustand verursachen eine hohe
Kantenschartigkeit, die sich sowohl beim
nachfolgenden Beschichten als auch bei
dem späteren Einsatz als ungünstig erweist.
Die Auswertung der Schneidkanten der In-
nen- und Außenschneide im unbeschichte-
ten Zustand zeigen, dass es hinsichtlich der
Schneidkantenverrundung zu
Unterschie-
den kommt. Ursächlich sind hier
für unter-
schiedliche Wirkmechanismen. Zum einen
liegen, wie bei allen Bohrverfahren mit
Vollbohrwerkzeugen, unterschiedliche
Schnittgeschwindigkeitsver hältnisse ent-
lang der Außen- und der Innenschneide
vor. Als Begründung hierfür lässt sich das
elastische Verformungsverhalten heranzie-
hen, welches insbesondere durch den typi-
schen Bohrungsgrund von Einlippentief-
bohrwerkzeugen verstärkt wird. Dies führt
zu veränderten Abtrags- und Zerspanungs-
mechanismen und resultiert in einem vari-
ierenden Abtrag an den Schneidkanten.
Abbildung 3: Ergebnisse der Schneidkantenpräparation mittels [Tool]Prep
Abbildung 4: Einuss der Schneidkantenpräparation mittels [Tool]Prep auf nachgeschliene und teilbeschichtete Schaftwerkzeuge
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FORSCHUNG & ENTWICKLUNG FORUM SONDERAUSGABE 2020
Schneidkantenpräparation nachgeschlif-
fener und teilbeschichteter Schawerk-
zeuge mittels [Tool]Prep
Neben der Schneidkantenpräparation an
neuen Tieohrwerkzeugen stellt insbeson-
dere die gezielte Einstellung der Schneid-
kantenverrundung bei nachgeschlienen
und somit teilbeschichteten Werkzeugen
einen besonderen Stellenwert dar. Diese
Notwendigkeit wird durch den Anspruch
einer ressourcenezienten Verwendung
von Vollhartmetallwerkzeugen und bis-
her
nicht umsetzbarer Optimierungsmaß-
nahmen an nachgeschlienen Werkzeugen
bestärkt. Auch für diesen Anwendungsfall
konnte [Tool]Prep validiert werden (siehe
Abbildung 4).
Im Vergleich zu unbeschichteten Neu-
werkzeugen weisen die nachgeschlienen
Werk
zeuge im unpräparierten Zustand be-
reits eine deutlich größere Verrundung der
Schneidkante auf. Aufgrund der Teilbe-
schichtung angrenzender Funktionsächen
(Spanäche) kommt es nahe der Schneid-
kante zu Abplatzungen der Beschichtung
und somit zu messbaren Defekten an der
Schneidkante. Zur zusätzlichen Analyse und
Auswertung der Schneidenqualität werden
weitere rasterelektronenmikroskopische Auf-
nahmen herangezogen (siehe Abbildung 5).
Diese verdeutlichen, dass der Unterschied
der Schneidkantenverrundung qualitativ
deutlich größer ausfällt als dies durch die
Messergebnisse der Streifenlichtmikrosko-
pie verdeutlicht wird. Diese Diskrepanz ist
auf die unterschiedliche Belichtung der
Flächen und die daraus resultierende Über-
belichtung der Schneidkante zurückzufüh-
ren. Bedingt durch diese Erkenntnis ist da-
von auszugehen, dass die Ergebnisse der
Schneidkantenverrundung nach dem Nach-
schleifen nicht valide sind, da die Schneid-
kante bei qualitativer Betrachtung einen
deutlich schärferen Eindruck vermittelt.
Durch die Schneidkantenpräparation mit
[Tool]Prep werden die Schichtdefekte ent-
fernt, und es bildet sich auch beim nach-
geschlienen Werkzeug eine homogene
Schneidkante aus (siehe Abbildung 5). Auf
Basis dieser Erkenntnisse lässt sich die
Qualität der Schneidkante nach der Präpa-
ration durch [Tool]Prep als günstiger ge-
genüber unpräparierten Werkzeugen be-
schreiben. Die REM-Aufnahmen zeigen,
dass bedingt durch das Aufmaß von dAuf =
0,4 mm eine Beeinussung der Schneiden-
ecke des Tieohrwerkzeuges resultiert und
diese verrundet wird. Insgesamt werden die
durch das Nachschleifen bedingten Schicht-
defekte eliminiert und die bereits vorher
beschädigte Beschichtung abgetragen. Die-
ser Eekt ist aufgrund der längeren und
konstanten Eingrissituation an der Ne-
benschneide deutlich stärker ausgeprägt als
an der Außen- und Innenschneide. An die-
sen beiden Schneidteilen ist die Beeinus-
sung des Schichtabtrags durch das ver-
wendete Verfahren als gering einzustufen.
Die Abrasivwirkung der in den elastischen
Abrasivkörper eingebetteten SiC-Partikel
resultieren in einem Schichtabtrag an den
Schneidkanten von ca. 5 µm. Somit liegt
dieser deutlich unterhalb der Spanungs-
dicke regulärer Tieohrprozesse mit die-
sem Durchmesser. Analog zu den Ergeb-
nissen an Werkzeugen im Neuzustand zeigt
sich auch bei den teilbeschichteten Werk-
zeugen, dass an der Innenschneide ein ver-
minderter Materialabtrag stattndet. Dies
ist plausibel, da sich an der verwendeten
Kinematik keinerlei Änderung ergeben hat.
Neben der Möglichkeit des direkten Einsat-
zes solch präparierter Werkzeuge ergeben
sich auch bei eventuell erforderlichen Nach-
beschichtungsprozessen ohne vorherige
Entschichtung bedeutende Vorteile hin-
sichtlich der Schneidenqualität.
Die Untersuchungen zeigen zusätzlich, dass
es durch dieses Verfahren möglich ist, eine
Schneidkantenpräparation an teilbeschich-
teten Werkzeugen durchzuführen. Die Er-
gebnisse, insbesondere der nachgeschlie-
nen Werkzeuge, zeigen, dass aufgrund der
resultierenden Beeinussung der Neben-
schneide und der Schneidenecke Anpas-
sungen des Prozesses notwendig sind. Diese
Maßnahmen sind durch eine genauere Ab-
stimmung des zu zerspanenden Stabdurch-
messers möglich. Im Rahmen von nach-
folgenden Einsatzversuchen ist zu klären,
Abbildung 5: Gegenüberstellung der Schneidenqualität nachgeschliener Werkzeuge im schlischarfen und präparierten Zustand
mittels [Tool]Prep
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FORUM SONDERAUSGABE 2020
welchen Einuss eine ungleichmäßige Ver-
rundung der Innen- und Außenschneide
auf das Einsatzverhalten hat.
Einsatzvalidierung präparierter
Einlippentieohrwerkzeuge
Zur Einsatzvalidierung von [Tool]Prep er-
folgen Tieohruntersuchungen im Ver-
gütungsstahl 50CrMo4. Hierfür wurden
Werkzeuge ohne Schneidkantenpräparation
(ohne SKP) mit Werkzeugen verglichen,
die sowohl durch das konventionelle Nass-
strahlspanen als auch durch [Tool]Prep
präpariert wurden. Zur Bewertung des Ein-
satzverhaltens der Werkzeuge erfolgt eine
Gegenüberstellung der Prozesskräe, der
Bohrungsgüte, der Spanbildung als auch
des Verschleißverhaltens.
Hinsichtlich der ermittelten mechanischen
Belastungen ergeben sich nur gering -
fügige Unterschiede (Abbildung 6). Alle
Werkzeuge liegen auf einem vergleich-
baren
Niveau. Auällig ist jedoch, dass mit
fortschreitendem Bohrweg lf die mecha-
nischen Belastungen der unpräparierten
Werkzeuge einen linearen Anstieg aufwei-
sen. Dies lässt sich durch den an der Innen-
schneide resultierenden Kerbverschleiß be-
gründen, welcher sich möglicherweise auf
die fehlende Schneidenstabilität oder sich
verklemmende Späne zurückführen lässt.
Bei den präparierten Werkzeugen zeigt sich
hingegen, dass es ab einem Bohrweg lf =
10 m zu einer Reduzierung der mechani-
schen Belastungen kommt. Hinsichtlich
der
ermittelten Bohrmomente MB bleiben
alle Werkzeuge auf einem vergleichbaren
Niveau, weshalb hier kein eindeutiger Trend
in Bezug auf die Schneideneckenverrun-
dung getroen werden kann. Zur Beschrei-
bung und Analyse des Verschleißverhaltens
erfolgt daher eine separate Betrachtung der
Verschleißerscheinungen an der Schneiden
-
ecke, bei der gleichzeitig die erzeugten Boh-
rungsgüten berücksichtigt werden.
Die Schneidenecke ist zusammen mit der
Führungsleiste maßgeblich für die erzeug-
bare Bohrungsgüte von Relevanz. Daher
erfolgt im Folgenden eine Gegenüberstel-
lung der unterschiedlich präparierten Tief-
bohrwerkzeuge in Bezug auf die erzeug-
baren Bohrungsgüten (siehe Abbildung 7).
Es ist ersichtlich, dass hinsichtlich der er-
zeugbaren Bohrungsgüte ebenfalls nur ge-
ringfügige Unterschiede feststellbar sind.
Lediglich das unpräparierte Werkzeug fällt
durch eine erhöhte gemittelte Rautiefe Rz
auf. Bei den übrigen Kennwerten verhalten
sich die Werkzeuge nahezu identisch, wes-
halb sich keine eindeutige Tendenz oder
Empfehlung ableiten lässt. Die Versuche der
unpräparierten, schlischarfen Werkzeuge
müssen bereits vor der Häle der Stand-
zeituntersuchungen abgebrochen werden.
Ursächlich hierfür ist das bereits zuvor be-
schriebene Verschleißverhalten durch einen
Kerbverschleiß an der Innenschneide des
Tieohrwerkzeuges. Bedingt durch diesen
Ausbruch an der Innenschneide ist auch
die hohe maximale Verschleißmarkenbreite
VBmax zu erklären. Die Auswertung des
Verschleißverhaltens an der Schneidenecke
zeigt hingegen, dass die Schneidenecken-
verrundung nur einen geringeren Einuss
auf die Bohrungsgüte hat. Ersichtlich ist
dies daran, dass der Schneideneckenver-
schleiß bei den an der Schneidkante prä-
parierten Werkzeugen deutlich größer ist,
aber dennoch bessere Oberächengüten er-
zeugt werden. Die insgesamt als sehr gute
Oberächen zu beschreibenden Rauheits-
kennwerte der erzeugten Bohrungen wer-
den daher oenbar hauptsächlich durch
Abbildung 6: Einuss der Schneidkantenpräparation auf die mechanischen Werkzeugbelastungen
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FORSCHUNG & ENTWICKLUNG FORUM SONDERAUSGABE 2020
die zusätzlich beeinusste Verrundung des
Übergangs zwischen Stirn- und Umfangs-
äche beeinusst [3]. Aufgrund der Aus-
führung als VHM-Werkzeug lassen sich
durch alle verwendeten Varianten sehr ge-
ringe Mittenverläufe feststellen. Die Boh-
rungsrundheit Tk und die Durchmesser-
abweichung Δd liegen ebenfalls in sehr
guten Bereichen. Auf Basis der gewonnenen
Erkenntnisse lassen sich diese nach dem
ISO-Toleranzsystem den Klassen IT 6…8
zuordnen.
Neben der Analyse der Bohrungsgüte er-
folgten zur Bewertung der Beeinussung
des Prozessverhaltens zusätzliche Untersu-
chungen der Spanbildung und des Span-
und Freiächenverschleißes sowie der Auf-
bauschneidenbildung. Die Auswertungen
in Abbildung 8 zeigen, dass sich ein gering-
fügiger Unterschied hinsichtlich der Span-
bildung bei den präparierten Werkzeugen
ergibt.
Insgesamt lassen sich die erzeugten Späne
jedoch als unkritisch bewerten, da es in
den meisten Fällen kurze Bruchspäne sind.
Lediglich bei einem Bohrweg lf = 20 m tre-
ten bei dem durch [Tool]Prep präparierten
Werkzeug vereinzelte längere Späne auf.
Dies kann durch die Änderung des eek-
tiven Spanwinkels begründet werden, da
auch die Auauschneidenbildung bei die-
sem Standweg zunimmt. Daher ist in die-
sem Fall davon auszugehen, dass es sich um
einen Einuss der sich zyklisch entwickeln-
den und abbrechenden Auauschneide
handelt.
Abbildung 7: Beeinussung der Bohrungsgüte in Bezug auf die Schneidkantenpräparation
Abbildung 8: Beeinussung der Spanbildung und des Verschleißverhaltens durch die Schneidkantenpräparation
128
FORUM SONDERAUSGABE 2020
Zusammenfassung
Das übergeordnete Ziel der vorgestellten
Untersuchungen war die Entwicklung eines
Verfahrens zur kostenezienten Schneid-
kantenpräparation für Schawerkzeuge auf
Werkzeugschleifmaschinen. Es konnte ge-
zeigt werden, dass durch die Zerspanung
eines elastisch gebundenen Abrasivkörpers
eine reproduzierbare Schneidkantenpräpa-
ration erfolgt und durch die Abstimmung
des Abrasivkörpers auf den Werkzeugdurch-
messer eine Verrundung der Schneiden ecke
der Werkzeuge vermeidbar ist. Des Weiteren
konnte erfolgreich die Präparation teilbe-
schichteter bzw. nachgeschliener Werk-
zeuge durch das neu entwickelte Verfahren
nachgewiesen werden. Die Einsatzversuche
am Beispiel von Einlippentieohrwerkzeu-
gen haben gezeigt, dass durch die Verwen-
dung von [Tool]Prep eine deutliche Leis-
tungssteigerung im Vergleich zu unpräpa-
rierten Werkzeugen erzielt wird. Anhand
des Vergleiches zu den konventionell nass-
strahlgespanten Werkzeugen konnten nur
marginale Unterschiede der Leistungs-
fähigkeit der Einlippentieohrwerkzeuge
erkannt werden. Aufgrund deutlich gerin-
gerer Anschaungs- und Betriebskosten
sowie der einfachen Prozessführung und
exiblen Integration in verschiedene Werk-
zeugschleifmaschinen beweist das [Tool]
Prep-Verfahren ein hohes Potenzial und
bietet vor allem kleinen und mittelständi-
gen Unternehmen erstmals die Möglichkeit
einer äußerst kostenezienten Schneid-
kantenpräparation.
Anmerkung
Das vorgestellte Verfahren sowie der Proto-
typ zur Implementierung in Werkzeug-
schleifmaschinen und weitere interessante
emen zum Schleifen und der Werkzeug-
präparation kann am Stand des Instituts
für Spanende Fertigung (ISF) der Tech-
nischen Universität Dortmund in Halle 1C,
Stand 1908, kennengelernt werden. Gerne
laden
wir Sie auch zum Besuch des Vortra-
ges im GrindTec-Forum oder der Webseite
www.tool-prep.com ein.
AUTOREN
Dipl.-Ing. Timo Bathe
Alexander Ott M.Sc.
Prof. Dr.-Ing. Prof. h.c. Dirk Biermann
[1] Biermann, D.; Wolf, M.; A ßmuth R.; Kipp M.: Der letzte Schliff
formt die Mikrogestalt. Neue Potenziale in der Schneidkanten-
präparation mittels elastisch gebundener Diamantschleifscheiben.
FORUM Schneidwerkzeug- und Schleiftechnik, 26 (2013) 2, S. 76–83
[2] Biermann, D.; A ßmuth, R.; Wolf, M.: Tiefbohren mit präparier ten
Einlippenbohrern. WB Werkstatt + Betrieb, (2013) 12, S. 62–66
[3] Biermann, D.; Bathe, T.; Spaetling, F.: Gezielte Beeinflussung
der Werkzeuggestalt und Schichttopographie durch lokales Polier-
schleifen. Diamond Buisness, (2019) 4, S. 46–52
[4] Brodbeck, J.; Rothenaicher, S.; Biermann, D.; Heymann, T.;
Wolf, M.: Mit elastisch gebundenen Scheiben die Kanten verrunden.
Drillpolishen als neuartiges Kantenpräparationsverfahren.
WB Werkstat t + Betrieb, 147 (2014) 1/2, S. 84–87
[5] Byrne, G.; Dornfeld, D.; Denkena, B.: Advancing Cutting Techno-
logy. CIRP Annals - Manufacturing Technolog y, 52 (2003) 2,
S. 483–507. doi:10.1016/S0007-8506(07)60200-5
[6] Effgen, C.: Schneidkantenpräparation mit elastisch gebundenen
Schleifwerkzeugen. Dissertation. Produktionstechnische Berichte
aus dem FBK , 2018, Band 1, Kaiserslautern 2018
[7] Wolf, M.: Abstimmung der Präparationsprozesse in der Herstel-
lungskette von PVD-beschichteten Vollhartmetall-Wendelbohrern,
Technische Universität Dortmund 2019
LITERATUR
129
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