Das Wesen der Wahrheit als Un-wahrheit und Irre gerade erfordert, »braucht« den Menschen und sein Werk. »Das Menschenwesen ist der Wahrheit übereignet, weil die Wahrheit den Menschen braucht« (Ge 65). Der Mensch gehört nicht nur darum für Heidegger in ein Verhältnis zum Sein und seiner Wahrheit, weil er auch ein Seiendes — unter und neben allem anderen Seienden — ist, sondern in dem
... [Show full abstract] ausgezeichneten Sinne, daß das Geschehnis der Wahrheit des Seins nach dem Werk des Menschen als der Stätte seines epochalen Geschicks verlangt und niemals ohne diese Stätte und außerhalb ihrer zu denken ist. In das strenge Verhältnis von Seinsgeschichte und Weltgeschichte gehört der Mensch, da er das Werk aufzubringen hat, notwendig hinein als das »Dritte«, ohne das Seinsgeschichte und Weltgeschichte nicht in ihr »Verhältnis« gelangen, womit gleichzeitig das Wesen des Menschen ganz und gar aus dem Austrag dieses Verhältnisses, noch strenger gesagt: als der Austrag dieses Verhältnisses, bestimmt ist und von dem Verhältnis überhaupt nicht ablösbar gedacht werden kann. Der Mensch gehört also zentrai in dieses Verhältnis hinein, und zwar in doppelter Hinsicht, nämlich 1. mit seinem ganzen Wesen und 2. das ganze Verhältnis in seinem Wesen austragend. Wenn dem so ist, dann muß aber gerade sein Wesen und Werk zu der Stätte werden, wo sich die Wahrheit als Irre enthüllt und zugleich verhüllt und wo sich die Geschichte als Herrschaft des Irrtums qualifiziert. Das Werk (so z. B. der mitmenschlichen Ordnung durch die Leistung der Politik) als Repräsentation der Wahrheit = der Irre = der Un-Wahrheit — wie kann dies jetzt ganz nachvellzogen werden? Auf die Beantwortung dieser Frage gehen wir in diesem dritten Kapitel zu.