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TREFFPUNKT FORSCHUNG
ANTHROPOLOGIE
Jenaer Erklärung – Das Konzept der
Rasse ist das Ergebnis von Rassismus
und nicht dessen Voraussetzung
Anlässlich der 112. Jahrestagung der Deutschen Zoologischen Gesell-
schaft in Jena hat das Institut für Zoologie und Evolutionsforschung
der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine öffentliche Abendveranstal-
tung zum Thema „Jena, Haeckel und die Frage nach den Menschen-
rassen: wie Rassismus Rassen macht“ ausgerichtet. Die folgende,
gemeinsame Erklärung soll darüber informieren. Der Vorstand der
Deutschen Zoologischen Gesellschaft und der Präsident der Friedrich-
Schiller-Universität Jena unterstützen die Autoren in dem Bestreben
mit dieser Erklärung gegen scheinbar wissenschaftliche Rechtfertigun-
gen für Rassismus vorzugehen.
Die Idee der Existenz von Menschen-
rassen war von Anfang an mit einer
Bewertung dieser vermeintlichen
Rassen verknüpft, ja die Vorstellung
der unterschiedlichen Wertigkeit
von Menschengruppen ging der
vermeintlich wissenschaftlichen
Beschäftigung voraus. Die vorrangig
biologische Begründung von Men-
schengruppen als Rassen – etwa
aufgrund der Hautfarbe, Augen- oder
Schädelform – hat zur Verfolgung,
Versklavung und Ermordung von
Abermillionen von Menschen ge-
führt. Auch heute noch wird der
Begriff Rasse im Zusammenhang mit
menschlichen Gruppen vielfach
verwendet. Es gibt hierfür aber
keine biologische Begründung und
tatsächlich hat es diese auch nie
gegeben. Das Konzept der Rasse ist
das Ergebnis von Rassismus und
nicht dessen Voraussetzung.
Am 9. August 2019 jährte sich
der 100. Todestag des Jenaer Profes-
sors Ernst Haeckel, des „deutschen
Darwins“, wohl des bekanntesten
deutschen Zoologen und Evolutions-
biologen. Ernst Haeckel, der Be-
gründer der Stammesgeschichtsfor-
schung hat durch seine vermeintlich
wissenschaftliche Anordnung von
Menschen„rassen“ in einem „Stamm-
baum” in fataler Weise zu einem
angeblich wissenschaftlich begrün-
deten Rassismus beigetragen. Die
Stellung der einzelnen Gruppen
basierte auf willkürlich herausgegrif-
fenen Merkmalen wie Hautfarbe
oder Haarstruktur und deren Umset-
zung in eine stammesgeschichtliche
Sichtweise. Daraus wurde eine sozi-
ale Leserichtung mit angeblich bio-
logisch höher und tiefer stehenden
Menschengruppen.
Karl Astel, einer der führenden
nationalsozialistischen Rassenfor-
scher, ab 1933 Präsident des Thürin-
gischen Landesamtes für Rassewe-
sen in Weimar, Universitätsprofessor
und ab 1939 Kriegsrektor der Fried-
rich-Schiller-Universität Jena, war
überzeugt, „daß seit dem Weggang
von Ernst Haeckel die Zoologie und
damit die Biologie in Jena nicht
mehr in der Richtung und in der
Intensität an der Universität vertre-
ten wurde, die Haeckel begründete
und die für den Nationalsozialismus
von größter Bedeutung“ war. Die
Universität Jena sollte während der
Zeit des Nationalsozialismus „zu
einer rassisch einheitlich ausgerich-
teten SS-Universität“ ausgebaut wer-
den. Die von Astel immer wieder
hervorgehobene „rassische Aufbau-
arbeit“ und Berufungspolitik hatten
eine in dieser Form wohl einmalige
akademische und wissenschaftspoli-
tische Konstellation mit sukzessive
vier Professuren zur Rassenkunde
bewirkt. Das von Ernst Haeckel 1907
gegründete Phyletische Museum
sollte zudem unter Berufung auf ihn
zum „Thüringischen Landes- und
Volksmuseum für Lebenskunde,
Rassewesen und Stammesgeschichte“
werden. Auch aus diesen Gründen
trägt die Friedrich-Schiller-Universi-
tät eine besondere Verantwortung,
sich mit der Frage von Menschen-
rassen auseinanderzusetzen.
Trotz oder gerade wegen der
engen Verknüpfung zwischen Ras-
sismus und vermeintlich existieren-
den Rassen ist es Aufgabe der Wis-
senschaft und damit auch einer wis-
senschaftlichen Fachgesellschaft wie
der Deutschen Zoologischen Gesell-
schaft, nach einer möglichen Reali-
tät von Menschenrassen zu fragen.
Dabei geht es um die Frage, ob Ras-
sen im Generellen und Menschen-
rassen im Besonderen, eine biolo-
gische Realität sind, oder aber ob
es sich um reine Konstrukte des
menschlichen Geistes handelt. Für
den einflussreichen biologischen
Systematiker Ernst Mayr war die
Existenz von Menschenrassen ein
„biological fact“, zumindest vor der
Eroberung der Welt durch die Euro-
päer [1]. Die Begründung entspricht
der heute noch gängigsten Ansicht
über die Existenz von Rassen. Men-
schenrassen entsprechen in so vie-
len Kriterien den „geographischen
Rassen“ anderer Arten, dass eine
Alternative ihm nicht möglich er-
schien, wobei Mayr sich deutlich
gegen jeglichen Rassismus ausge-
sprochen hat.
Für geographische Rassen (oder
Unterarten) betont Mayr die in der
Biologie allgemein notwendige
„taxonomische Unterschiedlichkeit“
zwischen geographisch getrennten
Populationen einer Art. Der Begriff
Rasse ist damit irgendwo zwischen
dem Begriff der Population (die auf-
grund der real existierenden Fort-
pflanzungsgemeinschaft tatsächlich
einem Individuum der Wissen-
schaftsphilosophie entspricht) und
der Art angesiedelt. Heute wird diese
taxonomische Unterschiedlichkeit
überwiegend aus einer genetischen
Distanz bestimmt. Festzulegen, wel-
che taxonomische Unterschiedlich-
keit bzw. genetische Differenzierung
ausreichend wäre, um Rassen bzw.
Unterarten zu unterscheiden, ist
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TREFFPUNKT FORSCHUNG
aber rein willkürlich und macht
damit auch das Konzept von Ras-
sen/Unterarten in der Biologie zu
einem reinen Konstrukt des mensch-
lichen Geistes. Das heißt nicht, dass
es keine genetische Differenzierung
entlang eines geographischen Gradi-
enten geben kann, doch ist die taxo-
nomische Bewertung dieser Diffe-
renzierung (als Rasse oder Unterart
oder eben nicht) willkürlich. Umso
mehr trifft dies für den Menschen
zu, bei dem die größten genetischen
Unterschiede innerhalb einer Popu-
lation zu finden sind und nicht zwi-
schen den Populationen.
Dass es sich bei den Rassen von
Haustieren um etwas ganz Anderes
handelt, erkennt man schon an der
fehlenden geographischen Gliede-
rung. Haustierrassen sind ausschließ-
lich das Ergebnis menschlicher
Züchtung und nicht das Ergebnis
eines natürlichen, biologischen Pro-
zesses. Nur im Fall von Haustieren
ist tatsächlich die genetische Ähn-
lichkeit (Homogenität) innerhalb
einer Rasse größer als zwischen
Rassen. Das Englische verzichtet
hier auf den Begriff „race“ und
spricht von „breeds”, was dem Sach-
verhalt viel näherkommt, der Begriff
Züchtung wäre auch im Deutschen
eher angebracht.
Denkschemata des biologisch
begründeten Rassismus wie beispiels-
weise die Analogie zu Haustierrassen
haben dazu verführt anzunehmen,
mit gleichem Recht von Menschen-
rassen („human races“) sprechen zu
können. Das war oft verbunden mit
der Annahme, dass die Ähnlichkeit
innerhalb einer vermeintlichen Men-
schenrasse wesentlich höher sei als
zwischen diesen, weshalb eine Ab-
grenzung möglich sei – im Fall des
Menschen ein bitterer Trugschluss.
Die Einteilung der Menschen in
Rassen war und ist zuerst eine ge-
sellschaftliche und politische Typen-
bildung, gefolgt und unterstützt
durch eine anthropologische Kon-
struktion auf der Grundlage will-
kürlich gewählter Eigenschaften wie
Haar- und Hautfarbe. Diese Kon-
struktion diente und dient eben
dazu, offenen und latenten Rassis-
mus mit angeblichen natürlichen
Gegebenheiten zu begründen und
damit eine moralische Rechtferti-
gung zu schaffen.
Erst durch die wissenschaftliche
Erforschung der genetischen Vielfalt
der Menschen wurden die Rassen-
konzepte endgültig als typologische
Konstrukte entlarvt. Beim Menschen
besteht der mit Abstand größte Teil
der genetischen Unterschiede nicht
zwischen geographischen Popula-
tionen, sondern innerhalb solcher
Gruppen. Die höchste genetische
Vielfalt findet sich auch heute noch
bei Menschen auf dem afrikanischen
Kontinent. Dort liegen die Wurzeln
und die meisten Verzweigungen im
menschlichen Stammbaum. Auf einem
dieser Äste fallen die Menschen
Ostafrikas und alle Nicht-Afrikaner
ABB. 1 Zusammenfassung von genetischen Unterschieden von mehr als 1300 Europäern mit Hilfe einer Hauptkom-
ponenten-Analyse [2]. Das Herkunftsland aller vier Grosseltern des jeweiligen Individuums ist farbig hervorgehoben.
Man erkennt, dass die genetischen Unterschiede zwischen Europäern der Geographie des Kontinents entsprechen.
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TREFFPUNKT FORSCHUNG
zusammen. Menschen außerhalb
Afrikas sind somit näher verwandt
mit Menschen aus Ostafrika, wie
den Dinka aus dem Sudan, als diese
mit Menschen aus Südafrika, z. B.
mit den Khoisan. Aus stammesge-
schichtlicher Sicht sind somit alle
Menschen Afrikaner. Es ist deshalb
geradezu paradox von „dem Afrika-
ner“ zu sprechen oder aus welchem
Grund auch immer von „Schwarz-
afrikanern”. Hier handelt es sich um
ein Relikt kolonialer Sprache und
Denkens und es gilt wieder: Rassis-
mus macht Rassen. Die Hautfarbe
eines Khoisan aus Südafrika ist weni-
ger pigmentiert als die von Men-
schen, die in Südostasien oder in
Südamerika entlang des Äquators
leben. Hautfarbe spiegelt hauptsäch-
lich eine biologische Anpassung an
den Grad der Sonneneinstrahlung
wider und variiert dementsprechend
kontinuierlich mit der Strahlung s-
intensität auf der Erde.
Die vermeintlichen menschli-
chen Rassen gehen auch nicht auf
getrennte Evolutionslinien zurück
(einer anderen Vorstellung der Reali-
tät von Rassen, den sogenannten
kladistischen Rassen folgend). Der
anatomisch moderne Mensch ent-
stand vor über 250.000 Jahren in
Afrika, von dort verbreitete er sich
in kleinen Gruppen von Menschen
über die restliche Welt. Die Nicht-
Afrikaner zweigten sich vor ca.
60.000 Jahren von den Menschen
aus dem östlichen Afrika ab und
besiedelten einen Großteil der Welt.
Nicht-Afrikaner unterscheiden
sich von Menschen, die südlich der
Sahara wohnen vor allem in geneti-
schen Spuren, welche die Verbin-
dungen mit Neandertalern und Deni-
sovanern hinterlassen haben. Inter-
essanterweise wurde nun gerade
dieser genetische Beitrag unserer
nächsten ausgestorbenen Verwand-
ten, die vor nicht allzu langer Zeit
und unzutreffend als tumbe, Keulen
schwingende Vettern charakterisiert
wurden, von den „White Suprem-
acists“ in den USA verwendet, um
abgrenzend eine überlegene weiße
Rasse zu definieren. Allerdings ist
der Anteil an Genen von Neander-
talern und Denisovanern bei Ostasia-
ten und Gruppen in Ozeanien und
Australien messbar höher als bei
Europäern und eignet sich somit
denkbar schlecht, eine, dank Nean-
dertaler-Genen, „überlegene weiße
Rasse“ zu definieren. Die zahlrei-
chen und stets wiederkehrenden
Migrationen haben zudem schon
immer und lange vor den großen
Entdeckungs- und Eroberungsreisen
der Europäer zu Verbindungen
zwischen geographisch entfernten
Populationen geführt.
Anstelle von definierbaren Gren-
zen verlaufen zwischen menschli-
chen Gruppen genetische Gradien-
ten. Es gibt im menschlichen Genom
unter den 3,2 Milliarden Basenpaa-
ren keinen einzigen fixierten Unter-
schied, der zum Beispiel Afrikaner
von Nicht-Afrikanern trennt. Es
gibt – um es explizit zu sagen –
somit nicht nur kein einziges Gen,
welches „rassische“ Unterschiede
begründet, sondern noch nicht mal
ein einziges Basenpaar.
Äußere Merkmale wie die Haut-
farbe, die für die typologische Klas-
sifikation oder im alltäglichen Rassis-
mus verwendet werden, sind eine
höchst oberflächliche und leicht
wandelbare biologische Anpassung
an die jeweiligen örtlichen Gegeben-
heiten. Allein die Hautfarbe hat sich
im Lauf der Migrationen des Men-
schen immer wieder verändert und
ist dunkler und heller geworden je
nach lokaler Sonneneinstrahlung
oder Ernährungsweise. So waren die
Menschen Mitteleuropas bis vor
8000 Jahren noch stark pigmentiert
und erst mit Beginn der Landwirt-
schaft wanderten Menschen mit
hellerer Hautfarbe aus Anatolien ein.
Die stark pflanzenbasierte Kost der
frühen Ackerbauern bevorzugte
Individuen mit hellerer Haut, um im
dunklen Winter Europas genügend
Vitamin D in der Haut zu produzie-
ren. Die helle Hautfarbe der Men-
schen im nördlichen Europa ist jün-
ger als 5000 Jahre.
Die Verknüpfung von Merkma-
len wie der Hautfarbe mit Eigen-
schaften oder gar angeblich gene-
tisch fixierten Persönlichkeitsmerk-
malen und Verhaltensweisen, wie
sie in der Blütezeit des anthropolo-
gischen Rassismus verwendet wur-
den, ist inzwischen eindeutig wider-
legt. Diese Argumentation heute
noch als angeblich wissenschaftlich
zu verwenden, ist falsch und nieder-
trächtig. Es gibt auch keinen wissen-
schaftlich nachgewiesenen Zusam-
menhang zwischen Intelligenz und
geographischer Herkunft, aber einen
deutlichen mit sozialer Herkunft.
Auch hier schafft Rassismus in Form
von Ausgrenzung und Diskriminie-
rung die vermeintlichen Rassen.
Der Rassismus unter den Men-
schen besteht jedoch weiter. Ras-
senforschung, Rassenkunde und
Rassenhygiene bzw. Eugenik im
20. Jahrhundert als scheinbar wis-
senschaftliche Disziplinen waren
dabei nur einige Auswüchse rassis-
tischen Denkens und Handelns.
Eine bloße Streichung des Wor-
tes „Rasse“ aus unserem Sprachge-
brauch wird Intoleranz und Rassis-
mus nicht verhindern. Ein Kenn-
zeichen heutiger Formen des
Rassismus ist bereits die Vermei-
dung des Begriffes „Rasse“ gerade
in rechtsradikalen und fremden-
feindlichen Milieus. Rassistisches
Denken wird mit Begriffen wie
Selektion, Reinhaltung oder Ethno-
pluralismus aufrechterhalten. Bei
dem Begriff des Ethnopluralismus
handelt es sich aber um nichts wei-
ter als um eine Neuformulierung
der Ideen der Apartheid. Auch die
Kennzeichnung „des Afrikaners“ als
vermeintliche Bedrohung Europas
und die Zuordnung bestimmter,
biologischer Eigenschaften stehen
in direkter Tradition des übelsten
Rassismus vergangener Zeiten. Sor-
gen wir also dafür, dass nie wieder
mit scheinbar biologischen Begrün-
dungen Menschen diskriminiert
werden und erinnern wir uns und
andere daran, dass es der Rassismus
ist, der Rassen geschaffen hat und
die Zoologie/Anthropologie sich
unrühmlich an vermeintlich biolo-
gischen Begründungen beteiligt hat.
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Die Autoren
Prof. Dr. Dr. h. c. Martin S. Fischer, Institut für
Zoologie und Evolutionsforschung, Friedrich-
Schiller-Universität Jena
apl. Prof. Dr. Uwe Hoßfeld, Institut für Zoologie
und Evolutionsforschung, AG Biologiedidaktik,
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Prof. Dr. Johannes Krause, Direktor am
Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte,
Jena / Friedrich-Schiller-Universität Jena
Prof. Dr. Stefan Richter, Allgemeine und
Spezielle Zoologie, Institut für Biowissenschaf-
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Der Nichtgebrauch des Begriffes
Rasse sollte heute und zukünftig zur
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ÖKOLOGIE
Das Jahr des Distelfalters
Nach zehn Jahren erlebte Europa 2019 wieder einen Masseneinflug
des Distelfalters (Vanessa cardui). Anfang Juni überfluteten die Wander-
falter Mitteleuropa geradezu. Für Verwunderung sorgte zunächst
die Zugrichtung der Schmetterlinge, da sie vorwiegend in Ost-West-
Richtung flogen. Bei dem letzten vergleichbaren Ereignis im Jahr 2009
fand der Einflug hingegen von Südwesten her statt. Aufschluss über
den Verlauf und die Herkunftsregion der diesjährigen Wanderung
geben zahlreiche internationale Medienberichte.
The Times of Israel formulierte am
21. März 2019 die Schlagzeile: „Israel
blanketed bei millions of butter-
flies“. Über 10 Millionen Distelfalter,
so wurde geschätzt, durchquerten
Israel und prägten den Anblick in
Parks und Naturschutzgebieten. Die
Zeitung zitierte den Ökologen Dotan
Rotem, dass die Quelle der Massen-
wanderung in Kuwait und Saudi-
Arabien liege, wo ein außergewöhn-
lich regenreicher Winter für eine
sehr gute Nahrungsgrundlage der
Distelfalter-Raupen gesorgt habe [1].
Schon einen Tag später titulierte
Israel Today: „A billion butterflies
visit Israel“. Darin wurde auf Schät-
zungen der Association of Butterfly
Lovers in Israel verwiesen, dass
700 Millionen bis über eine Milliarde
Distelfalter durch Israel zögen – die
größte je in Israel beobachtete Dis-
telfalter-Wanderung. Laut dem
Lepidop terologen Dubi Benyamini
habe die Wüste auf der arabischen
Halbinsel nach starken Regenfällen
im Winter geblüht. Als nächste
Etappenziele der Distelfalter wur-
den Zypern und die Türkei angege-
ben [2].
Tatsächlich setzte das Internet-
Portal in-cyprus.com bereits am
22. März ebenfalls die Schlagzeile:
„Painted Lady butterflies in massi-
ve migration over Cyprus“ [3].
Jesmond Harding veröffentlichte
einen Reisebericht von März/April
in der Kap-Greco-Region im Osten
Zyperns auf der Internet-Seite der
Butterfly Conservation Ireland: Ab
dem 17. März waren täglich Distel-
falter in geringer Zahl zu sehen, wie
es den Erwartungen normaler Jahre
entspricht. Am 21. März fand dann
die Invasion statt – während des
gesamten Tages erreichten die Dis-