In der vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Ästhetische Erfahrung und Bildung – eine phänomenologische, bildungstheoretische und pädagogische Neubetrachtung“ steht das Phänomen der ästhetischen Erfahrung im Mittelpunkt. Ausgehend von einer phänomenologisch orientierten Beschreibung, Analyse und Interpretation konkreter Erfahrungen (musikalische Hörerfahrung und alimentäre Erfahrung) wird die zentrale These belegt, dass das Ästhetische sich erst in der Erfahrung der Zeit als Verweilen konstituieren kann. Im ästhetischen Verweilen kann sich der Eigensinn ästhetischer Erfahrung eröffnen, indem das Sinnlich-Leibliche zeitweilig und imaginativ überschritten wird. So hebt sich das ästhetische Verweilen aus der Zeit des Alltäglichen heraus und bringt einen gewissen Bruch in das objektive, lineare und messbare Zeitverhältnis ein. Das Ereignis des ästhetischen Verweilens, das passive Momente aufweist, kann eine ästhetische Reflexivität ermöglichen, die das Verhältnis des Menschen zur Zeit und zugleich zu den Objekten und Situationen erfahrbar werden lässt, in denen das Verweilen stattfindet. Das temporale Distanzverhältnis des Menschen zur Zeit kann nicht zuletzt als eine ästhetische Freiheit erfahren werden, d. h. als eine Freiheit in der Zeit und für die Zeit. Die zentrale These der Arbeit wird ferner an einer klassischen Position innerhalb der Tradition der ästhetischen Erziehung und Bildung (Schiller) geprüft und geschärft. Dabei rückt das Verhältnis von ästhetischer Erfahrung, Erziehung und Bildung in den Vordergrund. Darauf bezogen werden ästhetische Erziehung und ästhetische Bildung als zwei unterschiedliche aber zugleich aufeinander bezogene Praxen des Umgangs mit der Zeit bestimmt und in ihrem Wechselspiel pädagogisch fruchtbar gemacht.