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Risch, Rotkreuz, Bahnhof, Altfund Hirschskelett: 14C-Datierung

Authors:
  • Kanton Zug

Abstract

Tugium 35, 2019, 42-44
42 TUGIUM 35/2019
Im Vorfeld eines geplanten Umbaus konnte das Wohn-
haus bauhistorisch untersucht werden. Der Blockbau erhebt
sich auf einem gemauerten Sockelgeschoss von gut 10 m
Breite und 10,7 m Länge. Die Stuben nehmen die südliche
Hälfte des ersten Wohngeschosses ein. Die Stube im südöstli-
chen Bereich verfügt über eine Fläche von 5,5 × 5,1 m (28 m2)
und eine bauzeitliche Raumhöhe von 2,13 m. An den Stoss-
fugen der Deckenbohlen liessen sich die Abdrücke von Deck-
leisten feststellen, welche zur Raumgestaltung dienten. Die
westlich anschliessende Nebenstube ist mit 3,75 m Breite
(19 m2) deutlich kleiner bemessen. Nördlich der Stuben
schliesst eine 1,75 m breite Zirkulationsachse an, welche die
beiden Zugänge an den Hausseiten verbindet. Die nordwest-
liche Ecke wird von einer Kammer eingenommen, deren Ost-
wand die Flucht der Trennwand von Stube und Nebenstube
übernimmt. Östlich dieser Kammer liegt der ehemals zur
Zirkulationsachse und gegen oben offene Küchenbereich von
knapp 16 m2 Grundäche. Im Gegensatz zu den anderen Räu-
men im ersten Wohngeschoss ist die Küche nicht unterkellert.
Die Grundrisseinteilung des zweiten Wohngeschosses
entspricht bis auf eine Ausnahme derjenigen des ersten
Wohngeschosses. Die Kammertrennwand der beiden süd-
seitigen Kammern wurde gegenüber der Stubentrennwand
um 50 cm nach Osten verschoben. Die südöstliche Kammer
erhielt somit einen quadratischen Grundriss von 5 m Seiten-
länge, während die südwestliche Kammer über eine Fläche
von knapp 22 m2 verfügt. Die bauzeitliche Raumhöhe beträgt
gut 2 m. Beidseits des nördlich anschliessenden Korridors be-
nden sich Ausgänge zu den Lauben. Im Dachraum liegt süd-
seitig eine Dachkammer von annähernd 31 m2 Grundäche
und 2,1 m Raumhöhe. Auf der Dachkammer erhebt sich ein
stehender Stuhl, welcher das noch weitgehend erhaltene
Pfetten-Rafendach in der Mitte des Hauses abstützt. Die
Dachneigung beträgt 45 Grad. Das Haus ist am Sturz der
Türe zur Stube inschriftlich ins Jahr 1621 datiert. Auf eine
dendrochronologische Datierung wurde daher verzichtet. Das
annähernd 400-jährige Gebäude konnte seine bauliche
Gestalt weitgehend bewahren. Es weist charakteristische
Gestaltungsmerkmale wie einen Würfelfries an der Haupt-
fassade oder sogenannte Rossköpfe an den Balkenköpfen von
Vordachträgern auf. Die heute vorhandene Einzelfenster-
einteilung dürfte ins 19. Jahrhundert zurückgehen. Grössere
bauliche Eingriffe fanden nach 1929 statt. Damals wurden
die Küchenwände und die Giebelfelder ersetzt. Die charakte-
ristischen rot-weiss gestreiften Fensterläden gehen ebenfalls
auf diesen Umbau zurück. Die wertvolle historische Innen-
ausstattung des Hauses (Stubenmobiliar, Türen etc.) ging im
Verlauf der letzten Jahrzehnte leider praktisch vollständig
verloren.
GS-Nr. 1500, Ass.-Nr. 110a.
Ereignisnr. Archäologie: 2282.
Amt für Denkmalpege und Archäologie: Christoph Rösch, Melanie
Mastel und Armin Thürig.
Literatur: KDM ZG NA. 2, 425.
Risch, Oberrisch, Gut Aabach, Strandplatte: Prospektion
Nach dem Hitzesommer 2018 el auf Höhe des Guts Aabach
in Oberrisch ein 3−4 m breiter Streifen des westlichen Zuger-
seeufers nahezu trocken. Das Amt für Denkmalpege und
Archäologie nutzte am 4. September 2018 diesen Umstand,
um die vorgelagerte Strandplatte nach archäologischen Fun-
den abzusuchen. Inmitten von Geröll und Bauschutt konnten
zwei Steinbeile, ein polierter Stein, ein Netzsenker und eine
Sandsteinplatte geborgen werden (Abb. 23). Zudem wurden
im seichten Wasser rund fünfzig im Seeboden steckende
Holzpfähle eingemessen und teilweise beprobt. Die Pfähle
waren teils ca. 5 cm über dem Seeboden gekappt, teils ragten
sie bis 20 cm über diesen heraus. Das den Seeboden be-
deckende Geröll lag direkt auf weisslicher Seekreide – ein
Anzeichen dafür, dass die zu den Pfählen gehörende archäo-
logische Schicht bereits wegerodiert ist.
GS-Nr. 1748; 1842; 1843.
Ereignisnr. Archäologie: 2309.
Amt für Denkmalpege und Archäologie: Kilian Weber und Gishan
Schaeren.
Literatur: Stefan Hochuli, Gishan F. Schaeren und Johannes Weiss, Ein
Dorfbrand am Zugersee vor 5700 Jahren. Ein archäologischer Glücks-
fall. Archäologie Schweiz 21, 1998, 134–143. DOI http://dx.doi.
org/10.5169/seals-17137.
Risch, Rotkreuz, Bahnhof, Altfund Hirschskelett: 14C-Datierung
Im Fundbestand des Kantonalen Museums für Urgeschichte(n)
ist das Geweih eines kapitalen Rothirschs (Cervus elaphus),
eines ungeraden Zwölfenders, zu nden (Abb. 24). Es wurde
im Februar 1944 beim Tieferlegen eines Drainagegrabens
direkt südlich des Bahndamms am Rotkreuzer Bahnhof ent-
deckt. Ursprünglich handelte es sich offenbar um ein voll-
ständiges Skelett, aufbewahrt wurde jedoch nur der Schädel
Abb. 23 Risch, Oberrisch, Gut Aabach, Strandplatte. Steinbeil in
Fundlage auf dem Seegrund.
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mit den beiden Geweihstangen. Diese steckten nach Aussage
der Arbeiter, die den Fund gemacht haben, gegen unten im
Sediment und sind unbeschädigt; der oben liegende Schädel
ist – wohl durch ihre Werkzeuge – fragmentiert, die Kiefer
und die Knochen im Nasenbereich fehlen. Spuren einer
menschlichen Einwirkung konnten nicht beobachtet werden,
daher wird von einem auf natürliche Weise verendeten Tier
ausgegangen. Das Skelett lag «an der verlehmten Basis einer
rund 2 m mächtigen Torfschicht», die sich im Bereich eines
ausgedehnten Feuchtgebiets gebildet hat, das den Überlauf
des spätglazialen Zugersees ins Reusstal nachzeichnet. Eine
pollenanalytische Untersuchung einer Probe aus der Fund-
schicht wurde noch im Fundjahr durch Hans Härri, Seengen,
durchgeführt; sie liess im Vergleich mit dem Pollendiagramm
der Pfahlbaustation Zug-Sumpf «eine Datierung ins Ende der
Eichenmischwaldzeit, also ins Frühneolithikum» vermuten.
Um diesen palynologischen Datierungsansatz absolutchrono-
logisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu präzisieren, wur-
de 2018 am Schädelknochen eine Probe für eine 14C- Datierung
entnommen. Diese ergab ein Alter von 7279 ± 23 BP bzw.
Ein Mammut kehrt zurück
Nach Abschluss der Konservierungsarbeiten ist das 2015 in Rotkreuz
entdeckte Mammut-Teilskelett (s. Tugium 32, 2016, 103–110, und 34,
2018, 123–131) für ein einmonatiges Gastspiel an seinen Fundort, das
Betriebsgelände der Roche Diagnostics International AG, zurückge-
kehrt. Eine kleine Ausstellung in der Lobby des «Roche-Hochhauses»
gab den Mitarbeitenden am Firmenstandort die Möglichkeit eines ex-
klusiven Besuchs bei «ihrem» Mammut. Die zweisprachig auf Deutsch
und Englisch präsentierte Ausstellung bestand aus drei Vitrinen mit
dem Stosszahn, den erhaltenen Knochen und einem Mammut-Skelett-
modell im Massstab 1:10; hinzu kamen fünf Plakate, auf denen die
Forschungsergebnisse zum Rotkreuzer Fund zusammengefasst waren
(s. https://goo.gl/qjTdHL). Ergänzt wurden diese klassischen Aus-
stellungselemente durch ein Tablet, auf dem eine von Martin Riesen,
grafikanimation.ch, gestaltete Rekonstruktion der späteiszeitlichen
Landschaft um den Fundort des Rotkreuzer Mammuts vor rund 17 000
Jahren in einem 360°-Panorama dargestellt wurde.
Zum Ausstellungsbeginn sind auch die aus den Computertomografie-
Daten abgeleiteten 3D-Modelle der Knochen und des Stosszahns
(s. Tugium 34, 2018, 125–126) online verfügbar gemacht worden;
mithilfe von QR-Codes wurden analoge Ausstellungstafeln und digi-
tale Knochenmodelle miteinander verknüpft. Als Plattform für die
Präsentation im Internet dient der auf 3D-Inhalte spezialisierte Online-
Hoster Sketchfab, das Amt für Denkmalpflege und Archäologie unter-
hält hier ein eigenes Profil (https://sketchfab.com/ADA-ZG). Die 3D-
Dokumentation der Rotkreuzer Mammut-Skelettreste ist unter dem
Link https://skfb.ly/6BRT6 verfügbar; dieser kann auch durch Scannen
des untenstehenden QR-Codes mit dem Smartphone aufgerufen wer-
den. Der Download der 3D-Daten ist freigegeben. So ist etwa ein 3D-
Druck der Skelettelemente für jedermann möglich.
Bernhard Bigler, Renata Huber, Giacomo Pegurri und Jochen Reinhard
Fertig aufgebaute Ausstellung
in der Lobby des «Roche-
Hochhauses». Der Fundort
der Mammut-Skelettteile liegt
keine 100 m entfernt hinter
dem grauen Gebäude rechts
im Bildhintergrund.
3D-Drucke der Mammutknochen eignen sich hervorragend für
museumspädagogische Zwecke. Hier wird die Position von Hüft-
knochen und Stosszahn im (ebenfalls 3D-gedruckten) massstäb-
lichen Skelettmodell gesucht.
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6216–6074 v. Chr. (2σ-Bereich; kalibriert mit OxCal v4.3.2
und IntCal13; Probennr. ETH-91644). Das Datum fällt in das
tatsächlich von Eichenmischwäldern gekennzeichnete Klima-
optimum des Älteren Atlantikums, die pollenanalytische
Zuordnung ist somit stimmig. Aus heutiger archäo logischer
Sicht liegt dieser Zeitabschnitt jedoch nicht im Frühneolithi-
kum, sondern im zeitlich davor liegenden Spätmesolithikum.
Im Zuge der Durchsicht der Archivunterlagen konnte auch
die publizierte Fundortkoordinate des Hirsch skeletts auf
2675440/1221720 (LV95) korrigiert werden.
GS-Nr. 860.
Ereignisnr. Archäologie: 819.131, 1215, 2312.
Inventarnr. Museum für Urgeschichte(n): 1215-1.
Amt für Denkmalpege und Archäologie: Renata Huber und Jochen
Reinhard.
Kantonales Museum für Urgeschichte(n): Giacomo Pegurri.
14C-Datierung: ETH Zürich (Irka Hajdas).
Literatur: Amt für Denkmalpege und Archäologie, Archiv Josef
Speck, Mappe 819.131 – Josef Speck, Spätglaziale und frühpostglazia-
le Überreste von Grosssäugetieren im Bereich des Reussgletschers
(Kantone Luzern, Schwyz, Zug). Mitteilungen der Naturforschenden
Gesellschaft Luzern 29, 1987, 291–314, besonders 309–310. – Nicole
Reynaud Savioz, À propos dʼun squelette partiel de cerf rouge (Cervus
elaphus) de lʼAtlantique ancien découvert dans le Lac Supérieur de
Fully (Sorniot, commune de Fully, 2135 m alt.). Bulletin Murithienne
134, 2016 (2017), 35–46.
Steinhausen, Erlenweg 5: Sondierung und Aushubüberwachung
Im Herbst 2018 hat im Gewerbegebiet «Sumpf/Turm» im
Süden von Steinhausen die Überbauung einer weiteren bislang
als Grünland genutzten Parzelle begonnen; erstellt werden
soll wiederum ein Bürogebäude. Der Bauperimeter liegt zwi-
schen der Autobahn im Norden, der Zugerstrasse im Osten
(die hier über die Autobahn geführt wird) und dem von der
Sumpfstrasse abzweigenden Erlenweg im Süden. In seiner
direkten Umgebung sind in den letzten Jahren bereits mehre-
re Bauvorhaben archäologisch begleitet worden: So konnten
etwa 2016/17 an der Sumpfstrasse 18, keine hundert Meter
westlich der Parzelle, aus einem frühbronzezeitlichen Verlan-
dungstorf verschiedene bearbeitete wie unbearbeitete Hölzer
geborgen werden. Diese bilden, zusammen mit mehreren
Tausend weiteren Holzfunden von der 1999 entdeckten und
nachfolgend ausgegrabenen Fundstelle «Chollerpark» etwa
200 m südwestlich des aktuellen Bauprojekts, eine bronze-
zeitliche Uferzone des Zugersees ab.
Die aus der Kenntnis der vorausgegangenen Massnahmen
abgeleitete Einschätzung von Stratigrae und Funderwartung
liess sich im Juli 2017 mithilfe von fünf Sondageschnitten
(Abb. 25) vollumfänglich bestätigen: Die in den Sondierun-
gen angetroffene Schichtfolge ist identisch mit derjenigen der
benachbarten Parzellen. Auch am Erlenweg 5 bilden graue,
geschichtete Sande einer Deltaschüttung der Lorze den geo-
logischen Untergrund. Ausweislich einer Serie von 14C-Daten
von der nahen Sumpfstrasse 18 dürfte das Sediment am Ende
der letzten Eiszeit, um 12 000 v. Chr., abgelagert worden sein
(vgl. den Kurzbericht zu «Steinhausen, Sumpfstrasse 18» in
diesem Band). Die Schichten fallen leicht nach Südwesten, in
Richtung der Steinhauser Bucht hin, ein. Der gegenüber der
Sumpfstrasse 18 achere Winkel und das weitgehende Feh-
len von seekreidigen wie schlufgen Schichten und Lagen
aus kleinteiligen botanischen Makroresten deutet darauf hin,
dass sich der Bereich des Erlenwegs im alten Lorzendelta
weiter landeinwärts befand, wo die Strömungsgeschwindig-
keit des Wassers höher und damit der Eintrag der limnischen
Sedimente des Zugersees in das Delta geringer war. Auf den
Deltasanden wächst nach dem Trockenfallen des Areals ein
Verlandungstorf auf, der – wie bereits im Osten der Parzelle
Sumpfstrasse 18 – sehr stark abgebaut ist und streckenweise
Abb. 24 Risch, Rotkreuz, Bahn-
hof, Altfund Hirschskelett. Vo n
dem 1944 am Bahnhof in Rot-
kreuz gefundenen Rothirsch-
skelett sind nur das (schädel-
echte) Geweih mit Teilen der
Schädelknochen erhalten. Der
Fund war trophäenartig als
«Zierde des Museums» am alten
Standort des Museums für Ur-
geschichte (Ägeristrasse 56)
ausgestellt.
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