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Praxisleitfaden Ziegenbeweidung
Einsatz von Ziegen zur Beweidung verbuschter
Trockenstandorte im Unteren Saaletal
Daniel Elias, Sandra Mann, Matthias Necker, Sabine Tischew (Hrsg.)
Mit Gastbeiträgen von:
Georg Hiller, Norbert Hölzel, Martina Köhler, Sabine Krüger,
Denise Rupprecht, Peter Sound, Dietmar Zacharias, Andreas Zahn
Die Erstellung des Praxisleitfadens wurde durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und
aus Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt gefördert (Naturschutz-Richtlinien).
AZ:407.1.8-60128/630116000009
Hochschule Anhalt, Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung, Strenzfelder Allee 28, 06406 Bernburg
Die Zusammenstellung der Broschüre erfolgte unter Mitarbeit des Landschaftspflegevereins Saaletal e. V. (Zickeritz).
Kooperationspartner:
Zitiervorschlag:
Elias, D., Mann, S., Necker, M. & Tischew, S. (Hrsg.) (2019): Praxisleitfaden Ziegenbeweidung - Einsatz von Ziegen zur Beweidung
verbuschter Trockenstandorte im Unteren Saaletal. Hochschule Anhalt, Bernburg. 64 S.
Weitere Informationen können dem Informationsportal www.offenlandinfo.de entnommen werden.
1
Grußwort
Über Jahrhunderte hinweg prägten durch Ziegen beweidete Flächen unser Landschaftsbild. Neben ihrer Rolle
als Nutztier für den Menschen, liegt die Bedeutung der Ziege insbesondere in ihrer Funktion als langfristiger
Landschaftspfleger. Auf den trockenen und oftmals steilen Hängen konnten sich durch die traditionelle Nut-
zungsform der Beweidung im Zusammenhang mit den mitunter extremen klimatischen Bedingungen blütenrei-
che Trockenrasenstandorte etablieren, die Refugien für seltene Pflanzengesellschaften und Tierarten bildeten.
Durch sozioökonomische Veränderungen im Laufe des 20. Jahrhunderts ging die traditionelle Ziegen-Bewei-
dung stark zurück. In der Folge verbuschten zahlreiche der ehemals offenen Hänge. Die Lebensräume vieler
seltener Pflanzenarten des Trockenrasenspektrums, wie die des Felsen-Goldstern oder des Stängellosen
Tragant, verschwanden unter dichten Gebüschen und Bäumen, was sich als ernsthafte Bedrohung für die Po-
pulationen dieser Arten herausstellen sollte. Zwar sind in vielen Regionen noch artenreiche Restvorkommen auf
Splitterflächen vorhanden, jedoch besteht akuter Handlungsbedarf diese Zentren der Biodiversität zu erhalten.
Angesichts dieser langjährigen negativen Entwicklung freut es mich sehr, dass eine Trendwende gelungen ist.
Dank intensiver Forschungsarbeit an der Hochschule Anhalt durch Frau Prof. Dr. Tischew und ihr Team sowie
dem großen Engagement von Landschaftspflegeverbänden konnten mithilfe von ELER-Mitteln insbesondere im
Unteren Saaletal zahlreiche Flächen wieder einer regelmäßigen Nutzung durch Ziegenbeweidung zugeführt
werden. Davon profitieren nicht nur gefährdete Pflanzen, Pflanzengesellschaften und Tierarten, sondern auch
die traditionelle Kulturlandschaft an sich. Durch gezielte Förderprogramme möchte das Land Sachsen-Anhalt
auch künftig einen Beitrag zur weiteren Stärkung dieser Beweidungsform leisten.
Der nun entwickelte Praxisleitfaden gibt einen Überblick über die bisher erworbenen Erkenntnisse und Erfah-
rungen und vermittelt der Öffentlichkeit eine praxisnahe Darstellung des Beweidungsmanagements. Ich bin da-
von überzeugt, dass dies ein weiterer wichtiger Baustein dafür ist, Ziegenbeweidung in unserem Land wieder
stärker zu verbreiten und damit die Kulturlandschaft mitsamt den Trockenrasenstandorten in ihrem Artenreich-
tum nachhaltig zu stärken.
Prof. Dr. Claudia Dalbert
Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt
2
Inhaltsverzeichnis
Grußwort………………………………………………………………………………………………………………
1
1. Hintergrund, Zielstellung und Aufbau des Leitfadens…………………………..………………...………... 3
2. Ziegen als Weidetiere……………………………………………………………..………………………..…..
7
3. Das Untere Saaletal – Kulturlandschaft mit einzigartiger Naturausstattung……..………………....….... 9
3.1
Naturraum und Kulturlandschaftsgeschichte………………………………..……………………...… 9
3.2
Naturschutz und Seltenheit der Trockenrasen…………………………………..………………….... 12
4. Modellprojekt zur Ziegenbeweidung………………………………………………………………………..…
14
4.1
Ausgangssituation und Einrichtung der Weideflächen………………………………..……………... 14
4.2
Naturschutzfachliche Erfolgskontrolle…………………………………………………..…………..…. 17
4.2.1 Gehölze…………………………….……………………………………..……………………. 17
4.2.2. Krautschicht………………………………………………………………..………….……….. 20
4.2.3 Fauna……………………………………………………………………………………........... 23
4.2.4 Vegetationsentwicklung innerhalb unbeweideter Kontrollflächen……………..…..…….. 24
4.2.5 Fazit…………………………………………………………………………………..………… 25
4.3
Hinweise zum Management……………………………………………………………………..……... 27
4.3.1 Landschaftspflege mit Burenziegen…………………………………………………………. 27
4.3.2. Mischbeweidung………………………………………………………………………………. 28
4.3.3 Besatzstärke und Besatzdichte……………………………………………………………… 29
4.3.4 Zaunsysteme…………………………………………………………………………...……… 31
4.3.5 Weidezeiträume……………………………………………………………………..………… 32
4.3.6 Erst-Entbuschung oder Nachpflege?.………………………………………………………. 33
4.3.7 (keine) Zufütterung……………………………………………………………………………. 35
4.3.8 Weide- und Tierkontrollen……………………………………………………………………. 35
4.3.9 Tiergesundheit…………………………………………………………………………………. 37
4.3.10 Winterstallhaltung……………………………………………………………………………... 38
4.3.11 Wirtschaftlichkeit und Finanzierung…………………………………………………………. 39
4.3.12 Öffentlichkeitsarbeit………………...…………………………………………………………. 41
5. Weitere Ziegenbeweidungsprojekte………………………………………………………………………….. 43
5.1
Ganzjährige Ziegenbeweidung von Sandrasen auf der Lankenauer Weserinsel in Bremen….... 43
5.2
Kalksteinbrüche im Teutoburger Wald, Nordrhein-Westfalen………………………………………. 46
5.3
Ziegenrotationsweiden Tote Täler im Unstruttal, Sachsen-Anhalt…………………………………. 48
5.4
Halbwilde Haltung Kamp-Bornhofen, Mittelrheintal, Rheinland-Pfalz…………………………....… 51
5.5
Landschaftspflege mit Ziegen im Heckengäu, Baden-Württemberg……………………………….. 53
5.6
Ziegen- und Rinderstandweide BUND-Naturschutzkiesgrube, Bayern……………………………. 55
6. Literaturverzeichnis……………………………………………………………………..……………………....
58
7. Danksagung………………………………………………………………………..……………………..…….. 60
8. Kontaktadressen………………………………………………………………………..………………….…... 61
3
1. Hintergrund, Zielstellung und Aufbau des Leitfadens
Daniel Elias & Sabine Tischew
Trockenrasen stehen aufgrund ihrer herausragenden
Artenvielfalt und der hohen Anzahl an gefährdeten
Arten im besonderen Interesse des europäischen Na-
turschutzes. Viele der typischen Pflanzengesellschaf-
ten der Trockenrasen sind zudem Lebensraumtypen
im Sinne der europäischen Fauna-Flora-Habitat-
Richtlinie, deren günstige Erhaltungszustände zu er-
halten oder gegebenenfalls wiederherzustellen sind.
Abgesehen von kleinflächigen Vorkommen im Be-
reich natürlich gehölzfreier Felsstandorte handelt es
sich um „Kulturbiotope“, deren Entstehung und Erhal-
tung über Jahrtausende hinweg eng an die Nutzung
durch den Menschen gekoppelt war. Beweidung mit
kleineren Weidetieren, wie Schafen und Ziegen,
dürfte die Hauptnutzungsform der häufig sehr er-
tragsschwachen und in Hanglagen befindlichen Tro-
ckenrasenbiotope in vielen Regionen Mitteleuropas
gewesen sein. Die Beweidung fand in aller Regel in
Hütehaltung statt. Dabei wurden die Weidetiere ohne
Koppeln oder Weidezäune über die Flächen getrie-
ben. Durch diese traditionelle Nutzungsform entstan-
den auf den Trockenstandorten im Laufe der Jahrtau-
sende blütenreiche, gebüsch- und baumarme Flä-
chen, die unsere Kulturlandschaft einst in zahlreichen
Gegenden prägten.
Aufgrund mangelnder Rentabilität wurde die Schaf-
und Ziegenbeweidung jedoch vielerorts bereits im
vergangenen Jahrhundert aufgegeben. Betroffen wa-
ren insbesondere ertragsschwache und abgelegene
Steillagen. Die Verbuschung der Standorte nach Nut-
zungsaufgabe stellt aktuell die Hauptgefährdungsur-
sache der Trockenrasen dar. Außerdem wurden viele
Flächen in der Vergangenheit aufgeforstet. Mit der
Ausbreitung der Gehölze kommt es zum schrittwei-
sen Verlust typischer und gefährdeter Arten. Außer-
dem verändern sich im Schattbereich der Gehölze die
Standortverhältnisse, wodurch es zunächst zu einer
Verschiebung des Artenspektrums aufgrund zuneh-
mender Mesophilie kommen kann.
Saalebegleitender Trockenhang nördlich von Halle (Saale). Aufgrund des kleinräumigen Wechsels der Standortbedingungen (Flachgrün-
digkeit, Exposition) sind Trockenrasenbiotope häufig durch ein Mosaik aus verschiedenen Halbtrocken- und Trockenrasengesellschaften
sowie Felsfluren gekennzeichnet. [1]
4
Ein weiterer Gefährdungsfaktor ist die Ausbreitung
konkurrenzstarker und brachetoleranter Grasarten
nach Nutzungsaufgabe. Im Unteren Saaletal sind vor
allem Aufrechte Trespe (Bromus erectus),
Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum) oder Glatt-
hafer (Arrhenatherum elatius) an solchen Prozessen
beteiligt. Aufgrund ihrer Konkurrenzstärke in Auflas-
sungsflächen bilden diese Grasarten häufig einen
dichten Filz aus abgestorbenem Pflanzenmaterial
aus, der nur schwer zersetzt wird. Dadurch wird die
Keimung und Etablierung konkurrenzschwacher,
kleinwüchsiger Trockenrasenarten behindert. Be-
günstigt wird dieser Prozess zudem durch atmosphä-
rische Stickstoffeinträge oder Nährstoffeinträge aus
angrenzenden Ackerflächen. Dennoch weisen viele
dieser häufig bereits seit Jahrzehnten nicht mehr ge-
nutzten Flächen oftmals noch artenreiche Restbe-
stände von Trockenrasen-Lebensraumtypen und sel-
tenen Pflanzen- und Tierarten auf. Es besteht jedoch
dringender Handlungsbedarf, für diese häufig nur
noch sehr kleinen und isoliert gelegenen Splitter- und
Restflächen zeitnah neue Nutzungspraktiken zu er-
proben und in die Managementpraxis einzuführen.
Die beschriebene Situation trifft auch für das Untere
Saaletal zu. Aufgrund der verbreiteten Nutzungsauf-
gabe begannen hier spätestens um die Jahrtausend-
wende, auch vor dem Hintergrund der Umsetzung
EU-rechtlicher Vorgaben, zunehmend Überlegungen,
wie dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist.
Viele Trockenrasengesellschaften sind sehr arten- und blütenrei-
che Biotope. Das typische Arteninventar ist an die trockenen und
häufig auch flachgründigen Böden gut angepasst, während stand-
ortfremde Pflanzenarten mit erhöhtem Stickstoffbedarf hier keine
Dominanzen ausbilden können. [2]
Verbuschter Trockenhang in der Porphyrkuppenlandschaft im Un-
teren Saaletal. Häufig sind bedornte oder bestachelte Straucharten
(z. B. Berberitze, Weißdorn- und Rosenarten) an der Verbuschung
beteiligt, die sich oftmals bereits während der Nutzungsphase auf-
grund selektiver Unterbeweidung ansiedeln konnten. [3]
Porphyrfelsen nahe Wettin. Bei Nutzungsaufgabe ergeben sich
auch für exponierte Felsstandorte negative Beschattungseffekte
durch angrenzende Verbuschungsstadien. [4]
Halbtrockenrasen nahe Wettin. In der ersten Sukzessionsphase
nach Nutzungsaufgabe, häufig aber auch bereits bei nur sporadi-
scher Beweidung („Unternutzung“), findet oft eine zunehmende
Vergrasung mit brachetoleranten Grasarten (im Bild Glatthafer)
statt. [5]
5
Motormanueller Gehölzrückschnitt ist nur als erstein-
richtende Maßnahme in Kombination mit nachfolgen-
der Beweidung oder als Nachpflegemaßnahme (Ent-
fernung von Weideresten oder problematischen Ar-
ten) zu empfehlen. Viele typische Gehölzarten rea-
gieren auf den Rückschnitt mit starkem Wiederaus-
trieb (Abb. 1, Elias et al. 2014), wodurch sich ein ho-
her Nachsorgeaufwand durch wiederholte Pflege-
schnitte ergibt. Weiterhin erfolgt durch einen alleini-
gen Gehölzrückschnitt kein Abbau von „Brachegrä-
sern“ und Streuauflagen. Je nach Geländerelief und
Zugänglichkeit belaufen sich die Ausgaben für Entbu-
schungsmaßnahmen mit Abtransport des Gehölz-
schnitts derzeit auf 3.500 € bis 10.000 €/ha. Je nach
Standort und Region können die Kosten auch noch
höher ausfallen.
Abb. 1: Wiederaustrieb verschiedener Strauch- und Baumarten ein Jahr nach Gehölzrückschnitt: bereits nach einem Jahr weisen die Ge-
hölze wieder Höhen von durchschnittlich einem Meter auf (Ber_vul: Berberis vulgaris, Cra spp.: Crataegus-Arten, Lig_vul: Ligustrum vulgare,
Pru_mah: Prunus mahaleb, Pru_spi: Prunus spinosa, Rob_pse: Robinia pseudoacacia, Ros_spp.: Rosa-Arten).
Beräumung des Astschnittes auf einem Saalesteilhang nahe Rothenburg. Motormanueller Gehölzrückschnitt ist „Handarbeit“. [6]
6
Die Lösungsansätze für die Nutzungswiederauf-
nahme auf den ertragsschwachen Trockenstandor-
ten sollten sich deshalb möglichst an der traditionel-
len Nutzung orientieren. Nur so können der Charakter
und der naturschutzfachliche Wert der Trockenrasen
dauerhaft bewahrt werden. Im Sinne eines nachhalti-
gen und kosteneffizienten Managements sind jedoch
Modifizierungen notwendig. Extreme, durch Gehölz-
riegel isolierte und abgelegene Steillagen sind für die
traditionelle Hütebeweidung ungeeignet. Ebenso ist
die Nutzung von mobilen Elektronetzen mit kurzen
Umtriebszeiten sehr arbeitsintensiv. Eine Alternative,
um den Betreuungsaufwand für die Landwirte zu re-
duzieren, sind Standweiden mit fest installierten
Elektrozäunen, die zugleich eine längere Verweil-
dauer der Weidetiere ermöglichen.
Die alleinige Beweidung mit Schafen auf bereits stark
verbuschten Standorten ist nicht zielführend. Ziegen
hingegen können als Mischfresser auch größere
Mengen an Gehölzfutter verwerten. Außerdem sind
sie hervorragende Kletterer und können sich im stei-
len Gelände gut bewegen.
Vor dem Hintergrund dieser Ausgangsthesen wurden
im Jahr 2007 die ersten Ziegenweiden im Unteren
Saaletal eingerichtet. Die Ziegenbeweidung wurde
anfänglich von der lokalen Bevölkerung und Natur-
schutzpraktikern durchaus kritisch begleitet. Haupt-
kritikpunkte waren die Einzäunung der Flächen sowie
Bedenken, dass es aufgrund der vergleichsweise lan-
gen Standzeiten und höheren Beweidungsintensität
auf den zwar bereits stark verbuschten, aber häufig
noch sehr artenreichen Flächen, zu Beeinträchtigun-
gen durch Trittschäden und Eutrophierung kommen
kann. Deshalb wurde das Ziegenbeweidungsprojekt
im Unteren Saaletal von Beginn an durch eine Er-
folgskontrolle begleitet.
Der vorliegende Praxisleitfaden stellt die Ergebnisse
der Erfolgskontrolle und die gesammelten Erfahrun-
gen im Management im Unteren Saaletal praxisnah
dar. Darüber hinaus werden abschließend weitere
Landschaftspflegeprojekte mit Ziegen vorgestellt, um
den Stellenwert der Ziegenbeweidung auf Natur-
schutzflächen über die Region des Unteren Saaletals
hinaus abbilden zu können.
Ziegenbeweidung auf der Weidefläche „Nelbener Grund“. Sofern
verfügbar, ist Gehölzfutter die wichtigste Nahrungsquelle für Zie-
gen. [7]
Auch Schafe stellen sich einen Nahrungsmix aus Gräsern, Kräu-
tern und Gehölzen zusammen. Jedoch ist der Gehölzanteil in der
Nahrung bei Schafen, wenn sie die Wahl haben, deutlich geringer
als bei Ziegen. [8]
7
2. Ziegen als Weidetiere
Daniel Elias & Sabine Tischew
Die Ziege zählt zu den ältesten Nutztieren des Men-
schen. Sie wurde vor etwa 10.000 Jahren im süd-
westasiatischen Raum domestiziert (Zeder & Hesse
2000). Seit dem Neolithikum sind Ziegen auch in Mit-
teleuropa als Nutztiere heimisch (Benecke 1994).
Ziegen haben damit die Sesshaftwerdung des Men-
schen in Mitteleuropa begleitet und dürften einen we-
sentlichen Beitrag bei der Urbarmachung der ehe-
mals vorhandenen Gebüsch- und Waldlandschaften
geleistet haben. Wegen ihrer relativ geringen Anfor-
derungen an die Futter- und Wasserqualität sind Zie-
gen heutzutage nahezu weltweit verbreitet (Weltbe-
stand: ca. 1 Milliarde Ziegen, FAO 2018). Sie werden
bevorzugt in Landschaften im Freiland gehalten, die
für den Ackerbau ungeeignet sind. Darüber hinaus
sind Ziegen vor allem in weniger entwickelten Regio-
nen und Ländern nach wie vor wichtige Milch- und
Fleischlieferanten.
Auch im deutschsprachigen Raum galt die Ziege
lange Zeit als „die Kuh des kleinen Mannes“. Trotz
des mageren Futters ermöglichten Ziegen relativ gute
Milcherträge. Darüber hinaus wurden sie als Reste-
verwerter, Zugtier und Fleischlieferant insbesondere
von ärmeren Bevölkerungsschichten genutzt. Ihren
Höhepunkt hatte die Ziegenhaltung in Deutschland in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit fast 5 Mil-
lionen Tieren (Rahmann 2010). Nach 1945 verlor die
Ziegenhaltung zunächst an Bedeutung. Erst gegen
Ende des 20. Jahrhunderts stieg aufgrund der wieder
erhöhten Nachfrage nach Ziegenmilch- und -fleisch-
produkten erneut das Interesse, Ziegen als Nutztiere
zu halten. Seit dieser Zeit wurden Ziegen auch zu-
nehmend in der Landschaftspflege eingesetzt. Mitt-
lerweile ist der deutsche Ziegenbestand wieder auf
rund 150.000 Tiere gestiegen (EPRS 2017), wobei
der Großteil dieser Tiere als Milchziegen im Stall oder
stallnah gehalten wird. Der Schwerpunkt des Ziegen-
bestandes in Deutschland befindet sich in Baden-
Württemberg und Bayern, wo fast die Hälfte der Zie-
gen gehalten werden. Die wichtigsten Ziegenrassen
in Deutschland sind die Bunte und Weiße Deutsche
Edelziege (Milchrassen) sowie die Burenziege
(Fleischrasse) (Rahmann 2010).
Ziegen sind sehr anpassungsfähige und genügsame
Mischfresser (Hofmann 1989). Sie weisen ein höhe-
res Selektionsvermögen und breiteres Futterarten-
spektrum als andere typische Weidetiere, wie Schaf,
Rind oder Pferd (Raufutter- bzw. Grasfresser), auf.
Bei freiem Zugang stellen sich Ziegen einen Nah-
rungsmix aus Gräsern, Kräutern und vor allem Gehöl-
zen (Blätter, Rinde, junge Zweige) zusammen. Zu-
dem wird bei vielen Gehölzen die Rinde geschält.
Sträucher und Bäume stellen damit die Hauptnah-
rungsquelle für Ziegen dar. Ziegen haben wie Schafe
eine gespaltene und bewegliche Oberlippe, die sie
zum gezielten (selektiven) Greifen einzelner Pflan-
zenteile (Blätter, Blüten oder Früchte) befähigt.
Darüber hinaus ist die Ziege das einzige Weidetier,
welches sich regelmäßig auf die Hinterbeine stellt (fa-
kultative Bipedie), um an höher gelegene Pflanzen-
teile zu gelangen. Außerdem gelten Ziegen als sehr
erkundungs- und kletterfreudig, weshalb auch abge-
legene und „verwilderte“ Abschnitte gern von ihnen
aufgesucht werden.
Die Fähigkeit der Ziegen zur „fakultativen Bipedie“ (stehen auf den
Hinterbeinen) ermöglicht den Tieren, Gehölze bis in eine Höhe von
ca. 1,80 m zu verbeißen. [9]
8
Aufgrund dieses Weideverhaltens hat die Land-
schaftspflege mit Ziegen weltweit an Bedeutung ge-
wonnen. Ziegen werden dabei insbesondere auf ver-
buschten Flächen zur Reduzierung des Gehölzauf-
kommens sowie zur Kontrolle von Problemarten
(z. B. Neophyten) eingesetzt. Ziegenbeweidung bie-
tet sich dabei vor allem auf abwechslungsreichen und
verbuschten Trockenstandorten mit Klettermöglich-
keiten (Steilhänge, Felsen) an, da solche Standorte
dem ursprünglichen Lebensraum der Ziege ähneln.
Burenziege beim Fressen an Berberitze (Berberis vulgaris) auf der
Weidefläche „Nelbener Grund“. Mit ihrer beweglichen Oberlippe
sind Ziegen auch an stark bedornten Trieben in der Lage, gezielt
Blätter abzufressen. [10]
Grasende Ziegen: der mengenmäßige Anteil des Gras-/Krautfra-
ßes variiert in Abhängigkeit der Verfügbarkeit, des Beweidungs-
zeitpunktes und der Dauer der Weideperiode. [11]
Ziegen nutzen als Ruhestandort gern felsige Bereiche an den
Oberhängen, von denen aus sie einen guten Überblick haben. [12]
Ziegen sind Herdentiere. Sie fressen und ruhen in aller Regel in
der Gruppe. [13]
Burenziegenherde auf einer Abraumhalde des Kupferschieferabbaus auf der Weidefläche „Nelbener Grund“. [14]
9
3. Das Untere Saaletal – Kulturlandschaft mit einzigartiger
Naturausstattung
3.1 Naturraum und Kulturlandschaftsgeschichte
Daniel Elias & Sabine Tischew
Die Saale durchfließt auf einer Strecke von 413 km
die Bundesländer Bayern, Thüringen und Sachsen-
Anhalt. Der Naturraum Unteres Saaletal befindet sich
in Sachsen-Anhalt und umfasst den Flussabschnitt
zwischen Halle (Saale) und der Elbemündung. Die
nachfolgend thematisierten Beweidungsflächen be-
finden sich im Flussabschnitt zwischen Halle und
Könnern. Die Saale ist in diesem Bereich abschnitts-
weise durch fließgewässerbegleitende Steilhänge
und flachgründige Standorte geprägt. Weiterhin be-
finden sich hier zahlreiche Seitentäler mit Trocken-
hängen, die bis zu 1.000 m in das Hinterland reichen
können. Das weitere Umland wird in diesem Bereich
überwiegend intensiv agrarisch genutzt. Es weist le-
diglich einen geringen Grünland- und Waldanteil auf.
Saaledurchbruch bei Rothenburg. Der Ortsname Rothenburg ist auf die für diesen Saaleabschnitt typischen roten Sandsteine (Mansfelder
Schichten) zurückzuführen. Weiterhin befand sich am Ostufer der Saale eine von den Slawen errichtete Wallburg, welche erstmals 961
urkundlich erwähnt wurde. [15]
10
Das Saaletal zwischen Halle und Könnern ist durch
wechselnde geologische Verhältnisse gekennzeich-
net. Zwischen Halle und Brachwitz durchbricht die
Saale den Halleschen Porphyrkomplex. Weiter fluss-
abwärts in Richtung Wettin weitet sich das Saaletal
zunächst wieder auf. In diesem Bereich wechselt das
Ausgangsgestein zwischen dem Porphyrkomplex,
dem begleitenden Zechsteinband und dem anschlie-
ßenden Buntsandstein der Mansfelder Mulde. Im
Flussabschnitt zwischen Dobis und Könnern verläuft
die Saale wiederum in einem landschaftlich reizvollen
Engtal. Die Saale durchbricht hier die aus dem Ober-
karbon stammenden Schichten der Halle-Hettstedter
Gebirgsbrücke. Zwischen Flusslauf und Oberhang
betragen die Höhenunterschiede abschnittsweise
mehr als 80 Meter. Bei Könnern erreicht die Saale
den vom Buntsandstein dominierten Bereich des
nordöstlichen Harzvorlandes und das Saaletal weitet
sich erneut auf (Reichhoff et al. 2001).
Das Untere Saaletal ist durch subkontinental getön-
tes Klima geprägt. Es befindet sich im Regenschatten
des Harzes und ist damit Teil Mitteldeutschen Tro-
ckengebiets. Die geringen Niederschläge von ca.
500 mm pro Jahr und die geringen Bedeckungsgrade
begünstigen die Erwärmung und tragen damit zu re-
lativ hohen Jahresdurchschnittstemperaturen von
ca. 9 °C im Unteren Saaletal bei. Typisch für die Re-
gion sind hochsommerliche Trockenperioden und
wenige, aber in der Regel sehr starke Gewitterregen
(Reichhoff et al. 2001).
Spätestens seit der ersten neolithischen Kultur der
frühen Ackerbauern und Viehzüchter (Linienbandke-
ramik) vor ca. 6.500 Jahren ist die Umgebung des
Unteren Saaletals kontinuierlich besiedelt (Kaufmann
1997). Bei archäologischen Ausgrabungen in jung-
steinzeitlichen Siedlungen wurden neben Rinder- und
Schweineknochen auch Belege für die Schaf- und
Ziegenhaltung gefunden (Benecke 1994). Schaf- und
Ziegenbeweidung sowie die Entnahme von Bau- und
Brennholz dürften die überwiegenden Nutzungsfor-
men der saalebegleitenden Trockenhänge über Jahr-
tausende hinweg gewesen sein.
Bedingt durch diese Nutzungsweise, die Nieder-
schlagsarmut und die geologische Vielfalt konnten
sich auf den Steilhängen im Unteren Saaletal natur-
schutzfachlich sehr wertvolle Trockenrasenbiotope
etablieren. Hinsichtlich Ausdehnung und Artenvielfalt
erreichten die Trockenrasen im ersten Viertel des 19.
Jahrhunderts ihren floristischen Höhepunkt (Große
1985). Zu dieser Zeit wurde das Landschaftsbild von
großräumigen Hutungsflächen geprägt (Richter et al.
2003). Außerdem wurden die thermisch begünstigten
Hanglagen für den Wein- und Obstanbau genutzt.
Während der Weinanbau schon vor längerer Zeit ein-
gestellt wurde, sind viele Streuobstwiesen aktuell
durch Überalterung und fehlende Nutzung stark ge-
fährdet. Gleiches gilt für die ehemals weit verbreiteten
Hutungsflächen auf den saalebegleitenden Trocken-
hängen.
Steinerne Jungfrau in Halle-Dölau. Im Unteren Saaletal und Um-
gebung findet man zahlreiche Zeugnisse aus vorgeschichtlicher
Zeit. Menhire wie die Steinerne Jungfrau wurden bevorzugt in der
Jungsteinzeit als Kultstätten aufgestellt. [16]
Saalehochwasser bei Wettin im Januar 2011. Im Bildvordergrund
anstehendes Porphyrgestein mit typischem Vegetationsmuster.
[17]
11
Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
setzte in allen Teilen des heutigen Bundesgebiets
wegen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedin-
gungen (z. B. Wollimporte aus Übersee, Verwendung
von Baumwolle) ein Rückgang der Schafhaltung ein
(Jäger & Mahn 2001). Viele Standorte wurden wegen
mangelnder Rentabilität aus der Nutzung genommen
oder aufgedüngt, um den Ertrag zu steigern. Der Nie-
dergang der Ziegenhaltung setzte erst später ein. An-
fang des 20. Jahrhunderts wurden im historischen
Saalkreis noch mehr als 7.500 Ziegen gezählt (Stein-
brück 1909). Zu DDR-Zeiten stiegen die Schafbe-
stände in den neu gegründeten Agrargenossenschaf-
ten zwar vorübergehend wieder deutlich an, jedoch
waren die Schäfer bereits bestrebt, große zusam-
menhängende Flächen zu beweiden, während klein-
flächige, weniger produktive Bereiche sich selbst
überlassen blieben (Jäger & Mahn 2001). Eine di-
rekte Folge der Kollektivierung zu DDR-Zeiten war
zudem die Reduzierung der privaten Tierhaltung und
damit der Wegfall der Beweidung extremer Steillagen
mit Ziegen.
Dementsprechend wurde bereits frühzeitig in der Re-
gion auf das Problem der Sukzession von Trockenra-
sen bei Nutzungsaufgabe und auf den sich ergeben-
den Maßnahmenbedarf hingewiesen. Spätestens seit
der politischen Wende in den 1990er Jahren, als die
Schafbestände erneut drastisch reduziert bzw. ganze
Herden abgeschafft wurden, liegen viele Trockenra-
senstandorte brach (Richter et al. 2003, Partzsch
2007).
Die Folgen sind (nicht nur im Unteren Saaletal)
großflächig brachfallende oder unterbeweidete
Flächen, die durch Vergrasung sowie insbesondere
durch die Zunahme der Gehölzdeckungen und dem
schrittweisen Verlust des typischen Arteninventars
gekennzeichnet sind. Mittlerweile sind im Unteren
Saaletal nur noch Fragmente bzw. Splitter- oder
Restflächen der ehemals weit verbreiteten
Trockenrasen vorhanden. Vielerorts liegen sie
kleinflächig inmitten von Sukzessionsgebüsch und
zusätzlich isoliert zwischen Acker-, Wald- und
Siedlungsflächen.
Historische Landnutzung - Schäfer vor Wettin um 1840. Die weitgehend strauch- und baumfreien Saalehänge wurden damals sehr intensiv
beweidet. Ein wesentlicher Unterschied zu intensiven Nutzungsweisen heutzutage ist die damals fehlende Düngung bzw. Zufütterung auf
den Hutungsflächen. [18]
12
3.2 Naturschutz und Seltenheit der Trockenrasen
Daniel Elias & Sabine Tischew
Im Flussabschnitt zwischen Halle (Saale) und Kön-
nern sind zahlreiche Schutzgebiete verschiedener
Kategorien vorhanden. Hervorzuheben sind insbe-
sondere zwei ausgedehnte Fauna-Flora-Habitat-Ge-
biete (FFH). Zwischen Halle und Wettin befindet sich
das FFH-Gebiet „Porphyrkuppenlandschaft nord-
westlich Halle“ (FFH0118LSA, 822 ha). Das FFH-Ge-
biet „Saaledurchbruch bei Rothenburg“
(FFH0114LSA, 482 ha) umfasst die saalebegleiten-
den Hänge und Seitentäler zwischen Dobis und Kön-
nern. In einem Seitental der Saale befindet sich au-
ßerdem das FFH-Gebiet „Salzatal bei Langenbogen“
(FFH0124LSA, 191 ha).
Wesentlicher Schutzgegenstand in diesen Gebieten
sind verschiedene Ausprägungen von Trockenrasen-
gesellschaften. Darunter befinden sich zum Teil sehr
seltene und in ihrer typischen regionalen Artenzu-
sammensetzung einzigartige Pflanzenformationen
(Elias et al. 2015). Viele dieser Trockenrasen- und
Felsflur-Pflanzengesellschaften sind bei entspre-
chender Artenausstattung Lebensraumtypen (LRT)
des Anhang I der FFH-Richtlinie und geschützte Bio-
tope nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz.
Kennzeichnend für die Trockenrasen im Unteren
Saaletal ist die enge Vergesellschaftung von allge-
mein weit verbreiteten Arten und solchen mit konti-
nentalem und submediterranem Verbreitungsschwer-
punkt (Mahn 1965, Große 1997). Viele kontinentale
Pflanzenarten weisen im Unteren Saaletal bzw. im
Mitteldeutschen Trockengebiet ihren deutschland-
weiten Verbreitungsschwerpunkt auf. Für einige die-
ser Arten besitzt Sachsen-Anhalt eine besondere
Verantwortung, da ein großer Anteil ihres Verbrei-
tungsgebietes in der Region liegt (z. B. Stängelloser
Tragant, Graue Skabiose). Aufgrund der allgemeinen
Gefährdungssituation gelten viele typische Pflanzen-
gesellschaften und Arten der Trockenrasen in der Re-
gion mittlerweile als stark gefährdet.
Subpannonischer Steppen-Trockenrasen (LRT 6240*) mit Haar-Pfriemengras (Stipa capillata) und Walliser Schwingel (Festuca valesiaca).
Dieser prioritäre LRT besitzt im Mitteldeutschen Trockengebiet einen deutschlandweiten Verbreitungsschwerpunkt, weshalb Sachsen-
Anhalt eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieses LRT hat. [19]
13
Der Stängellose Tragant (Astragalus
exscapus) ist kennzeichnend für den priori-
tären LRT Subpannonische Steppen-Tro-
ckenrasen (LRT 6240*). [20]
Das Frühlings-Adonisröschen (Adonis
vernalis) ist ebenso eine Charakterart der
Steppenrasen (LRT 6240*). [21]
Der Dänische Tragant (Astragalus danicus)
ist typisch für sonnige Steppenrasen (LRT
6240*). [22]
Die stark gefährdete Zottige Fahnenwicke
(Oxytropis pilosa) wächst gern innerhalb lü-
ckiger Steppenrasen (LRT 6240*). [23]
LRT 6210* (Kalk-Trockenrasen) mit Klei-
nem Knabenkraut (Orchis morio) in der
Porphyrlandschaft bei Halle (Saale). [24]
Blühendes Heidekraut, LRT 4030 (Tro-
ckene europäische Heiden). [25]
Die Galmei-Frühlingsmiere (Minuartia
caespitosa), eine lebensraumtypkennzeich-
nende Art des LRT 6130 (Schwermetallra-
sen). [26]
Sandthymian-Blauschwingel-Gesellschaft
(Thymo-Festucetum). Die Standorte sind
dem LRT 8230 (Silikatfelsen mit Pionierve-
getation) zuzuordnen. [27]
Die Habitate des Neuntöters (Lanius
collurio) befinden sich in offenen bis halbof-
fenen Landschaften. Die Weideflächen die-
nen als Brut- oder Nahrungsgebiete. [28]
Wichtig für die Zauneidechse (Lacerta
agilis) sind sonnenexponierte, vegetations-
arme Stellen mit gut grabbarem Substrat als
Eiablageplätze. [29]
Männchen des Himmelblauen Bläulings
(Polyommatus bellargus), im Unteren Saa-
letal gibt es nur noch wenige Vorkommen.
[30]
Die Ödlandschrecke (Oedipoda caerule-
scens) tritt auf sonnenexponierten und lü-
ckig bewachsenen Extremstandorten auf.
[31]
14
4. Modellprojekt zur Ziegenbeweidung
4.1 Ausgangssituation und Einrichtung der Weideflächen
Daniel Elias, Sandra Mann & Sabine Tischew
Ziel des Projektes war es, noch örtlich vorhandene
und neu einsteigende Tierhalter für die Nutzung von
bereits brach gefallenen oder bis dahin nur unzu-
reichend beweideten Trockenrasenlebensräumen zu
gewinnen. Aufgrund des besonderen Fraß- und
Raumverhaltens von Ziegen (bevorzugter Gehölz-
fraß, gute Eignung für bewegtes Gelände) wurden die
Tierhalter dazu angehalten, diese Weidetiere bevor-
zugt auf ihren Flächen einzusetzen.
In einem ersten Projekt des BUND Halle-Saalekreis
wurde ab 2007 der Zaunbau der ersten fünf Weide-
flächen realisiert sowie den Tierhaltern weitere Wei-
deflächeninfrastruktur (z. B. Unterstände) zur Verfü-
gung gestellt. Parallel dazu wurde durch die Hoch-
schule Anhalt bzw. das Prof. Hellriegel Institut e. V.
ein projektbegleitendes Monitoring initiiert. Im Rah-
men von Folgeprojekten wurden weitere Flächen ein-
gerichtet und das Weidemanagement entsprechend
der bis dahin gesammelten Erfahrungen angepasst.
Im Frühjahr 2007 wurde der Landschaftspflegeverein
Saaletal e. V. (Zickeritz) gegründet, durch den der
größte Teil der Flächen mit Ziegen beweidet wird.
Im Rahmen des Modellprojektes wurden insgesamt
13 Weideflächen zwischen Halle (Saale) und Kön-
nern eingerichtet. Sieben Flächen kamen durch wei-
tere Förderprojekte und Aktivitäten der beteiligten Ak-
teure hinzu. Drei der Flächen werden aktuell nicht
mehr beweidet. Folge-Weidenutzungen sind aber in
Planung.
Die Flächen, für die eine Initiierung der Ziegenbewei-
dung erfolgen sollte, wiesen folgende Merkmale auf:
stark geneigt und schwer begehbar,
geringe Flächengrößen (ca. 0,6 ha bis 8,3 ha;
im Durchschnitt 2,8 ha),
relativ weit auseinanderliegende Flächen.
Zudem waren bei Beweidungsbeginn kennzeich-
nend:
hohe Verbuschungsgrade,
starke Vergrasung und dichte Streuschichten,
Vorhandensein einer überwiegend noch artenrei-
chen Trockenrasen-Flora und -Fauna sowie hohe
Entwicklungspotenziale.
Die Weidefläche „Nelbener Grund“ ist mit mehr als 8 ha die größte der Ziegenweideflächen im Unteren Saaletal. Sie ist für ihre Artenvielfalt
überregional bekannt. Im Bild zu sehen ist die Salbei-Blüte (Salvia pratensis) im Bereich des Südhangs im Nelbener Grund. [32]
15
Trotz der zum Teil über Jahrzehnte ausgesetzten
oder vernachlässigten Nutzung und der dadurch
starken Vergrasungs- und Verbuschungseffekte
wiesen die Flächen vor Weidebeginn überwiegend
noch eine artenreiche Flora und Fauna der
Trockenrasen auf, die aber insbesondere aufgrund
der oft vorangeschrittenen Gehölzsukzession bereits
unmittelbar bedroht war.
Die Beweidung fand überwiegend mit Burenziegen,
zum Teil Mischlingsziegen, statt. Weiterhin wurde auf
einem Teil der Flächen auch eine Mischbeweidung
gemeinsam mit Schafen, Fjordpferden oder Schotti-
schen Hochlandrindern umgesetzt. Bei den Flächen
handelt es sich um Rotationsstandweiden mit fest in-
stallierten Zaunsystemen. In der ersten Projektphase
kamen Wildgatterzäune zum Einsatz, die sich aber
als ungeeignet erwiesen haben, da diese Art Zäune
auf den Steilhängen nicht ausbruchsicher im Boden
verankert werden konnten. Später wurden Elektro-
zäune installiert, die für die Ziegenbeweidung besser
geeignet waren und zudem von der Öffentlichkeit po-
sitiver wahrgenommen wurden.
Die üblichen Beweidungszeiten lagen in Abhängig-
keit der Witterungsbedingungen zwischen März/An-
fang April (Austrieb Gehölze) und Mitte/Ende Novem-
ber (Beginn nass-kalter Witterung). Die Standzeiten
der Weidetiere variierten zwischen vier Wochen und
sechs Monaten je nach Witterungslage, Aufwuchs,
Flächenverfügbarkeit und bewirtschaftungsabhängi-
gen Faktoren. In Einzelfällen wurden auch längere
Beweidungszeiten (einschließlich Ganzjahresbewei-
dung) von den Landwirten praktiziert. Die Besatzstär-
ken lagen entsprechend der vorhandenen Pflegede-
fizite (Verbuschung, Vergrasung), des allgemeinen
Biomasseaufwuchses und der Pflegeziele zwischen
0,2 und 1,0 GVE/ha/Jahr (Umrechnungsschlüssel:
eine ausgewachsene Ziege = 0,15 GVE).
Die Weidefläche „Zickeritzer Terrassen“ im vierten Beweidungsjahr
mit bereits reduzierter Strauchschicht. [33]
Freischneiden der Zauntrasse auf der Weidefläche „Brucksche
Terrassen“. [34]
Ziegen und Schottische Hochlandrinder gemeinsam auf der Wei-
defläche „Tannengrund“. [35]
Ausgewähltes Informationsmaterial, welches zum Thema Ziegen-
beweidung im Unteren Saaletal erstellt wurde. [36]
16
Da es sich ausschließlich um naturschutzfachlich
sehr wertvolle Flächen handelt, wurden die Bewirt-
schafter dazu angehalten, keine Zufütterung vorzu-
nehmen (Ausnahme Lockfütterung und Bereitstellung
von Mineralien), was überwiegend eingehalten
wurde.
Der Auf- und Abtrieb sowie Umtrieb der Weidetiere
erfolgte in der Regel mit dem Viehhänger, da eine
Trift zu den häufig isoliert bzw. relativ weit auseinan-
derliegenden Standorten im Regelfall nicht möglich
war.
Die Ziegenbeweidung wurde anfänglich von der loka-
len Bevölkerung durchaus kritisch begleitet. Hauptkri-
tikpunkt war die Einzäunung der Flächen. Weiterhin
gab es Bedenken von Naturschutzpraktikern, da in-
folge der Pflegedefizite (Verbuschung, Vergrasung)
anfänglich eine höhere Beweidungsintensität erfor-
derlich war und aufgrund der relativ langen Standzei-
ten Beeinträchtigungen durch Tritt und Eutrophierung
befürchtet wurden. Deshalb wurde das Ziegenbewei-
dungsprojekt durch ein naturschutzfachliches Monito-
ring begleitet. Zur Akzeptanzsteigerung fanden dar-
über hinaus zahlreiche Öffentlichkeitstermine (z. B.
Exkursionen, Vorträge) statt und es wurden insbe-
sondere vom Landschaftspflegeverein Saaletal e. V.
themenbezogene Umweltbildungstage veranstaltet.
Die Projekte wurden zu einem großen Anteil durch
den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Ent-
wicklung des ländlichen Raums und aus Mitteln des
Landes Sachsen-Anhalt gefördert (Naturschutz-
Richtlinien). Die finanziellen Mittel wurden für die Ein-
richtung der Weideflächen (Vor- und Nachpflege, Ein-
richtung Zaunanlagen und Weideinfrastruktur) und
die wissenschaftliche Begleitung sowie für die Öffent-
lichkeitsarbeit verwendet. Außerdem wurden durch
die Heidehof-Stiftung und die DAVID-Stiftung sowie
regionale Sparkassen finanzielle Mittel bereitgestellt.
Darüber hinaus erfolgte die Einrichtung weiterer Flä-
chen durch Gelder aus Ausgleichs- und Ersatzmaß-
nahmen.
Seit Beginn des Modellprojektes wurden zahlreiche Exkursionen im Bereich der Weideflächen durchgeführt. Im Bild zu sehen ist eine Ex-
kursionsgruppe innerhalb der Weidefläche „Nelbener Grund“ zur Tagung der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft im Juni 2015.
[37]
17
4.2. Naturschutzfachliche Erfolgskontrolle
Daniel Elias & Sabine Tischew
4.2.1 Gehölze
Auf den Ziegenweiden im Unteren Saaletal wurden
signifikante Rückgänge der Gehölzdeckungen fest-
gestellt (Abb. 2, Elias et al. 2018a). Von den Ziegen
wurden die Blätter, Blüten und Früchte sowie junge
Triebe und deren Knospen gefressen. Die Ziegen
stellten sich zum Fressen an Gehölzen häufig auf die
Hinterbeine, um auch höhergelegene Gehölzteile bis
in eine Höhe von ca. 1,8 Metern zu erreichen. Zum
Teil wurden nicht zu dicke zentrale Triebe von Sträu-
chern und jungen Bäumen durch die Ziegen auch ge-
zielt mit den Vorderbeinen oder dem ganzen Ober-
körper heruntergedrückt, um an weiteres Futter zu
gelangen. Während in den ersten Weidejahren die er-
fassten Deckungsrückgänge im Wesentlichen auf
den Blattverlust durch den Fraß zurückzuführen wa-
ren, konnten später aufgrund des intensiven Verbis-
ses zunehmend auch Vitalitätsverluste beobachtet
werden. Diese führten zum Absterben einzelner
Sträucher und Bäume. Höhere Sträucher und vor al-
lem Bäume wurden in der Regel nur randlich befres-
sen. Zum Teil wurden Bäume mit geringmächtiger
Rinde aber geschält, wodurch einzelne Bäume eben-
falls abstarben.
Ergebnis intensiver Ziegenbeweidung – die Gehölze sind bis zu ei-
ner Höhe von ca. 1,8 Metern stark verbissen. [38]
Abb. 2: Entwicklung der Gehölzdeckungen in Dauerbeobachtungsflächen (5 m x 5 m) auf sechs Ziegenweiden und unbeweideten Kontroll-
flächen im Unteren Saaletal über einen Zeitraum von sieben Jahren (Mittelwerte ± Standardfehler).
18
Die jeweiligen Gehölzarten wurden entsprechend ih-
rer Verfügbarkeit auf den Weideflächen gefressen,
d. h. die häufigsten Straucharten auf den Weideflä-
chen wurden auch am häufigsten von den Ziegen an-
genommen (Abb. 3). Es wurde keine Meidung von
bestachelten oder bedornten Gehölzarten festge-
stellt, was mit der vergleichsweise intensiven Bewei-
dung in der Renaturierungsphase (Pflegephase zur
Erreichung der Renaturierungsziele) zusammenhän-
gen dürfte (Elias & Tischew 2016). Da bestachelte
und bedornte Straucharten die Verbuschungsstadien
auf den Trockenstandorten im Unteren Saaletal do-
minierten (z. B. Berberitze, Weißdorn-Arten), wurden
diese auch am häufigsten gefressen.
Entsprechend der Futterqualität auf den Weideflä-
chen haben die Fraßanteile bei den einzelnen Ge-
hölzarten in Abhängigkeit von verschiedenen Weide-
zeitpunkten, der Dauer der Weideperiode oder auch
von Jahr zu Jahr jedoch durchaus variiert. Der Fraß-
anteil der jeweiligen Arten war darüber hinaus vom
Entwicklungsstadium der Gehölze abhängig.
Beispielsweise wurden die proteinreichen Blätter von
Robinien (Robinia pseudoacacia) von den Ziegen
sehr gern gefressen. Sofern junge Robinien auf der
Weidefläche vorhanden waren (z. B. der Wiederaus-
trieb nach Entbuschungsmaßnahmen), wurden diese
bevorzugt als Nahrung genutzt und auch deren Rinde
geschält. Bei bereits sehr hochwüchsigen Exempla-
ren war es den Ziegen jedoch nur möglich, die herab-
hängenden Triebe und Blätter zu fressen und die be-
reits dicke Borke war für die Tiere nicht mehr verwert-
bar.
Das Schälen der Rinde von Bäumen wurde im Unteren Saaletal
aufgrund der weitgehenden Beschränkung der W eidezeit auf die
Vegetationsperiode vergleichsweise selten beobachtet. Sofern
junge Eschen (Fraxinus excelsior) jedoch vorhanden waren, wur-
den deren Rinden aber sehr häufig geschält. [39]
Abb. 3: Mittlerer Gehölzfraß in Minuten pro Tag (60 Ziegen auf drei Weideflächen, jeweils 8 h Beobachtungszeit) in Abhängigkeit der Häu-
figkeit der vorkommenden Gehölzarten (1 = Einzelgehölz bis 5 = auf der Weidefläche dominierende Gehölzart) (Mittelwerte ± Standardfeh-
ler).
19
Ziegenbeobachtung zur Erfassung der Weideaktivitäten und des
gefressenen Gehölzartenspektrums. [40]
Ziegenfraß im Berberitzen-Dickicht. Die Berberitze wurde trotz ih-
rer „Giftigkeit“, der spitzen Dornen und der kleinen Blätter sehr häu-
fig von den Ziegen gefressen, sofern Berberitzen in relevanten
Größenordnungen auf den Weideflächen vorkamen. [41]
Oberes Bild: Nutzungsgrenze im Ostteil der Weidefläche „Nelbener Grund“ im zweiten Beweidungsjahr (2009). Auf der rechten, noch unbe-
weideten Seite befindet sich ein Robiniendickicht. Unteres Bild: gleicher Bildausschnitt im Jahr 2013 nachdem die Weidefläche im Jahr 2010
vergrößert wurde (alter Zaunverlauf rot dargestellt). Das ca. 0,4 ha große Robiniendickicht wurde durch die Ziegenaktivitäten in Verbindung
mit einer Nachpflege vollständig beseitigt. [42]
20
4.2.2 Krautschicht
Verglichen mit den unbeweideten Kontrollflächen
wurde eine deutliche Reduzierung der Streuschich-
ten (Abb. 4) und Deckungen von „brachetoleranten“
Grasarten auf den Ziegenweiden festgestellt. Ein wei-
teres Ergebnis war die Schaffung von Offenboden-
stellen bzw. von Vegetationslücken innerhalb ehe-
mals stark vergraster Bereiche, die die Keimung und
Etablierung schwachwüchsiger Trockenrasenarten
begünstigten (Elias et al. 2018a).
Abb. 4: Entwicklung der Streudeckungen in Dauerbeobachtungsflächen (5 m x 5 m) auf sechs Ziegenweiden und unbeweideten Kontrollflä-
chen im Unteren Saaletal über einen Zeitraum von sieben Jahren (Mittelwerte ± Standardfehler).
Ziegen verbeißen nicht nur Gehölze, sondern fressen auch effektiv Gräser und Kräuter. Der mengenmäßige Anteil des Gras-/Krautfraßes
kann ebenso wie bei den Gehölzen in Abhängigkeit von deren Verfügbarkeit, den Weidezeitpunkten und der Dauer der Weideperiode vari-
ieren. [43]
21
Die Deckungen von charakteristischen Trockenra-
senarten entwickelten sich in Abhängigkeit der Aus-
gangsverbuschung unterschiedlich. Während inner-
halb ehemals stark verbuschter Teilbereiche leichte
Deckungszunahmen festgestellt wurden, führte die
Ziegenbeweidung in den geringer verbuschten, dafür
aber häufig mehr vergrasten Teilbereichen, erwar-
tungsgemäß zu leicht rückläufigen Deckungen bei
den Zielarten. In beiden Strukturtypen wurde aber
eine zum Teil deutliche Erhöhung der Artenzahlen
von Trockenrasenarten festgestellt (Abb. 5, Elias et
al. 2018a).
Neben kurzlebigen Zielarten (v. a. Therophyten), die
vor allem von den höheren Offenbodenanteilen profi-
tiert haben, wurden auch bei mehrjährigen und zum
Teil sehr seltenen Trockenrasenarten (z. B. Bartgras,
Dänischer Tragant, Zottige Fahnenwicke) Bestands-
zuwächse registriert.
Langlebige Individuen von Arten mit kräftigen Wurzel-
systemen, wie dem Stängellosen Tragant (Astragalus
exscapus), können vermutlich auch unter ungünsti-
gen Bedingungen und ohne Austreiben einer größe-
ren Blattrosette einige Zeit im dichten Strauchwerk o-
der Grasfilz überdauern. Nach Freistellung der Stand-
orte können diese Arten wieder mit verstärktem Aus-
trieb, Blüte und generativer Vermehrung reagieren,
was auf vielen Flächen auch sehr erfolgreich zu be-
obachten war (Elias et al. 2014).
Zählung der Verantwortungsart Stängelloser Tragant (Astragalus
exscapus) auf einem Steppenrasenhang auf der Weidefläche „Nel-
bener Grund“. Parallel zur Reduzierung der Gehölzdeckung hat
sich der Bestand der sehr seltenen Pflanzenart sehr positiv auf
mehr als 2.000 adulte Exemplare entwickelt. [44]
Abb. 5: Entwicklung der Artenzahlen der Zielarten (charakteristische Trockenrasenarten und Rote-Liste-Arten) in Dauerbeobachtungsflä-
chen (5 m x 5 m) auf sechs Ziegenweiden und unbeweideten Kontrollflächen im Unteren Saaletal über einen Zeitraum von sieben Jahren
(Mittelwerte ± Standardfehler).
22
Der gefährdete Felsen-Goldstern (Gagea bohemica)
hat ebenso von der Ziegenbeweidung und der
dadurch verbesserten Habitatstruktur (v. a. verrin-
gerte Beschattung) profitiert (Elias et al. 2018b). Die
Art wächst gern auf sonnenexponierten Oberhängen,
häufig im Umfeld von Felspodesten, was auch die be-
vorzugten Ruheplätze der Ziegen waren. Diese
Standorte sind in den Sommermonaten durch einen
hohen Offenbodenanteil und Kotkonzentrationen ge-
kennzeichnet. Dennoch wurden in solchen Bereichen
die höchsten Individuenzahlen zur Blütezeit im Früh-
jahr erfasst (Abb. 6). Da der Felsen-Goldstern sich
überwiegend vegetativ über Brutzwiebeln vermehrt,
fördert der Huftritt vermutlich zusätzlich auch das
Loslösen der nahe der Oberfläche befindlichen Brut-
zwiebeln von den „Mutterpflanzen“ („Gärtnerfunk-
tion“). Ebenso können die Brutzwiebeln über die Hufe
ausgebreitet werden.
Der gelb blühende Felsen-Goldstern (Gagea bohemica), ein sehr
zeitig blühender Frühjahrs-Geophyt, hat ebenso von der Ziegenbe-
weidung profitiert. [45]
Nitrophile Ruderalarten kamen auf den Weideflächen
nur sporadisch mit wenigen Individuen innerhalb der
wertgebenden Trockenrasen vor, wenngleich seit Be-
weidungsbeginn eine leichte Zunahme der Artenzah-
len bei dieser Artengruppe beobachtet wurde. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass solche Pflanzenarten bis
zu einem gewissen Grad durchaus als typische Kom-
ponenten beweideter und lückig bewachsener Tro-
ckenrasen einzustufen sind (Brandes & Pfützen-
reuther 2013). Konzentrationen von Ziegenkot waren
innerhalb der Ziegenweiden nur punktuell vorhanden
(bevorzugte Ruheplätze, Umfeld von Unterstand und
Tränke). Da die Ziegen aber gern an exponierten
Stellen lagerten, waren solche punktuellen Kotkon-
zentrationen allerdings auch in oberen Hanglagen
vorzufinden. In diesen Bereichen sind die Nährstoffe
aufgrund der extremen Standortbedingungen (Flach-
gründigkeit und Trockenheit der Böden: Wasser limi-
tierender Faktor) jedoch nur eingeschränkt pflanzen-
verfügbar, weshalb Ruderalarten hier nur sehr spora-
disch auftraten. Höhere Abundanzen von nitrophilen
Arten, wie zum Beispiel der Großen Brennnessel
(Urtica dioica), waren nur kleinflächig im Umfeld von
Unterstand und Tränke vorhanden. Voraussetzung
hierfür ist der Verzicht auf Düngung und Zufütterung
auf den Weideflächen (Ausnahme Lockfütterung und
Mineralienzugabe). Empfehlenswert ist weiterhin,
dass Unterstand und Tränke möglichst nicht im Be-
reich schützenswerter Trockenrasenlebensräume
eingerichtet werden.
Abb. 6: Offenbodenanteile im Juni 2013 und Deckung des Felsen-Goldsterns im März 2014 in Dauerbeobachtungsflächen (1 m x 1 m) auf
drei Ziegenweiden und sporadisch mit Schafen beweideten Vergleichsflächen (jeweils n=4, Mittelwerte ± Standardfehler).
23
Ziegen gelten als sehr genügsam. Sofern ihnen jedoch ausrei-
chend gehaltvolles Futter zur Verfügung steht, meiden sie zuneh-
mend Pflanzenarten mit schlechten Geschmackseigenschaften
(Inhaltsstoffe, Behaarung), wie dem Deutschen Ziest (Stachys ger-
manica), die dadurch eine Förderung erfahren. [46]
Der Kletten-Igelsame (Lappula squarossa) ist eine gefährdete Ru-
deralpflanze, die ebenso von der Ziegenbeweidung profitiert hat.
Bedeutsam für die Art ist die Schaffung von Offenbodenbereichen
durch Huftritt. Außerdem können die Klettfrüchte über das Fell der
Ziegen verbreitet werden. [47]
4.2.3 Fauna
Avifauna
Im Umfeld von drei Weideflächen wurden insgesamt
58 Vogelarten nachgewiesen, wobei 41 Arten als
Brutvogelarten (Brutverdachte/Brutnachweise) ein-
gestuft wurden. Hervorzuheben sind die Vorkommen
von Bienenfresser, Braunkehlchen, Feldlerche, Gar-
tenrotschwanz, Grauammer, Neuntöter, Ortolan,
Sperbergrasmücke und Wendehals.
Bis zum Ende der avifaunistischen Untersuchungen
im Jahr 2013 stellten Wald- und Gebüsch-Arten noch
den überwiegenden Teil des Gesamtarteninventars
auf den Ziegenweiden dar. Mit zunehmender Öffnung
der Ziegenweiden verbesserte sich die Habitatstruk-
tur für die Offenlandarten. Da in der Umgebung der
Ziegenweiden großflächig Sukzessionsflächen mit
erheblichem Strauchaufwuchs bzw. Waldstrukturen
vorhanden sind, bleiben die Ziegenweiden aber auch
weiterhin ein wichtiges Nahrungshabitat für Wald-
und Gebüscharten.
Heuschrecken
Innerhalb von drei detailliert untersuchten Weideflä-
chen wurden insgesamt 23 Heuschreckenarten, da-
runter sechs Rote-Liste-Arten, nachgewiesen (Erfas-
sungszeitraum 2010-2011, 2013-2014). Das Artenin-
ventar setzte sich überwiegend aus typischen Tro-
ckenrasenarten zusammen. Dabei handelt es sich
mehrheitlich um trocken- und wärmeliebende Arten,
die zum Teil auch auf eine sehr lückige Vegetations-
bedeckung angewiesen sind. Bevorzugte Habitate
dieser Arten sind offene, sonnenexponierte, überwie-
gend kurzrasige oder lückige Magerrasen. Hervorzu-
heben ist das Vorkommen des stark gefährdeten Klei-
nen Heidegrashüpfers (Stenobothrus stigmaticus)
auf der Weidefläche „Mücheln“.
Das Heuschrecken-Arteninventar war auf den Zie-
genweiden im bisherigen Beobachtungszeitraum
sehr konstant. Hinsichtlich der Individuenzahlen bei
den Heuschrecken wurden deutliche Fluktuationen
zwischen den Jahren mit einem Trend hin zu steigen-
den Individuenzahlen mit fortschreitender Bewei-
dungsdauer festgestellt. Dies kann auf die verbes-
serte Habitatqualität (verringerte Beschattung, Redu-
zierung hochwüchsiger Vegetationsstrukturen und
verringerter Streufilz) und die damit verbundene Ver-
größerung des Lebensraumes für typische Trocken-
rasenarten, wie z. B. die Blauflügelige Ödlandschre-
cke (Oedipoda caerulescens), zurückgeführt werden.
24
Tagfalter/Widderchen
Im Rahmen der Erfolgskontrolle wurden innerhalb
von drei detailliert untersuchten Weideflächen insge-
samt 45 Falter- und Widderchenarten (darunter 10
Rote-Liste-Arten) festgestellt (Erfassungszeitraum
2010-2011, 2013-2014). Das Arteninventar setzte
sich weitestgehend aus typischen Magerrasenarten
und euryöken, allgemein weit verbreiteten Arten zu-
sammen. Bemerkenswert waren unter anderem die
Nachweise des Himmelblauen Bläulings
(Polyommatus bellargus) und des Silbergrünen Bläu-
lings (Polyommatus coridon), die beide vereinzelt auf
den Weideflächen auftraten.
Die Optimalhabitate der Gefleckten Keulenschrecke
(Myrmeleotettix maculatus) zeichnen sich durch lückigen und nied-
rigen Pflanzenbewuchs aus. [48]
Ansammlungen saugender Tagfalter (hier Weißlinge) auf frischem
Rinderkot waren auf den Mischbeweidungsflächen häufig anzutref-
fen. [49]
Während das Arteninventar über den Beobachtungs-
zeitraum weitgehend konstant blieb, zeigten sich bei
den Individuenzahlen zwischen den Erfassungsgän-
gen deutliche Fluktuationen. Weideflächen und Teil-
bereiche (z. B. nahe der Tränken und Ruheplätze der
Ziegen), die aktuell bzw. insgesamt stärker beweidet
wurden, waren zumeist vorübergehend deutlich blü-
ten- und damit auch falterärmer. Diese Flächen und
Bereiche wurden von den Tieren in Weidepausen
aber sehr schnell neu besiedelt. Darüber hinaus wur-
den im Jahresvergleich deutliche Unterschiede in den
Individuenzahlen in Abhängigkeit von Witterung und
Biomasseaufwuchs auf den Weideflächen festge-
stellt. Generell werden typische Trockenrasen-Tag-
falter und -Widderchen aufgrund der verbesserten
Habitatstruktur langfristig von der Beweidungsmaß-
nahme profitieren.
4.2.4 Vegetationsentwicklung innerhalb
unbeweideter Kontrollflächen
Um die Entwicklungen auf den Weideflächen besser
einordnen zu können, wurden zusätzlich auch unbe-
weidete Kontrollflächen im unmittelbaren Umfeld der
Beweidungsflächen eingerichtet und untersucht. Auf-
grund des fehlenden Störungsregimes wurde in die-
sen unbeweideten Bereichen eine gegenläufige Ent-
wicklung und signifikante Zunahmen bei den Gehöl-
zen (Abb. 2) sowie den „brachetoleranten“ Grasarten
und den Streudeckungen (Abb. 4) festgestellt, was
zur weiteren Verkleinerung der noch vorhandenen
Trockenrasenlebensräume führte. Die Deckung der
charakteristischen und seltenen Zielarten war zumin-
dest auf den stark verbuschten Kontrollflächen be-
reits deutlich rückläufig, während die Artenzahlen in
beiden untersuchten Strukturtypen noch weitgehend
stabil waren (Abb. 5). Diese Beobachtung zeigt einer-
seits die hohe Gefährdungsdisposition, da mit weiter
steigender Gehölzdeckung Trockenrasenarten aus-
fallen werden. Anderseits verdeutlicht dies das Rena-
turierungspotenzial, dass immer noch typische Arten
inmitten dichter Gehölzstrukturen sichtbar anzutref-
fen sind, diese aber zeitnah wieder freigestellt werden
müssen. Ruderalarten kamen innerhalb der unbewei-
deten Kontrollflächen ebenso nur mit sehr geringen
Abundanzen vor.
25
4.2.5 Fazit
Ziegenbeweidung mit fest installierten Zaunsystemen
stellt eine effiziente, nachhaltige und natürliche Me-
thode zur Wiederherstellung und zum Erhalt von Tro-
ckenrasen dar. Aufgrund ihrer Anpassungen sind Zie-
gen für die Beweidung verbuschter Trockenhänge
besonders gut geeignet. Im Vergleich zu den unbe-
weideten Kontrollflächen wurde der Gehölzaufwuchs
und der zumindest in Teilbereichen vorherrschende
Grasfilz auf den Ziegenweiden im Unteren Saaletal
deutlich reduziert. Für den Renaturierungserfolg ist
ein standortangepasstes Management unter Beach-
tung der vorkommenden Lebensräume und Arten,
der Pflegedefizite und -ziele sowie der Produktivität
der Standorte erforderlich (vgl. Kap. 4.3).
Wesentliche Pflegeeffekte haben sich im Unteren
Saaletal durch die kombinierte Wirkung von Fraß,
Huftritt, Kotabsatz und Diasporentransport ergeben
(Abb. 7).
Ziegen bevorzugen Mischfutter, welches aus Blättern
und Rinde von Sträuchern und Bäumen sowie Grä-
sern und Kräutern bestehen sollte, wobei bei freiem
Zugang eine Präferenz für Gehölze vorliegt. Sie wei-
sen grundsätzlich ein hohes Selektionsvermögen auf
(Mischfresser, fakultative Bipedie, bewegliche Ober-
lippe), d. h. sie suchen sich aus dem angebotenen
Nahrungsspektrum die nahrhaftesten Pflanzenarten
und -teile aus. Dabei sind sie aber außergewöhnlich
anpassungsfähig und können auch rohfaserreiches
und proteinarmes Futter gut verwerten. Der Ziegen-
fraß führt bei entsprechender Beweidungsintensität
zur Reduzierung der oberirdischen Phytomasse von
konkurrenzstarken Sträuchern und Gräsern und es
werden auch wenig schmackhafte sowie bestachelte
oder bedornte Gehölzarten sehr intensiv gefressen.
Darüber hinaus ergeben sich Pflegeeffekte durch den
Huftritt der Weidetiere. Huftritt verbessert insbeson-
dere im Bereich aufgelassener oder vernachlässigter
Standorte den Abbau des Streufilzes (Zerkleinerung
und verbesserte Zersetzung) und ermöglicht zusätz-
lich zum Fraß das Entstehen von Vegetationslücken,
die wiederum als Keim- und Etablierungsnischen für
schwachwüchsige Trockenrasenarten dienen kön-
nen. Darüber hinaus kann durch die Reduzierung
dichter Streumatten als Folge des Huftritts die
Diasporenbank im Boden aktiviert werden. Möglich-
erweise verbessert extensiver Huftritt auch das Keim-
lingsaufkommen vieler Arten, wenn die Samen in den
Boden dadurch leicht eingearbeitet werden (Eichberg
& Donath 2018).
Entwicklung eines Brombeergebüsches auf der Weidefläche „Friedeburg“ (oben: 2009, unten: 2017). [50]
26
Der Ziegenfraß in Kombination mit der Hufeinwirkung
führte im Unteren Saaletal quantitativ zur Vergröße-
rung des besiedelbaren Areals sowie qualitativ zur
Verbesserung der Habitatbedingungen für Trocken-
rasenarten (weniger Beschattung und Konkurrenz).
Im Ergebnis entstanden niedrigwüchsigere und auf-
gelockert wachsende Vegetationsstrukturen, die das
Aufkommen von konkurrenzschwachen Trockenra-
senarten in entstandenen Vegetationslücken begüns-
tigten. Dass von den Ziegen auch gelegentlich Zielar-
ten gefressen oder umgetreten werden, ist ein natür-
licher Vorgang auf den Weideflächen und bis zu ei-
nem gewissen Grad zu tolerieren, sofern die Habi-
tatstruktur sich insgesamt verbessert. Letztlich be-
deutet die Reduzierung der Pflegedefizite (Verbu-
schung, Grasfilz) und die Erhöhung der Artenzahlen
der charakteristischen und gefährdeten Trockenra-
senarten die Verbesserung der Erhaltungszustände
der vorkommenden Trockenrasen-Lebensraumty-
pen.
Da auf den Weideflächen im Unteren Saaletal keine
Zufütterung (Ausnahme Mineralien, Lockfütterung)
erfolgte, wurden Eutrophierungseffekte nur sehr
kleinflächig außerhalb wertgebender Bereich im Um-
feld von Unterstand und Tränke beobachtet. Durch
Kotkonzentrationen an Ziegen-Ruheplätzen haben
sich keine negativen Effekte ergeben. An den Kot der
Weidetiere sind hingegen spezialisierte Insektenar-
ten gebunden, die wiederum Nahrungsquelle für ver-
schiedene Vogelarten sind.
Ein weiterer Weideeffekt besteht im Transport von
Pflanzensamen im Fell oder in den Hufen sowie de-
ren Ausbreitung durch den Kot der Weidetiere. Ent-
sprechende Effekte ergeben sich auf den Rotations-
standweiden innerhalb der jeweiligen Weidefläche
oder beim Umsetzen der Tiere zwischen den Flä-
chen.
Abb. 7: Schematische Darstellung ablaufender Prozesse nach Nutzungsaufgabe und bei Ziegenbeweidung.
27
4.3 Hinweise zum Management
Sandra Mann & Matthias Necker
(Landschaftspflegeverein Saaletal e. V.)
Mit dem Beginn des Modellprojektes begann auch ein Monitoring, welches Untersuchungen zum geeigneten
Management der Flächen einschloss. Hierbei wurden neben den Flächen des Landschaftspflegevereins auch
Flächen weiterer Bewirtschafter einbezogen. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen werden nachfolgend
wichtige Aspekte zum Management der Ziegenweiden dargestellt.
4.3.1 Landschaftspflege mit Burenziegen
In der Landschaftspflege werden unterschiedliche
Ziegenrassen eingesetzt. Häufig kommen hierbei Bu-
renziegen zum Einsatz. Auch im Unteren Saaletal
wird auf den Projektflächen diese Ziegenrasse ge-
nutzt und hat sich in den letzten Jahren sehr gut be-
währt. Beim Landschaftspflegeverein Saaletal e. V.,
der zu Beginn der Beweidung auch einige Buren-
Milchziegen-Mischlinge in der Herde führte, wurde
der Bestand relativ schnell auf möglichst reine Buren-
ziegen umgestellt, da sich schnell zeigte, dass die Ar-
beit mit den Burenziegen auf den verbuschten Tro-
ckenstandorten deutlich besser händelbar war als mit
den sprungfreudigeren Ziegenmischlingen.
Die Burenziege ist eine Fleischziegen-Rasse und
kommt mit dem Futterangebot der Magerstandorte
gut zurecht. Charakteristisch sind neben dem in der
Regel weißen Körper, ein braun- bis hellbrauner Kopf
mit weißer Blesse und relativ lange, hängende Ohren.
Die Burenziegen sind in der Regel behornt und stam-
men ursprünglich aus Südafrika (Späth et al. 2012).
Burenziegen sind sehr gute Kletterer, besitzen aber
dennoch ein vergleichsweise ruhiges Gemüt. Diese
Ziegenrasse frisst Blätter und Rinde von Laubgehöl-
zen, wobei sehr gute Erfahrungen mit bewehrten Ge-
hölzen wie Rosen- und Weißdornarten, Schlehen und
sogar Berberitze vorliegen. Alte Eichen und Süßkir-
schen werden aufgrund der Gerbstoffe in der Rinde
nicht geschält. Auch Gräser, Kräuter sowie alte über-
ständige Streuschichten werden bei richtiger Weide-
führung gut gefressen. Positiven Einfluss hat zusätz-
lich der Huftritt, der ebenfalls Streuschichten auflich-
tet und Etablierungsnischen für die Zielarten schaffen
kann. Durch das vergleichsweise kleine und nach der
Lammzeit schnell zurückgebildete Euter sind auch
die Verletzungsgefahren im Gelände deutlich gerin-
ger als bei einigen anderen Ziegenrassen.
Burenziegen des Landschaftspflegevereins Saaletal e. V. auf der
Fläche „Friedeburg“. [51]
Um auch noch in größerer Höhe Blätter fressen zu können, stellen
sich Ziegen auf die Hinterbeine. [52]
28
4.3.2 Mischbeweidung
Auf einzelnen, etwas weniger stark geneigten Flä-
chen wurde die Ziegenbeweidung im Unteren Saale-
tal gemeinsam mit Robust-Rindern (Highland Cattle)
und Robust-Pferden (Fjord-Pferden) durchgeführt.
Zum Teil kamen auch verschiedene Schafrassen
zum Einsatz.
Grundsätzlich führt eine Mischbeweidung zu einem
effizienteren Abweiden der oberirdischen Phy-
tomasse, da die einzelnen Weidetierrassen unter-
schiedliche Präferenzen abdecken. Deshalb ist die
Mischbeweidung durchaus sehr positiv, sofern die
Geländestruktur der jeweiligen Weidefläche geeignet
ist (vgl. auch Rahmann 2000). Für eine Rinder- und
Pferdebeweidung sollte das Gelände jedoch nicht zu
steil und felsig, möglichst tiefgründiger und etwas
nährstoffreicher sein. Bei einer Mischbeweidung mit
Ziegen und Schafen ist zu beachten, dass in einer
Schafherde nur relativ wenige Ziegen mitgeführt wer-
den können, da ein zu hoher Anteil an Ziegen bei ei-
ner Mischbeweidung zu größeren Problemen für die
Schafe führen kann (unterschiedliches Sozialverhal-
ten). Ist auf den Weideflächen eine höhere Verbu-
schung vorhanden und somit ein hoher Anteil Ziegen
für die Wiederherstellung der Fläche notwendig,
sollte folglich entweder mit einer reinen Ziegenherde
beweidet oder die Misch-Beweidung mit größeren
Tieren wie z. B. Robust-Pferden oder Robust-Rindern
umgesetzt werden.
Die Mischbeweidung wurde im Unteren Saaletal ver-
schieden umgesetzt. Zum Teil weideten mehrere
Tierarten zeitgleich auf den Flächen oder es erfolgte
mit den Robust-Pferden eine Nachbeweidung auf der
Ziegenweidefläche. In einem Fall wurden die Fjord-
Pferde auch für eine Erstbeweidung über die Winter-
monate erfolgreich eingesetzt. Die Ergebnisse bei der
Beseitigung von Streuauflagen auf ehemals stark ver-
grasten Flächen mit dicken Streuauflagen waren ge-
rade bei den eingesetzten Fjord-Pferden erstaunlich
positiv.
Fjord-Pferd und Burenziegen-Bock bei der Misch-Beweidung der
„Bruckschen Terrassen“ im Spätsommer. [53]
Zusammenfassend ist jedoch festzuhalten, dass die
Ziegenbeweidung auf stark verbuschten Trocken-
standorten insbesondere in felsigen Steilhanglagen
immer die bevorzugte Variante darstellt, da Ziegen
alle Bereiche der Weide erreichen und gerade die
Gehölze besonders gut verbeißen.
Die Robust-Pferde (Fjord-Pferde) leisten auf den weniger stark ge-
neigten Flächen eine wichtige Arbeit bei der Auflösung dichter
Streuschichten. Im Bild: Winterweide nach Einrichtung der Weide-
fläche „Bruckschen Terrassen“. [54]
Die „Bruckschen Terrassen“ einige Monate später (vgl. Bild links).
Nach Beseitigung der Streuschicht blühten wieder Wiesen-Schlüs-
selblumen (Primula veris) auf der Fläche. [55]
29
4.3.3 Besatzstärke und Besatzdichte
Eine Angabe zur Besatzstärke (durchschn. Tierbe-
satz auf der Beweidungsfläche innerhalb eines Jah-
res) und der Besatzdichte (tatsächlicher Tierbesatz
auf einer Flächeneinheit) kann nicht pauschal vorge-
nommen werden. Vielmehr sind diese Parameter
stets den Bedingungen des Standortes anzupassen.
Insbesondere auf den naturschutzfachlich wertvollen
Trockenstandorten ist häufig für jede Beweidungsflä-
che mit ihren spezifischen Standorteigenschaften
und Entwicklungszielen eine individuelle Entschei-
dung bezüglich des Managements notwendig.
Auf den Beweidungsflächen des Landschaftspflege-
vereins im Unteren Saaletal lagen die Besatzstärken
zwischen 0,2 und 1,0 GVE/ha/Jahr (1 ausgewach-
sene Ziege = 0,15 GVE). Innerhalb dieser Bewei-
dungsflächen konnten mehrheitlich sehr erfolgreich
die Vergrasung bzw. Verfilzung und die Gehölzde-
ckungen reduziert werden. Dadurch bedingt verklei-
nerte sich in den Folgejahren jedoch das Futterange-
bot. Hinzu kommt, dass sich mit der positiven Ent-
wicklung von Trockenrasen die Futterwerte auf den
Weideflächen zum Teil verschlechterten („schlechte
Futterwerte“ der typischen Trockenrasen-Arten), was
wiederum eine Reduzierung der Besatzstärke erfor-
derlich machte.
Da es sich bei den Weideflächen im Unteren Saaletal
überwiegend um flachgründige und nährstoffärmere
Standorte handelt, waren Besatzstärken von über 1,0
GVE/ha/Jahr vergleichsweise selten. Mit dieser In-
tensität wurden nur relativ tiefgründige und/oder sehr
stark verbuschte Flächen in den ersten Jahren bewei-
det. Entsprechend hohe Besatzstärken können zum
Teil aber auf neu eingerichteten Beweidungsflächen
erforderlich sein, auf denen die starke Vergra-
sung/Verfilzung und Verbuschung in den ersten ein
bis zwei Jahren zurückgeführt werden soll. Je nach
Witterung kann in den Folgejahren die Besatzstärke
in der Regel bereits etwas reduziert werden.
Bei Vorkommen wurzelausläuferbildender Gehölzar-
ten (z. B. Robinie) besteht die Gefahr, dass diese auf
den Ziegenverbiss mit starkem Stockausschlag rea-
gieren. In diesem Fall oder auch nach erfolgter Ent-
buschung ist zwingend eine intensive Beweidung er-
forderlich, da sonst die Gehölze sehr schnell wieder
dichte Bestände bilden können (Elias et al. 2014).
Hierbei sind auch Witterungsverläufe zu beachten, da
v. a. in feuchten Jahren von zum Teil sehr starkem
Gehölzwachstum auszugehen ist.
Verbiss von Gehölzjungwuchs der Steinweichsel (Prunus
mahaleb). [56]
Relativ selten wurden im Unteren Saaletal Besatz-
stärken von unter 0,3 GVE/ha/Jahr eingesetzt. Eine
entsprechend niedrige Besatzstärke kann jedoch not-
wendig sein, wenn auf den Flächen nur eine sehr ge-
ringe Krautschicht ausgebildet ist und auch die Ver-
buschung bereits gut zurückgedrängt wurde. In sehr
steilen Hanglagen, wo in der Regel bereits größere
vegetationsfreie Bereiche zu verzeichnen sind, oder
es durch Tritt auch schneller zu einer großflächigeren
Zurückdrängung der Vegetationsschicht kommen
kann, sollten die Besatzdichten möglichst gering sein.
So ist es hier erfolgversprechender und für die Fläche
schonender, wenn sehr wenige Tiere über einen län-
geren Zeitraum weiden. So wird vermieden, dass
durch größere Herden, welche in der Regel relativ
dicht zusammenbleiben und einer starken Gruppen-
dynamik unterliegen, an stark geneigten Hängen mit
lockerem Untergrund Erosionsschäden verursacht
werden.
Die „Zickeritzer Terrassen“, eine Fläche mit sehr steilen Bereichen
und mit lockerem Gestein (Hintergrund). Beweidet wird hier mit
höchstens 0,3 GVE/ha/Jahr. Es weiden wenige Tiere, die jedoch
länger auf der Fläche verbleiben. Der Unterstand dient hier auch
gleichzeitig als Fangstand. [57]
30
Handelt es sich um Flächen mit geringer Vegetations-
decke, lockerem Gestein, aber hoher Verbuschung,
ist zur Zurückdrängung der Verbuschung stets eine
motormanuelle Entbuschung und im Abstand von ei-
nigen Jahren auch eine entsprechende Nachpflege
einzuplanen.
Auch bei guter Weideführung können partiell Offenboden-Stellen
entstehen, weil die Tiere hier bevorzugt Körperhygiene betreiben
oder es beliebte Lagerplätze sind. Kleinere Offenboden-Bereiche
sollten toleriert werden, da auch sie Lebensraum für Wildbienen
und Co. bieten. [58]
Folgende Parameter sind für die Festlegung und An-
passung der Besatzdichten und -stärken besonders
wichtig:
Vegetationsbestand (Krautschicht): wertvolle Tro-
ckenrasen besitzen im Vergleich zu Frischwie-
sen/Weiden etc. geringere Futterwerte, je besser sich
der Trockenrasen entwickelt, desto geringer wird in
der Regel auch das Futterangebot für die Tiere.
Streufilz: langjährig unbeweidete oder nicht gemähte
Flächen weisen in der Regel eine sehr dicke/hohe
„Filzschicht“ aus abgestorbenen Pflanzenteilen (ins-
besondere Gräser) auf. Bei einem guten Weidema-
nagement kann diese Schicht (insbesondere in den
zum Fressen bevorzugt aufgesuchten Hanglagen)
bereits im ersten Jahr, spätestens im zweiten Jahr,
weitgehend beseitigt sein.
Verbuschung: im Verlauf einer kontinuierlichen Be-
weidungsmaßnahme wird die Gehölzbiomasse redu-
ziert und die Gehölze werden zum Teil auch nachhal-
tig geschädigt. Nach Gehölzrückschnitt reagieren ins-
besondere polykormonbildene Gehölzarten mit star-
ken Wurzelaustrieben. Sollen die Gehölze nach der
Entbuschung nachhaltig reduziert werden, muss in-
tensiv und in der Regel auch zeitig (möglichst mit Be-
ginn des Gehölzaustriebs) beweidet und unter Um-
ständen auch eine (zeitweise) stärkere Reduzierung
der Krautschicht akzeptiert werden.
Tiefgründigkeit/Nährstoffangebot: je tiefgründiger
der Standort ist, desto höher ist in der Regel das Fut-
terangebot und insbesondere in feuchten Jahren
auch der Wiederaufwuchs. Mit der Reduzierung der
oberirdischen Phytomasse (Gehölze, Gräser/Kräuter,
Verfilzung) im Zuge der Beweidungsmaßnahme ver-
ringert sich das Aufwuchsvermögen, was wiederum
eine verminderte Biomasseentwicklung zur Folge
hat. Aufgrund der dann eingeschränkten Futterver-
fügbarkeit muss mittelfristig die Beweidungsintensität
reduziert werden.
Niederschläge: je niederschlagsreicher die Jahre
sind (besonders entscheidend sind das Frühjahr und
Dauerregenereignisse im Sommer und Spätsom-
mer), desto stärker ist der Aufwuchs. Sofern dies
möglich ist, sollte in niederschlagsreichen Vegetati-
onsperioden der Weidetierbesatz deshalb entspre-
chend erhöht werden.
Relief: je steiler die Flächen sind, desto flachgründi-
ger sind sie in der Regel. Folglich befindet sich hier
auch weniger Biomasse. Hinzu kommt, dass die Ero-
sionsgefahr auf steileren Flächen größer ist und ins-
besondere bei größeren Herden und intensiven Tier-
bewegungen die Vegetationsdecke stark aufgelichtet
werden kann.
Ebenfalls zu beachten ist, dass sich nach Bewei-
dungspausen auf den Flächen ein höheres Futteran-
gebot befindet. Auf durchgehend beweideten Flä-
chen wird dagegen kontinuierlich die Vegetationsde-
cke abgefressen und es entwickelt sich (sofern keine
Unterbeweidung erfolgt) keine höhere Vegetations-
schicht. Unter Umständen kann dies in der Gesamt-
jahresbilanz auf den durchgehend beweideten Flä-
chen zu einer insgesamt geringeren Biomasseent-
wicklung führen, was bei der Kalkulation der Besatz-
stärken weiterhin zu berücksichtigen ist.
Die nachfolgende Übersicht soll eine Festlegung der
geeigneten Besatzstärken erleichtern. Generell ist je-
doch wichtig, dass die Faktoren nie einzeln für sich
betrachtet werden, sondern immer die Gesamtheit
der Faktoren, welche auf einer Fläche wirken. Wie
auch bereits aus den vorangehenden Punkten er-
sichtlich wird, spielt der Zeitfaktor ebenfalls eine wich-
tige Rolle.
31
Abb. 8: Skala/Matrix zur Ermittlung der Beweidungsintensität für eine Beweidung mit Ziegen (vgl. Necker & Mann 2015).
4.3.4 Zaunsysteme
Auf den Ziegenbeweidungsflächen im Unteren Saa-
letal wurden verschiedene Zaun-Varianten einge-
setzt. So arbeiten zum Beispiel Bewirtschafter teil-
weise mit Festzäunen (Wildschutzzaun). Hier gab es
jedoch häufig Probleme mit Ausbrüchen der Ziegen.
Die Ausbruchsraten und Ausbruchsversuche (Anhe-
ben der Zäune mit den Hörnern etc.) konnten zwar
durch das Anbringen einer Litze in der Höhe von ca.
0,3 m über dem Erdboden an der Zauninnenseite
deutlich reduziert werden, jedoch gibt es bei dieser
Zaunart weitere Nachteile, die gegen eine Verwen-
dung sprechen. So ist die Zaunwartung (Zauntras-
senpflege) sehr aufwändig. Auch bedingen Drahtge-
flechtzäune höhere Verletzungsgefahren, insbeson-
dere, wenn die zusätzliche Litze nicht korrekt gewar-
tet wird oder sogar außer Betrieb ist. Zudem sind
diese Zäune in der Regel ganzjährig nicht durchgän-
gig für Wildtiere und sie passen sich nicht gut in das
Landschaftsbild ein.
Auf allen Beweidungsflächen des Landschaftspflege-
vereins wurde mit Elektrozäunen mit vier bis fünf Lit-
zen gearbeitet. Wichtig ist, dass die Ziegen vor ihrem
ersten Auftrieb an Elektrolitzen gewöhnt werden bzw.
sie lernen, diese Grenze zu akzeptieren. Insbeson-
dere bei Jungtieren und zugekauften Tieren ist dieser
Gewöhnungsprozess wichtig. Alttiere merkten sich
diese Erfahrungen in der Regel auch über den Win-
ter.
Bei den Elektrozäunen befindet sich die niedrigste
Litze bei ca. 0,25 m und die höchste bei ca. 1,10 m.
In Gebieten mit bekannten Wolfsvorkommen sollte
ggf. ein höherer Zaun eingeplant werden. Zum Teil
gibt es auch Empfehlungen oder Vorgaben, dass die
unterste Litze noch niedriger sein soll. Dies ist jedoch
gerade in bewegtem Gelände sehr schwierig umzu-
setzen und erschwert die Zaunwartung deutlich.
Elektrozaun, wie er beim Landschaftspflegeverein eingesetzt wird.
Die stabilen Stahlpfosten mit Anker sind weniger diebstahlgefähr-
det und sehr langlebig. [59]
32
Die Wilddurchgängigkeit der reinen Elektrozäune ist
deutlich besser als bei Festzäunen und die Auswir-
kungen auf das Landschaftsbild sind weniger gravie-
rend, wodurch auch eine höhere Akzeptanz in der Be-
völkerung und bei weiteren Nutzern (z. B. Jäger-
schaft) erreicht wird. Außerhalb der Beweidungszei-
ten wurden im Unteren Saaletal zudem die Torspann-
federn entfernt und teilweise die untersten Litzen
hoch gehängt.
Besonders wichtig ist die kontinuierliche Versorgung
mit Strom, welche auf den Flächen über ein Elektro-
zaungerät mit Batterie und ein Solarmodul (mind. 40
Watt) mit Diebstahlschutz sichergestellt wurde (6.000
bis 10.000 Volt bei 2,0 bis 4,5 Joule).
In sehr unebenem Gelände müssen die Pfosten zu Vermeidung
von Schlupflöchern enger gesetzt oder kritische Stellen durch
Extra-Pfähle gesichert werden – dies gilt insbesondere, wenn
Jungtiere auf die Flächen kommen sollen. [60]
Solarmodul mit Batterie und Schlaggerät mit Diebstahlschutz für
die Bereitstellung des benötigten Stroms. Lediglich bei sehr langen
Regenphasen und Nebel kann es wegen der fehlenden Sonnen-
einstrahlung zu Problemen bei der Stromversorgung kommen. [61]
4.3.5 Weidezeiträume
Die Beweidungszeiten richten sich nach den jahres-
zeitlichen Bedingungen sowie den jeweiligen Stand-
ortbedingungen und vorkommenden Arten. Zum Teil
spielen auch bewirtschaftungstechnische Parameter
eine Rolle, da eine regelmäßige Kontrolle der Tiere
vor Ort gewährleistet sein muss.
Die Beweidungszeiten lagen im Unteren Saaletal
überwiegend zwischen März und November, wobei
im Frühjahr der Beginn des Austriebes der ersten Ge-
hölze abgewartet wurde und im Herbst die Tiere bei
regnerischem oder sehr nass-kaltem Wetter sowie
Schnee von den Flächen geholt wurden. Eine ganz-
jährige Beweidung ist, zumindest in Regionen wie
dem Unteren Saaletal, nicht zu empfehlen, da die
Tiere auf den Flächen nicht zugefüttert werden sollten
und eine tierschutzgerechte Winter-Versorgung und-
Unterbringung auf den Weideflächen nicht zu ge-
währleisten wäre.
Grundsätzlich sollte auch berücksichtigt werden,
dass bei Entbuschungsflächen und/oder stärkerem
Gehölzaufkommen eine möglichst zeitige Beweidung
umgesetzt wird. Gerade im Frühjahr und Frühsom-
mer wird der Gehölzaustrieb besonders gut verbis-
sen. Wird mit dem Auftrieb zu lange gewartet, verhol-
zen die Triebe und die Verbisswirkung geht zurück.
Auch problematische Arten wie die Berberitze werden
auf den Vereinsflächen entgegen einiger Darstellun-
gen in der Literatur (u. a. Rahmann 2000) gut verbis-
sen, wenn rechtzeitig beweidet wird. Entwickelt sich
jedoch beispielsweise Mehltau an den Pflanzen, was
wiederholt ab ca. Juli/August beobachtet wurde,
wurde die Art zunehmend weniger verbissen.
Für viele krautige Arten ist ein mehrere Jahre durch-
geführter zeitiger Beweidungsbeginn unproblema-
tisch, da Arten wie Stängelloser Tragant (Astragalus
exscapus) oder Zottige Fahnenwicke (Oxytropis pi-
losa) nicht bis kaum verbissen werden. Im Gegenteil:
die Arten profitierten sehr stark von der Beweidung
(z. B. Jungpflanzen in aufgelichteten Bereichen).
Um eine Blüten- und Fruchtentwicklung von tritt- und
fraßgefährdeten Arten wie der Astlosen Graslilie (An-
thericum liliago) zu ermöglichen, sollte auf Flächen
mit solchen Zielarten gelegentlich ein späterer Bewei-
dungsbeginn erfolgen.
33
Astlose Graslilie (Anthericum liliago). Diese Art wird von den Zie-
gen gerne verbissen, sodass zur Förderung der Art in einigen Jah-
ren eine spätere Beweidung erfolgen sollte. [62]
Der Stängellose Tragant (Astragalus exscapus) wird nicht verbis-
sen und bildet auch während der Beweidung erfolgreich Samen
aus. [63]
4.3.6 Erst-Entbuschung oder Nachpflege?
Bei der Einrichtung von Weiden auf lange ungenutz-
ten oder unternutzten Flächen stellt sich häufig die
Frage nach einer Erst-Entbuschung. Ist die anschlie-
ßende Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Förder-
programme vorgesehen, sind solche vorbereitenden
Maßnahmen in der Regel einzuplanen. Nur bei sehr
geringen Verbuschungsgraden und entsprechend
ausgebildeten Vegetationsbeständen wurden in
Sachsen-Anhalt beispielsweise Betriebsprämien ge-
währt.
Unabhängig davon sollten nie alle Gehölzstrukturen
entfernt werden. Bis zu 20 % Einzelgehölze oder Ge-
büschgruppen sollten nach Ansicht der Autoren auf
den Flächen – zumindest in Teilbereichen - erhalten
bleiben, da sie landschaftsbildprägend sind und wich-
tigen Lebensraum für verschiedene Tierarten bieten,
aber auch das Tierwohl der Weidetiere erhöhen.
Weidefläche bei Dobis mit Beständen des Stängellosen Tragant
(Astragalus exscapus) vor Maßnahmebeginn. Kennzeichnend wa-
ren eine starke Verbuschung und dichte Streuschichten. [64]
Gleiche Weidefläche bei Dobis (Bild links) nach der Entbuschungs-
maßnahme. Der alte Obstbaumbestand wurde erhalten. Die Ziel-
arten entwickeln sich seitdem sehr positiv. [65]
34
Erfolgt eine Erst-Entbuschung ist zu beachten, dass
eine intensive und aufwuchsangepasste Folge-Be-
weidung gewährleistet wird, da viele Gehölzarten im
Regelfall sehr schnell und intensiv wieder austreiben.
Bei fehlender Nachnutzung sind ggf. nach ca. zwei
bis drei Jahren erneute Pflegemaßnahmen einzupla-
nen. Auch bei optimaler Beweidungsintensität kann
es gerade in regenreichen Jahren zu einem starken
Wiederaustrieb der Gehölze kommen, sodass auf
ehemals stärker verbuschten Flächen kosteninten-
sive Nach-Entbuschungen durchgeführt werden müs-
sen.
Eine Alternative zur Erst-Entbuschung stellt die Nach-
pflege dar, bei der weniger Biomasse anfällt. Hier
werden lediglich die Zaunverläufe in einer Breite von
ca. zwei Metern entbuscht, bevor die Beweidung be-
ginnt. Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass
durch den regelmäßigen Verbiss die Gehölze konti-
nuierlich geschädigt werden und an Vitalität verlieren.
Abgestorbene oder stark geschädigte Gehölze wer-
den später von den Flächen entfernt. Dies kann suk-
zessive oder im Rahmen einer großen Entbu-
schungsmaßnahme erfolgen.
Gerade in Bereichen, die stärker durch die
Bevölkerung frequentiert werden, ist die Entnahme
abgestorbener und stark geschädigter Gehölze sehr
wichtig, da der Zustand der Fläche einen starken
Einfluss auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung
hat. Flächen mit abgestorbenen und geschädigten
Sträuchern oder Bäumen können sogar zu einer sehr
ablehnenden Haltung führen, was für die Umsetzung
der Offenlandpflege sehr kontraproduktiv ist.
Eine weitere Weidefläche bei Dobis im Jahr 2015 vor Beginn der
Entbuschung und Beweidung. Auch hier wurde der alte Obstbaum-
bestand erhalten. Die Gebüsche wurden entfernt und es schloss
sich eine seitdem regelmäßige Ziegen-Beweidung an. [66]
Die Weidefläche bei Dobis (vgl. Bild links im Jahr 2015) im Jahr
2019. Es blühen wieder typische Arten wie Graue Skabiose
(Scabiosa canescens) und Karthäuser-Nelke (Dianthus
carthusianorum). [67]
Im Rahmen der Entbuschungsmaßnahmen wurden neben alten
Obstbäumen auch Totholzanteile erhalten, insbesondere, wenn es
sich wie im Bild um Stämme oder Äste mit Höhlen handelte. [68]
Durch Beweidung geschädigte Gehölze. Abgestorbene Sträu-
cher/Bäume müssen später entfernt werden. [69]
35
Da vor allem in Steillagen sowohl Erst-Entbuschun-
gen als auch Nachpflegearbeiten in der Regel nur
motormanuell (Freischneider, Kettensäge) durchge-
führt werden können, sind diese Maßnahmen relativ
kostenintensiv (ca. 3.500 € bis 10.000 €/ha). Dies ist
bei der Planung solcher Beweidungsvorhaben drin-
gend zu beachten und einzukalkulieren (z. B. Flä-
cheneinrichtung über Projekte oder Förderungen pla-
nen).
4.3.7 (keine) Zufütterung
Auf den Weideflächen des Landschaftspflegevereins
Saaletal e. V. erfolgte keine Zufütterung, um das effi-
ziente Abweiden der Biomasse zu gewährleisten. Bei
nicht mehr ausreichendem Futterangebot wurden die
Weidetiere auf die nächste Weidefläche umgesetzt.
Durch das Unterlassen von Zufütterungen wird die
Entwicklung von unerwünschten „Geilstellen“ und
Ruderalfluren vermieden. Lediglich eine Lockfütte-
rung zur Aufrechterhaltung der Zahmheit der Tiere ist
zum Teil kurz vor dem Umsetzen von Tieren notwen-
dig. Hierbei sind jedoch in der Regel wenige Handvoll
Getreide ausreichend.
Ziegen benötigen Salze und Mineralstoffe, die ihnen auch in der
Weideperiode auf den Flächen zugänglich sein müssen. [70]
Uneingeschränkt möglich und auf den Trockenstand-
orten auch dringend notwendig ist die Zugabe von
Salzen und Mineralstoffen für die Tiere. Dies beugt
Mangelerscheinungen vor und die Tiere besitzen
hierdurch eine bessere Fähigkeit zum Aufschließen
der qualitativ schlechten Nahrung mit vergleichs-
weise geringer Energiedichte und geringem Protein-
gehalt.
4.3.8 Weide- und Tierkontrollen
Grundlage für eine erfolgreiche Beweidung ist insbe-
sondere auch die Sicherstellung einer täglichen und
fachlich qualifizierten Kontrolle der Weideflächen und
Tiere.
In Abhängigkeit von den Anfahrtswegen, den Flä-
chengrößen, den Geländestrukturen und ggf. auftre-
tenden Problemen (z. B. Fehler in der Stromversor-
gung) müssen je Fläche mindestens 0,5 Stunden bis
zum Teil 3 Stunden je Fläche eingeplant werden.
Bei den täglichen Kontrollen sind insbesondere fol-
gende Punkte zu beachten:
Prüfung Tiergesundheit:
Gibt es Hinweise auf Mangelerscheinungen (z. B.
hinsichtlich Mineralstoffen: magere Tiere, Haar-
ausfall um die Augen)?
Gibt es Durchfallerkrankungen und welche Ursa-
chen können ggf. vorliegen?
Gibt es Hinweise auf Wurmerkrankungen?
Wie ist der Zustand der Klauen? Treten Entzün-
dungskrankheiten im Bereich der Läufe oder
Probleme bei den Klauen auf?
Bestehen Verletzungen bei Tieren und welche Ur-
sachen können diese haben (z. B. Verletzungen
durch bedornte Gehölze, Zaunanlagen oder inner-
artliche Kämpfe)?
Gibt es Verhaltensstörungen?
Prüfung der Weideeinrichtung:
Stromstärke,
Schäden am Zaun,
ist die Zauntrasse noch ausreichend freigehalten
(Stromverluste?),
Reinigung und Befüllen der Tränken,
Prüfung Salzleckstein/Mineralstoffe.
Prüfung des allgemeinen Nahrungsangebotes auf
der Fläche:
Ist noch ausreichend Biomasse/Nahrung auf der
Fläche?
Werden Bäume geschält (sofern nicht gewünscht,
ggf. mit Baumschutz reagieren oder entsprechend
weitere Mineralstoffe bereitstellen, Flächenwech-
sel)?
36
Die Ziegen müssen jederzeit ausreichend mit Wasser versorgt
sein. [71]
Der Baumschutz aus stabilem Drahtgeflecht hat sich bei der Zie-
genbeweidung am besten bewährt und ist für junge Obstbäume
und auch für ältere Birnen- und Apfelbäume zu empfehlen. [72]
Bei Problemen auf Weideflächen ist stets sicherzu-
stellen, dass unverzüglich reagiert wird. Zu beachten
sind darüber hinaus außergewöhnliche Ereignisse,
wenn sich die Weidetiere auffällig oft in bestimmten
Bereichen aufhalten oder sie trotz Trockenheit nicht
die Tränke-Möglichkeiten nutzen. Zu prüfen ist dann,
ob eventuell Vorkommnisse vorliegen, welche die
Tiere verschreckt haben könnten. So gab es im Un-
teren Saaletal Vorfälle mit Hunden oder Besuchern,
die sich unangemessen verhalten haben (Tiere
scheuchen oder Feuerwerk an Tränken). In solchen
Fällen müssen die Tiere wieder ruhig durch die be-
treuende Person in die gemiedenen Bereiche geführt
werden.
Grundsätzlich ist auch zu prüfen, ob den Tieren auf
der Fläche Schutzmöglichkeiten zur Verfügung ste-
hen. Hierbei können zum Beispiel halboffene/offene
Unterstände oder auch mobile Wagen bereitgestellt
werden. Gerade offene Weide-Unterstände können
relativ einfach auch als Fanggatter hergerichtet wer-
den. Stehen keine festen Unterstände zur Verfügung,
sollten zumindest einige größere Gehölze/Schatten-
bäume auf der Fläche vorhanden sein.
Ziegen im Schatten des alten Obstbaumbestandes. [73]
37
4.3.9 Tiergesundheit
Über die Dauer und Intensität einer Beweidung kön-
nen die Beweidungseffekte auf einer Fläche gesteu-
ert und durch eine intensivere Beweidung auch der
Verbiss sonst gemiedener Pflanzen erreicht werden.
Jedoch darf sich das Weidemanagement nicht aus-
schließlich nur an der möglichst schnellen Flächen-
entwicklung orientieren. Die Gesundheit der Tiere
darf bei der Beweidung nicht negativ beeinflusst wer-
den, sodass entsprechend schnell reagiert werden
muss, wenn zum Beispiel das Futterangebot für eine
Fortsetzung der Beweidung nicht mehr ausreichend
ist. Grundsätzlich muss die Tiergesundheit bei den
Beweidungsvorhaben immer die höchste Priorität be-
sitzen.
Bei der Futterkontrolle ist zu beachten, dass auf einer
Weide mit Senken oder stärker beschatteten Berei-
chen noch gut bewachsene Vegetationsbestände
vorhanden sein können, die jedoch nicht von den Tie-
ren abgeweidet werden. Da in solchen Bereichen, ge-
rade in niederschlagsreicheren Jahren, oft ein höhe-
rer Bestand an Wurmeiern oder sonstigen Parasiten
erwartet werden kann, werden diese Bereiche von
den Ziegen oft instinktiv gemieden. Hier sollte in sol-
chen Jahren eine entsprechende maschinelle/motor-
manuelle Nachpflege erfolgen. Zum Teil verringern
sich solche Problembereiche auch bei einer Mischbe-
weidung.
In der Regel sind bei Umsetzung eines geeigneten
Managements auf den Flächen relativ wenige veteri-
närmedizinische Maßnahmen notwendig.
Auf den Standweiden, wo die Tiere über mehrere Wo-
chen auf einer Fläche stehen und es somit zu einem
erhöhten Erregerdruck und Wurmbefall kommen
kann, ist es aber zum Teil notwendig auch in der Wei-
desaison Entwurmungen durchzuführen. Soweit
möglich sollten notwendige Entwurmungen aber ei-
nige Wochen vor dem Weideauftrieb erfolgen. Mit
dieser Maßnahme kann sichergestellt werden, dass
auf den Flächen Kot ohne Bestandteile von Medika-
menten ausgeschieden und somit ein möglicher Ein-
fluss von Medikamenten auf die Insektenwelt vermie-
den wird.
Bei einigen Tieren wurde im Unteren Saaletal ein Be-
fall mit Ektoparasiten (Zecken bzw. Hirschläusen)
festgestellt. Dies ist insbesondere auf die zum Teil
höheren Vegetationsstrukturen und die allgemein
starken Populationszuwächse dieser Ektoparasiten
zurückzuführen. Dem Befall wurde durch einige Be-
wirtschafter mit einer Behandlung durch ein langzeitig
wirkendes Medikament entgegengewirkt, was sich im
Resultat sehr positiv auf die allgemeine Gesundheit
der befallenen Tiere auswirkte. Mit der erfolgreichen
Entwicklung der Flächen und der damit einhergehen-
den Reduzierung der Streuschichten und Verbu-
schungen ging der Befall mit Zecken stets deutlich
zurück, sodass nach einigen Jahren zum Teil keine
Behandlungen mehr notwendig waren.
In Abhängigkeit von der Witterung (nass = weicherer
Untergrund, trocken = härterer Untergrund) waren auf
den Flächen unterschiedlich häufig Klauenschnitt-
maßnahmen durchzuführen. Hierbei ist jedoch zu be-
rücksichtigen, dass die Häufigkeit des Klauenschnitts
auch von der genetischen Veranlagung der Tiere ab-
hängig ist. Dennoch ist die Klauenpflege ein nicht zu
unterschätzender Gesundheitsfaktor, da gut ge-
pflegte Klauen die Bewegungsmöglichkeiten der
Tiere auf den Flächen sichern und weiteren Klauen-
krankheiten und Fehlstellungen in den Gelenken vor-
beugen. Für die Nachzucht empfiehlt es sich Tiere mit
sehr schnell wachsenden Klauen auszuschließen.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die Gesunderhaltung
der Tiere ist die Zugabe von Salzen und Mineralstof-
fen in Form von Salzlecksteinen und Mineralleckmas-
sen. In einigen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein,
dass die Verwendung von speziellen, durch Blutun-
tersuchungen auf die Herde abgestimmten, Mineral-
stoffmischungen für die Tiergesundheit geprüft wird.
Die Gabe von entsprechenden Mineralstoffen ist ge-
rade auch im Hinblick auf die Verwertung des rauhfa-
serreichen Futters der Trocken- und Halbtrockenra-
sen, welches eine minderwertige Futterqualität auf-
weist, sehr förderlich, da unter Zugabe dieser Mine-
ralstoffe, dieses Futter wesentlich besser von den
Tieren verwertet werden kann.
Ernsthafte Verletzungen durch bestachelte oder be-
dornte Gehölze gab es wenig. Es wurden gelegent-
lich kleinere Verletzungen festgestellt, welche zum
Teil auch ohne weitere Behandlung sehr gut abheil-
ten. Hierzu zählten kleinere Einrisse, insbesondere
im Bereich der Ohren, und unter die Haut eingedrun-
gene Dornen, die zu Abszessen führten. Gelegentlich
kam es auch zu Verletzungen im Ohrenbereich durch
das Hängenbleiben in Gebüschen mit den Ohrmar-
ken. Die Verletzungen heilten in der Regel gut ab, je-
doch kam es dabei oft zum Abreißen der Ohrmarken.
Dies kann bei Kontrollen zu erheblichen Sanktionen
führen und bedeutet damit einen zusätzlichen Auf-
wand für den Bewirtschafter.
38
Der Ernährungszustand der Tiere war auf allen Flä-
chen als ausreichend einzuschätzen. Da es sich bei
allen Beweidungsflächen um sehr ertragsschwache
Standorte handelt, ist bei den Tieren ohne eine Zufüt-
terung, die auf diesen Flächen jedoch wegen der na-
turschutzfachlichen Bedeutung der nährstoffarmen
Bereiche nicht erwünscht ist, kein wirtschaftlich rele-
vanter Zuwachs zu erwarten (vgl. auch Rahmann
2000). Insbesondere die männlichen Tiere (Böcke so-
wie Kastraten) kamen aber mit der vergleichsweise
geringen Futterqualität (geringe Energiedichte, gerin-
ger Proteingehalt) des Aufwuchses auf den Pflegeflä-
chen sehr gut zurecht.
Zur Tiergesundheit gehört auch die Beachtung eini-
ger Punkte in der Ablammzeit. In der Regel erfolgte
das Ablammen bei den Bewirtschaftern im Ja-
nuar/Februar, zum Teil auch im Frühsommer. Das
Ablammen auf den Beweidungsflächen, die ein sehr
unübersichtliches Relief, schlechte Futterwerte und
oft auch einen gewissen Prädatoren-Druck aufwei-
sen, wird aufgrund der Erfahrungen nicht empfohlen.
Vielmehr sollten die Muttertiere mit ihren Jungtieren
erst mit einem Alter von mindestens drei bis vier Mo-
naten auf die Flächen kommen. Am zweckmäßigsten
ist es jedoch, wenn man die Jungtiere mit ca. vier Mo-
naten von den Muttertieren absetzt und auf verschie-
dene Flächen bringt, wobei die Jungtiere auch dann
noch einige Monate zugefüttert (nicht auf natur-
schutzfachlich wertvollen Flächen möglich) oder auf
entsprechend ertragreichere Ausweichflächen ge-
bracht werden müssen.
4.3.10 Winterstallhaltung
Eine ganzjährige Beweidung der Trockenrasenstand-
orte im Unteren Saaletal ist nicht zu empfehlen, da in
den Wintermonaten bei nasskalter oder frostiger Wit-
terung mit einer Schneedecke eine tierschutzge-
rechte Versorgung und Unterbringung auf den meis-
ten Flächen nicht zu gewährleisten wäre. In dieser
Jahreszeit ist die Futterverfügbarkeit stark einge-
schränkt und eine Zufütterung sollte auf den natur-
schutzfachlich wertvollen Flächen unterbleiben.
Dementsprechend war eine Winterstallhaltung erfor-
derlich.
Der Winterstall sollte geschlossen und dennoch gut
belüftet sein. Wichtig ist auch eine ausreichende
Größe und möglichst eine Ausstattung mit Kletter-
und Ruheboxen. Darüber hinaus ist ein Auslaufge-
lände, möglichst ebenfalls mit Klettermöglichkeiten
und frostsicherer Tränke, erforderlich. Die Winterun-
terbringung der Ziegen und die Beschaffung von Win-
terfutter ist ein nicht zu vernachlässigender Kosten-
faktor.
Die Lammzeit ist eine sehr schöne, aber durchaus anstrengende
Zeit. [74]
An den Stall für die Winter- und Lammzeit schließt sich eine Au-
ßenfläche an, wo sich sowohl die jungen als auch alten Ziegen be-
vorzugt aufhalten. [75]
39
Stall zur Überwinterung der Tiere mit Ruhe-/Kletterboxen. [76]
4.3.11 Wirtschaftlichkeit und Finanzierung
Eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Durch-
führung einer landwirtschaftlichen Nutzung von Flä-
chen ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Maß-
nahme. Es ist jedoch bereits bekannt, dass häufig
insbesondere die Pflege von naturschutzfachlich
wertvollen Flächen ohne eine zusätzliche finanzielle
Förderung nicht möglich ist, da den entstehenden
Kosten kaum Einnahmen gegenüberstehen (z. B. LfL
2008, Rahmann 2000, LfULG 2016).
Die Bewirtschaftung der meisten Ziegenbeweidungs-
flächen ist relativ aufwendig und kostenintensiv.
Wesentliche Gründe sind:
Generell ist die Haltung von Tieren, insbesondere
in artgerechter Freilandhaltung, in den letzten
Jahrzehnten zunehmend unattraktiver geworden.
Im Vergleich zur reinen Ackerwirtschaft fallen in
der Tierzucht weitaus höhere Kosten an (z. B. be-
züglich des Personaleinsatzes, aber auch bei der
technischen Ausstattung). Noch schlechter stellt
sich das Verhältnis von Ausgaben zu Einnahmen
in der Landschaftspflege dar, da hier in der Regel
zusätzlich noch ungünstigere Rahmenbedingun-
gen vorliegen, wie aus den nachfolgenden Punk-
ten ersichtlich wird.
Häufig handelt es sich um Grenzertragsstandorte
mit schlechten Futterwerten für die Tiere, was wie-
derum einen schlechten Zuwachs bei den Weide-
tieren bedingt. Bei häufig in der Landschaftspflege
genutzten Fleischziegen führt dies zu einem ge-
ringeren Fleischzuwachs, bei Milchziegen zu einer
niedrigeren Milchleistung.
Die Flächeneinrichtung ist auf den überwiegend
sehr steilen und stark verbuschten Flächen mit
häufig steinigem Untergrund sehr arbeits- und
kostenintensiv. Hinzu kommen weitere Kosten-
steigerungen durch eine aufwändigere Weideein-
richtung, da auf vielen Steilflächen oder verbusch-
ten Weiden Ziegen eingesetzt werden müssen, für
die der Zaunbau umfangreicher ausfällt als z. B.
für Rinder und Pferde.
40
Speziell im Unteren Saaletal handelt es sich um
vergleichsweise kleine Einzelflächen, die bewei-
det werden (= sog. Splitterflächen). Hierdurch ent-
steht für die Bewirtschafter ein hoher Arbeits- und
Betreuungsaufwand (auch hinsichtlich der Flä-
cheneinrichtung), dem jedoch aufgrund der klei-
nen Flächengrößen nur sehr geringe Einnahmen
gegenüberstehen.
Da sich viele Flächen aufgrund der häufig über
Jahrzehnte fehlenden Nutzung in einem schlech-
ten Entwicklungszustand befinden, werden die
neuen Bewirtschafter (welche nicht für den
schlechten Flächenzustand verantwortlich sind)
für diesen Zustand zur Verantwortung gezogen, in
dem bei der aktuellen Förderpolitik sehr schnell
mit Gehölzen bestandene Bereiche (welche je-
doch in die Beweidung integriert sind) aus der För-
derung gestrichen werden. Hierdurch reduzieren
sich die Einnahmen oft deutlich.
Der Absatz der sehr hochwertigen, jedoch auch
kostenintensiveren Produkte aus der Landschafts-
pflege (Fleisch, Wurst) ist momentan im mittel-
deutschen Raum noch problematisch, z. T. sogar
aufgrund eines enorm hohen organisatorischen
und finanziellen Aufwandes nur stark begrenzt
möglich.
Neben den Kosten für die Flächeneinrichtung und
dem hohen Betreuungsaufwand müssen zusätz-
lich Kosten für eine artgerechte Unterbringung im
Winter aufgebracht werden. Bei ökologisch produ-
zierenden Betrieben erhöhen sich die Kosten ins-
besondere in diesem Punkt noch einmal zusätz-
lich (höhere Kosten für Futter, größerer Platzbe-
darf).
Nachfolgend werden die wichtigsten Ausgaben und
Einnahmen bei einer Ziegenbeweidung dargestellt,
die auch bei der Planung solcher Beweidungsvorha-
ben zu berücksichtigen sind.
Ausgaben:
Investitionen/sonstige Kosten (ohne Personal):
Erstinvestition der Zaunanlagen inkl. Stromversor-
gung über Solarmodul, Batterie und Schlaggerät;
Materialkosten/Weideeinrichtung (z. B. Unter-
stände - fest oder mobil, Tränken);
Kleinreparaturen an der Weideeinrichtung (Zäune,
Unterstände etc.);
veterinärmedizinische Versorgung (Impfungen,
Wurmmittel, Mittel gegen Ektoparasiten, Behand-
lung sonstiger Krankheiten, Entsorgung verende-
ter Tiere);
Material für Tierpflege (Klauenscheren, Behand-
lungsstand etc.);
Futter (Winterfutter (Heu, Hafer), Zusatzstoffe (Mi-
neralstoffe etc.));
Wasser, Strom;
Versicherungen;
Vorhalten von Technik (Schlepper, Transporter
etc.);
Fahrtkosten;
Pachten für die Flächen;
Instandhaltung Stallgebäude.
Personalkosten:
tägliche Zaunkontrolle mit Kleinreparaturen, auf
den jeweils beweideten Flächen;
Zauntrassenpflege (ggf. mehrmaliges Freimähen
der Zäune in der Beweidungsperiode);
Wassertransport;
Tierkontrolle;
veterinärmedizinische Versorgung;
Klauenschnitt;
Arbeitskosten Winterversorgung;
Tiertransporte von/zu den Flächen;
organisatorische Arbeiten (Kauf und Lagerung
von Futter- und Zusatzstoffen, Flächenrecher-
chen, Vororttermine - z. B. mit Behörden, Beantra-
gung von Fördergeldern);
Öffentlichkeitsarbeit (in der Regel auf den Flä-
chen).
Den Ausgaben stehen nachfolgend aufgeschlüsselte
Einnahmen gegenüber.
Einnahmen (bezogen auf das Land Sachsen-An-
halt, Stand 08/2019):
Freiwillige Naturschutzleistungen (FNL) (nur FFH-
Gebiete und/oder besonders geschützte Biotope);
Natura-2000-Erschwernisausgleich (wenn Flä-
chen in Gebietskulisse liegen);
Betriebsprämien (nur, wenn im Betrieb vorhan-
den, sonst Zukauf);
Verkauf von Tieren (Preise je Tier in Abhängigkeit
von Alter, Größe und Geschlecht).
Die Auswertungen der Analysen zur Wirtschaftlich-
keit der Ziegenbeweidung aus den letzten Jahren
zeigten sehr eindeutig, dass die Beweidung natur-
schutzfachlich wertvoller, aber schwer bewirtschaft-
barer Flächen, bei den genannten Voraussetzungen
(Flächengröße etc.) nicht mit einem positiven Wirt-
schaftsergebnis möglich ist.
41
In kleinen Betrieben sind diese Defizite in der Regel
auch nicht mehr ausgleichbar und auch größere Be-
triebe beenden zunehmend ihre Beweidungsaktivitä-
ten.
Diese Darstellungen verdeutlichen die Problematik
der Umsetzung einer erfolgreichen Landschafts-
pflege. Durch die fehlenden oder zu geringen Förder-
anreize in den letzten Jahrzehnten fielen viele Flä-
chen aus einer Nutzung. Daher stehen neue Bewirt-
schafter derzeit vor dem Problem, dass die Verbu-
schung oder Vergrasung auf den Flächen so stark vo-
rangeschritten ist, dass zum Teil kostenintensive wie-
dereinrichtende Maßnahmen (z. B. Entbuschungen,
Mahd) oder aufwändige Nachpflegearbeiten zusätz-
lich zu einer Beweidung notwendig sind.
Auch Untersuchungen in anderen Regionen
Deutschlands bestätigen die Ergebnisse dieser Be-
trachtungen zur Wirtschaftlichkeit. So konnte sich in
Sachsen die Fleischziegenhaltung mit Burenziegen
nicht erfolgreich durchsetzen (LfL 2008). Und selbst
für die großflächigere Landschaftspflege mit größe-
ren Schafherden fallen die Ergebnisse so schlecht
aus, dass die Sächsische Landesanstalt für Landwirt-
schaft zur Erreichung einer Rentabilität feststellen
muss, dass hierfür die Erhöhung der Anzahl vermark-
teter Lämmer erfolgen müsste (LfL 2008). Für die Be-
wirtschaftung der vielen kleinen Flächen und in Anbe-
tracht der schlechten Futterwerte ist dies im Unteren
Saaletal auf den Landschaftspflegeflächen jedoch
nicht bzw. nur absolut begrenzt möglich.
In der Flächenkulisse des Unteren Saaletals, welche
durch kleine und auseinanderliegende sowie stark re-
liefierte Flächen gekennzeichnet ist, sind reine Be-
wirtschaftungskosten (ohne ersteinrichtende Maß-
nahmen und größere Nachentbuschungen) von ca.
1.800 bis 2.500 Euro/ha/Jahr einzukalkulieren.
Auch wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
für die Ziegenbeweidung nicht positiv ausfallen, so ist
jedoch zu bedenken, dass die Bewirtschaftung dieser
naturschutzfachlich wertvollen Flächen mit Ziegen für
die Erreichung günstiger Erhaltungszustände hervor-
ragend geeignet ist.
Einige Bundesländer bieten bereits spezielle Förder-
programme für solche Flächen an, in denen höhere
Fördersätze als bisher üblich möglich sind. Auch
Sachsen-Anhalt entwickelt aktuell eine entspre-
chende Fördermaßnahme, um engagierte und quali-
fizierte Bewirtschafter zu fördern, die sich am Erhalt
der wertvollen Kleinflächen beteiligen.
4.3.12 Öffentlichkeitsarbeit
Die Ziegenbeweidung wurde im Unteren Saaletal zu
Projektbeginn von der lokalen Bevölkerung unter-
schiedlich wahrgenommen. Neben positiven Reaktio-
nen, dass es wieder Tiere in der Landschaft zu sehen
gibt und die Flächen als interessante Ausflugsziele,
insbesondere auch mit Kindern, wahrgenommen
werden, gab es auch kritische Stimmen. Dies ergab
sich insbesondere daraus, dass die Beweidung als
Standweide durchgeführt wird, wobei die Fläche um-
zäunt wird. Gerade aber bei der Nutzung der Elektro-
zäune kommt es lediglich während der Beweidungs-
zeiten bei einzelnen Nutzergruppen (Jägerschaft,
Spaziergänger) zu Einschränkungen. Außerhalb der
Weidezeiten werden große Teile der Litzen hoch ge-
hängt sowie die Tore geöffnet. Dies ist zwar ein zu-
sätzlicher Arbeitsaufwand, wurde im Unteren Saale-
tal auf den Vereinsflächen jedoch aus Gründen der
besseren Wilddurchgängigkeit und der Akzeptanzför-
derung jährlich umgesetzt.
Über die Hintergründe des Beweidungsprojektes und
die Ergebnisse der naturschutzfachlichen Erfolgskon-
trollen wurde im Rahmen von Fachpublikationen,
Vorträgen und Exkursionen umfangreich informiert.
Auch die Durchführung von Naturerlebnistagen mit
Kindern (insb. Wanderungen mit Tierkontakt) sind ein
wichtiger Baustein für die Förderung der Akzeptanz
solcher Maßnahmen.
42
Bei Naturerlebnistagen und Exkursionen lernen Kinder und Jugendliche viel über die Natur und den Umgang mit der Umwelt. Dabei wird
auch die Tier- und Pflanzenwelt näher vorgestellt. Besonders begeistert sind die Teilnehmer, wenn sie die Weidetiere ganz nah erleben
dürfen. [77]
Fachexkursion zum Ziegenworkshop mit Gästen aus dem gesamten Bundesgebiet im Juni 2019. [78]
43
5. Weitere Ziegenbeweidungsprojekte
5.1 Ganzjährige Ziegenbeweidung von Sandrasen auf der Lankenauer
Weserinsel in Bremen
Dietmar Zacharias
Region
Die tidebeeinflusste Unterweser wies in historischer
Zeit ein Netzwerk von Sandinseln und breiten Uferzo-
nen, begleitet von Binnensanddünen, auf. Durch die
Dynamik des Flusses und die extensive Beweidung
der Aue waren hier Mosaike von Sandmagerrasen,
Gebüschen und aquatischen Pflanzengesellschaften
vorhanden. In historischer Zeit wurden Ziegen als
„Kuh des kleinen Mannes“ gehalten, die traditionell
auch am Weserufer und in den angrenzenden Sand-
flächen weideten.
Durch den Ausbau des Flusses, die Expansion von
Stadt und Hafenwirtschaft und die sukzessive Auf-
gabe extensiver Weidenutzungen sind den Fluss be-
gleitende Sandmagerrasen heute nur noch in Relik-
ten vorhanden, die als Biotoptyp wie auch aus Grün-
den des Artenschutzes erhalten werden sollen. Im
Zuge einer Kompensationsmaßnahme wurden auf
der Lankenauer Weserinsel am Neustädter Hafen in
der Stadt Bremen ca. 2 ha Sandmagerrasen durch
Aufspülen von Baggersand aus der Unterweser ge-
schaffen, die durch eine ganzjährige Ziegenbewei-
dung langfristig offen gehalten werden sollten.
Zehn Kashgora-Hammel weideten ganzjährig auf der Lankenauer
Weserinsel in Bremen zur Offenhaltung von Sandmagerrasen. [79]
Ein Mosaik aus Sandmagerrasen, Grasfluren, Röhrichten, nitrophi-
len Ufersäumen und Gebüschen stellten die Nahrungsgrundlage
der zehn Ziegen auf der acht ha großen Insel dar. Im Bild ist der
offene Stall zu sehen, der den Tieren während der ganzjährigen
Beweidung Schutz bot. [80]
44
Angaben zur Ziegenbeweidung:
Beginn Ziegenbeweidung: 2006, Ende des Beweidungsprojektes: 2013
Anzahl der Weideflächen: die gesamte Weserinsel als eine zusammenhängende Fläche
Größe der Weideflächen: ca. 8 ha, davon 3 ha Sandmagerrasen und Grasfluren, 3 ha Gehölzbestände im
Mosaik mit nitrophilen Staudenfluren und 2 ha Steinschüttung
Beweidungsform: Dauerbeweidung
Ziegenrasse: Kashgora-Ziege, zehn kräftige kastrierte Böcke im Alter von zwei bis vier Jahren zu Projektbe-
ginn
Weidezeitraum: ganzjährig
Beweidungsintensität: 0,2 GVE/ha/Jahr
verwendete Zaunanlagen: keine
Zufütterung: nur geringe Mengen Heu kurzzeitig in extremen Wetterphasen im Winter, ansonsten nur Lock-
fütterung und Mineralien
finanzielle Förderung: Deutsche Bundestiftung Umwelt (DBU), Deutsche Umwelthilfe, Senator für Bau, Um-
welt und Verkehr Bremen (SUBV), BUND Landesverband Bremen
Die im Bereich des Neustädter Hafens in Bremen gelegene
„Ziegeninsel“ konnte nur mit Sondergenehmigung und einem
kleinen Boot zur wöchentlichen Betreuung der Tiere erreicht
werden. [81]
Durch Tritt wurden Offensandflächen erhalten, was positiv für
Pionierarten der Sandmagerrasen war. [82]
Ältere Sandmagerrasen mit dem blau blühenden Berg-Sandglöck-
chen waren neben Silbergrasfluren die zu erhaltenden Biotopty-
pen. [83]
Gehölzverbiss und Schälen der Rinde an einer älteren Weide.
[84]
45
Fazit
Das modellhafte Beweidungsprojekt war erfolgreich.
Die Tiere haben sich bei ganzjähriger Haltung gut auf
der kleinen Insel etabliert und waren während des
Projektes in gutem Zustand, obwohl sie bis auf den
Holzunterstand und einen Kontrollbesuch je Woche
(Betreuer, Tierarzt) quasi wild auf der Insel lebten.
Der sich auf der angespülten Sandfläche bildende
Magerrasen wurde ebenso durch die Tiere offen ge-
halten wie die bereits auf der Insel bestehenden Ra-
senfluren. Der Gehölzaufwuchs wurde, insbesondere
im Winterhalbjahr, deutlich aufgelichtet und durch
Tritt und Komfortverhalten wurden Offenbodenstellen
geschaffen, von denen Pionierpflanzen und -tierarten
der Sandmagerrasen profitieren konnten. Der Betreu-
ungsaufwand mit den regelmäßigen Bootsfahrten
durch das Hafengebiet zu der Insel stellte einen enor-
men zeitlichen Aufwand dar, der nur mit großem eh-
renamtlichen Engagement zu gewährleisten war. Das
Projekt der „Ziegeninsel in Bremen“ fand einen au-
ßerordentlich positiven Widerhall bei der breiteren
Bevölkerung.
Dank
Das Projekt der ganzjährigen Ziegenbeweidung von
Sandrasen auf der Lankenauer Weserinsel in Bre-
men wäre ohne den unermüdlichen Einsatz von
Herrn Michael Abendroth vom BUND in Bremen nicht
möglich gewesen. Die Realisierung und der Erfolg
des siebenjährigen Beweidungsprojektes ist unmittel-
bar mit seinem Namen verbunden.
Ansprechpartner: BUND Landesverband Bremen (Projektträger), Dietmar Zacharias (Botanische Begleitun-
tersuchung, Hochschule Bremen)
Flächeneigentümer/Kooperationspartner: Stadtgemeinde Bremen
Literatur: BUND-Landesverband Bremen e. V. (2009)
Auf der insgesamt acht ha großen Insel konnten sich die Ziegen
frei bewegen und beweideten auch die Grasfluren, Steinschüttun-
gen und Gebüsche wie an der Nordspitze der Insel zu sehen war.
Angeschwemmtes Treibgut und (Plastik-)Müll wurden regelmäßig
gesammelt und von der Insel entfernt. [85]
Gehölze wie der Schwarze Holunder am Weserufer wurden bis zu
einer Höhe von etwa 1,5 m kahl gefressen, ohne dass sie jedoch
abstarben. [86]
46
5.2 Kalksteinbrüche im Teutoburger Wald, Nordrhein-Westfalen
Norbert Hölzel & Denise Rupprecht
Region
Im Bereich des Teutoburger Waldes (NRW) finden
sich artenreiche Kalkmagerrasen mit individuenrei-
chen Vorkommen bemerkenswerter Orchideen wie
Hundswurz und Bienen-Ragwurz heute fast nur noch
in aufgelassenen Kalksteinbrüchen. Nach Einstellung
des Abbaus unterliegen im Zuge der dann ablaufen-
den Primärsukzession selbst extrem steile und flach-
gründige Standorte der Verbuschung. Im NSG „Stein-
bruch am Kleefeld“ bei Lengerich hatte dies bereits
dazu geführt, dass Kalkmagerasen mit Vorkommen
seltener Orchideen- und Enzianarten bis auf kleinste
Restbestände zurückgedrängt wurden und vollstän-
dig zu erlöschen drohten. Infolge der Steilheit und Un-
zugänglichkeit des Geländes sowie der bereits einge-
tretenen starken Verbuschung waren hier weder eine
Mahd noch eine Schafbeweidung als mögliche Ma-
nagementalternative zur Erhaltung und Wiederher-
stellung der Kalkmagerrasen denkbar.
Angaben zur Ziegenbeweidung
Beginn Ziegenbeweidung: 2014
Anzahl der Weideflächen: 1 große Koppel, unterteilt in zwei Teilflächen
Größe der Weidefläche: 8 ha
Beweidungsform: saisonale Standweide
Ziegenrassen: Deutsche Bunte Edelziege, Thüringer Waldziege, Toggenburger Ziege, Pinzgauer Ziege,
Weiße Edelziege
Mischbeweidung: nein, in Teilbereichen potentiell möglich
Weidezeitraum: je nach Witterung und Aufwuchs von Anfang April bis Oktober (November)
Beweidungsintensität: zwischen 1 und 1,2 GVE/ha/Jahr
verwendete Zaunanlagen: stationäre Litzenzäune mit 4 Litzen
Zufütterung: in der Regel nein, nur Lockfütterung und Mineralien, ansonsten ausnahmsweise bei Witterungs-
extremen (Spätsommer 2018)
finanzielle Förderung: ELER-Projektförderung (Planung, primäre Entbuschungsmaßnahmen, Zaunbau), Ver-
tragsnaturschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (Naturschutzgerechte Grünlandbewirtschaftung)
Fazit
Durch die Etablierung einer Ziegenbeweidung ist es
gelungen entbuschte Bereiche nachhaltig offen zu
halten. Darüber hinaus kam es zu einer massiven
Auflichtung und Zurückdrängung bestehender Ge-
hölzstrukturen. Bis in eine Höhe von 180 cm sind na-
hezu alle Gehölze sdeutlich verbissen. Am stärksten
verbissen werden die dominanten Gehölze wie Hart-
riegel, Feldahorn, Eingriffeliger Weißdorn und Rote
Heckenkirsche. Befressen werden aber auch uner-
wünschte invasive Arten wie der giftige Goldregen.
Bereits nach wenigen Jahren zeigt sich auch eine
deutliche Erholung und Wiederausbreitung der Ziel-
arten der Kalkmagerrasen, welche sowohl durch den
erhöhten Lichtgenuss als auch durch Weideselektion
profitieren. Insgesamt erweist sich die Ziegenbewei-
dung als äußerst probates Mittel der Gehölzsukzes-
sion in Kalksteinbrüchen entgegenzuwirken und wert-
volle Magerrasenbiotope langfristig offen zu halten.
47
Blick auf den Canyon mit den durch Beweidung gepflegten Steil-
hängen. [87]
Ziegenhalter L. Weiligmann mit den Tieren im oberen, offeneren
Bereich der Weidefläche. [88]
Vor allem Eschen werden von den Ziegen bevorzugt geschält. [89]
Die Ziegen sorgen für eine deutliche Auflichtung der Gehölzberei-
che. Gut erkennbar ist hier ein bis in ca. 2 Meter Höhe reichender
Beweidungshorizont. [90]
Ansprechpartner: Norbert Hölzel, Denise Rupprecht (Universität Münster), Markus Hehmann (IG Teuto, Fa.
Dyckerhoff), Thomas Volk (IG Teuto, ANTL)
Bewirtschafter: Dunja & Ludger Weiligmann
Flächeneigentümer: Fa. Dyckerhoff
48
5.3 Ziegenrotationsweiden Tote Täler im Unstruttal, Sachsen-Anhalt
Georg Hiller & Martina Köhler
Region
Das für seinen Orchideenreichtum überregional be-
kannte NSG und FFH-Gebiet „Tote Täler südwestlich
Freyburg“ (Sachsen-Anhalt) befindet sich am Rand
des Mitteldeutschen Trockengebiets, einer der tro-
ckensten Regionen in Deutschland. Auf den Steilhän-
gen des Muschelkalkplateaus haben sich die schon
kleinflächig vorkommenden Kalk-Trockenrasen nach
Aufgabe des Weinbaus (ca. 1890 nach Auftreten der
Reblaus) ausgebreitet. Die traditionelle Schaf- und
Ziegenbeweidung sorgte für die Offenhaltung dieser
einzigartigen, äußerst artenreichen Pflanzengesell-
schaften. Jedoch kam es in den letzten Jahrzehnten
zum massiven Rückgang der Schaf- und Ziegenhal-
tung in der Region. Folgen waren das großflächige
Zuwachsen der Trockenhänge mit Gehölzen und die
damit einhergehende Gefährdung des typischen Ar-
teninventars der Trockenrasen.
Eine von 30 Burenziegen frisst an Weißdorn. Die temporäre Ziegenbeweidung artenreicher Trockenrasen reduziert das natürliche Gehölz-
aufkommen und fördert die Artenvielfalt. [91]
49
Angaben zur Ziegenbeweidung:
Beginn Ziegenbeweidung: 2012
Anzahl der Weideflächen: 8 Teilflächen auf 4 Hängen
Größe der Weideflächen: 0,9-3,9 ha
Beweidungsform: Rotationsweidesystem
Ziegenrasse: Burenziege und Mischlinge
Mischbeweidung: nein, jedoch möglich
Weidezeitraum: in Abhängigkeit der Witterung und des Vegetationsaufwuchses von Anfang April (Gehölz-
austrieb) bis Ende November
Beweidungsintensität: 0,1-0,3 GVE/ha/Jahr
verwendete Zaunanlagen: stationäre Litzenzäune mit 5 Litzen
Zufütterung: nein, nur Lockfütterung und Mineralien
finanzielle Förderung: ELER-Projektförderung (Erfolgskontrolle, Management), A+E Maßnahmen und Öko-
kontoverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (Bewirtschaftung)
Durch Ziegenbeweidung deutlich aufgelichtete Gehölzstrukturen
(rechts). Auf der im Sommer beweideten Teilfläche (links) kommen
Trockenrasenarten zur Blüte, hier die Ästige Graslilie. [92]
Frühjahrsblühaspekt vor Beweidungsbeginn mit Purpur-Knaben-
kraut und Hufeisenklee. [93]
Ziegen können, auf den Hinterbeinen stehend (fakultative Bipedie),
bis zu 1,80 m hohe Gehölze fressen. Die Krautschicht wird ebenso
komplett abgefressen, hier im Frühjahrsblühaspekt mit Wiesen-
Salbei, Blaugrünem Labkraut und Haar-Pfriemengras. [94]
Ziegen kommen in unwegsamem Gelände sehr gut zurecht und
verbeißen auch neophytische Gehölzarten wie Flieder und Goldre-
gen (nicht im Bild). [95]
50
Fazit
Auf den Ziegenweiden mit deutlichem Pflegedefizit
(Verbuschung der Trockenrasen) wurden seit Bewei-
dungsbeginn deutliche Gehölzrückgänge festgestellt.
Die Ziegen verbissen die Gehölze bis in eine Höhe
von ca. 1,80 m intensiv. Am meisten gefressen wur-
den die Gehölzarten, die auf den Weideflächen am
häufigsten vertreten waren, wie Blutroter Hartriegel
und Wolliger Schneeball. Die Ziegenbeweidung im
Frühjahr konnte die Gehölzdeckung am effizientesten
reduzieren, allerdings kamen die frühjahrsaspektbil-
denden Pflanzenarten (darunter auch Orchideen)
nicht oder erst nach der Beweidung zur Blüte. Unter
der Sommerbeweidung erhöhte sich die Anzahl der
Orchideenindividuen, insbesondere Spinnen-Rag-
wurz, deutlich. Das typische floristische Arteninventar
der Trockenrasen blieb unter Frühjahrs-, Sommer-
und Herbstbeweidung stabil.
Ansprechpartner: Martina Köhler, Georg Hiller, Sabine Tischew (Hochschule Anhalt)
Bewirtschafter: Agrargesellschaft Großwilsdorf mbH
Flächeneigentümer/Kooperationspartner: Naturstiftung David, Untere Naturschutzbehörde Burgenlandkreis,
Arbeitskreis Heimische Orchideen - Sachsen-Anhalt e. V., Geo-Naturpark Saale-Unstrut-Triasland
Aus naturschutzfachlicher Sicht sollten die Ziegen so lange auf der Weidefläche verbleiben, bis möglichst viele Gehölze verbissen wurden.
[96]
51
5.4 Halbwilde Haltung Kamp-Bornhofen, Mittelrheintal, Rheinland-Pfalz
Peter Sound
Region
UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal
Initiiert als Teilprojekt des E+E-Vorhabens Mittel-
rheintal mit Mitteln des Bundes. Grundidee war die
Etablierung von Methoden um Steilhänge und die da-
rin vorhandenen Biotope zu erhalten und zu pflegen.
Trockenrasen, Weinbergsbrachen, Trockenwäl-
der, Schluchtwälder, Xerothermbiotope
u. a. Westliche Smaragdeidechse, Rotflügelige
Ödlandschrecke, Diptam, Haar-Pfriemengras,
Ziest-Dickkopffalter, Französischer Ahorn
extrem steile Schieferhänge (40 % Neigung und
mehr)
Angaben zur Ziegenbeweidung
Beginn Ziegenbeweidung: 2003
Größe: 62 ha (unterteilbar in mehrere Segmente)
Beweidungsform: Ganzjahresweide
Ziegenrasse: Burenziegen
Mischbeweidung: begonnen mit Zeburindern und Exmoor-Ponys
Weidezeitraum: ganzjährig
Beweidungsintensität: 100 Tiere + kastrierte Jungböcke
verwendete Zaunanlagen: stationäre Litzenzäune mit 5 Litzen
Zufütterung: nur bei ablammenden Tieren
finanzielle Förderung: Anschubförderung durch das BfN und das MUEEF, jährliche Förderung der Beweidung
Fazit
Die Beweidung hat sich im Laufe der 16 Jahre deut-
lich verändert. War sie anfangs sehr experimentell
ausgeprägt, so ist sie heute klar auf das Ziel einer
Freihaltung der Flächen ausgelegt. Nach wie vor ist
sie die extremste Form dieser Maßnahme in Rhein-
land-Pfalz. Auch werden nur noch Ziegen eingesetzt.
Pferde und Rinder waren zu betreuungsintensiv.
Probleme in der Haltung entstanden durch Anforde-
rungen der Bahn, Fuchsrisse von Lämmern, Tötung
von Tieren bei illegalen Jagden, illegale Aussetzung
von Ziegen, Diebstahl von Ziegen und Einschleppung
von Krankheiten durch fremde ausgesetzte Ziegen.
Hat die Ziegenbeweidung die erhoffte Wirkung er-
zielt (z. B. Rückgang Gehölze)?
→ Ja, aber es ist durchgängig Betreuung notwen-
dig. Es tauchen immer wieder Probleme auf,
mit denen vorher keiner gerechnet hat.
Wie ist die Akzeptanz der Ziegenbeweidung in der
Bevölkerung (Anwohner, Touristen)?
→ Sehr hoch, ein Hang, der vorher nur Kulisse
war, ist jetzt ein Beobachtungsobjekt gewor-
den. Die Bevölkerung nimmt am Geschehen
aktiv teil. Das Beweidungsgelände ist auch Teil
eines Premiumwanderpfads.
52
Teilgebiet der Beweidung von der linken Rheinseite gesehen. Im bunten Herbstlaub sind Französische Ahorn-Bäume zu sehen. [97]
Schutzgatter für Ziegen zum Ablammen. [98]
Seltenerer Weidegang außerhalb der präferierten Hangbereiche.
[99]
Ansprechpartner: Peter Sound (Mainz), Bernd Merscher (Karbach), Ulrich Jäger (LfU)
Literatur: Bonn et al. (2005), Veith et al. (2012)
53
5.5 Landschaftspflege mit Ziegen im Heckengäu, Baden-Württemberg
Sabine Krüger
Region
Die Schäferei (Landschaftspflege Krüger-Land) be-
weidet Flächen im Heckengäu im Landkreis Böblin-
gen (Baden-Württemberg). Dabei handelt es sich
ausschließlich um Naturschutzflächen (u. a. Vorkom-
men von Orchideen, Küchenschellen, zahlreiche wär-
meliebende Insektenarten).
Ziegenbeweidung für die Stadt Leonberg (Ausgleichsmaßnahme):
steile Südhänge mit hohem Aufkommen an Schmetterlingen und
Eidechsen. [100]
Angaben zur Beweidung:
Beginn: 2001 als Hobbyhaltung, seit ca. 10 Jahren im Nebenerwerb; Ziegenrassen: Walliser Schwarzhals-
ziege, Burenziege, Mischlingsziegen; Schafrassen: Dorperschafe, Walliser Schwarznasenschafe
beweidete Fläche: 52 ha (170 Schafe, 50 Ziegen sowie Lämmer/Kitze), Flächen liegen im Umkreis von 10
Kilometern; reine Ziegenweiden: ca. 15 ha (Steinbrüche, Naturdenkmäler, Steilhänge mit Felsen, Halbtro-
ckenrasen, stillgelegte Bahnfläche), Mischbeweidung Schafe und Ziegen (10 %): 13 ha (Halbtrockenrasen
im NSG), sonstige Schafweiden und Obstwiesen: 24 ha
Beweidung erfolgt mit drei Herden (eine Ziegenherde, zwei Mischherden) von April bis Oktober, ab Oktober
werden alle Ziegen auf einer Weide zusammengeführt (witterungsabhängig), Dezember bis April Stallhaltung
Beweidungsintensität: in der Regel zwei Beweidungsgänge pro Jahr (witterungs- und aufwuchsabhängig),
Beweidungsintensität wird vom Auftraggeber vorgegeben
Transport von Ziegen zu den reinen Ziegenweiden erfolgt zum Teil mit dem Viehhänger
verwendete Zaunanlagen auf den Ziegenweiden: überwiegend fest installierte Litzenzäune mit Toren, bei
Bedarf werden zusätzlich Weidenetze verwendet
Winterstall (Ausgleichsmaßnahme vom benachbarten Steinbruch) gepachtet für 25 Jahre
Futtergewinnung vorwiegend auf Obstbaumwiesen, die gepachtet sind
finanzielle Förderung/Bezahlung: Einzelauftrag oder Landschaftspflege-Richtlinie Baden-Württemberg, Auf-
traggeber: u. a. Deutsche Bahn (Ausgleichsmaßnahme), verschiedene Städte und Gemeinden
Vermarktung: von Ostern bis Weihnachten immer am Samstag auf dem Wochenmarkt in Sindelfingen
(Lamm- und Zickleinfleisch, portionsweise vakumiert), „gläserne Produktion“ im September
Umweltbildung: Angebote im Rahmen von „Lernort Bauernhof im Heckengäu“ für Schüler, Schafpatenschaf-
ten (regelmäßige Treffen mit den Paten, um die Arbeit der Schäferei und Landschaftspflege kennenzulernen)
Fazit
Die Ziegenbeweidung ist für den Erhalt der Naturschutzflächen von großer Bedeutung. Deren Umsetzung ist
jedoch nur möglich, wenn die Bezahlung leistungsgerecht erfolgt.
54
Beweidung für die Stadt Leonberg (Ausgleichsmaßnahme): Klet-
terkünstler in den Steilwänden. [101]
Steinbruch in Sindelfingen: hohes Vorkommen an Orchideen, Ei-
dechsen sowie wärmeliebenden Pflanzen und Insekten.
[102]
Beweidung mehrerer Teilabschnitte einer stillgelegten Bahnlinie im
NSG Hachsberg. [103]
Freistehende Litzenzäune zeichnen sich durch eine gute Leitfähig-
keit aus. Die Zaunanlagen werden bei solchen Beweidungsmaß-
nahmen vom Auftraggeber gestellt und gewartet.
[104]
Beweidung eines Naturdenkmals: die Artenvielfalt profitiert von der
extensiven Nutzungsform. Insbesondere wärmeliebende Tier- und
Pflanzenarten sind auf die Offenhaltung angewiesen. [105]
Beweidungsmaßnahme im Naturdenkmal Dagersheimer Berg. Der
stadtnahe Hang liegt an einer stark befahrenen Straße und ist für
eine maschinelle Bearbeitung zu steil. [106]
Ansprechpartnerin: Sabine Krüger, Landschaftspflege Krüger-Land
die tägliche Arbeit kann auf Twitter verfolgt werden: Landschaftspflege @Ziegenmama
55
5.6 Ziegen- und Rinderstandweide BUND-Naturschutzkiesgrube, Bayern
Andreas Zahn
Region
Die ehemalige Kiesgrube befindet sich im Unteren
Inntal (Landkreis Mühldorf, Oberbayern). Abbaustel-
len sind typisch für die Schotterplatten des Inntals
und haben sich zu wesentlichen Sekundärhabitaten
für Arten der Wildflusslandschaften (z. B. Wechsel-
kröte) und viele Offenlandarten (z. B. Dorngrasmü-
cke, Zauneidechse) entwickelt. Nach Beendigung
des Abbaus gehen offene Habitate in der Regel durch
Sukzession verloren oder die Flächen werden ent-
sprechend der Rekultivierungsauflagen land- oder
forstwirtschaftlich genutzt. Einzelne Kiesgruben wer-
den für den Naturschutz gesichert, wobei sich das
Problem einer langfristigen Offenhaltung stellt.
Das Projektgebiet wurde vom BUND Naturschutz
nach Beendigung des Abbaus zur Pflege übernom-
men, mit dem Ziel, eine halboffene Weidelandschaft
mit besonnten Gewässern und Steilhängen zu erhal-
ten. 1999 begann die Beweidung mit Extensivrindern
(u. a. Galloways). Da der Gehölzaufwuchs dadurch
nicht ausreichend eingedämmt werden konnte, wer-
den seit 2011 zusätzlich Ziegen eingesetzt. Die Kies-
grube ist Teil des FFH-Gebiets „Kammmolch-Habi-
tate in den Landkreisen Mühldorf und Altötting“
(DE7842371). Zielarten bei der Pflege sind u. a. Zau-
neidechse, Laubfrosch, Dorngrasmücke, Rosmarin-
Weidenröschen.
Auf die krautige Vegetation wirken sich die Ziegen wenig aus, so-
dass ein ausgeprägter Blütenhorizont vorhanden ist. Der Asthau-
fen im Hintergrund wird von Zauneidechsen genutzt, deren Habitat
sich durch den Ziegen-Verbiss der Gehölzränder verschlechtert.
[107]
Angaben zur Ziegenbeweidung
Beginn Ziegenbeweidung: 2011
Weidefläche ohne Parzellierung 14 ha
Standweide für Ziegen und Rinder
Tauernschecken, ab 2018 weitere Rassen
Weidezeitraum: Ziegen April bis Dezember, Rinder Mai bis Dezember
Beweidungsintensität: zunächst 9-11 Ziegen und ca. 12 Rinder / 14 ha, seit 2017 ca. 10 Rinder und 6 Ziegen.
Es sollen am Ende der Saison 10-20 % Weidereste verbleiben.
verwendete Zaunanlagen: stationäre Elektrodrähte mit 5 Litzen
Zufütterung: nein, nur Lockfütterung und Mineralien
finanzielle Förderung unterschiedlich je nach Eigentumsverhältnissen: Vertragsnaturschutzprogramm, Zah-
lungen der Autobahndirektion für die Durchführung der Beweidung
56
Fazit
Die Ziegen reduzieren den Gehölzaufwuchs deutlich,
sodass Gehölzrückschnitt nur in geringem Umfang
erforderlich ist, etwa im Fall von jungen Birken und
Pappeln sowie bei flächigen Weiden-Stockausschlä-
gen, die wenig verbissen werden. Auch Wildbirne und
Vogelkirsche zeigen kaum Verbiss. Manche Gehölz-
arten wie Wildapfel oder Hartriegel wurden oft letal
geschädigt. Dickere Eichen (BHD > 10 cm) werden
gemieden, dünnere Stämmchen hingegen beknab-
bert, sodass einige Exemplare absterben. Während
Robinien bis zu einem BHD von ca. 10 cm intensiv
und ringsum den Stamm geschält werden (nicht hin-
gegen grobborkige Altbäume), knabbern die Ziegen
Espen bis zu einem BHD von 10 cm meist nur an. Alte
Eschen und Erlen wurden in den Anfangsjahren stark
geschält und starben zum Teil ab. Die überlebenden
Bäume werden seit einigen Jahren praktisch igno-
riert, sodass selbst starke Rindenschäden nach und
nach verheilen. Durch Schälung und Verbiss sind hö-
here Triebe von Sträuchern wie Weißdorn, Hunds-
rose, Feldahorn und Liguster abgestorben. Die Stock-
ausschläge entwickeln sich jetzt unter laufendem
Verbiss der Triebe zur niedrigen dichten Gehölzfor-
men ähnlich der mediterranen Macchia. Auf die krau-
tige Vegetation wirken sich die Ziegen wenig aus, hier
ist der Fraß der Rinder entscheidend. Da diese erst
zur Hauptblütezeit im Mai auf die Fläche kommen, ist
im Frühjahr und Sommer ein ausgeprägter Blütenho-
rizont vorhanden.
„Geköpfte“ Weiden und Pappeln werden von Ziegen bis zu einer
Höhe von ca. 1,8 m intensiv verbissen und sterben ab. [108]
Die Ziegen nutzen die Südhänge der Kiesgrube in-
tensiv, sodass abgeflachte Steilhänge wieder freimo-
delliert wurden und Abbrüche entstanden sind, die
z. B. für Wildbienen wichtige Nistplätze darstellen.
Die Kombination von Ziegen und Rindern hat sich zur
Erhaltung des halboffenen Charakters der Kiesgrube
bewährt.
An abgeflachten Hängen „modellieren“ die Ziegen Steilhänge und
Abbruchkanten neu heraus. [109]
Gehölzränder werden zunächst durch den Verbiss stark aufgelich-
tet, sodass sich z. B. die Bedingungen für Reptilien verschlechtern,
wenn keine zusätzlichen Strukturen wie Asthaufen angelegt wer-
den. [110]
57
Will man Weiden als Kopfbäume erhalten, sollten sie, in Abhängigkeit der Größe der verwendeten Ziegen, in ca. 2 m Höhe abgeschnitten
werden (vorne links). Tiefer „geköpfte“ Weiden sind für Ziegen sehr attraktiv und sterben durch den Verbiss ab. Sollen Bäume absterben,
werden sie daher in 1,0-1,5 m abgeschnitten. Schneidet man eine Weide ebenerdig ab, werden die Stockausschläge nur wenig verbissen
(Sträucher im Hintergrund) und müssen sporadisch zurückgeschnitten werden. [111]
Am Ende der Saison sollen 10-20% Weidereste verbleiben. Sie
bieten Deckung, Nahrung und Winterversteck für viele Tierarten.
[112]
Nach 7 Jahren Ziegenbeweidung bilden Sträucher wie hier Ligus-
ter Verbissformen ähnlich der beweideten mediterranen Macchia.
Die zuvor vorhandenen längeren Triebe sind abgestorben. [113]
Ansprechpartner: Andreas Zahn, Kreisgruppe Mühldorf des BUND Naturschutz
Bewirtschafter: zwei landwirtschaftliche Betriebe; Familie Haslberger (Rinder), Tobias Tietje (Ziegen)
Flächeneigentümer/Kooperationspartner: Landratsamt Mühldorf, Autobahndirektion Südbayern
Literatur: Zahn (2014a, b, c)
58
6. Literaturverzeichnis
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Informationsportal zur Nutzung, Pflege und Renatu-
rierung von Offenlandlebensräumen: http://www.of-
fenlandinfo.de.
Burenziegenherde auf der Weide „Friedeburg“ im September 2014. [114]
60
7. Danksagung
Die Etablierung der Ziegenbeweidung im Unteren
Saaletal und die wissenschaftliche Begleitung wur-
den durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds
für die Entwicklung des ländlichen Raums und aus
Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt gefördert (Natur-
schutz-Richtlinien). Weitere Finanzmittel wurden ins-
besondere für die Einrichtung von Flächen auch von
der Heidehof-Stiftung bereitgestellt.
Wir möchten hiermit allen beteiligten Institutionen und
Einzelpersonen für ihre Unterstützung danken. Der
BUND Halle-Saalekreis hat die Einrichtung der ersten
Weideflächen als Projektträger koordiniert. Von den
Mitarbeitern der Hochschule Anhalt bzw. des Prof.
Hellriegel Instituts e. V. wurde die Erfolgskontrolle so-
wie die fortlaufende Betreuung der Flächen und
Landwirte umgesetzt. Die Untersuchungen auf Tier-
gesundheit und Wirtschaftlichkeit wurden durch das
Landschaftsplanungsbüro Salix – Büro für Ökologie
und Landschaftsplanung (Wettin) und dem Land-
schaftspflegeverein Saaletal e. V. durchgeführt. Vom
Landschaftsplanungsbüro Ökotop – Büro für ange-
wandte Landschaftsökologie (Halle/Saale) wurden
die avifaunistischen Untersuchungen umgesetzt. Für
wertvolle Hinweise zum Management danken wir zu-
dem Herrn Urs G. Jäger (Landesamt für Umwelt-
schutz Sachsen-Anhalt). Ohne die engagierte Arbeit
der Landwirte und vor allem des Landschaftspflege-
vereins Saaletal e. V. wäre der Erfolg des Projektes
jedoch nicht möglich gewesen.
Für die Bereitstellung von Datengrundlagen und Hin-
weisen zum Vorkommen seltener Pflanzen- und
Moosarten danken wir außerdem Dr. Dieter Frank
und Dr. Peter Schütze (beide Landesamt für Umwelt-
schutz Sachsen-Anhalt).
Unser Dank gilt darüber hinaus den vielen Studenten
der Hochschule Anhalt, die im Rahmen von Qualifi-
zierungsarbeiten die Durchführung der floristischen
und faunistischen Erfolgskontrolle unterstützt haben.
Hervorzuheben sind dabei Annika Schmidt, Viktor
Gretz und Christian Noah.
Bedanken möchten wir uns ausdrücklich auch bei
den Autoren der weiteren Ziegenbeweidungspro-
jekte, die im vorliegenden Praxisleitfaden vorgestellt
werden: Georg Hiller, Norbert Hölzel, Martina Köhler,
Sabine Krüger, Denise Rupprecht, Peter Sound, Diet-
mar Zacharias und Andreas Zahn.
Für die Überlassung von Bildmaterial bedanken wir
uns außerdem bei allen externen Pflanzen- und Tier-
fotografen.
Burenziegenherde auf der Weide „Straußhof“ im Sommer 2011. [115]
61
8. Kontaktadressen
Autoren
Prof. Dr. Sabine Tischew
Dr. Daniel Elias
Hochschule Anhalt
Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung
Strenzfelder Allee 28
06406 Bernburg
Homepage: http://www.offenlandinfo.de
Sandra Mann
Matthias Necker
Landschaftspflegverein Saaletal e. V.
Zickeritz 18
06420 Könnern, OT Zickeritz
Homepage: http://www.lpv-saaletal.de
Ansprechpartner für weitere Ziegenbeweidungsprojekte
Ganzjährige Ziegenbeweidung von Sandrasen auf der Lankenauer Weserinsel in Bremen
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND Landesverband Bremen e. V.
Am Dobben 44
28203 Bremen
E-Mail: info@bund-bremen.net
Prof. Dr. Dietmar Zacharias
Arbeitsgruppe Angewandte und ökologische Botanik
Hochschule Bremen
Fakultät 5 Natur und Technik
Neustadtswall 30
28199 Bremen
E-Mail: dietmar.zacharias@hs-bremen.de
Kalksteinbrüche im Teutoburger Wald, Nordrhein-Westfalen
Prof. Dr. Norbert Hölzel
Denise Rupprecht
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Institut für Landschaftsökologie
AG Biodiversität und Ökosystemforschung
Universität Münster
Heisenbergstr. 2
48149 Münster
Homepage: https://www.uni-muenster.de/Oekosystemforschung
Interessengemeinschaft Teutoburger Wald e. V.
Lienener Straße 89
49525 Lengerich
Homepage: http://www.ig-teuto.de
62
Ziegenrotationsweiden Tote Täler, Sachsen-Anhalt:
Martina Köhler
Georg Hiller
Hochschule Anhalt
Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung
Strenzfelder Allee 28
06406 Bernburg
Homepage: http://www.offenlandinfo.de
Halbwilde Haltung Kamp-Bornhofen, Mittelrheintal, Rheinland-Pfalz:
Dr. Peter Sound
Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz
Kaiser-Friedrich-Straße 1
55116 Mainz
Landschaftspflege mit Ziegen im Heckengäu, Baden-Württemberg
Sabine Krüger
Krüger-Land
Mühlgasse 2
71120 Grafenau
Homepage: https://www.krueger-land.de
Ziegen- und Rinderstandweide BUND-Naturschutzkiesgrube
Dr. Andreas Zahn
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Kreisgruppe Mühldorf am Inn
Pragerstr. 6
84478 Waldkraiburg
Homepage: https://muehldorf.bund-naturschutz.de
E-Mail: Andreas.Zahn@iiv.de
63
Notizen
64
Notizen
Impressum
Titel: Praxisleitfaden Ziegenbeweidung - Einsatz von Ziegen zur Beweidung verbuschter
Trockenstandorte im Unteren Saaletal
Herausgeber: Daniel Elias, Sandra Mann, Matthias Necker, Sabine Tischew
Mit Gastbeiträgen von: Georg Hiller, Norbert Hölzel, Martina Köhler, Sabine Krüger, Denise
Rupprecht, Peter Sound, Dietmar Zacharias, Andreas Zahn
1. Auflage, September 2019
© Hochschule Anhalt, Arbeitsgruppe Prof. Dr. Sabine Tischew
Hochschule Anhalt
Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung
Strenzfelder Allee 28
06406 Bernburg
Die Veröffentlichung kann im Internet unter www.offenlandinfo.de heruntergeladen werden.
Die Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Sie wird kostenlos abgegeben und
ist nicht zum Verkauf bestimmt. Bezug über: mail@offenlandinfo.de.
Druck: Reprocenter GmbH, Halle (Saale)
Verlag: Hochschule Anhalt, Bernburg
ISBN: 978-3-96057-091-2 (Print)
978-3-96057-092-9 (Online)
Fotos: Veronica Blang: 78
Michael Bulau: 47
Stephanie Caspers: 55
Daniel Elias: Titel (Ziegen oben und rechts unten), 1-3, 5-17, 19-23, 25-26, 29, 31-36, 38-42, 44-46, 49-50, 114-115
Tino Fiedler: 77
Markus Hehmann: 87
Susanne Heinrich: Titel (Ziegen links unten), 43
Georg Hiller: 96
Norbert Hölzel: 88
Martina Köhler: 91-92, 94-95
Sabine Krüger: 100-106
Sandra Mann: Titel (Stängelloser Tragant), 24, 51-54, 56-76
Torsten Ruf: 30, 48, 93
Peter Schütze: 27, 37
Peter Sound: 97-99
Sabine Tischew: 4
Elisa Wenning: 89-90
Tom Wulf: 28
Dietmar Zacharias: 79-86
Andreas Zahn: 107-113
Darstellung 18: Gottlieb, I. & Neumeister, H. (1993): Der Saalkreis. Fliegenkopf Verlag.