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Ambulant-sensitive Krankenhausfälle bei akuten Erkrankungen – Altersverteilung und zeitliche Trends

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Abstract

Hintergrund: Als ambulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK) werden Hospitalisationen bezeichnet, welche bei adäquater ambulanter Versorgung potentiell vermeidbar gewesen wären. Die Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ) nutzt bevölkerungsbezogene ASK-Raten als Indikatoren zur Beurteilung der ambulanten Versorgung hinsichtlich Qualität und Zugang. Das Indikatorenset der Prevention Quality Indicators (PQI) beinhaltet dabei auch akute Erkrankungen, die in Deutschland bisher unzureichend untersucht worden sind. Fragestellung: Ziel der Untersuchung war die geschlechts- und altersspezifische Deskription der Indikatoren „Dehydration Admission Rate“ (PQI 10), „Community-Acquired Pneumonia Admission Rate“ (PQI 11) sowie „Urinary Tract Infection Admission Rate“ (PQI 12) sowie die Betrachtung der Raten im Zeitverlauf. Methode: Datengrundlage sind die beim statistischen Bundesamt vorliegenden Tiefgegliederten Diagnosedaten der Krankenhauspatientinnen und –patienten. Vorlage zur Fallselektion waren die in den Spezifikationen der AHRQ angegebenen und nach ICD-10 GM transformierten Hauptdiagnosekodes. Berücksichtigt wurden alle Krankenhausfälle im Alter ab 20 Jahren in den Datenjahren von 2009 bis 2017. Zur Herstellung eines Bevölkerungsbezuges wurden Daten der Genesis-Datenbank verwendet. Der zeitliche Trend wurde mittels linearer Regression analysiert. Ergebnisse: Der PQI 10 zeigt im Datenjahr 2017 bei Männern eine bevölkerungsbezogene Rate von 141,6 Fällen pro 100.000 Einwohner (Frauen: 224,0). Bei PQI 11 sind bei Männern 396,2 Fälle pro 100.000 Einwohner (Frauen: 292,1) zu verzeichnen. Die Rate für PQI 12 liegt in der männlichen Population bei 222,4 Fällen pro 100.000 Einwohner (Frauen: 311,6). Alle Indikatoren zeigen bei beiden Geschlechtern eine statistisch signifikante Zunahme in der Zeitreihe von 2009 bis 2017. Die mittlere jährliche Veränderung (Regressionskoeffizient b = Veränderung der Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr) beträgt bei PQI 10 b = 8,5 (Männer) bzw. b = 10,3 (Frauen), bei PQI 11 b = 7,3 (Männer) bzw. b = 4,7 (Frauen), sowie bei PQI 12 b = 9,8 (Männer) bzw. 9,0 (Frauen). Während Männer bei den Krankenhausfällen bei Pneumonie (PQI 11) in allen Jahren höhere Raten aufweisen, sind die Aufnahmeraten bei Dehydration und Harnwegsinfektionen in der weiblichen Population in allen Datenjahren größer. Die Altersverteilung zeigt sowohl bei PQI 10 als auch bei PQI 11 eine zunehmende Rate an Aufnahmen mit steigendem Alter, wobei die höchsten Raten in der Altersgruppe der 75jährigen und älter zu erkennen sind. Die Rate der Krankenhausfälle bei Dehydrationen liegt bei den 65 bis 74jährigen Männern bei 164,4 Aufnahmen pro 100.000 Einwohner (Frauen: 135,3), steigt allerdings bei den über 74jährigen auf 928,4 pro 100.000 Einwohner (Frauen: 1202,4) an. Während die Raten der Harnwegsinfektionen bei Frauen in jüngeren Altersgruppen höher sind als die Raten der männlichen Population, kehrt sich dieses Verhältnis in der Bevölkerung ab 60 Jahren um (älter als 74 Jahre: 1096 Fälle je 100.000 Einwohner bei Männern bzw. 1032 Fälle je 100.000 Einwohner bei Frauen). Diskussion: Die geschlechtsübergreifenden Raten des Jahres 2016 zeigen in Deutschland bei allen Indikatoren höhere Ergebnisse als die nationalen Raten der USA. Die Zunahme der Raten lassen möglicherweise auf im zeitlichen Verlauf ansteigende Qualitäts- oder Zugangsprobleme in der ambulanten Versorgung schließen. Während der Anstieg der Rate der ambulant erworbenen Pneumonien auf Defizite bei Pneumokokken-Impfungen hinweisen könnte, sind die Krankenhausfälle bei Harnwegsinfektionen aufgrund der Bedeutung einer zeitnahen Behandlung dieser Erkrankung vor allem im Hinblick auf die Zugänglichkeit zu interpretieren. Zur weitergehenden Klärung sollten jedoch die regionalen Angebotsstrukturen vertiefend betrachtet werden. Die extrem hohen Raten der Hochbetagten reflektieren zum einen ein höheres Risiko, könnten aber auch auf Versorgungsprobleme in der stationären Pflege hinweisen. Zukünftige Analysen sollten insbesondere jene Patienten mit Dehydrationen betrachten, welche in einem Pflegeheim leben. Der Einfluss potentieller Determinanten wie Struktur und Qualität der stationären Pflege ist zu prüfen. Praktische Implikationen: Steigende Aufnahmeraten im zeitlichen Verlauf sowie besonders hohe Raten bei über 74jährigen zeigen die Relevanz ambulant-sensitiver Krankenhausfälle bei akuten Erkrankungen sowie die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verbesserung von Zugang und Qualität der ambulanten Versorgung bei diesen Krankheiten.
Ambulant-sensitive Krankenhausfälle bei akuten
Erkrankungen Altersverteilung und zeitliche
Trends
Hintergrund
Als ambulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK) werden Hospitalisatio-
nen bezeichnet, welche bei adäquater ambulanter Versorgung
potentiell vermeidbar gewesen wären [1]. Die Agency for Healthcare
Research and Quality (AHRQ) nutzt bevölkerungsbezogene ASK-
Raten als Indikatoren zur Beurteilung der ambulanten Versorgung
hinsichtlich Qualität und Zugang.Das Indikatorenset der Prevention
Quality Indicators (PQI) beinhaltet dabei auch akute Erkrankungen, die
in Deutschland bisher unzureichend untersucht worden sind [2]. Ziel
der Analyse war die geschlechts- und altersspezifische Deskription der
Indikatoren Dehydratation (PQI10), Ambulant erworbene
Pneumonie (PQI 11)und Harnwegsinfekt (PQI 12) sowie die
Betrachtung der Raten im Zeitverlauf.
Während der Anstieg der Rate der ambulant erworbenen Pneumonien
auf Defizite bei Pneumokokken-Impfungen hinweisen könnte, sind die
Krankenhausfälle bei Harnwegsinfektionen aufgrund der Bedeutung
einer zeitnahen Behandlung dieser Erkrankung vor allem hinsichtlich
des Zugangs zur Versorgung zu interpretieren. Diese Harnwegsinfekte
sollten zeitnah behandelt werden.Die extrem hohen Raten der
Hochbetagten reflektieren zum einen ein höheres Risiko dieser
Bevölkerungsgruppe, könnten aber auch auf Versorgungsprobleme
hinweisen.
Zukünftige Analysen sollten insbesondere jene Patienten mit
Dehydratationen betrachten, welche in einem Pflegeheim leben.Der
Einfluss potentieller Determinanten wie Struktur und Qualität der
stationären Pflege ist hierbei zu berücksichtigen.
Literatur
[1] Ärzteblatt, D. Ä. G., (2015). Ambulante Versorgung: Viele Krankenhausfälle vermeidbar. Deutsches Ärzteblatt 112 (45).
[2] AHRQ - Quality Indicators. (o. J.). Abgerufen 4. September 2019, von https://www.qualityindicators.ahrq.gov/modules/
/pqi_overview.aspx
Kontakt
Lea Leeser | eMail: lea.leeser@stud.hn.de
Hochschule Niederrhein | Kompetenzzentrum für Routinedaten im Gesundheitswesen
Reinarzstraße 49 | 47805 Krefeld
L Leeser1, J Pollmanns1, SE Drösler1
1Hochschule Niederrhein, Kompetenzzentrum Routinedaten im Gesundheitswesen
Daten und Methoden
Datengrundlage:Tiefgegliederte Diagnosedaten der KH-Patientinnen
und Patienten; Bevölkerungsdaten aus der Genesis-Datenbank
Vorlage zur Fallselektion: AHRQ Spezifikationen und die nach ICD-
10 GM transformierten Diagnosekodes
Einschluss: Alle KH-Fälle (Alter ab 20 Jahre) von 2009 bis 2017
Methoden:Die zeitlichen Trends wurden mittels linearer Regression
analysiert
Ergebnisse
Alle Indikatoren weisen bei beiden Geschlechtern eine statistisch
signifikante Zunahme der Krankenhausfälle von 2009 bis 2017 auf
(Abb.1). Die mittlere jährliche Veränderung (Regressionskoeffizient b =
Veränderung der Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr) beträgt bei
PQI 10 b = 8,5 (95%-KI 7,794 - 9,168)(Männer) bzw. b = 10,3 (95%-KI
8,808 11,745)(Frauen), bei PQI 11 b = 7,3 (95%-KI 2,412 12,157)
(Männer) bzw. b = 4,7 (95%-KI 0,443 – 9,015)(Frauen), sowie bei PQI
12 b = 9,8 (95%-KI 8,416 11,145)(Männer) bzw. 9,0 (95%-KI 6,742
11,308)(Frauen).Während Männer bei den Krankenhausfällen bei
Pneumonie (PQI 11)in allen Jahren höhere Raten aufweisen, sind die
Aufnahmeraten bei Dehydratation und Harnwegsinfektionen in der
weiblichen Population in allen Datenjahren größer.
Für die Altersgruppen zeigt sich, dass die Raten der
Harnwegsinfektionen bei Frauen in jüngeren Altersgruppen höher sind
als die Raten der männlichen Population. Dieses Verhältnis kehrt sich
bei der Bevölkerung ab 60 Jahren um (älter als 74 Jahre: 1096 Fälle je
100.000 Einwohner bei Männern bzw. 1032 Fälle je 100.000 Einwohner
bei Frauen).Auffällig für alle Indikatoren ist der sprunghafte Anstieg der
Raten in der Altersgruppe der 75jährigen und älter (Tab. 1 und Abb.2).
Diskussion
Die Zunahme der ASK-Raten lassen möglicherweise auf im zeitlichen
Verlauf ansteigende Qualitäts-oder Zugangsprobleme in der
ambulanten Versorgung schließen.
Abbildung 1: Bevölkerungsbezogene Aufnahmeraten der Indikatoren von
2009 bis 2017
Tabelle 1: Altersverteilung der Aufnahmeraten 2017 je Indikator
Geschlecht 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-74 75+
m9,20 7,06 7,03 6,39 8,79 13,30 19,44 36,10 68,30 164,40 928,38
w9,13 8,08 7,11 7,45 9,00 11,89 17,74 29,42 47,47 135,33 1202,43
Geschlecht 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-74 75+
m37,75 43,46 57,64 69,93 88,50 104,19 132,80 204,52 325,61 642,45 1974,59
w36,45 44,38 53,78 65,79 64,74 71,70 90,87 136,28 205,09 352,64 1138,44
Geschlecht 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-74 75+
m22,54 23,53 27,05 34,41 44,21 57,78 78,25 118,42 182,92 376,56 1096,10
w285,92 175,73 134,99 119,75 122,25 118,17 120,66 139,12 169,78 296,49 1032,41
Dehydratation
lle je 100.000 Einwohner
Ambulant erworbene
Pneumonie
lle je 100.000 Einwohner
Harnwegsinfekt
lle je 100.000 Einwohner
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Fälle je 100.000 Einwohner
Ambulant erworbene Pneumonie m w
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Fälle je 100.000 Einwohner
Harnwegsinfekt m w
Abbildung 2: Altersverteilung der Aufnahmeraten 2017 (PQI 11 und 12)
0
500
1000
1500
2000
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20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-74 75+
Fälle je 100.000 Einwohner
Ambulant erworbene Pneumonie m w
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800
1000
1200
20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-74 75+
Fälle je 100.000 Einwohner
Harnwegsinfekt m w
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